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ALFRED MARTIN
DEUTSCHES BADEWESEN
IN VERGANGENEN TAGEN
ALFRED ^MARTIN J
^DEUTSCHES BADEWESEN
IN VERGANGENEN TAGEN
NEBST EINEM BEITRAGE ZUR GESCHICHTE
DER DEUTSCHEN WASSERHEILKUNDE
MIT 159 ABBILDUNGEN NACH ALTEN HOLZ-
SCHNITTEN UND KUPFERSTICHEN
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VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS IN JENA 1906
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INHALTSVERZEICHNIS
Seite
Das deutsche Bad von der Urzeit bis zur Zeit der Karolinger . . 1
Badebräuche, die dem Urgermanentum entstammen 10
Baden und Schwimmen unter freiem Himmel 39
Die ehehaften Badestuben und das Badergewerbe 64
Die privaten Bäder 102
Die Vorgänge in den öffentlichen Badestuben 144
Badeleben im späteren Mittelalter und in nachmittelaltedicher Zeit . 172
Rückgang und Aufhören der öffentlichen Badestuben, Ersatz derselben
in der Neuzeit IQö
Die deutschen Mineralbäder im Mittelalter und die aus diesem in die
Neuzeit hinübergenommenen Badegebräuche 222
Die Gesundbrunnen in nachmittelalterlicher Zeit bis zum Dreißig-
jährigen Kriege 272
Die deutschen Mineralbäder seit dem Dreißigjährigen Kriege. Die
Wasserheilkunde 352
Nachtrag 399
Literatur 408
Verzeichnis der Abbildungen 433
Namenregister 439
Ortsregister 445
DAS DEUTSCHE BAD / VON DER URZEIT
DER KAROLINGER
BIS ZUR ZEIT
acitus berichtet uns in seiner Germania, „daß die Germanen gleich
nach dem Schlafe, den sie meistens bis in den Tag hinein aus-
dehnen, sich öfters baden in warmem Wasser, weil bei ihnen die
meiste Zeit über Winter ist" '. Weicher Art das warme Bad war,
können wir nur vermuten. Vielleicht handelte es sich um ein
Wasserbad, das durch Hineinwerfen von heißen Steinen erhitzt
wurde, eine Methode, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts die
Tiroler an der Val-Sinistra-Quelle in Graubünden noch bedienten, während die Ein-
heimischen längst mitgebrachte Kessel benutzten 2, Die Sprachwissenschaft hat uns
jedoch gezeigt, daß das Wort Stube, das erst in späterer Zeit für ein heizbares Zimmer
gebraucht wird, mit dem althochdeutschen stiuban, stioban = stieben und stoup = Staub,
auch stiebendes Wasser zusammenhängt und ursprünglich eine einfache Vorrichtung
zur Erzeugung von Wasserdampf bezeichnete. Dann ging der Name auf das Badehaus
über. Die Deutschheit und ursprüngliche Bedeutung dieses gemein germanischen
Wortes, das nur gotisch nicht überliefert ist (aber altnordisch, angelsächsisch, althoch-
deutsch vorkommt), ist völlig sicher, sagt Moritz Heyne 3. Durch Goten und Lango-
barden kam der Name nach Italien (stufa) und wurde auch von den Slaven übernommen
(litt, stuba, altslav. istuba) und damit auch die Einrichtung der Badestube.
Die erste Erwähnung findet die Badestube in den alten germanischen Volksrechten.
In der noch zur Merovingerzeit entstandenen Lex Alemannorum wird die Brandstiftung
an der Stube mit der an Schaf- und Schweineställen verglichen, und die Lex Bajuvariorum
führt als Gebäude für sich neben Küche, Backhaus und anderen kleineren Baulichkeiten
den balnearius* auf. Die Badestube war demnach ein leicht gebautes, selbständiges
Gebäude. Ihre Einrichtung und Benutzung kennen wir jedoch nicht.
Dagegen haben wir eine Schilderung der ähnlich gebauten slavischen Bäder aus älterer
Zeit. Der jüdische Arzt Ibrahim-ibn-Jakub, der Q73 mit einer Gesandtschaft des Kalifen
von Corduwa bei Otto I. in Merseburg weilte, besuchte von dort aus slavische Länder,
Mecklenburg und Böhmen. Wo er beobachtete, sagt er nicht, sondern hält sich im all-
gemeinen. Sein Bericht lautet: „Bäder haben die Slaven nicht, aber sie machen ein
* Der balnearius ist ein Gebäude und nicht, wie öfters übersetzt wurde, der Bademeister. Dieser
tritt erst später auf.
Martin, Badewesen 1
Die slavischen \ germanischen und finnisclien Dampfbäder
Abb. 1. Porte und Badehaus (rechts) im Kirchspiel Pihtipudas, Tavastland
(Finnland). Holzschnitt aus: Gustav Retzius, Finland. Stockholm
1881.
Gemach von Holz,
dessen Ritzen sie zu-
stopfen mit etvi^as, das
auf iiiren Bäumen
w^ächst und wie Was-
sermoos aussieht und
siemoch* nennen. Sie
gebrauchen das auch
zu ihren Schiffen statt
Pech. In einem Wini<ei
dieses Gemachs bauen
sie einen Feuerherd
von Steinen und lassen
darüber eine Öffnung,
um den Rauch hinaus-
zulassen. Wenn nun
der Herd erhitzt ist, so verstopfen sie das Luftloch und verschließen die Tür. In dem
Gemache sind Gefäße mit Wasser, woraus sie nun Wasser auf den glühenden Herd
gießen, so daß der Dampf aufsteigt. Jeder hat ein Büschel Heu in der Hand, womit er
die Luft bewegt und an seinen Leib treibt. Dann öffnen sich die Poren und das Über-
flüssige vom Körper kommt heraus und läuft in Strömen von ihnen ab, so daß an
keinem von ihnen mehr eine Spur von Ausschlag oder Geschwulst zu sehen ist. Sie
nennen einen solchen Verschlag itba" 3; 3i2.
In Anbetracht der Ergebnisse der Sprachforschung, der Tatsache, daß in den späteren
öffentlichen Bädern die Verhältnisse ähnliche waren, und nach den kurzen Angaben in
den Volksrechten müssen wir uns Bauart, Einrichtung und Gebrauch der Badestuben
auf den einzelnen germanischen Höfen gleich oder ähnlich vorstellen.
Dampfbäder in dieser primitiven Form bestehen heute noch in Rußland, Esthland, Liv-
land und Finnland* (Abb. 1). Die Finnen baden Sommer und Winter, während der Ernte-
zeit jeden Abend, die ganze Familie mit dem Gesinde, auch neugeborene Kinder. Selbst
der arme Mann muß sein Badehaus haben, und wenn es auch noch so klein und ärmlich
wäre, daß man nicht einmal darin gerade stehen oder liegen kann. Es ist ein aus Balken
gebautes viereckiges Häuschen mit einem großen Ofen von Feldsteinen in der einen
Ecke, sowie einem hochgelegenen, großen und breiten Hängeboden oder Bretterregal,
der Schwitzbank, auf welche die Badenden hinaufklettern, um ihr Dampfbad zu nehmen.
Der Dampf wird dadurch erzeugt, daß Wasser schaufei- oder eimerweise von einer Frau
auf den Haufen erhitzter Steine gegossen wird. Dabei peitschen sich die Badenden mit
Birkenreisern und übergießen sich von Zeit zu Zeit mit kaltem Wasser (Abb. 2). Das
' Das slavische Wort moch wird heute noch in der Gegend der Untermulde für kurzes Moos ge-
braucht; mochig ist dumpf, feucht.
Ansichten über das germanische Bad der Urzeit 3
finnische Dampfbad ist nach Angabe einheimischer Ethnographen von auswärts ein-
geführt, ob von den siavischen oder germanischen Nachbarn, bleibt zweifelhaft. Es
wird im finnischen Volksepos Kalewala oft erwähnt und eingehend beschrieben, und
dieses Epos entstand erst nach der Einwanderung der Finnen aus dem Innern Rußlands
ins heutige Finnland, also an die germanische Grenze, die um 800 n. Chr. erfolgte. Auch
die Skandinavier hatten nicht näher beschriebene kleine Badehäuser auf ihren Höfen 5.
Ich bin im Vorhergehenden, soweit die Sprachwissenschaft in Frage kommt, Moritz
Heyne gefolgt. Nach ihm ist das Dampfbad urgermanisch und später von den Slaven
übernommen worden, eine Ansicht, die vor ihm schon E. Martin 6, wenn auch nicht
in so bestimmter Weise, vertrat.- Dieser Anschauung ist Kochendörffer ^ entgegen-
getreten, der die umgekehrten Verhältnisse annimmt und im altgermanischen Bade ein
Wannenbad sieht. Eine weitere Anschauung läßt das Dampfbad als eine indoger-
manische Einrichtung gelten 7. Wir finden es aber auch bei den Völkern Amerikas.
Meist sind es steinerne Gebäude, bisweilen so kleine, daß nur 1 oder 2 Personen darin Platz
haben. Sie werden mit dem aztekischen Worte Temescal oder mit dem spanischen Estufa
bezeichnet. Die Glut wird darin mit Wasser besprengt. Die Indianer Guatemalas
Abb. 2. Inneres einer größeren finnischen Badestube. Holzschnitt aus: Gustav Retzius,
Finland. Stockholm 1881.
Das Dampfbad der Völker Amerikas j Die deutschen Badegefäße
schlagen sich selbst oder
gegenseitig während des
Bades mit Zweigen, die sie
vorher in eine Schüssel mit
heißem Wasser getaucht
haben. in den größeren
Dampfbädern Neu-Mexikos
finden sich in der Mitte ein
viereckiger Steinherd und
ringsherum Bänke 232
Es muß befremden, daß
die von Ibrahim-ibn-Jakub
geschilderte Einrichtung die-
^uu o -T- j^ j u r. iu ij 17 ■ , j u I u ■>-,. scm crst auffäUt, als er die
Abb. 3. Taufe des Herzogs Rathold von Friesland. Holzschnitt
aus: Stumpf, Schweizerchronik. Zürich, Froschauer, 1548. germanisch-slavische Grenze
Überschreitet, nachdem er sich vorher in deutschen Ländern aufgehalten hat. Zudem sind
die ersten schriftlichen Zeugnisse über germanische Bäder nur Belege für Wasserbäder,
so daß die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, daß die germanischen Bade-
häuser Wannen enthielten und später erst die slavischen Dampfbäder eingeführt wurden,
vorausgesetzt, daß der viereckige Herd und die Bänke auf dem noch zu besprechenden
Bauriß des Klosters St. Gallen nicht eine Dampfbadeeinrichtung darstellen, die neben
den Wannenbädern bestand.
Das zum Wasserbade benutzte Gefäß war in alter Zeit nur kreisrund und dem
Namen stunz nach aus einem ausgehöhlten Baumstamme hergestellt (Heyne). Bei den
schon erwähnten Quellen im Val Sinistra fand sich noch 1874 ein halbverfaulter Baum-
stamm vor, der von den Landleuten aus der Umgebung und Tirolern bis in die 60er
Jahre als Badewanne benutzt worden war (s. auch später). Im Bauriß des Klosters St.
Gallen 8 vom Jahre 820 sind die Badegefäße rund gezeichnet (Abb. 4, 5). Diese Form hat
sich bis heute im Tauf stein erhalten, der wohl ursprünglich in seinem Äußern der Bade-
wanne glich; ja man benutzte Badewannen zum Taufen. Herzog Rathold von Friesland
zog es vor, nachdem er schon mit dem einen Fuß „in den Zuber und die Tauf getreten
war", dereinst ungetauft zur Hölle zu fahren, weil er dort mehr Menschen als im Himmel
antreffen würdet (Abb. 3). Eine Massentaufe von Pommern in Kufen oder Fässern, die
zum bequemen Einsteigen der Täuflinge in die Erde eingegraben waren, beschreibt
Herbold im Leben des Bischofs Otto von Bamberg (1124) lo. Das Salzburger Anti-
phonar aus dem 12. Jahrhundert bildet den heiligen Rupertus ab, wie er erwachsene
Heiden in einem runden Holzfasse tauft 532. Jn ärmeren Gemeinden versah noch in spä-
teren Zeiten die Badewanne die Stelle des Taufsteins. Der Verfasser der Stretlinger
Chronik, Eulogius Kiburger, Kirchherr des Paradieses zu Einingen (Kanton Bern) er-
wähnt, daß er im Jahre 1446 einen Taufstein machen ließ, da man vorher in einem „hol-
Das Taufen in Badegefäßen / Die Bäder im Kloster St. Gallen 5
zernen Stande oder Kübel" zu taufen genötigt warH. Maaler übersetzt 1561 Bap-
tisterium mit Badstein i62. Nach dem Nürnberger Meistersinger Hans Foltz muß der
Vater „ein padmulter" zur Taufe kaufen 12
im Kloster St. Gallen waren für die Wannenbäder eigene Zimmer vorgesehen, die
in Verbindung mit anderen Einrichtungen in freistehenden Gebäuden untergebracht
waren. Vom Wohnhaus der Brüder führte ein langer Gang (egressus de pisale) zu einem
kleinen Gebäude (balneatorium et lavandi locus), das einen Wasch- und einen Baderaum
enthielt. Der Grundriß zeigt in ersterem einen viereckigen Herd, an den Wänden rings-
herum Bänke. Durch eine Bogentür gelangte man in den Baderaum mit 2 runden Bade-
gefäßen; auch hier waren an den Wänden Bänke aufgestellt (Abb. 4/). Über diese
Räumlichkeiten sind wir durch St. Gailer Schriftsteller genauer unterrichtet. Das Wohn-
haus der Brüder (Abb. 4ö) enthielt nach dem Baurisse im oberen Stockwerke den Schlaf-
saal (dormitorium), im unteren einen Warmraum (calefactoria domus), der durch einen
Kamin {c, caminus ad calefaciendum) geheizt wurde. Auffallenderweise liegt der Ab-
zugskanal des Rauches (evaporatio fumi, d) nicht über diesem. Die Entfernung des Schorn-
steines läßt darauf schließen, daß der Rauch und die mit ihm gemischte heiße Luft auf
dem Wege zu diesem noch Verwendung fand und vielleicht zur Erwärmung des
Zimmers diente, indem er den hohl angelegten Fußboden durchstrich, daß also eine
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Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen
vom Jahre 820.
a: subtus calefactoria domus supra dormitorium
(unten der Warmraum, oben der Schlafsaal), b: lecti
similiter (Betten und ähnliches), c: caminus ad
calefaciendum (Kamin zum Heizen), d: evaporatio
fumi (Ableitung des Rauches), e: egressus de
pisale (Ausgang aus dem Warmraum). /: balneatorium et lavandi locus (Bad und Waschraum).
g: exitus ad necessarium (Ausgang zum Abtritt). /: sedilia (Abtritte). Nach Keller.
5 Die Bäder im Kloster St. Gallen
Hypokaustanlage nach römischem Muster vorlag. In kleinerem Maßstabe besaßen sie
die innere Schule und das Krankenhaus. Gestützt wird diese Ansicht durch die Er-
wähnung eines Hypokaustes im St. Galler Codex No. Q1513, allerdings als Reinigungs-
ort für Hände und Kopf. Dies widerspricht scheinbar den Angaben im Bauriß. Doch
gibt uns der 4. Ekkehart in seinen Casus St. Galli (wahrscheinlich 1053 vollendet) Auf-
schluß 13. Er berichtet von einer Untersuchung der Klosterzustände durch eine kaiser-
liche Kommission. Diese gelangt auch in den Warmraum (pyrale)*, in diesem
in das lavatorium und in die dem Warmraume zunächstliegende Schreibstube, „und",
fährt Ekkehart fort, „sie versicheren, daß diese 3 Räumlichkeiten vor allen, welche sie
jemals gesehen, die regelrechtesten seien". Das lavatorium liegt also im Warmraume
und ist doch eine selbständige Räumlichkeit. Das stimmt mit dem Bauriß gut überein.
Wir müssen demnach die Vorgänge, die sich im Warmraume abspielen und zu Baden
und Waschen Beziehung haben, in jenen durch einen Gang mit dem eigentlichen Warm-
raume verbundenen kleinen Bau vedegen, den der Bauriß als balneatorium et lavandi
locus bezeichnet*. Hier ließ Bischof Adalbero von Augsburg im Jahre Q08 (St. Oaller
Codex No. Q15) bei seinem Besuche als Geschenke für die Mönche elfenbeinerne Kämme
* Der Warmraum ist fälschlicherweise von Du Gange und Meyer von Knonau als Kapitelsaal
bezeichnet worden. Dem Bauriß nach wurde als solcher der an der Kirche hinlaufende Flügel des
Kreuzganges benutzt. Kochendörffer' trat der Ansicht der beiden Forscher entgegen und gab fol-
gende Erklärung: „Wenn es im Cod. Sangall. nr. 915 heißt ad mundandas manus et capita, cui in
hypocausto locus erat, so geht daraus erstens hervor, daß die Mönche sich im hypocaustum wuschen,
und zweitens, daß der Waschraum der Mönche nach Art des alten laconium geheizt wurde, oder mit
anderen Worten, da eine derartige Heizung keinen anderen Zweck haben konnte, daß die Mönche ein
dem römischen ähnliches Schwitzbad hatten." Der Warmraum hieß im Mittelalter auch pyrale, und da
Ekkehart gelegentlicher Züchtigungen die im pyrale aufgehängte Rute erwähnt, Kochendörffer diese
als Badegerät auffaßt, glaubt er einen weiteren Beweis für die Benutzung des Warmraums als Bad zu
erbringen. Er geht dabei von der falschen Voraussetzung aus, daß eine Hypokaustanlage nur mit einem
Schwitzbade verbunden sein könne. Wir wissen aber, daß in den römischen Villen nordwärts der
Alpen auch die Wohnzimmer durch Fußbodenheizung erwärmt wurden im Gegensatz zum Badezimmer,
das auch Wandheizung besaß "'^. Für ein Schwitzbad im Kloster St. Gallen haben wir keinen Anhalt.
Es ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß in kleineren Klöstern Waschen und Baden
im Warmraume selbst vorgenommen wurde, fand doch in anderen Klöstern (z. B. in Wettingen) der
Aderlaß im calefactorium statt, während auch hierfür St. Gallen seinen eigenen Raum besaß. In jüngster
Zeit hat Stephani i** zwar nicht im Warmraume, sondern in dem als balneatorium et lavandi locus be-
zeichneten Hause eine Badeanlage nach römischem Muster gesehen. Während er auf Grund der Mit-
teilungen Ekkeharts für das 10. Jahrhundert Wannenbäder annimmt, läßt er diese, obwohl sie der
Mönch von St. Gallen '^^ wenn auch nicht im Kloster St. Gallen, erwähnt, für das 9. Jahrhundert nicht
gelten. Wohl auf Grund der Sprachforschung kommt er zu folgender Deutung der betreffenden Stelle
des Baurisses: „Durch die im Badehause eingezeichneten Kreise werden nicht Badewannen, oder
richtiger gesagt Badefässer angedeutet, sondern runde Steinöfen, welche erhitzt und mit Wasser be-
gossen Dampf stäubten. Mithin konnten in dem Badehause nicht Wasser-, sondern ausschließlich
Dampfbäder genommen werden. Der dem Baderaume korrespondierende, wörtlich als Waschhaus be-
zeichnete Raum scheint jedoch nicht das gewesen zu sein, was wir heute unter diesem Worte begreifen,
ein Haus zur Reinigung der Wäsche, sondern vielmehr ein Raum zur Vornahme kalter Abwaschungen
(frigidarium), welche römischer Sitte gemäß nach dem Dampfbade genommen wurden." Auch glaubt
Stephani, um eine weitere Übereinstimmung mit dem römischen Bade geltend zu machen, daß in
Abb. 5 die Küche wahrscheinlich als Auskleideraum (apodyterium) gedient habe. Vergl. damit meine
obigen Ausführungen.
Heilung eines Hysterischen im Bad des Klosters St. Gallen
an ehernen Ketten aufhängen, denen er für jeden einzelnen Handtücher hinzufügte.
Wo sich in diesen Räumen die Rute befand, und ob sie zum Bade benutzt wurde,
läßt sich nicht sagen; jedenfalls wird sie nur als Prügelinstrument erwähnt (s. Anm.
S. 6).
Kehren wir zu den Badeanlagen auf dem Bauriß zurück. Westlich vom Oebäude der
inneren Schule, aber durch eine Gasse von diesem getrennt, stand die Küche der Stu-
denten mit einem Herd in der Mitte. Neben ihr und unter demselben Dache befand sich
ein Badezimmer (Abb. 5) mit 4 Wannen, 2 Bänken und einem Feuerherde in der Mitte.
Ein ebenso eingerichtetes Gebäude gehörte zum Krankenhaus ; nur diente hier die Küche
noch zum Aderlassen. Ein viertes Bad (Abb. 6) war im Oesindehaus, das aus Küche,
Speisekammer, Badezimmer und 3 hinter diesen gelegenen kleineren Kammern bestand.
Hier fehlten die Badegefäße. Neben diesen, lediglich zu Wasch- und Badezwecken die-
nenden Räumen boten auch andere Zimmer
Badegelegenheit. So erzählt uns Ekkehart
eine köstliche Badegeschichte, die im Haus der
Fremden und Armen (domus peregrinorum et
pauperum auf dem Bauriß) spielt, die hier fol- ^
gen soll.
„Weil aber auch Ekkehart (1.) selbst an
sich Almosener war, werden wir von ihm et- Abb. 5. Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen
r, .. , ,. , .., , r^ r- • vom Jahre 820. a: balneatorium (Bad), b:
was Ergötzliches erzählen. Da Ekkehart emen ^^^^^ eorundem (Küche der Studenten).
gewissen Mann von der Hausdienerschaft zu Nach Keller.
dem Zwecke bestimmte, daß derselbe,
wenn ihm von jenem etwa Arme oder
Fremde bezeichnet würden, dieselben
heimlich in dem dazu bestimmten
Hause wüsche und schöre, die Beklei-
deten erfrischte und bei Nacht von
sich entließe, mit dem Befehl, es
keinem Menschen zu sagen, ge- Abb. 6. Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen vom
, , . . -r- , n lahre 820. a: coquina (Küche), b: cellarium (Speise-
schah es emes gewissen Tages, daß , , u i i • ^o j\ j *• uv i
'=' >= ' kammer). r: balneatonum (Bad), rf, ?, /: cubilia famu-
er demselben nach Gewohnheit einen lantium (Kammern der Diener). Nach Keller.
Lahmen, einen Wälschen von Geschlecht, welcher auf einer Karre herbeige-
fahren worden war, anvertraute. Als nun jener den Kranken, welcher nämlich ein
dicker und starker Mann war, mit aller Anstrengung seiner Kräfte mit Mühe in das
Badegefäß vorwärts gewälzt hatte und, wie er geheißen war, die Türe hinter ihnen beiden
allein verschloß, sprach er — denn er war zornmütig — unter Schimpfworten : „Fürwahr,
heute weiß ich keinen einfältigeren Menschen als meinen Herrn, welcher nicht zu unter-
scheiden weiß, wem er wohltun soll, und auch mir einen so fetten Schlemmer auf den
Rücken zu heben aufgebürdet hat." Da aber dem Lahmen das Wasser des Bades allzu
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8 Baden vor dem Feste / Baden der Oeistllchen
warm zu sein schien, sagte er in seiner bäurischen Weise: „Cald*, caid est!" Aber
jener antwortete, weil das in der Sprache der Deutschen: Es ist i<alt — bedeutet: „Und
ich will ihm warm machen", und er goß aus dem vor Hitze wallenden Kessel geschöpftes
Wasser in das Bad hinein. Jener jedoch rief mit schauerlichem Geschrei: „Ei mi ! Cald
est, cald est!" „Ja wahrhaftig", sprach der Diener, „wenn es noch kalt ist, so will ich,
bei meinem Leben, es dir heute warm machen", und er schöpfte noch glühenderes Wasser
und goß es hinein. Wie jedoch jener die Hitze des wallenden Wassers zu ertragen nicht
aushielt, vergaß er seine Lahmheit und erhob sich rasch, sprang aus dem Bade,
um die Tür aufzuschließen und zu entfliehen, kämpft aber nach schnellem Laufe eine
Zeitlang mit dem hemmenden Riegel. Allein auch der Diener, wie er nun den Mann als
einen Betrüger vor sich sah, riß, schneller als ein Wort, vom Feuer ein halbbrennendes
Scheit und schlug dem Nackten schwere Streiche ohne Zahl auf."
Aus dieser Darstellung erfahren wir, daß man das Wasser im Kessel erwärmte und in
die Badewanne schöpfte, und des weiteren, daß mit dem Baden das Scheren, d. h. das
Rasieren verbunden wurde. Der Ruodlieb (gedichtet um 1030) erzählt uns, wie ein
Held und sein junger Verwandter sich im Bad rasieren, dann die Bütte verlassen und
sich im Bademantel aufs Bett legen bis die Hitze weicht 6. Diese große Toilette fand in
der Regel vor Feiertagen und festlichen Gelegenheiten statt ; denn man badete nicht täg-
lich. Kaiser Ludwig der Fromme nahm jeden Samstag ein Bad, wie uns der Mönch von
St. Gallen** berichtet, und von demselben erfahren wir, daß ein Diakonus, ehe er vor
Karl dem Großen das Evangelium las, früh ein Bad nahm, sich den Bart ganz glatt ab-
nehmen ließ, die Nägel reinigte und die Haare ganz kurz schnitt.
Der heilige Benedikt gestattete in seiner 515 entworfenen Ordensregel den Ordens-
brüdern mäßigen Gebrauch der Bäder. Kranke sollten baden, so oft es der Zustand er-
forderte, junge Leute nur selten. Die Hirsauer Mönche badeten bloß zweimal im Jahre,
vordem Weihnachts- und dem Pfingstfeste (Wilhelm, Hirsaugens., gest. 1091), Kranke je-
doch nach Bedürfnis. Der heilige Udalrich (gest. 973), Bischof von Augsburg, badete
nur Samstags vor den Fasten, in der Mitte derselben und am Karsamstage i6
Das Bad vor dem kirchlichen Feiertag galt als geistige Reinigung; denn als sich die
Eltern des gelehrten St. Galler Mönchs Iso (gest. 871) nach dem Bade gegen kirchliche Ein-
richtungen vergingen, badeten sie zum zweiten Male (Ekkehart). Überhaupt wurden
begangene Sünden durch das Bad „abgewaschen", und als eine besondere Buße gaH es,
Arme und Pilger zu baden. Ein Bischof von Neustrien, der zur Fastenzeit Fleisch ge-
gessen hatte, forderte am heiligen Osterabend aus der ganzen Stadt viele Badewannen
zusammen und ließ allen Dürftigen bis zum Abend warme Bäder darbieten. Er selbst
nahm jedem einzelnen den Bart ab und reinigte mit seinen Fingern die Geschwüre ihrer
borstigen Körper. Zuletzt ging er selbst ins Bad und stieg mit gereinigtem Bewußtsein
* cald, calidus = warm. ** Als Kaiser Karl der Dicke 883 das Kloster St. Gallen besuchte, for-
derte er den „Mönch von St. Gallen" auf, die ihm von alten Brüdern überlieferten Geschichten auf-
zuzeichnen 1^
Baden von Armen und Kranken / Enthaltung vom Bade 9
daraus hervor (Mönch von St. Gallen). Auch die heilige Wiborad, eine Klausnerin beim
Kloster St. Gallen (gest. 925), badete Arme.
Zappert iö führt zahlreiche Beispiele aus dem 10. bis 13. Jahrhundert an, nach denen
hochgestellte Personen weltlichen und geistlichen Standes (die Bischöfe von Mainz und
Utrecht, die Gemahlin Kaiser Heinrichs I., die Tochter Kaiser Ottos II., die Mutter Kaiser
Heinrichs IV., die heilige Elisabeth) durch Baden von Armen und Kranken Barmherzig-
keit übten. Aus diesen Quellen, wie auch aus dem Mönch von St. Gallen, ersehen wir,
daß der Aussatz schon vor den Kreuzzügen bei uns Einkehr gehalten hatte und mit
Warmwasserbädern behandelt wurde.
Gesunden galt Baden für eine Hauptannehmlichkeit des Lebens, und den Kloster-
schülern von St. Gallen war solches an ihren Ergötzungstagen eine ihrer Hauptfreuden,
wie uns Ildefons VON Arx für den Zeitraum von Q20 — 1076 berichtet '■?. Deswegen
wurde Enthaltung vom Bade als kirchliche Strafe auferlegt, was wir noch im 12. Jahr-
hundert antreffen. Der exkommunizierte Kaiser Heinrich IV. brachte die Weihnachts-
feiertage 1105 in Bichelsheim non balneatus et intonsus — nicht gebadet und unge-
schoren zu, und der Teichner klagt im 14. Jahrhundert, daß Wallfahrer, die doch zu
den Büßenden zählen, sich scheren und „gen gein pat" i6. Aus diesem Grunde enthielt
man sich zur Fastenzeit des Bades (Ekkehart), und besonders fromme Personen ver-
zichteten dauernd auf den Genuß desselben. Der Bischof Reginard von Lüttich (gest.
1037) badete nie, und die heilige Elisabeth erklärte mit dem Eintauchen eines Fußes in
das Wasser das Bad für beendet, als sie sich auf Zuspruch endlich entschlossen hatte,
ein solches zu nehmen iö. Cäsarius von Heisterbach erzählt, wie ein frommer Mönch
eine Weltdame, die in sündiger Liebe zu ihm entbrannt war, auf immer dadurch heilte,
daß er ihr seinen von Unsauberkeit und Ungeziefer starrenden Körper zeigte is
BADEBRÄUCHE / DIE DEM URGERMANENTUM
ENTSTAMMEN
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he wir die geschichtliche Entwicl<lung des Badeiebens weiter ver-
folgen, müssen wir hierher gehörige Bräuche und Sitten besprechen,
die teilweise bis in die jüngste Zeit bestanden oder noch bestehen
und zu einem beträchtlichen Teile im Urgermanentum wurzeln.
Die Ankunft des Sommers, des Maies oder, wie wir jetzt
sagen, des Frühlings wurde von alters her festlich begangen. Das
Eintreten des Sommers erfolgte aber nicht auf einen bestimmten
Tag des Jahres, sondern wurde nach zufälligen Zeichen wahrgenommen, aufblühen-
den Blumen oder anlangenden Vögeln i9 |m Gebirge trat noch das Hervorsprudeln
der Quellen hinzu, die im Herbst versiegt waren, der Maibrunnen (fontes majales).
„Sie quellen gemeinlich in dem Meyen einsmahls, und mit solchem Geräusch hervor,
daß, wer darbey stehet, erschricket", sagt Scheuchzer 20. Von einem solchen ober-
halb Schwanden im Glarnerland gelegenen Quell berichtet er: „Es gewahren die An-
wohner von disem Bach, ^,. ^ r»/-, n
daß er nicht anfangt fließen, ^C^^Ä^ttrtC^^e^art^CtEere
bis der Winter völlig vor- <Ört6ic§^i«nrtmr mt vcrfcrc
über, und keine rauhe Win-
terkälte mehr dahinden, daß
daher der Fluß dises Was-
sers angesehen wird als ein
Zeichen der vorstehenden
Frühlingswärme", und Para-
CELSUS 21 glaubt vom Pfäfers-
wasser, seine Verjüngung
gehe mit dem Frühling an und
terminiere sich mit dem Winter,
es wachse mit den Kräutern
und sterbe mit ihnen ab. Diese
Ansicht scheint heute noch im
Volk zu herrschen und des- ^j,^ ^ wasserbad. Holzschnitt von Urs Graf aus: Kalender
halb schon vor ParaCELSUS des Doctor Kung (Kungsberger). Zürich, Hans am Wasen. 1508.
Das Friihlinsswasser
11
Abb. 8. Schmausen und Zechen von
Mann und Frau im Wasserbad. Holz-
schnitt aus dem Kalender von 1481.
Augsburg, Johannes Blaubirer.
bestanden zu haben, obwohl sie nicht den Tat-
sachen entspricht. Vor der Herstellung der heutigen
technischen Anlagen blieb das Wasser wohl mehr-
mals des Winters aus, floß aber auch zuweilen, so
15Q6und 162820, und der als Chirurg bedeutende
Berner Stadtarzt Fabricius Hildanus (geb. 1560) war
der Ansicht, des Paracelsus Ausspruch sei nur
bildlich zu nehmen 22. Auch das Lenker Thermal-
wasser nahm im Mai dem Volksglauben nach an
Heilkraft zu, und die Anwohner von Sitten ge-
brauchten es zu ScHEUCHZERs Zeit, wenn es „in
dem Meyen etliche Tag nacheinander von weißer
Kalck-Materi" trüb lief, „sonderlich, weilen sie es
zur selben Zeit am kräftigsten zu seyn bedunken,
vornehmlich, wann der April und Meymonat einen großen Grad der Wärme außge-
halten". Der Glaube an eine besondere Heilkraft der Bäder im Frühjahr war weit ver-
breitet und nicht nur auf germanische Länder beschränkt; auch im Gebiete der
welschen Zunge, an den Wormser Thermen (Bormio) im Veltlin lockten die ersten
warmen Frühlingstage schon zu Ende Januar und Anfangs Februar zahlreiche Scharen
von Talbewohnern zu den naturwarmen Quellen von S. Martino 23.
Nicht die Schule von Salerno mit ihren im 12. Jahrhundert aufgestellten Gesundheits-
regeln hat das Maibad im Mittelalter und der nachfolgenden Zeit zu Ansehen verholfen.
Es war uralte Sitte, die durch den Glauben an die heilende und stärkende Kraft der
wieder erwachenden Natur erstand und aufrecht erhalten wurde, sei es im naturwarmen
oder erwärmten Quell oder den Maikräutern, die dem Wannenbad zugesetzt wurden.
„Man sagt wol: in dem meien
da sind die brünlein gsund",
wenn's auch der zechende Sänger dieses Volksliedes nicht glaubt 24
„Arbeyten in dem Meyen ist dir nit schad
Loss dyn Odern vnd mach ein lustiges bad",
sagt das Straßburger Regimen sanitatis vom Jahre 1505 25. Und wie lustig es im
Maienbade zuging, zeigen die Illustrationen aus jener Zeit. Gewöhnlich stellen sie das
Gegenteil von dem dar, was der Text sagt. Verboten auch die Ärzte Essen und Trinken
während des Bades, setzt auch Urs Graf seinem Bilde im Züricher Kalender von 1508
die Worte vor: „Ich bad nach des artzet lere", dem Badenden läßt er doch den Becher
reichen (Abb. 7) 26. in der Regel saßen Mann und Frau im Bad und schmausten und
zechten am „zwerchen Standenbrett" (Abb. 8 und andere), das im 17. Jahrhundert noch
seinen Sänger fand:
„Das zwerche Standenbrett ist eines Bäders Tisch,
Der nicht ist Vogelscheuch; liebt Hüner, Krebs, und Fisch"-'.
12
Beziehung des Badens zur Venus
Abb. 9. Darstellung des Planeten Venus. Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert. Berliner Blockbuch.
Das Maibad
13
Auch das Liebesspiel der Maifeste durfte im Bad niciit feiilen. In einem geistlichen
Lied des 15. Jahrhunderts findet sich folgende Strophe:
„Gar warm solt du dich halten
vnd dich nit Ion erl<alten
noch diser mynne bad.
Din baden büle sye
die allerschönst Marie,
ein gott vnd namen drye
mit andocht zu dir lad" 2*.
Diese Verse ins Weltliche übertragen, würden die Badebuhlen in keinem günstigen
Lichte erscheinen lassen. Wir besitzen genug Illustrationen, die das belegen. Sehen
wir von tendenziösen Übertreibungen, wie Virgil Solls Wiedertäuferbadstube
ab, so betreffen die Darstellungen zügellosen Liebeslebens ausschließlich Wannen-
bäder, und Wannen- ^^m^
bad findet sich meist jJ^fttÖÄ
gleichbedeutend mit
Maibad gebraucht.
Hans Sachs sieht im
großen Höllenbade die
Hurer und Ehebrecher
paarweise im Vollbad
sitzen 29, und Thomas
Murners Illustration
zum „lürlesbad" (Nar-
renbad, Schilderung
der Hölle) in der Nar-
renbeschwörung (1512)
zeigt Mann und Frau
in der Bütte. Der
Mann hält einen Mai-
blumenstrauß in der
Hand so. Sämtliche
Darstellungen des Pla-
neten Venus haben
Bäder, meist Wannen-
bäder (Abb. 9 u. 10),
nur bei Beham wird
in einem Teiche unter
freiem Himmel gebadet.
In den Kurorten sah
es ähnlich aus.
(5"3cf bvn D:oltc§ vn\>c v^n 0ubcm willen
nvbcvtiWbatbplcgb« VcC tbo (lillcit
Sc fynglXft vwltc§ am «de l<«
Abb. 10. Darstellung des Planeten Venus. Holzschnitt aus: Eyn nyge
Kalender recht hollende. 1519. Lübeck, Steffen Arndes.
14 Baden und Maispiele
„Jm meyen farend wir gen baden Vnd bringt nit pfenniggelt domit
(in der Sciiweiz) So würcl<t dasselbig bad do nit
Lug das der seckel sy geladen Denn syn natürlich würckung thut
Denn das bad hat solche art Das du verdouwest gelt und gut."
Wer mit wybren daryn fart
höhnt Murner 151Q in der Geuchmatl3i. Das Liebesspiel konnte aber auch durchaus
harmloser Natur sein. In dem auf der Wolfenbüttler Bibliothek befindlichen Reisebuche
Hansens von Waldheim, Ratsmeisters zu Halle an der Saale, das ungefähr um 1474 ge-
schrieben wurde, berichtet dieser von seiner in der Pfingstwoche begonnenen Badekur
zu Baden in der Schweiz. Adlige und geistliche Herrn nahmen ihn in ihr Privatbad auf,
und einer derselben, „Hans von Emsz, rittere szu Friborg, in deme Breiszkouwe wohn-
hafftigk, eyn rad des hochgebornen fürsten herczogin Albrechtis, erczherzogen in
Osterich" bat ihn in sein Haus und tat ihm viel Ehre und Gutes „und", fährt Waldheim
fort, „gab mir syne huszfrawe zou eynem meyenbulen" 32.
Die älteste Darstellung des Maibades möchte ich in einem Bilde der sog. Mannessi-
schen Handschrift, jetzigen großen Heidelberger Liederhandschrift, sehen, das aus dem
Anfang des 14. Jahrhunderts stammt (Abb. 45)33. Auf blumenbedeckter Wiese sitzt der
alte Herr Jakob von Warte in der Badekufe im Schatten einer Linde, deren grüne Laub-
krone singenden Vögeln zum Aufenthalte dient. Soll das etwas anderes darstellen als
den Lenz, den die Minnesänger so oft besungen?
„Es get gen des maien zeit, Jch sag euch fürwar das,
Die uns neue freüde geit. Es grünet schon laub und gras,
Die vogl alle singen, Der summer uns vil nahen leit."
Die plüml schön entspringen.
So die Schilderung in Neitharts Veilchen 12. Und wie im späteren Maibade darf hier
der Becher nicht fehlen, den eine Jungfrau dem Ritter darbietet. Eine andere setzt ihm
den Kranz auf den kahlen Scheitel, und ich möchte ihr mit demselben Liede Neitharts
die Worte der fünften Jungfrau Afra in den Mund legen :
„Jch han eu im herzen hold. Wer mich mit eren ganzlich maint,
Mein maienpuel solt ir sein, Mit dem so will ich sein veraint.
Jch pin eur und ir seit mein. Wir süllen frölich hie nun leben.
Was mir in ern wol an stat, Jch will euch das kranzlein geben."
Daß will ich laisten fruo und spat.
Man führe gegen diese Deutung des Bildes nicht an, daß der dargereichte Kranz aus
Rosen gewunden ist. In dem angeführten Neithartspiele wird aller Naturwissenschaft
zum Trotz vor dem Auffinden des ersten Veilchens zweimal der „Rosenkranz" als Tanz-
preis (für Mann und Jungfrau) ausgesetzt. Der Begriff „Rose" wurde in einem weiteren
Sinne als heute gebraucht; auch die Veilchen werden als „Veiolroesen" bezeichnet.
Vielleicht war Rose gleichbedeutend mit wohlriechender Blume, und deren Darstellung
geschah unter dem Bilde der Rose.
Bei der Hildesheimer „Maigrevenfahrt" erhält derMaigreve einen Kranz und bewirtet
die Holzerben. In der kölnischen „Holzfahrt" mußte der von den Bürgern gewählte
„Rittmeister" von Kopf bis zu Fuß gewappnet sein, und nach dem nicht näher beschrie-
Baden in der Walpurgisnacht zu Pfäfers und im Baseler Gebiete 15
benen Zu^ in den Wald wurde ihm ein Kränzchen aufgesetzt, wofür er ein Gastmahl
zu o-eben hatte, das wieder „Kränzchen" hieß34. Dies Kränzchen finden wir unter den
Badegebräuchen in der „Morgensuppe" zu Baden in der Schweiz wieder (Abb. 87); es
kam sogar unserem heutigen dadurch näher, daß der Gastgeber abwechselte und das
Kränzchen der Reihe nach umging. Pantaleon35 berichtet 1578: „Man bettet vor vnd
nach der morgensuppen vnnd dancket dann mit einem kurtzweiligen Lied dem Wirt,
damit er lang mit ehren lebe, biß er jnen wider gibt. Nach disem bestellet man ein
anderen Wirt, auff welchen die Ordnung kommet, setzet jm einen Krantz auff, vnd dröwet
jhm in dem gesang man wolle morgen zu jm kommen, mit Pfeyffen vnd mit Trommen".
In „Ein badenfart guter gsellen" 36 heißt es darum:
„Also lieber Vintzentz von Bernn
gib ich dir das krentzli gernn
Das du morn sigist vnser wirt."
und
„All vol lassend vns fröiich singen
ich wil den krantz dem basler bringen
Vnd jm den setzen vff mit pracht
lug heinrich das die sup werd gmacht."
Als man nicht mehr ausschließlich im Mai badete, hielt man natürlich die Morgensuppe
die ganze Badesaison hindurch. Nach dem Meistersinger Hans Foltz ^'^ konnte man
sich in Baden zwar im „meyen zuo vorauß", aber auch im Herbst „ermeyen".
Das Maibad steht mit dem altgermanischen Heidentum in enger Beziehung. Das
Landvolk aus der Umgebung von Pfäfers wickelte noch 1631 seine Maibadekur in einer
einzigen Nacht ab und zwar zu Walpurgis. „Vnder andern, so pflegt auff den ersten
Tag Maij, alten Calenders, ein vnzehlbare menge Voicks, zu Vesper vnd Abendts zeit, auß
allen benachbarten Dörffern, Thälern vnd Gebirgen, mit einem Wort alles gemein, vnnd
lauffige Gesinde, theyls Gesund(heits), theyls Lust vnd Fürwitz halber, herbey zu-
kommen, in die Badschwämme, einzusitzen, vnnd die gantze Nacht, darinn wachtsamb
zuzubringen, auch dise Nachtfrist, einer gantzen Bad Chur, jhres Sinns abzuschätzen ;
Alsdann, folgenden Morgen, wann sie abreisen wollen, jhreHembter, zuvor in das Bad-
wasser wol einzutrucken, vnd also anzuziehen, mit mainung, einer mit sich hinweg
tragenden großen gefunden Krafft, welches gleichfalls auch fürnehmer vnnd Edler, mit
einnetzung jhrer Hembter vnnd Leylacher, zu jhrem Abzug pflegen 349
Sonst finde ich Maibäder in diesem Sinne neben anderen, später zu erwähnenden nur
noch im Baseler Gebiete*. Hauptsächlich kam das auf der Jurahöhe, damals schwierig
zugängliche Bad Ramsen in Betracht. Die Kirchenbehörde kämpfte vergeblich gegen den
Brauch. 1572 findet sich in den Akten die Angabe der Prediger im Amte Homburg, in
deren Sprengel das Bad lag: Bei dem Bad Ramsen „tryben sy uff den mey und Sant
Johans oben Superstitiones". Noch 1606 verzeichnen die Akten des Waldenburger
Kapitels „Anzug des Bades halben zu Ramsen in Homburger Vogtey gelegen, von
* Die Nachrichten darüber verdanke ich Herrn Alt-Schulinspektor Dr. J. W. HESS in Basel. Sie sind
Ergänzungen zu dessen Aufsatz im Basler Jahrbuch 3^.
16 Der Glaube an das Maibad und dessen Bekämpfung
wegen dz es, aus Aberglauben, vom Landvolck auff den tag der Himmelfahrt, Meytag
und S. Johanstag besucht wirf. Darauf wurde eri<annt, dem Obervogt auf Homburg
vorzuschlagen, er solle den Badewirt anhalten, an den obengenannten Tagen keine Gäste
aufzunehmen, „welches leicht geschehen könnte, so der wirt oder bader das bad nit
heitzen wurde".
Die Bedeutung der Walpurgisnacht kommt auch in folgenden Erlassen des Mark-
grafen Christof vom Jahre 1488 für Baden-Baden zur Geltung: „Vff das hat der vor-
genannt min gnediger Herr geordnet, vnd will gehabt haben, daß das gemelt groß Fry-
bad hinfür allweg durch das ganz jähr, one am Meyabend, so man die Mey-
pfennig gitt, fry sin vnd blyben, vnd von niemand mee, er sy frembd oder heimsch,
vmb badens willen gelt darin genommen, ....wie von alter herkommen ist",
und die beiden Bäder sollen frei sein „dann vff den Maiabent, da soll ein jede person,
vßgenommen kindere, es gang vff denselben Abent in die fryen Bedere oder nit, Hans
Vlrichen oder siner Husfrowen vnd sinen Erben geben vnd antwurten 1 pfenning, als
das von alter herkomen vnd gewonheit gewesen ist" 40.
Das Maibad ist stets ein Wasserbad. In keinem der vielen Kalender, die ich durch-
gesehen habe, ist in diesem Monat das Schweißbad empfohlen, wohl aber in anderen.
Es findet sich meist die allgemein gehaltene Vorschrift, im Mai zu baden. In einer
astrologischen Gesundheitsanweisung von 1556 wird Baden im Gegensatz zu Schweiß-
baden gesetzt 41. Daraus geht auch hervor, daß das Baden im Mai Wasserbaden war.
Es finden sich auch solche, die Kräuterbäder empfehlen und zwar nur in diesem Monat.
Die eben erwähnte Anweisung zur Gesundheit sagt: „Alle bad seind gutt, besonder
kreuter bad". Eine Münchener Handschrift des 15. Jahrhunderts hat: „Vnd von würczen
adele uolpade sie Die zymen wol dem Leibe dein" 42. in dem 1428 von Johannes Gre-
DiNQER zu Nürnberg geschriebenen Kalender 43 heißt es: „Päd mit guten krewtern in
eym schaff, daz oben wol bedeckt sei", in einem von 1467 der Züricher Stadtbibliothek
(Msc. E. 102): „bad ist gut vnd besunder wurtz beder" und in gedruckten Züricher
Kalendern, z. B. von 1569 und 1641 : „Von aller wurtz vnd krütern bad".
Es handelt sich selbstverständlich immer um frische Frühlingskräuter, denen man eine
besondere Wirkung zuschrieb. Daß man auch das Wasser an sich im Frühling für ge-
sünder als zu anderen Zeiten hielt, ist schon erwähnt worden. Man muß den Begriff
des Maibades deshalb etwas weiter fassen und gleich Frühlingsbad setzen. Die Mainauer
Naturlehre (13. Jahrhundert) macht ihre Badevorschläge nicht für Monate, sondern für
Jahreszeiten. Vom Lenz sagt sie: „so ist och decheine zit besser .... zu badenne"44.
Ein Frühlingsbild, das wahrscheinlich von Michael Wohlgemuth stammt, bringt das
gemeinsame Bad von Mann und Frau bei Saitenspiel und Trank, das durch Maiblumen
als Maibad charakterisiert wird (Abb. 11)45.
Mancherorts wurden die Frühlingsbäder schon im März gehalten. Die Badstuben-
oder Badwaid-Ordnung von Sonthofen in Bayern von 1544 schrieb vor, im ganzen Jahr
wöchentlich 1 Bad am Samstag zu halten, aber „mörzenbäder an den 3 Dornstag in
Fmhlingsbad
17
10 ao I po j 4o~ 10 \ o^ 70 j ffo I />oj jooi 110
i-ro TIP
Abb. 11. Der Frühling. Holzschnitt aus: Conrad! Celtis quatuor libri amorum. Nürnberg. 1502.
18 Märzenbäder / Geschenke ins Maibad
Mörzen", und zu Rorbach fanden „an den dreyen pfinztagen (Donnerstagen) im Merzen
die Merzenpäder" statt 46 in Kaienderversen Oswalds von Wolkenstein (15. Jahr-
hundert) heißt es beim März:
„ädryänns der wardt gesund
phincztages inn merczischen pad"3i3.
Brunfels (16. Jahrhundert) spricht sonderbarerweise von Bädern „in dem andern
Meyen", die im Gegensatz zu den eigentlichen Maibädern gegen auswendige Schäden
gut sein sollen 47.
Im engeren Sinne sind unter Maibädern die in der Walpurgisnacht genommenen zu
verstehen. Man muß berücksichtigen, daß es früher Brauch war, bei einer rechten Bade-
kur eine bestimmte Anzahl Tage und an diesen mehrere Stunden im Bad zu sitzen.
Unter der Landbevölkerung war der Glaube verbreitet, der Erfolg wäre derselbe, wenn
man die gesamte Kur hintereinander im Bade absäße. Es gibt Berichte, nach denen die
Leute noch im 17., auch vereinzelte noch im 19. Jahrhundert tagelang ununterbrochen
im Bad zubrachten und darin sogar schliefen. Man glaubte deshalb, daß einen Tag un-
unterbrochen gebadet genüge, um die Gesundheit während des ganzen Jahres zu er-
halten. Noch heute kommen die Schwarzwaldbauern aus diesem Grunde jährlich einmal
in die bei Freiburg gelegenen Bäder Kuckucksbad, Glotterbad und Silberbrünnlein, wo
gelegentlich zwölf Wannen in einem Räume zusammenstehen, in denen die Bauern die
Zeit mit Baden und Zechen zubringen 6. Man darf nicht erstaunt sein, wenn man in
früherer Zeit diesen Badetag auf Walpurgis oder an den noch zu nennenden Tagen ab-
hielt, an denen man dem Wasser besondere Kraft zuschrieb.
Schon im 16. Jahrhundert verstand man unter Maienbad ein gewöhnliches Warmwasser-
bad, aber „fürnemlichen imfrüling" 48; der Zusatz von Kräuterabsuden scheint eher nicht
erforderlich gewesen zu sein. Ryff beginnt ein Kapitel: „nechst volgendt die warmen
wasser vnnd lieplichen Mayen badt". Er spricht dann aber nur vom Wasserbad in der
Wanne und sagt: „Zum wasser Badt oder gemeinen Mayen Badt, ist auch das Regen
wasser wo man es haben mag, am aller bequemsten" und besser als Brunnen- und fließen-
des Wasser, weil es reiner, subtiler ist, die Wärme des Sonnenscheins und kräftige Influenz
des Gestirns und dadurch seine schädliche Kraft zum Teil verändert und gemildert hat 48.
Das Volk scheint aber im Maienbad ein mit Wohlleben, d. h. ein mit Essen und
Trinken, vielleicht auch mit Venusdienst verbundenes gesehen zu haben. „Sie kamen in
kein Maienbad", heißt es höhnisch im Gedicht auf die Bergtheimer Schlacht (1400)49.
Die sogenannten Badschenken, die man Vorgesetzten oder Freunden vor einer Badekur
oder auch ins Bad sandte, waren ursprünglich nur Nahrungs- und Genußmittel, und
da man ehedem nur im Mai ins Bad fuhr, erscheint es nicht auffällig, wenn im Mittel-
alter öfters Geschenke ins „Maibad" gegeben werden. So sind in Ulm „vff Pfingsten
3 Pfund Schmalz in das Maienbad" verzeichnet so. 1466 wurde gestattet, dem Bürger-
meister, den Richtern und den Räten zu Ulm ein Maß Malvasier oder dessen Wert ins
Maienbad zu schenken ^i.
Rückgang des Maibades IQ
Das kurgemäß gebrauchte Maienbad konnte auch in einer Badestube stattfinden.
142Q fing Caspar Sommerer in Augsburg ein Maienbad an, „daß man badete für den
Wertachbruggerthor". Nach einer Biberacher Chronik wurde im 17. Jahrhundert Maien-
bad und Maienmiich dem Kranken im Spital verordnet. Der lutherische Sittenprediger
Martinus Bohemus, der keinen der üblichen Maibräuche bestehen lassen will, hält da-
gegen die Maibäder für recht, „das man seiner Gesundheit pflege, das man warm bade,
auch kreuterbade gebrauche" si.
Sogar von einem zwangsweise gebrauchten Maienbade wird berichtet. Die Mitglieder
der Schneidergilde zu Hildesheim waren verpflichtet, an den sogenannten „freien Mon-
tagen", d. h. am Montage nach Ostern, St. Johannis und in der Maiwoche unmittelbar
nach Beendigung der Messe das Bad aufzusuchen. „Wem nicht gelüste zu baden, der
soll dem Schaffer (der Gilde) einen Pfennig zahlen" 52.
Daß man in den Mineralbädern ursprünglich nur im Mai und nicht im Herbst, wenig-
stens nicht gern badete, geht aus der Mainauer Naturlehre aus dem Ende des 13. Jahrhun-
derts hervor, wo es beim Herbst heißt: „Aber dawider so derret unde swechit den lip
daz man bade in den badern die mit listen gemäht sint, daz siu selber warment" 44
1436 aber hielt sich Frau Anna von Weinsberg vom 15. September bis zum 1. Oktober
zur Kur im württembergischen Wildbad auf 53, 1481 die Pfalzgräfin Amalie von Veldenz,
die Tochter des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg, im August in Baden-Baden 54
Anemorinus (Wintperger) schlägt für Baden bei Wien 1511 sogar unter Weglassung
des Mais den Juni, Juli, August und September als Kurzeit vorie, ja Dryander will
1535 für Ems Winterbäder eingeführt wissen 55. |m allgemeinen herrschte aber die alte
Ansicht vor, die dem Mai eine Sonderstellung zuschrieb. Nach Ryff sind für die, „welche
allein gesundtheit zu pflegen zu sonderlichem leiblichem wollust", „fürnemlichen im
früling die Meyenbad zugerichtet" 48, und ebenso war es für Kranke. 1597 sagt Feur-
berqk (Pyrmontanus), der den Schriftstellern seiner Zeit gegenüber als Fortschrittler
betrachtet werden muß : „Nim in acht die fröliche Meyzeit, dan zu derer zeit ist der
Brun (zu Pyrmont) am krefftigesten" 56, und im 16. Jahrhundert singt der freigeistige
Stadtpfarrer Johann Jakob Müller von Luzern (er wagte als erster den berüchtigten
Pilatussee zu durchwaten):
„Im Meyen ist die beste Zeit
Ein Badenfahrt anstellen" ^s.
Nach PiCTORius' Baderbüchlein (1560) erfordern etliche Krankheiten den Mai zum
Baden i52.
Im 19. Jahrhundert war man anderer Ansicht. Die „Kinder im Feld" (Aussätzigen) zu
St. Georg bei Winterthur hielten in der Mitte des 16. Jahrhunderts ihre jährliche Badekur
in der Badestube des Sondersiechenhauses ab. „Wenn sie im Mai baden, giebt man
einem jeden, so viel im Hause sind, alle Fleischtage sein Pfund Fleisch und eine halbe
Maß Wein und in der Badenfahrt 7 oder 8 Pfund süße Butter, auch einen Teller mit Eiern
und Zieger (Kräuterkäse) und nach der Badenfahrt 2 Pfund Badgeld und in der Baden-
20 Die Sommersonnenwende / Johannisbäder in Kannstatt
fahrt 1 Viertel Mehl für Küchly" ss. 1813 hatten die Siechen noch ähnliche Vergünsti-
gungen ; nur der Kräuterkäse und die Küchly werden nicht mehr erwähnt, und die Bade-
kur fand in den 30 (!) Juliustagen statt 57. Der Glaube an den Mai war verloren gegangen.
GuLER erwähnt in seiner Rätia (1616)59 das schon besprochene Hervortreten der
Therme von Pfäfers im Mai. Ein- oder zweimal habe er aber erlebt, daß sich die An-
kunft des Wassers hinausgezogen und zwar bis auf „St. Johansen deß Täuffers tag",
„daß man darvor nicht hat baden können, vorbehalten etlich personen im Kessel (einer
der Quellen)." Der Zusatz zeigt, daß das Wasser doch schon vorher eingetreten war.
Das rechnet Guler aber nicht mit; für ihn kommt erst der Johannistag in Betracht, weil
diesem nach dem Volksglauben gleich dem Mai oder Walpurgis besondere Bedeutung
im Badeleben zukam. Ein einziges Bad in der Johannisnacht wirkt so viel als 9 Bäder
zu anderer Zeit, sagte man besonders im Württembergischen 34 Es war über fast ganz
Europa, ja außerhalb desselben verbreitet i^; nach dem Zeugnisse des heiligen Augustin
(395 n. Chr.) war es ein heidnischer Brauch H Für unsere Vorfahren galt der 24. Juni,
der Mittsommertag, der Tag der Sommersonnenwende als festliche Jahresmitte, deren
Feier mit vielerlei Bräuchen verbunden vvar*!^ Klagte die alte Kirche über heidnische
Sitte, so bekämpfte die evangelische das Johannisbad als päpstliche Einrichtung. Das
zeigt folgendes Gutachten der Stuttgarter Synode :
„Es ist Im- Herbst Synodo Anno 1591 einkhommen, wie an Joannis Baptistae uff die
Achzehn doch mehrentheils Weibspersonen das Badt In der Eßlinger Vorstatt allhie
besucht, die ganze nacht und den Tag, und allßo zwanzig vier stundt gebadet, welches
auch andere Jahr uff Joannis Baptistae abends beschehen.
Daruff der Synodus das unterthänig bedenkchen gegeben, weil es ein Superstition
seye, möchte dem Vogt bevolchen werden, den Bädern ernstlich uffzulegen, solches
baden nit mehr zu gestatten, sonst werde man sie und die Badleute gepürlich straffen.
Der meynung seyn unterzeichnete Consistoriales auch noch, darumb sie dem Sulz-
bäder zu Canntstat die St. Johanns Bäder zu halten allerdings abstricken ließen, doch zu
der Oberkait fernerem Erwägen. Geben Stuttgart den 6. July 1602. Consistorium."
Der zu diesem Outachten eingeholte Bericht des Vogts von Kannstatt lautete dahin,
daß diese Bäder ein Überrest des Papsttums seien und hauptsächlich nur noch von den
benachbarten Katholiken zu Höfen und Öffingen gebraucht würden, und deswegen um
so mehr abgeschafft zu werden verdienten, als sie nur Veranlassung zu Unfug gäben 63
Des Kampfes der Baseler Geistlichkeit gegen die Johannisbäder wurde schon beim
Maibad gedacht. Die Kirchenakten zeigen zugleich, daß das Bad in der Walpurgisnacht
* Die Sommersonnenwende findet um den 21. Juni herum statt, fällt also nicht mit dem Johannistag
zusammen. Man hielt auch beide auseinander. Bei Jos. Simler findet sich 1576 die Stelle: „Es wirdt
aber järlich vor Sant Johans tag zu Sonnwenden ein Eydgnössischer Tag zu Baden gehalten"''''.
Häufiger aber decken sich beide Tage. So machte Seifrit der Futraer 1333 den Armen im Wiener
Bürgerspitale eine Schenkung, die sie „an sand Johans tage zu sunniwenden" zu genießen hatten "'.
Der Inhaber des unteren Bades zu Liebenzeil hatte 1403 die Hälfte des jährlichen Zinses „uff s. Johanns
tag zu sungethen" zu zahlen ^^, und die Regensburger Bader durften nach einer Verordnung aus dem
15. Jahrhundert ihr Gesinde nicht vor „Sannt johannstag Sunwenden" dingen "2.
Johaiinisbäder im Baseler Gebiete / zu Köln und im Unterelsaß 21
gegen das Johannisbad zurückstand, was wohl darin zu suchen ist, daß dem Volk das
Verständnis für die Walpurgisnacht verloren gegangen war, während das Bad zur
Sommersonnenwende in dem Glauben an die Taufe Johannis des Täufers weiter unter-
halten wurde. Dafür spricht auch das Bestehen des Johannisbades in einem viel größeren
Gebiete. Wir dürfen annehmen, daß zu der Zeit, aus der die Quellen stammen, das Wal-
purgisbad an den meisten Orten nicht mehr gebraucht wurde. Sonst wäre es erwähnt
worden. Die Baseler Akten berichten noch 1600: „Im bad zu Ramsein wirf uff St.
Johannis abend und nacht neben großem muttwillen superstition und Aberglauben ge-
triben, sonderlich von unsern Leuten (d. h. denen aus dem Baseler Gebiet), welche diß
tags halben dem Bad große Krafft zuschreiben", und 1605 „wird geklaget von wegen
der Bädern Ramsen und anderswo, dz man deren kraft auf gewisse tag lege, sonderlich
auf den tag S. Johannis Baptistae". Im Jahre darauf erfolgte dann jener schon erwähnte
Beschluß, der dem Aberglauben ein Ende bereiten sollte.
In einem Briefe von 1330 hat uns Petrarca die älteste Nachricht über das Johannis-
bad auf deutschem Boden hinterlassen. Am Vorabende des Johannisfestes beobachtete
er selbst den alten Brauch. „Kaum war ich bei meiner Ankunft zu Köln in der Herberge
abgestiegen, wo meine Freunde mich empfingen, als sie mich an den Rhein führten, um
ein eben an diesem Tage bei Sonnenuntergang aus dem Altertume überkommenes
Schauspiel in ihrer Gesellschaft anzusehen. Das ganze Ufer war mit einer langen Reihe
von Weibern bedeckt. Ich stieg auf einen Hügel, um eine bessere Aussicht zu gewinnen.
Unglaublich war der Zulauf. Ein Teil der Frauen war mit wohlriechenden Kräuterranken
geziert, mit zurückgeschobenem Gewände fingen Weiber und Mädchen plötzlich an, ihre
weißen Arme in den Fluß zu tauchen und abzuwaschen. Dabei wechselten sie in ihrer
mir unverständlichen Sprache lächelnd einige Sprüche miteinander. Man antwortete mir,
daß dies ein uralter Brauch unter der weiblichen Bevölkerung Kölns sei, die in der
Meinung lebt, daß alles Elend des ganzen Jahres durch die an diesem Tage bei ihnen
gewöhnliche Abwaschung im Fluße weggespült werde und gleich darauf alles nach
Wunsch gelinge. Es sei also ein jährliches Reinigungsfest, welches von jeher mit un-
verbrüchlicher Pünktlichkeit gefeiert werde" i^
Der Hagenauer Physikus Heliseus Rösslin berichtet in seiner Beschreibung des
Soolbades Niederbronn im Wasgau (Unterelsaß) von 15Q3, daß „sonderlich vmb
Johannis Baptistae alle jar ein große menge vom Landvolck dahin kommen, so ein tag
zwen dagebliben, tag vnd nacht im wasser gesessen, in den Burgers Heusern dasselbig
wärmen lassen, vnd darein in Bütten gesessen, daß das gantz Dorff voll Badgest vnd
erfüllet gewesen, vermeynend, sie seien das gantz Jar hernacher von kranckheiten ver-
waret vnd sicher" 64
Von dem ebenfalls im Unterelsaß gelegenen Sulzbad schreibt Sebiz in seinen Miß-
bräuchen der Bäder 1647: „Ich habe gesehen, zwar nicht in dem Sauerbrunnen, sondern
in vnserm Sultzbad, das gemeine Leuthe an St. Johanns tag 24 stunden continue nach
einander in dem bade gesessen, die baden Cur in solcher Zeit zu ende geführt, vnd in
22 Joliannisbäder in Biberach / Baden-Baden und Warmbrunn
dem bade gessen, getruncken, geschlaffen, auch wol, wann sie in der grösten hitze ge-
wesen, vnd l<öpffe so roth als die Zinßi<appen gehabt, ein Olaß nach dem andern von
dem gesaitzenen Wasser auß getruncl<en" 65.
Aus dem Württembergischen liegt ein weiteres Zeugnis vom Jahre 1673 vor. Salomon
Braun spricht bei Beschreibung des 1673 nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Kriege
wieder errichteten Biberacher Bades von den Mißbräuchen beim Baden, „darunter auch
noch einer, als nicht der geringste zu mercken, daß auch bey uns dieser übele Gebrauch
bey vielen sich gefunden, die da zu verkürtzung der Zeit und Bade Cur desto länger,
und wol gar continuidich 24 Stunden im Zuber sitzen blieben, darinnen geessen, ge-
truncken, geschlaffen, und ja theils so eine sonderliche Zeit, nemblich S. Johannis Bap-
tistae Nacht dazu erwehlet, und meynen solche Leuthe, wenn sie nur frisch wider heim-
gehen können, haben sie die Sache wol getroffen, gedencken aber nicht, wenn ihnen
darnach ein und anderer Zufall anstösset, daß der Mißbrauch deß Bades daran schuldig
sey, welches aber viel mit Schaden erfahren" 66.
Als Zeiller auf einer Reise abends um 8 Uhr nach Baden-Baden kam, berichtet er
1632, konnte er erst nach eineinhalbstündigem Suchen Unterkunft finden, „weiin so
viel Badleuthe, sonderlich Bauern, vorhanden waren, die wegen der S. Johans Nacht
jhnen einbildeten, wann sie selbigen Abent badeten, daß sie hierdurch das gantze Jahr
für Kranckheiten sollen befreyet sein" 67. Auch im Mineralbade Laimnau (1840 Bad-
hütten bei Laimnau genannt is*) wurde in der Johannisnacht gebadet 68.
Mit einem Beispiele aus Schlesien will ich die Johannisbäder beschließen. 1607 schreibt
ScHWENCKFELDT 69 vou Warmbruun bei Hirschberg: „Vnd weil man zur selbigen Zeit,
von den Warmen Bädern hier zu Lande, wenig Wissenschafft gehabet, ist es von den lieben
Alten vor ein Wunder Wasser gehalten worden, in dem sie aus Oottes Wort von dem
Teiche Bethesda zu Jerusalem beym Schaffhause vernomen, daß er Järlichen zu gewisser
Zeit, von einem Engel, der das Wasser trübete, sondediche Krafft vnd Wirckung vber-
kommen, daß es den ersten Menschen, welcher sich darein tauchete, von aller Leibes
Kranckheit vnd Schwachheit, wie die auch sein möchte, entledigte. Allweil sie dann be-
funden, daß dieses Warme Wasser zu vielen gefährlichen Kranckheiten nützlich vnd gut,
vnd die beste fürnemeste Krafft vmb Johannis darinnen beruhete (weil vmb dieselbige
zeit, wegen der nahegelegenen Sehne Oebürgen, dasselbige zu brauchen die bequemeste
vnd lustigste Zeit gewesen) haben sie solche Krafft dem H. Johanni zugeschrieben, als
wenn er, gleich wie der Engel zu Bethesda, daß Wasser im Warmen Brunnen bewegete,
vnd dadurch die Krafft erweckete (vgl. Abb. 12). Welcher Aberglaube heutiges Tages bey
dem gemeinen Volcke noch sehr tieff eingewurtzelt. Denn an S. Johannis Abendt, vnd an
Johannis Tage vberaus viel Volckes von nahen vnd fernen Orthen, dahin sich findet,
Gesunde, gesunden Leib vbers Jahr zubehalten, Krancke, Lahme, Krätzige, Außsetzige,
Gichtbrüchige, jre Kranckheit zuwenden. Feilet hauffenweise vbereinander in Brunnen
wie die Gänse, gäntzlicher meinung, daß Warme Bad, were diesen Tag viel kräfftiger,
als andere Zeit deß Jahres, vnd gebe in einer halben Stunde dem Leibe mehr Krafft, als
Reinigung der Brunnen am Johannistage / Ostern als Badetag
23
sonsten Vier oder Fünff Wochen. Derowegen die Alten S. Johanni zu Ehren eine Capeli
erbawen lassen, in welcher vor zeifen Jährlichen an Johannis Tage eine Messe gelesen
worden, denen, welche das Warme Bad gebrauchet haben. Wie denn vor Jahren eine
große Wallfahrth dahin gewesen ist."
Auch die Trinkbrunnen entfalten mit dem Johannistage neue Tätigkeit, nachdem man
sie gereinigt hat. Dies geschieht im Elsaß ^o^ am Rhein, wo man einen neuen Brunnen-
meister wählt, sich die Nachbarn zu einem kleinen Feste zusammenfinden und die
Kinder in der Nachbarschaft herumziehen, um Eier zu sammeln ^i. Am bekanntesten
ist die Brunnenfege in Thüringen. In Blankenhain hat man gar eine Feier der Augs-
burger Konfession aus dem ahheidnischen Gebrauche gemacht, die mit einem Gottes-
dienst und fröhlichem Treiben auf der Straße verbunden ist, wobei man den eigentlichen
Zweck, die Reinigung des Brunnens, nicht vergessen hat. Nachdem dieser ausgepumpt
und gesalzen ist, wird er ver-
schlossen, mit Blumen be-
kränzt, um am anderen Tage
von neuem seine Tätigkeit
aufzunehmen 72
Nach Grimm fordert die
Saale jährlich ihr Opfer auf
Walpurgis oder Johannis.
Der Glaube, daß der See oder
der Fluß sein Opfer verlange,
ist weit verbreitet; daß dies
aber am Johannistage ge-
schehen solle, läßt sich nicht
gut mit der Häufigkeit des
Bades an diesem Tage in
Einklang bringen. Auch ist
mir der erwähnte Aberglaube in etwas anderer Fassung bekannt: Es soll nicht vor
Johannis gebadet werden wegen des angeblich geforderten Opfers. Der Johannistag
ist demnach für das Volk der Anfang der Badesaison. In Schwaben wird im Neckar
erst gebadet, wenn am Fronleichnam das Allerheiligste über den Fluß getragen, und
in der Donau, wenn der Meßner am Pfingstmontag das übrig gebliebene Weihwasser
in die Donau geschüttet hat 73.
Auch Ostern kam als Badetag in Betracht. Zu Osterode am Harz galt das am Oster-
morgen vor Sonnenaufgang genommene Bad für gut gegen Grind und andere Ge-
brechen (1788)74^ in der Bunzlauer Gegend nahm man an, daß der das ganze Jahr ge-
sund bliebe, der sich am 1. Ostertag im kalten Wasser badete (17Q1/Q2)i9 Wuttke
gibt diesen Glauben für die Gegend der Niederelbe und Mitteldeutschland an. Er be-
steht in Böhmen für das Flußbad am Tage der Heiligen drei Könige. In Bayern, Böhmen
Abb. 12. Der Teich Bethesda. Holzschnitt aus der Züricher
Bibel. Zürich, Froschauer. 1545.
24 Heilige Brunnen / Maibrunnen
und im Erzgebirge schützt man sich durch Baden am Karfreitag vor Sonnenaufgang
gegen Fieber und vertreibt damit Ausschlag und Krätzers. Wer am Fastendienstag
morgens nüchtern badet, der bekommt das ganze Jahr kein Rückenweh (1650) 76
Quellen, neben denen oder auch über denen Kapellen errichtet waren, wurden natür-
lich am Namenstage ihres Schutzpatrons besonders eifrig benutzt, und Cysat ^7 ver-
gißt nicht (1661) zu betonen, daß im kalten Bad auf dem Rigi neben der Wallfahrt die
Wirkung dem Bade zugute komme. Bei manchem dieser Gesundbrunnen läßt sich
trotz ihrer Beziehung zu christlichen Heiligen nachweisen, daß ihre Verehrung aus heid-
nischer Zeit stammt. So führt das eben erwähnte kalte Bad auf dem Rigi, dessen Kapelle
dem Erzengel Michael geweiht ist, auch den Namen Schwesternbrunnen, und die Sage
erzählt, daß zu Kaiser Albrechts Zeit drei leibliche Schwestern vor der Landvögte
Tyrannei und Übermut dort hingeflohen und ihr Leben am Brunnen heilig beschlossen
hätten.
Trotz dieser lokalen Sage finden sich Schwesternbrunnen von den Alpen bis nach
Norddeutschland, und Runge ^s verweist darauf, daß die drei heiligen Schwestern von der
Kirche nicht angenommen sind und sich mit St. Einbett, St. Warbett und St. Wilbett,
die Panzer für Bayern häufig nachgewiesen hat, decken ; diese sind aber nach Wolf 68
die drei Schicksalsjungfrauen, die Nornen. Auf dem Kronberg in Appenzell befindet sich
der noch heute benutzte St. Jakobsbrunnen, auch der Wunderbrunnen genannt, in der
Nähe einer Kapelle der Apostel Bartholomäus und Jakobus ; der letztere soll von hier
aus seinen Wanderstab bis nach San Jago di Compostella geschleudert haben. Runge
hat nachgewiesen, daß sich unter dem schleudernden St. Jakobus Donar verbirgt, dessen
Hammer Miölnir sich in manchen Sagen in einen Stab verwandelt. Bei Courfaivre im
Berner Jura und am Ufer der Sorne liegen der heiligen Columba (nicht Columbus oder
Columban) gewidmete Heiibrunnen. Die Kirche kennt keine Heilige dieses Namens,
und man glaubt sie zu den keltischen Feen rechnen zu dürfen ^s ich könnte die Bei-
spiele noch vermehren, die zeigen, daß die Kirche heidnische Traditionen auf Heilige
übertrug, nachdem ihre Ausrottung mißlungen war, ein Zeichen, daß derartige Heil-
brunnen schon in uralter Zeit benutzt wurden. Das letztere gilt auch für die Heiden-
oder Guggers-(Teufels-)brunnen. Sie galten trotz ihrer Bezeichnung für heilkräftig und
wurden wie die heiligen Quellen benutzt ^s.
Auch die Maibrunnen suchte übrigens die Kirche in Verbindung mit heiligen Zeiten
zu bringen. Von einigen dieser Quellen behauptet das Volk heute noch, daß sie genau
an einem Marientage (Verkündigung, 25. März) hervorkommen und an einem anderen
(Geburt, 8. Sept.) abstehen 78. Zu diesen gehört „Unserer Lieben Frauen Brunnen"
im Lenker Bad 79 Andere fließen zwischen zwei Kreuztagen (Kreuzerfindung, 3. Mai bis
Kreuzerhöhung, 14. September). Cysat gibt 1616 diese Zeit für einen Brunnen in der
See-Enge (Vierwaldstätter See) zwischen Lopp und Rotzberg an. Nach Huggelin (155Q) so
fließt die Pfäferser Therme vom 3. Mai bis zum 24. September, wobei irrtümlich 24. für
14. gedruckt ist. (KempfeSI gjbt 1706 den 4. September an). 174Q wendet sich Wal-
Die heiligen Brunnen der Schweiz / Steiernmii<s und des übrigen deutschen Landes 25
THIERS2 gegen die „fabulöse Vorgebung", daß das Wasser „nicht ehender, als bis mans
in Festo S. Crucis mit Creutz und Fahnen hohle", i<omme.
Von heiligen Heilquellen in der Schweiz seien hier nach Runge ^s einige angeführt.
Bei dem Kirchlein zu Munzach zeigte sich einst die Mutter Gottes. An der Stelle, die
ihr Fuß betrat, entsprang der treffliche Brunnen, der jahrhundertelang von Pilgern mit
Scheu und Ehrfurcht getrunken wurde, wenn sie, Heilung von körperlichen Leiden
suchend, hierher kamen. Man leitete ihn als Heilbrunnen in das ziemlich entfernte
Siechenhaus. Die Quelle von Sakramentswald in Unterwaiden entstand, als Räuber auf
der Alp das gestohlene Sakrament niedergelegt hatten. Man errichtete sofort über ihr
eine Kapelle, und sie zeigt drei wunderbare Eigenschaften, befreit nämlich den Badenden
von allen Krankheiten, läßt sich nicht trinken und kann auch nicht herausgeführt
werden*. In der Kirche zu Beinwyl stellte der Brunnen des heiligen Pfarrers Burkhardt
so viele Krüppel her, daß von den in der dortigen Kirche aufgehängten Krücken, Stelzen
und wächsernen Gliedern der Ort selbst den Beinamen Ghanget-Beuel empfing.
Für Steiermark hat Wichner S4 die beim Volk im Rufe besonderer Heilkraft stehenden
Quellen zusammengestellt. Sie sind nicht selten. Öfters wölbt sich auch hier über
diesen eine Kapelle. So zu Cilli der „Föns decollationis S. Maximiliani", zu Kaltbrunn
bei Goß, Ulrichsbrunn bei Graz, Schüsserlbrunn, Heilbrunn, der schon im 17. Jahr-
hundert gegen Augenleiden gebraucht wurde. Bei Mautern fließt in einer Kapelle das
Wasser aus der Seitenwunde des Heilands. Zu Dietrichshag bei St. Gallen (in Steier-
mark) steht die Kapelle neben der bei Augenleiden gesuchten Quelle. Auch die Kapelle
„Maria zum guten Rate" im Hauswalde bei Strechau birgt einen für Augen und Haut
nützlichen Brunnen. Kleine Kreuze, an Baumstämmen angebracht, bezeugen die Dank-
barkeit der Geheilten. Dasselbe geschieht beim „heiligen Brunnen" ob Bärendorf im
Paltentale. Am „Stein" bei Mitterndorf am Fuße des Grimming entspringt seit „un-
denkbarer Zeit" eine Quelle gegen Gicht und Geschwüre und heißt „Heilbrunn". In alten
Zeiten war ein steinernes Becken vorhanden, und noch sieht man dort ein Bild, Personen
vorstellend, die ihre Füße baden. In Studenitz war schon vor Gründung des Klosters
eine wundertätige Quelle. Um 1249 bekam ein blindes Mädchen dort das Gesicht wieder.
Im übrigen Deutschland finde ich zwei Quellen, die beim Volke eine besondere Be-
achtung fanden, von denen „des Merkwürdigen und Wundersamen viel erzählt wurde",
das sind die Ludgeriquelle bei Helmstädt, der heilige Born, und der Ottoborn bei Pyritz
in Pommern, wo die ersten Sachsen von St. Ludgerus, bezw. Pommern vom Bischof
Otto von Bamberg zu Christen getauft wurden 85. in Königsberg lag ein heiliger
Brunnen an einer Kirche, und die eine Quelle der Pegnitz bei Lindenhart in Bayern wird
heute noch der heilige Brunnen genannt 70. Über Mineralquellen oder vermeintliche
Mineralquellen, welche den Namen Föns sacer oder heiliger Brunn führten, wird später
* 1580 wurde im Dorf Klein-Engstingen bei Aurach in Württemberg ein Brunnen von saurem
Wasser gefunden. Ais Merl<würdigl<eit wird angegeben (1655), er lasse sicii nicfit einschließen (wohl
wegen der Kohlensäure) und sei doch gesund zum Trinken ^3.
26 Die kalten Bäder und ihr Gebrauch
berichtet werden. Die meisten dieser Bäder sind eisi<alt und wurden gewöhnlich unge-
wärmt an ihrem Ursprünge benutzt. Darauf weisen in der Schweiz die Namen Kaltbad,
in Steiermark Kaltbrunn hin. Im Tobelbad, einer Therme bei Graz, ließ die Landschaft
1546 — 47 ein kaltes Bad für Arme erstellen §4 Die Quelle wurde also in einer Tempera-
tur, wie sie die Natur gab (25 — 2Q0 C), benutzt. In Pyrmont gebrauchte man 1597 den
siedenden (späteren Bad-) Brunnen zum kalten und warmen Bade 56 nig war der
niedere Badbrunnen daselbst mit eichenen Bohlen 22 Schuh in der Länge, 16 in der Breite
gefaßt und hatte 4 Schuh Wassertiefe. Er wurde als kaltes Bad von den Armen gebraucht,
welche den Sommer über hineinstiegen 3si. Der schon erwähnte Brunnen der heiligen
Columba im Berner Jura liegt in einer prächtigen Grotte, welche durch ihre fast regel-
mäßige Wölbung die Gestalt eines Backofens erhält. Das Gewölbe ist fast zwanzig Fuß
hoch, die Grotte fünfzehn Schritte breit und dreißig bis vierzig Schritte tief. Im Grunde
der Grotte fällt von der Wölbung der letzteren senkrecht eine ziemlich starke Quelle in
ein schmuckloses Bassin. In dieses beständig mit kaltem Wasser gefüllte Becken
tauchen Eltern ihre rachitischen (nach anderer Mitteilung verkümmernden) Kinder. Oft,
wenn man die Straße entlang geht, hört man ein Gebrülle und Geschrei ; das sind die
Kinder, welche man eben in das kalte Wasser taucht. Dieser Brauch datiert schon seit
undenklicher Zeit (1867)86. Nach Runge geht der Eintauchung ein Gebet voran, und
der Volksglaube verbietet ein Eintauchen Unerwachsener am Freitag.
In der Schweiz nannte man die „Kaltbäder" auch „Kaltwehbrunnen", weil sie gegen
Kaltweh, Malaria, benutzt wurden. In der Regel bestand die Kur in einem dreimaligen
Eintauchen. „So hat man gnug", wie Stumpf (1546)9 sagt. Im kalten Bad auf der
Rischi-Alp hinter der Eck in Unterwaiden (jetzt Schwendikaltbad), das bis ins IQ. Jahr-
hundert sehr schwer zugänglich war, bestand vormals die Sitte, Leute für Geld zu
dingen, um sich für einige Minuten ins kalte Bad zu setzen für Rechnung und Frommen
irgend eines Kranken, welcher diese Verrichtung an dem wilden, sehr entlegenen Orte
selbst übernehmen nicht wollte oder konnte §7. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts behielt
man, wenn auch nicht immer, beim Eintauchen die Kleider an 20. Auch noch 1826 war
es vielfältig Sitte, daß man den ganzen Körper oder einzelne Teile samt den Kleidern in
das Wasser tauchte und sie dann an der Sonne trocknete ss. Von ärztlicher Seite wurde
jedoch das nackt genommene Bad befürwortet ss
Obenan stand Rigikaltbad, ein großer Trog, in den der nie über 5^0 warme
Schwesternbrunn floß. Zum ersten Male wird er 1661 von Cvsat'?^ erwähnt, dem
glaubwürdige Personen versicherten, das Bad habe Fieber und andere Gebrästen ge-
heilt. Noch 1826 bestand es aus einer Badewanne; 1832 fand sich neben dieser (als
ausgehöhlter Baumstamm bezeichnet) 50 Schritt davon eine kleine Hütte mit 2 Wannen,
wo man um 24 Kreuzer ein Waschbad nehmen konnte ss Daneben wird schon ein
größeres Gebäude, die Molkenkuranstalt, erwähnt, aus dem sich allmählich die jetzige
Anlage auf Rigikaltbad entwickelte.
Außer diesem hat es nur noch der genannte Brunnen hinter der Eck auf Rischialp,
Die kalten Bäder der Schweiz
27
das heutige Schwendikaltbad, zu einem blühenden Kurorte gebracht. 1576 wird es von
Adam von Bodenstein zum ersten Male erwähnt: „In Vnderwalden ist ein solch kalts
bad, das sich in klüfften in welchen der schnee zu keiner ewigen zeit abgeschmoltzen
nimmet, hat seinen Cataracten durch die alabaster vnd gewaltige kreuter, wirt von vilen
besucht, aber sie verharren nit lang darin, vertreibt etliche kranckheiten gar schnell" 89.
Es scheint erst seit 1706 gewärmt benutzt zu werden; denn in diesem Jahre wurde eine
aus Baumstämmchen bestehende Hütte erweitert und ein Kessel zum Erwärmen des
Wassers eingestellt 90. Das Bad erhielt trotz des beschwerlichen Zugangs großen Zu-
lauf. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es in acht Jahren von über fünftausend Personen
besucht SS. RüschSS führt 1826 an, daß die Kur dort sehr schnell vollendet werde; zehn
Tage genügten in der Regel. „Zum Beschluß pflegt man gewöhnlich noch einige Male
den Körper oder das leidende Glied in kaltes Wasser einzutauchen, welches freilich nicht
überall anwendbar ist." Ein letzter
Rest von der alten Oebrauchsart des
Bades war im Volksbewußtsein doch
noch erhalten geblieben.
Auch der schon erwähnte Brunnen
Unserer lieben Frauen zu Leuk, der
mit einer Temperatur von 0 — 0,6" C
mitten unter den heißen Quellen ent-
springt 9i, wurde nach dem warmen
Bade, allerdings in direktem Anschluß,
benutzt, nach Collinus (1574) zum
Schaden der Patienten ■?9.
Eingegangen ist das einst viel benutzte kalte Bad im Krauchtal (Kanton Glarus), das
von Stumpf (1546) 9 irrtümlich als Bad auf demWepchen(Bad auf dem Vepioberg)8s be-
zeichnet wird 86. Beschreibung und Bild (Abb. 13) stimmen nicht mit der dortigen Quelle
überein, sondern mit dem Krauchtaler Bade. Auch Waoner ^3 und ScheuchzerW
vereinigen beides zu einem und sprechen von einem Krauchtaler Bad auf dem Wep-
chen. In früherer Zeit zog während der drei ersten Sonntage im August, die deshalb
„kalte Badsonntage" genannt wurden, viel Volk ins Krauchtal zum Zwecke des Badens.
Noch in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Bad benutzt, doch bei
weitem nicht mehr wie früher, 1867 gar nicht mehr 86. Nach Stumpf vollbrachte es
Wunder; verfinsterte Augen wurden erleuchtet, etliche ihm bekannte Personen bekamen
das Gehör wieder; doch fügt er hinzu, daß etliche Gebrechen auch böser geworden
seien. Das Bad ist ein Wasserbecken von mehreren Minuten Umfang, in das sich einige
kalte Quellen ergießen 86 nach älteren Schriftstellern ein Sammelbecken von Schnee-
und Gletscherwasser. Zu Wagners Zeit (1680) besuchten es die jungen Leute aus dem
Glarner und Sarganser Land um den Anfang August, mehr um sich zu erfrischen als
krankheitshalber. Dasselbe berichtet Tschudi (1714)92. Wegen Erkrankung wurde es
Abb. 13. Kaltes Bad auf dem Wepchen. Holzschnitt aus
Stumpf, Schweizerchronik. Zürich, Froschauer. 1548.
28 ' Sonstige kalte Bäder
auch noch zuweilen besucht, „habe aber, die Wahrheit zu bekennen, noch von keinen
Proben gehört, die mir den Glauben darvon geben könnten".
Eine dem Rigi-Kaltbad ähnliche Wirkung schrieb Cysat einem Kaltbad im Entiibuch
nicht weit von den Brüderen zu ^7 Das in der Jeninser Alp eine Meile von Malans ge-
legene galt 1717 für gut gegen Fieber und Raud^*. Der vor Kälte kaum genießbare
Jakobsbrunnen in Appenzell und der Kaltwehbrunnen auf dem Pilatus, den Konrad
Gessner 1555 erwähnt, scheinen vornehmlich zum Trinken benutzt worden zu sein und
zwar bis zum Erbrechen gegen Malaria, eine Behandlungsart, der sich auch Priessnitz
bediente; andere Brunnen trank man gegen Dysenterie und Aussatz. 182Ö waren noch
sichtbare Merkmale der ehemaligen Badeeinfassung einer Quelle auf dem Falknißgebirge
(in der Nähe von Ragatz) oberhalb der Alphütten sichtbar, 1830 waren sie unbekannt 88.
RÜSCH führt auch eine Quelle im Maschanzertobel in der Gemeinde Trimmis an. In
der Nähe von Thun lag das Juckibrünnelein, das noch 1832, wenn auch selten, benutzt
wurde 88. 1707 tauchten sich die Leute in allerhand Krankheiten mit und ohne
Kleider darin ein. Ein zweiter Brunnen in der Nähe von Thun, der zu Dießbach am
Schlag-Weg, wurde vorzüglich gegen Migräne, Hemikranie und andere Hauptschmerzen
gerühmt 20.
Man gebrauchte diese sehr kalten Brunnen demnach besonders gegen Kopf-, Lenden-
und Bauchschmerzen, sowie gegen Fieber, wie es scheint besonders gegen Kaltweh,
Malaria.
Bei den zwei genannten Brunnen in der Nähe von Thun bemerkt Scheuchzer 1707,
daß sie in die Zunft jener Kaltwehbrunnen gehören, welche hin und wieder in schwei-
zerischen Gebirgen zur Heilung dieser Krankheit angewendet werden. Der Kaltweh-
brunnen auf dem Pilatus wurde besonders gegen das dreitägige kalte Fieber getrunken.
RüscH führt an, diese Bäder seien auch gegen Rachitis gebraucht worden, doch ist
mir in dieser Hinsicht in der Schweiz nur der erwähnte Brunnen der heiligen Columba
bekannt. Im Württembergischen schrieben die Bauern (1840) dem „Heilbrönnle" bei
Möhringen Kraft gegen die englische Krankheit zui54; ob sie den Brunnen kalt ge-
brauchten, wird nicht gesagt. Des weiteren galt er, wie die schweizerischen, als Heil-
mittel von Hautkrankheiten. Dies wußte auch Paracelsus. Räude (pruritus) und Krätze
(Scabies) werden nach ihm durch Schneewasser in Gebirgen geheilt. Die erkrankten
Glieder seien darin zu baden, wodurch sie narkotisiert (wohl in bezug auf das Jucken)
und die Krankheit vertrieben würde ^5.
Seit wann die kalten Quellen in Gebrauch waren, ist nicht bekannt. Das dreimalige
Eintauchen läßt auf Beziehungen zur Taufe schließen, doch wurde schon im Vorher-
gehenden auf den Zusammenhang mit dem Heidentum hingewiesen.
Eine ganz auffallende Ähnlichkeit im Gebrauch der kalten Bäder bestand zwischen
dem Kontinent und England, und diese englischen Kaltbäder waren es, welche den
Anstoß zur späteren Kaltwasserbehandlung der Ärzte und dem Abhärtungssystem der
Pädagogen gaben.
Kalte Bäder in England und ihr Gebrauch 29
In England waren nicht alle kalten Brunnen Heiligen gewidmet, doch galten diese
als die heilsamsten, und Floyer klagt 1702, daß zu seiner Zeit mit dem Glauben an die
Kraft der Heiligen der Glaube an die Kraft der kalten Bäder verloren gegangen sei 96
Aus dem Umstände aber, daß die Kirche das Eintauchen in Brunnen verbot, geht her-
vor, daß es sich auch hier um altheidnischen Brauch handelte. Nach Floyer stammte
er aus vorgeschichtlicher Zeit.
Die Benutzungsart der kalten Bäder in England ist uns eingehender als anderorts
überliefert worden. Floyer erkundigte sich bei Bekannten nach den heiligen Brunnen
und veröffentlichte 1702 die eingegangenen Berichte in seiner Psychrolusia, aus denen
ersichtlich ist, daß das Eintauchen und Baden in den kalten Bädern doch nicht ganz
abgekommen war.
Das englische gemeine Volk hat nach Floyer entdeckt, daß Doppelglieder (Rachitis)
und Flußschmerzen (dolores rheumatici) durch kalte Bäder kuriert werden. Hier also
dieselben Indikationen wie in der Schweiz; denn die Haupt-, Rücken-, Lenden- und
Mutterschmerzen waren nach damaliger Auffassung Flüsse, Rheumatismen. Auch
wurden die heiligen Brunnen, wie auf dem Festlande, als Heilmittel gegen Krätze und
Aussatz, die wir wohl allgemein als Hautkrankheiten bezeichnen können, Malaria und
böse Augen angewendet. Am berühmtesten waren St. Winfreds Brunnen *, der schon
im Jahre Ö44 Wunder bewirkte, St. Mongahs (auch St. Mungos genannt), St. Bedes und
Honwick-Brunnen.
Ich teile hier einige Auszüge aus den interessanten, an Floyer gerichteten Briefen
mit. Ellison schreibt 1700: „Nichts ist gemeiner in diesem Lande, und wird gemeinig-
licher nützlich zu Verhütung oder Curirung der Rhachitis befunden, als Kinder von
einem Jahre, und drüber, zu St. Bede's, Honwick oder St. Mungo's Brunnen (welches
sehr kalte Quellen sind) zu schicken, und in den Monaten Junii und Julii des Abends
14 Tage lang, und länger, einzutauchen ; wenn aber die Kinder sehr schwach sind, in
der ganzen Zeit etwan 1 oder 2 Tage mehr auszusetzen. Einige tauchen sie 2 bis 3 mal
über den Kopf, in ihren Nachthemdern und Kappen, und lassen sie zwischen jedem Ein-
tauchen ein wenig Verblasen. Andere tauchen sie nur bis an den Hals (weil das Wasser
ihnen den Atem benehmen könnte), tunken aber die Nachtkappen treulich ein, und
setzen sie naß auf ihr Haupt. Andere (wo der Brunnen nicht räumlich genung) sind zu-
frieden, ihre Kinder in einen Kübel voll von der Quelle gesammleten Wassers zu stecken,
* St. Winfreds oder Wienfrieds Brunnen, jetzt Holywell genannt, liegt bei dem gleichnamigen Ort
in der Grafschaft Flint in Wales. Nach einer älteren Angabe von 1748 gibt die Quelle in der Minute
hundert Tonnen Wasser. Ihre Verehrung knüpft an die Enthauptung der heiligen Winefrida an. An
der Quelle wächst grünes IVloos, das „Winefrids Haar", das angenehm riechen und mit Erfolg auf
eiternde Wunden gelegt werden soll. Nach authentischen Nachrichten wird die Heilung eines Ritters
von Bath, der an Aussatz litt (1606), erzählt, ferner die eines Geschwürs nach dreimaligem Baden, die
Genesung eines gelähmten Quäkers, sogar die auf einmaliges Baden erfolgte Heilung einer Abge-
zehrten, die in England, Frankreich und Portugal vergebens Hilfe gesucht hatte. Man trank das
Wasser nicht. 1863 wurde es noch meist äußerlich und namentlich bei Schnupfen und Unfruchtbarkeit
gebraucht. 1360 wurde die Quelle von Ranulf Hidgen in seinem Polychronikon besungen '".
30 Eintauchen der Kinder in kaltes Wasser mit nachfolgendem Schwitzen
und ihnen das Wasser über den Kopf zu gießen. Weiches alles so geschwinde, als
möglich, verrichtet wird, damit das Kind nicht länger im Wasser bleiben dürfe, als es
nöthig, das ist, bis sein Leib, Hemde und Nachtkappe recht naß. Andere sind aus
Zärtlichkeit gegen das Kind, oder in Ansehen der Schwachheit des Kindes zufrieden,
daß sie nur das Hemde und Nachtkappe eintauchen, und sie ihnen so naß anlegen. So
bald als die Kinder eingetauchet worden, werden sie in ihren nassen Kleidern in warme
Decken über das Haupt und ganzen Leib eingehüllet, und bald zu Bette geleget, worauf
sie in kurzem heftig schwitzen ; in welchem Zustande sie die ganze Nacht bis gegen
den Morgen liegen, da denn nach und nach die Bedeckungen weggethan werden, daß
sie nach und nach sich abkühlen; des Morgens aber bekommen sie trockene Hemden
und Hauptkappen. Innerhalb 3 Minuten erholen sich die Kinder von dem Schrecken,
worein sie das Eintauchen gebracht; und ob sie gleich gegenwärtig schwächer sind (in-
dem sie durch heftiges Schwitzen die Geister erschöpfet), so erholen sie sich doch
gradatim, durch Beyhülfe stärkender Gallerten von Hirschhorn, Kalbsfüßen u. s.w. so
gar, daß wenn das Laub zu fallen beginnet, sie entweder völlig gesund, oder doch
viel besser sind. Hat das Eintauchen eines Jahres nicht geholfen, wird es das nächste
Jahr wiederholet. Es werden auch zur Vorbereitung, oder hernach keine Purgirmittel
gebrauchet, oder Herzstärkungen gegeben, außer 1 Löffel voll Sectwein bald vor und
nach dem Eintauchen, wenn es die Kinder nehmen wollen. Es wird ihnen auch ihre
gewöhnliche Diät und Ergezlichkeit nicht benommen; nur muß Acht gegeben werden,
daß ihr Nacken warm gehalten wird, damit sie sich nicht erkälten." Er versichert, daß
kein Todesfall bekannt geworden und seine eigenen vier Kinder mit guter Wirkung ein-
getaucht worden seien.
Ich habe diesen Brief ziemlich ausführlich wiedergegeben, weil wir über das Ein-
tauchen bei Rachitis in den Brunnen der heiligen Columba so wenig wissen, und in An-
betracht des Alters dieses Brauches, der vielleicht gemeinsamen Ursprung hat, das Ver-
fahren in der Schweiz und in England das gleiche war. Wir sehen auch, daß hier die
sogenannte PRiESSNiTZsche Einpackung gebraucht wurde, eine Einrichtung, die also
schon vor Priessnitz bekannt war. Aus einem zweiten Briefe, der die Mitteilungen eines
Dr. Davison enthält, erfahren wir, daß Leute vom 6. Monat bis zum 80. Jahre die
Brunnen gegen eingewurzelte Schmerzen in Gelenken und Muskeln nach langwierigen
Flüssen (Rheumatismen) und Quartanfiebern, wie auch von Verdrehung der Flechsen
und Quetschungen, gegen Rachitis und alle Schwäche der Nerven entweder überhaupt
oder eines besonderen Gliedes anwandten. Die Behandlung der Kinder wird wie im
vorigen Briefe beschrieben, nur wird noch Massage der gelähmten Glieder nach dem
Eintauchen erwähnt. Erwachsene Leute blieben 1/4— 1/2 Stunde im Wasser. Kranke j
schwitzten darnach im Bette, Gesunde kleideten sich an und bewegten sich bis zur Er-
wärmung. Die Badekur erforderte keine Vorbereitung und Wechsel der Lebensweise. SieJ
dauerte vierzehn Tage. Täglich wurde zweimal eingetaucht. Davison macht den Erfolg
aliein von der Kälte abhängig, obwohl einer der Brunnen mineralische Bestandteile enthielt.
Des Arztes Floyer und des Erziehers Locke Aiisiclit über die lialten Bäder 31
Floyers Verdienst liegt darin, daß er das bis dahin in den heiligen Brunnen geübte
Baden wieder mehr zur Geltung brachte und betonte, daß der Erfolg auch bei jedem
anderen kalten Brunnen zu erwarten sei*. Er erweiterte die Indikationen, ja allzusehr;
es gab beinahe keine Krankheit, bei der er nicht Heilung erwartete. Mit Nachdruck ver-
teidigte er seine Lehre gegen seine Gegner. Er konnte sich jedoch auch von hergebrach-
ten Vorstellungen nicht frei machen. Im Gegensatz zum Volksbrauch verlangte er eine
Vorbereitungskur durch Purgieren. Das Auftreten der Rachitis verlegte er ins Jahr 1620
und schob es dem damals abgeschafften Eintauchen bei der Taufe zu, weswegen er die
Wiedererrichtung des alten Brauches forderte. Das Volk sollte durch Eintauchen des
Kindes in kaltes Wasser bei der Taufe zu der Erkenntnis gebracht werden, daß kaltes
Baden den Kindern nicht schädlich sei ; er ging aber auch hier zu weit, indem er erklärte,
allein das dreimalige Eintauchen bei der Taufe verhindere Rachitis und viele erbliche
Krankheiten. Das Schwitzen nach dem kalten Bade verlangte er bei Lähmungen, Rachi-
tis und verschiedenen Krankheiten. Bei anderen sollte es wegfallen, ebenso da, wo
das Bad zur Erhaltung der Gesundheit dienen sollte. Hierzu gibt er folgende Anlei-
tung: „Ich kann keine bessere Art zu Bewahrung der Gesundheit anraten, als die kühle
Lebensart, alle ihre Kinder in der Taufe einzutauchen, hernach oft zu waschen, bis sie
3/4 Jahr sind, wodurch die Rachitis und Schwerenot verhütet wird; die Kinder zu kühler
Luft und Wassertrinken zu gewöhnen, und wenige Kleider tragen lassen, welche, wenn
sie zuviel sind, nur das Fleisch verzehren, und die Kinder zu Flüssen geneigt machen;
sie, wenn sie Knaben sind, zum Baden in Flüssen, und wenn sie Männer werden, zu
kalten Bädern gewöhnen, damit sie ihre Haut wider die Veränderungen der Luft ab-
härten, und den Appetit und Dauung, wie auch die Stärke der Glieder vermehren. Es
ist auch die Erhaltung der Gesundheit, die Reinligkeit, und die angenehme Erfrischung
nach kalten Bädern, genung, derselben Gebrauch zu recommandieren."
In der Empfehlung des kalten Wassers zur Abhärtung der Jugend hatte Floyer in
seinem Landsmann, dem Philosophen und Pädagogen John Locke 99, einen Vorgänger,
der 16Q3 in seinen Gedanken über Erziehung das Baden im kalten Wasser während des
Sommers vorschlug, sowie eine Abhärtung der Füße durch Baden in immer kälter ge-
nommenem Wasser verlangte. Er stützt sich auch auf den Gebrauch der heiligen
Brunnen : „Nicht jedermann ist geneigt zu glauben, es sei ein Wunder oder eine beson-
dere Kraft von St. Winifreds Brunnen, welche es bewirkt, daß das kalte Wasser dieser
berühmten Quelle den zarten Körpern, die darin baden, keinen Schaden zufügt. Jeder-
* Floyer hatte übrigens in Robert Wittie einen Vorläufer. In seinem „Föns Scarburgensis"
beschrieb er 1678 die zu Scarborough in der Grafschaft Yori< an der Nordsee gelegene sehr kalte
Quelle. Dort tauchten nach ihm die Mütter ihre rachitischen Kinder fünf- bis neunmal mehrere Tage
nacheinander ein und ließen sie danach in warmen Betten schwitzen. Krampfkranice sollen eine halbe
Stunde darin ausgehalten haben. WiTTiE gebrauchte auch Seebäder gegen Gicht mit Nutzen'^.
Auch Erasmus von Rotterdam berichtet von zwei Brunnen vor einer Kapelle im Weichselland, die der
Jungfrau heilig waren und von wunderlicher, sehr großer Kälte und heilsam den Schmerzen des
Hauptes und des Magens sein sollten. Er schreibt diese Wirkung aber jedem kalten Wasser zu.
Die Hilfe der Jungfrau würde von den Weichselleuten nur zur Ausbeutung der Fremden vorgeschoben '*.
32 Ansichten von Schweizer Ärzten über den Oebrauch der kalten Bäder
mann ist gegenwärtig voll von Wundern, welche kalte Bäder an heruntergekommenen
und schwachen Konstitutionen für die Wiederherstellung der Gesundheit und Kraft
wirken; daher können sie nicht untunlich oder unerträglich sein für die Stärkung und
Abhärtung des Leibes bei Leuten, welche in besseren Verhältnissen sind."
LocKEs Ideen über Abhärtung der Kinder wurden von Rousseau loo aufgenommen
und nach dessen Art erweitert. Beider Lehre ging an die Philanthropen über. In ärzt-
lichen Kreisen (TissotSsq und dessen Nachfolger), glaube ich, hat aber Floyer den An-
stoß zu weiteren Arbeiten über Abhärtung der Jugend mit kaltem Wasser gegeben.
Auch in der Schweiz war das Eintauchen Kranker in die kalten Quellen den Ärzten
nicht unbekannt geblieben. Der Züricher Arzt Wagner 93 stellte in seiner 1680 erschie-
nenen Helvetia curiosa die zu seiner Zeit in der Schweiz gebräuchlichen Bäder zu-
sammen. Er vergißt nicht, neben den Mineralquellen die kalten aufzuzählen, auch die
Krankheiten, gegen die sie gebraucht wurden, anzugeben ; weitergeht er aber nicht. Hier
war es der Züricher Stadtarzt und Professor der Mathematik Johann Jakob Scheuch-
ZER94, der die Heilwirkung nicht bestimmten Brunnen, sondern dem kalten Wasser zu-
schrieb. 1717 schließt er seine Beschreibung der bekannten „sogenannten kalten Bäder"
der Schweiz mit den Worten: „Es wäre zu wünschen, daß man nicht nur von jetzt er-
zehlten, sondern auch anderen kalten Berg-Brünnen (dann zweifelsohne alle von gleichen
Wirkungen, folglich auf allen Bergen, ja auch in Thäleren und Dörfferen dergleichen
Wasser anzutreffen) mehrere und genaue Proben wurde machen, damit diese Materi zum
Nutzen des Menschen in mehrere Heitere könte gebracht werden", und beim Kaltweh-
brunnen auf dem Pilatus schlägt er vor, ihn gegen dreitägiges Wechselfieber nicht nur zu
trinken. „Es lasset sich aber auch reden von dem Baden, mit erforderlicher Vorsicht,
dann durch einmalige starke Einzeuhung der Haut-Zäseren die Zähe in denen äußeren
Röhrlein sich steckende Materi solcher gestalt kan conquassiert, zerrieben, und flüssig
gemacht werden, daß der Kreis-Lauff hernach desto besser geschehen, und dieFiebrische
Materi durch den Harn oder Stuhlgang ausgeführt werden kann."
ScHEUCHZER bringt außerdem eine umständliche Schilderung der physiologischen
Wirkung der kalten Bäder. Als Indikation gibt er an: „Blutflüsse, Entzündungen, Rothlauff,
allerhand, insonderheit von Flüssen kommende Schmerzen, Gliedersucht, Gichter". Be-
sonders empfiehlt er sie den Weichlingen, „welche durch Mißbrauch des Weins, warmer
Bädern, der lieben Venus, der Thee- und Coffee-Getränken sich verderbet, den Leib und
sonderlich die nervösen Theil geschwächet haben".
Ist ScHEUCHZER von Floyer beinflußt worden? Die Frage läßt sich mit ja und mit
nein beantworten. Floyer berichtet, daß einige Engländer das kalte Bad im Winter ge-
brauchen, wie es die Römer getan. Er spricht sich nicht über den Nutzen oder die
Schädlichkeit dieses Verfahrens aus. Der Brauch selbst war Scheuchzer bekannt. Er
schreibt: „Es haben auch vor wenig Jahren die kalten Bäder, selbst in Mitten des Win-
ters, wiederum eingeführt die Engelländer, ob sie aber damit fortsetzen werden, und ob'
es nicht auch Experimenta per mortes geben werde, stehet zu erwarten." Vielleicht war
Kaltwasserkaren im Mittelalter 33
diese Tatsache Scheuchzer auf anderem Wege als durch Floyers Buch zur Kenntnis
gekommen. Er beschäftigte sich mit der englischen Literatur und übersetzte sie auch
ins Deutsche. Auffallend ist es jedenfalls, daß er Floyers Namen nicht nennt, während
er sonst peinlich genau sogar die Seitenzahl seiner Quellen angibt. Wie dem auch sei,
Scheuchzer hat vor Floyer voraus, daß er vorurteilsfreier und weniger einseitig den
Gegenstand behandelte. „Es können", sagt er, „die kalten Bäder viel beytragen zu Er-
haltung und Wiederbringung, aber auch zur Verstörung der Gesundheit. Es gehet
mancher naher Baden, oder in andere gewärmte Bäder, der sich weit besser befunden
bey unserem kalten Sil-, Limmat- oder See-Bad. hiergegen gibt es auch solche
welche sich der kalten Bäderen bedienen, denen gesünder und angemessener wären
die warmen."
Blicken wir noch einmal zurück, so müssen wir die Tatsache feststellen, daß unsere
heutige Kaltwasserbehandlung von uralten Volksgebräuchen ausgegangen ist, die je-
doch zur Heilung von Krankheiten nur Wasser bestimmter Brunnen zuließen. Ärzte
waren es, welche die Kaltwasserbehandlung von diesem Banne befreiten. Seit Floyers
Auftreten wurde unaufhörlich am Ausbau der Hydrotherapie weiter gearbeitet. Nicht
mehr, wie es vorher in einzelnen Fällen geschah, fiel das Errungene wieder der Ver-
gessenheit anheim, und ehe des Laien Vincenz Priessnitz Ruf durch Europa ging, war
ein Teil der Hydrotherapie, die Behandlung fieberhafter Erkrankungen, der Nerven-
schwäche, aber auch mancher anderen, von ärztlicher Seite so fest begründet und in
einzelnen Universitätskliniken praktisch zur Anwendung gekommen, daß es unbegreif-
lich erscheint, wie heute noch behauptet werden kann, nicht Ärzte, sondern Laien hätten
im 19. Jahrhundert den Grundstein zur Hydrotherapie gelegt. Doch davon weiteres in
einem anderen Kapitel.
Von Kaltwasserkuren erfahren wir schon im Mittelalter. Die erste, von der uns be-
richtet wird, wurde an einer Friesin, die an Verkrümmung und Zittern der Glieder litt,
vorgenommen. Sie erhielt von den sie bedienenden Frauen beinahe eine Stunde lang
ein kaltes Wasserbad. Die Folge davon war eine Verschlimmerung der Lähmung und
Verkrümmung. Erst am Grabe des heiligen Alexander ward sie geheilt. Später aber
nahm der Bischof Otto von Bamberg eine Kur an sich mit Erfolg vor, als die Kälte
seine Füße bis aufs Mark angegriffen hatte. Er wies warmes Wasser zurück, steckte
die Füße in kaltes und vertrieb so Kälte mit Kälte 3. In einzelnen Gegenden war diese
Behandlung erfrorener Gliedmaßen Volksgebrauch, doch nicht überall. Im 17. Jahr-
hundert warnte Fabricius Hildanus loi vor Wärme und schlug Benetzung mit kaltem
Wasser oder Reiben mit Schnee vor. Er selbst gibt an, dies sei bei den Nordländern
Sitte, und bringt ein Beispiel, nach dem ein ihm bekannter Herr einen vor Kälte erstarrten
Menschen dadurch rettete, daß er den ganzen Körper in kaltes Wasser warf.
Auch Scheuchzer schlug 1705 Begießungen mit kaltem Wasser vor und hielt es
für nötig, den erstaunten Leser durch eine längere Begründung von der Wirksamkeit
dieser Behandlung zu überzeugen 20.
34 Osterwasser / Heilawag / Taufwnsser
Der in einer Speierer Urkunde 1344 vorkommende Wasserarzt 102 dürfte kein Hydro-
therapeut, sondern ein Wasser, also Urin beschauender Arzt gewesen sein.
Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, schrieb das Volk nur dann dem Wasser
eine besondere Kraft zu, wenn es an der Quelle gebraucht wurde. Man scheute be-
schwerliche Reisen in entlegene Gebirgsgegenden nicht und stellte lieber einen Stellver-
treter, als daß man das Wasser holen ließ. Geschöpftes Wasser genügte nur in seltenen
Fällen, wenn es nämlich an besonderen Tagen und zu bestimmter Stunde geholt und
nicht von der Sonne beschienen worden war i9. Ich erinnere an das Osterwasser, das
heute noch unter strengstem Stillschweigen in Bädern oder Flüssen gegen den Strom
geschöpft wird. Es hält sich das ganze Jahr frisch, soll nicht nur Krankheiten heilen,
sondern auch gegen Hexen und Ungeziefer das Jahr hindurch schützen. Das gilt in
Böhmen auch für das in der Nacht vor dem Tage der Heil, drei Könige geholte Wasser ^^.
Das größte Ansehen genoß früher das in der heiligen Weihnacht geschöpfte Wasser,
das heute seine Bedeutung vollständig verloren hat. Es führte noch in späteren Zeiten
den Namen heilawäc, heilwäc, heilwaege i9 Grimm hebt das Alter des Ausdrucks her-
vor, der sich nur wegen des großen Ansehens des Heilwags so lange in der alten Form
erhalten konnte.
Die erste Erwähnung geschieht durch Reinmar von Zweier :
„Man seit von heilawage uns vil,
wie heil, wie guot ez si, wie gar voll<onien der saelden spil,
wie gar sin i<raft verlieilet, swaz wundez an dem man verseret ist" i°3.
1482 nennt Anshelm in seiner Berner Chronik neben anderen vermeintlichen heiligen
Dingen auch „heilawag" als Mittel gegen Gespenster, Hexenwerk, Zauberei und Un-
gewitter. Das hatte eine zu Murten verbrannte Hexe angegeben. Aber schon Anshelm
bekämpft den Aberglauben 104. Dje letzte Erwähnung geschieht durch Philander
VON Sittewald 1677, der ebenfalls gegen den Aberglauben predigt. „Das fließend
brunnwasser, so man in der H. Weynacht so lang die Glock Zwölffe schlägt, samlet,
und Heilwag genant wird, ist gut wider das Nabelwehe" ^e
In etwas veränderter Bedeutung und unter entstelltem Namen kommt es um 1600 im
Baseler Gebiete vor. Dort führte der Landmann um die Weihnachtszeit das Vieh an
gewisse Brunnen oder Quellen zur Tränke. Diese Örtlichkeiten sind bald als „helle-
wag" oder „hellenwag" (1599 und 1601), bald als „heiliger Wegbrunnen" (1572) be-
zeichnet 39. Hier ist die ursprüngliche Bezeichnung des Wortes, heilende Woge, kaun
zuerkennen. Ähnliche Zusammenstellungen sind „Badwag" (1462) für Badeplatz 73 unc
Babenwag. Heute noch wird im Kanton Zürich vom Volk eine Sihlbrücke als „Brück«
an der Babenwag" bezeichnet. Schon 1267 kommt in der betreffenden Gegend eine
Furt, Babenwag genannt, urkundlich vor 105.
Besondere Kraft schrieb man auch dem Taufwasser zu. Der Aberglaube zu Ost©
rode am Harz veriangte (1788), ein Kind so lange mit demselben zu waschen, bis es auf-
gebraucht sei, um unreine Ausschläge zu verhütend
Wasserurteil
35
Zum Schluß muß ich der unfreiwillig genommenen Bäder gedenken, die mit altger-
manischen Rechtsgepflogenheiten in Zusammenhang stehen.
Das Wasser galt als heiliges Element, das nichts Unreines duldete. Diese Ansicht
macht sich noch heute im Aberglauben geltend, nach dem Leichen am neunten Tage vom
Wasser ausgestoßen werden 68. im Mittelalter beruhte darauf ein Gottesurteil, das
Wasserurteil, und zwar das kalte. Es wurde auffallenderweise nicht im fließenden
Wasser, sondern nach den Bildern des Heidelberger und Dresdener Sachsenspiegels
in großen, viereckigen, walzenförmigen und schalenartigen, mit Wasser gefüllten Ge-
fäßen vorgenommen (Abb. 14)*; vielleicht stand dies mit der Weihung des Wassers
durch den Priester in Zusammenhang is Der Angeschuldigte wurde mit einem Strick
umwunden ins Wasser geworfen. Ging er unter, war er unschuldig, im umgekehrten
Falle schwamm er, d. h. das Wasser stieß ihn aus. Das war die alte Auffassung.
In einem rheinischen Weistume von 1338 (des
Dreieicher Wildbanns in der Nähe von Frankfurt)
wird Knebelung an Händen und Füßen verlangt.
Hier dient als Gefäß „eine meieschebodin (Bütte)
von dren fudir wassirs" 535. Ähnlich ist die Vor-
schrift in einem Pfälzer Weistum von 1423. Aber
in beiden wird der Untersinkende für schuldig
erklärt. Die alte Auffassung findet sich hier ge-
rade umgekehrt, woraus Grimm folgert, daß die
Ausübung längst unbekannt war i06 Schon Lud-
wig der Fromme erließ 823 ein strenges Verbot
des Wasserurteils. Es scheint mehr bei den ge-
Abb. 14. Wasserurteil. Zeichnung aus
meinen Leuten beiderlei Geschlechts zur Anwen- dem Heidelberger Sachsenspiegel. Hand-
dung gekommen zu sein, wie dies auch in einer schritt. 13. Jahrh. Nach Batt, von Babo.
Verordnung Kaiser Heinrichs III. ausdrücklich hervorgehoben wird is.
Ein Anklang an das alte Wasserurteil in großen Gefäßen fand sich zu Eßlingen noch
im 16. Jahrhundert. Dort hatte 1546 eine Jungfrau, Anna Ulmerin genannt, ihre Mit-
bürger vier Jahre lang mit einem künstlich gemachten Bauch genarrt. Als man der Sache
überdrüssig war, da hat der Rat „die tochter in einem Badzuber, wie man böse leut,
so mit zauberey befleckt, zu halten pflegt, durch zwen statkneckt zum gefencknuß tragen
lassen" io7 (Abb. 15).
Im 16. und 17. Jahrhundert fand bei den Hexenprozessen die Wasserprobe wieder
reichliche Anwendung is. 1584 empfahl sie Wilhelm Adolf Scribonius, ein berühmter
* In einer Wessobrunner Pergamenthandschrift von 814 oder 815 findet sich neben dem be-
kannten Wessobrunner Gebete eine Beschreibung der Begebenheiten bei und nach Auffindung des
heiligen Kreuzes und dessen Bewährung. Auf einer der Illustrationen zieht ein Mann einen zweiten
an einem Strick aus einem viereckigen Gefäße. (Abbildung bei Kuoler) •'-^ Ich würde die Dar-
stellung für ein Wasserurteil halten, wenn nicht die Überschrift „ubi ascendit iudas a lacu" bestände,
über die ich auch bei Fachleuten keine Auskunft erhalten konnte.
36
Schwemmen
Marburger Arzt, bei Verdacht auf Hexerei los. Luther wollte sogar einen mit Kropf
behafteten blödsinnigen Knaben (Wechselbalg, Kilkropf) zu Dessau in der Mulde er-
tränken lassen, womit aber der Kurfürst zu Sachsen und die Fürsten von Anhalt nicht
einverstanden waren lo^. Wir finden aber auch etwas mildere Verfahren, den Teufel
auszutreiben. So führten Mönche einen vermeintlich besessenen Knaben in ein Kloster
zu Konstanz
„Vnd namen in darnach gar pald
Vnd satzten in in ain wasser l<altt."
Einer
„Der sprach: bist von synnen l<ommen,
So must in disem wasser baden,
Biß du vergissest deines Schadens" i^".
In einem anderen Falle, den der Pfaffe Amis erzählt, wurde der angeblich Geistes-
kranke im Schweißbade behandelt, allerdings so energisch, „daz er vil nach verbrunnen
was" 3.
Vom Wasserurteil ist das Hineinwerfen ins Wasser als Strafe ohne Tötung, das
Schwemmen, zu unterscheiden. Daß es sich nicht um ein Gottesurteil handelt, geht
aus einer, wahrscheinlich 1320 gegebenen Luzerner Verordnung hervor. Gotteslästerer
sollten mit Geld gebüßt werden. Wer die Strafe nicht bezahlen konnte, wurde ge-
schwemmt m. Es war gleichsam eine
Vorstufe des Ertränkens:
„Man hat dich euch z Straßburg geschwemmt
Und bist ouch fast !<um worden erbätten ;
Und wo sy dich noch möchtend beträtten,
So wurdest du von inen ertrenl<t" i^.
In Luzern (Abb. 16) und Zürich
nahm man das Schwemmen wörtlich.
Man zog den Verbrecher an einem
Seile eine vorgeschriebene Strecke
den Fluß hinab 112 Anderorts hatte
man Badekörbe (Mülhausen), Wip-
pen, Geigen und Fiedeln, mit welchen
der Frevler ins Wasser gelassen und
wieder herausgezogen (geschnellt) wur-
de "3.
Hierher gehört die Wassertauche, ein
Verbrechen, das im Altertum häufig,
späterhin selten war und darin bestand
daß einer unversehens in Wasser ge-
stürzt wurde, aber mit dem Leben da-
Abb. 15. Anna Ulmerin wird als Hexe im Badzuber ^^^ ^^^^,,, ^^^ . ^^j^, ^^^ ^^^
von den Stadtknechten ms Gefängnis zu Eßlmgen == *
getragen. Bilderbogen von 1551. Vorstellung aus, dem Gegner damit et-
i
Uiifrciwäligcs Hineinstürzen ins Wasser
37
was Schimpfliches
anzutun. Jeckel
MORE von Kederich
warf seinen unge-
zogenen Sohn an
ein Seil gebunden in
den Bach. Einem
herzugeeilten Manne
erklärte er, „daz
tede er, vmb daz
er sich vur Ime
deste mehr scheme-
te" 114.
Mehr scherzhaf-
ten Charakter haben
ähnliche Gebräuche
aus späterer Zeit.
1480 erwähnt Ans-
HELM in seiner Ber-
ner Chronik Miß-
bräuche in der Fas-
tenzeit. Neben an-
derem gebietet der
Rat, „daß fürohin
sollte abgestellt syn das Werfen der Jungfrouwen in die Bach" lo* im Erfurter
Zuchtbrief von 1351 heißt es: „Vnser hern verbieten auch, das niemant zu Ostern,
zu Pfingsten, noch zu keiner andern Zeit den andern in das Wasser tragen oder
werffen sal" 'i5. Orimm erwähnt einen ähnlichen Brauch in Polen und Schlesien.
Dort werden am zweiten Ostertage Mädchen, welche die Frühmette verschlafen haben,
von den Burschen gewaltsam begossen und mit Birkenruten geschlagen, oder man
reißt sie nackt aus den Betten, schleppt sie in einen Fluß oder Röhrentrog, in eine
wassergefüllte Krippe und läßt sie das Bad aushalten. In Schlesien nennen sie das
„schmagostern". Der Name kommt auch in Oberhessen vor und heißt, auf Ostern
die Rute geben i9.
Anderen Ursprungs ist das Bräuteln in Sigmaringen, d. h. das Inswasserwerfen der
Neuvermählten. Man nahm es so streng damit, daß sich sogar der Erbprinz Leopold
von Hohenzollern und der König von Rumänien vertreten ließen. Es wurde dabei der
Neuvermählte um den Brunnen getragen, ihm eine Fußspitze gewaschen. Dann mußte
er auf einer Stange reiten und scheint ins Wasser gestürzt worden zu sein si. Ich
glaube, daß der Brauch eine feierliche Aufnahme in die zum Brunnen gehörige Gemeinde
Abb. 16. Schwemmen des Hans Hegenheim in Luzern 1473. Holzschnitt
nach der Miniatur aus Diebold Schilling, Schweizerchronik. 1484. Nach
VON LiEBENAU.
38 Aufnahme in die Brunnengemeinde
bedeutet. So wird heute noch in Blankenhain in Thüringen am Tage der Brunnenfege
jede Familie, die während des verflossenen Jahres in das um den Hütersbrunnen ge-
legene Stadtgebiet, in die sogenannte Nonnengemeinde zog, von den übrigen Mit-
gliedern durch Musik feierlich bewillkommnet ^2.
BADEN UND SCHWIMMEN / UNTER FREIEM HIMMEL
as einfache Bad im Icalten Wasser war mit Ausnahme der wenigen
angeführten Beispiele zu Heilzwecken nicht in Gebrauch. Die
Schriftsteller erwähnen das kalte Bad, um es in der systematischen
Einteilung der Bäder nicht fehlen zu lassen, und kommen dann zu
dem Schluß, daß, wie Ryff sagt, „solchs baden diser zeit gentz-
lichen aus der gewonheit kommen, .... dann sich diser zeit nie-
mandts mehr deß kalten badens oder begießens mit kaltem wasser
gebraucht, dann die vnerzogen mutwillig jugent zu Sommers zeit mehr der kurtzweil
vnd lusts halben, auch etwan schwimmen zu lernen, dann auß notturft" 4s. So schreibt
auch der dänische Statthalter Heinrich Rantzau in Schleswig vom kalten Bade im 16. Jahr-
hundert : „ Die jungen leute und handwerckspersonen solche bade im Sommer allermeist
gebrauchen, sonsten aber nicht gebreuchlichen" -tsQ.
Ich stimme mit Zappert überein, daß sich die Jugend zu keiner Zeit den Flußbädern
entfremdete und es ihr vom Rhein bis zur Donau stets als Hochgenuß galt, sich während
der warmen Jahreszeit im kühlenden Wogengischt tummeln zu dürfen i6
Die Markomannen und Quaden wollten nicht in Städten wohnen, weil sie dort des
Flußbades hätten entbehren müssen 3. Schon Cäsar berichtet von dem Baden der
Sueben im Flusse und wiederhoH es von den Germanen insgesamt, wobei er hervor-
hebt, daß die ganze Jugend, Mädchen und Knaben, miteinander badete nß.
Die Schwimmkunst war in hervorragendem Maße ausgebildet. Nach Tacitus waren
die Bataver so eifrig im Schwimmen, daß sie mit Pferd und Waffen in geordneten
Scharen über den Rhein dringen konnten n^. Die Franken durchquerten auf ihren
Schilden die Rhone; denselben Brauch hatten die Alamannen^. Die Fertigkeit im
Schwimmen wußten die Römer an den in ihren Diensten stehenden Germanen wohl zu
schätzen, nachdem sie dieselbe in den Jahren 6Q und 70 zu ihrem Nachteil genügend
kennen gelernt hatten "S. So wurden die Germanen ausgewählt, den anderen Soldaten
voran über den Tigris zu schwimmen. Einen Bataver Soranus rühmte Kaiser Hadrian,
weil er vor seinen Augen, mit allen Waffen angetan, die Fluten der Donau durch-
schwamm iiö.
Seinen Helden schrieb das Volk übermenschliche Geschicklichkeit und Kraft darin zu.
Beowulf gewann ein Wettschwimmen, in dem er sieben Tage aushielt und von der Küste
40 Schwimmen im Mittelalter
seiner Heimat bis nach dem hohen Norden hinaufschwamm. Auch entrann er dem
Feinde durch Schwimmen übers Meer und führte dabei noch dreißig erbeutete Rüst-
ungen mit sich nö.
Von Fürsten werden Kaiser Karl der Große und Otto II. als Schwimmer gerühmt.
Karls Biograph Einhard sagt von ihm, er habe seinen Leib fleißig im Schwimmen ge-
übt und verstand es so vortrefflich, daß es ihm keiner darin zuvor tat ii9. Ais Otto II.
982 bei Cotrone von den Sarazenen geschlagen war, stürzte er sich zu Roß ins Meer
und erreichte nach einem erst gescheiterten Versuche zu Roß ein bekanntes Schiff, das
ihn aufnahm 120. Barbarossa ertrank 1 190 beim Baden im Flusse Kalykadnos in Kleinasien.
In einzelnen Fällen wurden badende Krieger vom Feinde überrascht, so die Ala-
mannen 367 von den Römern 3H^ gyg die Bayern bei Pilsen unter ihrem Herzog Heinrich
von Kaiser Otto II. 120^ und auch 1499 inj der Schlacht bei Dorneck griffen die Eidge-
nossen das Heer des schwäbischen Bundes unerwartet an, als ein Teil in der Birs
badete 121.
Im Mittelalter gehörte das Schwimmen zu den sieben rittedichen Künsten.
„Di ander daz her kan geswumme
Und in dem wazzir getuclie,
Sich gewende und gei<rumme
Uf dem rucke und uf dem buche."
So die Vorschrift in dem zu Kassel befindlichen Ritterspiegel des 15. Jahrhunderts,
und weiter heißt es dort:
„Schizin swummen stigin,
Sal ein ritter wole lerne,
Dese dri stucke in grozin krigin
Mag man werHchin kunnen gerne" 122.
Auch die Kirche stand dem Flußbad im Mittelalter und auch später nicht so unfreund-
lich gegenüber, als gewöhnlich angenommen wird. Zwar finden sich in mittelaltedichen
Beichtspiegeln besondere Fragen für Kinder, ob sie sich durch Schwimmen einer Todes-
gefahr ausgesetzt hätten 123 Doch badeten die Nonnen von Rathhausen (Cisterciense-
rinnen) im Kanton Luzern noch um das Jahr 1470 in der Reuß und im Rothsee. Sie
mußten jedoch ihr Habit anbehalten und durften nur soweit in den See hinausgehen,
als es ohne die Schicklichkeit zu verletzen mit emporgehobenem Kleide möglich war.
Später wurde ihnen dieses Baden allerdings verboten 124 Im Nekrologium des Klosters
Wettingen ist von 1385 — 1691 mancher Todesfall von Mönchen verzeichnet, der sich in
der am Kloster vorbeifließenden Aare beim Baden ereignete 125.
Der Froschmäusler rechnet neben Fechten, Ballschlagen und anderen Unterhaltungen
Gewandtheit im Schwimmen zu den Gepflogenheiten der Studenten:
„Wie Jung Geselln zu Sommers zeit, Baden, vnd tauchen gleich den Enten.
Am Wassr vnd Wiesen suchen freud. Schwemmen künstlich, wie Qenß vnd Schwanen,
Wie auff den Schulen die Studenten, Fischen, fahren in Schiff vnd Kanen" '-^
1548 badeten in Frankfurt auch die Handwerksgesellen täglich im Main, 1484 die
Barchentweberknechte sogar noch am Allerseelentage (2. November), was wegen der
I
Baden im Fluß als Kindcrbeliistigiuig
41
42
Schwimmen der Jugend
Jahreszeit vom Chronisten als unvernünftig bezeichnet wird 127 1521 wurde von et-
lichen zu Weißenhorn in Schwaben am heiligen Tag zu Weihnachten in der Rot „von
Wunders wegen" gebadet 128. Offenbar verlief der Winter sehr gelinde. 1660 war der
Herbst so warm, daß in Aliensbach die „junge Burst" vielfältig im See badete 129
Schon im 13. Jahrhundert wird das Baden unter den Kinderspielen aufgezählt und
ein alter Mann, der daran teilnimmt, für dumm erklärt:
„Rite ein gra man vf vnd ab
Mit deinen kinden vf einem stab,
vnd spilte gerade vnd vngerade
vnd ging mit in zewasser pade" '3o_
PiETER Brueohel hat es auf seinem in Wien befindlichen Oemälde der Kinderbe-
lustigungen nicht vergessen (Abb. 17), und der Züricher Kupferstecher Conrad Meyer
bildet es in der Mitte des 17. Jahrhunderts unter den 26 Kinderspielen ab (Abb. 18) i32
Georg Pictorius, Stadtarzt zu Ensisheim im Elsaß, berichtet 1553, seine Lands-
leute, hauptsächlich die adeligen,
führten zur heißen Sommerzeit
ihre Knaben zum Bad nach dem
nächsten Flusse 16, im Bader-
büchlein (1560) hält er jedoch für
seine Pflicht, den Eltern zu eröffnen,
„das nit hochuerstendig, so im
summer die jugent im kalten wasser
badet. Dann ye so find ich geschri-
ben, vnd zeigt es auch gemeiner ver-
stand an, dzactualisfrigidatis, das ist
des Wassers kalte wäsentlichkeit, die
porös verschließet". Die Kom-
plexion des Menschen sei, wie sie
Abb. 18. Schwimmen der Kinder mit luftgefüllten Tier-
blasen. Kupfer von Conrad Meyer. Zürich. 1657.
wolle, sie ist allweg vor dem Wasser, das vom Sonnenschein erwärmt wird, zu
hüten 152 Conrad Heresbach (gest. 1576) und Johannes Sturm empfahlen, daß
man Prinzen im Schwimmen übeiß. Nach Rvff war das Baden im Flusse in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im „hefftigen Gebrauch" 48, Lersner berichtet
dasselbe 1706 von Frankfurt i33. Hundert Jahre früher schreibt der nicht gerade bade-
freundliche steirische Physikus Guarinonius: „Kein Wunder, daß alle Menschen
Alter, so sonsten in jhrer Natur vnnd Begierden vnterschiedlich, in diesem nicht änderst,
als wir Teutschen im Wein trincken, fast all zusammen stimmen, vnd nichts geliebters
dann im Wasser schwimmen, baden, schwemmen, waten vnnd waschen. Vnd gleich wie
die newgeborene Kindlein im Wasserbad alles jhres Leyds, Schmertzens vnd Heulens ver-
gessen, also ist der ersten Jugend nichts annemblichers, als im Wasser herumb zu
schwimmen, und zu baden" i34. ngo lesen wir bei Ferro in Wien: „Alle unsere Land-
leute, die an Seen oder Flüssen wohnen, üben sich von Jugend auf im Schwimmen, und
Schwimmen als körperliches Erziehungsmittel 43
man sieht oft ganze Schwärme von Bauern an heißen Sommertagen zu ihrer Belustigung
und Abkühlung herumschwimmen. Nur unter den verfeinerten Menschen, besonders
in Städten, ist diese natürliche Geschicklichkeit zu einer beschwerlichen Kunst gewor-
den" 135.
Von einem Rückgang des Flußbadens kann höchstens — wenigstens für Zürich —
in den siebziger und achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts unter der Stadtbevölkerung
die Rede sein, bei der es für pöbelhaft angesehen wurde. Doch finden wir um dieselbe
Zeit schon die lebhafteste Agitation für dessen Wiedereinführung. Sie nahm ihren Aus-
gang, wie schon erwähnt wurde, von England. Floyer als Arzt und Locke als Er-
zieher traten zuerst in ihren Schriften dafür ein. „Ich werde nicht nötig haben, es erst
zu sagen, daß der Knabe schwimmen lernen muß", lautet ein Ausspruch Lockes 13ö.
Man hob besonders hervor, daß Baden im kalten Wasser nicht nur zum Vergnügen,
sondern vor allem als körperliches Erziehungsmittel zur Verhütung der Weichlichkeit
und Abhärtung der Jugend diene. Eines weniger bekannten Verfechters dieser Ideen
sei hier noch gedacht, des Baseler Ratsschreibers (von 1756—1782) Isaac Isilin137
Verfehlt muß Rousseaus Vorschlag bezeichnet werden, nach dem die Kinder durch
Baden in möglichst kaltem und auch in möglichst heißem Wasser gegen Temperatur-
schwankungen der Luft unempfindlich gemacht werden sollen loo. Am vernünftigsten war
unter den Erziehern OuTS-MuTHS, dessen kleines Lehrbuch der Schwimmkunst 1798
erschien. In der zweiten Auflage seiner Gymnastik für die Jugend 13ö sagt er: „Ich denke
mir diese Art des Bades (des kühlen und kalten von den warmen Tagen des Frühlings
bis in den Herbst hinein), indem ich als Pädagog schreibe, nie anders als mit Schwimmen
verbunden, weil dadurch der Nutzen desselben ungemein gesteigert wird. Ein solches
Bad hat seinen entschiedenen, großen Nutzen für gesunde Knaben und Jünglinge. Für
gesunde sage ich ; denn nur diesen bestimme ich die ganze Gymnastik." Im übrigen sagt
er: „Bade, wie es dir wohl bekommt." Dadurch unterscheidet sich Guts-Muths vor-
teilhaft von Salzmann, der an den ihm anvertrauten Zöglingen als Lehrer Kaltwasser-
kuren in Krankheitsfällen vornahm (Noch etwas über die Erziehung nebst Ankündigung
einer Erziehungsanstalt, Leipzig 1784) i38
Kehren wir zu vorhergehenden Jahrhunderten zurück, so finden wir unter den
Schulmännern durchaus andere Ansichten. Die Sorge um das leibliche Wohlergehen
ließ sie Baden in offenem Wasser, Wettlaufen, Springen, zuweilen auch Schlittschuh-
laufen verbieten. Solche Vorschriften wurden 1584 für die Hofmeister und Präzeptoren
der jungen, elf und acht Jahre alten Herzoge von Bayern, Maximilian und Philipp, ge-
geben 139. Valentin Friedland (genannt Trotzendorf) erließ ähnliche für seine be-
rühmte Lateinschule zu Goldberg in Schlesien i^o, und nach seinem Tode wurden sie
1563 erneuert 1*1. Sie finden sich um die gleiche Zeit in Schulpforta und noch später
unter Bertuch, der von 1601—1621 Rektor wari^i. In der Schulordnung des Ham-
burger Johanneums vom Jahre 1537 heißt es lateinisch: „Qui — seaquis committunt —
poenas graves dabunt", deutsch übersetzt: „de an dat Water gehn unde sick baden
44 Verordnungen gegen das Baden im offenen Wasser
unde schwemmen gelyck alse de Göse edder de Entechen — schälen schwehrlicken ge-
straffet werden". Auch in Eßlingen ward in der Schulordnung von 1548 das Baden im
Neckar verboten; ebenso war an der Fürstenschuie zu Meißen nach der Schulordnung
von 1580 das Baden im Flusse der Gefährlichkeit wegen untersagt ns und zu Bern,
wie Wilhelm Lutz, Deutschlehrmeister daselbst, berichtet, 1685 in der Aare, aber in den
umliegenden Bächen gestattet i42 Noch 1736 wurde in Baden durch obrigkeitlichen
Erlaß sämtlichen Rektoren und Lehrern befohlen, ihre Schüler „vor dem so gemeinen
als höchst gefährlichen und ärgerlichen Baden" zu warnen und die Übertreter zu be-
strafen 18
Daneben treffen wir behördlicherseits angeordnete, wohl begründete Verbote. Im
Stadtrecht von Wiener-Neustadt (1221—1230) wird das Baden im Stadtgraben untersagt,
damit der Feind dessen Tiefe nicht erspähe i43. 1502 hatte in Würzburg der Viertel-
meister (Quartiervorstand) zu Haug von Haus zu Haus zu gehen und anzusagen, daß
niemand bei Strafe im Stadtgraben baden dürfe i44 1554 verordnete ein kurfürstlich
St. Ambergisches Gesetz die Abschaffung des Badens im Stadtgraben 16 Würzburg
verbot auch und ließ es 1504 im Stadtteile zu Haug und im Sande von der Kanzel ver-
künden, das Baden der Menschen des in diesen Bezirken gelegenen Eichelsees. Dort
wurde nämlich das Vieh geschwemmt i44.
Wiener Verbote aus den Jahren 1633, 1643 und 1711 betreffen das Bad in der Donau.
Die Veranlassung dazu gab 1633 das Ertrinken einiger bezechter jungen Leute 16. Be-
hördlicherseits wurde auch darauf gesehen, daß die Grenzen des Anstandes nicht über-
schritten wurden und die Badenden nicht ganz im Adamskostüm auftraten. Paulus
Behaim kaufte 1559 sogar seinem Kinde eine Badehose 123^ und Hans Sachs läßt den
Kaiser Julianus nach dem Ablegen der Kleider im „badtmantel" zum Flußbad gehen
und an dessen Steile den Engel im „badlach" zurückkehren 29.
1541 hatten in Frankfurt auf den Eistag oder am Tag St. Petri acht Mann, wie sie Gott
geschaffen, ganz nackt und bloß im Main gebadet, getanzt und gesprungen. Dafür
wurden sie vier Wochen gefangen gelegt und die Zeit über mit Wasser und Brot ge-
speist i33. 1548 wird in derselben Stadt in Anbetracht, daß die Handwerksgesellen, so
täglich im Main baden, viel Unzucht treiben, beschlossen, den Meistern in den Hand-
werken zu befehlen, ihren Dienern anzuzeigen, daß sie hinfür „ir nidercleider" anziehen.
1550 muß wiederum auf allen Zünften, auch in der Neustadt und in Sachsenhausen, eine
Mahnung erlassen werden, daß die Gesellen gedeckt und züchtig baden. Wo sich je-
mand ungebührlich zeigen werde, solle er gestraft und zur Haft gezogen werden 127
In Elgg, einer kleinen Gemeinde des Kantons Zürich, wurde 1668 durch Mandat das
Zusammenbaden von Knaben und Mädchen verboten i45. „Weilien das Baden der
Jungen Menscher und Bueben Sommerszeit sehr ärgerlich, und vill schlimbes nach sich
ziehet", heißt es in einer Verordnung des Markts „Weickendorff in Marchfelt", „als will
hiemit soches die gnädige Grundobrigkeit dergestalten abgeschafft haben". Das Verbot
trifft nicht etwa Kinder ; denn es heißt weiter, daß die erwachsenen Bueben und Menscher
Die Furcht vor dem Ertrinken j Maßnahmen gegen Unglücksfälle 45
(Mädchen) *, wenn sie beim Baden gesehen werden, gestraft werden sollen, im gleichen
Sinne ist auch die 1748 für denselben Ort vom Abt Thomas von Molk getroffene Ver-
fügung aufzufassen, nach der Eltern, die ihren Kindern öffentliches Baden zuließen, um
ein Pfund vier Schilling gestraft werden. Erwachsene sollten „gleich aufgehoben und
eingespöret werden" '^6.
Sehen wir die angeführten Verbote durch, so tritt uns als Badehindernis — neben
Gründen der Schicklichkeit — an erster Stelle die Furcht vor dem Ertrinken, namentlich
in reißenden und größeren Flüssen entgegen. „Bäche hatte man nicht überall, besonders
in Städten. In Flüssen wars zu gefährlich; nebstdem schickte es sich auch nicht für den
Wohlstand, öffentlich vor aller Welt sich aus- und anzuziehen. In Wannen sich zu
baden, war gegen die Absicht des kalten Bades selbst", so schildert Ferro die An-
sichten seiner Zeitlos. Da nun aber trotzdem gebadet wurde, suchten Behörden und
Privatleute die Gefahren wenigstens zu mindern. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an
wurden in zahlreichen Orten Anleitungen zur Rettung Ertrunkener (oder überhaupt Ver-
unglückter) herausgegeben. Im letzten Viertel traten Rettungskisten — ich finde sie
einmal als Pariser bezeichnet — hinzu, die an geeigneten Orten in der Nähe des Ufers
angebracht waren. Sie enthielten neben wollenen Decken zumeist chirurgische Instru-
mente und Arzneien zur Wiederbelebung Ertrunkener. 1780 fanden sie sich sogar in den
kleinen Orten am See und an den Flüssen im Kanton Zürich vori*'?.
Immerhin fehlte es in Deutschland noch an Gelegenheit, sich in den Flüssen „sicher
und bequem" zu baden. Frankreich errichtete Badeanstalten. Selbst Polen ging voran,
nur Deutschland blieb zurück (Held 1777 in der Vorrede zur Übersetzung von
Marteau) 148
Ich muß hier einfügen, daß man auch schon im Mittelalter für geeignete Stellen zum
Baden im Freien sorgte. 1462 liegt zu Meßkirch in Baden eine Weidegrenze „in dem
graben bey dem Badwag" i49^ der nach Fischers schwäbischem Wörterbuch ein Bade-
platz ist. Auch das mittelalterliche Hausbuch aus dem 15. Jahrhundert zeigt in der Dar-
stellung des Planeten Luna badende Kinder in einer Ausbuchtung des Sees (Bodensees ?),
zu der Leitern vom Ufer hinabführen i50. Nach Grimm wird die Badestelle auch mit
Badefleck bezeichnet i5i. Doch versteht der Meistersinger Hans Foltz (15. Jahrhundert)
darunter etwas anderes (siehe S. 119).
Die erste Flußbadeanstalt errichtete 1760Poitevin in Paris. Sie lag auf zwei Schiffen in
der Seine. Das größere davon war fest verankert und trug ein zweistöckiges Gebäude,
das kleinere ein einstöckiges und konnte fortbewegt werden. Das Flußwasser wurde
in beide Häuser gepumpt und nach Filtration in Wannen zum Bad verwendet''. Man
konnte dort aber auch im Flusse schwimmen lernen und baden 97. Nach einer Schil-
derung von 1803 befanden sich in der Anstalt Heizvorrichtungen zum Erwärmen des
Badewassers. Auch eine angebrachte Brause, die vom oberen ins untere Stockwerk fiel,
* Heute noch werden — allerdings nur bei Kindern — im Schweizerdialekt Buben und Kinder
unterschieden. Ein Kind ist stets ein Mädchen.
46 Die sogenannten Flußbadeanstalten
war für warmes Wasser eingerichtet 4. Diese PoiTEViNsche Anstalt, ursprünglich wohl-
feil, wurde immer eleganter eingerichtet, und 1835 kostete ein Bad einen Louisdor^v.
Sie kann nicht als Muster unseres heutigen deutschen Schwimmbades angesehen werden,
obwohl sie für einzelne deutsche Bäder vorbildlich wurde. Dahin gehört das 1800 vom
Frankfurter Arzte Kohl auf dem Main errichtete Badeschiff '53. Man erhielt darin neben
einfachen warmen Wasserbädern auch Stahl-, Kräuter-, Schwefel-, wohlriechende Seifen-
bäder, ein künstliches Wiesbad (Wiesbaden) und künstliche Seewasserbäder. In nett
möblierten Badezimmern mit Wannen von weißem englischen Doppelblech konnte
man hier das kalte Mainflußbad (!) mit mehr Sicherheit und Bequemlichkeit isoliert ge-
brauchen. (Kohl selbst sagt übrigens davon nichts.) In der Nähe der Anstalt war eine
schöne Esplanade angelegt, wo die Badegäste vor und nach dem Bade Mineralwasser
trinken und lustwandeln konnten 4.
Man muß nach dieser Schilderung nicht mehr von Flußbadeanstalten, sondern von
Bädern mit Flußwasser sprechen. Sie sind den ihnen nachgebildeten gleichwertig, die
„reines" Brunnenwasser verwendeten und den Winter über geöffnet waren. Da die
Schriftsteller beide Arten nicht immer auseinander halten, auch in einzelnen Anstalten
bald warme, bald kalte Bäder gereicht wurden, will ich sie zusammen besprechen. Sie
waren in erster Linie für den reichen Mann bestimmt und traten als Konkurrenten der
Kurorte auf. Schreoer sagt 1803 vom KOHLschen Badeschiffe: „Viele Frankfurter Ein-
wohner, welche sonst auswärtige Bäder besuchen, erhalten durch dieses gemeinnützige
Institut Befriedigung ihres Bedürfnisses an ihrem Wohnorte, wobei sie viele Kosten er-
sparen und während der Badekur ihre Berufsgeschäfte forttreiben können" 4.
In Sagard auf Rügen errichtete 17Q5 ein Prediger Willich auf seine Kosten ein Bad-
haus, das mit Brunnenwasser gespeist wurde. Es enthielt zwei Steinbäder in der Erde, die
ursprünglich für kaltes Wasser bestimmt waren und nur auf schriftliche ärztliche Ver-
ordnung benutzt werden durften. Auch ein Sturzbad war angelegt. Später kamen warme
Bäder hinzu. 1800 hatte das Badehaus Billard-, Tanz- und Spielzimmer. Pharao war
jedoch verboten i53
Frankfurt besaß 1803 eine zweite Badeanstalt in der Stadt, die ein Uhrmacher Hof
in seinem Hause errichtet hatte. In Nürnberg war 1803 aus älterer Zeit her eine öffent-
liche Anstah im sogenannten Fechthause mit mehreren Badezimmerchen in Gebrauch.
Von Ärzten wurden Badeinstitute 1797 in Bayreuth durch von Schallern mit warmen
und Flußbädern und einem Spritzbade, 1798 (?) durch de laRoux in Celle mit künst-
lichen Bädern, in Bremen von Heineken, 1803 (?) von Welper in Berlin errichtet. Ballen-
städt am Harz bekam 1802 am Riederschen Bache eine Badeanstalt mit warmen undj
kalten Bädern. Eine größere scheint die im selben Jahre vom Stadtwundarzt Meyer in \
Braunschweig beim Einfluß der Oker errichtete gewesen zu sein. Sie lag auf einem Floß,
hatte vierzehn Zimmer in Abteilungen zu kalten und warmen, als auch Tropf-, Spritz-
und Dampfbädern. Alle auswärtigen Mineralwasser zum Trinken, sowie Stahl-, Schwe-
fel-, Kräuter-, wohlriechende Seifen-, künstliche See- und Mineralbäder waren daselbsti
Die echten Fhißbadeanstalten 47
zu haben*. In Wien wurde 1804 das Dianabad erbaut '54 Mannheim hatte 1807
mehrere Bäder, von denen sich diejenigen der Herren Etienne und Hagenmeier durch
große Gartenaniagen auszeichneten. In der HAOENMEiERschen Anstalt erhielten Arme,
deren Krani<heit bezirksärztlich bescheinigt war, „freie, einfache und componierte Bäder"
gratis. Im gleichen Jahre sagt Wichelhausen: „In Deutschland dürften jetzt wohl
wenige bedeutende Städte vorhanden sein, wo nicht Fluß- und andere Badeanstalten
angelegt worden wären" i55.
Kehren wir zu den kalten Bädern im Flusse zurück. Die eingepfählten Badeplätze und
kleineren Häuschen am Ufer, in denen man badete, scheinen 1803 schon häufig benutzt
worden zu sein 4. 1792 hatte aber Jena trotz der zahlreichen Studenten keinen beauf-
sichtigten Badeplatz. Gebadet wurde dennoch. Es konnte, wie der Jenaer Professor
Grüner mitteilt, nicht verhindert werden ise.
Die erste große deutsche Badeanstalt wurde auf dem Rhein bei Mannheim 1777 er-
richtet i57. Ihre genauere Einrichtung konnte ich nicht ermitteln. Sie lag mitten im
Flusse, stieg und sank mit diesem und hatte Vorrichtungen, durch die man sitzend das
Bad gebrauchen konnte. Der Zulauf war sehr bedeutend. „Das Gedränge des Volks,
sich dieses heilsamen Instituts zu bedienen", sagt Ferro, „das Frohlocken der Ärzte, die
itzt endlich einmal ein Mittel gebrauchen konnten, womit sie der überall eingerissenen
Nervenschwäche, die eben so sehr den Arzt als den Kranken quält, Einhalt zu thun im
Stande waren — dieß sind offenbare Beweise, daß itzt nicht mehr Verzärtlung, nicht
Eigensinn, nicht Dummheit, sondern bloß der Mangel an Gelegenheit die Schuld des
Aufschubs gewesen war" i35.
Schon 1778 badeten Gesunde und Kranke aus Mode blindlings darauf los, weil man
die Rheinbäder für ein untrügliches Mittel gegen alle Übel ansah. Das veranlaßte den
Heidelberger Professor May, eine ernste Mahnung an seine lieben, guten Mitbürger
zu erlassen, in der er die Bäder nur Gesunden für zuträglich erklärte und nur dann,
wenn sie recht gebraucht würden. Vor allem hatte er zu tadeln, daß man ruhig im Bade
saß, ohne sich zu reiben. Manche aßen sogar Schinken und Butterbrot und zechten.
Schwangere Frauen hatten Blutflüsse erlitten. Kranke bekamen Blutspeien, Husten,
Schnupfen und dergleichen mehr. Manche Badenden konnten sich nicht wieder er-
wärmen 158.
1774 errichtete ein Schiffer in Frankfurt auf dem Main eine Badeanstalt für Frauen 127^
über die ich nichts näheres erfahren konnte.
1781 kündigte der Wiener Arzt Ferro seine Badeanstalt auf der Donau an. Er be-
zeichnete sie als neu eingerichtete englische Bäder, wohl weil die Engländer das kalte
Bad, namentlich das im offenen Meere, in Aufschwung brachten. Von englischen Fluß-
badeanstalten ist mir nichts bekannt. Sie genoß der besonderen Gunst Kaiser Josephs,
auf dessen Befehl zu einem bequemeren Besuch des Bades die hintere Tür des Au-
gartens gegen die Brigittenau ständig offen gehalten wurde. Trotzdem wurde Ferro
von den kaisedichen Leibärzten van Swieten und Störk wegen seiner Ankündigung
48
Die Flußbadeanstalten zu Wien und Dessau
Abb. 19.
Die Ferrosche Flußbadeanstalt in Wien. Kpfr. aus: Ferro,
Vom Gebrauch des kalten Bades. Wien 1796.
angefeindet 15Q. Die
Anstalt bestand aus
einem Floß mit Bade-
häusern und durch-
brochenen Senkkästen
(Abb.19/20). Diese wa-
ren in der Größe ver-
schieden, für einzelne
Personen und auch
zum gemeinsamen Ge-
brauch, in denen auch
geschwommen wer-
den konnte. Interes-
sant ist, daß Ferro von
den letzteren sagt, sie
seien von vielen Per-
sonen, die schamhaft
sind und sich deshalb nicht gern in Gesellschaft baden wollen, gemieden worden i35
Nach Ferros Muster wurde in Dessau 1802 die OLBERG-THORSPEDENSche Anstalt
auf der Mulde errichtet. Sie bestand aus zwei Kähnen mit drei von doppelten Lein-
wandwänden eingeschlossenen Zimmern 4.
Warme Bäder gab es in diesen Anstalten nicht. Dagegen hatte Ferro zur Abkühlung
vor dem Bade eine Brause, die er als Spritzbad bezeichnet, angebracht. Sie war übrigens
nicht Ferros geistiges Eigentum. Der Pyrmonter Badearzt Marcard hat das kalte Trauf-
bad (Shower bath) aus England zuerst in Deutschland eingeführt i60.
Die Gelehrten stritten um diese Zeit untereinander, ob man nach deutscher Art mit
den Füßen voran langsam ins Bad einsteigen oder sich nach englischer plötzlich ins
Wasser werfen solle, womöglich mit dem Kopfe voran. Was hier als deutscher Brauch
bezeichnet wird, dürfte wohl aber nur für die jene Anstalten besuchende verzärtelte
Stadtbevölkerung Geltung gehabt haben. Der Kopfsprung war in Deutschland längst
in Gebrauch (siehe S. 56 — 58).
Die englische Sitte führt den Namen Plongier- oder Sturzbad. Im freien Flusse schloß
sich das Schwimmen daran an. Wurden die Sturzbäder in großen Kästen genommen,
so galt die Vorschrift, nach dem Eintauchen das Bad sofort zu vedassen. Es konnte
mehrere Male wiederholt werden. Auf keinen Fall sollte man aber im Bad weiter ver-
bleiben. Wir sehen hier das heutige PRiESSNiTZsche Vollbad der Wasserheilanstalten
oder Bassinbad, wie es Matthes i6i nennt, vollkommen ausgebildet. Der oft mit Un-
recht als Kaltwassergegner bezeichnete Marcard, der es in Pyrmont errichtete, gab uns
1793 die heute noch gültigen Vorschriften, es richtig zu gebrauchen. Als er sich 1775
eingehender mit den englischen Bädern beschäftigte, kam er zu der Ansicht, daß man
Das Plonmer- oder Sturzbad und sein richtiger Gebrauch
4Q
in Deutschland das
kalte Bad falsch ge-
brauche. Die richtigen
Vorschriften, die er
gibt, sind folgende.
Man soll nicht erhitzt
ins kalte Wassergehen.
Das war schon früher
bekannt. „Aber ein
Irrtum ist es denn
doch auch, wenn man
meint, man müsse aus
Abb. 20.
Querschnitt der Ferroschen Badeanstalt. Kpfr. aus:
Vom Gebrauch des kalten Bades. Wien 1796.
Ferro,
der größten Ruhe des Körpers ins kalte Bad gehen. Viel besser ist's, den Körper vorher
ein wenig bewegt zu haben. Dieses ist eine Regel, welche die Engländer befolgen
(Marcard ist meines Wissens der erste, der sie angibt), und die sehr vernünftige
Gründe hat. Die Engländer waren daher auch sehr wohl damit zufrieden, daß das
neue Pyrmonter Plongierbad einige Minuten außerhalb Pyrmont angelegt sei, weil
durch diesen kleinen Gang der Körper in einige Bewegung gesetzt wird." Allzu-
große Ruhe vor dem Bade hat Frieren, Unbehaglichkeit und Bedrücktheit nach dem-
selben zur Folge, was auch der Fall bei zu schwacher Konstitution ist. Bei einigen
lassen sich die unangenehmen Folgen etwas mindern durch starkes Frottieren nach dem
Bade. Ein jedes kalte Bad muß kurz sein, falls man nicht schwimmt oder sonst die Mus-
keln bewegt. Das gilt um so mehr, je kälter das Bad ist. Das eigentliche Plongierbad,
das sofort nach dem Eintauchen verlassen wird, kann kälter als das Schwimmbad sein.
Mittelschwache Personen vertragen das ganz kurze Bad noch leidlich, aber ganz
schwache vertragen auch dieses nicht. „Kurz baden die Engländer in ihren eigentlichen
kalten Bädern, und ihr häufiger Gebrauch seit 100 Jahren konnte sie wol die beste
Methode lehren." Eine Abhärtung ist nicht durch langes kaltes Baden, sondern durch
öftere kurze kalte Bäder zu erzielen. „Der Engländer springt plötzlich ins Wasser, kehrt
sich darin um, und in wenigen Sekunden geht er wieder heraus ; er wiederholt zuweilen
diese Operation zum zweiten, ja sogar zum dritten Male; alsdann läßt er sich trocken ab-
reiben, kleidet sich an und macht sich Bewegung." Das Trockenreiben soll mit unge-
wärmtem Tuche geschehen. Nach demselben geht man an die Luft, zumal an die
Sonne, oder reitet, wenn es das Wetter erlaubt. Bleibt man zu Hause, muß man sich da
auch stärkere Bewegung machen, nicht gleich zum Schreiben oder Lesen hinsetzen.
Oute Bewegung, zumal in freier Luft, ist nach dem kalten Bade höchst nötig; aber
man muß sich nicht in Schweiß laufen. Nach dem Bade zu Bett zu gehen, ist in den
meisten Fällen der Absicht dieses Mittels geradeswegs zuwider.
Ferro war (17Q0) etwas ängstlicher. Er warnte vollblütige und auch blutarme Per-
sonen vor dem Sturzbade. Von letzteren sah er einige wie vom Schlage getroffen nach
Martin, Badewesen 4
50
Abarten und Ersatz des Sturzbades
dem Bade, manchmal auch tödliche Ohnmächten. Er ließ den Badenden an einem
Seile durch das Wasser fahren. Andere benutzten eine Schaukel, die eine Erfindung
Cesaratis war. Man sprach dann von Schwungbädern *. Auch Ferro hielt das kälteste
Wasser für das geeignetste, nur beim nachfolgenden Bade sollte Brunnenwasser als
zu kalt nicht verwendet werden. Er ließ die Sturzbäder in einem seiner Senkkästen
nehmen.
Als Ersatz für die
Sturzbäder galten
(1803) plötzliche
Übergießungen von
kaltem Wasser in star-
kem Strome "t und als
mildeste Form das
schon genannte Re-
genbad (Shower
bath), das Spritzbad
Ferros, das aus einem
siebartigdurchlöcher-
tenBlechgefäß auf den
Badenden herabfiel.
Die genannten Bä-
der können für den
Gesunden nur als
minderwertiger Er-
satz desSchwimmens
gelten. Wie sehr man
die Gefahr vor dem
Ertrinken noch fürch-
tete, geht aus der An-
lage des Schwimm-
kastens im Ferro-
schen Bade hervor.
Abb. 21. Hilfsapparate zum Schwimmen gegen Ende des 18. Jahrliunderts. c ik + • a Cai y
Kupfer von Schellenberg. Aus: XI. Neujahrstück ab dem schwarzen
Garten. Zürich 1796. MANNschen Erzie-
hungsanstalt zu Schnepfenthai schwammen die Schüler in einem großen Wasserbehäl-
ter! 36.
Unseren heutigen Schwimmunterricht schuf Guts-Muths. Von ihm stammt der
Schwimmgürtel und die Angel. Ferros Anleitung ist viel schwülstiger und umständ-
licher. Beide stimmen darin überein, daß neben dem Schwimmen auch Wassertreten
und Tauchen zu üben sei, was wir ja auch in früheren Jahrhunderten schon finden.
Schwimmen und Schwimmapparate 5|
Maalers Lexikon verzeichnet 1561 das „Wasser trätten". Man schwamm, schwäbte
und fuhr auf dem Wasser, schoß auch „underhin" 162
Vor Ausbildung unseres heutigen Schwimmunterrichtes lernte die Jugend, wie
mancherorts noch jetzt, das Schwimmen durch Hilfsapparate (Abb. 21). Meist sind es
aus Rohr oder Binsen gefertigte Bündel, zwei Rindsblasen, Flaschen aus Kürbis, Büchsen
aus Blech, lederne Kissen, die durch einen Riemen verbunden waren, auf den sich der
Schwimmende legte. Es kommen auch Rinden (Conrad Clauser, 1598), lederne Brust-
gürtel (GuARiNONius, 1610) und solche aus Pantoffelholz (Kork) vor. Bei unvorsichtigem
Gebrauch waren diese Apparate sehr gefährlich. Die „Windmaschinen" konnten platzen,
oder der sie verbindende Riemen glitt an das Fußende, wodurch der Kopf nach unten
zu liegen kam (Abb. 18). Auch beim Gürtel, wenn er nur Kork auf der Brustseite enthielt,
konnte der Badende bei Wendung auf den Rücken ertrinken. Gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts kamen aus Frankreich besonders gut gearbeitete Schwimmgürtel, unsere
heutigen Rettungsgürtel, unter dem Namen Scaphander nach Deutschland, unter denen
sich der „Bachstromische Curas" auszeichnete i35.
Daneben finden wir Apparate, die das Schwimmen ersetzen sollten. Meist waren sie
Geheimnisse ihres Erfinders und wurden zufällig bekannt gegeben. Die Züricher Kan-
tonsbibliothek bewahrt ein Papiermanuskript aus dem 15. Jahrhundert, das technische Fer-
tigkeiten, zumeist kriegswissenschaftliche, abbildet. Dort geschieht das Schwimmen in
lufthaltigen Stiefeln, die mit Platten an den Sohlen beschwert sind (Abb. 22/23). Eine andere
Abbildung zeigt einen doppelwandigen, mit einer Platte beschwerten Taucheranzug für
nahezu den ganzen Körper (Abb. 24). 1615 gab Franz Kessler in Wetzlar die „sonsten
lang geheime, unglaubliche Kunst" bekannt, in „Lufthosen", die an den Sohlen mit Blei be-
schwert waren und Flußfedern zum Steuern trugen, übers Wasser zu gehen, im Prinzip
gleichen sie den vorigen. Sein Wasserharnisch ist eine aus Rindshäuten hergestellte
Taucherglocke (Abbildungen beiScHEiBLE) i63. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts mehren
sich dergleichen Apparate. Sie sind sämtlich als Westen gearbeitet. 1782 ließ ein Unge-
nannter einen solchen durch den königlichen Juwelier Jolly in Beriin ankündigen iK Ein
Herr Leconte in Paris empfahl 1 787, sein „gilet hydrostatique" unter dem Frack zu tragen,
um bei Unglücksfällen durch Aufblasen desselben in zehn bis zwölf Sekunden dem Tode
zu entrinnen 165. Schließlich arteten diese Apparate in Spielereien aus. Der Tübinger
Professor Ploucquet ging so weit, daß er 1798 vorschlug, im Scaphander oder einem
aus Pantoffelholz selbst gefertigten Schwimmgürtel, der zur Sicherheit mit einem
Schenkelriemen versehen sein sollte, einen Sonnenhut auf dem Kopfe, die nötigen
Kleidungsstücke auf dem Rücken, mit einem Ruder in der Hand, ganze Landsee-
reisen zu machen. Er konstruierte ein Wasserbett und einen Wasserstuhl, die, im
Flusse festgelegt, dem Nichtschwimmer den Genuß eines Bades unter freiem Himmel
schaffen sollten. Die Apparate konnten auch zwischen zwei Kähnen angebracht werden,
mit denen der Badende herumfuhr. Ähnliche Vorrichtungen waren bei Konstanz auf
dem Bodensee unter dem Namen des Wasserschlittens schon vorher in Gebrauch 166
52 Schwimmen in den Erzieiiungsanstalten und beim Militär
Die wahre Volkstümlichkeit erhielten die Flußbadeanstalten durch Errichtung der-
selben von selten der Militärbehörden, wo auch der gemeine Soldat und ebenso der
Bürger sein Bad nehmen konnte.
In den Erziehungsinstituten des 18. Jahrhunderts, die namentlich adelige Knaben
aufnahmen, war, wie schon erwähnt wurde, das Schwimmen eingeführt. Die Eleven
(Karlsschüler) in Stuttgart badeten, um den Körper zu stärken i35. in der Schnepfen-
thaler Anstalt fanden Dauerschwimmen statt. Bei einem solchen ging ein Schüler
aus Genf als Sieger hervor, der in ein und drei viertel Stunde fast eine drittel deutsche
Meile zurückgelegt hatte. Wettschwimmen wurden in Kopenhagen unter den Zöglingen
des gymnastischen Instituts, den Artillerie- und den Seekadetten veranstaltet, unter
den letzteren sogar in Kleidern (Outs-Muths, 1804).
1 81 7 führte General VON Pfuel das Schwimmen in der preußischen Armee ein iß'?, und
1839 wurde die erste militärische Schwimmschule zu Graz in Österreich errichtet 108
Abb. 22/23. Hilfsapparate zum Wassertreten und Schwimmen im 15. Jalirliundert. Papierhandschrift.
Kantonsbibliothel< Zürich.
Mr. Wynmamis Bericht vom Jahre 1538 über die Schwimmkiinst der Ziiriclier Jugend 53
4(jJ -(örg <»« ^ |l ^acj- «V ^ So», «wojC
Ä«?>
Es ist nicht uninteressant, die
Flußbadeverhältnisse einer einzelnen
Stadt durch mehrere Jahrhunderte
hindurch zu verfolgen. Aus nahe-
liegenden Gründen wähle ich Zürich,
zumal sich für keine andere Stadt
ein größeres Material vorfinden
dürfte.
Nicolaus Wynmann, gebürtig
aus dem Saanetale, hat im Jahre 1538
als Professor der alten Sprachen in
Ingolstadt ein lateinisches Gespräch
veröffentlicht, das den Titel „Colym-
betes sive de arte natandi" trägt und
Jugenderlebnisse des Verfassers in
Zürich schildert iö9. ich gebe es in
der Übersetzung Gustav Freytags
wieder i'^o.
„Pampinus: Da ich noch als
Knabe zu Zürich in Helvetien mich
aufhielt, gingen unser oft zwanzig
bis dreißig Schüler zusammen in das
Schilfwerk am Seeufer.
Erotes: Was wolltet ihr da
machen?
P. : Jener Ort ist ungefähr tausend
Schritte von der Stadt entfernt.
E.: Weiter.
P.: Dort fertigte sich jeder aus dem Schilfe, das in der Seebucht eine bedeutende
Höhe erreicht, ein Bündel, befestigte es um den Leib, so daß er mit vorgestrecktem
Kopf und Hals einer Gans ziemlich ähnlich sah; an das Bündel knüpfte er sein Hemd
— denn die übrigen Kleider ließen wir gewöhnlich zu Hause — und so, von unsern
Rohrbündeln getragen und nur mit den Füßen rudernd, schwammen wir in Reih und
Glied in den See hinaus.
E. : Die Verwegenheit dieser Knaben in einem so tiefen See hätte wohl der Lehrer
mit einer guten Rute züchtigen dürfen.
P.: Draußen im See, vierzig Schritte vom Ufer, war eine sehr große steinerne Bild-
säule des heiligen Nikolaus, die auf einem mächtigen Fels ruhte.
E.: Besser hätte da der heilige Christoph hingepaßt.
P.: Nachdem wir den Heiligen in geordneten Reihen dreimal umschwommen und
Abb. 24. Taucheranziig im 15. Jahrhundert. Papier-
handschrift. Kantonsbibliothelc Zürich.
54 Fortsetzung des Wynmannschen Berichtes
pflichtgemäß gegrüßt hatten, da er doch der Jugend gütiger Schutzpatron ist, kehrten
wir um und steuerten gerade der Stadt zu.
E. : Auf so weitem Wege?
P. : Allerdings. Jeden, der aus der Reihe gewichen wäre, traf die Strafe, daß er zu
Hause sein Pferd (?) verlieren sollte.
E.: Eine schwere Buße.
P. : In geordnetem Zuge schwammen wir unter dem Wassertor der Stadt durch, da;
wo die Limmat aus dem See zu fließen beginnt. Dann stimmten wir ein bekanntes Lied
an und schlenderten fröhlich mitten durch die Stadt nach Hause.
E.: Ich bin ganz erstaunt. Aber wie? Lerntet ihr Knaben alle schwimmen ohne
irgendwelche Hilfe?
P. : Ganz gut.
E. : Woher lernen denn dort die Knaben so geschickt schwimmen?
P. : Du weißt, was gute Lehrer in jeder Kunst ausrichten können und was eine an-
haltende Übung, die beste Lehrmeisterin, vermag; dazu kommt als neuer Reiz ein herr-
licher Fluß und der nahe See. Man möchte behaupten, daß die Kinder die Kunst mit
ihrer Geburt fast spielend erlernen.
E. : Die Kunst der Enten meinst du, nicht der Menschenkinder.
P. : Der Unterricht in dieser Fertigkeit geht gleichsam von einer Hand in die andere.
Kurz, du könntest da, wie das Sprichwort sagt, die echten Schwimmer aus Deios sehen.
Und nicht nur Knaben, sondern auch Mädchen würden dir ein angenehmes Schauspiel
bieten.
E. : Mädchen sagst du ?
P.: Ja freilich. An hellen Sommerabenden, wenn das Wasser durch die Sonne des
Tages erwärmt worden, baden sie scharenweise nach dem Nachtessen; man möchte
glauben, daß Delphine im Wasser spielten.
E. : Es wäre nicht zu verwundern, wenn alle Seegötter und Göttinnen als Schutz-
geister des Ortes da wohnten.
P.: Von den Erwachsenen lernen die Knaben; und es gibt auch hierin gewisse
Lehrer; wie wir von den Delphinen lesen, daß sie ihren Jungen einen bejahrten Meister
anweisen, von dem sie lernen können, was ihnen einst zum schnellen Erhaschen der
Beute von Nutzen sein wird.
E.: Glaubst du, daß dies wahr sei?
P.: Gewiß ist es wahr. Doch ich will zu meinem früheren Gegenstande zurück-
»
kehren. -
E. : Ganz recht.
P. : Vom frischen Bade gehen sie meist bald schlafen ohne Kleider.
E. : Die zärtlichen Asiaten !
P. : Wir sahen so oft Paare gleichsam im Wettstreite weite Strecken hinausschwim-
men, Manns- und Frauenspersonen, ähnlich wie zwei zusammengespannte Rosse.
Fortsetzung des Wynmannsclien Berichtes 55
E.: Was höre ich?
P. : Was ich sage.
E. : Was sagst du, Pampinus?
R: Was du hörst, oder vielmehr, wie es wiri<lich zugeht.
E.: Wie, schämen sich jene nackten Mädchen denn nicht?
P.: Sie tragen Hemden, die hierzu bequem eingerichtet sind.
E.: Ich glaube, daß Mädchen, wenn sie einmal sich die Fertigkeit erworben haben,
in dieser Kunst mehr Gewandtheit zeigen als Männer.
P.: Über den feinen und trefflichen Mann! Glaubst du das wirklich? Wärst du
nicht ein wenig neugierig?
E. : Wenn ich nicht irre, pflegt man wohl unter dem Baden süße Gespräche, wofern
nicht traute Umarmung gestattet ist.
P.: Ja bisweilen wird auch eine Vermählung geschlossen, nicht mit dem Beistand
der Juno, nur der Nereiden.
E. : Nach Art der Frösche! Es sind völlige Amphibien wie in der Fabel.
P. : So etwas siehst du kaum anderswo.
E.: Wer lehrt denn die Enten, Gänse, Wasserhühner und Taucher sogleich schwim-
men, wie sie geboren sind? Denn über die Fische wundere ich mich nicht.
P.: Die Natur.
E. : Aber wie schwimmen sie denn so leicht einher?
P. : Ihre breiten, biegsamen Füße gebrauchen sie ganz bequem wie die unteren Enden
der Ruder. Sie breiten sie aus und falten sie beim Zurückziehen wieder zusammen.
Denn die Federn, welche bei diesen Vögeln nur wenig benetzt werden, mögen in nichts
hindern und eher in die Höhe heben als senken. Ja, du kannst dasselbe an mehreren
Vierfüßern bewundern.
E.: So ist also der Mensch das einzige Geschöpf, das unglücklich und in allen diesen
Dingen unwissend zur Welt kommt?
P. : So will es unser, der Sterblichen, Los. Aber noch mehr würdest du dich wun-
dern, wenn du sähest, wie man sich von hohen Brücken herabstürzt, was auch in Basel
und Konstanz geschieht. Es gibt in Zürich eine schöne Kirche, welche gleich einem
Schiffschnabel hinausgebaut ist und nach dem Wasser genannt wird.
E. : Und weiter!
P.: Ringsum ist dieselbe von Wasser umgeben, außer da, wo auf schmaler Strecke
eine kunstvolle Brücke an die Kirche angebaut ist.
E. : Erzähle weiter.
P.: Dort könntest du im Sommer einen merkwürdigen Wettstreit der jungen Leute
sehen. In diesem Umkreise folgen sie einander schnellen Zuges gegen den äußern Teil
der Kirche hin, wo wie am Vorderteil eines Schiffes die Strömung des Flusses anprallt
und nach beiden Seiten sich teilt.
E. : Und dann?
56 • Fortsetzung des Wynmannschen Berichtes
P. : An dieser Stelle stürzen sie sich in die Tiefe des Flusses und zwar nach der
Reihe. Es ist vom Rate erkannt, daß, wer im Begriffe herabzustürzen, den nächstfolgen-
den nicht beim Namen ruft, oder wer nicht aus der Tiefe irgend ein Zeugnis, z. B. ein
Steinchen oder etwas anderes mit sich heraufbringt, dadurch gestraft werden soll, daß
er mit angezogenem Hemde von anderen herabgeworfen wird.
E.: Eine harte Bestimmung.
P. : Dir, mein Erotes, wäre das wohl unerträglich. Du sähest da zuerst geflügelte
Knaben, dann Forellen, zuletzt Grundein; denn der Fluß ist durchsichtig wie Glas.
E.: Man dürfte sich nicht wundern, wenn sie im Herabstürzen mit dem Kopf gefähr-
lich auf den Grund aufstießen.
P. : Sie werfen sich nieder mit vorgehaltenen Händen.
E.: Warum nicht mit den Füßen voraus?
P.: Willst du das wissen?
E. : Allerdings.
P.: Es ist weniger Gefahr dabei. Denn nicht gering ist die Gefahr, daß, wenn du
mit ausgebreiteten Füßen herabspringst, dich das heftig strömende Wasser mitten
durchschneide, was anderswo öfter begegnet ist.
E.: Du sprichst da von unerhörten Dingen. Etwas so Weiches soll einen Körper
verletzen können?
P. : Vedetzen ? Wisse, das Wasser, welches in seiner Strömung aufgehalten wird, istj
etwas so Gewaltsames, daß, wenn du die Klinge eines Schwertes hineinstoßest, diese
schneller bricht, als ein noch so harter Stein.
E.: Du erzählst von einer wunderbaren Eigenschaft des Elementes.
P. : Wenn ich noch etwas werde beigefügt haben, werde ich von den ZürichernJ
Abschied nehmen, was vielleicht schon früher hätte geschehen sollen.
E.: Sei versichert, daß mir alles, was du erzähltest, sehr angenehm war.
P.: Wir sahen in jenem See einmal einen Schulherrn, der unglücklich aufgefanger
wurde.
E.: Wieso?
P. : Da er allein schwamm, widerfuhr ihm, daß er mit seinen etwas zu tief gestreckter
Füßen in Wasserkräuter sich verwickelte; nachdem er lange vergeblich sich zerarbeite|
hatte, sank er zuletzt müde zusammen. Als einige Fischer dies bemerkt und ihn mifi
Mühe aufgefunden hatten, zogen sie ihn mit einer Stange heraus. Nachdem er ans Ufeii
getragen worden war, wurde er auf Befehl einer abergläubischen alten Frau, nutzlos,]
aus dem kalten in ein warmes Bad getragen.
E.: Eine unangenehme Waschung war das *.
P.: Damit er, denke ich, durch die Wärme, erquickt wie eine Feldgrille wieder neu!
auflebe. Etwas Ähnliches ist daselbst einer Schwimmerin von schöner Gestalt begegnet,|
wie ich mit eigenen Augen gesehen.
* ÖCHSLI übersetzt: Ein trauriges Bad'*'.
ZwingUs und anderer Ansicht über das Schwimmen der Jugend 57
E.: Meinst du eine Wassersciilange?
P.: Nein, sondern ein hübsches Mädchen, eine Nymphe, würdest du sagen.
E.: Warum bist du denn nicht mitleidig der zugrunde Gehenden zu Hilfe ge-
sprungen?
R: Was sollte ich tun, da ich noch Knabe war . . . Das herrlich schöne Mädchen
starb in der ersten Blüte ihrer Jahre eines traurigen Todes*. O hätte doch ein gütiger
Gott sich ihrer Jugend erbarmt und sie demselben entrissen, auch wenn er sie plötzlich
in einen Vogel verwandelt haben würde!
E.: Für eine runzlige Alte oder einen alten Kracher hättest du, das weiß ich sicher,
nicht soviel Mitleid empfunden."
Nicht gerade wohlwollend drückt sich Zwingli über das Schwimmen aus: „Schwim-
men syhe ich wenig leütten dienen wiewol es zuweylen dem ieyb gut ist das man
schwimmet vnd zu ainem visch wirt. Doch ist das schwimmen vnder weylen zu ett-
lichen feilen gutt gewest. Also ist etwa ainer auß dem Capitolio geschwummen der
dem Camillo der Römer obristen Feldthauptman von dem erbermlichen zustandt der
stat Rom botschaft bracht. So ist die edel Römisch Junckfraw Clelia auch wider zu
den jren geschwummen" ^''i. 1525 wurde folgendes Mandat erlassen: „Unser Herren
Bürgermeister und Räte der stadt Zürich gebietend mänklichem der iren, jungen und
alten, daß hinfür niemas mer so man im Sew badet, uf die räder beider bruggen stigen
und darab in Sew springen solle; deßglichen, daß keiner hinfür mer, so er badet, ein
sölich unwesenlich geschrei und brüelen füere, als dann bishar beschechen ist, alles bi
10 s. buoß" 172 Allzulange wurde dieses Verbot nicht befolgt. Der MuRERsche
Stadtplan von 1576, auch ein Glasgemälde von 1Ö61 zeigen das Hinunterspringen von
der Brücke 1^3^ und eine Scheibe im Seidenhofzimmer des Schweizerischen Landes-
museums von 1581 (Abbildung bei Rahn i'?*) stellt den Kopfsprung eines völlig nackten
Knaben vom Wasserrade dar. 1576 sagt der Züricher JosiAS Simler: „Darzu acht ich,
das nit ein volck in der Christenheit funden werde, weliches sich also übe mit schwüm-
men, also daß sy über die großen See, deren vil in dem land sind, auch mächtige vnd
starcke rünnende wasser leychtlich schwümmen, etwan hoch hinab in die wasser
springen" 60. 1586 zerbrach sogar an der unteren Brücke „die Lahne nächst dem
Wasserrad" von der Last des vielen darauf gelegenen Volkes, welches jungen Knaben,
die sich mit Springen und Schwimmen in der Aa (Limmat) ergötzten, zuschaute. Ein
gut Teil davon stürzte ins Wasser i73.
Hundert Jahre später finden wir die Badelust unverändert bestehen. Escher hat uns
1692 in seiner Beschreibung des Zürichsees i'^s eine eingehende Schilderung hinter-
lassen. Das Titelbild zeigt das Treiben auf dem See, darunter einen breiten Kahn, von
dem Stufen ins Wasser hinabführen, und um ihn herum in Badehosen Schwimmende.
„So ist auch nicht eine von den mindesten Ergetzlichkeiten, wann Sommerszeit, in der
großen Hitz, Junge und Alte Leuth in disem See mit schwümmen sich erlaben; ja, es
* Von hier ab nach ÖCHSLI ^^'>.
58 Eschers Bericht vom Jahre 1692 über die Schwimmkunst der Züricher Jugend
gibet wenig Manns-Personen die nicht schwümmen können, ursach, weilen das Wasser
nächst dem Land i<einen Morast noch tieffenen hat, sonder sich nach und nach ver-
tieffet: Derohaiben gibt es solche erfahrne Schwümmer, die sich nichts scheuhen über
den See zuschwümmen, wie dann Hans Heinrich Sutz in dem Meiler-Feld, von da-
selbsten gen Horgen geschwummen, ist drey starke viertheil stund wegs. Ob der Statt
Zürich, da der See eine starke vierthel stund breit, seind sehr viel hinüber geschwum-
men, haben das Gelt in die Bruch gebunden, in dem Wirtshaus bey dem Sternen ge-
truncken, und seind widerum heimgeschwummen. So ist auch bei Mannsgedencken
eine gewüsse Jungfrau hinüber geschwummen.
Es gibet auch deren, die sehr lang under dem Wasser schwümmen, auch sich etliche
Klafter tieff under dasselbige hinab lassen bis an den Boden, und bringen zum Wahr-
zeichen mit sich von dem Boden einen Stein oder Kraut: Dises hatte bey guter Gesell-
schaft zum öftern gethan Herr Hans Caspar Thoman, der Buchbinder.
Wann einer lust hat, wol versuchte und erfahrne Schwümmer zusehen, kan er sich
nur Sonntags nach der Abend-Predig zu Zürich auf der oberen Brügge einfinden, so
wird er die noch gar junge Knaben (deren etliche nicht über acht oder neun Jahr alt)
mit Verwunderung sehen auf dem Wasser hin vnd wider schwümmen, welche bald
liggen als ob sie todt, bald mit einem, bald mit beyden Füßen, auf dem Ruggen liggende,
darein schlagen, daß das Wasser viel über Manns-höhe sprützet, zun zeiten das Wasser,
aufrechtstehende, mit den Füßen tretten, als wann Sie grund hetten, vnd auf dem Boden
einhar giengen, auch andere Posturen vnd Lustbarkeiten mehr machen. Das verweg-
neste aber an disen Knaben ist, daß sie sehr hohe sprüng in das Wasser thun. Es ist
lustig zusehen, wie sie in großer Anzahl ab der Oberen Brügge über Kopf und über
Hals in das Wasser hinunder bürtzlen, und die Statt, mit jauchzen und schreyen, hin-
under schwümmen : Aber, es machet einem die Haar gen Berg stehen, wann man sie
siehet ab dem Helmhaus-Tache ja gar ab dem Rahthaus, ab der Lauben vor der Rath-
stuben, sich in das Wasser stürzen, welches eine entsetzliche höhe von vielen Ruthen
ist. Ich habe selbs einen gesehen, der einen anderen auf dem ruggen getragen, und mit
ihme ab dem oberen Helmhaus in das Wasser gesprungen. Darneben aber seind sie
sehr kunstlich in ihrem springen, indem sie sich kein bedenken machen, auch ab den
höhesten Oertheren in das Wasser zuspringen, darinnen sie dennoch grund haben,
und nicht viel über drey schuhe tieff, da sie sich dann in follem sprung wüssen zu-
wenden, daß sie die Füße so geschwind widerum aus dem Wasser herfür strecken, daß
einer meinen sollte, sie weren nicht einmahl under dem Wasser gewesen ; in disem
dünnen Wasser kommen sie gleichwolen niemahlen auf den Boden : Und aber, so be-
kommen sie der gar hohen Sprüngen halben etwan keine bessere belohnung, als daß
sie in dem Alter um das Gehör kommen."
An anderer Stelle sagt Escher : „Auch gibet es in disem See, manchedey See-
Gewächse, da ich auch des einten und anderen mit wenigem gedenken wil: als namm-
lich : Großer Bintz, (Juncus maximus) ist in die acht Schuhe, und noch höher, eines
Zusammenhang von Schwimmgebräuchen mit dem Urgermanentum 59
Fingers dick, hat innwendig gleich anderem Bintz viel Marck. Die jungen Knaben
binden desselbigen in dem Sommer viel zusammen, legen sich darauf, und lehrnen also
schwümmen; Etwann flechten sie zum Lust eine große Bürde zusammen mit dünnen
Stricken, biegen denseibigen, machen ihme einen aufgerichteten Hals, formieren ihn
wie einen Schwanen, binden ihme an den Schnabal einen Zaum; ein theil der Knaben
setzen sich alsdann darauf, fahren darvon, und führen selbigen mitsich in die Statt
hinein, der Lindmat nach hinab bis in den Schützen-Platz; andere schwümmen selbigem
nach, setzen sich bald darauf, springen wieder darab in das Wasser, und ergetzen sich
darmit mit Jauchzen und frolocken."
Dem zuletzt geschilderten Brauche hat Runge '^s einen mythologischen Hintergrund
gegeben.
In anderen Schweizer Orten, in Glarus am Fridolinstag (6. März), in Winterthur am
Fastnachtssonntage wurden früher kleine Schiffe und Holztröge geteert, bewimpelt,
nachts mit brennenden Kerzen besteckt, die man die Bäche hinabschwimmen ließ, und
noch früher wurden in den bayrischen Donaugegenden Kähne mit Feuer auf den
eisernen Mastkörben auf Rollen durch die Ortschaften gezogen ''^s. Schon Tacitus
spricht von dem Wagen der Isis in Germanien, der den Sterblichen Friede und Frucht-
barkeit verleiht. Auch etwa um 1133 wurde in einem Wald bei Jnda in Ripuarien ein
Schiff gezimmert, mit Rädern versehen und durch vorgespannte Menschen nach Aachen,
dann nach Mastricht und weiter im Land herum gezogen, überall unter großem Zulauf
und Geleite des Volkes. Wo es anhielt, war Freudengeschrei, Jubelgesang um das
Schiff herum bis in die späte Nacht. Die Ankunft des Schiffes sagte man den Städten
an, welche ihre Tore öffneten und ihm entgegengingen i^.
Alle diese Gebräuche stellen einen feierlichen Einzug des Frühlingswassers dar, und
Runge glaubt in dem Binsenschwan eine Darstellung des fließenden Elementes zu
sehen, das von der Jugend in die Stadt geleitet, aber nicht hinaus geleitet wurde, weil
die Knaben nur bis zum Schützenplatz, der Stadtgrenze, schwammen. Man könnte in
der Schilderung Wynmanns Ähnliches vermuten. Auch er schwamm mit seinen Ge-
nossen in die Stadt und zwar von der St. Nikolaussäule, der Stadtgrenze aus, wo man
demnach das Frühlingswasser empfing. Doch schildern sowohl Wynmann als Escher
die Bräuche als allgemeine Vergnügungen und erwähnen nichts von einem bestimmten
Tage. Runge sagt allerdings, daß der Überbringer des Binsenschwans von der Obrigkeit
einen Trunk erhielt. Auch anderorts wurde der erste Melder von Frühlingsboten be-
lohnt, bekannt ist dies vom Turmwächter (z. B. in Bern), der noch im 18. Jahrhundert den
ersten eintreffenden Storch anzublasen hatte und dafür einen Ehrentrunk aus dem Rats-
keller erhielt 34. Doch habe ich nirgends eine Quelle gefunden, die von einer obrigkeit-
lichen Belohnung spricht, welche dem Überbringer des Binsenschwans zuteil wurde.
Im 18. Jahrhundert haben wir auch in Zürich die anderorts üblichen Klagen. Murer,
ein Lehrer an der Realschule, gedenkt 1785 mit Wehmut der Väter Erzählungen und
seiner eigenen Jugendzeit. „Reitzend war uns das Baden und Schwimmen im See und
60 Rückgang des Badens im Freien
in der Sihl." Jagen und Schlittschuhlaufen ausgenommen soll der Geschmack der Zeit
die Vergnügungen der Jugend als pöbelhaft, niedrig und kindisch verboten und sie bis
auf armselige Überreste ausgerottet haben i^ß. Zehn Jahre früher hatten die Gebrüder
Stolberq durch nacktes Baden am Tage in einem Teiche bei Darmstadt solchen Skan-
dal erregt, daß Goethe beschloß, die Abreise zu beschleunigen. Er nennt im Anschluß
daran das Baden im Freien unter offenem Himmel eine der damaligen Verrücktheiten,
die aus dem Begriff entstanden, man müsse sich in einen Naturzustand zu versetzen
suchen. Wollten dergleichen Naturübungen in Deutschland Goethe nicht gut zu den
modernen Sitten paßlich erscheinen, so konnte auch er in der Schweiz „beim Anblick und
Feuchtgefühl des rinnenden, laufenden, stürzenden, nach und nach zum See sich aus-
breitenden Gewässers" der Versuchung nicht widerstehen. „Ich selbst will nicht leug-
nen", schreibt er in Wahrheit und Dichtung, „daß ich mich im klaren See zu baden mit
meinen Gesellen vereinte, und, wie es schien, weit genug von allen menschlichen
Blicken. Nackte Körper jedoch leuchten weit, und wer es auch mochte gesehen haben,
nahm Ärgernis daran." Den Gebrüdern Stolberg legten Freunde nahe, sich etwas
weniger oft nackt wie heidnische Gottheiten sehen zu lassen. Da zogen sie in den
Sihlwald hinauf und badeten dort. „Dies geschah freilich nicht ohne Geschrei, nicht
ohne ein wildes, teils von der Kühlung, teils von dem Behagen aufgeregtes Lustjauchzen,
wodurch sie diese düster bewaldeten Felsen zur idyllischen Scene einzuweihen den Be-
griff hatten." Dafür mußten sie von unbekannter Hand Steinwurf auf Steinwurf über
sich ergehen lassen. Ihr „wildes, unbändiges, unchristliches, ja heidnisches Naturell"
führte schließlich auch hier in der „gesitteten, wohlgeregelten Gegend" zu einem Skan-
dale, daß La VATER, bei dem sie zu Gaste waren, sie abschob, um Unannehmlichkeiten
zu entgehen, noch ehe Goethe aus der Innenschweiz zurückgekehrt war.
17Q6 brachte die Gesellschaft (der Chirurgen) auf dem schwarzen Garten in ihrem
für Kinder bestimmten Neujahrsstücke eine Abhandlung über Baden und Schwimmen
und im Jahr darauf eine über Rettung Ertrunkener i'^'?. Sie spricht von der immer weich-
licher und zärtlicher werdenden Erziehungsart, infolge deren viele Kinder beinahe nicht
wüßten, was es heiße, sich im kalten Wasser zu baden. Dafür würden allenfalls warme
Bäder benutzt, weil keine Gefahr dabei vorhanden sei. Auch hören wir hier wieder
den Gebrauch der Väter gerühmt, die ehemals von der unteren Brücke in die Limmat
gesprungen und bis zum Spitz (Zusammenfluß von Sihl und Limmat) geschwommen
seien, ja den See durchquert hätten.
Diese Klagen sind entschieden übertrieben; denn 1789 weiß das Journal des Luxus
und der Moden aus Zürich zu melden, daß man zur körperlichen Ausbildung der Jugend
ein Kadettenkorps gebildet habe, in dem neben anderem auch das Bad im See und in
den Flüssen unter Aufsicht geübt werde ißs.
1804 erfahren wir von Diethelm Lavater, dem Bruder des Physiognomikers Johann
Caspar, daß auch Frauen badeten, aber aus wohlverstandener Delikatesse nicht an
den öffentlichen Plätzen und nur abends. Im selben Jahre schlug die Regierung
Wiedereinführung des Badens im Freien / Baden im Stadtbrunnen 61
einen Ort an der Kohlschanze und einen in der Sihlwiese als Badeplätze vor.
Lavater fügte einen dritten im See an der St. Nikolaussäule (also den alten, schon von
Wynmann und Escher genannten) hinzu, weil dort der Grund sich langsam senke,
mit flachen Steinen besetzt sei und rechts und links keine Abgründe vorhanden w^ären.
Das Ideal sieht er der alten Leute und Frauen wegen in Badeanstalten, doch schränkt
er schließlich sein Verlangen auf mit Pfählen umg.ebene Badeplätze ein, bei denen ein
Aufseher angestellt ist, der Schwimmunterricht erteilt i^s
Auf Betreiben des Arztes und Chorherrn Johann Heinrich Rahn (1749—1812)
wurde wenigstens das Sihlbad errichtet i'^ö. Dieses war für Knaben und Mädchen
bestimmt, auch das an der Kohlschanze, das man kurz danach angelegt zu haben
scheint. Beide hatten einen Aufseher iso.
In seinen Erinnerungen schreibt Kölliker (geb. 1817), er und sein Bruder hätten im
Sommer die meiste Zeit mit Baden und Schwimmen, Indianer- und Ritterspielen zuge-
bracht isi. Sie werden sich an die Badeplätze wohl kaum gehalten haben, was auch
andere alte Leute von sich berichten. 1837 ließ die Stadt in der Nähe der Bauschanze
am Ausfluß des Sees eine Badehütte für das weibliche Geschlecht mit einem Kostenauf-
wande von tausend Gulden errichten. Da immer noch viel an ungeeigneten Stellen im
See gebadet wurde und Unfälle vorkamen, traf man 1839 auch dort eine Einrichtung für
Männer, die aus zwei Abteilungen bestand, einer für Schwimmer der Bauschanze gegen-
über, die 1840 in eine ordentliche Badehütte umgewandelt wurde, und einer für Nicht-
schwimmer etwas seitwärts davon mit einer Badehütte. Neben derselben errichtete
man eine Abteilung für Knaben. Die beiden letzteren wurden mit Pfahlwerk um-
schlossen. Jede Abteilung hatte ihren Aufseher. Wer in den Vormittagsstunden badete,
bezahlte eine kleine Gebühr iso. i843 wurde die Frauenbadeanstalt an die Bauschanze
neben die der Männer verlegt, 1844 eine neue Badeanstalt für Knaben und neben der-
selben auch eine Vorrichtung für ein Männerbad am Hafen errichtet, die 1847 erweitert
wurde 245.
Vom Jahre 1858 berichten die Züricher Merkwürdigkeiten : „Die neuen Badeanstalten
im See kosten der Stadt 50000 Franken" 182.
Zum Schluß muß ich einer etwas sonderbaren Abkühlung von des Tages Hitze ge-
denken. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts badeten in Zürich Dienstmägde und andere
nicht gerade scheue Dirnen nachts in den laufenden Brunnen, und als ein Verbot des
Rates kein Gehör fand, wurden sie von jungen Männern auseinandergejagt, die leben-
dige Katzen unter sie in das Brunnenbecken warfen, wobei der Rat gern die Augen zu-
drückte 124 Derartige Ungezogenheiten kamen übrigens auch an anderen Orten vor.
In Freiberg in Sachsen wurden zwei Männer im 15. Jahrhundert „verzellt" (aus der Stadt
gewiesen), weil sie nächtlich Unfug und Geschrei getrieben und in den Brunnen ge-
badet hatten i83
Im engsten Zusammenhang mit der Einführung der kalten Bäder in Deutschland
steht die Errichtung von Seebadeanstalten. England war vorbildlich.
62
Errichtung der ersten deutschen Seebadeanstalt
Abb. 25. Die erste deutsche Seebadeanstalt zu Doberan in Mecklenburg. Kpfr. aus: Samuel
OoTTLiEB Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Stendal 1794.
1785 machte ein Prediger Janus auf der Insel Juist bei Norderney dem ostfriesischen
Medizinali<oilegium Vorschläge zur Errichtung eines Seebades in der Nordsee, die aber
unbeachtet blieben. Als Lichtenberg von einer seiner Englandreisen, auf der er die
Bäder Margate und Deal gebraucht hatte, nach Deutschland zurückkehrte, trat er in
seinem Göttinger Taschenkalender 17Q3 für die Errichtung derartiger Bäder in der Nord-
see ein und forderte Woltmann auf, sein Gutachten abzugeben, ob Kuxhafen der ge«
eignete Ort dafür sei. Woltmann verneinte. Er meinte, die friedlichere Ostsee schicke
sich besser dazu^^. Auch Marcard stand (1793) dem Plane pessimistisch gegenüber,
„weil unseren Küsten die für die englischen Bäder so wichtige Wärme des atlantischen
Ozeans (des Golfstroms) entbehrten, auch kein langsam abfallender Sandgrund vor-
handen sei, um die Karren hinauszufahren" ißo. Hufeland und Metzger wiederholten
Lichtenbergs Aufruf 97 im folgenden Jahre kündigte der Rostocker Professor Vogel
das erste deutsche Seebad in der Ostsee bei Doberan an, das er im Auftrag und mit Hilfe
des Herzogs Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin zustande brachte i84 £§
bestand aus einem großen Gebäude (Abb. 25) am Ufer mit elf Bädern, die kalt und warm
benutzt werden konnten. Die warmen Seewasserbäder hatte Bromfield zu Harwich in
England eingeführt. Es gab auch Einrichtungen dazu in Margate, Brighthelmstone und
anderen Orten. Doberan hatte auch Tropf-, Spritz- und Dunstbäder. Außerdem lagen
auf der See einige Badeboote, die mit einsenkbaren Kästen zum Baden versehen waren.
Sie konnten an beliebige Stellen in die See geführt werden (Abb. 26). Bei stürmischem
Wetter war aber ihre Benutzung nicht möglich, weil die Badenden seekrank wurden. 1 799
waren für diejenigen, welche in der offenen See baden wollten, kleine Schilderhäuser
zum Auskleiden am Ufer errichtet und Brücken in die See hinaus gebaut i65. 1797 er-
stand das erste Nordseebad auf der Insel Norderney 97. Eine hohe Stange und zwei Buden
für die den englischen Karren nachgebildeten Badekutschen bezeichneten die für Frauen
Die späteren deutschen Seebäder
63
und Männer getrennten Badeplätze 1 65. Andere folgten, 1800 Travemünde, 1802 Col-
berg in Preußisch-Pommern, wozu der König von Preußen zweihunderttausend Taler
stiftete, 1804 Wangeroog, 1813 Apenrade, 1815 Rügenwalde, 1816 Puttbus auf Rügen,
1818 Scheveningen, 1819 Wyk auf Föhr, 1821 Zoppot bei Danzig, 1822 Kiel, 1825
Swinemünde, 1826 Helgoland 9'?.
Die Seebäder kamen sehr schnell in Mode, zumal sich die Aristokratie ihrer bald
bemächtigte. Stehende Pharaobänke, tägliche Bälle, große Tees und eti ketten maß ige
splendide Zirkel blieben nicht aus^ss^ und damit waren sie in die Reihe der Kurorte
und auch der Luxusbäder aufgenommen.
Abb. 26. Badeboot der Seebadeanstalt zu Doberan. Kpfr. aus:
Samuel Gottlieb Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der
Seebäder. Stendal 1794.
DIE EHEHAFTEN BADESTUBEN / UND DAS BADER-
GEWERBE
1
it der Ausbildung von Stadt und Dorf traten neben privaten Bade-
stuben öffentliche auf. Sie wurden von einem Bader und dessen
Angestellten gewerbsmäßig betrieben, während vorher ein Bader-
beruf nicht bestand. Wie wir sahen, besorgte in St. Gallen ein
Mann von der Hausdienerschaft die Bäder. Ludwig der Fromme
wurde dort von einem Knecht des Klosters, dem Glaser Stracholf,
bedientes. A
Von Anfang ihres Bestehens an waren die meisten öffentlichen (gemeinen) Bade- »
Stuben gleich Schmieden, Mühlen, Bäckereien, Fleischereien, Wirtshäusern ehehafte, nach
heutigem Sprachgebrauche privilegierte, wie es zu unserer Zeit noch die Apotheken in
Deutschland sind. Die Errichtung von Badestuben hing also von der behördlichen Ge-
nehmigung ab. Die Folge war ihre Einschränkung auf eine bestimmte Anzahl. Kaiser
Ludwig befahl 1346, daß niemand in der Vorstadt zu Regensburg eine Badestube baue,
da solches dem Spital Schaden bringen könnte an seiner Badestube, welche es von alter
Zeit her habe 1*4 Als 1425 die Badestube in Winterthur aus Privatbesitz an die Stadt
überging, übergab der Inhaber vier Freiheitsbriefe, zwei von Herzog Albrecht in den Jahren
1349 und 1387, einen dritten von Herzog Leopold und einen vierten von Herzog Friedrich
von Österreich ausgestellt. In allen vier Briefen wurde bei achtzig Mark Silber verboten,
eine andere Badestube weder in der Stadt Winterthur, noch in ihrem Friedkreise zu
bauen und zu haben. Als 1437 die Badestube von den Erben des früheren Besitzers
zurückgekauft wurde, forderte Herzog Albrecht von Österreich in einem neuen Freiheits-
briefe seinen Landvogt Hans den Geßler, den Schultheißen und Rat und die Bürger der
Stadt auf, die alten erteilten Rechte zu wahren 57. Kaiser Friedrich III. gab (1460?) der
Stadt Schwäbisch Hall das Privilegium, daß ferner niemand „in der gemeldten Stadt Hall
Landwehr, noch auf unsern und des Reiches Grenzen und Gütern, darin gelegen, keine
Badstuben, Tafern, Wirthschaft errichte", was von Kaiser Maximilian II. 1567 bestätigt
wurde lö. Unter die Privilegien, welche die von Johannes Oltinger 1343 in der Stadt
Baden im Aargau gekaufte Badestube vom Rat besaß, gehörte auch, daß zu Baden in
dem Gerichte keine andere Badestube sein sollte isß. Jedoch wurde hin und wieder das
Gesetz umgangen. 1594 mußte Kaiser Rudolf II. auf Beschwerde der Landstände hin
das Errichten neuer Bäder ohne Erlaubnis der Obrigkeit wegen Beeinträchtigung der
Einschränkung der Badestuben auf eine bestimmte Anzahl 65
bereits bestehenden ehehaften untersagen i6. Die Landesordnung des Herzogs Georg
von Bayern vom Jahre 14Q1 gebot, „item einen yeden — bey jren eetafern vnd ander
eehafte — beleiben zu lassen, wo auch new tafern, schenktest schmid vnd peder — die
von alter nit gewesen — die sollen abgestellt" werden 10. Als 1525 die Thurgauer die
Errichtung von Ehehaften, darunter der Badestuben, frei haben wollten, lautete die Ant-
wort ihrer Herren, der Eidgenossen : „Ohne Einwilligung der Gerichtsherrn dürfen keine
Ehehaften errichtet werden", und diese wurde 1532 und 1668 wiederholt. 1593 verord-
nete die Tagsatzung sogar, daß in Zukunft nicht einmal der Landvogt Befugnis haben
solle, ohne Bewilligung der Orte Bauten von Ehehaften zu erlauben i87. Zu Zürich
waren unter der Regierung des Bürgermeisters Waldmann etliche Öltrotten und Bade-
stuben auf der Landschaft abgetan worden. Die Unzufriedenheit des Landvolkes über
diese „Neuerung und Beschwerd" führte neben anderem zum Aufstande von 1489, der
erst mit dem Fallen von Waldmanns Haupt sein Ende fand. Auf die Beschwerde der
Seeleute und anderer Landesteile antworteten die sieben eidgenössischen Orte, welche die
Regelung der Angelegenheit in die Hand genommen hatten: „Wegen der Öltrotten und
Badstuben möge sin, min Herren haben etlich so newiich und jn einer zai jaren her ge-
machet syen, heißen abtun, als das billich sei. Nichts desto weniger sollen die früher
gebauten bestehen, doch keine neuen errichtet werden ohne Wissen und Willen der
Herrn Räth und Bürgermeister"*. 1471 wurden zu Luzern alle Badestuben, die inner-
halb einer Meile Wegs um die Stadt auf ihrem Gebiete lagen, aufgehoben, nur die zu Ruß-
wyl (Mineralbad) blieb bestehen. Die, welche weiter von der Stadt entfernt waren, ließ
man zu, doch sollten nirgends neue errichtet werden isQ.
Badestuben und Badestubengerechtigkeit (beide sollten voneinander gehalten werden,
was nicht immer möglich ist) verlieh als Erblehen, seltener auf Lebenszeit, oder ver-
kaufte der Landesherr an Einzelne oder an Gemeindekörperschaften. Politisch selbstän-
dige Städte verfügten ebenso, auch in der ihr Untertanen Landschaft. So wurden 1244
in einer Verleihung an Kloster Marienzeil ausdrücklich unter anderen Liegenschaften
auch Bäder genannt 16. Zappert führt aus den Jahren 1252 bis 1295 mehrere Beispiele
aus Schlesien und Böhmen an, in denen die Herzoge bezw. Könige mit der Vogtei-
gerichtsbarkeit Badestuben verliehen. In Zürich wurde im 14. und 15. Jahrhundert ein
Teil der Badestuben von der Gerichtsherrin, der Äbtissin zum Fraumünster, zum Erb-
lehen gegeben i73. Ein Erkenntnis des Landmarschalls Grafen von Hardek sprach
1406 dem Bistum Passau das Recht des Stiftens und „Storens" in einer Badestube zu
Nußdorf zu 144 Von einigen Badestuben in Schlesien und Böhmen wird angegeben,
daß sie dem Grundherren dafür nicht zu zinsen hatten. Dagegen mußte die Stadt
Marienburg 1380 für Überlassung der Ehehaften, darunter der „Badstobin" dem Hoch-
meister einen jährlich zu zahlenden Zins entrichten 16 Als Ausnahmefall muß die Ver-
leihung der Badestube zu Germersheim (1427) als Erblehen ohne jeden Zins an den
* Mitteilung von Herrn Professor Dändliker in Zürich. Siehe auch dessen Aufsatz im Züricher
Taschenbuch 'ss.
Martin, Badewesen 5
66 Verleihung und Kauf von Badstubengerechtigkeiten
Barbier Ehrhard durch den Pfalzgrafen Ludwig III. betrachtet werden. Ehrhard hatte
aber auch die Magd der Pfalzgräfin zur Frau genommen 6i. In der Regel hatten die
Bader, wenn sie vom Landesfürsten direkt mit der Badestube belehnt wurden, einen
jährlichen Zins zu entrichten, mußten sich verpflichten, die Badestube in gutem bau-
lichen Zustande zu erhalten und die Gäste zur Zufriedenheit zu bedienen. So erhielt
der Scherer von Kuppenheim 1484 vom Markgrafen Christoph zu Baden die Badestube
zum Erblehen, das ihm aber bei Nichtbezahlung des Zinses und Vernachlässigung des
Hauses entzogen werden konnte. Bei schlechter Bedienung der Gäste durfte durch
den Markgrafen eine zweite Badestube errichtet werden. Und Markgraf Christoph nahm
es ernst damit. Die Badestube zu Iffetzheim bei Rastatt ließ er, weil es unordentlich
darin zugegangen war, aufheben. 1487 verlieh er sie der Stadt wieder probeweise auf
sechs Jahre, 1493 wieder auf dieselbe Zeit 6'.
Kauften Städte in ihrem Gebiet liegende Badestuben von Privaten oder dem Landes-
fürsten, so wurden sie ihnen außerdem als Erblehen gegen Zins verliehen, so zu Rastatt
1473 und Bruchsal 1430 61, Beweis genug, daß die Verleihung durch den Landesherrn
oft nur die Badestubengerechtigkeit betraf. Auch der Scherer zu Liebenzell, der die
dortige Badestube kaufte, erhielt, wie ausnahmsweise angegeben wird, 1498 die Bade-
stubengerechtigkeit gegen einen jährlichen Zins zum Erblehen. Dies Erblehen war
nur mit Wissen und Erlaubnis des Markgrafen verpfänd- und verkaufbar öi. Die Rechte
der Städte über die in ihrem Gebiet gelegenen Badestuben waren also sehr verschieden.
Da behielt sich der Landesherr die Belehnung vor, dort erhielten sie von diesem freies]
Verfügungsrecht, andere mußten dafür zinsen, wieder andere waren ganz selbständig!
z. B. Zürich nach Erlöschen der Vorrechte der Äbtissin vom Fraumünster und aucl
Winterthur, das mit Aufhören der österreichischen Herrschaft die erwähnten Freiheitsi
briefe der einen Badestube stürzte und 1470 eine zweite errichtete.
Die Badestube selbst war entweder Eigentum des Landesherrn und wurde von
diesem an Bader oder Gemeinden verliehen, oder die Gemeinden besaßen sie, manchmal
nur vorübergehend und auch nicht sämtliche, zum Eigentum, wie Halle i90^ Berlin i9i^
Hildesheim 52 Hannover 1352192 Ulm 1388 50, Riga im 13. und 14. Jahrhundert i93,
und verliehen sie an Bader, oder die Bader waren selbst Eigentümer. Nur ausnahms-
weise war der Bader von der Gemeinde angestellt. Als 1494 die Chorherrn des St.
Markuskugelhauses zu Butzbach in Hessen den Besuch ihrer Badestube dem Publikum
nicht mehr gestatten wollten, kaufte diese der Rat gegen jährlichen Zins und verwaltete
sie selbst. Badeknechte und Badmaide wurden aus der Stadtkasse bezahlt. 151 1 wurde
sie aber an einen Bader verpachtet i94 Ende des 14. Jahrhunderts war der Bader zu
Heiligenkreuz wie der Feldhüter Gemeindediener i6
Manche Städte gaben die Badestuben zum Erblehen, und hier scheint es sich nicht
nur um die Badestubengerechtigkeit, sondern um die Badestube selbst zu handeln.
1517 gab Winterthur seine untere Badestube „mit Hus, Hoffreity, Schuten und allen
Rächten, Nutzen und Zugehörden" Hans Kreis und seinen Erben „zu einem
I
Verleihung und Kauf von Badstuben 67
rechten Erbgute, nach Erblechens Rächt". Auch hier hatte der Bader das Grundstück
„in guten Eren und wäsentlichen Buwe, suber und unverwüstlich" auf eigene Kosten
zu erhalten 57. Bei Verleihung auf kürzere Zeit übernahm jedoch die Stadt die Instand-
haltung des Gebäudes. Als 1512 zu Baden in der Schweiz der Rat die Badestube auf
zwei Jahre verlieh, hatte der Scherer nur, „so etwas fensterwercks brechen würde", auf
seine Kosten machen zu lassen 32. Bei Verpachtung der oberen Badestube zu Winter-
thur auf ein Jahr (1514) übernahm der Rat die Sorge für das „Gmürwerckh", auch die
Reinigung des Brunnens 57.
Auch Klöster gaben und nahmen Badestuben zum Lehen, kauften und verkauften
sie, zuweilen wurden sie ihnen geschenkt. 1288 übergab Konrad von Kürenberg laut
einer Urkunde die Badestube an derPegnitz in Nürnberg dem Franziskaner-Kloster '^5;
die zur Ebersburg in Würzburg war 1318 Lehen des Stifts Sand Johans zu Haug. In
Zürich hatte das Kloster Einsiedeln schon vor 1303 eine Badestube von der Äbtissin
zum Fraumünster als Lehen 247. 1386 kaufte das Kloster St. Nikolaus zu Passau eine
Badestube aus Privatbesitz, 1417 das Stift zum neuen Münster eine in Würzburg 1+4
Das Ziegelstube genannte Bad in Leipzig schenkte 1301 Johannes Auriga, Bürger da-
selbst, „von Liebe geleitet wegen der Belohnung durch Gott, zum Lobe Gottes und zu
Ehren seiner Mutter Maria, der glorreichen Jungfrau und des heiligen Apostels Thomas"
der Kirche des heiligen Thomas und dem Kolleg der Regularkanoniker, die Gott daselbst
unter Beobachtung der Regel St. Augustins dienten, zum erblichen Besitzlos. 1337
schenkte Bischof Leopold von Bamberg die an dem Steinbrunn gelegene Badestube der
Domkirche 197.
Das Martinsstift zu Bingen verlieh 1435 seine Badestube dem Meister Peter von
Ingelheim i^t. wje oben erwähnt wurde, ging die Badestube der Chorherrn zu Butz-
bach in Hessen 1494 an die Stadt über. Sie war eine Stiftung des Grafen Philipp VIL
von Falkenstein (gest. 1410) an das Markusstift und gehörte somit der Markuskirche.
Deshalb mußte beim Verkauf an die Stadt die Zustimmung des Papstes eingeholt
werden, die auch nicht verweigert wurde iH
Als Seltenheit soll der Kauf einer Badestube zu Pfaffenhofen im Jahre 1428 durch
Herzog Albrecht in Bayern von dem Bürger Heinrich Pader angeführt werden '44 Nach
der Konstanzer Chronik heiratete Herzog Ernsts Sohn, Herzog Albrecht von Bayern,
eines Baders Tochter von Augsburg 129^ was vielleicht mit jenem Kauf im Zusammen-
hange steht.
In älteren Zeiten wurde der Zins nicht nur in barem Gelde, sondern auch in Natu-
ralien verabreicht. Zu Philippsburg hatte der Bader 1430 außer 10 ß einen Kapaun, zu
Zellingen bei Würzburg 1332 „2 pfuntpfenning und vier vasnaht hünre" zu geben 61. 1296
gab die Badestube zu Zizersdorf neben Geld zu Weihnachten „zehen hvener" '6 In Böb-
lingen (vor 1554) bekam die Herrschaft jährlich zwei Pfund Heller und vier Gänse; dem
„Heyligen" mußte außerdem ein Pfund Heller gegeben werden '^s. Beim Verkaufe der
Gerechtigkeit über die Badestube der Stadt Schwarzach vom Kloster Münster-Schwarzach
68 Die Bader als Löschmannschaft beim Feuer
an das Stift Würzburg im Jahre 1531 wurden als jährlicher Zins „zwee Schilling pfenning
und zwey Vaßnachtshuner Martini" festgesetzt. Vom Dorfe Wettrungen verlangte der
Bischof Konrad von Würzburg 1535 nichts weiter als ein Fastnachtshuhn jährlich für
die bischöfliche Kellerei als Abgabe der neu errichteten Badestube iH
Mit Übernahme der Badestubengerechtigkeit ging der Bader gewisse Verpflich-
tungen ein. Er war gehalten, die Badestube an vorgeschriebenen Tagen zu heizen, eine
bestimmte Anzahl Personal zu haben, das nötige Inventar zu beschaffen und die ihm
für seine einzelnen Tätigkeiten vorgeschriebenen Preise innezuhalten. Dafür erhielt er
in älteren Zeiten die Erlaubnis, für Bau und Heizzwecke ohne Entgelt Holz zu fällen.
In Bern durften die Bader im 16. Jahrhundert Eichen für die Badkästen im Walde
schlagen 199.
Eine besondere Vergünstigung hatte der Inhaber der eben erwähnten Badestube im
Dorfe Wettrungen. Er war frei von Fronen und anderen Beschwerden, aber nur so-
lange die Badestube im Besitz der Gemeinde blieb. Nach einem etwaigen Verkaufe
sollte er wie jeder andere Untertan gehalten werden. In Augsburg waren Bader, Bart-
scherer und Chirurgen schon 1347 von allen öffentlichen Leistungen befreit, damit sie
Tag und Nacht ihrer Kunst unverdrossen obliegen konnten, wie die Begründung des
Magistratsbeschlusses lautet iH Auch in Hildesheim waren sie im 15. Jahrhundert frei
von Abgaben 52
Die Bader hatten auch Verpflichtungen außerhalb der Badestube. Der Rat von
Regensburg gebot im 14. Jahrhundert, „daz alle padar, die hie sint, senden zu dem fevr
ie von den padstuben Ein schaf, da zwen knecht wazzer inne zue tragent an einer^
Stangen". Jede neue Füllung wurde mit einem Pfennig bezahlt 200. im 13. und 14. Jahr-
hundert mußte in Nürnberg jeder Bader einen ganzen Zuber, der „unzerlechent" seij
halten und ihn zum Feuer bringen 201. Es handelt sich in beiden Fällen um das Her-j
beischaffen von Wasser in großen Badewannen, was in manchen Städten anderen!
Handwerkern, z. B. den Brauern, in entsprechenden Gefäßen zur Pflicht gemacht wurde.!
Die Bader hatten dann nur für kleinere Handgefäße zum Begießen des Feuers zu sorgen.j
In Nürnberg mußten sie und ihr Gesinde mit den Schaffen herbeieilen. Jeder beteiligte!
Meister erhielt zwölf, ein Badknecht sechs Pfennig 201. Görlitz verlangte ca. 1434 diej
Eimer 202^ München 1347 die „scheffelein". Was davon beim Feuer verloren ging, wurde
aus der Stadtkammer ersetzt 203 Ähnliche Verordnungen hatten Prag, Danzig 1455161
Würzburg im 15. und 16. Jahrhundert i44 Zittau im 16., Speier 1608 und Roten-I
bürg 16. In Würzburg wurde im 16. Jahrhundert auch die Beteiligung des weiblichen]
Badepersonals gefordert iH Wien stellte aber 1534 jedem Bader zehn lederne Eimer.
163Q und 1688 hatten sie selbst jeder vier Eimer und ihre „Ganter" stets voll Wasser!
zu halten. Die Feuerordnung der Stadt Zwickau vom Jahre 1530 verpflichtete BaderJ
und Badergesellen, „die wasser gerinne auff den pflastern mit mist oder stro zuzuschüt^
ten" 16.
Zu Ulm hatten die Bader nach einer Ordnung, die von 1379 — 1538 in Kraft war, dieJ
Nebenberufe der Bader 59
Leichen (wohl in der Hauptsache die Leichenwäsche) zu besorgen. Bei Strafe von
sechs Hellern mußten sie der Aufforderung dazu Folge leisten. Die Frau war jedoch nicht
verpflichtet, wenn der Mann schon über Land war, einem anderweitigen Rufe vom Land
aus Folge zu leisten und ebenso umgekehrt auch der Mann hicht so.
Nach Rechnungen des Chorherrnstiftes zu Klosterneuburg aus dem Anfang des
15. Jahrhunderts hatten die Bader und Badknechte nicht nur Badeöfen zu setzen, abzu-
brechen und zu reinigen, sondern auch andere Öfen i6. Daraus erklärt sich, daß die Bader
in Bamberg 1488 und in Altenburg 1490 als Schornsteinfeger* fungierten s-i. Für ihr
Hineinpfuschen ins Glaserhandwerk weiß ich keinen Grund anzugeben. Zu Frankfurt am
Main 127 und 1531 in Freiburg im Breisgau 216 vvurde ihnen nach alter Gewohnheit
Glaswerk zu machen weiter erlaubt, doch neue und große Arbeit verboten. Auch nach
einer Speierer Zunftordnung von 1553 „mögen sie wie die Scherer schlechte Bauern
fenster mit Viertheile, vnd Waldtglaß machen, vnd ein zerbrochen scheyb oder rautten
wider einsetzen" 204.
Näher standen den Badern andere Berufe, die sie nebenher ausübten. In Reutlingen
hatten sie das Recht Seife zu machen 205 ; vielleicht kommt dabei in Betracht, daß sie
mit den Metzgern zu einer Zunft gehörten. In Speier reinigten sie 1553 die Brunnen
der Stadt 204 und nach Tuchers Haushaltungsbuch (1507 — 17) auch in Nürnberg 206
1505 mußten daselbst die Badknechte einen Ertrunkenen aus dem Brunnen holen 207.
In Zürich war den Badern und Scherern das Schleifen der eigenen Messer und Scheren
gestattet, doch besorgten sie das Schleifen auch für andere, was zu Klagen Anlaß gab.
1525 wurde auf Beschwerde der Schmiede einem Scherer das Schleifen auf der Brücke
(wo der Markt stattfand) verboten, doch in seinem „gaden" erlaubt. 152Q wollten die
Schmiede das Schleifen des großen und schweren Geschirrs** durch Scherer und
Bader abgestellt wissen und ihnen nur Messer und Scheren überlassen. Doch wurde
nach der Scherer und Bader Antwort erkannt, daß Schleifen sowohl gemein sei, also,
daß einer den Schleifern, Scherern oder Badern sein Geschirr zu schleifen geben möge,
wie es ihm beliebe. Doch sollten die Schleifsteine, die vor die Häuser gesetzt wurden,
eine bestimmte Größe nicht übersteigen, auch durfte nur ins Haus gebrachtes Geschirr
geschliffen werden 209. in St. Gallen war 1488 Scherern und Badern auch das Schleifen
der eigenen Messer nicht gestattet i^. Es ist anzunehmen, daß die Bader die aus Stroh
geflochtenen Badehüte überall selbst anfertigten. Aber auch andere „ströen vnd ge-
flochtene hüett zumachen, zukauffen vnd wider zuuerkaufen", hatten sie in Speier 1553
* Nach dem Nürnberger Planetenbuch von 1515 werden die, welche unter dem Zeichen Saturns
geboren sind, „klayber, badreyber, Schlot- und Winkelfeger"'. ** Von Hans Sachs ^»s erfahren wir,
was unter großem und schwerem Geschirr zu verstehen ist und warum dessen Schleifen die
Schmiede anging. Er sagt vom Schleifer:
„Ich schleiff sehr scharff auff meim schleyff- Allen Harnisch zu Fuß und Roß,
stein Halb vnd gantz Hacken (Hakenbüchsen), zum
Messerklingen, mittl, groß vnd klein, geschoß,
Feyln, Schlösser, bender allewegen. Reit Hämmer, Partisan, ich zier,
Helleparten, Dolch, Schwert vnd Degn, Auch auff der Scheiben ich palier."
70 Das Rasieren fand ursprünglich im Bade statt
in Gebrauch 204 in Zürich flochten sie „Schinnhüte" aus Roggenstroh, breite Hüte,
die vor Sonnenschein schützten.
Die eigentliche Tätigkeit der Bader war, wenigstens in früheren Zeiten, die Bereitung
des Bades, sowohl des Schwitz- (Dampf- oder Heißluft-), als auch des Wasserbades,
auf die später eingegangen werden soll. Daneben wurde die Toilette besorgt, und
drittens war die Badestube der Ort chirurgischer Tätigkeit. Diese letzteren zwei Verrich-
tungen fielen außerhalb der Badestube einem anderen Berufe, dem der Scherer zu. Ich
glaube im Gegensatz zu Zappert, daß in der älteren Zeit die Bader den Hauptanteil
hatten, sowohl was Scheren des Haupt- und Barthaars, als Wundbehandlung betrifft.
War ein Badermeister in diesen nicht bewandert, so durfte er sie in seiner Badestube
nicht durch einen Scherer ausführen lassen. 1406 wurde in Frankfurt am Main den
Scherern verboten, sich in Gemeinschaft mit einem Bader an einer Badestube zu be-
teiligen 127. Breslau verlangte 1486 vom Badestubenbesitzer, daß er selbst scheren,
aderlassen und schröpfen könne 210.
Schon in karolingischer Zeit war, wie wir sahen, mit dem Baden das Scheren und
auch die Behandlung von Geschwüren verbunden. Ein aus dem 12. Jahrhundert stam-
mendes Gedicht läßt Joseph aus dem Kerker holen, baden und scheren, obwohl die
Bibel nur das letztere angibt 211. Das Scheren betraf Haupt- und Barthaar, auch das
mit dem Messer vorgenommene Rasieren wurde Scheren genannt. Im nackten Boten
(erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) wird ein Knecht zu einem der Dienstmannen seines
Herrn auf eine kleine Burg geschickt. Der Ritter befindet sich in der Badestube, und der
Knappe glaubt, „daß er da badet' und schere" 212. Der Ritter besorgte also das Rasieren
selbst. Auch in den öffentlichen Badestuben scheint dies der Fall gewesen zu sein ;
nach dem Sachsenspiegel (12. Jahrhundert) brachten die Badenden wenigstens ihre
eigenen Schermesser und Becken mit 213^ vorausgesetzt, daß das Becken beim Rasieren
Verwendung fand. Seifried Helbling dagegen ruft in einer Wiener Badestube:
„Nu dar her scheraer
strichet scharsach unde schaer
ebent här und scheret hart" ^'i
In Hamburg wurden die armen Leute vom „Achterhause" von einem Badknecht
barbiert „so vaken de guden lüde badeden". Dafür hatten die Bader zwei Freistellen im
Hospital für ihre Armen. 1532 erhielt der Knecht eine kleine Geldzulage. Es geschah
noch 1632 217
Die Vorliebe für das Rasieren im Bade möge folgendes erklären. Man unterschied
„trucken scheren, trucken putzen, ungenetzt scheren" vom „Putzen auf nassen Bänken,
naß scheren, im Bad scheren und unangekleidet balbieren" (Abb. 41). Deshalb hießen
in Ulm 1470 die Scherer im Gegensatz zu den Badern „Truckenscherer" 215.
In einem um 1400 verfaßten Gedichte Heinrich Kaufringers wird ein Chorherr in
einem Badezuber mit seiner Geliebten, eines Schusters Frau, von deren Ehemanne über-
rascht. Nachdem dieser durch eine List der Frau glücklich abgeschlagen ist, ruft der
in Angstschweiß geratene Liebhaber aus :
Vorzug des Rasierens im Bade gegenüber dem Trockenscheren 71
„Wann er auch wol scheren kan,
Er hett mir geschoren ungenetzt" -56.
Ironisch heißt es im Gedicht auf die Bergtheimer Schlacht (1400), man habe die
Städter ungenetzt in derStuben geschoren -^^ und ein Gedicht des 13. Jahrhunderts sagt:
„ir hiezt scheraere vil baz.
ir schert trucken unde naz,
ir schert mangen ungebeit (ungebadet)
dem iuwer schern ist vi! leit"-'^.
Das ungebadet Scheren wurde also als etwas Unangenehmes empfunden, was ,gar
nicht überrascht, da man wahrscheinlich den Seifenschaum beim Rasieren noch nicht
verwendete. Ich fand die älteste Darstellung des Schaumschiagens auf der in Abb. 39
wiedergegebenen Züricher Scheibe von 1524. Im Bad ging das Rasieren schmerzlos
vonstatten, weil durch das Wasser oder die Dämpfe das Barthaar erweicht war. Heute
noch rasieren sich die Finnen im Dampfbad, und Retzius sagt, daß das stumpfeste
Messer den Bart ohne Beschwerden abnimmt (Abb. 2) 5^. Kein Wunder, wenn man in
älteren Zeiten dem Putzen auf nassen Bänken den Vorzug gab. Zudem war es billiger.
In Bräunungen bei Donaueschingen kostete es „1 Haller, trucken scheren 1 Pfennig", also
das Doppelte 219. Für das häufigere Scheren in der Badestube als im Schergaden
spricht auch die ehemals größere Anzahl der Bader gegenüber den Scherern, während
in späterer Zeit das Verhältnis umgekehrt wurde. Schon 1375 bildeten die Hamburger
Bader eine anerkannte und bestätigte Zunft, während sich die Bartscherer erst 1452 zu
einer geistlichen Brüderschaft vereinigten 220^ in Frankfurt am Main hatten erstere um 1400
Artikel ihrer Zunft und einer Brüderschaft, die Scherer waren aber 1406 noch mit
Sattlern, Schildnern, Malern, Glasern und Kummetern in einer gemeinsamen Zunft unter-
gebracht. In einer dortigen Ratsverordnung von 1454 heißt es: „Die beder lassen baden
vnd im bade czu scheren als von a 1 d e r" 127. Als weiterer Beweis möge dienen, daß die
Scherer an zahlreichen Orten den Badern das Scheren beim Bade zu entreißen suchten;
aber nirgends gelang es ihnen. Die Bader hatten alte verbriefte Rechte. Wie bittend
klingt es, wenn der Frankfurter Rat auf Klage der Scherer hin den Badern 14Q1 sagen
ließ, „das scheren nit so strenglich in der batstoben zu vben" 127. [)je erste Scherstube
entstand zu Nürnberg im Jahre 1565, während die Bader in ihren Streitigkeiten mit den
Scherern nachwiesen, daß das sogenannte Rosenbad schon vor siebenhundert Jahren
unter dem Namen Burgbad bestand, wie Roth 1792 berichtet '95.
Im eigenen Hause ließ man sich, falls mans nicht selbst besorgte, im Badestübchen
vom Bader scheren, so daß für den Trockenscherer kein großes Feld seiner Rasiertätig-
keit übrig blieb. Darum suchte er wenigstens der Bürger Badstübchen für sein Scher-
messer zu erobern. Wie weit ihm dies gelang, soll bei den Streitigkeiten der beiden
Handwerke untereinander erörtert werden.
Bemerkt soll hier werden, daß die Klinge des Rasiermessers, für das noch im 16. Jahr-
hundert neben Schermesser Scharsach gebraucht wird 221, bis ungefähr 1500 unbeweg-
lich mit dem Griffe verbunden war. Das zeigen die Bilder zum Sachsenspiegel aus dem
72
Rasiermesser / Scheren / Kämme
Abb. 27. Badknecht gegen Ende des 15. Jahr-
hunderts. Holzschnitt aus: Hortus sanitatis.
Straßburg, Joh. Pryss, ca. 1498.
die Verwendung- von Bürsten ist alt. Von den Seligen im Himmelreich heißt es:
13. und 14. Jahrhundert (Abb. 67 u. 68) und
der Holzschnitt von 1498 (Abb. 27). Im
16. Jahrhundert finden sich nur noch zu-
sammenlegbare Messer; als Ausnahme
kommt ein solches schon in einem Reichen-
haller Gräberfeld vor 3. Ryffs große
Chirurgie 221 zeigt spitz auslaufende und
ein dem heutigen ähnliches, vorn abgerun-
detes, das als Badermesser bezeichnet wird.
Die Scheren waren in alter Zeit und bis
ins 16. Jahrhundert hinein pinzettenartig,
die beiden Blätter kreuzten sich nicht. Diese
Form ist auf den Sachsenspiegelbildern und
in den Darstellungen SiMSONs, z. B. am
Züricher Großmünster (12. Jahrhundert)
und auf einem Holzschnitte von Lucas van
Levden 222 vviedergegeben.
Kämme, ein- und zweireihige, waren seit
den ältesten Zeiten in Gebrauch. Auch
ane
straelaere unde bürsten wirdit in daz har geslihtet" 223^ und Seifried Helblino sieht
sonderbarerweise die Nachbarn mit „niugebürsten här" zur Badestube gehen. Codex 760
der St. Galler Stiftsbibliothek aus dem 15. Jahrhundert empfiehlt zur Erhaltung der Ge-
sundheit tägliches „Har erpürsten vnd kempten". Im 13. bis 16. Jahrhundert hatten
die Bürsten Pinselform (Abb. 40).
Dem Scheren folgte das Kopfwaschen, kurz zwahen, waschen genannt. Zappert
glaubt, daß die häufige Anwendung desselben durch die Kreuzzüge aus dem Orient
über Italien nach Deutschland kam, doch führt er selbst eine Quelle aus dem 10. Jahr-
hundert an, nach der sich in der Abtei Farfa die Mönche nach der Rasur die Köpfe
waschen mußten. Die heilige Elisabeth schor einem siechen (aussätzigen) Bettelmann
das Haar. Darauf
„Di frouwe selic unde clug
Ime ouch daz sieche houbet twüg
Mit einer scharpen laugen" -^-t.
Auch bei den Frauen des 13. Jahrhunderts war es üblich.
„sie hiezen, daz ist war,
ir houbet twahen und ir här
straelen unde slihten
und ir scheiteln rihten,"
heißt es von den Frauen, die sich Eraclius zur Brautschau für Kaiser Focas vor-
stellten 225. Eine Äbtissin ordnete in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an:
Kopfwaschen 73
„röswazzer sol man balde haben,
da mit sol man min liotibet laben ;
daz ziuclit nz boese hitze" --''.
Die Nonnen des Klosters zu St. Verena in Zürich, die anfangs nach der Regel des
heiligen Augustin lebten, später aber zu Dominikanerinnen wurden, hatten siebenmal
jährlich den Kopf zu waschen und die Haare zu schneiden, obschon in ihrer Regel die
vom heiligen Augustin gegebene Vorschrift des monatlichen Bades fehlt 227.
Der Mann ging nach dem König vom Odenwalde (Anfang des U.Jahrhunderts) ins
Bad, „daz man imez haubet twahe"228 Daheim besorgte ihm die Frau das Haar. In
Paulis Schimpf und Ernst (16. Jahrhundert) wird einer Frau vorgeworfen, sie habe in
dreißig Jahren ihrem Manne nie das Haar gestrehlt 'ö. Hermann Fressant von Augsburg
schrieb 1447 ein Gedicht „Ehefrau und Bulerin". Der Mann kehrt nach weiter Reise
beraubt in die Heimat zurück. Zwei Buhlerinnen empfangen den Armen schlecht, seine
Frau aber hieß ihm
„ein guot bad bereiten
si zwuog im wol daz houbet,
Wan si was aller tugend vol"^'-.
Die Arbeiter des Klosters Denkendorf nahmen jedoch, wenn sie nicht verheiratet
waren, ihre „Zwagerin" mit ins Bad^s. Als Kaiser Wenzel 1375 bei Nikolaus Muffel,
einem vornehmen Bürger in Nürnberg, zu Gaste war, bat er dessen Ehefrau, „das si im
das haubt twige". Sie tat es und erhielt dafür von ihm ein Stück von einem Span des
Kreuzes Christi, den Wenzel am Halse trug 207
Das regelmäßige Kopfwaschen war ein unentbehrliches Bedürfnis. Auch im Kriege
vergaß man es nicht. Der Baseler Hauptmann Meltinger hat auf dem Zuge in die Lom-
bardei, der 1513 zur Entsetzung des Herzogtums Mailand unternommen wurde, für
Zwahen seiner Person und der Überritter einen Posten in den Ausgaben für den Scherer
verzeichnet 229. Neben dem Sinn für Reinlichkeit, und vielleicht mehr als dieser, war
die Sorge um das Wohlergehen des Gehirns die Triebfeder der Kopfreinigung. Die
zahlreichen Anweisungen zur Körperpflege, welche für sich allein und in den Volks-
kalendern erschienen und bei ihrem Befolgen dauernde Gesundheit garantieren, berufen
sich mit ihren Ratschlägen auf Meister Avicenna, welcher spricht, man soll ein- oder
zweimal in vierzehn Tagen das Haupt waschen oder so oft des Menschen Gewohn-
heit ist, wie es in Wiener Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts heißt 10. Im
Ring läßt WiTTENWEiLER (erste Hälfte des 15. Jahrhunderts) den Bauern Bertschi Trief nas
vom Dorfarzt Straub folgende Belehrung zuteil werden:
„In der wuchen ze dem mäysten (höchstens) Und ze dem minsten (mindestens) tzwahen schol
Einest (einmal) scholt daz twahen läysten Der mensch sein haubt an widersprecht
Deinem haubt, so tuost du wol, In einem mänat (Monat), daz ist recht" 230.
Die Kalender nach Dr. Künosberoer verlangen es aller fünfzehn Tage, der Züricher
vom Jahre 1507 setzt hinzu, es nicht über zwanzig Tage zu unterlassen. Die Instruktion
für den Hofmeister des Herzogs Ludwig zu Württemberg vom Jahre 1562 schrieb es aller
74
Häufigkeit des Kopfwaschens
S)ct 95al6tcrrr.
^an machet! v)id^et(r<imer (S«(6n/
^rifcfj tüunömju^fi(nrmt@naDen/
Siergfftc^ Q3etnbruc^ »tiD ölte 0cl)a&m.
graußofen ^rpfn/ben <Sfaren (Iccbn/
S!)m Q5ranöf fefcljen wnb ^f ni auf^brecf)«,
2)f rgfeiclj Q5albKrn/gtt>agf n pnD^cfjen
2(ucl^ 2(t)f rlc^lTcn t^u icJ? gern-
Abb. 28. Der Barbier. Holzschnitt von JosT Amman
aus: Hans Sachs, Beschreibung aller Stände.
Frankfurt 1568.
acht Tage vor iß, ebenso Hero in den
Schachtafeln zur Gesundheit 1533 jede
Woche mit der sonderbaren Begründung,
„vff das dir der hart nit vssfaii" 23i, und
Brunssfels (erste Hälfte des 16. Jahrhun-
derts) aller sieben Tage 47 Dryander 1547
aller fünfundzwanzig Tage233j Wittich
1590 den Monat ein- oder zweimal i6, der er-
wähnte Codex der St. Gailer Stiftsbibliothek
aus dem 15. Jahrhundert nur im Sommer
und zwar oft mit kaltem Wasser. Im allge-
meinen aber verwendete man Lauge.
„Wer baden wel, muoß sich besachen
Das er auch künd ein laugen machen.
Die vnser haubt vnd alle sinn
Wesch, vnd alles das ist din ....
Zug laugen muoß man eschen (Asche) han,
Durch einen sack abrinnen lan
Das Wasser, so wirt laugen dan,"
heißt es bei Murner 6.
Zur Verwendung kam nach Brunss-
fels Rebenasche, doch war auch andere
gute brauchbar, nach Wittich neben
Reben- auch Weidenasche. In der Regel
begnügte man sich mit gewöhnlicher
Lauge. Die erwähnte Instruktion für den
Hofmeister des Herzogs Ludwig in Würt-
temberg schrieb nur diese vor. Beim
armen Mann wird der Bader gewiß nicht
die beste Qualität verwendet haben, in
einem satirischen Gedicht von 1535,
„Der Judenn Badstub", heißt es vom „Zwagen" :
„War nur die laugen nit so scharff.
So weit ich lassen zviragen mich,
Dweils doch muß sein, gedultiglich ....
Nun her die laug ist schon gemacht,
Oezwagen das die schwarten kracht."
Vornehme Leute wurden besser behandelt:
„Man zwegi sie mit kamillen blämen.
Dieweil es die nit schmirtzen thut"234
Unter den zahlreichen Rezepten zum Kopfwaschen spielen die Kamillenblüten neben
vielerlei anderen Kräutern eine Hauptrolle. Sie wurden entweder in der Lauge gesotten
(nach den Wiener Handschriften in einer „ring laug, die nit zu stark sei") oder fein ge-
Mittel zum Kopfwäschen
75
schnitten in Säci<chen genäiit und in die heiße Lauge geworfen. Hero schlägt zur Ent-
fernung des Schweißes aus dem Haar auch das Reinigen mit Salz vor, und nötigenfalls
setzt er der Kräuteriauge „leüß samen safft" hinzu, „das tödtet die leüß vnd nyßz" 23i.
Gegen Läuse und Nisse (Lauseeier) hat man häufiger als heute kämpfen müssen.
Schon der Sachsenspiegel rechnet „nizkemme" zur Gerade der Frau 213^ und bei Helbling
wird neben dem „streler" auch der „nizkamp" genannt 214^ wie ja heute noch im Volke
der engzahnige Staubkamm Lausekamm heißt.
„Ein Bürsle eym zwaghub vnd ouch ein Strel
Do mit reyn dyn houbt vnd der Lüse nit fei",
heißt es 1514 im Straßburger Gedicht vom „Hußrat" 257. Es ist nicht richtig, wenn die
heutigen Ärzte das mit Nissen und Läusen durchsetzte, verfilzte Kopfhaar als Plica po-
lonica oder Weichselzopf bezeichnen. Der deutsche Ausdruck stammt aus einer Zeit, wo
der berüchtigte, vom Aberglauben beschützte Zopf nicht nur auf die Weichselgegend
beschränkt war, und lautete Wichtelzopf, weil man den Wichtelmännchen das Zu-
standekommen der Haarverwirrung zuschob.
Kehren wir zum Kopfwaschen zurück. In der einfachsten Form vollzog man es an
sich selber, so eine Frau auf dem DÜRERschen und auf dem diesem nachgebildeten
BEHAMschen Holzschnitte (Abb. 40). Die Abbildungen zeigen häufig Schwämme, ver-
mittels derer gewiß das Haar mit Lauge durchtränkt wurde. Fast nie fehlt ein Gefäß,
in das die abrinnende Lauge aufgefangen wird. Möglicherweise ist dies das öfters, so
von den Meistersingern Hans Foltz 12, Hans Sachs und in dem Straßburger Gedichte
von allem Hausrat 257 erwähnte „badbeck". Das
Kopfwaschen der Kinder besorgte die Mutter in der
Badestube, so in Ammans Holzschnitt zu Hans
Sachs' Ständen 208 und in einer Darstellung der vier
Elemente aus dem 15. Jahrhundert 123.
Häufig fließt die Lauge aus einem halbkugeligen,
seltener walzenförmigen Gefäß, das von der Decke
oder von einem an der Wand befestigten Stabe
herabhängt, dem Laugenkessel (Abb. 28u.71). Am Er-
wachsenen vollzog der Bader die Kopfwäsche, im
Dresdener und Wolfenbüttler Sachsenspiegel (14.
Jahrhundert) liegt der Badende auf einer Bank, und
der Bader tritt von hinten an ihn heran (Abb. 68),
ebenso die Bademagd, die dem am Boden sitzenden
König Wenzel den Kopf wäscht (Abb. 29, s. auch
Abb. 66). Doch kommt in der Wenzelbibel (14. Jahr- ^bb. 29. Kopfwäsche des Königs
hundert) eine zweite Abbildung vor, auf der Wenzel Wenzel von Böhmen durch eine
„„ D, i-i. jj i^f-i u i Bademagd. Miniatur aus der deut-
am Boden kniet und den Kopf mit nach unten ge- ^^^^^ wenzelbibel. Anfang des 15.
wandtem Gesicht auf eine Bank stützt. Ähnlich Jahrhunderts. Nach von Schlosser.
76
Der Zwagstuhl j Der Trockenofen
■s* w j^ «ift 9-f ist das Kopfwaschen in einem Manu-
skript der Züricher Kantonsbibiiothek
aus dem 15. Jahrhundert dargestellt
(Abb. 30). Aus der einfachen Bank
wurde schließlich ein besonderes In-
strument, der Zwagstuhl. Er hatte
wohl den Zweck, die Kleider beim Kopf-
waschen zu schützen, weswegen ihn
die Abbildungen von Badestuben nicht
zeigen, wohl aber die der Scherstuben.
Auf einer im Musee de Cluny zu Paris
befindlichen Schweizerscheibe von
1559 235 kniet der Kunde des Scherers
auf der nur wenig über dem Boden
erhabenen Stufe und stützt die Arme
auf die hohe Lehne, über die der Kopf
hinausragt. Eine ähnliche Darstellung
zeigt ein Lucas Cranach zugeschrie-
benes Bild im Dresdener Kupferstich-
kabinett 236. Der AiWMANsche Holz-
schnitt zu Hans Sachs' Balbierer
bringt den Stuhl noch mehr entwickelt
(Abb. 28) und ebenso ein von diesem
beeinflußter Berner Scheibenriß mit
dem Monogramm H P vom Jahre
1575199.
Nach dem Waschen wurde der Kopf mit einem Tuche abgetrocknet, das auf dem
CRANACHschen Bilde von einer Frau bereitgehalten wird. Die AMMANsche und die Berner
Scherstube, auch der Züricher Kalender von 1585, zeigen auf einer senkrecht stehenden
Stange einen kugeligen, durchlöcherten Apparat, auf dem ein Tuch liegt (Abb. 28). Die
Erklärung desselben gibt die Ausgabe des DRVANDERschen Arzneispiegels vom Jahre
1547, die den Apparat auch im Bilde bringt. Er dient zum Erwärmen der zum Haar-
abtrocknen benutzten Leintücher und wird „balbierer Trückenofen oder pfann" ge-
nannt. „Soliche sind küpffern oben mit einem gelöcherten deckel, der ob den kolen,
so in der pfann gethon werden sollen, geheb zuschließe. Etliche machen auch jrden
Trücken hüt daruff wärmet man die leinen tücher, damit das haar, haupt vnd glider
zu trücknen vnd bereiben" 233.
Noch im 17. Jahrhundert treffen wir in der Badestube das Waschen des Kopfes an.
Im Privileg der Wiener Barbiere von 1662 ist vorgeschrieben, daß die Mittler (junge Ge-
sellen) alle Abend den „Zwagtuell" zu reiben haben iö. Dagegen scheint es im 18. Jahr-
Abb. 30. Kopfwaschen im 15. Jahrhundert. Papier-
handschrift. Kantonsbibliothek Zürich.
Schröpfen
11
hundert nicht mehr üblich gewesen zu sein. Der erwähnte Berner Scheibenriß hat
einem satirischen Kupferstich auf den 1712 geführten Toggenburger Krieg zum Vor-
bilde gedient (Stadtbibliothek Zürich). Der Zwagstuhl ist jedoch verschwunden, und
an Steile des „balbiererTrückenofens" steht wohl auf einer Stange ein nahezu kugeliger
Körper, der aber als Perückenständer dient 237
Eng mit dem Baden war das Schröpfen verbunden (Abb. 31). Die Kalender handeln
beides in einem Kapitel ab. Es wurde nicht nur bei bestehenden Krankheiten vorge-
nommen, sondern auch, wie man glaubte, um den Körper bei Gesundheit zu erhalten.
Wo wegen Ansteckungsgefahr bei Epidemien vor Besuch der öffentlichen Bade-
stuben gewarnt wird, ist stets auf die ans Schröpfen gewöhnten Leute Rücksicht ge-
nommen. „Schräpffen, sonderlich wer sich daran gewänt hatt, soll man nicht unter-
lassen", sagt HuooelinSO 1559, und Ellenborq i6 empfiehlt es 1484 alle Monate
oder so oft man meint, wenn man daran gewöhnt ist, ebenso ein anonymer Druck aus
dem 15. Jahrhundert 238.
Das Schröpfen war wegen seines innigen Zusammenhangs mit dem Baden man-
cherorts in den Badepreis inbegriffen. In der Stadt Oerolzhofen mußte 1557 „yedes alts
mensch, Weip oder Mansperson, es las schrepfen oder nit", zwei neue Pfennige fürs
Bad bezahlen 239. in Zürich hatte man es 1604 für einen halben Batzen samt zehn Hörnli ;
wer noch mehr verlangte, zahlte für jedes darüber einen Haller 240.
Das Schröpfen war Sache des Baders. Niemals wurde es ihm streitig gemacht; ja
es war den Scherern verboten, und wo diese es doch ausüben durften, waren sie
Bader zugleich, oder beide Berufe waren zu einem verschmolzen. Auch die Frauen
hatten sich vom Bader schröpfen zu lassen. „Er tuot in dem bad howen. Man
und och den frowen", heißt es in des Teufels Netz (Anfang des 15. Jahrhunderts) 24i^
und in Darstellungen von Frauenbädern sehen wir als einzige männliche Person
den Schröpfer, während die übrigen Funktionen von weiblichem Personal über-
nommen sind (Abb. 40 u. 72). Selbst in Nonnenklöster fand der Schröpfer Eintritt, z. B.
1474 im Frauenkloster Urspringen und 1304 im
Kloster der Benediktinerinnen zu Schönfeld in Rhein-
bayern 1 6. In Zürich brachte 1542 eine Pfuscherin,
die geschröpft hatte, als Entschuldigung vor, sie
wäre nicht nachgelaufen, sondern es sei zu ihr ge-
schickt worden, „etwann eine eeren frowen die nit
gern einen bader gehept" zu schröpfen 209. Jn den
gerichtlichen Verhandlungen vor der Züricher Bader-
lade und den höheren Instanzen habe ich öfter
Frauen als Angeklagte gefunden, die unbefugter-
weise geschröpft hatten. Als männliche Schuldige
i,„„™ n j 1 uj. j r> -i. \f 1 Abb.31. Schröpfen im Bad. Holzschnitt
kommen nur Baderknechte und Besitzer von Mmera- , ^, , i.oi \ k
aus dem Kalender von 1481. Augsburg.
bädern vor. In letzteren beanspruchte selbstver- Johannes Blaubiier.
78 Schröpfen in der Badstube
ständlich der Inhaber der nächstgelegenen ehehaften Badestube das Schröpfrecht für
sich. Dies war in Zürich nach Verordnungen von 15Q3 und 1659 an den Betrieb einer
Badestube gebunden 209^ ebenso in Sachsen-Weimar nach der noch 1754 gültigen Bader-
ordnung 242 Nicht einmal der Besitz einer Badestubengerechtigkeit, bei der der In-
haber die Badestube nicht betreiben wollte, genügte 1774 in Zürich, wenigstens nach
Ansicht der Meister Bader, das Schröpfen in den Bürgerhäusern auszuüben 243. £3
brachte dem Bader gewiß mehr Gewinn als das Baden. Schon im 15. Jahrhundert
heißt es in einem Aderlaßzettel über einem beigefügten Badestubenbild 244; „Schröpfen
fristet mir min leben." Das Ansetzen der Schröpfköpfe und Hörner wurde meist stück-
weise bezahlt. Nach der Bamberger Baderordnung von 1480 hatten Vermögende
einen Pfennig fürs Bad zu geben. Für zwei Pfennig erhielt man noch einen oder zwei
Schröpfköpfe; jeder darüber wurde mit einem Heller berechnet i44. In Bräunungen bei
Donaueschingen kostete das Bad für Erwachsene einen Pfennig und zwei „winttusen
seczen" einen Haller, drei einen Pfennig, vier ebensoviel 219 Guarinonius tadelt 1610 die
Habsucht der Bader und wirft ihnen übertriebenes Schröpfen vor, weil jeder Köpfel um
einen Pfennig mehr trug, wodurch die Leute mit höchstem Schaden an Leib und Säckel ge-
schunden würden i34 Zu Konstanz bestand jedoch 1483 219, zu Böblingen vor 1554 i9S
ein Einheitspreis unabhängig von der Zahl der Köpfe. Ais im 18. Jahrhundert und im
Anfang des 19. die Badestuben selten und vielleicht nur noch des Schröpf ens wegen
benutzt wurden, wird in den Züricher Protokollen Bader und Schröpfer für dieselbe Per-
son gebraucht. Der Baderberuf war also in dem des Schröpf ers aufgegangen, wenigstens
an den Orten, wo er sich nicht zur Ausübung der Chirurgie emporschwingen durfte.
Das Schröpfen in der Badestube hatte seine Gründe. Da durch die Wärme die Haut-
gefäße erweitert werden, erfolgt unter ihrer Anwendung eine reichliche Blutentleerung
beim Schröpfen. Die als Ersatz des Bades empfohlenen Mittel bezweckten dasselbe.
Doch hatten die Schriftsteller zu Ausgang des Mittelalters und zu Anfang der Neuzeit
unter Zugrundelegung der Lehren alter Meister eine andere Vorstellung von der Mit-
hilfe des Bades. Durch Schröpfen allein konnte man nur „subtiles" Blut aus dem Körper
entfernen. Wer Überfluß an diesem zu haben glaubte und ihn ablassen wollte, bedurfte
nicht des Bades. Anders bei Leuten von „grobem gepliet" ! Arnoldus sagt „das einn
jeder der solch gepliet hat im selber schaden thät, so er nitt im bad schrepffte, dann vmb
grobe willen gieng allein das subtil vnd gut gepliet haraus vnd nitt das grob, welches
durch das bad flüssig Wirt vnd von stat mag" (Pictorius 1555)246. Ryff 221 empfiehlt
in seiner großen Chirurgie zu diesem Zweck innerlich geeignete Nahrung, äußerlich
„bereiben, baden vnnd dergleichen", und der schon angeführte anonyme Druck aus
dem 15. Jahrhundert 23S neben Baden im Wasserbad oder in der Badestube „anheim in
deinem haws bey warmem ofen schrepfen". Dies letztere nennt Guarinonius (1610)
„trucken schrepffen" (siehe da). Er tadelt die dadurch verursachte Überhitzung der
Stuben, die unverständige Balbierer und Bader herbeiführten, weil sie meinten, das Blut
könne sonst nicht rinnen, und will dafür reiben mit einem warmen Tuch bis zur Haut-
Aderlaß / Trocken schröpfen
79
röte haben. 1484 brach in Nürnberg ein großes Feuer aus, weil einer im Juli ein „stibia"
geheizt, „er hat im wein vorn ofen schrepfen lassen" 248.
Neben dem Schröpfen spielte im Mittelalter und bis in die neuere Zeit eine andere
Art der Blutentziehung eine große Rolle, ich meine den Aderlaß, auch Lasse und Läse
genannt. Der Gesunde ließ ihn viermal im Jahr an sich vornehmen ; in den Klöstern war
dies Vorschrift 249. Hier fand er im Calefaktorium, dem Warmraume, statt, nicht etwa,
wie P. Gregor Müller meint, damit die Hand des Chirurgen nicht vor Kälte zittere 249^
sondern aus den schon beim Schröpfen erwähnten Gründen, die wohl auch die Leute
deshalb ins Bad gehen ließen. Die Operation war einfach. Mit einer um den Oberarm
gelegten Binde, der Aderlaß-, Laß- oder Läserbinde wurde das Blut gestaut (Abb. 32)
und die dadurch stark hervortretende Vene angeschnitten. Der Aderlaß fand auch an
anderen Körperteilen statt, worüber das Aderlaßmännchen vom 15. bis ins IQ. Jahrhun-
dert genaue Auskunft gab.
Das Volk zog das Schröpfen dem Aderlassen
vor. Auch die Ärzte, so PiCTORius, tun es „by denenn
so adelassen nit wol erleiden mögen, diewil es nit
so hart schwechet, spricht Rases, als aderlassen,
weiches gar einn starcke euacuation ist, wieGALENUS
bezeugt, darumb auch fil das schrepffen setzent für
aderlassen" 246 Besonders tat man dies bei
schwachen und alten Leuten und Kindern. Doch
scheint man bei kleinen Kindern nicht geschröpft zu
haben; Ryff sagt, die alten Ärzte täten es und zwar
vom zweiten Jahre an. Aus Guarinonius' Schimpfe-
^ , . , . Abb. 32. Anlegen der Aderlaßbinde.
reien geht hervor, daß es an Sechsjährigen zu Holzschnitt aus dem Kalender von 1481.
den Ausnahmen gehörte. Er verwirft es aber auch Augsburg. Johannes Blaubirer.
bei älteren Kindern mit der Begründung: „Die Kinder die treiben kein Mutwillen mit
Vberfressen vnd Vbersauffen, noch mit anderer Vnzucht, so ist nit billig, daß sie jhr
vnschuldiges Blut . . . vergießen sollen" iH
Ich habe im Vorhergehenden das Schröpfen als Blutentziehung bezeichnet. Das
muß ich teilweise zurücknehmen. Aus den Schriften von Ryff und Pictorius geht her-
vor, daß man im 16. Jahrhundert, wie heute noch, Schröpfköpfe auch ohne „Hauen und
Bicken" setzte, Ryff nennt das trocken 221, auch blind 250 schröpfen. Im Schröpf-
kopf (Kopf = Gefäß), der auch Laß-, Baderkopf, Ventose, Ventuse, Vintuse, Fintusze
hieß, wurde die Luft durch Erwärmen an einer Flamme verdünnt (Abb. 36) und da-
durch nach dem Ansetzen eine Beule auf der Haut gezogen. Ryff 251 schlägt in
seinem Hebammenbuche 1554 für den Notfall als Ersatz ein „dickes gloß (wie ein
fintusen)" vor, das man über ein brennendes Licht stülpen soll. Nach Pictorius
(1560) wurde das Trockenschröpfen von den Badenden nicht gebraucht i52 Beim
blutigen Schröpfen wurden die gezogenen Beulen aufgehauen 250. Öfters ge-
80 Schröpfen mit Kopf oder Hörn
'""""'" ' ^ -^ .- ^ schah es allerdings, daß die „Scarifi-
I cation" dem Aufsetzen der Schröpf-
?^| köpfe voranging 221. 246.
ij In der Gestalt glich der Schröpf-
II köpf dem heutigen. Man verwendete
I verschiedene Größen, die größten im
::| Land zu Sachsen, weil dort die Leute
I angeblich am vollblütigsten waren 221.
sassäsäiBiiig^ Neben dem Schröpfkopf wird häufig
Abb^33. Schröpfen mit dem Hörn im Mineralhad das Schröpfhorn oder Schröpfhörnli
zu Baden im Aargau. Kpfr. aus: Hess, Badenfahrt.
Zürich 1818. erwähnt (Abb. 33/34). Nach Ryff
stellt es das ältere Instrument dar und fand namentlich in einigen Mineralbädern Ver-
wendung. Bilder zeigen es noch im 19. Jahrhundert in Tätigkeit. Auch Murner bildet
es in seiner Badenfahrt ab. Dort ist es schlüsseiförmig. Die früheste Erwähnung findet
es zu Anfang des 14. Jahrhunderts beim König vom Odenwalde 228^ welcher der Kuh
ein Loblied singt und dabei auf das Schröpfen mit ihrem Hörn gegen Rückenweh hin-
weist. In einer Züricher Teilrödel des 16. Jahrhunderts kommen aber auch acht „möschin
Schräpf-Hörnle" (aus Messing) vor 252.
Die Verdünnung der Luft geschah durch Ansaugen mit dem Munde; ein kleines
Leder verhinderte das Wiedereinströmen derselben. Bei vielen Naturvölkern finden wir
das Schröpfen mit dem Hörne heute noch 232. ich sah es jüngst auf einer aus dem Togo
stammenden Photographie bei Dr. Hans Grüner. Es liegt deshalb kein Grund vor, an-
zunehmen, die Deutschen hätten es von den Römern übernommen. Die erste Kunde
vom Schröpfen in fränkischen Landen gibt Gregor von Tour, indem er erzählt, daß
Eberulf, der Oberkämmerer des Königs Chilperich, einen Priester mit Faustschlägen fast
bis zu Tode mißhandelt habe, der auch gestorben sein würde, wenn ihn die Ärzte
nicht durch Schröpfen gerettet hätten 3. In Wolframs Willehalm kommt jemand vor,
der „wolde phlegn vintüsen an sich setzen" 254
Den Schröpf Schnepper kannte man in früheren Zeiten noch nicht. In seiner heutigen
Gestalt finden wir ihn zuerst bei Ambroise Pare235. Bei älteren Instrumenten liegt das
ganze Räderwerk frei. Ein Schnepper mit einer Klinge scheint auf einem Holzschnitt Jost
Ammans dargestellt zu sein (Abb. 3ö). Gewöhnlich geschah die Skarifi-
kation durch sog. Schröpfeisen, die Ryff im Gegensatz zum Laß- (Ader-
laß)eisen von runder Schneide sein läßt (Abb. 35). Doch scheint man
praktisch den Unterschied nicht gemacht zu haben. Die Züricher Ba-
der, die nichts mit Aderlassen zu tun hatten, führten im IQ. Jahrhundert " j-
neben dem Rasiermesser das spitze Eisen im Siegel. Dies Wappen f^-^T^. 34 Schröpf-
findet sich außerdem auf einem Lafettenschild des 17. Jahrhunderts im hörner und Schnep-
schweizerischen Landesmuseum (vergl. das Wappen in Abb. 3Q). Zu g^^ f'^hT Z idch
RvFFs Zeiten verwendete man auch das Rasiermesser, in Aachen sogar I8I8.
Laßeisen und Schnepper
81
noch im 18. Jahrhundert (Abb. 37). Bei diesen Instrumenten wurde die Klinge mit der
Schneide auf die Haut gesetzt und mit dem Finger in diese eingedrückt. Genau so ver-
fuhr man beim Aderlaß. Auch hier traten erst später einkiingige Schnepper auf. Auf dem
ältesten mir bekannten Aderlaßbilde in Codex 306 der Einsiedeier Stiftsbibliothek aus
dem 12. Jahrhundert oder aus noch älterer Zeit^ss Jst das Messer lanzettförmig.
Nicht immer lassen sich in den Schriften Aderlassen und Schröpfen auseinander-
halten. Wird gewöhnlich unter Lassen Aderlassen verstanden, so bezeichnet es auch
Schröpfen, z. B. im Augsburger Kalender von 1488 und 1511 26i. Das ist auch in dem
Wort Laßkopf ausgedrückt. Im Gedicht auf die Bergtheimer Schlacht wird mit dem
„Laßisen" geschröpft -i^. Nach Hans Sachs kam es vor, daß man auf der „laspanck"
vom „Lasser" verbrannt wurde 33^. Das konnte nur beim Schröpfen geschehen. Das
sanguinem minuere könnte beides bedeuten, ja Diefenbach übersetzt sogar flebotomare
mit aderlassen und schröpfen i5i. im Bauriß des Klosters St. Gallen findet sich ein
„Fleotomatis hie gustandum vel potionarius" benanntes Haus neben dem Krankenhause,
das eher für eine Verwendung zum Aderlassen sprechen würde. Der in der Nähe ge-
legene, „sanguinem minuentium" bezeichnete, mit dem Bad unter einem Dach liegende
Raum dürfte vielleicht zum Schröpfen benutzt worden sein (Abb. 5 b).
Sehr oft sehen wir dargestellt, daß die Person, welche sich auf der Schröpfbank im
Schweißbade schröpfen läßt, zugleich ein Fußbad nimmt (Abb. 36), oder wenigstens steht
dieses daneben bereit. Die Schriftsteller geben an, man soll den Leib vor dem Schröpfen
im Bad reinigen und darauf die Füße bis ans Knie in warmes Wasser setzen, das mache
das Blut dünn 41. 47. 262 |m Züricher Kalender von 1508 wird als Grund angegeben,
es mache das Gesicht lauter 26 Nur einmal finde ich ein besonderes Schröpfstüblein
bei Geiler von Kaisersberg erwähnt. Es lag neben der Badestube und hatte nied-
rigere Temperatur als diese '51.
Im Mineralbade wurde, wie es in einer Aachener
Schrift von 1737263 heißt, ordentlicherweise wäh-
rend des Badens geschröpft (Abb. 33 u. 37), wenig-
stens in den kleinen Privatbädern. Nur in Baden in
der Schweiz fand es in einem öffentlichen Bade, das
von mehreren Personen gemeinschaftlich benutzt
wurde, statt. Es durfte jedoch nur in dem einen der
beiden freien Bäder, dem sog. Freibade, geschehen.
Schon 1339 besaß es Schröpf recht 32 Es wurde
namentlich am Samstag von den Landleuten der
Umgebung viel besucht, und Pantaleon35 sagt
1578, die Leute vermeinen, „sie haben nit gebadet
wann sie nit voll hörnlin wie ein Igel hangen". Es
schien oft, als wenn man im Blute badete (Abb. 46).
Das bezeugen auch andere Schriftsteller bis ins
Martin, Badewesen
Abb. 35. a Schröpf-, b Laßeisen. Holz-
schnitt aus Dryanders Arzneispiegel.
Frankfurt 1547.
82
Schröpfen in den Mineralbädern
Abb. 36. Badestube. Holzschnitt von JoST Amman aus: Paracelsus,
Wund- vnd Artzney Buch. (Titelholzschnitt zum Baderbiichlin.) Frank-
furt a. M. 1565.
IQ. Jahrhundert. In
Baden-Baden hatte da-
gegen 1488 das eine
Freibad eine Bade-
stube, die täglich er-
wärmt werden mußte
(trotz der Therme !), in
der gebadet und ge-
schröpft wurde 40.
Von Warmbrunn in .
Schlesien wird 1607
berichtet : „an das Bad
stoßet gegen Mitter-
nacht eine gemeine
Badestube, in welcher
alle 14 Tage ein
Schweiß vnd Köpfte
Bad gehalten wird,wel-
ches der Bader von
Friedeberg pfleget zu
versorgen,vnd müssen
die Bad Gäste densel-
ben Tag nach Mittage
mit dem Bade inne
halten" 69. Auch in Töplitz war 1607 ein Arm der Mineralquelle durch Röhren in das
Haus des Baders vor dem Tor geleitet 264 Nach einer Notiz von 1706 fand hier das
Schröpfen statt si. In Leuk war das Schröpfen nur in den dazu bestimmten Bädern ge-
stattet. 1832 war ein sehr unheimlich aussehendes doppeltes Schröpfbad dem Armenbad
angebaut. Enatbühl bei St. Johann hatte im selben Jahre eine Schröpfstube mit
zwei Wannen ss.
Der Augsburger Oroßkaufmann Lukas Rem hielt sich 1521, 1525 und 1529, jedesmal
achtundzwanzig Tage, im württembergischen Wildbad auf. 1521 hat er in seinem Tage-
buch am 3. Oktober 5V2 Stunde Thermalbad und „Schwaisbattet und koplett" (ge-
schröpft) verzeichnet, 1525 am 23. August bei 7 Stunden Mineralbad „schwaisbatt" und
1530 am 24. und 31. März bei 8 und 7 Stunden Mineralbad „gebatt im Schwais, kopf-
let"265. Dadurch wird auch verständlich, daß Markgraf Christoph von Baden 1507 für
sein, also das herrschaftliche Badehaus in Baden-Baden trotz der Therme Lieferung
von Holz durch die Stadt verlangte, das übrigens fremde Fürsten, wenn sie zur Kur
anwesend waren, auf eigene Kosten besorgen mußten 266
Über den Ort chirurgischer Tätigkeit in der älteren Zeit ist uns nur wenig bekannt.
streichen und Verbinden im Bad
83
Quetschungen wurden auf den Burgen im Wasserbade massiert. Den jungen Parzival
behandelten Jungfrauen (Anfang des 13. Jahrhunderts):
„Si twuogn und strichen schiere
Von im sin amesiere (Quetschung)
Mit blanken linden henden" -s-*.
Ebenso erging es dem Tandareis.
„Den wolde man das niht eriän, Vier kläriu juncvröwelin
Er muoste sitzen in daz bat; Erstrichen von im sin amasier,
Sit man in des niht erlät Sin lip was klär unde fier" ^e?.
Do tet erz, wan ez muoste sin. (Vgl. Abb. 45.)
Ulrich von Liechtenstein erzählt uns, daß die Ritter nach dem Turnier von Friesach
im Jahre 1224 in die Stadt zogen und während der Nacht noch badeten, wobei mancher
vor Müdigkeit ohnmächtig wurde. Im Bade fand zugleich die Behandlung der im
Turnier erhaltenen Wunden statt.
„Man pant den dort, man salbet den hie,
dem dort die arme, dem hie diu knie" ^^s.
13Q7 behandelten Stover (Bader) kranke Beine bei einigen Personen des Hofgesindes
der Witwe des Herzogs Otto des Quaden 269^ und die „Bayrische Landesordnung er-
clärung" von 1578 klagte, daß „die alten Ehehafft Pader vnnd Padstuben, dabei hieuon
guete wundärtzt gefunden worden", in Verfall gerieten i6.
Die Bader, welche hier Wundarznei ausübten, waren gewiß nicht vom Badestuben-
besitzer angestellte Gesellen oder Knechte des Schererhandwerks. In den Reiserech-
nungen des Patriarchen Wolfger von Ellenbrechtskirchen aus den ersten Jahrzehnten
des 13. Jahrhunderts ist bei Passau ein Posten für den Minuter (Aderlasser) in estuario
verzeichnet, und eine Ausgabe ist „aliis balneatoribus" bestimmt 2vo. Der Minutor war
also ein Bader. In dem schon
erwähnten Gedichte Kauf-
ringers heißt es vom Bade-
reiber :
„Wann er auch wol scheren kan,
er hett mir geschoren unge-
netzt" 256.
Daraus geht hervor, daß
nicht alle Bader scheren
konnten. Auch sagt eine
Baseler Ratsverordnung von
1360, daß die Bader und ihre
Knechte, die scheren. Scherer
sollen heißen und Scherer
sein und auch alle die Abb. 37. Schröpfen mit dem Rasiermesser und Schröpfköpfen in
p , , , , H' Q h einer Badezelle zu Aachen. („Wie man die Schröpft Köpfe im
Kecnte naoen, SO aie bcnerer ßade gebrauchet".) Kpfr. aus: Amüsements des eaux d'Aix-la-
in der Zunft zu unserer Chapelle. Amsterdam 1736.
84 Verschiedenheit der Badangestellten
Stadt haben 255 Die Bader, welche nicht scheren konnten, hatten also weniger
Rechte.
Der Badermeister hatte demnach zweierlei Personal angestellt, einmal Knechte, die
sich auf Scheren, Schröpfen, Aderlassen und Wundarznei verstanden und dement-
sprechende Namen führten, und zweitens männliche und, wie ich hier schon erwähnen
möchte, weibliche Personen, die das eigentliche Bad besorgten, Wasser herbeitrugen,
das Bad und die Holzgeräte scheuerten und dergleichen mehr verrichteten. Beide
unterschieden sich auch durch ihr Einkommen. Alle Badhüter und Reiber in den Bade-
stuben mußten nach einer Ordnung des Rates zu Ulm vom Jahre 1346 wöchentlich
einen halben Heller in die Handwerksbüchse legen, die Schröpfer aber, die mehr ver-
dienten, einen ganzen Heller so.
Zur Ausübung des niederen Dienstes in den Badestuben war eine besondere Ge-
schicklichkeit und Intelligenz nicht erforderlich, auch ein eigentliches Erlernen nicht
nötig. So kam es denn, daß im Bad allerlei Gesindel Beschäftigung fand. Nach einem
gegen 1420 in der Nähe des Bodensees entstandenen Gedicht 24i gehen dem Teufe!
ins Netz: „Schellenslaher, gogler (Gaukler) und affer, Varend schuoler und buoban".
Für „buoban" setzt eine der Handschriften „badstuben buoben".
In einer der Predigten, die Geiler von Kaisersberq 1498 in Straßburg hielt, heißt
es von den verunglückten Studenten: „Diese ziehen nachmals (wann sie der füllerey ge-
wohnet haben) inn dem land herumb, der eine wirdt ein Gauckler, oder spilmann, der
ander ein thellerschlecker, der dritt ein Teryackskremer, der viert ein bader, der fünfft
ein Henselin oder sonst ein lotterbub" 27i.
Codex C 101 der Züricher Stadtbibliothek, 1453 — 67 von einem St. Galler Mönch ge-
schrieben, sagt vom Planeten Luna:
„mine kind man keines gezeymen kan
Nieman sy gerne sind vndertan
jr angesicht ist bleicii vnd runt",
und als Kinder Lunas werden angeführt:
„leufer, geugler, fischer marner (Schiffer)
farenschuler fögler müller bader
vnd was sich mitt wasser erneret
Den ist diß mons schin bescheret" (Abb. 38).
Fast wörtlich lautet die Stelle in dem von der Bodenseegegend stammenden mittel-
alterlichen Hausbuch aus dem 15. Jahrhundert i so *. wir finden hier die Bader in Ge-
meinschaft mit zumeist fahrendem Gesindel. Einen hohen Grad von Sittlichkeit konnte
man bei diesen Leuten nicht erwarten. Kein Wunder, wenn manche Bäder bis ins
15. Jahrhundert Frauenhäuser, wenn auch wohl selten öffentliche, darstellten, mancher-
orts bis in neuere Zeiten. Die eigene Badestube, welche nach Felix Fabers Bericht
die gemeinen Frauen zu Ulm in der Nähe des Münsters hatten, dürfte wohl ein
* Die Zeichner des mittelalterlichen Hausbuches und des Holzschnittes zum Züricher Codex haben
Bader entsprechend den Eigenschaften Lunas „naß und kalt" als im kalten Wasser Badende aufgefaßt.
In einer Planetendarstellung Behams findet sich dagegen die Badestube abgebildet (Abb. 38).
Badestube und Frauenhaus
85
offenes Frauenhaus gewesen sein so. Auch fanden sie Unterl<unft in den Bädern. Jo-
hannes Stumpf erzählt, daß sich 700 zum Konzil in Konstanz einfanden, die „durch
die gantz statt hinweg" in Frauenhäusern, Ställen und Winkeln wohnten 336 Nach einer
anderen Nachricht waren es zweimal 700, und viele hatten Herberge in den Badestuben
/f^
-Sfr*.-5|4.
Abb. 38. Darstellung des Planeten Luna. Oben links die Badestube mit einem Bader und Baderinnen.
Holzschnitt von Hans Sebald Beham. (1500—1550)
genommen 626. Es klingt demnach gar nicht unwahrscheinlich, wenn in der „Wiletz-
kinder Vasnacht" ein Sohn seinem Vater erklärt:
„Ich wil wern ein frauenwirt
Und ain padkneht, der lest (zur Ader) und schirt.
So mag ich paiderseit gewin haben" i^.
Nicht ohne Grund schrieb Breslau 1486 seinen Badern vor, keinen Dirnen Aufent-
halt zu gewähren 210.
Aber auch das weibliche Badepersonal selbst stellte die Dirnen, das männliche
86 R-i^f der Bader und Baderinnen im 13. und 14. Jahrhundert
machte die Kuppler und nicht nur zwischen jenen, sondern auch sonst nicht gerade
ehrbaren Frauen, die zum Bade kamen, und ihren Liebhabern. Riberin (Badereiberin) war
gleichbedeutend mit Hure 258 (siehe S. 179 Zwagerin), und Quostenbinderin (Person,
welche die zum Schweißbade nötigen Laubbüschel anfertigt) galt als Schimpfwort 259.
Auch in Luthers Schriften tritt die tiefe Verachtung der Baderinnen zutage: „Er heißt
mich einen Wechselbalg und Bademagds Sohn" und „es würden zuletzt auch die Bade-
meid wider mich schreiben" i5i. Der Barfüßermönch Michael Eisenhart in Rotenburg
ob der Tauber sagt 1526, die Deutschen hätten um Luthers willen
„Die mutter gots nnd zart junckfrawen
Gotslesterlich und unbeschayden
Vergleicht den alten badmayden" ^27.
Fürs 13. Jahrhundert hat uns Neithart eine diesbezügliche Schilderung hinterlassen :
„Von dem vruestük süln wir gan Sich, baderinne,
San dan hinne zuo dem bade; du besinne
lade wir die finen vröulin dar, unser gewinne,
z'war, die uns riben, zuo der minne
unt vertriben bereite (ie) dem manne ein (weichez) bette;
unser wile; du darft niht sorgen
keiner ile umb daz borgen,
dar uz vaste, ane kargen,
e er raste sich, uf morgen
drinnen, sam ein vürste. so schaffen wir, daz es wirt eben wette" '^
Auch Herrand von Wildonie läßt bei dem Kaiser im Bad
„solher wtbelin ein teil,
diu man dl vindet ringe veil"
verweilen 438.
Zu Anfang des 14. Jahrhunderts führt der König vom Odenwalde unter den dreißig
Ursachen, welche die Leute ins Bad treiben, auch das Bedürfnis zu minnen an. Besonders
berüchtigt war in dieser Beziehung die Badestube zu St. Leonhard in Basel 260. in
diese Zeit fällt die erste bekannte Verordnung gegen die Unsittlichkeit in den Bade-
stuben. Im ältesten Stadtbuch Luzerns, das vor 1320 abgefaßt ist, verbietet der Rat das
Spielen und Übernachten von Fremden in den offenen Frauenhäusern und Badestuben.
Es durfte keine Frau bei zehn Schilling Buße in einer Badestube baden; am Mittwoch
konnten dagegen zwei, die Ritzmanns und Stecken, nur von Frauen besucht werden.
Überschritt ein Mann das Verbot, so büßte er es mit einem Pfund und mußte einen
Monat von der Stadt sein. Wußte der Bader darum, zahlte er die Buße m.
Ähnliche Verordnungen treffen wir in Norddeutschland an. Hamburg schrieb 1375
vor: „De vrowen scholen baden alle werkeldage van des morgens beth to seven tyd
dages sunder man unde nicht lenger. Van twen tyd dages scholen de man baden beth
dat men tho deme dome vesper luedet, sunder frowen unde nicht lenger. Van vesper-
tyd scholen de vrowen baden beth des avendes sunder man, mer des sunnavendes
scholen de vrowen nicht mer baden den van des morgens beth tho twen tyd dages unde
nicht lenger. Unde denne scholen de man allen dagh vortom uthbaden." Wer zur
Die ersten Gesetze gegen die Unsitfliclikeit in den Badestiiben 87
Mannszeit Frauen oder umgekehrt oder beide Gesciiiechter zusammen baden ließ, iiatte
zehn Schilling dem Rate und fünf dem Handwerk zu geben. „Und were dat welk badstover
(stove = Stube, Badstover = Badstubenhalter) ver werve hir ane breke binnen eneme
jare, de schall jar unde dagh uth dem ampte wesen, id en were, dat en de rad begnaden
wolde" 217. ^,De olden geiofte derStad" Wernigerode enthalten folgende diesbezügliche
Stelle: „Ok umme dat stowen bad schulle gy wetten, dat de mane mege baden van dem
morgen we to XII. siegen unde de frawen van Xll. wete to twey; so moget de manne
auch baden. Unde de manne unde frawe schulle nicht to samende baden" 272.
Speier hatte 1357 zwei Badestuben vor dem „Rinburgetor", „die manne bastube vnde
die vrouwen bastube dabi gelegen" 273.
Das Zusammenbaden von Männern und Frauen hatte schon eine unter dem heiligen
Bonifacius 745 abgehaltene Synode verboten, ebenso das Merseburger Poenitiale aus
dem 9. Jahrhundert '6. 1451 erinnerten der Züricher Chorherr Felix Hemmerlin 274 und
148Q der Berner Chorherr Heinrich Oundelfinqer334 wieder daran, daß verheiratete
Männer und Frauen, die mit Leuten anderen Geschlechts zusammen badeten, das
Heiratsgut verlieren müßten. Dringe aber ein Mann mit Gewalt in die abgesonderten
Frauenbäder, solle er mit dem Tode bestraft werden. Der Meistersinger Hans Foltz gibt
die strenge Durchführung dieser Beschlüsse nur von einem Bad bei Avignon an:
„der bad eins für die frawen ist.
alein der man das ander wist.
welch man bat an der frawen schar
so bald vnd man des wirt gewar
sein haupt hat er on gnad verlorn" ^-.
Schon im 14. Jahrhundert sollen nach Hingst i83 in Freiberg in Sachsen die beiden
Badestuben gesonderte Männer- und Weiberbäder gehabt haben. Aus der Taxordnung
von 1447 geht jedenfalls hervor, daß die Frauen von der Bademayd bedient wurden.
Auch in Baden in der Schweiz schrieb 1496 der Rat dem Bader vor, „darzu soll er denen
frowen nun für hin ein frowen zuo einer riberin halten" 32. in Basel badeten bis 1431
Männer und Frauen zusammen, „das nit wol loblich und an manchen Enden eine un-
gehörte Sach ist". Darauf wurden Männer- und Frauenbad voneinander abgeteilt 26O.
1480 durften nach einer Bamberger Ordnung Eheleute zusammen baden i44. in Butz-
bach in Hessen war im städtischen Bad gegen Ende des Jahrhunderts das Männer-
vom Frauenbad getrennt i94 Den Badern wird jedoch auch im 15. Jahrhundert kein
besseres Zeugnis als früher ausgestellt:
„Der bader und sin gesind Och kunnend sie wol schaffen
Gern huoren und buoben sind, Mit laigen und och mit phaffen,
(Das sich wol dik enphind) Die ir uppkait wend triben,
Dieb, lieger und kuppler, Und kunnend die fröwiin zuo in schiben"^-!'.
Und wissend alle fremde maer.
In Regensburg sollten die Bader im 15. Jahrhundert nach einer Ordnung, die sie mit
dem Rate machten, fürderhin niemanden auf ihrem Handwerk arbeiten lassen, „es sey
fraw oder man auf die Intzigk geen, oder die von Rwf wegen verarckwaingt sint".
Bestimmungen gegen Unsittlichkeit im 16. Jahrhundert
Doch wird 1509 von
der Stadt Fricken-
hausen oberhalb Och-
senfurt berichtet: „Erat
puella in domo bal-
nearia iavari cupien-
tibus ad serviendum
conducta,cujus nomen
memoriae non occu-
rit" 144
Die Badestube in
der Borngasse zu
Frankfurt a. M. hatte
im Beginn des 16. Jahr-
hunderts getrennte
Bäder für Männer und
Frauen 127^ in Braun-
schweig gab es eine
besondere Frauen-
stove. Die Züricher
Bader haben auf ihrer
Pergamentrolle im
Jahre 1503 folgende
hierher gehörige Be-
stimmung verzeich-
net: „Item man sol
ouch kein üppiklich
bad haben, noch nie-
Abb. 39. Farbige Glasscheibe von 1524. Im Besitz von Prof. Rahn in Zürich, mant den andern zu-
samen weihen* weder er, noch die sinen, noch nieman von sinen wegen, es sol
ouch niemant den andern in kein standen zu samen lassen sitzen, sy sygent dann eelich
Personen, die züsamen gehörent, oder eelich natürlich geboren geschwisteryit. Es sol
ouch niemant in keinem wasserbad, in heimlichen wincklen baden, noch in keine kamer
verfüren, damit biderben lüten ire kind vnd ander die iren nit geschmächt, oder geschentt
werden" 243
Wie weit solche Bestimmungen durchgeführt wurden, zeigen uns die Bilder dieses
* Den Ausdrucl< „welben" erl<lärt eine Ratsverordnung von 1530^'^: „Kupplerin. Der Kupp-
leren halb, so da werdend erfundenn, das sy eins bidermans tochter oder Eemenschen verkupplend,
vffenthaltend, ynfürend vnnd gwelbt habend, .... der (Burgermeyster) sol sy dann in Wellenberg
lassen legen, vnd morndes ein stund in das Halßysen stellen, vnd jren dann den Eyd vß vnserer
Herren Statt, Gericht vnnd Gebiet geben."
Wie weit diese Gesetze befolgt wurden
89
Jahrhunderts, und der Züricher Prediger La vater sagt 1583 in seiner Auslegung des
Buches Esther: „Wie auch das, wenn mann vnnd wyb by einanderen in einer badstuben
sitzend, darwider etliche alte canones sind" 276. Auffallend ist, daß wir nirgends die
Darstellung weiblicher Bedienung im Männerbad sehen. Wohl werden Frauen, und
zwar vollständig nackte Frauen, von Männern besorgt (Abb. 39), es gibt aber auch
Bäder, die nur von Frauen besucht sind, wo die Baderin das alieinige Personal bildet
(Abb. 40) oder als einzige männliche Person der Schröpfer sein Amt ausübt (Abb. 72).
Es wurde in diesem Jahrhundert im allgemeinen auf strenge Zucht und Sitte im Bade
gesehen. 1514 entfernten die Räte und der Domdechant von Würzburg den Bader
zum Becken, einer Badestube, die mit dem Spital in Verbindung stand. Als der Fürst-
bischof sich des Baders annahm, teilte man ihm die Gründe der Entfernung mit. Ob-
gleich dem Bader bei seiner Annahme eröffnet wurde, er solle die Tür an der Frauen-
stube geschlossen halten, habe er dies nicht getan, vielmehr einige Domherren und
Abb. 40. Frauenbadstube. Holzschnitt von Hans Sebald Beham. (1500—1550)
90 Der Ruf der Badestuben im 17. Jahrhundert
Edelleute gegen die Spitalpfleger unwillig gemacht, so daß sie sogar den Pflegern einen
Kübel an den Hals hängen wollten. So sei es gekommen, daß viele Uneheliche und be-
sonders „verleumutte" Frauen in das Bad gerne gingen und unziemliches Wesen trie-
ben, so daß fromme Frauen und anständige Jungfrauen gar nicht mehr hingehen
möchten 144 Auch Ulrich von Hütten sagt 1521 von den Domherrn: „so ligen sye
gemeynlich am rücken, vnd haben ire kurtzweyl im bad, vnd brassend stets, sitzen da
vnder den schönen metzen, offt die gantz nacht", und weiter:
„Herr Curtisan ich wünsch euch grüß. Kein wurtz man spar, noch spetzerey.
In ewerm hauß ist Überfluß. Schadt nit, ob das schon tewer sey.
Drumb l<umm ich euch zuwonen bey. Obs sey geholt auß India,
Tragt essen trincken auff, seyd frey. Gewachsen in Arabia.
Doch erst ein bad man wörmen sei. Kumm auß der newen Insel her.
Vnd vnser dorinn pflegen wol, Tragt auff, die f ucker* bringens mer.
Mit reyben, iuken, warm, vnd kalt. Mit essen drincken schafft ein mut.
Darauß wir gehn zum essen bald. Mit vollem bauch ist schlaffen gut.
Do werd ein schön pancket gemacht. Ob dann schon ich bin auch im spil,
Mit großem kosten, reychem pracht. Hart wol sein fug, ist nit zu vil.
Das were biß nach mitter nacht. Ein idas wesen hat sein zil.
Do müssen vil gerichten sein. Ich habs gewogt" ^77.
Fisch, vögel, wiltpret, bir vnd wein.
Eine ähnliche Schilderung ist in den Briefen der Dunkelmänner „De concubinariis
ordine tertiis" enthalten i44 Nach Ryff waren in etlichen Landen deutscher Nation,
vornehmlich in den niederländischen Städten, die Badestuben am meisten „zu an-
reyzung der vnkeuscheyt erbawen, also das mehr mütwillens vnd schand darinn geübt
wirdt, dann in offnen Frawen heuseren", und er klagt, daß die Obrigkeit solche Hurerei
öffentlich zuläßt 4S. Ein Kupfer de Brys von ca. 1600 zeigt, daß es in den niederlän-
dischen Barbierstuben nicht besser zuging 244.
Im 17. Jahrhundert eifert der steirische Physikus Guarinonius gegen die Badestuben.
Anständige Leute ließen ihre Töchter nicht in diese gehen. Dort seien zwar durch
dünne Wände Männer und Weiber voneinander geschieden, der obere Teil aber, um
Holz zu sparen, gegattert, so daß jeder beim Besteigen der oberen Bänke nach der
anderen Seite sehen könnte. Man lasse auch die Tür offen stehen zum Ein- und Aus-
gehen der Bader und „Schandknecht". Diese träten nackend vor Weiber und Jung-
frauen, und wenn sie auch mit der Niderwad bedeckt seien, ließen sie diese öfter schein-
barzufällig entfallen. Auch ließen sie Liegestätten zu unter dem Verwände, nach dem Bade
zu ruhen und zu schlafen (Abb. 41). Sie hielten Metzen und Baddirnen, welche die Baden-
den reiben, zwagen und zur Üppigkeit anreizen täten. So sei das Päperle-Bad zu N. in
Böhmen durch ganz Österreich verschrien gewesen '34 Diese letzte Bemerkung zeigt
aber, daß die Unsittlichkeit doch auf einzelne Bäder beschränkt war. Ja Guarinonius'
scharfe Verurteilung der Bäder erscheint in einem eigentümlichen Lichte, wenn man
weiter von ihm erfährt, daß auch das Baden im eigenen Hause wegen der dazu nötigen
Entkleidung unsittlich sei. Einige fromme Leute hätten nie gebadet, nicht zum Schaden
* Fugger, augsburgisches Handelsgeschlecht.
Der Ruf einzelner Bäder im 18. und 19. Jahrhundert
91
ihrer Gesundheit, im Gegenteil, sie hätten sich besser dabei befunden. Aber auch bei
Philander von Sittewald findet sich (Vorrede von 1664) folgende Stelle: „Andere
giengen in das Bad warumb? darumb, daß sie wollten schräpffen lassen: Aber zu
höchstem ihrem mißfallen hat man vor kurtzem löblich verordnet, daß die Mannsleute,
denen zu Ehren offt dergleichen Badgeldt spendieret worden, in andere Zimmer zu
baden sollen angewiesen werden : Vnd derowegen nicht ohne vrsach ist daß dise arme
Weibriger ietzund so Maulhenckolisch da in gedancken ligen, vnd so traurig da sitzen,
als wolten sie den Banck durchschwitzen" ^e. Noch im 18. Jahrhundert weist eine
Gothaische Ordnung die Obrigkeiten an, fleißig Aufsicht zu üben, daß in den gemeinen
Badestuben die Orte, wo die Manns- und Weibspersonen baden, genügend unter-
schieden werden, weil dort zuweilen viel Üppigkeit vorzugehen pflegt 242 Gegen Ende
des 18. Jahrhunderts waren in Bern die Mattenbäder übel beleumdet 253^ und 1832
schreibt Rüsch, man habe vor einigen Jahren jene Venustempel geschlossen, ihr Ruf
sei aber auf die Aarzihlebäder übergegangen 88.
Ich glaube, daß die in älteren Zeiten bestehende Unehrlichkeit der Bader ihren Grund
darin hatte, daß die Hefe des Volkes zu ihren Angestellten zählte. In Augsburg und
Umgebung wurden durch eine Urkunde von 1365 einige Bader und Scherer als aus der
Leibeigenschaft losgekauft erklärt 46 Die frühere Leibeigenschaft kann aber nicht Grund
zur Unehrlichkeit gewesen sein, wir treffen sie auch bei anderen durchaus ehrlichen
Abb. 41. Darstellung eines nach Art der Badestuben betriebenen Mineralbades. Holzschnitt von
Hans Sebald Beham. (1500—1550)
Q2 Die Unehrlichkeit / Recht- und Wehrlosigkeit der Bader
Handwerken an. Einzelne Badestuben waren Eigentum oder Lehen vornehmer Familien.
Das steht scheinbar nicht in Einklang mit der Unehrlichkeit der Bader und hat zu der
irrtümlichen Angabe geführt, manche Bader seien vornehme Herren gewesen. Bischof
oder Bader heißt aber alles oder nichts ^si. Nach einem 165Ö von Herzog August dem
Jüngern zu Braunschweig-Lüneburg für Burchhard von Bortfeld ausgestellten Lehns-
briefe war dessen Familie im Mannsstamme „von alten Zeiten her mit einem Stoben
auf St. Ulrichs Kirchhofe" in Braunschweig belehnt 279. in Frankfurt a. M. waren einige
Badestuben Eigentum vornehmer Familien 127^ in Ulm besaß ein reicher Großkaufmann
Ott Ruland 1448 eine solche 284 in Baden im Aargau hatten im 14. und 15. Jahrhundert
die Herren von Rümlang das Schröpf- und Scherrecht als Lehen von den Herzogen zu
Österreich 32 Diese verpachteten wohl sämtlich (was auch bei einigen angegeben
wird) ihre Badestuben bezw. Rechte an Bader, wie sich ja auch vornehme Geschlechter,
z. B. die gefürsteten Grafen von Henneberg und die Grafen von Pappenheim mit den
Einkünften der Frauenhäuser belehnen ließen i39 ohne selbstverständlich ihre Familien-
mitglieder dort tätig sein zu lassen. Durch die Einnahmen aus dem unsauberen Hand-
werke eriitt ihr Ansehen keine Einbuße, wenn auch die öffentlichen Frauen tief ver-
achtet waren.
So konnten auch vornehme Leute Inhaber von Badestuben sein ; die im Baderberufe
tätigen Personen waren doch unehrlich. Da die Scherer aus den Badestuben hervor-
gingen, erscheint es nicht wunderbar, wenn auch sie mit dem Makel der Unehrlichkeit
behaftet waren, sonst bietet sich kein Anhalt dafür.
Wir sahen die Bader schon in Gemeinschaft mit allerlei fahrendem Gesindel. Sie
werden diesem in rechtlicher Beziehung auch gleich bewertet. „Pfifer, püker, videler,
Singer, Springer, und koukeler, lezer, scherer, beder" gehören nach der Göditzer Glosse
zum Sachsenspiegel zu den Spielleuten 3 und denen, die Gut für Ehre nahmen und
sich für Geld zu eigen gaben, denen der Sachsenspiegel kein Wehrgeld zubilligte, son-
dern nur die Rache am Schatten des Gegners. Daraus erklärt sich auch das Verbot des
Waffentragens. „Es ensal kein Beder, Scherer, noch ire gesynde tragen schwert, Scher-
messer, noch andere wher wider zu wein, noch zu Byer, noch niergen in der stad",
heißt es im Erfurter Zuchtbrief von 1351 "5 und in den Statuten aus der Stadt Halle
aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts 285; „Ouch wilkorn wir, das gernde leute,
spelleute, scherer', bedere, vnd ore knechte nyrkeyne were tragen sollen, messere noch
swert, bey funff Schillingen"*. Die älteste Rigaer, 1252 gegründete Gilde des heiligen
Kreuzes und der heiligen Dreieinigkeit untersagte die Aufnahme von Webern, Bad-
stubern und deren Angehörigen i93 und die Ladung derselben zu den Gildemahlen 16.
In Prag konnten Bader, Bartscherer, Pfeifer und Musikanten im 15. Jahrhundert nicht
* Mir scheint unter Berücksichtigung des Obigen folgende Angabe bei Jäoer über die Ulmer
Verhältnisse auf einem Irrtum zu beruhen. 1513 gab der Rat das Tragen der langen Wehren gänz-
lich frei. Ein späterer Versuch, dies Gesetz zurückzunehmen, mißlang, weil man die Apotheker und
Bader ausnehmen wollte und die übrigen Bürger sich diese Bevorzugung nicht erklären konnten
(Chron. Veit Martaller) ^o.
Ausschluß der Baderskinder von ehrlichen Handwerken 93
Mitglieder des Rates werden '6. Zünfte, namentlich vornehme, verschlossen Baders-
kindern die Erlernung ihres Handwerks, so die Lakenmacher in Braunschweig (14. bis
16. Jahrhundert), deren Statuten verlangten, der Aufzunehmende solle von Vater und
Mutter echt und recht geboren, deutsch und nicht wendisch, nicht eines Zöllners,
Müllers, Leinewebers, Baders, Barbiers oder Schäfers Sohn sein 278 1472 und 1525
mußte der Rat von Hamburg einigen Goldschmiedegesellen behufs ihrer Aufnahme in
Köln bescheinigen, daß keiner von ihnen sei, „Bartscherers, noch Badstövers, noch
Linnenwebers, noch Spielmanns Kind" 220. in Geburtsbriefen wird deshalb öfters die
Nichtabstammung von Badern und neben den schon genannten Berufen, auch von
Bütteln, Pferdeschindern, Henkern und anderen dergleichen, „dy man nicht pflegt vf
redeliche hantwerger zu nemen", bezeugt, so 1431 und 1443 vom Abt von Altenzella '6
Einen Geburtsbrief, der den Anforderungen der Braunschweiger Lakenmacher ent-
sprach, stellte noch 1660 die Stadt Gronau an der Leine im Stift Hildesheim aus 242.
Ja man bezeugte nicht nur dem Ehrlichen seine Ehriichkeit, sondern vermerkte in
den Taufbescheinigungen dem Unehrlichen in einer besonderen Klausel seine Unehr-
lichkeit. Über diese beschwerten sich „sehr beweglich" die Barbiere, Bader und Lein-
weber bei dem Herzog August dem Jüngeren von Braunschweig, da sie ihren Kindern
bei der Edernung zünftiger Handwerke hinderiich sei. Infolgedessen hob sie der Her-
zog 1650 für Barbierer, 1652 für alle übrigen durch einen Befehl auf 279.
1652 attestierte der Rat zu Hamburg dem Amt der Bader auf dessen Bitte hin, daß
die Bader und deren Kinder daselbst zu allen ehriichen Handwerken, Zünften und
Ämtern zugelassen würden, daß bloß wegen dessen, daß er ein Bader oder eines Baders
Sohn sei, niemand von Ämtern usw. ausgeschlossen werden möge 217. Nach Sach
mußte der Rat noch 1728 den Badern ihre Ehriichkeit den Zünften (wohl auswärtigen)
gegenüber bezeugen is
Man sieht, wie fest der Begriff der Unehriichkeit mit dem Baderhandwerk verbunden
war. Schon 1406 hatte Kaiser Wenzel, der wegen seiner 1393 erfolgten Rettung aus
der Gefangenschaft der böhmischen Stände zu Prag durch die Bademagd Susanne den
Badern sehr geneigt war, diesen 1406 einen nach Schlosser übrigens gefälschten „herr-
lichen und ehrlichen Brieff" gegeben; „darinnen er das Bader-Handwerck allen anderen
Handwercken gleich gemacht und ihr Handwerck und Dienste, so sie Königen, Fürsten,
Herren, Rittern und aller Stände Personen zu leisten pflegen, vor ehrlich und rein ge-
sprochen; daneben allen Juden, Heyden und anderen Unchristen oder berüchtigten
Leuten verboten, daß sie nicht alleine die Badstuben sondern auch der Bader Wohnunge
nicht besuchen und dieselbige meiden sollen. Aber das solle sich niemand vorsetzlich
unterstehen, die Bader zu schmähen oder etwas wider ihre ehriiche Dienste zu reden.
Dafern aber jemands ihnen oder ihrem ehriichen und reinlichen Handwercke zu Nach-
theil und Verkleinerung etwas muthwillig reden würde, derselben jeglicher solle ohn
alle Gnade in des gegenwärtigen oder zukünfftigen Königs von Böhmen Zorn und Un-
gnade fallen, seines Kopffs veriustig und alles sein beweglich und unbeweglich Gut
94
Außiebung der Unehrlichkeit der Bader
von Rechtswegen an die Ältisten des Bader-Handwercks, so dazumal seyn würden,
verfällig seyn, welches sie an ihres Handwercks gemeinen Nutz und Frommen anzu-
wenden schuldig seyn solten. Daneben hat ihnen gemeldter König aus Gnaden ver-
liehen, daß sie sich allesamt dieses Wapens gebrauchen solten, als nemlich : In einem
güldenen Schilde eine blaufarb knotenweise gebundene Binden führen, darinnen in der
mitten ein grüner Papagei stehen solle (Abb. 42). Dessen allen zu Zeugnuß hat der König
zu diesem Brieff seine Majestät in weißem Wachse mit eigener Hand angehengt und auf
rothem Wachse sein Secret, darinnen eine Baderin im Bade-Kittel, welche am lincken
Arm einen Wasser-Kübel hengende und in der rechten Hand einen grünen Quast hält,
ausgegraben (Abb. 65), aufgedrückt etc." 286.
Die Reichspolizeiordnungen von 1548
und 1577 mußten von neuem den Zünften ge-
bieten, der Bader und anderer verachteter
Handwerksleute Kinder, wenn sie sonst eines
ehdichen Herkommens, Handelns und
Wesens seien, aufzunehmen, was 1Ö89 von
Leopold 1. 16 und später in Sachsen-Ootha
wiederholt wurde 242. Die Gräflich Schwarz-
burgische Badeordnung im Amt Gehren be-
strafte noch im 18. Jahrhundert die Beleidi-
gung der ganzen Baderzunft 242. Die Un-
ehrlichkeit der Bader übertrug sich nicht nur
auf die männlichen, sondern auch auf
die weiblichen Nachkommen. Kein Hand-
werksmeister oder Geselle durfte, wenn er
nicht seine Zunftmitgliedschaft gefährden
wollte, eines Baders Tochter heiraten. Üb-
rigens zeigt sich an manchen Orten keine
Binde und der grüne Papagei (Eisvogel), das Spur von einer Unehrlichkeit der Bader,
von Wenzel den Badern verliehene Wappen, . ,- ij i \^ ^o^ u v.^^r-r,^
,, ., uu- i- ■ A f xvT 1 so m Frankfurt a. M. 127 nach Zappert
vi^elches sich auch häufig in den für Wenzel an- .. '
gefertigten Bilderhandschriften findet. in Österreich >6. In Augsburg heiratete 1525
Nach VON Schlosser. Dr. FROST, der sechs Jahre zu St. Anna Prior
der Karmeliter gewesen war und Augsburgs erster lutherischer Prediger wurde, eines
armen Badereibers Tochter, und sind „vil erbarer, reicher leut auff seiner hochzeit ge-
wessen, trauen und mann"2so. in Hamburg bildeten die Bader 1375 eine anerkannte
und bestätigte Zunft. Ihre Mitglieder genossen des Waffenrechts, und dem erbange-
sessenen Badermeister war der Besuch der bürgedichen Konvente ebensowohl gestattet,
wie jedem Haus und Erbe besitzenden Bürger 220. Auch in Würzburg finden wir die
Bader bei der Aufbeschwörung und dem Vertrag aller Handwerke mit dem Rat 1373
vertreten 144 Als Zürich 1336 die BRUNsche Verfassungsänderung annahm und es zur
Abb. 42. „Prager Entlein" an dem vom König
Wenzel vollendeten Altstädter Brückenturm in
Prag. Die blaufarb knotenweise gebundene
Verhalten der ehrlichen Bader gegen unehrliche Handwerke 95
Bildung der bis dahin verbotenen Zünfte kam, wurden Bader und Scherer mit Schmieden,
Schwertfegern, Kannengießern, Glockengießern, Spenglern und Waffenschmieden, also
den angesehensten Handwerken in einer Zunft untergebracht. Nur die „Uffbisewer"
und Kammacher waren nicht zünftig 281. Die Bader genossen damit zu den städtischen
Ämtern aktives und passives Wahlrecht. 1337 bestätigte Kaiser Ludwig die neue Ord-
nung 2S7. Doch zeigt sich auch hier ein Anklang an die Mißachtung der Bader und der
mit ihnen seit 14Q0 zu einer Gesellschaft innerhalb der Zunft vereinigten Scherer. 1655
hatten die Messerschmiede in Basel die Heirat eines ihrer Mitglieder mit eines Barbiers
ehelicher Tochter als an ihren Ehren nachteilig erklärt, was zu einem „Schimpf- und
Scheitungshandel" führte. Den gleichen Lärm erhoben die Meister Messerschmiede in
Zürich bei Anlaß einer gleichen Heirat. Der daran anschließende „kostliche Prozeß"
fand erst 1658 durch Vergleich ein Ende, wie es scheint durch Vermittelung der Zünfte
von Frankfurt a. M. und Nürnberg. 1668 hatten die Bader wieder einen Handel mit den
Messerschmieden, in dem sie von den Scherern mit fünfundzwanzig Schilling aus der Ge-
sellschaftskasse unterstützt wurden. Die Scherer dünkten sich wieder mehr als die Bader.
1684 hatte ein Geselle, der bei einem Landmeister zum Scherer und Bader zugleich heran-
gebildet war, das Wörtchen Bader in seinem Lehrbrief ausgekratzt. Die Meister Scherer
erklärten, ob dieser Frechheit nicht wenig verwundert zu sein, aber hundert Jahre später
(1762) gaben auch sie ihre Mißachtung der Bader offen kund. Man wollte den Ob-
mann der Bader bei Zusammenkünften und Mahlzeiten nicht am Tisch der Vorgesetzten
sitzen lassen, weil ein geschworener Meister der Scherer allezeit mehr geachtet werde
denn ein Obmann der Bader. Man einigte sich schließlich dahin, daß der Bader Ob-
mann über den jüngeren geschworenen Meistern der Scherer sitzen solle, aber nur bis
zur Mitte vorrücken dürfe 243.
Wo Bader und Scherer ehrlich waren, verhielten sie sich den Unehrlichen gegenüber
ebenso schroff ablehnend wie die übrigen Handwerke. Fast zur selben Zeit, als die
Messerschmiede in Zürich den Scherern ihre Mißachtung ausdrückten, verweigerten
diese (1658) die Aufnahme des Sohnes eines losgekauften Scharfrichters in ihr Hand-
werk. Sogar Meister und Gesellen von Straßburg legten memoria ein. Der junge Vol-
mar, nun Steinfels genannt, wurde aber 1665 auf Ratsbeschluß zum Examen zuge-
lassen 243. In Würzburg erschien am 19. März 1495 das ganze Baderhandwerk vor dem
Rate und klagte, daß zu einer Hochzeit, welche ein Knecht ihres Handwerks gehalten,
der Scharfrichter gekommen sei und sich zwischen Bräutigam und einen anderen Knecht
gesetzt habe. Deshalb baten sämtliche Zunftmitglieder, damit Ehrbarkeit und Zucht er-
halten bleibe, dem Bräutigam das Handwerk zu verbieten. Dieser verteidigte sich je-
doch, er habe den Scharfrichter nicht eingeladen, dieser sei als Nachbar seines Weibes
von selbst gekommen und habe sein eigenes Essen mitgebracht. Auch sagte er, er
müsse den Scharfrichter baden, scheren und stehe sonst noch im Verkehr mit ihm.
Trotz dieser Einrede wurde der Bräutigam mit ein Pfund Wachs und ein Achtel Wein
bestraft i44
96 Die Bader als Trinker und Schwätzer
Sehen wir von der Unehrlichkeit der Bader ab, so hatten sie auch aus anderen
Gründen keinen besonders guten Ruf. Sie galten im allgemeinen als Trinker. Bei
Stieler heißt es :
„Er izzet als ein mäder (Mäher)
und trinket als ein bader" '^i^
und Abraham a Santa Clara sagt 1711: „Sie können sich in das Fasten weniger
schicken, als David in den Harnisch des Saul. Es kommt mancher ganz roth im Gesicht
nach Haus, daß man vermeinte, er hätte sich mit Zinnober gebadet, es war aber nur ein
Safft vom Oktober" 288. Auch Goethe spricht von einem versoffenen Bader 'si. Sogar
die Hüterin trinkt nach des Teufels Netz „och gern guoten win"24i. Die 1754 noch
gültige gräflich schwarzburgische Baderordnung für das Amt Gehren ermahnte die
Bader, sich neben der Gottesfurcht auch der Nüchternheit zu befleißigen, damit niemand
der chirurgisch Behandelten durch Unfleiß und Trunkenheit verwahrlost werde 242 Man
darf deshalb nicht verwundert sein, wenn § 11 in den Statuten der Züricher Bader von
1604 lautet: „Zum einlifften. sol einer verstendigen Person danüdtfürgeschribensyn"24o.
Eine Verordnung des Rats zu Ulm von 1379, die bis 1538 in Kraft blieb, kennzeichnet
die Bader als recht leichtsinniges Volk. Es wurde den Badknechten untersagt, das zur
Unterstützung Dürftiger in die Zunftbüchse gelegte Geld nicht mehr wie früher bei
Höfen, Gastereien und Fastnachtsschimpfen zu verzehren so. Auch in Zürich hatten
Bader und Scherer 1490 nach ihrer Abtrennung von der Schmiedezunft nichts eiliger zu
tun, als das ihnen ausgezahlte Geld unter sich zu verteilen. Der Rat forderte aber die
Wiederaufbringung des Gesellschaftsgutes und bestrafte die anführenden Übeltäter
noch besonders 289.
Die Geschwätzigkeit der Bader ist allgemein bekannt. „Und wissend alle fremde
maer", sagt schon des Teufels Netz 24i. Der Ausdruck Salbadern, viele und unnütze
Worte reden, soll nach Adrian Beyers Architectus Jenensis (1681) von dem Bader an
der Saale in Jena, dem Saalbader, hergenommen sein, „der albern Possen auf die
Bahn brachte" 282. Eine andere Erklärung läßt Salbadern mit Seelenbad in Zusammen-
hang stehen (siehe S. 194).
In Würzburg wurden die Badknechte von der Obrigkeit auf die Handwerksgesetze
verpflichtet. Trotzdem treffen wir einige Male Auflehnungen gegen die Meister im 15.
Jahrhundert an. 1457 wurden sechs Baderknechte gefangen gesetzt, die etlichen Meistern
vor die Häuser gegangen waren und die Badknechte herausgefordert hatten. 1462 hatte
Eberhard Ludwig, ein Schererknecht zum „Becken", der Badestube des Spitalmeisters,
alle anderen Badknechte Gelübde ablegen lassen, worauf alle aus der Stadt gezogen
waren. Er wurde abwesend verurteilt, später aber gefangen genommen und ins Loch ge-
legt, um auch den anderen Handwerksgesellen Furcht zu machen. Ihm war schon früher
das Betreten der Stadt Kitzingen verboten worden, weil er auch dort dem Handwerk „treu-
los" geworden war. Nach Verbüßung einer Strafe wurde er aus Würzburg verbannt i44.
Nach meiner Ansicht deckten sich ursprünglich Bader- und Schererberuf. Da aber
Trennung von Bader- und Schererberuf (yj
die Badestuben auf eine bestimmte Zahl beschränkt waren, der Kauf und Betrieb einer
solchen große Mittel erforderte, übte ein Teil der Bader, falls sie nicht lebenslang Ge-
sellen bleiben wollten, das Handwerk, Scheren, Schröpfen, Aderlassen und Wund-
behandlung ohne die eigentliche Baderei aus, das waren die Scherer. Wir finden des-
halb in früheren Zeiten ohne weiteres die Übernahme eines Bades durch einen Scherer.
In Zürich hatte von 13Ö9— 70 Hans Scherer von Straßburg die Badestube an der Linggi-
Gasse inne^^s^ in Jena die vor dem Saaltor 13ÖQ ein „rasor"290. |m 15. und 16. Jahr-
hundert kam dies in den süddeutschen Mineralbädern öfters vor. Aber auch schon 13Q7
erhielt in Bad Enggisstein (Kanton Bern) Hans Scherr von Worb als Erblehen die
„Taferne", „datz er besorgen soll datz bhad und 8 Bhadkammern yn richten" 90.
Erst als die Handwerke in ihren Ordnungen die Befugnisse eng umgrenzten und sich
gegenseitig zu befehden anfingen, traten an zahlreichen Orten Scherer und Bader einander
schroff gegenüber, selbst dann, wenn sie zu einer Zunft gehörten. Die Badergesellen
durften nicht mehr eigenmächtig ihrem Berufe nachgehen, in Ulm wurde den nicht
zünftigen, d. h. den nicht bei einem Meister in Arbeit stehenden 1470 jede Tätigkeit ver-
boten 215. Sie durften nur noch im Auftrage eines Meisters arbeiten. Die Badermeister
und noch öfter die Scherer erhoben unerbittlich Einspruch gegen die unerwünschte
Konkurrenz. Auch durfte kein Scherer, der nicht Bader zugleich war, eine Badestube über-
nehmen. In Zürich wurde jedoch dem Scherer die Übernahme eines Bades leicht gemacht.
Er kaufte sich bei der Baderlade ein, und damit wurde der Scherer Bader. „Wenn einer
nur eine Badstubengerechtigkeit hat", heißt es vorwurfsvoll in einer Eingabe an den
Züricher Rat im 18. Jahrhundert, „so machen die Bader gegen Gebühr jemanden in
einer und der gleichen Minute zum Jungen, Gesellen und Meister" 243 Die Wiener
Bader verlangten jedoch 1625 vom Barbierer, wenn er das Baderecht erlangen wollte,
daß er das Handwerk erlernt habe und wenigstens drei Jahre darauf gewandert sei, was
Kaiser Leopold I. 1665 bestätigte 1 6.
Darauf haben wohl Beschlüsse von 1740 und 1750 der Züricher Gesellschaft zum
schwarzen Garten (die Scherer und Bader umfaßte) Bezug. Es sollten, um mit dem
Reich nicht in Streit zu kommen, die Lehrbriefe der Knaben, welche auf dem Lande
Scherer und Bader zugleich gelernt hatten, nicht mehr von den Scherern allein ausge-
stellt werden, sondern auch von den Badern, weswegen sie sich in Zukunft auch bei
deren Lade und nicht nur bei der der Scherer einkaufen mußten. Tatsächlich war vor-
her ein solcher von den Scherern ausgestellter Scherer-Bader-Lehrbrief von den Badern
in Wangen beanstandet worden, was einen Sturm von Entrüstung bei den Züricher
Scherern hervorgerufen hatte, „sintemal noch alle von ihnen gegäbene Lehrbrief nit
allein durch das ganze römische Reich, sondern in allen Orten, durch das gantze Teutsch-
land passiert seyen" 243
Das sind die wenigen Fälle, in denen die Bader den Spieß gegen die Scherer kehrten,
sonst sind sie in dem unausgesetzten Kampfe, der zwischen den beiden Bruderhand-
werken bestand, die Angegriffenen gewesen.
Martin, Badewesen 7
98
Die Bader und die innere Medizin
Abb. 43. Badestube zu Heilzwecken (Kräuterbadstube). Holz-
schnitt aus: Eyn new Badenfart von L. Friessen. Straßburg, M.Jacob
Cammer. ca. 1540.
Im Mittelalter waren
die innere Medizin, die
höhere Chirurgie eine
freie Kunst. Was dem
landfahrenden Arzte zu-
stand, war dem Bader
nicht verweigert. Innere
Krankheiten wurden in
Badestuben behandelt.
Dafür sprechen die Kräu-
terbäder, die man in
diesen bis in die neueste
Zeit verabreichte , die
Schwitzapparate, die dort
aufgestellt waren (Abb.
43). Die Badestube er-
scheint sogar einmal als
Krankenhaus. 1491 baten
die Bürger zu Würzburg den Rat, um Gottes willen einen armen Mann, welcher alt, krank
und unvermöglich sei, sich Almosen zu betteln, ins Spital aufzunehmen, derselbe sei auch
vier Wochen in der Badestube gelegen i44 Daß der Bader bei Kuren innere Mittel, nament-
lich die vor jeder Badekur notwendigen Abführmittel reichte, ist anzunehmen. 1553 be-
stimmten Bürgermeister und Räte zu Zürich, daß den Apothekern nach Ablegung des
Eides vorgelesen werden solle, starke Abführmittel nicht an jedermann zu verkaufen
und das rechte Gewicht zu beachten, namentlich „Scammonea, ein safft, welchen
M. Jakob Jeger, Bader vf Dorf vil brucht hat" 283.
Als die Verabreichung innerer Mittel ausschließlich den studierten Ärzten als Recht
zugestanden wurde, verbot man überall den Badern, auch Scherern und Chirurgen, Ab-
führmittel anzuwenden, oder gestattete ihnen nur, sie auf ärztliche Verordnung zu reichen.
Wundtränke waren erlaubt. Anders verhielt es sich mit der höheren Chirurgie. Als diese
den Marktschreiern entrissen wurde, verblieb sie in einem Teile Deutschlands Badern
und Scherern gemeinsam, ebenso die Behandlung frischer Wunden. In Konstanz 2i9
Breslau 210 waren im 15. Jahrhundert, in Wien, Berlin, Köln an der Spree 29i, Augsburg,
Nürnberg im 16., in Ulm 1653 235^ in Württemberg 1651292 dje Bader den Scherern
vollkommen gleichberechtigt. Meist wurde zur Ausübung der Chirurgie die Ablegung
einer Prüfung neben einem Meisterstück, das in der Regel in Anfertigung von Salben
und Pflastern bestand, gefordert. Aus beiden Handwerken konnten die Amtschirurgen
gewählt werden. Schon 1400 behandelte in Nürnberg der Bader am Zottenberg einen
vom Scharfrichter Geblendeten auf Ratskosten 207. Freiberg in Sachsen hatte im 16. Jahr-
hundert einen Bader pestilentialis 293.
Die Bader und die Chirurgie
99
In anderen Städten wurde den Badern das Recht zur Ausübung der Chirurgie von
den Scherern bestritten, obwohl sie fast überall behaupteten, es von alters her zu be-
sitzen. In den Streitigkeiten gingen die Scherer mit großer Leidenschaft und nicht immer
allzu ehrlich vor. Als Halberstadt 1694 einen Bader zum beeidigten Stadtchirurgen
machen wollte, erklärten die Balbierer, daß im ganzen römischen Reiche „nicht erhöret
worden, daß ein Bader Chirurgiam exercieren, vielweniger ein beeydigter Stadt-Chirur-
gus seyn könte". Die Bader wandten sich aber an den Rat von Dresden, und der be-
zeugte, daß dort den Badern Chirurgie zu üben freistehe wie den Balbierern, der Stadt-
bader die im Dienste der Stadt Verunglückten und die Kinder des Waisenhauses be-
handele, „zu geschweigen.
daß bey Chur-Fürstens Joh.
Georgen des 11. höchstseel.
Andenckens Zeiten, aus
dessen officin unterschied-
liche Compagnien der am
Hofe stehenden Garde mit
Feldscherern versehen ge-
wesen". Im gleichen Jahre
hatte der Kurfürst von Bran-
denburg schon einige Monate
vor jenem Briefe Halberstadt
freigegeben, einen Bader als
Stadtchirurg anzustellen, und
16Q6 tat es dies auch. 1701
geschah das nämliche zu
Holzthaleben für das Amt
Keula vom Grafen von
Schwarzburg aus 242_
Daß es ein Militärarzt im
17. Jahrhundert nicht unter
seiner Würde hielt, im Bad als
Bader nackt seines Amtes zu
walten, zeigt Abb. 44. In
Würzburg war 1604 ein Dr.
Stengel zugleich Barbier und
Bader. Er ließ im dortigen
Franziskanerkloster zur Ader,
schröpfte und badete 294. Der
eigentliche Baderberuf trat
aber trotzdem immer mehr in
Abb. 44. Joß Lindouwer, Bürger von Zürich, Okulist, Stein- und
Bruchschneider und gewesener Feldscherer in Frankreich.
Scheibenriß von Hans Jägoli in Winterthur. 1607. Aus der
Statistik Schweizerischer Olasgemälde und Handzeichnungen.
Jg. IQOO. Landesmuseum Zürich.
100 Die Bader und das Barbierhandwerk
den Hintergrund. Die Wiener Bader, die einst mit ihren Wasserkübeln zum Feuer
laufen mußten, erschienen von 1759 an mit Verbandszeug auf der Brandstelle 10.
IneinzelnenGegenden,namentlichim nordwestlichen Deutschland,aberauch teilweise
in der Schweiz, war den Badern nur die Behandlung alter Schäden und Geschwüre,
nicht die frischer Wunden erlaubt, in Zerbst und Gotha wurde ihnen im 17. Jahrhundert
wenigstens das Anlegen eines Notverbandes gestattet. Große, Jahrzehnte dauernde
Prozesse wurden in mehreren Städten bis zu den höchsten Instanzen zwischen Badern
und Scherern wegen des Rechts der Wundbehandlung geführt 242 Die Behandlung
von Knochenbrüchen und Verrenkungen ist nirgends Gegenstand des Streites, sie war
1653 in Naumburg, 1699 im schwarzburgischen Amte Keula auch dem Scharfrichter er-
laubt 242 Eine Züricher Ratsverordnung von 1431 gestattete den Schuhmachern,
Schmieden und Wagnern, bei Einrichtung der Arm- und Beinglieder einander zu helfen
ohne Widerspruch der Scherer 55i. Zur Ader zu lassen, war den Badern bald verboten,
bald eriaubt, mancherorts nur in der Badestube, ebenso das Aushängen der Aderiaß-
binde (Abb. 28) an den zum Adedaß günstigen Tagen. 1792 war die Sitte in Nürnberg
abgekommen, obwohl Bader und Scherer noch auf das rechtzeitige Aushängen schwören
mußten i95.
Am heftigsten umstritten war das Scheren. Im allgemeinen kam es den Badern da
zu, wo sie Chirurgen waren und gleiche Rechte wie die Scherer besaßen. Obwohl
letzteres in Nürnberg der Fall war, verlangten die Scherer, daß die Bader nur dann
scheren sollten, wenn die Leute wirklich bei ihnen badeten, folglich ausgezogen und
naß waren. Der Streit wurde anfangs vor dem Rate geführt, kam nachher an den kaiser-
lichen Reichshofrat und endlich an das Kammergericht, kostete beiden Parteien mehrere
tausend Gulden und wurde 1704 durch einen Vergleich beendet. Das Verhältnis
zwischen beiden Handwerken war um diese Zeit ein derart gespanntes, daß die gegen
Ende des 17. Jahrhunderts gegründete Anatomie einging, weil die Scherer den Bader-
gesellen den Zutritt erschwerten. Auch 1773 mußte in einer Anatomieordnung geboten
werden, Haß und Neid und Feindschaft gegeneinander solle abgelegt werden, Bader
und Barbierer seien Chirurgen, und keiner habe vor dem anderen einen Vorzug i^s.
In Basel war 1340 den Badern erlaubt, in den Badestuben zu scheren 255 1532 in
Lübeck (1672 aber nur an den Badetagen), 1701 in Jena 242, 1454 in Frankfurt a. M.,
1455 wurde aber hier verordnet, daß nur das Naß-, nicht das Trockenscheren in der
Badestube gestattet sei, 1470 das Scheren außerhalb derselben verboten 127^ was auch
in Jena der Fall war 242 in Zürich durften 1490 243 und in Ulm 1470215 die Bader in
ihren Stuben scheren, wenn sie dazu aufgefordert wurden, in Zürich 1529 aber nicht
in der Hütstube (Abziehstube). In den Bürgerhäusern zu scheren, war ihnen gestattet,
wenn sie dahin gerufen wurden, und nur im Bad, 1603 in Lübeck 242 wenn der zu
Scherende tatsächlich unangekleidet war.
An manchen Orten war den Badern gestattet, Barbierbecken gleich den Scherern
auszuhängen, zuweilen zum Unterschied von diesen in einer geringeren Anzahl (Abb. 38).
Kampf der Bader mit den Scherern wegen des Rasierens 101
Doch wurde ihnen zuweilen trotz des Scherrechts in der Stube l<ein Beci<en zugebilligt.
Der Rat zu Zerbst ließ 1620 durch seine Diener die ausgehängten Becken der Bader
entfernen und schrieb vor, nach früherem Brauch ein weißes Laken über der Tür an-
zubringen 242 In Hamburg suchte 1674 der kaiserliche Friedens-Kommissarius Graf
Windischgrätz den Badern das sehnlichst gewünschte Recht zum Aushängen mehrerer
Becken zu verschaffen, doch ohne Erfolg. Im Anfang des 18. Jahrhunderts nahm der
Streit zwischen Badern und Scherern in Hamburg mehr einen komischen als ernsten
Charakter an. Die zum Rasieren ausgehenden Badergesellen wurden von den Barbier-
gesellen überfallen, geschlagen und ihrer Scherbeutel beraubt. 1705 erschien bei einem
ähnlichen Vorfall „die notleidende Gerechtigkeit der Barbierer und der daran hangenden
bürgerlichen Freiheit u. s. w.", worin die Barbierer über namhafte Ratsherren und Gra-
duierte sich beschwerten, daß diese sich von Badern und anderen Pfuschern rasieren
ließen. Die Bader entgegneten in einer gedruckten Vorstellung, daß die Barbierer wider
Wahrheit, Recht und Tugend, wider Gott und Menschen sich versündigten, wenn sie
die Bader zu den Pfuschern zählten. Sie beriefen sich auf Kaiser Wenzels Freiheitsbrief
und nannten die Barbierer „Böhnhasen des Baderamts", was diese eine „beispiellose
Ausverschamtheit" nannten. Sie ließen eine Schmähschrift drucken : „Die durch bessere
Gegenvorstellung entblößten Bader, ihrer mit Feigenblättern beschmückten Vorstellung
entgegengesetzet" 220.
Man versteht den Kampf der Bader, wenn man bedenkt, daß im 18. Jahrhundert mit
der eigentlichen Baderei nicht mehr viel zu verdienen war. Wo ihnen Chirurgie und
Barbierhandwerk verschlossen war, fristeten sie von den geringen Einkünften des
Schröpfens ihr Leben. Als in Zürich im 19. Jahrhundert nach der Auflösung der alten
politischen Zunft die Gesellschaft zum schwarzen Garten als eine Privatvereinigung
wieder erstand, fügte man dem früheren Namen noch „der Chirurgen" hinzu, wodurch
der Ausschluß der schon längst lästigen Bader für immer erfolgte 243.
DIE PRIVATEN BADER
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a^^;tt(,SüU\ÄSU
B
neben den ehehaften Badestuben bestanden die privaten weiter. Ihre
Errichtung war, wenn auch nicht immer, unabhängig von einer
obrigkeitlichen Bewilligung.
Auf den Burgen wurde ausgiebig vom Bade Gebrauch gemacht,
obwohl der Ritterspiegel von den abgehärteten Rittern sagt: „und
wizzin von badin nicht zu segin", nur dem „Zertelinge" sind die
„badehemede wol bekant" 122. Aber Heinrich von Kempten nahm
auf der Heerfahrt in seinem Zelte ein Bad und ließ dazu aus einem Dorfe einen Zuber
herbeischaffen 295.
Man badete nicht täglich. Ulrich von Liechtenstein ließ eines Tags im Jahr 1248 die
Falkenbeize ausfallen. „Ich wil ez durch min bat hint län", sagt er 268 Tannhäuser
badete zweimal in der Woche, was neben schönen Weibern, gutem Wein und Morchel-
frühstück den Geldbeutel nach eigenem Geständnis sehr erleichterte i03. Das geschah
aber wohl in einer öffentlichen Badestube.
Vor der Aufnahme in den Ritterstand hatte der Knappe ein Bad zu nehmen. Es han-
delte sich nicht nur um ein einfaches Reinigungsbad vor dem Feste, sondern um einen
Teil der Zeremonien, die eine geistige Reinigung darstellten. Nach dem Bade wurden
ganz neue Kleider angelegt. Der Knappe brachte darauf die Nacht mit dem Priester und
den Taufpaten unter Fasten und Beten in der Kirche zu. Der Brauch bestand nur an
manchen Orten. Der wahrscheinlich über ganz Europa verbreitete Bathorden erhielt
von den genannten Zeremonien seinen Namen 307. ich möchte einen Rest derselben,
allerdings als Karikatur, in späteren Gebräuchen der Handwerksgesellen, der Studenten
und einiger sogenannten Burschengesellschaften in den Dörfern Thüringens sehen, wo
auch bei der festlichen Aufnahme Bader oder Barbierer neben den Paten auftraten, ohne
daß eigentlich gebadet wurde.
Dem Gaste wurde nach seiner Ankunft auf der Burg „nach hübschen siten" 296 ein
Bad bereitet (Erec297 Bieterolf 298, trojanischer Krieg 296 Alpharts Tod 299). Der
Knappe geht im nackten Boten sogar uneingeladen ins Bad 212. im Wigalois^oo wird
der Empfang zu Anfang des 13. Jahrhunderts, wie folgt, geschildert:
„er nam gesellecliche
hem Oäwein bi der hant.
den heim man im abe bant
und fuorte in an guot gemacli.
Bad zur Minnesäiwerzeit
103
Abb. 45. Herr Jakob von Warte im Wasserbad. Miniatur aus der Manesseschen Handschrift.
14. Jahriiundert. Nach Kraus.
104 Baden auf den Burgen
zuo sinen knappen er do sprach abe schutter sin isengewant.
,nu badet den riter schone, si fuorten in enwec zehant
daz ichs iu iemer lone'. und hatten in riteriiche."
Das Baden geschah im „wazzerbad" 30i, der Zweck desselben war, den „räm" oder
den „harnaschräm" (Bieterolf) abzuwaschen.
„Ein bat hiez er (Erec) bereiten:
wand' er von arbeiten
von dem gewaefen üf der vart
sweizic unde rämic warf'^^T.
Das Bad wurde aber auch am Tage nach der Ankunft gereicht, so Tandareis 267
Parzival 254 Meleranz langte auf Burg Belfortemunt an. Am anderen Morgen
„do lac er niht langer da.
er stuont üf, man fuort in sä
in ein harte schoenez bat.
er wart an der selben stat
gebadet und erstrichen wol"^°2 (vgi_ Abb. 45).
Das Streichen geschah einmal zum Entfernen des Schmutzes, dann als eine Art Mas-
sage besonders zur Behandlung von Beulen, die im Turnier erhalten waren. Das Bad
nach dem Turnier wird öfters erwähnt, z. B. im Bieterolf 298^ von Ulrich von Liechten-
stein 268 und im Liederbuch der Clara Hätzlerin 259.
„Günther dö die helde bat
daz si sich ze hüse liezen laden
er wolt si schöne heizen baden
unde in schenken sinen win" ^ss.
Man zechte also auch bei dieser Gelegenheit.
Im Parzival, in Liechtensteins Frauendienst, auf Jakob von Wartes Bild in der
MANESSEschen Handschrift (Abb. 45) wird das Bad als besondere Ehrung mit Rosen be-
streut. Noch im 18. Jahrhundert berichtet Marcard i60 von einer derartigen Galanterie
einer Dame gegenüber. Der Verehrer hatte aber nicht mit dem Pyrmonter Wasser ge-
rechnet, das mit den ins Bad geworfenen wohlriechenden Kräutern unangenehme Ver-
bindungen einging, so daß die Dame mit pechschwarzen Fingerspitzen und Nägeln an
Händen und Füßen das Bad verließ.
Die Bedienung beim Bad geschah durch Jungfrauen, Mägde (Abb. 45) oder Knappen.
Auffallenderweise ist von einem Abtrocknen nach dem Bad nicht die Rede. Nach fast
allen Berichten wird dafür ein Badelaken oder Badehemd gereicht, in dem man sich zur
Erkühlung oder um Ruhe zu pflegen aufs Bett legte, um darnach leinene, vom Hausherrn
gestiftete Gewänder anzulegen. Nach Conrad Clauser (Basel 1598) aber trocknete man
den Leib mit „der badlachen" 556^ nach dem St. Galler Codex Nr. 760 rieb man ihn mit
warmen Tüchern trocken, die man nachdem um sich schlug. Der Name „badtuch"
kommt schon in dem Gedicht auf die Bergtheimer Schlacht vor (1400) ^9
Das Badelaken sollte Parzival „umbe nemen", dem Vater in der halben Decke (13. Jahr-
hundert) wurde es „angegeben", um darauf im Bett zu liegen 212, das mit Ärmeln ver-
sehene Badhemd zog Agamemnon über den Kopf 296 Beide Gegenstände sind aber
dasselbe.
Badehemd und Badelaken 105
„ouch hienc ein badelachen da ein badehemde atso rieh,
an einem ast der linden. mit golde was vil meisterlich
ich waen ieman möht vinden vil waehiii bilde dran genit",
heißt es im Meleranz302. Hans Sachs läßt den Kaiser Julianus im „badtmantel" zum
Bade gehen, an seiner Stelle kehrte der Engel im „badlach" zurück 29 Murner legt
sich nach dem Bad im „badmantel" nieder 0. Nach Hans Sachs gebrauchte ein Pfaffe
einen schneeweißen „badkittel" nach dem Bad i5i. Ein anderer Ausdruck für dies
Kleidungsstück war „badekappe". Die Ambraser Handschriften des Schwabenspiegels
aus dem 13. Jahrhundert, die des Klosters Einsiedeln aus dem 14., die der juristischen
Bibliothek zu Zürich aus dem 15. haben „badelachen", die drei Baseler und eineZüricher
auch aus dem 15. Jahrhundert dafür „badekappe" und der erste Druck „badhemet" 558
In Frankfurt sind beim Verkauf des Hausrats eines Metzgers „10 hei. vor ein allten
badkittel" verzeichnet 127^ die Markgräfin Margarete von Brandenburg hatte, wie sie 1473
von Köln an ihren Oheim, den Kurfürsten Albrecht schrieb, „grosen geprechen an hemden
und padkitteln" 54 |m Loos- und Teilungsbuch der Kinder Konrads von Glauburg zu
Frankfurt kommen 1482 zwei „Badekappen" vor 127 (Jim hat 1346 in einer Hüttenrech-
nung ein „Badhemd" verzeichnet 50.
In der Regel werden die Badelaken bei den Minnesängern als weiß, häufig als seidene,
sonst als leinene bezeichnet. Sie wurden auf den Burgen vom Wirt dem Gaste zur Ver-
fügung gestellt, im Bieterolf erhalten sie die nach dem Turnier badenden Ritter von
edlen Frauen zugesandt. Markgräfin Anna von Brandenburg schickte 1470 ihrem
Bruder, dem Herzog Albrecht von Sachsen ein Badhemd und schrieb dazu von Ans-
bach aus: „Uff das eur liebe vermerck, wir eur auß angeborner swesterlicher treu in ge-
dechtnus und unvergessen haben, schicken wir eur lieb hiemit ein padhemd, guttlich
pittend, ir wollet das von uns zu gut uffnemen, das von unsern wegen uff den somer
tragen unnd unser dapay auch gedencken" 54. Es fällt in dem Brief auf, daß der Herzog das
Badhemd den Sommer über tragen soll, das scheint doch fast, als ob das Badhemd nicht
nur beim Baden angelegt wurde. Dafür spricht eine Stelle aus der Chronik des Clemens
Sender. 1490 zogen die Augsburger gegen die Leute ihres Bischofs mit achtzehn Fahnen
und ihren Zunftmeistern viertausendundsechzig Mann stark unter Führung ihrer Bürger-
meister. „Ir etlich wassen fast wol mit hämisch angelegt, etlich ploß, ir etlich giengen auch
in langen badthemether, als ob sie in das bad wolten gan, nun was aber diser tag über-
aus feindtlich hitzig und haiß." Zum Löschen des Durstes führte man sogar etliche Faß
Wein mit. Es kam nicht zur Schlacht, der Friede wurde schon vorher verkündigt. Die,
weichein Badhemden ausgezogen waren, hatten nicht unpraktisch gehandelt; denn als
man wieder nach Augsburg kam, starb Wilhelm Artzat, der einen schweren Harnisch an-
gehabt hatte, „vor großer Hitz im Stüblein unterm Rottenthor" 280. Das Badhemd er-
scheint hier als eine Art Sommerkleid und würde beim Soldaten unserem heutigen Drillich-
zeug entsprechen. Tatsächlich rechnet auch das Stadtbuch von Verden 1330 das Bade-
laken zur„Hergewede" 559^ das in der Erbschaft vom Vater auf den Sohn überging und im
106 Das Bad auf den Burgen
wesentlichen Waffen und Rüstung begriff, während es sonst zur Gerade, dem Frauen-
erbteil, gehört.
1467 wurden in Frankfurt bei Faschingsmasi<eraden der jungen Patrizier lange weiße
Badekittel angezogen 127. Heinrich IV., Herzog in Schlesien, verordnete (13Q6) letztwillig:
„Ein Leilachen und eine Bade-Kappe, de soll man uns inne begraben" 16. Nach den
Aufzeichnungen des Luzerner Stadtschreibers Cysat über Kostüme bei den Fastnachts-
spielen hatten die Toten einen Bademantel umgeschlagen 423. |m Inventar der Johan-
niterordenskomturei Wildenbruch fand sich 1 560 eine Badekappe in des „Hern Compthers
understen Gemach". Eine gleichzeitige Randbemerkung sagt aber: „Ist eine Khor-
kappe", also ein priesterliches Gewand 560.
Man darf wohl annehmen, daß jede Burg ihr Badezimmer besaß, wenn man auch
Parzival die Kufe ins Schlafzimmer brachte und Enite in der „heimliche" der Königin
Ginover das Bad nahm 297. im Bieterolf werden fünfhundert Ritter auf einmal gebadet.
Das ist eine Übertreibung, wie sie auch in Bezug auf die Badestuben und Badegerät-
schaften vorkommt. Herzog Ernst (12. Jahrhundert) stößt mit seinen Helden auf eine
verlassene Burg:
„Mer noch funden die jungen Do stunden ynne tzwey bottelin,
Zcwey wesserlin ensprungen, Die waren rot guldin ;
Die durch die bürg flössen Die borne waren geleitet darin
Vnd nach willen sich ergossen, Mit silberinen roren.
Als der eyn meister het edacht, Hie mogit ir wunder hören :
Der das mit kunst hett tzubracht; Wie man in dem golde
Die bürg sie nyrgen funden arm; Das wasser haben wolde,
Der eyne was kalt, der ander warm, Entweder kalt oder la,
Als er wer gewermet, la ; Also mochte man es haben da.
Ein bat funden sie alda, Noch mer ich uch sagen wil:
Gar lutter vnd reyne, Das wasser uß den butchen vil
Von grünem mermelsteyne Jn rynnen gut von silber gros,
Wol ußgemuret vnd obirtzogen Das es in der bürg alumb flos,
Mit funfftzig hoen swybogen; Die recht vnd auch die krumme,
Es enkunde nicht bas getziret sin; Jn all der bürg alumme"^''^.
Ähnlich ist die Schilderung im Wigamur 304. Hier steht das aus dem sonderbaren Stein
Aptor gehauene Bad unter freiem Himmel.
„Auch stunden allvmb da Dick gleich ainem hag,
Rosenstöck vnd Weinreben sa, Das dardurch kum der tag
Die waren jn ain gülden rayff gepogen, Mocht sein schein gehan:
Vnd hoch über den stain gezogen, Also stund es vmb den blan."
Im Meleranz schützt das dichte Laubdach der Linde vor dem Sonnenschein. Die Bade-
bütte wird nicht weniger kostbar geschildert :
„daz holz was lign älöe,
verre bräht über se
von dem laut ze Kovesas.
mit golde si gebunden was" 3°^.
Bäder unter freiem Himmel sind nicht unwahrscheinlich. Wir finden sie noch im
IQ. Jahrhundert in den Mineralbädern, besonders den Thermen (Abb. 46). Nach Ryff soll
die Badewanne im Sommer in einem grünen Garten aufgestellt werden ^s Man schützte
Bäder unter freiem Himmel
107
Abb. 46. Die großen Bäder zu Baden im Aargau mit den unter freiem Himmel gelegenen „freien
Bädern", dem St. Verenabad (links vorn) und dem freien Bade (im Hintergrund), in dem eine Reihe
Bauern geschröpft wird. Kupfer von F. Heqi nach Martin Usteri. Neujahrsgeschenk von der
Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich. 1S08.
das Wasser vor Abkühlung durch eine Bedeckung, die auch den Körper des Badenden
in sich hüllte. Im Meleranz wird sie beschrieben :
„daz bat er verdecket sach
mit eines samites dach,
daz guot und riche waere" ^"^
108
Badewannen mit Bedeckung
Abb. 47. Wanne mit „Baderof". Holzschnitt aus: Eyn nyge Kalender
recht hellende. Lübeck, Steffen Arndes. 1519.
ebenso in einem Gedichte
Kaufrinoers (c. 1400):
„Der zuber schon bedecket
wart
Mit ainem goiter seidein
Das niemant sehen mocht
hinein" ^se.
Im 15. und 16. Jaiir-
hundert wird der „bade-
rof" als dachartiges Ge-
stell über der Badewanne
(Abb. 47) mehrmals in
niederdeutschen Quellen
erwähnt: „En kuuen
(Kufe) vnde en roff, en
badekuffen myt dem
roue, en halv wynvath
myd eneme baderoue"
533. C. 1474 kommen
im Frauenkloster Prez
(Schleswig - Lauenburg)
„Badeküven" mit „Ro-
ven" im Badehaus vor 16.
Wie im Herzog Ernst geschieht auch im Wigamur304 und im Me]eranz302 die Zulei-
tung des Wassers in zwei silbernen Röhren, die getrennt kaltes und heißes Wasser führen.
Schweben derartige Einrichtungen den Dichtern als Ideal vor, so waren sie doch nicht
unmöglich. Das neue Schloß zu Baden (-Baden) hatte im Keller zwei Badezimmer. 1 582 sah
und beschrieb eins davon Michael Häberer von Bretten: „Auch zeigt man uns in dem
Schloß ein schönes Bad, ganz überzinnt und heimliche Wasserkunst von warmen und
kalten Quellen" 40. Djes war wohl das größere Bad, das Klüber 1810 als Schwimmbad
bezeichnet, das den ganzen Raum ausfüllte und nur eine Nische unter dem Gang (Treppe)
übrig ließ, in dem eine Anzahl Ritter wohl „gemeinlich" zum Bade sitzen konnte. Ein
anderes Gemach mit einem Fenster in der östlichen Mauer der Terrasse hatte einen ein-
gemauerten steinernen Badkasten, der durch eine Scheidewand zum Baden von zwei Per-
sonen eingerichtet war. Über dem Bad befand sich ein gleich großer Wasserbehälter, aus
welchem das Wasser ström- oder tropfweise durch zwei Löcher in den Badekasten ge-
lassen werden konnte. Wahrscheinlich erhielten dieses Bad und das Schwimmbad das
Wasser mittels eines Saug- oder Druckrohrs entweder aus der sog. Höhlenquelle (52,80 R
heiß), welche die nächste am Schlosse und die höchst gelegene aller Badequellen ist,
oder aus einem tiefen Brunnen, der in dem Schneckengarten am Schloß an der Seite, wo
Badestuben auf Burgen
109
die Bäder sich befanden, liegt und bei einer Untersuchung im Jahre 1808 28" R Tem-
peraturzeigte. In der Mauer fanden sich noch Spuren von Wasserröhren (1810) 405.
Vielleicht ist auch ein als Badezimmer bezeichneter Raum im zweiten Stock des west-
lichen Teils der Burg Runkelstein bei Bozen in Südtirol 305 ein Bassinbad gewesen, das im
letzten Jahrzehnt des M.Jahrhunderts vom Besitzer Niklas Vintler mit Wandmalereien
ausgestattet wurde 306. Es ist ein großer Raum, in dessen Mitte eine Holzsäule von dem
Estrich bis zum Plafond hinaufführt. Auf letzterem sind Sonne, Mond und Sterne auf
blauem Grunde dargestellt. Zwei tiefliegende Fenster lassen nur wenig Licht in das
Zimmer. Eine kleine Tür führt gegen Süden auf einen offenen Gang, welcher neben dem
Zimmer an der Mauer hinläuft. Ringsherum an den Wänden sind oberhalb der Türen und
Fenster übereinander zwei Streifen mit figürlichen Darstellungen angebracht. Auf dem un-
teren größeren sieht man je acht bemalte Öffnungen in der Art von Badekabinen. In
diesen befinden sich an drei Wänden einzelne Figuren, meistens an eine Stange gelehnt,
an der östlichen Wand Frauen-, gegen Norden Männergestalten, gegen Westen Badende.
Von den Stangen und Badeka-
binen hängen an einzelnen
Schnüren tiefrote (gemalte) Tep-
piche an den Wänden herab 5i4.
Meist wird das Wasserbad in
Kufen genommen. Deren Form
sehen wir aus den eigentlichen
Badebildern, den Darstellungen
der Taufe Erwachsener, des hei-
ligen Nikolaus, der fast immer
von einer Badewanne begleitet ist,
und des Martyriums des Öl-
siedens. Im Bebenhauser Pas-
sional heißt es 1439 von „St. Jo-
hannes Er": „und hieß jn setzen
in ein bittenen siedendigs Oels.
Da saß er jn und saß da yn als in
ainem mayenbade" 5i. Bald sind
die Badewannen rund, hoch, Fäs-
ser nach heutiger Auffassung,
in denen der Badende steht oder
(auf einem Schemel) sitzt (Abb. 48),
häufiger, wie heute, oval (Abb. 45).
Sie sind in der älteren Zeit aus
Holz, nach Ryff aus Tannenholz ^"^^'-t^' ™!!^" wird von Isolde im Bad überfallen. Wand-
gemalde auf Burg Runkelstein in Tirol. Ende des 14. Jahr-
gefertigt 48 Nach dem Recht der Hunderts. Nach Selos und Zingerle.
110 Die Badestube der Wartburg und anderer Burgen
Stadtstraßburg aus derzweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts hatten dieKüferfür den Bischof,
den Kaiser und die Kaiserin, wenn sie anwesend waren, die Badewannen zu binden 550.
Ich will die Burgen übergehen, von denen wir wissen, daß sie eine Badestube hatten,
und nur die anführen, von denen uns nähere Angaben übermittelt sind.
Die Badestube auf der Wartburg war ein Fachwerkbau an der Südseite des Palas,
in dem sich auch das Backhaus befand. Ein mächtiger Rauchschlot lehnte sich an den
Palas an. Das Abwasser ging in den Hauptkanal, der aus dem Palas ins Freie führte.
Die Fenster der Badestube waren mit Schiebevorrichtungen versehen. Im 18. Jahrhundert
geriet das Bad in Verfall, im IQ. wurde es abgetragen*.
Auf der Burg Thiersberg in der Ortenau, die nur aus zwei Gebäuden bestand, be-
fanden sich im 15. Jahrhundert in dem östlich gelegenen jüngeren Bau im Erdgeschoß
die Pfisterie (Bäckerei), eine Badstubenkemenate und die Speisekammer sei.
Wir werden später sehen, daß die Verbindung vom Backhaus mit der Badestube
keine zufällige war, sondern aus praktischen Gründen erfolgte, und es etwas gewagt er-
scheint, wenn moderne Schriftsteller 50i nach Minnesänger Art auf der Wartburg im
13. Jahrhundert Galerien im Bade sehen, von denen Frauen und Jungfrauen Rosen auf
den badenden Gast werfen. Ich glaube, daß die Badestuben sehr einfach eingerichtet und
auf den eigentlichen Burgen schon wegen Raummangels kleine Kammern waren. Ich
zweifele auch daran, daß das sog. Bad auf Runkelstein ein Bad war. Gerade in diesem
Raum sind mit Ausnahme der einen Wand, wo die Badenden dargestellt sind, die Malereien
am besten erhalten, sie stammen aus der ältesten Zeit, wurden nie restauriert 5 1 4, und
der beim Bad unvermeidliche Dampf würde doch eher als Zerstörer denn als Erhalter ge-
wirkt haben. Die Bilder sprechen mehr für die Darstellung eines Mineralbades, wo Zu-
schauer auf Galerien nichts Ungewöhnliches waren. Übrigens ist über dem sog. Bad ein
Raum mit der Darstellung eines Turniers, das auch von Zuschauern, die an einer Stange
lehnen, betrachtet wird sis^ und das Turnier hat wohl bestimmt nicht in diesem Räume
stattgefunden. So ist das sog. Badezimmer lediglich ein mit Badeszenen geschmück-
ter Raum, wie sich auch im 14. Jahrhundert im Hause des Domherrn von Eberstein zu
Mainz unter mehreren Darstellungen die einer Badeszene befand, die Henricus de
Hassia einer Besprechung der damaligen Badeverhältnisse zugrunde legte, ohne
daß das Zimmer als Bad bezeichnet wurde 357. Runkelstein hatte aber an anderer Stelle
ein „päd", in dem sich nach dem Inventar von 14Q3 „Fünff stain püchsel" und „ain alter,
langer Tisch" befanden. Das Bad wurde aber zur Zeit wie das gesamte Schloß als
Waffenaufbewahrungsort benutzt. Nach demselben Inventar befanden sich „im gemach,
genant das Swietal, drey alt pettstatten, ain alter venster ram". Daneben lag ein „stüblen",
das neben anderem auch „zehen spanngürtel" enthielt 5i6. Nach Graf Waldstein ist die
Lage des „Swietal" bis heute nicht festgestellt 5i5. Könnte nicht das „Swietal" ein Schwitz-
saal gewesen sein und das „stüblen" daneben das noch zu besprechende Vorstübchen
der Badestube?
* Diese Mitteilung verdanke ich Herrn Professor Weber in Jena.
Badestuben in Klöstern 111
Das fürstliche Schloß in Münden hatte 1545 neben Baci<haus, Fleischhaus eine Bade-
stube, also anscheinend einen selbständigen Bau 549. Auf dem Schlosse der deutschen
Ritter zu Marienburg war die Baderei in der Vorburg als ein Teil des Kornhauses an der
Nogat untergebracht 553. Nach dem Inventar der Johanniterordenskomturei Wilden-
bruch von 1570 lag dort „vor derBadtstuben" ein heizbarer Raum, in welchem eine ein-
gemauerte F^fanne angebracht war, „darinnen ohngefehr ein Thonne Wasser gehet".
„In der Badestuben" war ein „Wasserfas", ferner eine „Oberbanck mit zwe Vorbencken
oder Trippen" 56o. \)^jr werden später sehen, daß es sich hier um eine Schwitzbadeanstalt
handelt. In nackten Boten (erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) wird zur kühlen Herbstzeit
die „bat stuben" alle Tage vom Gesinde geheizt. Die „rehte stube" blieb kalt liegen, „daz
dievliegen gar vervlugen und in die stuben nihtenzugen". Tochter und Frau des Ritters
benutzten mit dem Gesinde die Badstube „vür ein werk gaden". Vor der Stube legte der
Knappe auf dem Hofe seine Kleider ab. Über der Tür fand er „guoter wedel' viel geleit,
daz duhte in ouch ein saelikeit". Als er unerwartet die Badestube verlassen mußte und
der Hofhund ihn anfiel, wehrte er diesen mit dem Wedel ab 212. Auch diese Badestube
war ein Schwitzbad.
Die Regel des heiligen Benedikt war für alle Orden und Kongregationen in der ersten
Hälfte des Mittelalters maßgebend und bestimmend i97 in der zweiten Hälfte des
Mittelalters kam man aber vom mäßigen Gebrauch des Bades ab. Das Konzil zu Magde-
burg schrieb 1370 den Geistlichen vor, eigene Badestuben zu haben und alle vierzehn
Tage zu baden 210. Ein Dekret für Vorau in Steiermark vom Jahre 1340 schärfte den
Kanonikern ein, nur innerhalb des Stiftes Bäder zu gebrauchen 84. Es hatte demnach
wohl jedes Kloster seine eigene Badestube. Ich will auch hier nur die anführen, deren
Beschreibung uns Einblick in das Badewesen gibt.
im Zisterzienser-Kloster Salmannsweiler lag unter Abt Ulrich 11. (reg. 1282 — 131 1) das
Bad bei der Küche 129, also v/ie in St. Gallen. Besonderes Interesse bietet das Kloster
Maulbronn. Das Praefugium erwärmte nicht das Winterrefektorium, sondern einen kleinen
Saal, der als Schwitz- oder Badestube betrachtet wird. Die heiße Luft wurde hier durch
Verbrennen von Holz in einem von starken Mauerwänden eingeschlossenen Gewölbe
erzeugt und mittels Löcher in ein über dem Gewölbe liegendes Zimmer geleitet. Es fehlte
eine Heizung der Wände 56i.
Wir haben es hier mit einer ausgesprochenen Heißluftbadestube zu tun. Sollten auf
Burg Thiersberg und auf der Wartburg nicht auch solche gewesen sein? Die Verbin-
dung mit der Bäckerei macht es sehr wahrscheinlich. Auffallenderweise werden die Bäcker-
badestuben von den Schriftstellern, besonders den Vielschreibern des 16. Jahrhunderts
nicht erwähnt. Vielleicht gehört das in einer Augsburger Urkunde von 1343 vorkom-
mende „Backen Badhaus" am Hospital zum heiligen Geist hierher 434. Eine Stift St. Gal-
lische Verordnung unter Abt Ulrich VIII. schärfte den Klosterpfistern ein, in der„phistry"
(Bäckerei) „niemand keinen wandel laussen, weder mit baden, weschen noch anderem" 557.
1291 entstand in Augsburg ein Grenzstreit zwischen der Judengemeinde und dem Spital.
112 Verbindung von Back- und Badhaus
Es lagen „der iuden badhus und des spitals bathhus" nebeneinander. Es wurde vom
Rat entschieden, daß die Juden des Spitals Wand an dem „backhuse" nießen sollten 434
DesSpitals „bathhus" und „backhus" war also ein Gebäude. Nach demPlan des Klosters
Tänikon im Thurgau vom Jahre 1687 lag an der äußeren Grenze des Klosters über einem
Kanäle ein Bade- und Waschhaus, näher an der Klausur ein ebensolches. Der Text sagt
aber für Bad- und Waschhaus Back- und Waschhaus 562. Nach einer anderen Quelle
ließ die Äbtissin Victoria 1683 für neunundneunzig Gulden dreizehn Batzen ein Bad- und
Waschhaus von Grund aus neu erstellen, das war das äußere; sie schaffte aber auch
für das Schweißbadehaus einen neuen Kessel im Wert von fünfundzierzig Gulden an ist.
Da erfahren wir, daß das andere als Back- und als Badhaus bezeichnete ein Schweißbad
war. Zwei gleichartige Bäder außerhalb der Klausur wären ja sinnlos gewesen, sie waren
eben zweierlei Art. In dem Sinne sind auch die zwei von der Äbtissin Barbara von Spangen-
stein (1523 — 43) im Kloster Goeß (Steiermark) erbauten Badehäuser 8* aufzufassen.
1645 ward in Zürich erkannt, „daß den becken zu statt und land, ihre nach-
bahren und künden in die vom brothbachen erwärmenden badstüebli zulassen erlaubt
sey, jedoch sie keinen lohn von ihnen nemmen, noch ihnen schrepfen sollen" 209.
Zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte Aadorf im Thurgau in der mit
einer Bäckerei verbundenen Gastwirtschaft über dem Backofen eine Schwitzbade-
stube, die von noch jetzt (1898) lebenden Leuten besucht wurde i87. Jn der Tavernen-
bewilligung von 1768 ist sie nicht erwähnt, was dadurch erklärt wird, daß sie, wie auch
die in Zürich, keine ehehafte war. 1 783 warnte Scherb, ein Arzt zu Bischof szell im Thurgau,
das vielen so beliebte und oft ohne Not zu gewissen Zeiten heftige Schwitzen in allen
Fällen anzuwenden 563 Nach RüscH waren die Bäder über dem Backofen in den Kan-
tonen Appenzell, St. Gallen, Thurgau und Zürich in Gebrauch 88 das Volk nannte sie
Brotbäder. Schüttete man ein Glas Essig in den heißen Backofen, sprach man von einem
Essigdampfbad. Man hatte auch Haferbäder, wenn statt des Brotes Hafer im Ofen ge-
dörrt wurde. Dieser mußte von Zeit zu Zeit aufgerührt werden, wobei ein angenehmer
Duft in die Badestube drang. Der Baderaum lag manchmal direkt über dem Backofen,
und die Hitze stieg durch ein Loch in dem Plattenboden hinauf, oder es führte ein mit
einer Klappe verschließbares Metallrohr in ein im oberen Stockwerk befindliches, voll-
ständig dunkles Kabinettchen, das ringsherum mit Reihenbänken versehen war. In der
Decke dieses Kastens war ein Ventil gegen den Kamin hin angebracht, so daß die Ven-
tilation nach Belieben geregelt werden konnte. Die Badegäste entkleideten sich in einem
Vorzimmer, traten nackt oder im Hemde in den Baderaum und setzten sich der Reihe
nach auf die Bänke. Hatte sich das Brot zu bräunen angefangen, öffnete der Bäcker das
Ventil, und nun strömte der heiße, duftende Brotdampf in das Badezimmer hinauf. Wurde
die Hitze zu stark, öffnete ein Gast die Klappe an der Decke. Nach dem Bade rieb man
sich ab, kleidete sich rasch an und begab sich in die Stube hinunter, um sich durch einen
Trunk Wein zu erfrischen. „Man muß", sagt Senn 1871, „jene rotbackigen, redseligen
Weiblein nach einem Brotbade hinter dem Wirtstische gesehen haben, um sich von der
Die Bäckerbadstuben 113
Wichtigkeit einer solchen Kur überzeugen zu können" 564. Nach anderen Berichten
ruhte man vor dem Trünke nach Wunsch auf einem Bette aus 529. Man blieb eine halbe
bis anderthalbe Stunde im Bade 565 und nahm es gewöhnlich sechs Tage lang 564^ nament-
lich gegen Rheumatismus und Gicht 565. Die Bäder hatten Platz für acht bis zwölf Per-
sonen 564 es gab aber auch solche für zwei bis vier. Meyer-Ahrens maß ein Zimmer für
acht Personen aus. Es hatte 1,30 m Tiefe, 1,70 m Höhe, 1,80 m Länge. Die Eingangstür
war 1,35 m hoch und 42 cm breit. Die Bäder sollen im Kanton Zürich gegen 1862/63 ab-
gekommen sein 565^ in den anderen Kantonen bestanden sie 1871 noch oder waren kurz
vorher eingegangen 564. ich habe einen alten Mann aus Wetzikon im Kanton Zürich ge-
sprochen, der sich aus seiner Jugendzeit der Brotbäder und des daran anschließenden
Trunkes wohl erinnerte. Die Bäder wurden mit zehn Rappen bezahlt oder gratis verab-
reicht, wo dann allerdings der Bäcker durch den Wein auf seine Rechnung kam 564. 565.
Senn gibt sie 1871 oder kurz zuvor in der Krone zu Baltersweil bei Eschlikon (Thurgau),
in Tannegg bei Fischingen (in der Mühle und „ins Mühlemachers"), in EIgg, in Wiezikon
bei Wyl, in der Langgasse bei St. Gallen usw. an 564. in der einzigen Gemeinde Wetzi-
kon gab es ungefährzehn bis zwölf Schwitzkämmerchen, und noch in den vierzigerJahren
des 19. Jahrhunderts wurden mehrere neue errichtet 565. £§ wird im Dorfe Wetzikon
wohl kaum zwölf Bäcker gegeben haben, und Senn führt eine Bäckerbadstube in der
Mühle an. Es wurden demnach auch die Privatbacköfen zur Heizung von Schwitzstüb-
chen verwendet. Heute sind sie nicht mehr in Gebrauch.
Auch in anderen Gegenden sind ähnliche Badevorrichtungen nur dem Namen nach
erhalten. Noch jetzt findet man in gewissen Teilen Schwedens bei den Bauernhöfen ge-
zimmerte Häuschen, die man Badehäuser, badstugor, nennt, doch dürften sie nach Retzius
nunmehr selten zu ihrem eigentlichen Zwecke verwendet werden, sondern sie dienen
anstatt dessen als Waschhaus, fürs Trocknen von Korn, fürs Räuchern von Rind- und
Schweinefleisch usw. 5. Ebenso gibt es heute im bayerischen Oberlande Badstuben,
die ein zum Hofe gehöriges Nebenhäuschen sind, worin sich der Backofen, die Anstalt
zum Flachsdörren oder -brechen befindet, oder das einem Tagelöhner zur Wohnung
dient 46. in Steiermark sind auf dem flachen Lande die „Badstuben" Hütten zum Flachs-
rösten. WiCHNER glaubt, daß sie wohl nie oder selten zum Zwecke des Badens gedient
haben. „Rösten und Dörren", sagt er, „ist identisch mit bähen (bahan), im Volksmunde
„bahden", z. B. die „Pahde" ist eine gebähte, geröstete Semmel. Es sind daher jene For-
scher auf dem Holzwege, welche in dem zahlreichen Vorkommen der Badestuben selbst
bei einzelnen Bauernhäusern auf einen hervorragenden Reinlichkeitssinn des Landvolkes
schließen wollten" 84. Wichner ist aber im Irrtum, die Badstuben wurden tatsächlich
als solche benutzt.
Nach der bayerischen Landesordnungerklärung vom Jahre 1578 waren die „sonder-
baren Padstuben", welche „die Paurssleut gemainlich zu jren hausswohnungen" aufzu-
richten sich unterstanden, verboten. Nur die Einöden vor den Gebirgen, „wölche weite
dess weegs haben die Eehaft Päder nit besuchen mögen", waren ausgenommen i6^ ebenso
Martin, Badewesen 8
114
Die Badehäuschen der oberdeutschen Bauern
verbot eine bayerische Forstordnung von 1616 die „sondern Badstuben derbawren bey
Ihren Hauswohnungen" außer bei den Einöden an den Gebirgen, wo man weit in das
ehehafte Bad hatte 46. Der Propst des Klosters Baumburg in Bayern gestattete in dem
Aitenmarkt nur ein „eepat". In dem Weistum von 1439 heißt es: „es schol auch sunst
kain vailpad noch haimleich
oder besunder päd in dem
Ahenmarkt sein, es waren
dreu (3) aufgevangeneu päd
zu dem Altenmarkt, aines ge-
höret zu dem Jacob Zolnär,
sunst genant der Engel-
haimer, das ander ainem ge-
nant der Alt Jorig, das dritt
dem Symon Chueperger, also
wolt die selben päd mein
vorvoder säliger gedächtnüsz
brobst Ulreich Seman nider
haben lassen prechen, das
ward im durich die vorge-
nanten drei, der die päd waren,
abgepeten, doch in solicher
masz das die selben päd hin-
für nicht pessert schulten
werden, und wenn si ab
wären gangen, so schulten
si hinfür nimmer zimmert
werden, nun seind die päd
alle dreu von alter abgangen,
ich hab auch selbst bei wan-
deln poten, das sie nimmer
zimmert schulten werden, da
wais man sich nu wol nach
zu richten" ^35.
Aus diesen drei Urkunden er-
fahren wir, daß die Bäder bei
den Bauern den ehehaften
Konkurrenz machten, daß in ihnen also gebadet wurde, ferner, daß sie gezimmert wur-
den und zwar so leicht, daß die Regierungszeit eines Propstes genügte, um sie zerfallen
zu lassen. Das sind noch dieselben kleinen hölzernen Badstuben, wie sie als selbstän-
dige Gebäude im alamannischen und bayerischen Rechte vorkommen. Wir finden sie
L,. V -*r.
Abb. 49. Vereinigung von Bad- und Waschhaus. Kpfr. aus dem
18. Jahrhundert. Sammlung Pachinger in Linz.
Verbindung von Bad- und Waschhaus 115
auch in der Schweiz. 1550 wurde an das Siechenhaus zu St. Gallen der Hof Bernang ver-
kauft: „Haus und Hofstatt mit Zimmern, Torggel, Stadel, Speicher, Badstuben, Schweine-
stall, Brunnen mit Wasser und Wassergängen, Baumgarten und Reben, alles in einem
Einfang im Dorf gelegen" 3ii
Ein weiterer Typus des Badehauses, wie ich glaube aus späterer Zeit, ist die Verbin-
dung desselben mit dem Waschhause (Abb. 49). Wir sahen schon, daß das Kloster Tänikon
im Thurgau 16Q3 neben dem Schweißbadehaus ein Wasch- und Badhaus hatte, und zwar
über einem Wasserkanal gelegen 187. DieVesteKyburg besaß an derRingmauer gegen den
Hof hin ein Bad- und Waschhaus nebst Holzschuppen, das bei Beschreibung des Planes
als „neu" bezeichnet wirdsn. 1533 erbaute das Kloster St. Blasien im Schwarzwald
„ain neuwe Badstuben sampt ainem Waschhauß darin" am Teich bei der Brücke 129. Das
Fraumünsterstift zu Zürich hatte 1439 eine „batstube". 1540 wurde die St. Nikiaus-
kapelle nebst „Bad- und Waschhaus", um Platz zu schaffen, abgerissen. 1439 bestand
aber daneben „miner fröwen gnad batstübel", das 1514 wieder erwähnt wird 1^4. Jm
Züricher Waisenhause wurde 1765 ein „Wasch- und Badhaus" erbaut 566.
Der zu Nürnberg 1705 gedruckte „kluge und rechtsverständige Hausvater" hat ein
Kapitel überschrieben: „Von derWasch-Kuche, item dem Bad- und Back-Häusel". Alle
drei Stätten sollen auf einem Vorwerk oder Meierhof unter einem Dache untergebracht
werden. Drei Öfen heizen fünf Zimmer. Ein Ofen steht im Bad, geht aber mit einer Seite
in die Abziehstube, ein zweiter liegt dem ersten gegenüber. Die Öfen haben inwendig
Kessel, die oben mit Deckeln und unten mit „Reiben", das Wasser abzulassen, versehen
sind. Sie dienen zum Waschen und Baden. In der Mitte des Raumes steht eine Badewanne
mit niederem Sitz. Das Bad kann achteckig und oben mit einer Halbkugel oder einem Spie-
gelgewölbe geschlossen sein 567. Auch sagt die 1703 zu Nürnberg veröffentlichte „kluge
als künstliche . . . Hauß-Halterin" : „Wo man ein Bad in den Häusern hat, findet man in
den Ofen derselben einen großen küpfernen Kessel eingemauret, um das benöthigte
Wasser darinnen auf zu wärmen. Man kann ihn auch zum Waschen benutzen, wenn man
nicht besondere Kessel im Hofe eingemauert hat. Übrigens muß das Bad mit Bäncken
umgeben und rings mit Holz getäfelt seyn, damit die Kälte nicht durch das Mauer-werk
häufig eindringe, und man an einen Ort verbrenne, und an den andern fast erfröhre.
Nechst deme gehören auch in das Bad ein messing- oder küpfernes Laugen-Kesselein,
den Kopf zu zwagen, ein und andere Bad- Wannen, hölzerne Schäfflein und Gelten, so
wohl zu kalten Wasser, das allzu heiße damit zu temperiren und abzukühlen, als auch
zu warmen Wasser, die Füße darein zu setzen, wiewohl man gemeiniglich hiezu beson-
dere aus Kupfer gemachte tiefe Fuß-Becken hat, welche man hiezu gebrauchen, und
jedes mal aus der Küche hinab in das Bad zu tragen pfleget" 568 jm germanischen
Museum zu Nürnberg befindet sich ein Puppenhaus vom Jahre 1639. Zuunterst in dem
Hause ganz links liegt die Badestube, die mit allerlei hölzernen Bänken, Kübeln und einer
zinnernen Badewanne angefüllt ist. In einem zweiten Puppenhause des germanischen
Museums ist ein Raum im Erdgeschoß durch die Bemalung der Innenseite der Tür
116
Das Bad im Garten
Abb. 50. Frau (Bademagd?) mit Kind zum Bade
gehend. Bemalung der Innenseite einer Tür (der Bade-
stube) im Erdgeschoß eines Puppenhauses von ca.
1600 im germanischen Museum zu Nürnberg. Nach
einer farbigen Zeichnung von Hefner-Alteneck.
(Abb. 50) als Badestube gekennzeich-
net*. Roth erwähnt 1792, daß sich in
Nürnberg fast in jedem Hause Zimmer
zur Reinigung der Wäsche im untersten
Stockwerk vorfinden, die man „Bäd-
lein" heißt 155. Sie wurden demnach
nicht mehr als Bad benutzt.
Anton Tuchers Badestube befand
sich zu Nürnberg nach dessen Haus-
haltungsbuche (1507 — 17) dement-
sprechend im Vorderhause. Tucher
hatte aber ein zweites Bad im Garten 206.
Den Nürnberger Verhältnissen der da-
maligen Zeit nach zu urteilen, muß es
außerhalb der Stadt gelegen haben.
1584 wurde eine Nürnberger Patrizierin
Magdalena Paumgartner, geb. Beheim,
zu ihrer Freundin, der Scherly ins Bad
im Garten geladen 24s. Der Abt
Johann 111. zu Admont in Steiermark
errichtete 1473 ein Badhaus im Garten.
1560 wurde es neu gemauert und im
Innern durch Steinpfeiler gestützt, 1576
eine neue Verglasung der Fenster er-
steUt84. Im erzbischöflichen sog.
Mainzer Hofe zu Erfurt ließ Nikolaus
Engelmann, der von 1494 — 1516
Küchenmeister war, „eyn schöne newe badestubbe mit zweyen stubben vnd eynem
sommerheuslein" errichten. Von der Badestube im Mainzer Hofe sagt der Bericht
an anderer Stelle: „Szo man baden will, sallen sie (keszemutter) vnd die viehemaidt
laugen machen, die badestoben wormen, vnd die benck vnd boddeme, schemel vnd
hultzern pfulffe (kissen) darin rein weschen." Der „heymknecht" oder die „Viehe-
maydt" und die Hirten sollten Holz tragen und Wasser schöpfen, den Badekessel
füllen und die Badestube wärmen 56^. Sie enthielt nach dieser Schilderung, wie wir später
sehen werden, ein Schwitzbad. Diese Gartenbadehäuser waren Lusthäuser, die sich
manchmal zu wahren Prachtbauten gestalteten. So erbaute der Kurfürst Max Emanuel
1718 im Rokokostil die „Badenburg" im Park zu Nymphenburg bei München i6S.
Der Renaissance gehören die beiden herrlichen von 1571—81 erbauten Badestuben
im Fuggerpalast zu Augsburg an430 (Abb. 51), ebenso die des Ambrosius Höchstetter
* Die Nachricht darüber verdanke ich Herrn Dr. Hampe.
Pracht der Hausbadestuben
117
Abb. 51. Badestube iim Fuggerpalast zu Augsburg (erbaut 1571—81). Holzschnitt nach Dohme.
118 Inventar der Hausbadestuben
daselbst 565. Das schönste Badezimmer aus jener Zeit besitzt der Vatikan nach einer Mit-
teilung des Freiherrn von Oleichen-Rußwurm im Neuen Wiener Tageblatt. Raffael hat
es für seinen Gönner, den Kardinal Bibbiena, mit mythologischen Szenen geschmückt.
In Frankfurt ermietete 14Q5 der Kammerrichter Eitel Friedrich Graf zu Zollern das Haus
Rustenberg an der Leonhardskirche samt Mobiliar. „In der baetstoben" fand er „eyn
großen coppern kessel vnd 2 groiß messen (messingerne) becken vnd eyn cleyn backen
und eyn coppern becken, eyn lilach mit zadel vnd 2 lilach vnd eyn blechen laugkessel
(Laugenkessel)". In der Badestube des zu Frankfurt 1502 verstorbenen Wernher Dulling
befanden sich zwei kupferne Kessel 127. Das Reichskloster Salem (Salmansweiler) hatte
zu Pfullendorf einen Hof, das „Stainhauss". Als 1577 frater Hägelin in die Pflege
eingesetzt wurde, befanden sich im „Badstüblin": „kupfferin lauggelten 1, wasser-
gelten 2, kübel 2, laughäfen, alles kupffern", im „Abziechstüblin" : „gutschenbettlin 1,
darinn strosackh 1" und in der Küche „1 badbeckelin" aus Messing 570. Auch in einem
Züricher Inventar aus dem 16. Jahrhundert kommt ein „möschi Becki" (Becken aus
Messing), „als man in das Bad treit", vor, daneben „1 kupferner Badhafen sammt dem
Hut (Deckel), 1 Badkasten und 1 Hafen in ein Badstuben" 252. Michel Behaim gedenkt
1491 der „padstuben", 1499 kaufte er seinem Weibe für siebzig den. eine Badewanne 210.
Anton Tucher in Nürnberg hatte nach seinem Haushaltungsbuche (1507 — 1517) ein
„abcziehkemerlen vor dem päd" mit Rautenfenstern. In der Badestube war der Boden
aus Stein und Brettern. An Inventar kaufte er einen kupfernen Badeofen von 261 Pfund
Gewicht, einen Badkessel aus Kupfer* und vier kupferne „padschefflen", einmal eine
neue Badewanne in den Garten 206. in der Badestube der Benediktinerabtei Neustadt
am Main befanden sich 1555 zwei messingerne Wannen mit zinnernen Deckeln, eine
kupferne Wanne, ein messingernes Becklein, fünf Badgelten von Holz und ein großer
Wasserzuber i96. Nach Ryff waren die Öfen in den kleinen Badestuben aus Eisen oder
Kupfer oder gemeinem Hafnergeschirr aufgesetzt 466. Manche Hausbadestuben waren
gemauert, zuweilen künstlich gewölbt, doch zog er die aus Holz gebauten vor, die stei-
nernen sollten wenigstens mit Holz getäfelt sein 48.
In den verschiedenen Gedichten vom Hausrat 257 wird das Inventar der Hausbade-
stube angegeben. Hans Foltz sagt in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts in
einem Spruchgedicht:
„Darnach was als ghort yns badt welchs man darff das man es her such
Ein krugk mit lawen ist nith schad Schemel badfleck badlach badbeck
badsack badschwam ein heris tuch Strel badhut küssen das man legh."
In einem Meistergesang desselben Dichters heißt es :
„So mon nun in das päd wil gan
ein krüg mit laugen müs mon han
pattüch wisch düch vnd ein päd schwam
patpeck pat hüt ein strel."
* Nach einer Abbildung in; Ryffs Vitruv von 1575"'* waren die metallenen Badewannen aus
großen Blechstücken zusammengenietet.
Badebeutel mit Zubehör 1 1 9
Hans Sachs hat in einem Spruchgedicht von 1544 „Der gantz Hawsrat":
„Wen man den in das päd wil gan
Ein krueg mit lawgen mues man han
PadmantI, padhuet vnd Hauptuecli
Peck, puersten, kamb, schwamen vnd pruech."
In den Verzeichnissen ist der Krug mit Lauge ohne weiteres verständlich und ent-
spricht dem heute ins Bad mitgenommenen Stück Seife. „Ein Krug zu der Lougen dz
man zwag", heißt es im Straßburger Gedicht vom Hausrat (1514), das übrigens auch
den Blasebalg anführt, der das Feuer unter dem Kessel „vff glesten" macht 257. Darauf
folgt im Spruchgedicht von Foltz der „badsack", in dem die später genannten Gegen-
stände bis zum Strel (Kamm) oder auch mit Einschluß des Badehutes untergebracht waren.
In Ulm sollte 1584 „ein köstlicher Badsack, der mit Hemden, Scheertüchern, Fezenetlin
und anderer Bereitschaft gefüllt ist", nicht höher als vierundzwanzig fl. kommen 73.
Meister CuRD Hallis, Rektor der Stadtschule in Göttingen, ließ 1458 von seiner Geliebten
den „snor" (Schnur) an seinem „badebudel" machen 526 1537 kommt in Wismar
„1 badekappe mit deme badebudel" vor533. Nach der Rostocker Kleiderordnung von
1581 schenkte die Braut dem Bräutigam einen Badebeutel 543. Lukas Rem hat 1518 in
seinem Tagebuch aufgezeichnet, daß seine Frau für ihn kaufte „mein breigoff, 2 hembder,
badsack mit seim zugehör & und ander fil, Ir zuo der hochzeit net gwest" 265. Schmid
und Greiff verstehen unter Breigoff die Gabe der Braut an den Bräutigam 265. Doch hat
Rem 1518 beim Hochzeitsgeschenk für seinen Schwager und dessen Braut angemerkt:
„Sie heften aber mir, meim weib eerliche breygoff stuck nach Ir manier geschenkt" 265.
Breygoff bedeutet demnach ganz allgemein ein bei der Hochzeit gegebenes Geschenk.
Heute noch beschenken sich in manchen Gegenden der deutschen Schweiz, z. B. im
Klettgau, auch die Hochzeitsgäste gegenseitig. In dem zu Ulm 1584 erwähnten Bad-
sack befanden sich auch „Fezenetlin". Der Ausdruck kommt vom italienischen fazzoletto,
und heute bedeutet in der Schweiz Fazinetli ein kleines Tuch, meist das Taschentuch.
Im Wildenbrucher Inventar werden 1560 „15 zwilch Facinetlein" aufgeführt mit der
Bemerkung „sein Tellertücher" 560. Conrad Clauser (Basel 1598) hat aber badlachen
gleich „faceletly" 556^ darum gehörten sie in den Badesack. Der „badfleck" bei Foltz ist
nicht verständlich, da aber die von Sachs angeführte pruech fehlt, möchte ich ihn für
die Badehose halten.
Der Badehut wurde fast durchgehends im Bad getragen. Die Ansicht, dadurch das
Haar vor Nässe zu schützen, stammt erst aus späterer Zeit. Die meist kleinen, aus Stroh
geflochtenen Badehüte hätten diesen Zweck auch nicht erfüllt (z. B. Abb. 36). Im Anfang
des 14. Jahrhunderts sagt der König vom Odenwald
vom strovi/e badehüete
geben guot gemüete" 228.
Die ersten Abbildungen von Badehüten aus Stroh finden sich im Dresdener und
Wolfenbütteler Sachsenspiegel (14. Jahrhundert) (Abb. 68), während im Heidelberger
(13. Jahrhundert) die Badenden barhaupt dargestellt sind (Abb. 67). Noch im 18. Jahr-
120
Kopfbedeckung im Bad
hundert kommt der „Schaub-(Stroh-)hut" in der Kurfürstlich Sächsischen Taxordnung
des Kreises Meißen vor. Für die Benutzung war dem Bader ein Pfennig zu zahlen 242. Nach
einem Weistum von Huisheim in Schwaben von 1505 hatte der Bader jedem Erwachsenen
einen Badehut zu geben 535^ nach dem „Öttinger Ehaftbüechl" von 1577 ebenfalls, wenn
der Badende keinen mitbrachte 46 in Maalers Lexikon (1561) wird der Badehut als aus
Roggenstroh gefertigt angegeben iö2_ Daneben finden wir auch andere Kopfbe-
deckungen, zuweilen die im gewöhnlichen Leben getragenen, z. B. ein Federbarett bei
Männern und auch bei Frauen. Auf dem ältesten, im 14. Jahrhundert gebrauchten Siegel
der Stadt Baden (Schweiz) trägt die im Bade sitzende Frau eine Bedeckung (Schleier)
(Abb. 52), wie sie auf den Siegeln und steinernen Denkmalen des 13. Jahrhunderts und
in den Sachsenspiegelbildern vorkommt, durch welche die verheiratete Frau von der
Jungfrau unterschieden wird 552. Frauen und auch Männer tragen häufig Haarnetze,
zuweilen turbanartig geknotete Tücher und Kappen, wohl von Leinwand. Wildvoqel
gibt im 18. Jahrhundert solche] aus Wolle an 242^ und Behaim erhielt 1500 zum Baden
Abb. 52. Siegel von Baden im Aargau, a im 14., b im 15. Jalhrhundert gebraucht.
Schweizerisches Landesmuseum in Zürich.
im Wildbad von seiner Frau ein „swartze seiden hauben" 210. Zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts schützte die Frau ihr Haupt vor Nässe durch eine Badehaube 422 nach
Zedlers Lexikon war diese 1733 von weißer Leinwand und ein auf dem Kopfe „zu-
sammengefitztes" Tuch 468.
Das Becken nennt Hans Sachs zwischen Haupttuch und Haarbürste, und fand es viel-
leicht deswegen beim Kopfwaschen Verwendung. Dagegen glaube ich, daß das „bad-
beckelin" aus Messing in der Küche des Steinhauses zu Pfullendorf und das „möschi
Becki, als man in das Bad treit" des Züricher Verzeichnisses dem aus Kupfer gefertigten
tiefen Fußbecken der Nürnberger Haushälterin entspricht, welches man jedesmal in das
Bad zu tragen pflegte. Daß man es nicht im Bad aufbewahrte, lag an der durch Feuers-
gefahr begründeten Abgelegenheit der Badestube (erst im 18. Jahrhundert liegt sie beim
Schlafzimmer 422 und weil man Fußbäder sehr häufig nahm. Ryff kannte schon den
Der Badschild des armen Mannes 121
Einfluß der Schenkel- und Fußbäder, die ziemlich heiß genommen werden sollten, auf
den Kopf und schrieb ihnen Stärkung von Gesicht, Gehör und Gedächtnis zu 48. über
„küssen das man legh" siehe S. 1Ö4.
Man muß annehmen, daß die Leute in ihrer eigenen Badestube trotz der Meister-
singer Inventar nackt badeten. Hans von Schweinichen erzählt: „daß ich wenige Tage zu
Hofe war, badete die alte Herzogin (von Liegnitz c. 1562); alda mußte ich aufwarten
als ein Junge. Es währet nicht lange, kummt eine Jungfrau, Katharina genannt, stabe-
nakend raus, heißt mich, ihr kaltes Wasser geben" i6.
In frühester Zeit hatte wohl jeder Grundeigentümer seine eigene Badestube. Es scheint
fast, als wenn diese zuweilen dem verarmten Manne die letzte Zufluchtsstätte war, in der
er wohnte. In uralten hessischen Rechtsformeln heißt es : „wer aber alhie eigen und erbe
hat, derselbige sal sich darauf finden lassen, und denselbigen sal man auch uf keinen
groszern buwen dringen, diewil er sich unter einem batschilde erhalten mag". „Item, ob
einer verarmt, das er sinen bew nicht gehalten kan, sol er seinen schilt stürzen uf sin
erb oder gut, sol er us dem batschild geben des besten, das er vermag, so sollen die
herren in nit zu vertriben haben." „auch sal man einen armen Mann in diseme gerichte
lassen sitzen uf dem sime, die wile he sich mag behalden under einem badschilde" i5i.
Grimm meint zwar, daß Badschild gleich Badewanne wäre, doch konnte man unter einer
solchen nicht wohnen, wohl aber, wie wir sahen, in einer Badestube*. Außerdem wird
Badschild in Gegensatz zu einem großen Bau gestellt. Vielleicht ist es gewagt, wenn
ich unter Badschild den durch das Bad gewährten Schutz und in weiterem Sinne die den
Schuldner schützende Badestube verstehe. Nach dem König vom Odenwald zu Anfang
des 14. Jahrhunderts nahm sogar ein Herzog von Sachsen seine Zuflucht zur Bade-
stube, um nicht gepfändet zu werden 228. Jedenfalls geht aus den Rechtsformeln her-
vor, daß das unter dem Badschild befindliche Eigentum die letzte Habe des armen
Mannes war, zu der demnach auch der Badschild selbst, sei er Badestube oder Bade-
wanne, gehörte.
In den Städten finden wir bei vornehmen Leuten frühzeitig eigene Badestuben, so in
Ulm 1352 bei Heinrich von Weißenhorn so. ]385 besaß der Hof des Herrn Friedrich Roth
in der Sterngasse zu Würzburg ein eigenes Bad 144. Fehlte in bürgerlichen Wohnhäusern
das Badezimmer, so war doch eine Badewanne vorhanden. In den Gedichten Kaufringers
hatte eine Augsburger Schustersfrau den Zuber vor der Kammer stehen, und im Hause des
Bürgermeisters von Erfurt war er im „kemenat" 256. jp Dörfern stand er nach zahlreichen
Darstellungen des Todes Wolfenschießens im Hausflur, einmal erscheint er unter der
Dachtraufe (Abb. 53). Ganz armen bedürftigen Leuten, namentlich „kindbetteren" wurde
die „badebütt" geliehen, so 1338 von der Äbtissin zu Andlahe, welche nach der Dinghof-
rodel zu Marlei (altem Königshof bei Straßburg) die „dugen" von denen zu Birken schicken
ließ, die der Baumeister mit den vom Keller gegebenen Reifen zur Badebütte vereinigte 535.
* Dabei kann Badschild außerdem die Badewanne bedeuten, wie Badestube das Badeiiaus, die
Stube selbst und auch das Gefäß, in dem man badete, bezeichnet.
122
Bewegliche Badstäbchen
Immerhin verlangte eine bayerische Forstordnung (1616) vom geringen Bürger und Hand-
werker ordentliche gemauerte Badstuben im Hause 46. Man hatte nämlich auch transpor-
table Apparate, die durchw^egden Namen Badstüblein führen. Schon 1345 kommt in einer
Klosterrechnung zu St. Emmeran ein solches vor. Die bayerischen Bauern hatten bei
ihren Wohnungen und die geringen Bürger und Handwerksleute in Städten und Märkten
ebenfalls „solche Bädlen, die man hin und wider tragen mag und mit Gluet haizt" (1616) 46.
Abb. 53. Bad unter der Dachtraufe eines Bauernhauses. Holzschnitt aus einer Serie: „Aus der
Gründung der Eidgenossenschaft". 1580. Stadtbibliothei< Zürich.
Das eigentliche Schweißbad 123
Das waren im Gegensatz zu den in Wannen genommenen Bädern solche zum Schwitzen.
Aber bei genauerem Betrachten erscheinen auch manche Wannenbäder, die man zunächst
für Wasserbäderhalten i<önnte,als Schweißbäder. Vom Frauenkloster Prez in Schleswig-
Lauenburg heißt es c. 1474: „Item leth ick maken in dat Badehus IV lange nige (neue)
Badeküven mit IV nigen Roven (Dach darüber) und mit bequemen Schemelen up to
sittende, und ok under de Vote" i6. Die Schemel waren also zum Sitzen in der Bade-
wanne bestimmt, und es gab auch welche für die Füße. Ryff sagt: „Aber die kleineren
Badtstuben oder schweiß bäder so allenthalben in sonderlichen Bürgerlichen wonungen
bey vns Teutschen vast (sehr) gemein sindt, pflegt man durch dunst vnd dämpff siedens
Wassers zu heitzen. Aber solche truckne (er rechnet die Dampfbäder zu den trocknen)
schweißbäder zu der notturfft inn der eil zu bereiten vnnd erhitzigen haben wir gar man-
cherleygeschicklicheitvndvortheil,alsmit glüendigenEysen sinter stein, Maur stein oder
gebachen steinen, kißling steinen vnd dergleichen wie yederman wol bewust, darmit man
schnei truckne schweiß bäder zurichten mag" 48. 1519 empfiehlt der St. Oaller Bürger-
meister und Arzt Joachim von Watt, zur Verhütung der Pest Schwitzbäder im Haus zu-
zurichten „als in einem verdeckten zuber, mit heißen steinen usw". Im Badwasser
sollte man Kräuter sieden „vnd domit vff gießen" und auch waschen 57i. Etschen-
REUTTER sagt 1 571 : „aber bey vilen im brauch dz wir eigentlich schweißbad
nennen, so kreütter in einem kessel gsotten, von dem selbigen laum (Dampf) der leib
erschwitzet, allein für sich selbs oder mit glüenden sinckelsteinen mit wein begossen,
menigklich bekant, vnnötig weitter daruon zureden". An anderer Stelle sagt er, daß
das Schweißbad in der Bütte genommen werden soll, und weiter: „ . . . so allein das
haupt außerhalb des dampffs der badestuben ist. So aber der schweiß in schweißbädern
mit gesottnen kreüttern erwermet, gefürdert wird .... ist würcklicher (wirksamer), dann
so es allein mit holtz in gemeinen badstuben bescheh . . . Wann aber der dampff vnnd
erwermet lufft, von dem wasser, in welchem saltz, Salpeter, oder schwebel ist, erhept, . . .
seubert mehr dann das drucken schwitzen, vil mehr dann so der schweiß vom dampf
der süßen wasser zugericht wurde" 449.
Nun ist es verständlich, warum im Kloster Prez die Kufen Schemel zum Sitzen und für
die Füße hatten; denndaskochende Wasser wurde direkt auf den Boden der Wanne oder
auf dort befindliche, glühend gemachte Steine gegossen. Hervorgehoben muß werden,
daß man in der Regel nur das Bad in diesen Apparaten Schweißbad nannte, und Murner
bildet unter diesem Namen eine mit Dach versehene Badebütte, aus der der Kopf her-
ausragt, ähnlich wie Abb. 54 f ab. Nach Ryff sollte die Bütte bedeckt sein 250. An Stelle
des einfachen Wassers scheint man noch häufiger Abkochungen von Kräutern verwendet
zu haben. „Acten, ruten, gesotten mit wyden, getrunken, und ab den krüteren gschweiß-
badet", heißt es 1588 in einem Zuger Arzneibuch 557. Quarinonius versteht 1610 unter
„Dempffbad", das er auch Schweißbad nennt und in Gegensatz zum gemeinen Bad (in
der Badestube) stellt, „wann man in den ehrlichem vnd ansehnlichem Häusern, ein
darzu gerüste Wannen, oder kleine Stühle hat, darinnen man gehitzte Ziegel, oder
124
Badeapparate im 16. Jahrhundert
Abb. 54. Dampf- und Beräucherungsapparate des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt aus Dryanders
Arzneispiegel. Frankfurt am Main. 1547*.
* Die in Abb. 34, 53 und 54 wiedergegebenen Apparate finden sich in mehreren Büchern des
Egenolfschen Verlages, namentlich in .Ryffs großer Chirurgie.
Die kleinen Heißluft- und Dampfbadestuben 125
Kißlingstein einträgt, vnd mit abgesottenem Wasser von guten vnd wol riechenden
Kräutern, die Stein begeust, darauß die Wärme vnd der Dampff raucht" '34 Diese
Schweißbäder waren, wie aus der Stelle bei Etschenreutter hervorgeht, sehr bei<annt,
auch Watt beschreibt sie nicht näher, sondern setzt dafür ein usw. Noch 16Q7 emp-
fiehlt Zapf in Weimar, das Rastenberger Wasser gegen Podagra auf heiße Kieselsteine
oder in ein Badstüblein oder „versprügelten Wannen" aufzugießen 40i.
Nach Ryff setzte man auch zwei Wannen oder Gefäße übereinander (natürlich die
obere mit dem Boden nach oben) oder gebrauchte über der Wanne ein „obdach von
Stro geflochten" 4s (Abb. 43).
Im Straßburger Gedicht vom „Hußrat" (1514) heißt es:
„Ich bring dir sicher ouch ein Badbütten
Bedket mit eyner Schoubin (von Stroh) hütten
Darzu so müstu gute Krüter hon
So würstu ouch schwytzen wol dar von" -='.
Andere „kleine Badstüblein" hatten die Form eines Schrankes und waren aus dicken
Brettern gefertigt, um die Wärme besser zu halten (Abb. 54 e). In den Doppelboden wur-
den glühendes Eisen, erhitzte Sintersteine, Kieselsteine, gebackene Steine, Mauersteine
oder Schlacken eingeschoben oder darin Branntwein angezündet. Es handelte sich also
um Heißluftbäder. Im Deckel befanden sich Löcher, die mit Zapfen verschlossen
werden konnten, um die Hitze zu mäßigen. Wenn es für nötig befunden wurde,
leitete man von einem Topf (Abb. 54 c) aus die Dämpfe von Kräutern in das Badestübchen.
An der Einmündung des Rohres wurde im Innern des Kastens eine hohle, nach unten
offene Halbkugel angebracht, damit der Dampf dem Badenden nicht direkt gegen den
Leib dringe. Ryff nennt 1549 den Kasten eine Neuerfindung seiner Zeit 48.
In der einfachsten Form verwendete das Volk einen Topf und ließ durch einen hölzernen
Trichter den Dampf gegen das kranke Glied treiben (Abb. 54 b). An Stelle des Wasser-
dampfes konnten Beräucherungen von Trociscen (Trochisci-Zeltchen) und anderen „be-
quemen Stücken" treten, die in einem „glutpflännlin" verbrannt wurden (Abb. 54a).
Zuweilen wurden die Badenden zum Dampfbaden und Beräuchern auf einen Stuhl ge-
setzt und mit Tüchern behangen (Abb. 43 u. 54 d) 233. Man verbrannte auch Kräuter auf
heißen Steinen. In einer Wiener Handschrift des 15. Jahrhunderts heißt es: „Vnd mach
ein stain päd vnd leg das chraut vber die stain vnd erswicz wol" iß. Im 14. Jahrhundert
wird von Boner im Edelstein das Schwitzen im Bette durch einen heißgemachten Stein
erwähnt. Eine Äbtissin ist „von dem Ritten" (Fieber) geplagt.
„Sie sprach: ,min rugge und ouch min bein acht eben, wenne ich switze:
die ridwent (fiebern) vaste. ein Ziegelstein so nim den beiz und decke mich,
soltu mir balde machen heiz; lä nieman in, des bit ich dich,
und würde mir ein senfter sweiz, daz der sweiz nicht erwinde"-^^.
ich möcht vil lichte wol genesen ! . . .
RvFF hat oft gesehen, daß man die Schweißbäder in großen Weinfässern machte 48.
Dies „Fäßlischwitzen" war bis in die jüngste Zeit in der deutschen Schweiz in Gebrauch.
In der Küche wurde ein Salzfaß, mit dem Boden nach oben gerichtet, auf drei Mauersteine
126 Deutscher Ursprung der Hausdampfbäder
gestellt und darunter ganz dürres Wacholderholz, das nicht raucht, angezündet, bis das
Faß über und über heiß war. Dann brachte man es ins Schlafzimmer, stellte es aufrecht,
setzte sich auf einem Stuhl hinein und deckte das Faß oben mit Tüchern zu 564 An
Stelle des Wacholderholzes verbrannte man auch Rebholz oder legte heiße Kieselsteine,
besonders Ädersteine in das Faß oder legte erhitzte Steine in einen eisernen Topf mit
einem Absud von Wacholder- und Föhrenzweigen und nahm über diesen das Fäßli-
bad 557.
Diese Hausdampfbäder sind deutschen Ursprungs. Schultz beschrieb eine Mün-
chener Handschrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts, die, lateinisch von einem ita-
lienischen Arzte verfaßt, eine Anleitung für Italienerinnen zur Pflege der körperlichen
Schönheit enthält und für besonders förderlich dazu ein Schwitzbad empfiehlt. Sollte
ein solches Bad, heißt es darin, nicht zu erlangen sein, so kann man auch auf andere
Weise (stuphis) denselben Zweck erreichen, indem man das Verfahren der Frauen jen-
seits der Alpen nachahmt, man macht nämlich Ziegel oder schwarze Steine glühend heiß,
wirft sie in eine Tonne (tina), gießt kaltes Wasser darauf und setzt sich nun wohlver-
packt mit Tüchern über den aufsteigenden Dampf und schwitzt tüchtig 537*.
Der von Ryff angegebene Schwitzkasten hat sich in seiner Form bis heute erhalten,
1733 gedenkt Zedlers Lexikon unter diesem Namen des Badekastens von Holz ^ös. im
19. Jahrhundert tauchten neue Arten des Heißluftbades auf. Lavater setzte 1804 zur
Wiederbelebung Ertrunkener an Stelle des lauen Wasserbades einen doppelwandigen
Blechkasten, in dessen äußeren Teil warmes Wasser gefüllt wurde i78. Als 1831 in Ham-
burg die Cholera war, legte man die nackten Kranken auf niedere Gurtenbetten, über
die Reifen gespannt wurden, die durch Decken einen Abschluß erhielten. Unter dem
Bett wurde Weingeist in einer Schale angezündet. Diese Cholerabetten kamen aber
wegen Verbrennungen der Patienten bald in Mißkredit, so daß man Wasserbäder an ihre
Stelle setzte 572. Heute hat man im sog. Phenix ä l'air chaud dem Übelstand abgeholfen,
in dem man wie beim RvFFschen Apparat den Dampf, die heiße Luft aus einer beson-
deren Heizvorrichtung ins Bett leitet.
In der Dachauer Gegend findet man in den Bauernhäusern Bahaisl (Badhäuslein),
Badl (Bädlein) genannte bretterne Verschlage im oder um den Ofenwinkel (Schwitz-
kasten) 46 Auch im Fürstentum Hohenlohe bezeichnete 178QBadstübchen einen kleinen
Verschlag hinter dem Ofen 555. Diese Einrichtungen sind wohl auch ein Ersatz für die
selbständigen Badstubenhäuschen begüterter Bauern. In der Passauer Gegend deutet
heute nur noch der Name Badl für den Winkel hinter dem Ofen 46 ihr ehemaliges Vor-
handensein an.
Als selten geübter Volksgebrauch kommt das Schwitzen im Backofen auf Brettern
* Diese Stelle stützt die Ansicht Heynes, daß die Italiener das Wort Stufa aus dem Deutschen ent-
lehnt haben 3. Auch Faloppius (1523—62) aus JVlodena sagt — nach der deutschen Übersetzung von
Bauhins Buch über das Bad von Boll 1602 — , daß die in Italien vorkommenden großen Bäder voller
warmer Dämpfe (über den heißen Quellen, die heute noch Stufen heißen) von den neuen Skribenten
Stufen genannt werden ^31.
Das Schwitzbad im Backofen 127
nach dem Herausholen des Brotes vor. Nach Ryff muß sich zuweilen der arme Mann
auf den Dörfern aus Notdurft gegen Wassersucht mit dieser Art Bad beheifen 48. „Aber
die meister der artznei bruchen es wenig", sagt Phries 386. Quarinonius nennt es 1610
eine neue Badform und berichtet Fälle mit unglücklichem Ausgang! 34. 1743 starb in
Hadlikon eine Frau Hartmann, von welcher es heißt, „sie hatte den 23. Januar im Ofen
geschwitzt, wurde für tot herausgezogen, lebte aber noch bis den 26. Wie es zugegangen
novit Deus"573. 1857 schwitzten in Böhmen Kinder im Backofen gegen Krätze, nach-
dem sie mit einer Salbe eingerieben waren. Eins davon wurde halbverkohlt herausge-
zogen 16. 1871 spricht Senn für die deutsche Schweiz von einem veralteten Brauch, der
aber doch noch gegen Rheumatismus angewendet wurde 564.
Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, nahm man in der Hausbadestube nicht
nur Reinigungsbäder, sondern badete auch gegen Krankheiten. Der Bürgermeister Niko-
laus Oentzkowvon Stralsund tat es am 31. März 1564 auf ärztlichen Rat. Am 2. Dezember
verzeichnete er in seinem Tagebuche: „badede ick in minem eigen stauen vth diekwater",
am 27. Januar des folgenden Jahres: „leth ick den kum am stauen vthschmelten vnd den
stauen heruthmaken, vnd badede darin vmb des bains willen" 542. Hieraus ist übrigens
zu entnehmen, daß der stauen nicht nur die Badestube, sondern auch die Badewanne
war. Schon 1562 badete Gentzkow öfters „mit minen qwaden ruggen". Aus Fabricius
HiLDANUS geht hervor, daß im 17. Jahrhundert besonders von armen Leuten als Ersatz
der Badekur nicht nur in Krankheiten, sondern auch zur Bewahrung der Gesundheit ein-
oder mehrmals im Jahr Tage und Stunden lang, wie in den Mineralbädern, im Zuber ge-
badet wurde. Fabricius sah dabei Krämpfe, Schlaganfälle auftreten und führt diese bösen
Zufälle darauf zurück, daß die Leute meinten, die zur Badekur nötige Reinigung des
Leibes, vorzüglich die durch Purgieren, nicht nötig zu haben. Ganz besonders sei sie
gerade beim Baden im süßen (gewöhnlichen) Wasser erforderlich, weil das den Leib
schlüpfrig und glatt mache. Auch die mineralischen Bäder, die durch die Kunst der Chemie
zubereitet würden, seien, wie die aus süßem Wasser, unserer Natur zuwider. Die Nach-
bildung einiger natürlicher Mineralbäder durch Schwefel, Alaun und Salz erkennt er für
Notfälle an, erklärt es aber für Eitelkeit, Frechheit und Aufschneiderei, natürliche Bäder
durch die Kunst der Chemie zu machen 101. Es gab schon im 16. Jahrhundert z. B. von
Thurneisser Rezepte, Mineralbäder nachzuahmen 390^ und Paracelsus ergänzte die
Mineralbäderfürbestimmte Krankheiten durch Zusätze von Kräutern 374. Meister Burck-
HART von Reytiingen gab ein „bewert wiltbad" an 47. Johann Wilhelm Simler, ein
großer Verehrer der Mineralbäder, singt „vonwegen des Podagrams, im Meyen, 1668
und 6Q" :
„Gewärmtes Kräuterbad in meinem Ofeni<essel ;
nächst Gott; entbände mich von Podagrames Fessel" ^7.
Ja man nahm regelrechte Badekuren im Hausbade vor. 1528 schreibt Hans Stockar
in Schaff hausen: „Uff dye Zitt hain jch 33 Dag Wasser badett jn mim Hus, und schlug
heffdyg us"597. Pelix Platter ließ Kuren mit Kräuterbädern im Hause gegen Aussatz
128
Kräuterbäder im Hause gegen Krankheiten
vornehmen 488. Nach
Brunfels solhe man
nicht über vierund-
zwanzig TageHang ba-
den und bis auf acht
Stunden täglich steigen,
dazwischen schweiß-
baden. Man saß dabei
auf dem Kräutersaci<,
dessen Abl<ochung sich
im Badewasser be-
fand 47, nach DRV ANDER
1 547 täglich eine Stunde
lang 233. Es gab also
zweierlei Kräuter-
bäder, Dampf- und
Wasserbäder. Der
Kosten wegen wurde
das Kräuterbad mehr-
mals benutzt. Infolge-
dessen machte das
Wärmen eine beson-
dere, in Abb. 55 c wie-
dergegebene Vorrich-
Abb. 55. Apparate für Wasser- und Kräuterbäder im 16. Jahrhundert. '^ ^ '
Holzschnitt aus Dryanders Arzneispiegel. Frankfurt a. M. 1547. ThuRNEISSER 1572 et-
was abgeändert bringt 390. Nach ihm und Brunfels sollte das Bad aller drei Tage er-
neuert werden. Die Badebütte war zuzudecken, damit die Kraft darin bleibe 47 Guari-
NONius sagt 1610:
„Die Badwann laß offen, oder schleuß nur vor dir.
Den Dampft laß vnten beyn Füssen riechen herfür" "4.
1647 schlug Sebiz 65 vor, die Badebütte mit hölzernen Deckeln oder dicken groben
Tüchern, „Kutern oder Sergen", Oessner335 1745^ mit einem Tuch, Teppich oder einem
Brett mit einem Ausschnitt für den Hals zuzudecken. Für Kräuterbäder einzelner Teile
dienten der „Lendenzuber" (Abb. 55a), dessen Sitzbrett nach hinten abfallen sollte, und
eine besondere Schenkelbadewanne (Abb. 55 b) 48. 221, die auch zu Dampfbädern ver-
wendet werden konnte.
1684 machte Lamzweerde neue Badeapparate bekannt, darunter einen Sack aus Leder
in dem sehr schwache Kranke das Bad im Bett nehmen konnten (Abb. 56). Er beschrieb
auch einen, erst in der modernen Hydrotherapie zur Geltung gelangten Rückenschlauch
Andere Bäder zu Heilzwecken
129
(Abb. 57) und mit Wasser gefüllte Leder-
säcke, die über einzelne Gliedmaßen ge-
zogen wurden 574 Sein geistiges Eigen-
tum scheinen diese Apparate aber nicht
zu sein, denn einzelne sind schon in
einem Werke des aus lilyrien stammenden
Arztes Santorio abgebildet, der 1636 zu
Venedig starb und sich auf technisch-
medizinischem Gebiete, unter anderem
auch durch Herstellung von Instrumenten
zur Ermittelung der Körpertemperatur auu ca c i i ^ T^ u j • d i^
'^ ' ' Abb. 56. Sack aus Leder zum Dauerbad im Bett
und des Pulses auszeichnete 235 für sehr schwache Kranke v.Lamzweerde. Kfpr. 1684.
PiCTORius erwähnt 1560 Bäder von Baumöl, Milch, Molken, Wein und Öl, in dem
ein Fuchs oder Dachs zuvor gesotten wurde, sagt aber, „man schreibt von ihnen"; sie
waren also nicht in Gebrauch 152 Nach Ryff war bei den Deutschen in Milch zu baden
ebenso ungewohnt, als in Wein und Öl 48. 1793 benutzte man aber Milch- und Molken-
bäder 160^ wobei man glaubte, die Kranken dadurch zu ernähren. Von dieser Vorstel-
lung ging wohl auch Pantaleon aus, als er den Lungensüchtigen und denen, so das
Abnehmen am Leib haben, den Besuch der Thermen verbot, dafür aber Wasserbäder
„so ab Kalbsköpfen und füssen gesotten" empfahl 35.
Trotz mancher Kuren im Hause gingen Leute, denen eigene Badestuben zur Ver-
fügung standen, in die öffentliche Badestube zum Schröpfen, Aderlassen oder um Heil-
bäder zu nehmen. Nach der Pfründeordnung des Klosters Geisenfeld in Bayern aus
dem 13. Jahrhundert hatten die Frauen aller vierzehn Tage ein Anrecht auf ein Bad, das
zwei „lantnaer" bereiteten. War eine Frau „siech" (krank), oder wollte sie „us einer
aderlazz baden", ging sie zum „veilen pade". Wer das nicht wollte und das
Bad lieber im Kloster nahm, hatte es zu bezahlen 548. Bürgermeister Gentzkow
war am 3. April 155Q „mit vruw vnd kindern jm steinstauen vnd leth wohl
7 koppe selten", am 24. November badete er „jm gemeinen stauen und leth 3 koppe
satten« 542
Wir sahen schon im nackten Boten,
daß die Badestube zur kühlen Jahreszeit
als Wohnraum benutzt wurde. Sie diente
aber auch als Speise- und Trinkzimmer, in
das man gern Freunde und Bekannte lud.
GUARINONIUS sagt 1610: „Wann manicher,
dersonsten nichts zu thun hat, nicht weiß
was er anfangen solle, läßt er jhm ein
Schweiß- Dempff- oder auch Vollbad zu-
Abb. 57. Rückenschlauch von Lamzweerde.Kpfr. 1684. richten, darin er etwan mit seinem Weib,
Martin, Badewesen g
130 Einladungen in die Hausbadestuben zum Schmausen und Zechen
Abb. 58. Mann und Frau beim Schmause im Hausbadestübchen. (Der Mai). Kpfr. von Franz Brun 16. Jhdt.
oder sonsten einem guten Freund sitzet, und ein Kändele drey, vier Wein, neben guten
Sträublen außleeret, damit in seinem Leib innen nicht etwan das Vacuum rusticum ent-
stehe" 134 (Abb. 58). 1584 wurde, wie erwähnt, Magdalena Paumgartner in Nürnberg zu
einer Bekannten ins Bad geladen 248. Der Bürgermeister Oentzkow berichtet uns in seinem
Tagebuche des öfteren von solchen Einladungen 542. Am 13. Mai 1559 hat er verzeichnet:
„badede ick in minem eigen stauen mit D. Khetell", am 3. Oktober 1562: „do badede ick
in minem stauen. D. Kehtel vnd sine vruw badeden mit mj. eethen darna mit mj vnd
toueden bet nha negen", am 9. Juni 1563 „badede ick in minem stauen vnd beheld min
volck by mi to gast". Unter Volk sind die Angestellten des Bürgermeisters zu verstehen.
Aus den Angaben scheint hervorzugehen, daß die Gasterei erst nach dem Bade statt-
fand. Ferner hat Oentzkow verzeichnet am 13. Januar 1558: „leht ick minen batstauen
heilen vnd badede mit minem volcke", am 21. April 1559: „badede ick mit all minem
volck, vnd worden dorch den roden wyn so vrolick darna, dat alle jungen vnd knecht
dantzen vnd singen musten bet in die nacht, dat die glock ein schlug", am 30. Juni des-
selben Jahres: „badede ick mit minem volck vnd zechten darna wol", am 3. Januar 1560:
„badede ick mit alle minem volck noch jm suluen minem stauen. Ick leth ock minen naber
Christoff Lafferde mit siner vruwen vnd all sinem volck darinn baden", am 10. Februar
desselben Jahres : „leth ick den stauen in minem haue (Hause) anheiten vnd badede mit
minem volcke drinn" und am 15. April: „hadde ick mien volck togaste vnd was mit en
guder dinge". Oentzkow lud sein Volk auch sonst zu Oaste, z. B. in seinen Oarten zum
Tanz oder am 10. November 1560 zum Martinsabend, wobei der Exzeß, wie Oentzkow
selbst schreibt, so groß war, daß er am anderen Tag auf der Bank liegen mußte. Das
sind aber Seltenheiten gegenüber den Einladungen ins Bad, die wir unseren heutigen Oe-
sellschaften gleichstellen müssen.
Daß es auch in Nonnenklöstern bei den Einladungen ins Bad fröhlicher, als es die
Sitte erheischte, zuging, zeigt folgender Züricher Ratsbeschluß von 1523: „Abrednuss
miner Herren von Zürich verordnoten ratsboten mit frow priorin und den ratsfrowen
zuo Töss, etlicher bösen missbrüchen halb beschechen. Zum ersten : als dann ein bad-
stuben zuo Töss im gottshus ist, darin dann unzhar etlich ander f rowen von den kloster-
frowen geladen gewesen, mit inen zuo baden, die syent von der Töss ab der strass, von
Winterthur oder anderschwohar; das aber vi! geschreis und nüt anders dann ein liecht-
fertigkeit und Zerstörung guots wesens mag bringen ; ist von minen Herren mit verwil-
ligung der frowen abgeredt und beschlossen, daß hinfür gar niemas in solich bad solle
kommen oder gan, dann allein die kloster- und ordensfrowen. Es soll ouch endheine
Die Haiisbadesfiibe als Speisezimmer / Liebesabenteuer Im Bad
131
under inen, jung oder alt, nit gewalt oder macht haben, dhein andere usserthalb dem
kloster, wer joch die syg, in das gemeldt bad zuo laden, ane gunst und willen (der) frow
priorin und der ratsfrowen" 172.
Rudolf Collin erzählt in seiner Lebensbeschreibung: „Im Jahr 1524 den 14. Hornung
verliesse ich mein Vaterland (Lucern), käme um den Abend gen Zürich, und nähme meine
Einkehr in Herrn Oßwald Myconius Hause, wo mir eine lustige Begebenheit aufstieße:
Es war nämlich an der alten Faßnacht, da stuhnde (wie um diese Zeit gewohnt) ein Tisch
mit den niedlichsten Speisen, und vollen Bechern versehen in einer Schweißstube (vapo-
rario)." Kein Mensch war zugegen, weil alle Gaste auf die Ringmauer hinausgegangen
waren, dem Fastnachts- oder Märzenfeuer zuzusehen ssi. Das Baden ist garnicht er-
wähnt, und die Gäste müssen in Kleidern gewesen sein, um das Haus zu jener Jahres-
zeit vorübergehend zu verlassen. Die Schweißstube war hier das Speisezimmer des
Hauses.
Im Hausbadestübchen empfing auch die ungetreue Ehefrau ihren Liebhaber. Das
schien so selbstverständlich, daß z. B. in einem Volksliede des 16. Jahrhunderts die Bade-
stube garnicht erwähnt ist, wohl aber auf dem Titelbilde dargestellt wird 3io. Manche
dieser Stelldicheins endigten mit Mord und Totschlag durch den betrogenen Ehemann.
Von einem solchen Fall, der sich zu Zofingen 155Q zutrug, berichtet der Züricher
Chorherr Wyck308 1530 wurde in Zürich bei Augustin Fries ein fliegendes
Blatt gedruckt „Ein hübsch Lied, genannt der Striegel", das in des Knaben Wunder-
horn309 aufgenommen ist. Das Gedicht war ein seinerzeit weit bekanntes Volkslied.
Eine Kaufmannsfrau in Konstanz empfing in Abwesenheit ihres Mannes den Gelieb-
ten, einen Doktor, im Bad.
Der Ehemann, dem die Sache
zu Ohren kam, gab eines Ta-
ges vor, eine weite Reise zu
unternehmen, ließ aber einen
Striegel anfertigen, mit dem er
unerwartet in die Badestube
trat und den Doktor zu Tode
striegelte. Wyck klebte in
seine Sammlung einen kolo-
rierten Holzschnitt (Abb. 5Q)
ein, der wahrscheinlich dem
genannten fliegenden Blatt
entnommen ist, und fügte,
ohne das Gedicht anzu-
führen, hinzu, dieser Doktor
l^ui rl R'IH H h rl' Abb. 59. Doktor Moser in Konstanz wird in der Hausbadestube
^ mit seiner Geliebten vom Ehemanne derselben überrascht und zu
Kopfbedeckung als solcher Tode gestriegelt. 16. Jahrh. Wyckiana. Zürich, Stadtbibliothek.
1 32 Badestuben in den Amtswohnungen
gekennzeichnet) sei ein Sohn des Organisten Moser vom Oroßmünster in Zürich
gewesen und der Bruder einer Nonne im Ötenbach, die fromme Moserin genannt,
die 1554 starb 308 Etwas abgeändert wurde das Gedicht zu Augsburg „durch
Valentin Schönigk, auff vnser Frawen Thor" (auf der Abbildung tragen Mann und
Frau den Badehut von Stroh) und 1Ö06 zu Basel bei Johann Schröter gedruckt. Auch
Fischart sagt in der Gargantua: „o bad gestrigelter doctor von Costenz!" i5i. Noch
1624 wurden Szenen aus dem Gedicht auf einer Glasscheibe dargestellt, die das Landes-
museum zu Zürich besitzt, wo die Liebenden entgegen der sonstigen Auffassung neben-
einander auf der Schröpfbank in der Schweißbadestube sitzen. Die Hausbadestuben
scheinen demnach, wenigstens in dieser Beziehung, ihre frühere Bedeutung nicht mehr
besessen zu haben*.
Bekanntlich forderte der Landvogt Wolfenschießen 1 307 zu Alzellen von Baumgartens
Weib, mit ihm im Bad zu sitzen. Sie rief aber ihren Mann herbei, der den Landvogt mit
der Axt erschlug (Abb. 53). in den um 1400 verfaßten Gedichten Heinrich Kaufringers
ladet einmal eine Augsburger Schustersfrau ihren Geliebten, einen Chorherrn ins Haus
zum Bad, ein ander Mal die Frau des Bürgermeisters von Erfurt den Sohn des Königs
von Frankreich, der dorthin „gen schuole" gesandt war 256
Wir finden häufig das Hausbadestübchen in Amtswohnungen auf Kosten der Be-
hörde errichtet. Zu Frankfurt am Main kommt 1436 die Badestube in der Bonameser,
1470 die in der Erienbacher Burg für die Amtmänner beider Orte vor, sowie 14Q9 die
Badestube für den Marstaller. Auch im Römer befand sich ein Badstübchen, offenbar
für den Stadtschreiber, welcher dort seine Amtswohnung hatte. In Hamburg finden wir
sie im 16. Jahrhundert in den Wohnungen des Physikus und des Stadtschreibers. 1477
wurde das „batstobelin im Rathuse" in- und auswendig geweißt und das „batstobechin"
mit Fenstern (638 Scheiben) versehen 127 BeriinundCölnan der Spree hatten im 16. Jahr-
hundert in den Kaplan- und Predigerhäusern Badestuben i9i^ I6IO das evangelische Pfarr-
haus zu Aadorf. 1640 schaffte hier das Amt Winterthur ein neues „Badestubenöfeli" an.
Auch im Pfarrhaus zu Aawangen war schon vor 15Q7einBadstübli eingerichtet, und 161Q
fehlte es nicht im neuerbauten Pfarrhaus is'?. 1557 wurde zu Waldulm im Pfarrhaus der
Ofen in dem „badstublin" errichtet 460. in Frankfurt am Main war die Fahrbadstube,
auch die Badstube am Fahr genannt, die 1337 zuerst erwähnt wird, gemeinschaftliches
Eigentum der Stadt und des Leonhard-Stiftes. Die Herren des Rates und wohl auch die
Mitglieder des erwähnten Stiftes bedienten sich ihrer, dem großen Publikum war sie aber
verschlossen 127),
* Der Striegel wird textlich nur noch einmal erwähnt. Im Höllenbad von Hans Sachs „thet man
mit scharpffen strigeln krawen''^^. Krauen, das heute am besten durch „krabbeln" wiedergegeben
wird, war ein erhöhter Grad von Reiben, das sich bis zum Kratzen steigern konnte und im Schwitz-
bade stattfand. Aber auffallenderweise ist auf keinem Schweißbadbilde ein Striegel zu finden. Er
kommt öfters und zwar in der auf Abb. 59 angegebenen Gestalt, aber nur bei Wasserbädern vor, z. B.
auf dem Titelblatt zu Murners Badenfahrt I", dem zum Buche Etschenreutters über Mineralbäder
(Abb. 101)"", dem zu Phries' Wildbädern (Abb. 117)«», auf dem Männerbade Dürers (Abb. 138) und
einem Mineralbadbilde in Münsters Cosmographey (Abb. 111) 3^'.
Verbote der Haasbadestiiben zur Förderung der ehehaften \ 33
Aus verschiedenen Gründen finden wir hie und da die Privatbäder eingeschränkt
oderverboten. Nach der bayerischen Landesordnungeri<lärungvonl578iö und derForst-
ordnung von 1616-t6 wurde den Bauern mit Ausnahme der in den Einöden wohnenden
untersagt, eigene Badestuben zu bauen, nach der zweiten Ordnung auch der Gebrauch
transportabler und dieser nicht nur den Bauern, sondern auch den Bürgern in den
Städten und Märi<ten, dafür diesen aber erlaubt, ordentliche gemauerte Badestuben in den
Häusern zu haben.
Die Gründe zu diesem Verbot lagen in dem zu reichlichen Holzverbrauche und der
Feuergefährlichkeit der kleinen Badestuben. Daneben sollten durch dieselben die Ein-
künfte der ehehaften nicht geschmälert werden. Aus letzterem Grunde erfolgte das er-
wähnte Verbot im Altenmarkt (Bayern) 143Q535^ ein solches zu Kuppenheim bei Rastatt
1484: „und daruff so sollent alle kleine badtstuben, die bißheer zu Cupenheim gewesen
sind, abgetan und nyemandt mee, er sy geistlich oder weltlich, gestattet werden, in den
hüsern badtstuben zu haben oder fürter zu machen, damit Diethrichs Hans und sine
erben unser badtstube dester baß gehalten und den zinß jerlich daruß geben mögend;
es were dann, das ein amptmann zu Cupenheim in sinem huse ein badtstüblin haben
wölt, des solt er macht han allein für sich und sin gesinde und sust für nyemandt mee
zu gebruchen ungeverlich"6i. Ebenso wurde 1440 und 1476 in Görlitz die Badestube
nur zum eigenen Gebrauch erlaubt. „Vnd forder sal nymandis ander lüte weder vor der
Stat noch in der Stat baden denn alleine sich sine kinder vnd gesinde" 202. ] 547 führten
die Lübecker Bader Klage darüber, daß nicht nur der Hausvater und Familie nebst Ge-
sinde, sondern auch dessen Bekannte bei ihm badeten 16. Bei der Verleihung des Bades
zu Liebenzeil 1498 behielt sich der Lehnsherr das Recht vor, die „badstüblin" im Hause
nach eigenem Gefallen jemandem zu gestatten, jedoch sollte es der Betreffende nur für
sich selber brauchen, im sog. Ried, der Niederung an der Mündung der Murg bei Rastatt,
lagen im 15. Jahrhundert fünf Dörfer (heute noch drei). Diese hatten zusammen ein „bad-
stüblin". Als 1487 das nahe Iffezheim auf Bitten der Gemeinde vom Markgrafen
Christoph zu Baden ein ehehaftes Bad erhielt, wurde denen im Ried befohlen, ihr Badstüb-
iein durch den Bader von Iffezheim wärmen zu lassen oder nach dort zum Bad zu gehen 61.
Die Feuergefährlichkeit der Badestübchen tritt häufiger als Grund ihrer Einschrän-
kung auf. Nach dem klugen und rechtsverständigen Hausvater war es 1705 jedermann
freigegeben, ein Badhäuschen oder Badstübchen zu erbauen, es durfte jedoch keine
Feuersgefahr bringen 567^ weswegen es von der Obrigkeit besichtigt wurde. Dies geschah
z. B. in Frankfurt 1478. Trotzdem entstand 1556 von einer „dein batstoben" aus eine
Feuersbrunst 127. in der Bergstadt S. Marienberg verordnete man 1540, die Badstüblein
jährlich zweimal zu besichtigen, nach der Stuttgarter Feuerordnung von 1607 sollten sie
nur geduldet werden, wenn der Schornstein gut gebaut und bis übers Dach hinausge-
führt wäre 16. 1484 veranstalteten Kellner und Rat zu Butzbach in Hessen einen beson-
deren Umgang durch die Stadt, um festzustellen, welche von den Badestuben zu leiden
oder nicht zu leiden seien. Im Herbst 1489 sah sich der Rat veranlaßt, eine Anzahl Öfen
134 Verbote der Hausbadestuben wegen Feuersgefahr
in den Badestuben gewaltsam abrechen zu lassen. 1494 erging an verschiedene, bei einem
vorherigen Umgange aufgezeichnete Bürger der gemessene Ratsbefehl, „die sorglichen
Badstuben abzuthun". In demselben Jahre hatte aber auch der Rat eine Badestube in
eigenen Betrieb übernommen i94 Die Görlitzer Statuten verlangten die „badestoben"
wegen Feuersgefahr zur ebenen Erde gelegen. 1440 und 1476 wurde verordnet: „Alle
badestobin uff den Estrichin vnd sust empor stehende, sullin gantz abgethon werdin
vnd was sust badestobin sindt ouch wol bewart" 202 |n der Stadt Brieg wurde 1550
sogar verlangt, daß „alle Badebutten In der Stadt bay den gemeinen Manne abgestalt
werden, welcher aber darüber inn seinem Hause baden wirt, sol so offte solchs geschieht
zur pehn ein margk vorfallen sein" 16. 1 748 wurde in der Instruktion fürbürgerliche Obrig-
keit (Bayern) verboten, „in den Stuben gefährliche Baadel (am Ofen) zu halten" 46. Würz-
burg gestattete 1564 die Privatbäder, doch durfte niemand Stroh, Heu, Reben, Pfähle,
Wolle u. s. w. in engen Häusern, auf den Boden und an Orte, wo man feuert, „Bäder
machet oder waschet", hinlegen 575.
Die alten Germanen sollen ihre Kinder auf einem Schild im Rhein gebadet haben i5i.
Nach der „Kindheit Jesu" von Kuonrät von Fuozesbrunnen aus dem 12. Jahrhundert
wurde Christus nach der Geburt in einem „yazze" gebadet 520. Die heilige Elisabeth
(Ende des 13. Jahrhunderts) erhielt zur Ausstattung eine silberne Badewanne. DieMutter
ließ anfertigen :
„Von silbere lodec wize So es wehes künde sin,
Mit druwelichem flize Da man iz inne mochte
Deme kinde ein zuberiin, Oebaden wan iz dochte"-^^.
In einem „Vasnachtspil vom Münch Berchtolt" aus dem 15. Jahrhundert sagt der
„Prent Vater" :
„Merk, tochter, was ich dir geben wil !
Ein padschaf und ain wiegen" '^.
In der Regel war die Badewanne aus Holz, wie die meisten Abbildungen zeigen.
„Ein Tennin zuberiin dar inn mans bad
Deck es zö das im der Lufft nit enschad
Vnnd mach ym das Wasser nit zu warme",
heißt es im Straßburger Gedicht vom Hausrat (1514)257. Während die deutsche Aus-
gabe von Ryffs Hebammenbuch eine Holzbadewanne zeigt 251^ hat die holländische
Übersetzung eine runde, flache Metallschüssel 576 ebenso eine Darstellung der Geburt der
Maria vom Meister der LwERSBEROschen Passion (Abbildung bei Schultz) 210. Nach
den von Schultz zusammengestellten Schriften aus dem 18. Jahrhundert wurden die
Kinder in einer hölzernen Badewanne oder in einer kupfernen Bademolde gebadet 422^
nach Zedlers Lexikon 1733 Sechswochenkinder in einer kupfernen ovalen oder flach
getriebenen Bademolde. Dieses erwähnt auch den „Badewisch", eine Decke aus zartem
Stroh, dessen sich die Weiber beim Baden kleiner Kinder bedienen 468. Auffallend ist,
daß die Badewanne stets auf dem Fußboden, nie auf einer Bank oder einem Tische steht,
was vielleicht mit der Temperaturbestimmung des Wassers zusammenhängt. Auf dem
erwähnten Bilde vom Meister der LvvERSBEROschen Passion und auf einem vergoldeten
Das Bad der Neugeborenen
Abb. 60. Bestimmung der Badetemperatur mit dem Fuße. Geburt der Maria. Kupfer von Mecl<enem.
15. Jahrhundert.
136 Tempemturbestinimuiig des Badewassers mit dem Fuße
Abb. 61. Kinderwäsche in der Hausbadestube. Kupfer von J. von'Meckenem. 15. Jahrhundert.
Holzrelief, Geburt der Maria von einem Augsburger Meister (1510 — 20), (Abbildung bei
Bode) 525^ geschieht diese zwar mit der Hand, .weit häufiger aber mit dem Fuße, wie
Abb. 60 zeigt. In der Chronica von Josaphat und Baarlaam von 1477 (Abbildung
bei Boesch) hat die das Königskind badende Frau einen Fuß in den Zuber gesteckt i23,
ebenso auf der Badeszene zu Wigamur in einer Wolfenbütteler Handschrift von 1477
(Abbildung bei Hagen und Büsching) 304 ^ und auf dem Titelbiide zu Rösslins
Rosengarten von 1528 hält die Hebamme beide Beine in die Wanne sos. (Siehe
auch Striggel, Altarflügel von 1515 bei Janitschek306). Textlich wird diese Tem-
peraturbestimmung nur einmal und zwar von Brunssfels erwähnt : „So du baden
wilt so solt du das wasser versuchen darinn du baden wilt, vnd sollt die füß darein
setzen, ist es dann das dir die beyn schwitzen, so ist es dir gut" 47. Meines Wissens
war Hufeland (1790) der erste, welcher die Bestimmung der Temperatur mit dem
Badethermometer verlangte 5i8^ aber schon Rouseau empfahl zur genauen Tem-
peraturbestimmung beim Baden der Kinder das Thermometer loo. im Salzburger Anti-
phonar aus dem 12. Jahrhundert kommt für das neugeborene Jesuskind eine mit einem
Fuß versehene Badewanne vor, die dem heutigen Taufstein gleicht. Diese Form ist wohl
nicht deutschen Ursprungs; denn die gleiche Darstellung findet sich auf den Bronze-
Baden der Kinder in Wein und Bier / Die Bademuh/ne 1 37
türen zu St. Paul extra muros in Rom 532. Das Baden von mehreren Kindern geschah
in der gewöhnlichen großen Badewanne (Abb. 61).
Der Züricher Kalender von 1508 gibt für die Behandlung des Kindes kurz nach der
Geburt folgende Vorschrift*:
„Die kind muß ich weschen vnd baden Den knaben ist es sunder gut
Zart vnd rein für mengen schaden Wann es die glider krefften thut
Ich bad min kind alle tag Man so! trucken dem jungen kind
In lawen wasser als ich dir sag Sine glider die wil sy weich sind
Vnd lan es nit darin ein halb stund Als sy sond sin so sy werden alt
Salb es mit roß öl das ist im gsund Mit weschen rein vnd machen wol gstalt
Vnd kratz im alle sin glider Den mund, oren vnd nassen klein
Das rügglin vff vnd nider Den ars muß man im machen rein"^*.
Ryff sagt, junge Kinder sollen in bequemen Fässern täglich einmal, höchstens dreimal
gebadet werden in süßem Wasser, das im Sommer lau, im Winter ziemlich warm sei, und
nicht länger, bis die Kinder anfangen über den ganzen Leib „rottfarb" zu werden 48,
auch Etschenreutter erklärt mit dem Rotwerden der Haut das Bad für beendet 449
METLiNOERin Augsburg empfiehlt 1476, das Kind ein halbes Jahr lang alle Tage zu baden
und zwar im Winter wärmer als im Sommer, die Tochter wärmer als den Sohn 123. Nach
Ryff hatten etliche fürwitzige Weiber in Brauch, die Neugeborenen in recht temperiertem
Wein zu baden, und hielten den dicken roten, rauhen Wein für den besten, was nach ihm
nicht befolgt werden sollte, ebenso die niederländische Sitte, die Kinder in Bier zu baden 48.
In einem berühmten Hebammenbuche von Frau Bourgeois, das 1628 und 48 deutsch
erschien, wird das Baden der Kinder in Wasser und Wein empfohlen 577, auch Hirzel
ließ 1784 dem lauen Bad ein wenig Wein zumischen. Er wollte aber die späteren Bäder
immer kälter bis ganz kalt haben 578. Hier macht sich schon der Einfluß Lockes geltend,
der 1693 [zur Abhärtung der Füße das kalte Waschen vorschrieb und sagte, die kalten
Bäder wirkten bewunderungswürdig, besonders bei schwächlichen Personen i40.
Das Baden des Kindes war eine so selbstverständliche Sache, daß Caspar Bauhins
Schwiegermutter ihrer Tochter bei Anlaß eines Unwohlseins 1582 schrieb, sie hoffe, „eß
soll eine gute lebendige kranckheit werden, daß es veber ein Jahr Jm züberlin pfladern
werdt" 521. Bademoder und Bademome hieß im Niederdeutschen Hebamme 533, in
Hildesheim kommt 1544 Bademome dafür vor52, eine Münchener Handschrift hat im
15. Jahrhundert „Badmueter"46. Im Niederdeutschen heißt auch Taufpate „badegode"553.
1526 begehrte Anna, Herzogin zu Mecklenburg, geb. Markgräfin zu Brandenburg, vom
Rat zu Berlin die Zusendung einer „Bademuhme" i^i.
* Der schwangeren Frau rät der Kalender nicht zu baden.
„Doch so ist eß inen gut vnd gesundt Das sy ein omacht körne an
Wenn der hinderst monat kunt Wenn sy den vß dem bad wil gan
Denn sol ein bad syn gemacht So sol man sy den salben
Von ypschen bappelen ge Schlacht Mit öle allenthalben
Beren klawen vnd vyol krut Das von vyol sy gemacht
Sy da by mit sunder trut Oder populeon geschlacht
Wenig sol sy darin schwitzen Nach dem bad sond sy geflissen sin
Vnd zelang nit darin sitzen Mit essen vnd trincken guten win."
138 Die Kinder in der öffentlichen Badestube
Das Waschen des Herzogs Ludwig von Württemberg hatten unter Obhut der Mutter
die Mägde besorgt, bis im Jahre 1562 die Erziehung Männern übertragen wurde und
damit auch des Leibes Reinigung. Die Instruktion für den Hofmeister, den Lehrmeister
und den Untergehüifen lautet: „Es soll auch der Jung fürst, In 14 tagen Einmahl zue
Morgens vor dem essen, schwaißbaden, unnd allwegen Hofmaister, oder Präceptor,
unndt der Jung Maister Conradt Bausch, auch mit Ime baden, sonnst alle acht tage soll
Ime der Kopf gewaschen werden, durch gemellten Conradten, mit der laugen, wie Ime
der Jungen frewlein Hofmaisterin ordnen wurdet. Das haar soll Ime durch gedachten
Conradten,doch annderer Zeit nicht,dann im zunemenden Mon, unnd ußerwelltenZaichen
beschnitten werden." Wenn von nöten, sollte Meister Conrad Bausch auch den Kopf
und die Füße waschen 579. Als Hans Christoph von Venningen 1582 als Hofmeister
des acht Jahre alten Kurprinzen Friedrich von der Pfalz angestellt wurde, schrieb ihm der
Kurfürst nach Angabe des Dr. Strupp in seiner Bestallung vor : „Er soll auch daran seyn,
daß vnser Sohn vnd andere ihm zugeordnete Knaben jederzeit am Haubt oder Leib
durch die Balbirer vnd Bader der Gebür mundirt werden". Im selben Jahre heißt esin
einer Ordnung für die Hofmeisterin von Fräulein Christine, Pfalzgräfin, des Herzogs
Friedrich Schwester, „die nötige vnschädliche Säuberung des Haubts, Füßen vnd ganzen
Leibs wird gegenwärtige Hofmeisterin wohl wissen, sonderlich auf die Sonnabend
nützlichen ahnzustellen. . . . Solche des Leibs Badungen aber sollen nit nüchtern, son-
dern vmb Vesper-Zeit, auch nit in Schweiß- sondern Wasserbäden wegen ihrer truckhenen
Natur vnd Compiexion geschehen" 583.
Aus diesen Anweisungen geht hervor, daß auch Kinder Schweißbäder nahmen. Auf
einem Konstanzer Wandgemälde aus den ersten Dezennien des 14. Jahrhunderts ist dies
dargestellt (Abb. 86), ebenso auf mehreren Bildern Behams (z. B. Abb. 40). Aber auch
zum Wasserbade nahm man Kinder mit in die Badestube (Abb. 36). Für den Besuch der
öffentlichen Badestuben durch Kinder sprechen viele Badetaxen, in der von Gerolzhofen
in Franken aus dem Jahre 1557 sind sogar Kinder, die man ins Bad trägt, berücksich-
tigt 239. Die Bamberger Baderordnung von 1480 verbot Sechswöchnerinnen und saugen-
den Kindern den Zutritt zur Badestube 'H Nach der Nabburger Schulmeisterordnung
von 1480 sollten die Schulkinder am Mittwoch ins Bad gehen, weil die Bäder am Samstag
von Erwachsenen zu sehr besetzt seien 46. Die Ordnung der Fürstenschule von Meißen
aus dem Jahre 1580, welche das Baden im Flusse wegen Gefährlichkeit untersagte,
schrieb vor, den Knaben einen Mittwoch um den anderen die Badestube zu heizen. Am
dazwischenliegenden Mittwoch wurden die Köpfe durch den Bader gewaschen und die
Haare geschnitten. Überdies war eine Frau angestellt, um den Kindern zu den Häuptern
zu sehen, und so es vonnöten, sie zu reinigen 'is.
Eine besondere Berücksichtigung verlangen die Bäder der Juden. Nach Preuss
schreibt der jüdische Ritus den Frauen vor, den Zustand der „Unreinheit" durch ein
Bad zu beseitigen, sei er durch eine Blutung aus den Genitalien auf physiologischer
(Menstruation, Wochenbett) oder krankhafter Grundlage hervorgerufen. Der ganze
Das kalte Bad der Juden
139
Leib muß sich zu diesem Zwecke im Wasserbad befinden, d. h. jede Stelle der Körper-
oberfläche mit dem Wasser in Berührung kommen (Abb. 64). Dieses kalte Tauch-
bad soll in „lebendigem Wasser", das sich aus Quellen ergießt, genommen werden,
das durch ein Rohr in ein Bassin geleitet werden kann. Es ist unzulässig in einer
Wanne zu baden. Da Quellwasser nicht überall vorhanden ist, verwendet man als Er-
satz auch Regenwasser. Die jüdischen Gemeinden haben fast durchweg Bassins dafür
angelegt, deren Inhalt durch Zuschütten von heißem Wasser erwärmt wird. Vor dem
Tauchbad nimmt man ein warmes Reinigungsbad 522 [)ie zahlreichen Abbildungen
von Bathseba und Susanna im Bade, die vielleicht auch ein gewöhnliches Bad nach
orientalischer Sitte darstellen, zeigen stets ein unter freiem Himmel gelegenes"^Bassin-
bad (Abb. 62).
Abb. 62. Bathseba im Bad von David beobachtet. Kpfr. von Jakob Binck. 16. Jahrhundert.
Als rituelle Bäder haben wohl die meisten bei den Judenschulen (Synagogen) ange-
legten zu gelten. Sie führten den Namen „Judenpitz, puteus Judeorum, lapis lavationis
Judeorum (Cöln)"580. Jn Karlsbad ließ Kaiserin Maria Theresia 1762 ein neues Bade-
haus errichten, das den Mühl-, Neu- und teilweise auch den Garten-, späteren Theresien-
brunnen aufnahm und neben fünf Badezimmern, einem Tropfbade auch eine „Judentauche"
für Judenfrauen enthielt 347 Das älteste Frankfurter Judenbad, das urkundlich 1323 zuerst
erwähnt wird, lag der Judenschule gegenüber und diente nur zu kalten Bädern 127. in
Mainz war mit dem Bad einejudenherberge verbunden, „die Herberg im kalten Bad" 205^
die aus zwei Häusern bestand. Im 15. Jahrhundert war es das einzige Judenbad bei der
140
Die kalten Judenbäder zu Speier und Friedberg
Abb. 63. Das Judenbad zu Friedberg in
Oberhessen aus der Mitte des 13. Jahr-
hunderts. Nach Kratz.
Stadt58i. Zwei hierher gehörige, architektonisch
bedeutende Judenbäder aus alter Zeit haben
sich bis heute wohl wegen ihrer unterirdischen
Lage trotz Judenverfolgungen erhalten. Das eine
liegt in Speier nahe bei der Judenbadgasse und
Stammtaus romanischerZeit (12. Jahrhundert). Eine
Treppe führt zum Wasserspiegel hinab, der 5 m
unter der Erde liegt 523. Das Judenbad zu Friedberg
in Hessen ist ein gotisches Tiefbauwerk aus der
Mitte des 13. Jahrhunderts (Abb. 63). Urkundlich
wird es 1350 zuerst erwähnt, als es samt Juden-
schule, allen Judenhäusern und Hofstetten verkauft
wurde. Der Wasserspiegel liegt ca. 30 m tief, der
mittlere Wärmegrad ist 60R. Heute wird es fälsch-
licherweise das Römerbad genannt. 1856 erkannte
es Dr. DiEFFENBACH als Judenbad 524; die im
Innern an einigen Stellen angebrachten hebräischen
Inschriften legen Zeugnis dafür ab3i9. Übrigens
war es Zeiller 1655 als solches bekannt und nach
ihm noch in Gebrauch. Es lag in der Judengasse
undistein„wunderbarlich weiter Brunn, sehr künst-
lich, vnd sonder Zweiffei, mit großer Gefahr, vnd
Kosten, erbauet. Dann der Brunn ist rund, vnd hat
84 steinerne Staffeln biß auff das Wasser, vnd 13
oder 14 vngefährlich in das Wasser hinab; ist
bogenweiß also geschlossen, daß man, von oben
herab, biß zum Wasser, und wieder hinauff, steigen
kann". Nach ihm haben die Juden den Brunnen
um eine Summe Geldes erstanden 83.
In kleinen Gemeinden entbehrten die Bäder
nicht nur jeden Schmuck, sondern waren recht oft
in einem derartig unhygienischen Zustande, daß
MOMBERT 1830 für ihre Abschaffung eintrat 582
Später kamen die Bäder in Bayern unter bezirks-
ärztliche Kontrolle. In den ersten Bänden der Bal-
neologischen Zeitung wird z. B. 1856 und 57 be-
richtet: „Die in Mittelfranken existierenden Keller-
quellenbäder der Juden entsprechen durchaus der
Gesundheitspolizei" oder „Die Kellerquellenbäder
der jüdischen Gemeinden sind zweckmäßig und
Beaufsichtigung der Kellerquellenbäder
141
Abb. 64. Judenbad. o das warme, i das kalte Bad. Kpfr. aus: T. C. Kirchner, Jüdisches Ceremoniel.
Nürnberg 1726.
zur Erwärmung des Wassers eingerichtet. In Schwabach wurde das alte schlechte Keiler-
bad durch ein neuaufgebautes ersetzt"*.
Neben den l<alten Judenbädern finden sich solche, die den öffentlichen Badestuben
entsprechen, „rechte Bäder", wie sie die Frankfurter Juden 14Ö0 selbst nennen i33 (Abb. 64).
Das Wiener Konzil hatte im Jahr 1267 den Juden das Benutzen der christlichen Bade-
stuben 1 6, König Wenzel sogar das Betreten der Bader Behausung 286 verboten, das
* Ich halte ein bei Pyrmont gelegenes Bad, das von Schriftstellern des 18. Jahrhunderts be-
schrieben wird, aber nicht erklärt werden konnte 3'*. 3si^ für ein rituelles Judenbad. Für Pyrmont
fiel auf, daß es mit gewöhnlichem Wasser versorgt wurde. Es war ein altes (schon 1706) Gewölbe,
oben mit Moos und Hecken überwachsen, das die Einwohner den Eichenkeller nach den auf dem
Hügel stehenden alten Eichen nannte. Die Länge desselben betrug 60, die Höhe 7, die Breite auf
Handhöhe beim Eingang 9, weiter hinten 5 Schuh. Oben war es noch enger. Wegen Erde und
Schlamm konnte man die Tiefe des Wassers nicht messen, das aus 4 in den Berg getriebenen
Löchern hervorquoll. Zu beiden Seiten waren gemauerte Absätze angebracht, die man für Bänke
hielt, wohl aber doch die Stufen zum hinabsteigen waren. Der Ausfluß des Wassers geschah durch
ein Loch, das leicht zugestopft werden konnte. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts benutzten die Ein-
wohner von Pyrmont den Keller zum Aufbewahren von Milch während des Sommers.
142 Die Badestuben der Juden
Konzil zu Freising 1440 das Zusammenbaden von Juden und Christen 144. Nach den
Nürnberger Poiizeigrdnungen des 13. und 14. Jahrhunderts soiUe kein Christ in der Juden-
badstube baden und die Juden in der eigenen 201. Ein gleiches Gesetz erließ Augsburg
1276. Infolgedessen wurde 12Q0 den Juden auf ihre große Bitte erlaubt „ein badhous
zu machen des Haerpheres house und des spitals badhouse". Auch das christliche
Gesinde der Juden hatte dort zu baden und nicht in anderen Badstuben 54i. München ver-
fügte in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, es solle wie zu Augsburg gehalten wer-
den 203.
In Nürnberg veriegten die Juden schon 134Q die Badestube in ihr neues Schlachthaus
zur weißen Krone in der Judengasse. Sie hatten vorher das Zottenbergerbad, eines der
ältesten Bäder Nürnbergs benutzt i^s. Die Badestube „Wunderburg" in Wien hatte 1314
ein Jude Liebmann inne. 1385 kaufte die Judengemeinde daselbst von Ulrich Pader eine
Badestube 16. Von 1416 — 1447 wird das Judenbad zu Hildesheim mehrfach genannt. 1443
wurden Juden mit 21/2 U 3 Schillingen und 4 Pfennigen bestraft, weil sie „auf den hei-
ligen Tag" gebadet hatten 52 in Speier wird 1340 „der Juden Badstobe" erwähnt 273^
eine „stupa balnearis judeorum" im 14. Jahrhundert zu Bamberg, in Erfurt im Mittelalter
ein Judenbad 16, 1449 ein solches zu Göriitz202
Die Konzilbeschlüsse, welche den Christen gemeinsames Baden mit den Juden ver-
boten, wurden, wie aus der Nürnberger Polizeiordnung hervorgeht, nicht gehalten. In
Frankfurt badeten die Juden bis etwa zum Jahre 1450 in allen öffentlichen Badestuben
mit den Christen vermischt, und niemand nahm Anstoß daran. Erst um jene Zeit, als
das Volk auch hier angefangen hatte, sie zu mißhandeln, wurde ihnen nur eine öffent-
liche Badestube, die obere in Sachsenhausen (1348 zuerst erwähnt) zu besuchen erlaubt.
In einer Bittschrift der Frankfurter Juden kommt unter anderem vor: „Als vormals, davon
vns nit czwifelt uwerer wißheit wissentlich sin mag, die Jutscheit czu Franckfurt myt
dem Christenen volcke, wo vnd welich zit iglichem eben was, czu bade ginge, han vnsere
herren der Raidt czu der czit im besten der Jutscheyt ein badestobe, nemlich die czu
Sassenhusen, czubescheyden vßgesundert vnd darinne czugeen bevolhen, das auch
also bißhere gehalten ist, wir vns auch darinne vnd myt den Christen czuchtlich vnd
schicklich gehalten vnd verdragen han." Schon 1444 verfügte der Rat : „Die Juden lassen
baden uff die frytage, obe sie wollen; wil sie aber der beder uff ander tage baden,
das möge er tun oder nit, oder sie in Meyne lassen czum kalden bade geen." Manchmal
aber verweigerten die Bader oder die Besitzer der oberen Badestube zu Sachsenhausen
den Juden überhaupt den Zutritt. Im Jahre 1491 ersuchte der Rat Claus von Rückingen,
daß er, „wo er mit fugen möge, die Judescheit in der batstoben zu Sassenhusen baden
laiße". Diese Bitte ward jedoch nicht erfüllt, und der Rat beschloß infolgedessen, eine
besondere jüdische Badestube in der Judengasse erbauen zu lassen 127. Die Juden von
Frankfurt müssen aber doch schon vor dieser Zeit eine eigene Badestube gehabt haben,
wenn sie auch die christlichen besuchten. Als auf kaiserlichen Befehl die der Juden-
gemeinde gehörigen Häuser, die bei der Pfarrkirche des Stifts S. Bartholomäus lagen, weg-
Die Juden in den Minemibädern 143
gerissen werden sollten, wurden die Juden 1460 beim Rat vorstellig: „vnd sulichs als jne
vnser Schule ist, auch eynß Kalden Baddes vnd Buwe darzu vnder der Erden, das müssen
wir Nachts gebruchen vnd nit zu dem Meyn komen känen, mögen wir auch mit nit ent-
pheren, auch eynß rechten Badß des wir daher auch jne bresten gewest sin, vnd vnsere
Herre fast darume angelegen han, vnß eyn Bat zu bestellen, oder uff das Ende uwer
Ersamkeit vnß gegünt, vnd geheyschen han, wir sullen selbst eynß buwen, wir haben
doch Fleckens genonck vnd wie dann solches geluydet halt; Also gnedigen lieben Herrn
han wir eynß gebuwet, vnd schwerlich vnd großen Kosten dran gewant." Als der Rat
von Frankfurt der Judengemeinde ihre Häuser auf seine Kosten in der Judengasse wieder
aufbaute, da wurde 1461 in der Baurechnung verzeichnet: „Heile dem Cleiber, von dem Ge-
häuse da daskaldeBad insteet, zu stecken, zu cleiben und zu binden XVll. U.MWX. ß"i33.
Eine Badestube wird nicht erwähnt.
Auch in den Mineralbädern badeten die Juden abgesondert. Töplitz hatte 1 706 zwei Ju-
denbäder si. In Baden bei Wien lag das Judenbad 164Qvor dem Städtlein und wurde vom
„Abfall" gespeist 371. 1734 mußten die Juden doppelte Taxe bezahlen 499. in Baden
(Aargau) hatten die kleinen Bäder 1 790 ein Judenbad 424 in Schinznach wohnten um die
gleiche Zeit die armen Juden abgesondert im „Judenhüttchen", reiche nahmen eigene
Zimmer unter den anderen Gästen, kochten und aßen aber für sich42i.
DIE VORGÄNGE IN DEN ÖFFENTLICHEN BADESTUBEN
j nter den älteren Schilderungen der Vorgänge
in der Badestube ist die eingehendste im Sei-
fried Helbling2i4 einem Gedicht aus dem Ende
des 13. Jahrhunderts enthalten, das Wiener
Badegebräuche beschreibt.
„'Sit nü diu frage ist volbrätit,
so hän ich eines mir gedäht,
daz nach unmuoze niht schat:
ob bereit si daz bat,
des nim war frumer kneht.'
'herr, ir weit wo! und reht.
ob ich da bi die wärheit kies?
ich hörte, daz der bader bHes
und sach mit niugebürstem här
barfüez an gürtel suchen dar
unser nächgebüren dri:
da kius ich die wärheit bi.'
'ich wil dar, wo! dan nach mir!
nim min badhemd mit dir.'"
„Ich horte, daz der bader blies", versichert
der Knecht seinem Herrn als Zeichen, daß
Abb. 65. Bademägde. Deutsche Wenzelbibel, das Bad bereitet ist. Auch in späteren Zeiten
Anfang des 15. Jahrh. Nach von Schlosser. Bestand diese Sitte noch. Thomas Murner
sagt in seiner Badenfahrt (1514): „Got hat vns selb ins bad geblasen", und auf dem zu-
gehörigen Bilde bläst Christus auf einer Posaune zum Fenster hinaus ö. In der Schweiz
hat sich das „in's Bädli blasen" oder „gugen" 557 bis in die neueste Zeit erhalten. Im Tale
von Pfäffikon (Kt. Zürich) blies der Bäcker (siehe S. 112) noch 1866 ein Hörn zum Zeichen,
daß die Badestube bezogen werden könne 529 Der Brauch bestand auch in Zeil 557^ in
Stegen bei Wetzikon (Mitteilung von Ferdinand Keller an Meyer-Ahrens) und in ein-
zelnen Ortschaften der Kantone Thurgau und St. Gallen. Der Bäcker verließ sogar sein
Haus und machte auf einem großen Hörn (Ochsenhorn) blasend die Runde, um auch
die Bewohner der umliegenden Ortschaften zum Bad zu blasen (noch 1871)564
„Wir wollend auch das unnötige Badrüeffen am h. Wienacht Abend verboten haben",
lautet ein Züricher Mandat von 1636 und ähnlich eins von 1650. In Beromünster (Kt.
Luzern) wurde die Badestunde in Versen angezeigt: „Giri giri Geiss, euses Bad ist heiss;
Ankündigung des Bades |45
wer will baden, ist früntlich ing'laden!" Ein ähnlicher Ruf ertönte im Einsiedeier Ge-
biete: „Giri giri Geiss, 's Bad ist heiss; wer will schräpfen und z' Oder Ion, seil zuem
runden Türen (Turm) in's Badhus chon"!557. Auch in einem hochdeutschen Baderufe
kommt 1606 die Ziege vor: „Bock, Bock, Bock, Geiß, ich lauf, daß ich schweiß, kommt
her, die Badstub ist sehr heiß" ! 437. Fast unglaublich klingt folgende Badeankündigung,
die Antistes Rudolf Stumpf in seiner Lebensbeschreibung erzählt: „Es hat sich A. 1567
am Pfingsttag in der Kirche zu Kilchberg (bei Zürich, wo Stumpf damals Pfarrer ge-
wesen) begeben, daß Jung-Hans ab Egg, von Rüschlikon, Wirth im Nydelbad, während
der H. Communion vor dem Tisch des Herrn öffentlich ausgeruffen : „Wer im Nydelbad
baden, Lan (Aderlassen), oder Schräpfen wolle, solle auf Morn am Pfingst-Montag ins
Nydelbad kommen" ssi. in der deutschen Bearbeitung des griechischen Romans vom
König Apollonius von Tyrus durch Heinrich Steinhöwel von Wil, „Doctor der Arcni",
vom Jahre 1461 lautet der Baderuf:
„Hört reich vnd arm Am hobt vnd allenthalben
Das bad ist warm Er sey herr, Knecht, frow, oder man
Wer sich wöll waschen vnd salben Dem wirt gewarttet schon"*.
Nach Hans Sachs29 (1553) hörte Apollonius „mit eim beck ein knaben klopfen an
das bad"**. Sachs bringt den Baderuf nicht, hat aber die Beschreibung des Baderhand-
werks in seinen Ständen 208 als solchen gefaßt:
„Wolher ins Bad Reich vnde Arm, Erschwitzt, denn werdt jr zwagen vnd gribn,
Das ist jetzund geheitzet warm, Mit Lassn das vbrig Blut außtriebn,
Mit wolschmacker Laug man euch wascht, Denn mit dem Wannenbad erfreuwt,
Denn auff die Oberbanck euch setzt. Darnach geschorn vnd abgefleht"***.
Nach Zinkens Allgemeinem ökonomischen Lexikon (Leipzig) ging 1740 an den
Tagen, an welchem das Bad geheizt wurde, ein Junge durch die Gassen, auf ein „mes-
sigen Becken mit einem kleppel schlagend", in Eger wurde im 18. Jahrhundert in den
Straßen eine kupferne Pfanne angeschlagen und ausgerufen, daß das Bad bereitet sei 16
WiLDVOQEL sagt 1754, daß zur Zeit nach allgemeiner Sitte am Tage, an dem das Bad be-
reitet, jemand durch die Straßen der Stadt läuft und auf einem messingernen oder eisernen
Becken oder mit einem hölzernen Instrumente einen Ton hervorruft und so das Bad
öffentlich anzeigt 242 Schon im Ring heißt es von Gunterfay, dem Spielmann:
* Nach dem Baseler Exemplar. Die Mitteilung verdanke ich Herrn Oberbibliothekar Dr. Bernoulli.
'* Nach den deutschen Volksbüchern sah Appollonius einen Knaben mit einem Becken durch
die Straßen laufen, der an alle Türen klopfte und mit lauter Stimme rief: „Hört Reich und Arm
usw."*^". Der Ruf ist dem bei Steinhövel sehr ähnlich. *** Ouillaume de LA Villeneuve sagt
in seinen Crieries de Paris :
„Oiez c'on crie au point du jor:
Seignor, qu'or vous allez baingnier
Et estuver sans delaier;
Li bains sont chaut; c'est sans mentir."
Schon im 13. Jahrhundert mußten sich die pariser Bader verpflichten, das Bad nicht vor Tages-
anbruch auszurufen. Das altfranzösische Badeleben hatte sehr viel Ähnlichkeit mit dem deutschen.
Vergl. darüber Deppino''?!.
Martin, Badewesen in
146
Aushängezeichen der Bader
Abb. 66. Inneres einer Badestube. Philipp von Allen-
dorf, Der Juden Badstub. Titelholzschnitt. 1535.
Schollentritten glaubt man do,
Yederman der ward so fro,
Daz er also zsteite
„Und Cham her aus gestoben
Gerumpelt und geflogen
Mit seinem bekkin, daz war new.
Bertschi sprach : Nu plew und plew
Und lass uns heynt hofieren ! . . .
Über al daz bekk erschal,
Daz es erchnal in perg und tal."
Diese Beckenmusik, die ein Ständ-
chen vor Tagesanbruch darstellen
sollte, wird auffallenderweise gleich
darauf als Pfeifen bezeichnet. Es fand
wohl beides zusammen statt.
„Wes schlaist uns heint mit deinem pfeyff en ?
Wilt, daz wir dir dhant derstrichen?
Des antwurt in der SchoUentrit :
Lieben herren, zürnet nicht!
Mich dunkt, er hab ins päd gschlagen,
Wier schüllen uns da hin dertraben.
Sich huob von seinem beite
Wen seu pey allen iren tagen
Häiss päd chonden nie gehaben" ^^o.
Die im Morgenschlaf gestörten Bauern lassen sich also durch die Angabe beruhigen,
der Spielmann habe ins Bad geschlagen, worauf sie sich von ihren Betten erheben und
dem Bade zueilen.
Mir scheint fast, daß die Aushängezeichen der Bader wegen ihrer Vergänglichkeit
nur an den Badetagen — wie die Aderlaßbinde an den Aderlaßtagen — ausgehängt
wurden. In Zerbst war dies 1620 ein weißes Laken 242^ in Abbildungen zu Murners
Badenfahrt 6 und zu Allendorfs Judenbadestube234 ein Badehut mit darunter
hängendem Badewedel (Abb. 66).
Helbling geht als Ritter angekleidet zum Bad und läßt vom Knecht das Badhemd
nachtragen. 1227 mußte für Ulrich von Liechtenstein dessen Kämmerer das „badgewant"
aus der Herberge holen 268 Das Nachtragen der Badewäsche durch den Diener ist auf
einer Abbildung von Aachen aus dem Jahre 1727 zu sehen 4iö. Arme Leute ließen an Klei-
dung möglichst viel daheim — barfuß und ohne Gürte! kommen bei Helbling die Nach-
barn — , und noch 1610 wendet sich Ouarinonius an die steierischen Stadtrichter und
Bürgermeister: „Besinn dich, ob du nicht bißher gesehen hat, vnd alle Wochen noch
sihest, daß deine wol erzogne Burger vnd Burgerinen, sich in jhren Häusern entblößen,
vnd also nackend vber die öffentliche Gassen, biß zum Bad- oder Schandhauß vor
aller fürgehenden Augen gehen dörffen? Ja damit dise lustige Zucht nicht abgehe, auch
jhre junge Knaben vnd Töchter fein zeitlich darzu abrichten, damit sie fein früe, die Oe-
schämigkeit verlieren . . . Wie vil mal sihe ich (ich nenn darumb die Stadt nicht) die
Mägdlein von 10. 12. 14. 16. vnd 18. Jaren gantz entblößt, vnnd allein mit einem kurtzen
leinen offt schleussigen vnd zerrißnen Badmantel, oder wie mans hier zu Land nennt
mit einer Badehr allei n vornen bedeckt, vnd binden vmb den Rucken, Dieher vnnd Füssen
Bekleidung beim Gang zum Bade
147
offen, vnd die ein Hand mit ge-
bür in dem Hindern iialtend, von
jlirem Hauß auß, vber die lang
Gassen, bey mitten tag, biß zum
Bad lauffen? Wie vi! iaufft neben
jhnen die gantz entblößten zehen
zwölff — virtzehen vnd secht-
zehen järigen Knaben her, vnd
begleit das erbar Gesindel einan-
der ins Schand vnd Wüsthauß
hinein ? Ja wie vil mal Iaufft der
\ ^ 1
7 wtvHN=^^=2s?d
Abb. 67. Badestube. Zeichnung aus dem Heidelberger
Sachsenspiegel. Handschr. ]3.Jahrh. Nach Batt.voh Babo.
Vatter bloß von Hauß mit einem eintzgen Niderwad (Badehose) vber die Gassen,
sambt seinem entblößten Weib vnd blossen Kindern, dem Bad zu?"i34 König Pipin
ging in Aachen nur mit Schuhen und Hemd angetan und dem Schwerte zum Bade i^
und in dieser Tracht verläßt ein Mann auf dem Bilde der Heidelberger Sachsen spiegelhand-
schrift die Badestube; das Badelaken ist weiß, bedeckt den Körper und ist über den Kopf
geschlagen 552 (Abb. 67). Als 14Q0 die Augsburger zum Kampf auszogen, waren etliche
in langen Badhemden darunter, „als ob sie in das bad wollten gan"28o. |n Hildesheim
mußte der Bader im Mittelalter Sorge tragen, daß niemand nackt über die Straße ging,
dort herumstände und säße 52
Zappert glaubt, daß die geringe Bekleidung beim Gang zum Bade neben Bequem-
lichkeitsrücksichten durch Mißtrauen gegen Badediebe veranlaßt wurde i6*. Schon
der Sachsenspiegel (13. Jahrhundert) berücksichtigt die Verwechselung von Schwert,
Kleid, Becken oder Schermesser in
der Badestube 213. Die Biider-
handschriften fassen Kleid als
Badekleid (Abb. 67 u. 68) auf. im
Hamburger und im Bremer Stadt-
recht aus dem Ende des 13. Jahr-
hunderts wird dagegen neben
dem Kleid (das hier also die ge-
wöhnliche Bekleidung bedeutet)
noch das Badelaken besonders
Abb. 68. Badestube. Kolorierte Zeichnung aus dem
Wolfenbütteler Sachsenspiegel. Handschrift. 14. Jahrh. **. genannt 16.
* Ich habe nur zweimal Diebstähle erwähnt gefunden. 1456 wurde dem Rat in Würzburg an-
gezeigt, daß der Bader zum Sand einen Dieb gefangen habe i^^. In seiner Weißenhorner Historie
vom oberschwäbischen Bauernaufstand schreibt Nikolaus Thoman 1488: „Es begab sich, das ain
waldknecht ain fremden seckel in dem bad nam, saget, er were sein. Do es offenbar wart, wollten
in die andren knecht nit me under ynen lassen, da müsset er hinweg und sunst ander ach" i^s.
** Diese Abbildung verdanke ich dem verstorbenen Herrn Oberbibliothekar von Heinemann in
Wolfenbüttel. Sie deckt sich vollkommen mit der des (von Karl von Amira herausgegebenen "4)
Dresdener Sachsenspiegels.
148
Die Abziehstuben und die Kleiderhüter
Größere Badestuben hatten zum Ablegen der Kleider einen besonderen Raum, die Ab-
ziehstube, welche in Zürich nach dem Aufbewahren, dem Hüten der Kleider, Hütstube
(1529 und früher) hieß 243 „Badhieter" kommen neben Reibern und Schröpfern in Ulm
1346 als Mitglieder des Baderhandwerks vor73. Nach der Durlacher Ordnung von 1536
hatte die„Reybermagt" reiche und arme Gäste „gutlich und tugentlich" zu empfangen und
alles, was ihr zu versorgen befohlen, getreulich aufzuheben und zu verwahren. Der Bader
sollte seinem Weib, den Knechten und allem Gesinde befehlen und sie anhalten, das von
den Badgästen zum Aufbewahren Gegebene auf ihr Fordern nach dem Bad unmangel-
haft zurückzugeben 219. In Breslau hatte der Rat 1582 viele Klagen und Beschwerden
wegen Verwechselung und Entwendung von Kleidern in den gemeinen Badestuben zu
hören bekommen, die nach Ansicht der Betroffenen auf Unfleiß und Nachlässigkeit der
Hüter zurückzuführen waren. Verordnet wurde daraufhin, daß in Zukunft Hüter und
Aufseher im Männer- und Frauengemach nur dann verantwortlich wären, wenn die
Kleider ihnen übergeben und auch die Gebühren dafür bezahlt worden seien 242 Ejne
ähnliche Verordnung hatte München schon 1437: „Swer ze päd lonet (bezahlt), swaz
der selb und sein hausfrau und sein hausgesind ze päd verliesent, daz süllen die ge-
wanthütterinn gelten". Nach einem Zusatz von 1392 war der Bader haftbar, wenn
der Aufseher nicht zahlen konnte 203. |n Würzburg beschloß der Rat 1459, daß
die Bader alles und nur das zu ersetzen hätten, was ihnen während des Badens an-
vertraut würde, was sie allen Leuten mitteilen sollten. 1509 wird in Würzburg eine
alte und kranke Magd und „Aufheberin" in der Badestube zum Becken erwähnt i44.
Nach des Teufels Netz war der Hüterin, die es als Trinkerin bezeichnet, nicht sehr zu
trauen :
„Trait ainr pfenning in das bad
Da möcht im wohl beschehen sciiad ;
Er git ir das zuo kalten
Und lat es got walten.
Villicht vint er minder denn vor.
Er ist sictier ain rechter tor,
Der Pfenning in das bad treit,
Es wirt im sicherlichen leid" ^^i.
Mehr scherzhaft sagt Hans Sachs 1538 vom „lörles päd" (Narrenbad):
„Da ging ich aus dem päd gar spet
sauber vnd new gewaschen,
der pader spilet in dem pret,
die fraw dranck aus der Haschen.
als ich grieff in mein daschen,
da war sie mir geraumbt,
im lörles päd ich nit saumpt,
darein ich nit mer kumb"^^'.
Helblino fährt fort :
„als ich zuo dem badhüs kam,
der kneht von mir nam
daz gewant und leit ez hin :
ze dienste het er guoten sin.
er sprach: 'nu her an allen tadel
einen frischen niuwen wadel,
binden wol gebunden!'
,den hän ich schiere funden',
sprach der wirt und gap uns vier;
dar üz näm die besten wir.
als ich in die stuben gie,
das badvolk mich wol enphie.
sie heten unverdrozzen
die diln wol begozzen,
gewaschen schon die benke.
ein wibel vil gelenke
nam min da mit dienste war.
sie truoc mit bat ein scheffel dar,
weder ze kalt noch ze warm,
sie streich mir rücke, bein und arm
Selfried Helblings Schilderung des Bades
149
als eim wetloufaere.
dö sprach min kneht gewaere:
'mich juckent arm und diu bein,
nu dar! zwei scheffel an die stein,
da wir nach erswitzen !
macht vinster, da wir sitzen,
daz wir die wedel swingen !
lät an dem oven klingen
zwen würfe mer, die krachen!'
des begund ich lachen
in der vinsternüsse,
ich traf ouch, da daz küsse
scheidet mich und die bank.
ich sprach: 'geselle, nü hab dank
diser gramazin.
durch den willen min
bit noch zwen würfe werfen dar.'
des wart der badaer gewar;
er sprach: 'seht dar einez!'
(das was niht ein kleinez)
'seht dar einz und aber mer,
da mit ich den herren er!
seht einz durch des knehtes willen!'
do muost ich üf die dillen.
'nü dar nach, badliute reht,
ze minem herren!' sprach der kneht,
'lät iuch niht bedriezen.
riben und begiezen
füeget nach der lecke wol.
guot louge man gewinnen sol
lüter und lieht gevar.
ein badwibel füeg sich dar,
diu wol künne dwahen,
des ersten niht gäben,
mit langen umbesweifen,
wie gist in der seifen
der kamerwip gebende ;
also lät iuwer hende
in der gist dar strichen.
ze leste nemt einclichen
der loug ie mer unde mer.
so tuot daz jesen widerker.
nü dar, her scheraer,
strichet scharsach unde schaer,
ebent här und scheret hart!'
ich sprach: 'geselle, wol mich wart
diner grozen sinne !
würd din der herzog inne,
er lieze dich mir nimmer.
nü wil ich helen immer,
wie din name si genant,
daz du im sist unerkant'
dö iz allez geschach,
min kneht stuont dar nach,
dö saz ich üf die fürbank.
ich sprach: 'geselle nü hab dank,
ginc her unde knie für mich.
ich wil ouch bewisen dich,
wä du mir bist ungezesem;
'ie lieber kneht, ie groezer besem,
daz muoz an dir werden schin.'
dö wart durch den willen min
ein besem mir gereichet,
der was wol erweichet
die wil in einem heizen bad ....
der kneht stuont üf, im was endank,
ich rümt ouch die selben bank,
da ich was gesezzen.
min wart niht vergessen,
begozzen wart ich vor der tür.
da was mir gerihtet für
ein bett, als ich wolde,
da ich ruowen solde.
als ich geruote, zehant
der kneht reichte mir daz gwant;
ich leit mich an vil schöne.
die badliut nach ir löne
dienten; des wart in gegeben:
'herr, got läz iuch lange leben,
der aller ding wol lönen kan!'
sprächens, dö ich schiet von dan."
Noch vor dem Betreten der eigentlichen Badestube legt der Ritter die Kleider ab, also
in der Abziehstube, und erhält vom Badewirt einen Wadel. In der Badestube sind Dielen
(Fußboden) und Bänke frisch gescheuert. Nun beginnt das Baden. Eine weibliche An-
gestellte trägt in einem Scheffel lauwarmes „bat" herbei und streicht damit dem Ritter
Rücken, Beine und Arme mit größtmöglichster Geschwindigkeit. Nachdem die heißen
Herdsteine mit zwei Scheffel Wasser begossen sind, nimmt der Ritter auf der mit einem
Kissen * versehenen hochgelegenen Bank seinen Platz ein und läßt die Badestube finster
machen. Die Wedel werden geschwungen und dem hohen Gast zu Ehren der Ofen wohl
* Im Mainzer Hofe zu Erfurt waren im Bad Bänke, Boden, Schemel und „hultzern pfulffe", also
hölzerne Kissen rein zu waschen ^^'.
150
Des wälschen Gastes und Herrands von WUdonie Schilderung
mehr, als es sonst üblich ist, mit Holz geheizt. Die Hitze wird dem Ritter unerträglich,
er muß zu den Dielen hinuntersteigen. Nach dieser „lecke" wird er gerieben und be-
gossen. Ein „badwibel" besorgt das „dwahen" (Waschen, meist im Sinne von Kopf-
waschen) mit guter, gischender Lauge. Der Scherer ebnet das Haar und schiert den Bart.
Nach einer längeren Unterhaltung mit dem Knecht, während der der Ritter auf der „für-
bank" sitzt, wird dieser vor der Tür der Badestube nochmals begossen, um darnach auf
einem Bette auszuruhen. Reichlichen Lohn empfangen die Badeleute, worauf der Ritter
angekleidet das Bad verläßt.
Eine ältere Schilderung des Badstubenbadens haben wir andeutungsweise vom wäl-
schen Gast 467^ der seine Dichtung 1216 vollendete und ein Höllenbad beschreibt. Auf
einem Stuhle sitzend wird man begossen (in der Hölle „mit wallendem pade, peche und
swebel") und gerieben, bis man weiß wird. Darauf folgt eine abermalige Begießung, und
nun „wadelt" man (in der Hölle die armen Leute mit Geißeln) ; „dem herren bringet man
snelliche guote wedel harte riche", um den Schweiß herauszubringen. Später wird man
„gebettet".
Etwa 1259/60 vollendete Herrand von Wildonie seine Dichtung „Von dem blözen
keiser", aus der folgende Steile hierher gehört :
„der keiser üf sin piiert dö saz
und reit vil späte durch die stat;
da was bereit im ein bat.
da gie er in, und habt hie vor
vil manic ritter vor dem tor.
dem l<eiser wären dinnen bi
Ideiner junkherline dri
und solher wibelin ein teil,
diu man da vindet ringe veil.
do der keiser het gebät,
als man ze bade gewonheit hat,
do sprach er: „man sol giezen an,
wir suln erwarmen unde gän
zuo den rossen für daz tor;
da wartent uns die ritter vor."
der keiser legt sich üf ein banc,
als in diu hitze da betwanc;
diu venster wurden zuo getan:
do gie üz der tür ein man,
der was dem keiser gar gelich,
sin lip, sin stimme herlich,
als ez der keiser waere.
do Sprüngen kameraere
und reichten im sin badekleit.
er sprach: „fürwär, mir ist daz leit,
daz ich lange hän gebät,
ich waen, iuch des verdrozzen hat."
die ritter sprächen: „herre, nein,
ez ist uns ein dienest klein."
er saz üf und reit mit in
gen der herberge hin.
den kameraeren wart vil gäch.
sin batgewant si truogen nach.
der an des keisers stat da saz
vil manic ritter vor dem az,
mit den er vil schimphes pflac.
Dannoch der tumbe keiser lac
ze bade und het gemaches vil.
ein badekneht im brach daz spil,
der lief zer badestuben in,
er sprach : „der keiser ist hin
gevarn an die herberge sin."
sus drungen die junkherrelin
und legten balde an sich ir kleit;
si liefen nach, wan in was leit,
daz der keiser an si was
geriten zuo dem palas.
diu venster man üf warf zehant:
da lac des riehen sarjant
üf der dillen alles hie.
er lachte des, der hin in gie
und sagt, der keiser waere enwec:
„wes liget ir da, her schandenflec?"
sprach der knabe dem keiser zuo,
„ir weit vil lihte morgen fruo
uns überfüeren umb diu kleit,
diu wir da hän, daz waere uns leit."
der keiser sprach: „nu lät her gän
min kameraere, ich wil mich an
legen und wil ze hüse varn . . .
und ist, daz man mir vor der tür
niht wartet mit dem badekleit,
ez wirt ir etelichem leit". . .
die hadere sprächen: „ir sult gän
Schilderung des Bades durch Meistersinger 15]
hinfiir, und weit ir ruowe hän ; da stuont er jämerlichen vor.
tiiot ir des niht, iu mac geschehen, ein wadel was siner lide kleit;
daz ir ungerne miiget sehen." .... diu vinster naht was im niht leit,
der blöze weinent gie zer tür. wan si im dacte sine schäm" ^^s
nach im si sparten zuo daz tor,
Auffallend ist, daß sich der Kaiser auf die Bank legt, nachdem er, wie es die Gewohn-
heit mit sich brachte, gebadet hatte. Hier tritt an Stelle der Übergießung ein Wasserbad.
Ulrich von Liechtenstein, der 1227 auf seiner Venusfahrt vor Wiener-Neustadt ein „wazzer-
bat" von Badern bereiten ließ und, nachdem er schon im Bad gesessen, wegen eines
Liebesabenteuers, wie er sagt, „ungebat" herausging 268^ hat in Anbetracht dieses Aus-
druckes das Wasserbad doch wohl auch nur als Einleitung zum Schwitzbade benutzt.
Wir erfahren aus Wildonies Dichtung noch, daß das von Helbling erwähnte Finster-
machen der Badestube durch Schließen der Fenster geschah, wie es auch auf einem Bilde
der Oöttinger Handschrift von Konrad Kiesers Bellifortis von 1405 zu sehen ist (Abb. 74).
Aus Meistersingerliedern, die von Hans Sachs' Hand geschrieben und zum Teil
auch von ihm gedichtet sind 337. 464 erfahren wir, daß man in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts den eintretenden Gast Gott willkommen hieß. Dann langte man Wasser
her und frug, ob er einnetzen wolle. Dies besorgte darauf die „Untermaid" mit selbst
gebrauter Lauge, in weniger guten Badestuben mit Wasser. Dann stieg man auf die
Bank hinauf, die auch als „Schwitzbank", „ober panck", „leckpanck" bezeichnet wird,
um zu schwitzen. Nun wurde von einem Reiber, der vor den Ofen trat, aus einem Kübel
aufgegossen, manchmal auch schon vor dem Hinaufsteigen zur Oberbank. Nach dem
Schwitzen setzte man sich „abher", anscheinend auf eine tiefere Bank, wo ein Reiber,
Baderknecht oder „poden knecht" das Reiben vornahm, das zu einem unangenehmen
Kratzen wurde, wenn dieser Nägel „wie vögel klawen" hatte. Das Reiben scheint aber
auch auf der Oberbank stattgefunden zu haben. In diesem Falle erfolgte nach dem
Herabkommen auf die Bank das Zwagen vom Baderknecht, welches wohl der Haupt-
sache nach Kopfwaschen war, das auch die „vntermaid" besorgte. In der „scherstat"
oder „schereck" fand darauf das Scheren statt, in Zürich im 18. Jahrhundert auf dem
„Stöckele" oder „Stöckli", wo auch zur Ader gelassen wurde 243. Zum Schluß bereitete
die Untermaid Lauge zum „abfleihen" (abgießen), die Fleihlaug' genannt wird. Wer
schröpfen wollte, saß „an der laspanck" vor dem Kopfwaschen und nach dem Reiben,
ließ sich darnach Wasser in einem Scheffel aus dem Kessel geben und darauf „ein
wannen giesen", um darein zu sitzen. Nach der Bamberger Baderordnung von 1481
hatte der, welcher „ein Wannen gegossen haben will" sechs Pfennig auf der „frawen stule"
(soll wohl Stube heißen) zum Bade zu geben 46. Pfarrer Johann Schalyss zu Holtzheim
besang 159Q das neu errichtete Bad Boll:
„Das Badhauß eben ist gewehlbt,
Auff schönen Stein in Seulen gstelt.
Drey Kessel groß es drinnen hat,
Darauß man warm wird gießen an" ■'85.
Boll hatte nur Wasserbäder in Wannen. Das „Angießen" bedeutet demnach nicht
152
Andere Berichte / Eigenartige Veranlassung zum Reiben
immer, wie man vermuten sollte, ein Begießen der heißen Steine zur Dampfentwicke-
lung, sondern auch das Füllen der Badewanne.
Mehrmals wird erwähnt, daß sich die Badenden Wasser in einem Scheffel aus dem
Kessel bringen lassen, anscheinend um sich selbst zu begießen (Abb. 69). In die Bade-
stube an der Pegnitz floß warmes und kaltes Wasser, „darmit man sich kann säuberlich
nach allem Wunsch begießen". Das Weistum von Huisheim in Schwaben schrieb 1505
dem Bader vor, er „sol auch ainem iedem menschen, so zu gottz tisch gaut (d. h. Er-
wachsenen), geben ain kibel mit warmem wasser und ain badhut, es seien mans- oder
Weibsbild . . . und iedes bad allein und in sonder ain schaf mit laug in die badstuben
Nebuu Nebulon,
Hichwnorem amat & intcrnum &
cxternum»
verordnen, dar mit die leut versechen
seien" 535. Nach der Durlacher Baderord-
nung hatte der Bader 1536 „wie von alter
der bruch" dreißig Kübel und dreißig Hüte
vorrätig zu halten 2i9 Erwähnt werden
auch in den Meistersingerliedern die von
den Badern geflochtenen Hüte, das Heizen
der Badestube mit Holz, der Ersatz von
Lauge durch Seife und das Zechen nach
dem Bad. Im wesentlichen ist die Dar-
stellung gleich der von Hans Sachs in
den Ständen (S. 145) gegebenen. Einer der
erwähnten Meistergesänge ähnelt übri-
gens sehr einem solchen aus dem 15. Jahr-
hundert. Abweichend heißt es darin :
„reich mir ein kost und einen hot (Hut)
einer legk solt uns geweren.
darnach so sol wir scheren,
so sin wir schir gerecht".
Auch hier ist nach dem Bad der Sinn
. , , ^„ „ . _ • D j .X £ »A auf den Ort gerichtet, wo der Beste ge-
Abb. 69. Begießen im Bad. Kpfr. aus: Murner, & ' *=
Nebulo nebulonum. Frankfurt, Fickwirth, 1663. schenkt wird 469
Eine eigenartige Veranlassung zum Reiben gibt dieser Meistergesang, wie auch der
von Hans Sachs an: „die hüt byssen uns ser" 469 ^,mich selbst juckt die Haut sehr" 464
Nach Hero (1533) vertreibt das Bad das Jucken 23i. Auch bei Helblino ist für den
Knecht Jucken der Arme und Beine die Begründung für weitere Dampfentwickelung im
Bad 214 MuRNER läßt die Füße gegen Jucken reiben 6. Nach dem König vom Oden-
wald badete man, „überlüt, daz in jucket die hüt" 228.
Im Höllenbad (1540) sah Hans Sachs 29
„ reyben, lechzen und schwitzen,
Negel abschneyden, volbad sitzen,
Lassen und schrepfen, kemmen und zwagen,
Sehern, abfleyhen, wasser tragen,
Die allegorischen Beschreibungen des Bades 153
Zehn außbrechen, die rewding salben, In summa all ding daucht mich ghrad,
Doch undterschiedlich allenthalben .... Als wer die hell gleich wie ein bad".
Auch hört ich schreyen on zal grillen *.
Das Bad begann mit Einnetzen von Lauge; nachdem sah Sachs auf den Bänken
eine Summe
„Gelb dürrer seel, die waren lecken
Und sich mit dörren kosten schlugen";
andere schwitzten schon auf den Bäni<en, daß es wie ein Bach herabfloß.
In Murners geisthcher Badenfahrt (1514), wie überhaupt in den allegorischen Be-
schreibungen, ist die Reihenfolge der Vorgänge wahrscheinlich nicht innegehalten;
denn dem Kämmen des Haares folgt bei Murner das Lecken. Am Schluß finden statt:
Abgießen, Bademantelgeben, Niederlegen und nach dem Bad Wohlleben 6. Aus der
von Philipp von Allendorf 1535 herausgegebenen Judenbadstub sei hervorgehoben,
daß der Bader questete und man am Schluß das Badgeld bezahlte 234 Nach „des Bapsts
vnd der Pfaffen Badstub" (1546) „geüßt man sich fein sauber ab", ehe man aus dem Bad
geht. Nach dem Bad pflegt man der Ruhe 440. Die Judenbadstube Abb. 70/71 hat die Steine
zum Begießen abgebildet, dieses selbst, wie das Hinaufsteigen auf die Bank und das
Lecken fehlen; vielleicht waren diese Vorgänge zum Schröpfbade, das hier beschrieben
wird, nicht nötig. Möglicherweise sind sie aber nur weggelassen, weil sie in der alle-
gorischen Darstellung keine Verwertung fanden.
Bei den populär-medizinischen Schriftstellern ist nicht auseinanderzuhalten, was als
Gebrauch bestand und was Vorschlag des betreffenden Verfassers ist, wobei das römische
Vorbild verwirrend wirkte. Die wirklichen Vorgänge scheint Brunssfels *''' gegen Mitte
des 16. Jahrhunderts in einer nach der Vorrede für den armen Mann gegebenen An-
weisung zu schildern : „Eyn kurtze leer von baden. So du baden wilt, so beweg dich
vor vnd exercier dich etwa mit, spacier ein gute weil biß du erwärmest, darnach gang
in das bad, bleib an einer külen statt erschwitz da**, vnd laß dich dann mit einem heyssen
wasser begiessen, darnach setze dich an ein warme statt im bad, darnach aber wermer,
also nach einander je baß je baß biß du gleich wol erschwitzest, nach dem wesche dich
mit wasser das nit züheyß seye als das erst, vnd zum letzten mit eim külen wasser das
doch nit zu kalt sey, vnd wann du außghast so halt dich warm." An anderer Stelle sagt
Brunssfels, daß man sich nach dem Eintritt ins Bad „zu stundt" mit warmem Wasser,
so warm man es vertragen mag, begießen soll, kurz vor dem Ausgehen, wenn
* Hess singt 1818 von Baden :
„Einsam zwar und allein im stillen Gewölbe des Bades,
Bin ich verlassen doch nicht; denn das Heimchen, das gern
Sich zu Menschen gesellt, zirpt ungesehn in der Nähe,
Und vor der inneren Welt lächelt mir, Liebchen, dein Bild!"3i5.
" Diese Stelle steht mit der weiter unten erwähnten, aus Brunssfels entnommenen, in Wider-
spruch. Das Schwitzen vor dem Begießen mit heißem Wasser ist hier gleich erwärmen zu setzen
und sollte an kühler Stätte in der Badestube oder, wenn eine Abziehstube vorhanden war, in dieser
stattfinden, um den Körper nicht dem plötzlichen Temperaturwechsel zwischen kalter Außenluft und
der Hitze der Badestube auszusetzen.
154
Brunßfels' Schilderung der Vorgänge im Bad
■^Uir betyiit mfrr bcft ourf? thun
C iJuuV" fc«^ Offett bellt ont fcbon.
Abb. 70/71. Juden-Badstub. 1. In der ersten Figur stehet ein Kaufmann, der großen Handel will
treiben. 2. schlegt sich zu den Juden und wird von ihnen in die Oaß geführt. 3. handelt mit ihnen.
4. die wollen ihn baden, darumb schöpft der Teufel und Jud Wasser. 5. henken den Kessel über.
6. schüren das Feuer. 7. kehren die Badstub. 8. reiben ihn. 9. schrepffen ihn.
„mann wol erschwiizt", mit kühlem, das nicht zu kalt sei, ein wenig kühler als lau,
das erfrische die Glieder des Körpers. Etliche Menschen, die viel Schweiß baden,
würden gern räudig und bekämen „eyssen" (Furunkel). Die sollen dem zuvorkommen
und sich, wenn sie's vertragen und nicht Gliederschmerzen bekommen, mit kaltem
Wasser vor dem Ausgehen beschütten, sonst mit wenig warmem. Wasserbäder sollen
nicht zu heiß sein. Man soll über den Nabel, aber nicht über die Brust hinein sitzen.
Dieses Baden nützt sehr den Menschen mit dem Stein und Grimmen im Leib und sonst
Brunßfels' Schilderung der Vorgänge im Bad
155
f* Cm cuTiir Q5i<iö(tub mjd^ift bereit
ut(£ti ba ihn (Sttii^fei
^tTrif rtt mib bis Ä^n^ n»rt» d
«•JuSenedjelmrturfbUrbtbefatit / J
10. zwachen ihn. 11. waschen ihn ab. 12. er beklaget sich seines Schadens. 13. kompt aber
arm wieder zur Oassen heraus. 14. siehet er, daß er umb das Seine gekommen. 15. die
Juden waschen die Sund ab, der Teufel fischet sie wieder auf. 16. und führet sie in die Hell. Kpfr.
aus dem 16. Jahrhundert.
ZU vielen anderen Dingen. Wer zuviel Hitze und Durst im Wasserbad bekommt, muß
sich vor dem Ausgehen mit kaltem Wasser beschütten „Item es seye schweiß oder
M/asserbad, wann dir der mund schwitzt so hör auff." Nach dem Bad (Schweiß- und
Wasserbad) soll man im Bett ruhen und die Füße mit Salz und Essig reiben, das ziehe
die böse Hitze aus dem Leib und mache lustig. Auch im Bad soll man die Sohlen mit
einem Messer schaben lassen. Schon in Boners Fabeln (erste Hälfte des 14. Jahrhunderts)
sagt die Äbtissin nach Anordnung des Schwitzbades :
156 Das kalte Abgießen nach dem Schweißbad
„ouch hab ich selbe daz gelesen,
daz man die vüeze riben sol
mit ezzich und mit salze wol" 226.
Ein Reiserischer Druclc aus dem 15. Jahriiundert schlägt vor, im Bad zu kratzen und
zu reiben, den Schweiß mit troci<enen Tüchern vom Körper zu streichen, darauf folgt das
Begießen mit wenig warmem Wasser, darnach das Schröpfen. Vor dem Ausgehen aus
dem Bad sollen die Sohlen der Füße mit einem Messer oder rauhen Steine geschabt
werden. Zum Schluß folgt eine Begießung mit kaltem Wasser, das nicht zu kalt sei, ein
wenig kälter als lau 238. Nach dem St. Galler Codex 760 soll man sich in der warmen Stube
abziehen, dann immer wärmer, aber nicht zu heiß baden, den Leib kratzen, und, wenn
man dann zum ersten Male schwitzt und geruht hat, soll man sich begießen mit lauem
Wasser, das nicht zu heiß sei, und so man „anderwert" schwitzt (gemeint ist im Ruhe-
bett) und sich reibt, soll man sich mit noch kälterem Wasser begießen ; denn nach Avi-
cenna werden die Glieder dadurch am leichtesten erkühlt, des Leibes Kraft gehärtet und
bleibt die natürliche Hitze im Leib. Der Leib wird nun mit einem weichen Tuch ge-
trocknet, das darnach um den Körper geschlagen wird.
RvFF sagt vom Begießen: „Welchen aber das Hirn fast (sehr) hitzig mit etwas vn-
messiger feuchte, denen ist ein zimliche rechtmessige, doch nit vberflüssige begiessung,
mit kaltem wasser vber das haupt abgössen, wo man sich erstlichen mit zimlicher
laugen, die vast (sehr) warm gezwagen hette nit schedlich, wie dann etliche inn diesem
fall inn gemeinem brauch haben, die heisse scharpffe laugen mit zimlicher maß kaltem
wasser abzuspülen, vnd das erhitzigt Hirn also külen." „Das aber an vilen orten
der gebrauch on zweiffei auß alter gewonheit, vnsere vorfarn nach
bliben, das man die so vast hitzig gebadet haben vnd yetzundt
aus dem Badt hinweg gehen wollen, mit kaltem wasser pflag ab zu-
gi essen, welche alte gewonheit on zweyffel an solchen orten allein dardurch erhalten
worden, vnd im brauch bliben, das sich grobe starcke leuth gesundes vermöglichs leibs
vnd harter Complexion, daruon oberzelter vrsachen halb vast wol befunden haben"*.
Die Deutschen machten nach ihm meist keinen Unterschied in der Complexion, heute
würde man sagen Konstitution, er riet aber denen mit schwachem Körperbau, sich zu
hüten „vor stümpfflinger abgießung mit kaltem wasser auff hitzig schweiß badt". Etliche
fleißige Medici hätten deshalb an Stelle der kalten Übergießung an den Schluß des
Schweißbades ein Ausgießen von kaltem Wasser um den Menschen herum, nicht auf
seinen Leib, gesetzt, um durch die erkühlte Luft zu laben und zu erquicken. Der gemeine
Brauch der Deutschen sei aber in solchem Fall, daß „das angesicht mit kaltem wasser
vast nützlichen gekület vnd erwaschen werden mag, welche külung den äugen fürnem-
lichen nutzlich vnd gut ist . . . Aber den starcken vermöglichen Cörpern, erweckt das
* Nach diesen Angaben kann kein Zweifel sein, daß man sich nach dem Schweißbad mit kaltem
Wasser abgoß. Auch Fischart sagt in „Aller Practick Großmutter" (Vorrede zur Ausgabe von 1623):
„Ihr schnapt nach dem Athem oder nicht,
wie ... ein Kaltbeschütter im Bad"3i.
Arten der Bäder 157
kalt Baden von obgemelts begiessen mit kaltem wasser das rott lauffen, schnei durch
lauffender hitz vnnd fröstigs schaudern, vnnd inn magern personen werden dardurch
Febres verursacht"*. Er tadelt den gemeinen Brauch, stracks aufs Bad ein paar frische
Eier mit zerriebenen Muskatnüssen zu essen 48
Die deutsche (aber nur die wohlgeordnete 48) Badestube hatte nach Ryff zwei Ab-
teilungen, das „vorstüblin" zum Abziehen und Erkühlen und das eigentliche „truckene
Schweißbad", in dessen Hitze man vom Vorstüblein ging250. Etschenreutter sagt
1571 : „Wir aber habend aliein diebadstuben,vnddie abziechstuben, darinn gemeincklich
bether (Betten) seind, darinn sich der bäder mag abtrucknen. Der gemein man sucht an
sollichem beth mehr ruhe, dann abtruckung des schweiß" 449. Nach Ryff ruhte man „für
die schwacheyt", nachdem man vor dem Aussteigen aus dem Bad Schweiß und Nässe
mit warmen Tüchern abgetrocknet hatte. Wer „euacuationem vnnd resoiutionem" be-
gehrte, erschwitzte wiederum im „rhübetlin", so viel er erleiden mochte 48.
WiTTENWEiLER gibt gegen 1450 im Ring zwei Arten der Bäder an :
„Hie so scholt du mercken pey, Hast du uberflüssichait
Daz man da vindet zwayerlay Zwüschen flaysch und auch der haut.
Peder nach der gmainen sag, Wasserpad mit edelm chrawt,
Swaysspad und auch wasserpad. Daz lawich sey und nicht ze hayss,
Swaysspad daz sey dir beräyt, Macht dich schön und dar zuo fäyss" -3».
PiCTORius unterscheidet 1560 nach Petrus de Ebano drei Arten von Bädern: (1.)
Wasserbäder, (2.) Bäder in den Badestuben mit warmen Dämpfen und (3.) in einer Stube
oder Backofen, aus dem erst das Brot herausgezogen wurde oder solche, die mit heißen
Steinen angemacht sind i52 Dryander kennt 1547 nur Baden (1.) in „gewärmten zübern
oder (2.) stuben, mit heyssen dämpfenden wasser" 233. Nach Phries sind (1.) „ett-
liche (Bäder) vonn feuwer gemachet (on Wasser 420)^ als in den Öfen, da man die
krancken ynleget (Backöfen), vnnd seind heisser vnd truckner complexion, ettliche von
hitz vnd wesserigen tempffen, als (2.) die badstuben oder (3.) züber so man hitziget mit
teuer vnd wasser, welche warmer vnd füchter complexion seind" 386. Er unterscheidet
also (1.) heiße, trockene (Heißluft-), (2.) Dampfbäder in den Badestuben und (3.) Wasser-
bäder in Zubern. Die unter 2 und 3 genannten Bäder sind im Gegensatz zu 1 warmer
und feuchter Art. Ryff nennt aber„trucken schweiß badt" die Bäder „on alle benetzung",
d.h. ohne direkte Berührung mit eigentlichem Wasser und rechnet zum trockenen Bade
die „mit hitzigem dampf vnnd dunst erfüllet"**.
* Ryff l<annte also schon die sogenannte Reaktion und wußte, daß im Gegensatz zu kräftigen Per-
sonen von magern die kalte Übergießung schlecht vertragen wurde. ** In der Einteilung der
Bäder herrscht ein großer Wirrwarr. In Blondels Werk über Aachen werden 1688 die Dampf-
kastenbäder als Sudatoria sicca, seu vaporosa (truckne schweiß oder schwadembäder) bezeichnet^"'.
Wetzler spricht 1822 vom trockenen Dampfbade, das gemeinhin Schwitzbad genannt wird
(Reil nennt es Feuerbad) und stellt diesem gegenüber das feuchte Dampfbad, das in engerem Sinne
Schweißbad genannt wird, wobei auf dem Ofen liegende Kieselsteine mit Wasser übergössen
werden, oder wo in eigenen Apparaten (Dampfbadewannen) Wasser durch bis zum Rotglühen er-
hitzte eiserne Kugeln in Dampf verwandelt wird, oder wo Dämpfe von Thermen in Schwitzhäuser oder
Kasten oder endlich die Dämpfe gewöhnlichen Wassers von einem Kessel in solche Kabinette geleitet
158 Die deutsche Badestube als Dampfbad
Dazu gehört zuerst die Badestube : „wiewol bey vns Teutschen gemeinklichen der
grossen schweiß Bäder oder Badstuben mit wacl<en vnd Kißiing steinen (diese wieder
Abb. 72. Frauenbad von Hans Sebald Beham. (1500—1550).
werden 3'". Auch Schreger unterscheidet trockene und feuchte Dampfbäder. Erstere sind meist Be-
räucherungen, zu letzteren rechnet er das Weingeistdampfbad **, unser heutiges Heißluftbad. In Zedlers
Lexilcon von 1733 sind Bäder von Asche, Salz und Stahl-Feile als Balnea sicca in Gegensatz zu den balnea
humida bezeichnet, die vaporosa vom Dunst ausgekochter Kräuter oder aquosa (künstliche von
Dekokten und natürliche Bäder) sein können ^^ä Bauhin sagt 1602 von den Dampfbädern: „man
nenne sie jetzt gleich Dampfbäder, trucken Bäder oder Schweißbäder" ^31. Verhaltungsmaßregeln
zur Pestzeit aus dem 15. Jahrhundert geben an : „in einem Wasserbad magst du ein wenig switzen" '^'^\
ebenso Ellenborg 1484"'. Ryff, der das Dampfbad als trockenes Schweißbad bezeichnet, spricht
einmal vom nassen und feuchten Schweißbad ■'s, worunter nach dessen sonstiger Auffassung ein
Wasserbad verstanden werden muß. Vielleicht waren diese Wasserschwitzbäder die mit einem Dach
versehenen, durch welches das Entweichen der Dämpfe verhindert wurde.
Die deutsche Badestube als Heißluftbad 159
durch Holzfeuer) erhitzigt werden", und weiter sagt er: „Dieweii aber nach vnseren
gemeinen Teutschen brauch die Badstuben bader mehr durch hitzigen dunst vnnd dampff
des siedenden wassers, dann von der hitz des Fewers allein gewermet oder erhitziget
werden mag" 48.
Nach Etschenreutter 449 wurden die Badestuben mit Holz beschickt im Gegen-
satz zu den kleinen, die man eigentlich Schweißbäder nannte (dampfkastenartigen), wo
heiße Steine mit Kräuterabkochung begossen wurden. An anderer Stelle heißt es, daß
der durch diese (Kräuter-)Schweißbäder erzeugte Schweiß wirksamer sei; „dann so es
allein mit holtz in gemeinen badstuben bescheh". Pictorius sagt dagegen wieder, daß
die Badestuben mit warmen Dämpfen des Wasser zugerichtet würden i52 Aus allem
geht hervor, daß man in manchen öffentlichen Badestuben erhitzte Steine mit Wasser
zur Dampfentwickelung begoß (Abb. 40), in anderen man nur ein Heißluftbad durch Er-
hitzen des Ofens nahm, wo aber nebenbei noch Dämpfe aus dem Kessel aufstiegen ; in dem
das Wasser zum Begießen erwärmt wurde (Abb. 70). Ein Bild Behams zeigt (Abb. 72)
einen hohen, bis zur Decke reichenden Kachelofen. Die genaue Beschreibung einer Bade-
stube in Zedlers Lexikon vom Jahre 1733 erwähnt nichts von Dampfentwickelung,
und wenn 1788 in einer Züricher Badestube ein mit Steinen wohl garnierter Ofen vor-
kommt, so ist zu berücksichtigen, daß die alten hohen Kachelöfen der Schweiz große
Feldsteine enthalten, die nach dem Erlöschen des Feuers durch Abgabe von Wärme
die Wohnstube noch längere Zeit warm halten sollen. Blondel stellt 1688 dem Dampf-
kasten die Badestuben gegenüber 409. 1727 heißt es in der holländischen Ausgabe für
Badestuben „de drooge Baaden (Laconia)"4io. ich habe nach den Berichten den Ein-
druck, daß in der älteren Zeit die Bäder mit Dampfentwickelung vorherrschten, allmäh-
lich Heißluftstuben daneben auftraten, die schließlich allein übrig blieben.
In den gemeinen Badestuben war nach Ryff der Ofen mit Werksteinen gemacht, an
etlichen Orten (in Deutschland?) aber in Brauch, „allein durch dieerhitzungdesvndersten
Oewelbs solche Bad zu heizen, vnd auff gelegten Brettern darinn vmbher zugehn"466
Sollte hier eine Einrichtung gemeint sein, wie sie sich im Kloster Maulbronn befand?
(s. S. 111). Einmal begab sich der Rat von Butzbach in Hessen nach dem Zisterzienser-
kloster Arnsberg, um die dortigen Badeeinrichtungen zu studieren, und beschloß, sie
für die Neueinrichtung der städtischen Badestube zum Muster zu nehmen. In der Tat
erhielt diese auch eine ziemlich umständliche und kostspielige Heizvorrichtung i97, die
leider nicht näher angegeben wird. In einer Oöttinger Handschrift, dem Bellifortis Kon-
Rad Kiesers von 1405, sind ein Wasser- und ein Kräuterbad (Abb. 73 u. 74) dargestellt. Auf
beiden findet sich eine Heizvorrichtung, die im wesentlichen der Dry anders (Fig. 55 c)
und Thurneissers, nur in größerem Maßstabe, entspricht. Der Kessel, der in dem einen
Falle Wasser, im anderen eine Kräuterabkochung enthält, steht mit einem darüber-
liegenden Behälter in Verbindung, in den das heiße Wasser hinaufsteigt und von diesem
aus weiter in die Badegefäße geleitet wird 3. Im Kräuterbad sind die Fensterladen ge-
schlossen, die beim Wasserbade offen stehen, weil man hier den Dampf nicht gebrauchte.
160
Die Steinstuben
Wo Steine zum Begießen in der Badestube abgebildet sind, liegen sie in einer Nische
(Abb. 86). Nach dem Gedicht von der Einnahme Hohenkrähens (1512) goß man das
Wasser „in ofen dar" 49, und Hans Sachs sah in den Ofen des Höllenbades hinein und
unten die Steine liegen 29. Es ist möglich, daß der Steinofen nicht immer, vielleicht in
manchen Gegenden nur zu Kräuterdampfbädern begossen wurde, oder daß nur manche
Abb. 73. Wasserbad mit Dampfheizung. Nach einer faibigeii Zeichnung aus dem Göttinger
Bellifortis des Konrad Kieser von 1405.
Badestuben in der Stadt derartige Einrichtungen hatten, dafür spricht das Vorkommen
besonderer Steinstuben, wie auch Kräuterstuben genannt werden. So hatte Klein-Basel
im 14. Jahrhundert zwei Kräuterbadstuben, die „zum Fröwlin und zer Trüwe", und in Basel
gab es zu dieser Zeit Steinbadstuben 260. in Zürich erscheint die seit 13Q9 erwähnte
untere Badestube 1553 unter dem Namen Krut-(Kräuter-)bad 1^3. in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts wird mehrmals in Hildesheim eine „Steynstove" erwähnt 52.
Die Kräuterstaben
161
Bürgermeister Gentzkow badete 1559 und 15Ö2 „jm steinstauen", aber 155Q auch im
„gemeinen stauen" 542.
Abb. 43 weiclit auffallend von den übrigen Bildern der Zeit ab. Wir sehen in der
großen Badestube zwei von Dry ander und Ryff beschriebene sog. kleine Badestuben, in
denen Kräuterdampfbäder genommen wurden, auch ein Wasserbad, in das der Bader
eine Flüssigkeit, wahrscheinlich eine Kräuterabkochung gießt. Dieser Art waren wohl
Abb. 74. Kräuter- und Heilbad. Nach einer farbigen Zeichnung aus dem Göttinger Bellifortis des
Konrad Kieser von 1405.
die erwähnten Kräuterbadestuben. Sie wurden nur von Kranken benutzt. Phries klagt
darüber, daß häufig Schweiß- (die in den Apparaten) und Kräuterbäder auf Anraten
von alten Weibern und „zwilchartzet" genommen würden 386.
Die Wasserbäder wurden nach Ryff „von Fewer (im Kessel), oder von Fewer er-
hitzigten dingen, darinn glüendig abgeleschet" erwärmtes. Aus dem Kessel schöpfte
man das heiße Wasser in die Wanne mit Gefäßen, die nach Abbildungen auf Wandge-
Martin, Badewesen 11
162
Die Bänke im Schweißbad
mälden (auch auf den Züricher Leut-
priestersiegeln) im 14. Jahrhundert
schöpflöffeiartig 345^ im 15. kleine
Kübel waren, an denen ein langer
Stiel befestigt war 517 (vgl. Abb. 61).
Im 16. finden die oft erwähnten
Gelten und Schefflein (Abb. 82) dazu
Verwendung.
Die Temperaturbestimmung des
Wasserbades geschah nach Brunss-
FELS mit dem Fuße, wohl aber mehr
bei Kinderbädern. 1669 wurde in
der oberen Badestube zu Winterthur
ein Mann von Reterschen, der „in
Abb. 75. Badestube aus dem Kalender von 1515. einem Wynrüschlein entnuckt, SO
Basel, Pamphilus Oengenbach. versotten, daß er noch selbigen
Abend den Hinscheid aus dieser Welt ergriffen" 57. im Schwitzbade wurde natür-
lich jedem einzelnen überlassen, die für ihn rechte Temperatur zu wählen. Aus
dem Vorhergehenden geht hervor, daß mehrere übereinanderliegende Bänke im Bad
vorhanden waren, deren höchste nach Ryff der „Pfal" genannt wurde 48. Je höher
man stieg, um so höherer Temperatur wurde man ausgesetzt. In der Johanniter-
kompturei Wildenbruch gab es eine Oberbank und zwei Verbänke oder „Trippen". Diese
drei Bänke (Abb. 40) fanden sich aber nicht in allen Badestuben, in den kleinen sogar
nur eine (Abb. 75), und dort war manchmal nicht ein Vorstübchen vorhanden 48.
Man sollte allmählich immer höher steigen, legte sich aber häufig gleich anfangs auf
die hohen Bänke, daß einer da, der andere dort ohnmächtig herabfiel und teils gar tot
wie das Vieh aus der Badestube hinausgetragen wurde, wie Ouarinonius 1610 be-
richtet. Er sagt deshalb :
„Wiltu ohne grossen Schaden schwitzen,
Fleuch die grosse Hitz, thu nicht z'hoch sitzen,
Sonst fällst herab auff allen viern,
Ligst da wie todt, kanst dich nicht rührn" i3*.
Murner sagt auch :
„Das Schweißbad hat ein starcl<e art,
Da manchem in onmechtig wart"^
Nach Pansa (1609) wird mancher durch Aufgießen von kaltem Wasser von gefähr-
lichen Ohnmächten wieder zu Recht gebracht, wie solches oft die Bader und viel er-
fahren, da durch unmäßiges Schwitzen und unziemlichen Gebrauch der Schröpfköpfe
oftmals Menschen in den Badestuben umfallen und in Ohnmacht geraten 350. Hans
Stockar hat mehrmals in seinem Tagebuche, z. B. 1528, Beschwerden von zu heißem
Baden im „Schwatzbad" (Schweißbad) angemerkt 597
Das Lecken im Bad
163
Die Schwitzbank heißt bei den Meister-
singern auch „iecl<bani<", weil dort das
Leci<en stattfand. Heute leckt ein Gegen-
stand, der Flüssigkeit hindurchläßt; ehemals
bedeutete Lecke Flüssigkeit* und lecken mit
Flüssigkeit übergießen. Nach Oswald von
Wolkenstein (erste Hälfte des 15. Jahrhun-
derts) wurde der künftige Kaiser Sigmund
in der Stadt „parpiän" empfangen:
„do ward gehaitzet im ain päd
het man die leci< auff gössen" 3'^.
Im Phalarismus Huttenicus (1517) wird
Abb. 76. Im Kübel sitzende Bademagd mit
Wedeln. Miniatur in der deutschen Wenzelbibel.
Anfang des 15. Jahrh. Nach von Schlosser.
von einem Nackenden, der um sich glühende Kohlen und daneben ein Faß mit kaltem
Wasser stehen hat, gesagt, sobald ihn die Hitze von den Kohlen an allen Orten angeht,
„so lecket er das kalt wasser vff sich" 629. |n der Badestube bedeutet lecken naß
werden vom Schweiß, schwitzen. So wird es bei Helbling gebraucht. Im Renner
(13. Jahrhundert) heißt es:
„Vnd so die leib in werden sat,
So gent sie leckent in ein pat" i3o_
Der Ausdruck lecken ging aber schon frühzeitig auf einen Vorgang über, der neben
der Hitze der Badestube den Schweiß hervorrief, das
Schlagen mit Büscheln von Birken- (Abb. 76) oder
Eichenzweigen (Abb. 77). Im Liederbuch der Klara
Hätzlerin heißt es:
„Da sieht man lecken vnd streichen (schlagen),
Kain fräd mag ir geleichen.
Wann der ofen recht erhitzt
Vnd wol waidenlich erschwitzt,
Vnd gab der küng Im zehen Marck,
Sein krey war dannocht nit so starck,
So er sich vff die panck streckt
Vnd sich streichet vnd leckt!" 259
und in der erweiterten Fassung desselben Gedichtes:
„da sichet man bruech feilen,
an beiden arßbellen
sichet man sich streichen,
kein freude kan ir geleichen,
wan ein man vff die bank siezet
vnd der vff wol erswiczet
vnd sich hauwet, da man siezet,
da binden vmb die minneglocken" "'.
Das Instrument zum Lecken wird Wedel, Wadel
genannt. Nach Ryff trieb man damit (wedelte) den
Abb. 77. Schröpfmann mit Badehut
und Badewedel. Holzschnitt aus:
PiCTORius, Laßbüchlin. Basel, Jacob
Kündig, 1555.
* Sollte Lecke nicht mit Lacus See, Lake Salz(See)wasser und Lache (im österreichischen Dialekt
Lacke) Wasserpfütze zusammenhängen? Nach Schöpf heißt in Tirol das Bad auch „die lak"'''".
164
Das Lecken im Bad
Abb. 78. König Wenzel, der zur Bedeckung der Scham den Wedel benutzt, wird von Bademägden
gestrichen. Miniatur aus der deutschen Wenzelbibel. Anfang des 15. Jahrhunderts. Nach VON Schlosser.
Dampf auf den Körper 48. Ein anderer Ausdruck ist Queste, wodurch die Form, die
einer Quaste, bezeichnet wird; dafür kommt auch der questen und für lecken das
Zeitwort questen vor.
„Darnach er dich zu qwesten weyß,
Das er dirs bad nit macht zu heyß",
sagt Philipp von Allendorf 1535 in der Judenbadstube 234; vvoraus hervorgeht, daß
das Questen zur Hervorrufung des Schweißes diente. Dafür spricht auch eine Steile in
einem Neithartliede :
„Swelch badestub' wirt gehizzet also linde,
ein man gelekket vil, e er enpfinde
hizze, der sin herze gert;
swie guot diu schiter sin, unt ist boese der hert,
von hizze enpfaeht er doch vil selten vröuden" i°3.
Ein anderer Ausdruck für Queste ist kosten, kost. „Kosten das man leck", hat
Hans Foltz in seinem Hausrat verzeichnet 257^ im Höllenbad waren die Seelen
„lecken" und schlugen sich mit „kosten" 29. „Reich mir ein kost und einen hot (Hut),
einer legk seit uns geweren", heißt es im Meistersingerliede aus dem 15. Jahrhundert 469
Das Lecken besorgten die Badenden (Abb. 40), wie auch der Bader (Abb. 86), z. B.
auf einer Abbildung bei Murner 6.
In dem Gedicht auf die Bergtheimer Schlacht (1400) heißt es:
„An lecke mochten sie nit baden, daß sie gewunnen einen sweiß,
das ward in von stunden schaden, sie lekten, daß in ward ze heiß,
sie begerten keines glichen. Ir questen waren wunderlich"*'.
Die badeknecht begundens strichen,
Sastrow erzählt, daß, als er als Knabe am Strande gebadet, sein Vater am anderen
Morgen mit der Rute vor ihn trat und sagte: „Habt ir gebadet, so muß ich questen",
Der Wedel zur Bedeckung der Scham
165
wobei er ihn sciilug 258. So finden wirquesten und aucli lecl<en ganz allgemein für schlagen
gebraucht. „Wolfdieterich der werdbegundenider lecken manegen beiden zuo der erd"442
Da, wo man ohne Badehose im Bade saß, diente der Wedel zur Bedeckung der
Scham. „Du thust wie ein quest im bad; deckest du dein schäm der laster mit den
predicanten", sagt Geiler von Keisersbero 258 und an anderer Stelle: „beschirmung
(Bemäntelung) der Sünden wird gemerckt in allen menschen, die da mit dem bader-
questen der entschuldigung understont zu verbergen ire laster". Bei Wolfram von
Eschenbach findet sich die Stelle, er säße eher nackend ohne Tuch im Bad, als daß man
seinen Parzival für ein Buch hielte, vorausgesetzt
„so ich in dem bade saeze,
ob ichs questen (den Quast) niht vergaeze" ^ss.
Das Weistum von Huisheim in Schwaben schrieb 1505 dem Bader vor, zu „verord-
nen den mannen ein notturft c o s t e n in die batstuben und ainer ieden f rawen verordnen
ire claider ausz und ein zu tragen" 535. Dem Badekleid der Frau entspricht hier beim
Manne der Kosten zur Bedeckung der Scham.
Auf einem Bilde der deutschen Bibel Wenzels sitzt der König im Bad, die Scham vom
Wedel bedeckt, während ihn zwei Bademägde massieren (Abb. 78) 286^ und als der Kaiser in
der Erzählung Herrands von Wildonie vor die Tür gestoßen wurde, da war „ein wadel
siner lide kleit", er hatte also auch nackt im Bad gesessen, und die Wiener Handschrift
aus dem 16. Jahrhundert bildet den Kaiser ganz nackt, die Krone auf dem Haupt, ab,
und neben ihm Hegt der Wedel. Ebenso wird in der Judenbadstube von Philipp von
Allendorf der arme Mann nackt aus der Badestube gelassen und deckt seine Scham
mit dem Wedel (Abb. 66). Zu diesem Zwecke kommt der Wedel auch dann vor, wenn
vom Bad gar nicht die Rede ist. Geiler von Keisersbero macht den Vorschlag, wenn
Kinder sich mit Lügen entschuldigen und wie beim Sündenfall Questen von Feigen-
blättern machen, soll man
sie mit Birkenquesten von
Birkenreisern durchhauen
123, und Suchenwirt sagt
von Adam und Eva: „zwen
questen deckten in ir
schäm" 258. Auch im Pfaf-
fenleben aus dem 12. Jahr-
hundert heißt es:
„mit dem Adämes cherm wadele
Wellent si ir schäm bedechen"
Darstellungen von Adam
und Eva zeigen deshalb
häufig — wie Zappert
meint, nur in Werken deut-
Abb.79. Adam U.Eva. Holzschnitt aus der Practica von UQQ.Straßbiiro;.
166 Die Tracht der Bader
sehen Ursprungs 10 — statt des Feigenblattes den Wedel (Abb. 7Q), so in der deutschen
Bibel Wenzels und den Bildern zum Sachsenspiegel. Bei einer in Zerbst 1507 aufge-
führten Prozession heißt es und ist durch figura in der Handschrift dargestellt : „ Die Bader.
Eynen Born mit eyner slangen. Adam vnd Eua naket mit questen"586. Hier fiel den
Badern also wegen ihres Handwerkzeugs, des Wedels, die Rolle von Adam und Eva zu.
Weil die Metzger in Nürnberg bei ihrem Tanz, der 1350 zum ersten Male gehalten
wurde, auf den Pöbel, um Platz zu machen, allzukräftig dreinschlugen, befahl der Rat,
um alle Unruhe zu vermeiden, keine Waffen und Wehr mehr zu gebrauchen, sondern
nur Quasten oder Büsche von Eichenlaub. Deswegen bestellten die Metzger anfänglich
vierundzwanzig Männer, die sich in Zwillich kleideten, das Angesicht verdeckten, höl-
zerne Knebelspieße und einen Busch in der Hand tragen mußten, um ihnen zum Tanzen
Raum zu verschaffen. Nach den Abbildungen der Schönbart(Narren)bücher von 1459
und 1560 waren diese Badewedel aber durchaus nicht so harmlos, wie sie der Rat ge-
wünscht hatte; denn aus einzelnen schießen Wasser- und Feuerstrahlen hervor 5S7.
1360 hatten die Bader zu Basel den Quast als Wappen 255^ 1373 führten ihn die Würz-
burger Bader im Siegel i44.
Auf den Bildern zum Sachsenspiegel sind die Bader völlig nackt (Abb. 67 und 68), auf
dem Konstanzer Gemälde aus den ersten Dezennien des 14. Jahrhunderts in einem
Frauenbade aber mit der Badehose versehen (Abb. 86). Später finden wir sie damit an-
getan bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts. In Freiberg wurde ihnen 1480 geboten,
„Vortüchel" zu haben bei fünf Groschen Strafe i83.
Die Bader gingen in diesem Kostüm ungeniert über die Straße (Abb. 82). Deswegen
gebot die Lüneburger Baderrolle von 1361 : „Ok en schall nement des hilligen dages
barebeende ane hosen gan up den Straten by broke ein punt wasses (Wachses)" und
Hamburg 1375: „Vortmer en schal nen knecht ut sines heren hues ghan barschinket
unde myt blotem hovede vorder den syn ronsteen keret (Rinnstein kehret)" 217. Noch
1649 wurde daselbst festgesetzt: „es soll fortan kein Badergesell oder Lehrjunge baarfuß
oder mit dem Badehute ausgehen, bei 4 Schill. Strafe; wers siebet und verschweigt's,
soll gleiche Strafe geben". 1419 beschlossen die Breslauer Bader, daß fortan keiner von
ihnen, weder Meister noch Geselle „baarschenkelig" ausgehen dürfe, „es sei denn. Einer
wäre krank oder käme just vom Bade oder trüge ein so langes Gewand darüber, daß man
seine Peine nit sehen könne" bei Strafe eines Pfundes Wachs und zwar um der Ehre
des Handwerks willen 220. Nach der Bamberger Baderordnung von 1481 sollen „Meister
und knecht ... am suntag und an allen gepanten feiertagen gehest und nicht mit bloßen
peynen und on schwe (Schuhe) gehen". Später wurde das Verbot, „on hosen oder par-
schenkel" zu gehen, dahin gelindert, „daß sie Vormittag gehoset gehen sullen, nach
der Predigt aber die Hosen ausziehen und einen langen Rock anlegen mögen und ye
nicht mit pleckenden peynen über die gassen gehen" 46. Es scheint darum nicht wun-
derbar, wenn OsSE Mitte des 16. Jahrhunderts in seinem Testamente schreibt, selbst
Magistri gingen in leichtfertiger zerschlitzter Kleidung und es wäre wenig Unter-
Die Tracht der Baderinnen
167
^n-^^a^tfö^
g.'^^abtÄ^
Abb. 80. Badknecht und Bademagd. Kpfr. aus: Nürnbergische
Kleider-Arten. Nürnberg bei Johann Kramer. 1669.
schied zwischen ihnen und
einem Barbiergeselien 554.
Im 17. Jahrhundert trat zur
Badehose ein Schurz, so auf
einem satyrisch - politischen
Kupferstich von 1612443, auf
dem Badstubenbilde von 1711
(Abb. 91)28s und im Nürn-
berger Trachtenbuch von 1669
(Abb. 80), so daß Goethe mit
Recht sagen konnte: „Bader er-
kennt man an der Schürze" 151.
Schon im 16. Jahrhundert
wurde nach JosT Ammans Ab-
bildung zu Hans Sachs' Stän-
den ein solcher Schurz von
dem im übrigen völlig nackten Bäcker vor dem Backofen getragen 208, und Ouarinonius
schlug 1610 diese Kleidung für die Bader vor 134. ich möchte aber Ouarinonius nicht
für den Urheber dieses Gedankens halten ; denn er schmückt sich zu oft mit fremden
Federn, und so wird der Baderschurz schon 1610 im allgemeinen Gebrauch gewesen sein.
Auch die Tracht der Baderinnen ist uns bekannt. Die ältesten Darstellungen finden
sich in den für König Wenzel von Böhmen angefertigten Handschriften, zum ersten-
mal im „Wilhelm von Oranse" 1387.
Zumeist besteht sie in einem kur-
zen, weißen hemdartigen Gewände,
das mit Achselbändern an den Schul-
tern befestigt ist, die Arme und die
obere Brust freiläßt (Abb. 81). Einmal
erscheint die Bademagd in einem
durchsichtigen feinen Gewände, |ein
paarmal ganz nackt in der deutschen
Bibel und der goldenen Bulle 286. Das
wird wohl auch der Wirklichkeit ent-
sprochen haben je nach der morali-
schen Höhe der einzelnen Badestube.
In Hans SebaldBehams(1500— 1550)
Darstellung der Luna ist die Tracht
noch die alte (Abb. 38), und die
Dorfordnung von Nüdlingen von
1594 gebot, es „sollen die Mannsper-
Abb. 81. Bademagd. Miniatur aus der deutschen
Wenzeibibel. Anfang des 15. Jahrhunderts. Nach von
Schlosser.
1 58 Die Bekleidung der Badenden / Die Badehr
sonen sowohl die junge Gesellen an dem Tantz, sonderlich vf dem offen Platz in ihren Kley-
dungen, Kittel oder Röcken vnd nicht im Leib wie eine Badmaid im Hembd tantzen" 589^
ebenso die von Euerdorf gegen Ende des 16. Jahrhunderts i*! im Nürnberger Trachten-
buch (17. Jahrhundert) erscheint die Baderin gegenüber früheren Zeiten bedeutend mehr
bedeckt (Abb. 80), im Frauenbade waltete sie aber völlig nackt ihres Amtes (Abb. 40).
Die Badenden sind auf den Bildern zum Sachsenspiegel (Abb. 67 und 68) nackt, aber
schon zu Anfang des 13. Jahrhunderts bezeichnet es Wolfram von Eschenbach im
Parzival als größte Verlegenheit, wenn man nackend ohne Tuch im Bad gefunden
würde ^85. Die Männer tragen auf anderen Bildern durchgehends, auch wenn sie von
männlichen Badern bedient werden, die Badehose, im 18. Jahrhundert auf den erwähnten
Abbildungen auch den Schurz (Abb. Ql). Auffallenderweise sind die Frauen auch bei
Bedienung durch männliche Bader meist nackt im Bade (Abb. 39). Auf einzelnen Dar-
stellungen, z. B. in Abb. 36 und 82, tragen sie eine Art Schürze, und Quarinonius er-
wähnt 1610 eine Bekleidung für Mädchen, die hinten offen ist, und nennt sie Badehr i34
Mit diesem Ausdruck wird zuweilen auch ganz allgemein ein Badhemd bezeichnet, so
geschieht es z. B. bei Hess, aber mehr ironisch 3i5. Wieland sagt: „Kurz und gut, sie
hat, mit Gunst zu sagen, keinen Lappen am Leibe, nicht einmal eine Badehre" i^i. Badehr
war ein Kleidungsstück, das die Scham der Frau bedeckte und beim Manne der Bade-
hose, die „bruech oder Niderkleid", auch niderwat und Untergewand genannt wurde,
entsprach. So sollten nach einer Ordnung des Rats von Baden in der Schweiz (1506) die
Männer (im Mineralbade) im Untergewand, die Frauen in der Badehr ins Bad gehen 38,
und in einer Züricher Gschauordnung vom Jahre 1 769 wurde befohlen, mit der Austeilung
von „Bruechen und Badehren" an die Armen des Bads an der Spannweid sparsam zu
sein 412. Nach dem Frauenzimmerlexikon von 1715 band die vornehme Frau die Bade-
schürze vor, wenn sie auf dem Rücken geschröpft wurde 422. Zedler gibt 1733 in seinem
Lexikon an, daß Badeschürze ein Vortuch von weißer Leinwand sei mit einem ange-
setzten Latz, dessen sich die Frau beim Schröpfen bediene. Er nennt aber auch einen
von weißer Leinwand gemachten Schurz, welchen das Frauenzimmer bei dem Bad um-
schlägt und fast die Gestalt einer Weiberschürze hat, Bademantel 468 während nach dem
Frauenzimmerlexikon der Bademantel beim Verlassen des Bades umgeschlagen wird.
Es kann kein Zweifel sein, daß die Badeschürze die alte Badehr und nur ein Beklei-
dungsstück der Frau war. 1669 hinterließ Jungfrau Elisabetha Zollerin in Zürich:
„16 Fiembder und Bad-Ehren, 32 Hembder und Bad-Lacken, item Bad-Ehren" 308.
Auffallenderweise mußten aber 1347 die Einwohner von Augsburg dem Bischof,
wenn er badete, zwei neue Badeschürzen schenken i44. Möglich ist es, daß in diesem Falle
die Badehose durch die Schürze vertreten wurde. Das Badehemd des Mannes muß sich
von dem der Frau auch unterschieden haben; denn in der Hinterlassenschaft der
adeligen Familie von Sal in Winterthur fand sich 1469 ein „Manbadhempt" 57.
Nach RvFF war es in Deutschland Sitte, das Wasser für die Badestube aus dem Bach
zu nehmen, der als Kloake durch die Stadt floß. Die Badestube sollte am fließenden Bach
Die Herbeischaffung des Wassers zur Badestube
169
liegen ^s. Wir finden aber recht oft die Verwendung von Brunnen- und Quellwasser, ja
einzelne Badestuben gebrauchten Mineralwasser. So wurde 1470 an der Metzger-
gasse in Winterthur eine Badestube (die untere) gegründet, die ihr Wasser aus dem
heiligen Berge bezog, nach dem sie den Namen Ooldbad führte. Wohl auf Grund der
edlen Bestandteile der Quelle steigerte man 1675 dem Bader den Zins des Wasserrechts
von 12 auf 42 Pfund, während — wie wir sehen werden — gerade um dieseZeit die Bade-
stuben eher einer Erleichterung bedurften. 1691 beschrieb der Stadtarzt Künzli angeb-
liche mineralische Bestandteile des Wassers. Das Bad nahm infolgedessen an Besuch
zu; aber Ende des 18. Jahrhunderts war der Glaube an das Gold und dessen Wirkung
verloren gegangen und das Wasser des Goldbades fand nur noch im Schlachthause
Verwendung. 1806 wurde die Badestube abgebrochen 57. Auch in Basel gab es einen
Goldbach, der in der Nähe des Gesellschaftshauses zum Ingber hervorquoll und im
14. Jahrhundert zwei Badestuben, seit 1407 drei hinter St. Andreas gelegene versorgte 260.
1471 wird bei Winterthur auf dem Limperge das Lörlibad zuerst genannt, 1527 standen
noch drei Häuser und Hofstetten samt dem Bad. 1537 leitete man das Wasser in die
1349 zuerst genannte (obere) Badestube, die bisher ihr Wasser aus zwei Quellen im
Mockentobel bezog, ließ das alte Lörlibad verfallen, und nun wurde die obere
Badestube unter dem Namen Lörlibad zum Mineralbad erhoben. Die Gäste, welche fortan
zur Reinigung ihres Körpers die Badestube aufsuchten, durften nicht in die Badkästen
aufgenommen werden, sondern erhielten besondere Zuber oder durften nach Schluß der
Badezeit um sieben Uhr abends im Wasser der Kurgäste baden 57. Auch in Canstadt leitete
man die Quelle des Wildbades nach dessen Zerstörung im Dreißigjährigen Kriege in die
1538 neu erbaute Badestube, wo bis gegen 1820 gebadet wurde i54 1337 lag in Bamberg
eine Badestube bei der Quelle, genannt Steinbrunn i44. |n Durlach floß 1536 das Wasser
in das Bad. War es unsauber, mußte der Bader dem Bürgermeister Anzeige erstatten 219
Selbstverständlich waren Röhrenleitungen oder andere Vorrichtungen nötig, um das
Wasser in das Bad zu leiten. In Abb. 39 rechts ist neben zwei Arten von Ziehbrunnen eine
solche (links das Herbeischaffen des warmen Wassers) dargestellt, ähnlich in Abb. 82.
in Görlitz wurde 1489 der Salmannsborn in Röhren in die neue „badestoben" geführt 202
in Bräunlingen bei Donaueschingen lief 1467 der Brunnen in zwei eisernen Röhren in die
Badestube 219. Die Heidestube in Wernigerode, die man auch „den stoven" auf der
Heide nannte, hatte 1447 eine Röhrenleitung aus Erlenholz 439. |m 18. Jahrhundert
bestand die Leitung des Cannstatter Mineralwassers zur Badestube in einer unge-
Abb. 82. Badestube.
Holzschnitt aus: Michael Hero, Schachtafeln der Gesuntheyt.
Straßburg, Schott. 1533.
170 Die Abführung des Badestubenwustes
fähr sechshundert Schritt langen offenen Rinne is*. Nach Meyer-Ahrens zeigt die
Abbildung einer Klosterbadestube einen laufenden Brunnen 565. ]567 bat der Bader
zum Loch in Würzburg, daß ihm an den Badetagen der Bach durch einen Kanal über den
Stadtgraben an der Spitalmühle in seinen Brunnen geführt oder in das Bad geleitet
werde 144. Die 1288 zuerst erwähnte Badestube an der Pegnitz in Nürnberg i95 erhielt
das Wasser aus dem Fluß durch ein Schöpfrad:
„Ein Wasserrad, schöpft in das Bad
Wasser genug nach allem Fug,
Thut in die Stuben fließen"**''.
Im Boller Bad wurde 1632 das Wasser mit Eimern aus dem Brunnen gezogen, die
sich selbst ausgössen 67. 1636 bewilligte der Rat von Zürich, daß in die Badestube an
der Schipfe (zuerst 1357 erwähnt, das Haus heißt heute noch zur Badestube) ein Wasser-
rohr vom Rad auf der unteren Limmatbrücke auf Kosten des Baders gelegt werde i73.
Auch Hausbadestuben hatten, wie wir vom Schloß in Baden-Baden wissen und wie
Abb. 61 zeigt, Röhrenleitungen. In Zürich wurden schon 1421 Wasserleitungen in Privat-
häuser bewilligt, die von den öffentlichen Brunnen ausgingen und ins Haus zu einem
Brunnen mit Hahn führten s^o.
Viel Sorge machte der sogenannte Badstubenwust, der Abfall der Badestube. Man
hielt den mit dem Schweiß der Badenden vermischten Dampf für schädlich. So verbat
sich einmal ein Professor, der Zöglinge zu unterrichten hatte, die Nachbarschaft einer
Badestube, weil die aufsteigenden Dämpfe Kopfweh, Schwere und Mattigkeit der Glieder
hervorrufen könnten 242. 1515 unterstand sich der Bader am Sande in Würzburg, den
Abzugskanal aus seiner Badestube bei den Steinhütten in den Main zu leiten, wodurch
ein solcher Gestank entstand, daß die Steinmetzen nicht mehr arbeiten konnten i44.
Nach den Nürnberger Polizeiordnungen des 13. und 14. Jahrhunderts durfte der Bader
hinter den Fleischbänken keine Tür und Fenster (die übrigens nach Ryff der Holzer-
sparnis wegen sehr klein waren) 48 in der Gasse gegen die Fleischbänke haben. Der Bader
unter der Burg mußte eine Grube für sein Wasser graben, daß es nicht durch die Stadt
herabrinne. Er sollte das Wasser mit dem Regen herablassen, und wenn es lange nicht
geregnet hatte, nachts austragen, daß es bei Nacht herabrinne 201. in Bern wurde 13Q2
Hans Sachs, dem Inhaber der „Baadstube bei dem obern Thor" befohlen, besonders „mit
dem Wässeri" die Badestube redlich und recht zu unterhalten, daß hierdurch weder der
Stadtturm und die Ringmauer noch des Bernhard Fridbolds Haus geschädigt werde 557.
Die Badestuben finden wir öfters dicht aneinander gelegen, häufig in der Altstadt,
was wohl darin seinen Grund hat, daß die Ehehaftrechte auf ihnen lagen und in späterer
Zeit, neue Badestuben aufzuführen, verboten war. In Ulm gab es Badeplätze, wo mehrere
Badestuben beieinander lagen 50. Maßgebend für die Anlage war auch die Nähe des
Wassers. In Bern lagen die meisten am Badergraben i99^ in Zürich an der Limmat, so-
gar in Nachbarhäusern i73. Wir finden sie auch öfter bei oder vor den Toren. So hatte
Jena eine Badestube vor dem Johannistoriö eine vor dem Saaltor 290. |n Riga lagen
Lage der Badestuben / Zusammenfassung
171
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die 3 Badestuben im 13. und 14. Jahrhundert an den Pforten, nach denen sie benannt
wurden 193^ in Zittau kommt 1340 eine Stube vor der Stadt voriö. Speier hatte im
14. Jahrhundert ein „estuarium an dem drencdor", 1326 eine Badestube „vor deme Rin-
burgetor", im 14. Jahrhundert ein „ante veterem portam estuarium zu dem Nusbaume",
das 1586 als in der Vorstadt „vorm Altportel" gelegen bezeichnet wird 273. Vielleicht
war diese Lage vor der Stadt durch die Feuergefährlichkeit der Badestuben bedingt,
im Dorfe Altenmarkt (Bayern) lag die Badestube an „aim gässel", welches so weit sein
sollte, daß die Zufuhr von Holz und anderen Dingen nicht behindert würde 535. in
Burgau, einem kleinen Dorfe bei Bülach (Schweiz), stieß die Badestube im 16. Jahrhun-
dert mit zwei Seiten an die Landstraße öoo.
Fassen wir die Vorgänge in der Bade-
stube noch einmal kurz zusammen. In
der Abziehstube legte man die Kleider ab,
wo sie fehlte, auch im Bad selbst, falls
man nicht vorzog, sie daheim zu lassen,
in der Badestube gössen sich arme Leute
mit warmem Wasser ab, bei reichen be-
sorgte es der Bader mit Lauge und ver-
band damit das Massieren (Abb. 83). Der
Vorgang konnte auch durch ein Wasser-
bad, wahrscheinlich in Verbindung mit
Reiben, ersetzt werden. Darauf legte man sich auf die Schwitzbank, in größeren Bade-
stuben stieg man allmählich bis zur Oberbank. Nun wurden die heißen Steine begossen,
die Dampfentwicklung ging vor sich, währenddessen die Badenden oder der Bader
questete. Nach dem Schwitzen wurde man abermals begossen mit lauem Wasser oder
Lauge, wobei auch gerieben wurde (Abb. 83). Wer Kopf waschen oder Schröpfen wünschte,
ließ es jetzt besorgen, ruhte darauf in der Abziehstube und verließ nach einer kalten Ab-
gießung das Bad. Diese letzte Übergießung scheint in der Abziehstube stattgefunden
zu haben (vgl. Helblino), darum fand sich in derselben bei den Johannitern in Wilden-
bruch eine eingemauerte Pfanne mit Wasser vor. Immer wurde dieses Schema wohl
nicht innegehalten. So konnte man an Stelle der vorletzten Übergießung auch ein
Wasserbad nehmen, tat dies auch nach dem Schröpfen, oder man kühlte nur den Kopf.
Manche schwitzten nochmals im Ruhebett. Etschenreutter sagt 1571 : „dann vil mahl
sich zutregt, wann einer in der batstuben erschwitzet, darnach im wasser bad badet, also
außgehet, das er für sich selbs erst in der anziehe stub widerumb erschwitzet, die sonst
für sich selbs allein terperirter werme" 449.
Überall da, wo mehrere Menschen zusammenwohnten, glichen die privaten Bade-
stuben den öffentlichen. In den Bürgerhäusern gab es nur Wasserbäder und als Ersatz
des Schweißbades kastenartige Vorrichtungen. Nach Gebrauch derselben goß man sich
aber wahrscheinlich, im Gegensatz zur öffentlichen Badestube einer Bemerkung bei
Ryff 48 nach, nicht ab.
Abb. 83. Reiben vor (links) und nach dem Bad
(rechts). Holzschnitt aus: Hero, Schachtafeln der
Gesuntheyt. Straßburg, Schott. 1533.
BADELEBEN IM SPÄTEREN MITTELALTER / UND IN NACH-
MITTELALTERLICHER ZEIT
eich hohe Bedeutung man dem Baden für das Volkswohl zu-
schrieb, geht daraus hervor, daß es in den populären Anweisungen
zur Gesundheit und den Volkskalendern, die der tägliche Rat-
geber des gemeinen Mannes waren, eingehende Berücksichtigung
fand. Die darin gegebenen Regeln sind eine Umarbeitung und
Anpassung an unsere Verhältnisse des Regimen sanitatis Salerni-
tanum, eines Lehrgedichtes der medizinischen Schule von Salerno,
das gegen Ende des 11. oder zu Anfang des 12. Jahrhunderts entstand. Es ist dem Prinzen
Robert, dem Sohn Wilhelms des Eroberers gewidmet 527. Nach der Straßburger Bear-
beitung von 150525 ist es von einem weisen Meister zu Paris für den König von Eng-
land geschrieben worden, nach einer Leipziger Handschrift aus dem 14.507 und dem
St.Oaller Kodex 760 aus dem 15. Jahrhundert von Aristoteles für den König Alexander.
Baden wird an dritter Stelle zur Erhaltung der Gesundheit für nötig gefunden.
„Daz drit, daz die nataur wil haben,
ist daz twahen und daz paden",
heißt es im Ring230^ und der Meistersinger Hans Rosenblut sagt (ungefähr Mitte des
15. Jahrhunderts):
„Der dritt leiparczt ist ain pader
Der padt den leip vnd schiebt dy ader
Vnd schirt das haubt vnd fegt dy glyder" ^\
Neuere Schriftsteller geben fast durchgehends an, die Lehren des Regimen sanitatis,
das nur italienische Verhältnisse berücksichtigt, sei in plumper Weise von den Deutschen
befolgt und so der Mai auch für unsere kältere Gegend zum eigentlichen Bademonat
erhoben worden, während Juli und August als ungeeignet verworfen wurden, weil
Italiens Ärzte wegen der dort herrschenden Hitze vom Gebrauch der Bäder abrieten i6.
Diese Ansicht ist unrichtig.
Zunächst glaube ich nicht, daß die Vorschriften des Regimen im allgemeinen ein-
gehalten wurden. So sollten Leute, die wenig arbeiten, aber viel essen und trinken,
Schweißbäder, die anderen Wasserbäder gebrauchen, im Züricher Kalender von 1508,
einem der ausführlichsten und besten, sind Schweiß- und Wasserbäder miteinander ver-
wechselt 26, und Ryff^s sagt, daß in Deutschland mäßige, zum Wasserbad geeignete
Leute wenig gefunden würden, zugleich ein Beweis, daß Wasserbäder weniger als
Das Regimen sanitatis
173
Schwitzbäder benutzt wurden*. Die Vorschriften in den Kalendern und den verschie-
denen Anweisungen zurOesundheit betreffen in der Regel nur das Baden in der Badestube.
Das geht am deutlichsten aus einer Schrift von Künosper (Regiomontanus, Joh. Müller
von Königsberg) hervor. Er sagt: „Mann soll nicht lassen (aderlassen), wedder Baden
noch tranck nemen in den Hundtstagen" (17. Juli bis21. August) und beim August: „Man
solt auch offt in kaltem wasser baden für die hitze, denn hütet man sich vor hitze nicht,
so kompt dauon hauptweh" 262. Hören wir weiter die verschiedenen diesbezüglichen
Schriften selbst.
Die älteste deutsche Bearbeitung des Regimen sanitatis, die beinahe, aber doch nicht
wörtlich mit einer zu Basel aufbewahrten provengalischen Handschrift aus Montpellier
übereinstimmt, ist
die sogenannte
Mainauer Natur-
lehre. Sie wurde
wahrscheinlich En-
de des 13. Jahrhun-
derts von einem
Deutschritter auf
der Insel Mainau
verfaßt und ist in
einer Handschrift
des 14. Jahrhun-
derts von Konrad
von St. Gallen ent-
halten. Dort heißt
es vom Lenz: „so
ist och decheine zit
besser., .zebaden-
ne", vom Sommer:
„unde man sol kaltiu beder mezeclich üben". Im Herbst wird vor den Thermen gewarnt 44.
Ein deutscher Pergamentkalender der Kopenhagener Bibliothek aus dem 14. Jahrhundert
empfiehlt im Februar „sweis baden", im März baden und verwirft im November und
Dezember das Bad504. Johannes Gredinger hat 1428 in seinem Kalender verzeichnet
für Januar: „Vnd paden ist gesunt vnd päd in steynpaden .... vnd la dir vil mit warmer
lawg twahen", für Februar: „Vnd nymst du ein trank, daz trink in eym päd", für März:
„Vnd oft paden ist gesunt, vnd niht zu hais. Vnd wasch dein zen ym päd vnd reib sie mit
salcz", für Mai: „päd mit guten krewtern in eym schaff, daz oben wol bedekt sei", für Juni:
In einem wahrscheinlich von Hans Sachs stammenden Gedicht werden „Die neun 1er im
päd", in derber Weise verhöhnt 33'. Eine Parodie auf das gesamte Regimen sanitatis erschien Mitte
des 16. Jahrhunderts in der Schweiz 595^ eine solche ist auch Fischarts „Aller Practick Großmutter ''^o.
Abb. 84. Darstellung der im Regimen sanitatis geforderten Vorgänge zur
Erhaltung der Gesundheit. Im Vordergrunde Aderlassen, Schweißbaden
mit Schröpfen und Wasserbaden. Fabel vom reichen Mann. Kpfr. von
Aldegrever. 1554.
174
Baden in den Volkskalendern
\
„Vnd päd niht vilvndvast niht lang", für Juli: „vnd päd kül", für Oktober: „Vnd päd niht
hais noch ze vil", für November: „Vnd päd niht hais" und für Dezember: „Vnd paden
ist gut". Er faßt zusammen : „In dem Merczen päd, in dem Awgst (August) ge niht zu
haissem päd" 43. im Pergamentkalender der Züricher Stadtbibliothek von 1467 heißt es:
„Im Hornung: offt sol man baden in schwaiß bad. ImMertzen: vnd in schwaiß baden sol
man offtbaden. Im Abrelien: offt sol man baden. Im Meyen: bad ist gut vnd besunder
wurtz beder. Im brächet: och in kaltem wasser dick (oft) baden. Im Höwet: darumb sol
man nit tranck nemen noch nit lassen (aderlassen), wann in dem bad mit fintusen dem es
not ist. In senfften bedern mag man \sfo\ nüchter baden. Im Ögsten (August): offt sol
man in kaltem v^^asser baden, von der grossen hitz wegen, wann hütet man sich nit vor der
hitz. so erwellet sich das hirn das der mensch villicht houbt siech werden möcht. Der
erst winttermanott (November): wenig vnd selten ist ze baden, myd ouch nämlich sweiß
bad. es ist ouch in keinem manot (Monat) bad als vngesund als in dem manot" 308. Aus
dem 16. Jahrhundert sei der Kalender des Frankfurter Stadtarztes Eucharius Rösslin
von 1533 angeführt. Im Januar
soll man nach dem „Regiment
Ipocratis der 12 Monat" selten
baden, im Februar, März oft
schweißbaden und im April oft
baden. Im Mai sind alle, be-
sonders Kräuterbäder gut. Im
Juni soll man kurze Bäder
haben, im Juli allein im Bad
schröpfen, wenn es vonnöten
ist. „In senfften baden mag
man wol nüchtern baden . . .
Man soll auch wenig badenn", im August oft in kaltem Wasser baden für die Hitze,
im November wenig und selten baden und gar nicht schweißbaden sos. Auffallend ist
es, daß eine Münchener Handschrift des 15. Jahrhunderts beim Januar hat: „Kühl er-
laub ich dir zu paden" 42, wobei „in der Badestube" zu ergänzen ist.
Allmählich schrumpfen im 16. Jahrhundert die in den Kalendern gegebenen Bade-
regeln immer mehr zusammen, die alten Badebilder, die sich fast durchgehends nur
beim Mai finden (Abb. 58) — Virgil Solis (1514—1562) bildet aber das Bad beim
August ab (Abb. 85) 594 — fallen schließlich ganz weg. Im Badener Kalender treten
173Q zum ersten Male beim Juni die im Flusse badenden Kinder auf 506. Die zum Baden
günstigen Himmelszeichen sind im Züricher Kalender bis 1826 samt dem Aderlaßmänn-
chen angegeben. 1827 findet sich eine moderne Anweisung zum Gebrauch der Bäder
mit dem Zusätze, daß die Alten einigen Wert auf den Einfluß, den der Mond auf unseren
Körper habe, legten und deswegen der Kalender die Himmelszeichen noch bringe, damit
niemand nichts vermisse. Von 1833 an wird das Baden nicht mehr erwähnt.
Abb. 85. Badeszene. Darstellung des Monats August. Hand-
zeichnung von Virgil Solis. (1514 — 1562.)
Beachtung des Mondstandes / Badebedürfnis 1 75
Die alten Kalender berücksichtigten den Stand des Mondes sehr genau. In der Regel,
z. B. im St. Galler Kodex 7öO, ist angegeben, im abnehmenden Mond zu baden und wenn
der Mond im Widder, Skorpion, Krebs oder den Fischen ist. Zugefügt ist noch, daß
Meister Halevy spricht, in keinem heißen Zeichen als im Löwen, Jungfrau, Zwillingen
und Steinbock in das Bad zu gehen. In einer Ordnung der fünf Meister Bader zu Zürich
von 1604 wird auf die Himmelszeichen Bezug genommen: „Demnach söllent die fünff
Meister ein täfeli haben. Darjnnen sy mit jren nammen geschriben sind. Da sol nun je
der eltist Meister zum vorderisten. vnnd dann also ein anderen nach, vom kräps. biß jnn
Z wiling. diß täfeli by synen hannden haben. Derselbig Meister sol alßdann die anfrag thun.
wann vnnd wie mann jm schützen vnnd jm waßerman heitzen welle, vnnd waß sich
dann dryg (3). vnnder jnnen mit einanderen verglichen thetind. sol alßdann der meisten
der die Vmfrag vnnd diß täfeli hat. sölliches den vberigen beiden Meisteren verkünden.
Damit man also einheilig heitzen khönne, vßgenommen alle Sambstag. doran ein jeder
sonst ze heitzen befügt jst" 240.
Durch Befolgung der Kalenderregeln hoffte man seine Gesundheit zu erhalten. Wie
sehr das Bedürfnis zum Bade vorhanden war, zeigen folgende Stellen. Nach der Speier-
ischen Chronik zog 1476 König Matthias gegen die Türken mit siebenhundert Schiffen,
„die sint zu gericht nach aller notturff mit voick, were und spiß, und uff den schiffen sint
zu gericht stuben, kamern, batstuben, smytten und backoffen " 129. Geiler von Kaisers-
berg sagt 1498, viele Weiber gingen nicht nur zwei- oder dreimal ins Bad, sondern heiz-
ten auch noch Sonntags das Badstüble daheim 271. im Juliusspital zu Würzburg bestand
schon frühzeitig eine Abteilung für Geisteskranke, die damaliger Auffassung gemäß im
„Kerker der Wahnsinnigen" oder dem „Gefängnis der Angefochtenen" in Ketten lagen.
Diese hatte nach der Ordnung von 1585 die Wärterin je zu Zeiten herauszutun und zu
baden 528 Wenn ein Gläubiger in Frankfurt am Main einen Schuldner gefangen nehmen
ließ, war er gesetzlich verpflichtet, ihm alle vier Wochen ein Bad geben zulassen 127. Selbst
die gemeinen Frauen zu Nürnberg hatten im 13. und 14. Jahrhundert vom Wirt alle Woche
in ihrem Hause mindestens ein Bad zu beanspruchen 201. in Regensburg war 1369 einer
angesehenen Bürgerin als Strafe auferlegt worden, ein Jahr lang nicht aus ihrem Hause zu
gehen ; jedoch gestattete man ihr neben Beichte und Abendmahl nach ihrer Notdurft den
Besuch des Bades 16. 1502 erschien der Türmer Lorenz vor dem Rat zu Würzburg mit
der Bitte, ihm bisweilen zu erlauben, in die Kirche und zum Bad zu gehen. Letzteres
wurde ihm alle vierzehn Tage gestattet nach vorheriger Einholung der Erlaubnis vom Bür-
germeister. 1599 erhielt der Türmer einen Verweis wegen Trunkenheit, unzeitigen Herab-
kommens, und weil er am Sonntag statt am Samstag Bad gehalten habe. Künftig sollte
er jedesmal um Erlaubnis nachsuchen i44. Fremden Bettlern wurde 1527 der Aufent-
halt in der Stadt Münerstadt (Mürstat), den Dörfern Ethausen und Werberichshausen
im Bistume Würzburg verboten, nur dem Armen vorübergehend gestattet, welcher
„der notturfft halbenn seins leibs artzeney zu suchenn, zu badenn" käme oder wegen
Teuerung aus der Heimat gezogen wäre 472 past die gleiche Ordnung wurde 1528
176
Schweißbäder wurden zur Reinigung des Körpers genommen
für die Stadt Würzburg erlassen i44. 1562 heißt es in einem Liede: „Die Handwercks-
gesellen, die kumen das Badgeit band, solch Hosen (Flodderhosen) tragen wollen" 557.
„Ach bist so eilend dort (in der anderen Welt), mein man, hast nit ein pfenning in ein
badt", klagt die einfältige Bäuerin, der der fahrende Schüler von ihrem verstorbenen
Mann und dessen Not erzählt (1560)46.
An erster Stelle w/aren die Bäder natürlich zur Reinigung des Körpers bestimmt, und
zwar diente dazu, wie heute noch bei den Finnen, das Schweißbad. „Heüttigs tags
brauchend wir gemeincklich dz schweißbad allein, die haut vom schweyß, vnnd schmutz
zu seübern, auch dz wasserbad mehr von wollust (Vergnügen) wegen, dann zu gsunt-
heit", schreibt 1571
EtSCHENREUTTER 449.
Schon im nackten
König vom Stricker
(Mitte des 13. Jahrhun-
derts) wird der Bader
„sweizbadaere" ge-
nannt 212. Zu Anfang
des 17. Jahrhunderts
sagt G UARiNONius, der
gemeine „Böffel" und
viele ansehnliche Bür-
ger aller Städte halten
am „schweiß- und
dempffbaden . . . der-
maßen steiff vnd starck
. . ., daß sie vermey-
neten viel verloren vnd
verabsaumbtzu haben,
wann sie nit alle
Sambstag vor dem
Sontag, oder alle Feyr-
abend vor den Fest-
und Feyrtägen, in das
[p/A
Abb. 86. Badestube in Konstanz zu Anfang des 14. Jahrhunderts.
Wandgemälde daselbst. Nach Ettmüller.
gemeine feil oder besondere Schweißbad gehen, schwitzen, sich reiben, fegen,
butzen, vnd abwaschen lassen sollen". Alle Samstag laufen die Handwerker
dem Bade zu, nicht allein ihren Schmutz und Wust, sondern auch den an ihnen
vertrockneten Schweiß durch geringen Schweiß wieder vom Leib „abzuschwentzen".
Reiche und Arme meinen, es sei nicht Sonntag oder Feiertag, wenn sie nicht
Sommer und Winter am Samstag oder Feierabend gebadet haben i34. Wahrschein-
lich wurde das Wasserbad vom armen Manne selten benutzt, das hatte seinen
Das Schweißbad der Handwerker am Ende der Woche 177
Grund schon im Preise, der in Bamberg z. B. 1480 zwölfmal höher war als der fürs
Schweißbad 144.
Auf den Konstanzer Wandgemälden aus den ersten Dezennien des 14. Jahrhunderts
sind auf siebzehn Bildern Fabrikarbeiterinnen der Textilindustrie in Tätigkeit dargestellt
und zuletzt das Baden im Schwitzbad 529 (Abb. 86). Auch Gudrun verlangt für sich
und die Jung-frauen, die in harter Gefangenschaft mit ihr spinnen und weben mußten,
nach der Befreiung sogleich ein Bad :
„Tuot mirz ze liebe Hartmuot' sprach daz edele kint
'alle mine meide, die hie verderbet sint,
daz man si bade hinte. volget miner raete'" 5^°.
So war das Bad am Samstag als am Ende der Arbeitszeit namentlich der arbeitenden
männlichen Bevölkerung bestimmt. Darum öffnete man am Sonnabend Abend in Ham-
burg (1375) die Badestuben den Männern, während an den Abenden der übrigen Tage
die Frauen badeten, und wenn auf den Sonnabend ein heiliger Tag fiel, mußten die
Frauen den vorhergehenden Werktagabend den Männern abtreten 2i7. Die Handschrift
eines oberdeutschen Weichbildes schließt: „Dazbuech hat einende. Daz got all vaig
sehende, vnd geb uns sein gnad vnd hincz samztag ein guet bad. amen" 53i.
Um die Badestube aufzusuchen, hörten einige Handwerke am Sonnabend eine Stunde
früher mit der Arbeit auf, man machte „Badschicht" 468^ wozu der Arbeitgeber noch das
Badgeld, bezw. Stovengeld gab. Nach den Baurechnungen des Bremer Rathauses er-
hielten meistens gegen zwanzig Mann zusammen vier bis sechs Groschen „für den
staven" 533. Endres Tucher bemerkt im Baumeisterbuche der Stadt Nürnberg (1464—
1475): „So soll im (dem Werkmeister der von der Stadt beschäftigten Maurer und dem
der Zimmerleute) der stat paumeister geben alle wochen, es sei veiertag oder wercken-
tag, für sein lone und padgelt fünf pfunt alt". Der Baumeister oder Werkmeister konnte
einem Arbeiter, der es verdiente, „zu zeitten ein pare pfenning zu badgelt mer geben".
Als die Löhne stiegen, wurden die Badgelder herabgesetzt 596 Außer diesem wöchent-
lich verabreichten, gleichsam zum Lohne gehörigen Badgelde gab man es aber sonst
noch, wie heute das Trinkgeld. Im Regensburger Stadtbuch von 1366 war ausge-
sprochen, den Tagelöhnern habe man kein Trinkgeld, wohl aber Badgeld zu geben. In
Frankfurter Ausgaberechnungen von diplomatischen Reisen findet sich für die Diener
der Gasthäuser und für die Geleitsknechte Badegeld verzeichnet i27 Man sprach auch
vom „Verbaden" der Leute. 1485 sollten in Nürnberg die Brautleute außer den Dienst-
boten „nyemannd verbaden oder padgelt für sie zalen"20i. Walfhart hat unter den
Ausgaben Herzog Albrechts des Jüngeren von Bayern im 14. Jahrhundert verzeichnet:
„an Montag nach Purificationis beate Marie verpadt mein Herre etlich fraven; an
Pfintztag vor Invocauit, verpadten die Zenger der Muraher meinen Herrn" 509. in
Rechnungen des Chorherrnstiftes zu Klosterneuburg findet sich im 15. Jahrhundert
mehrfach ein Posten, „die weinczürl (Winzer) ze verpaden" i6
In der Regel war das Badgeld für die einzelne Person so niedrig, daß es nur die kleinste
Münze betrug. „Meine Bücher, die ich mit großer Arbait geporn, umb ein Badgeld hab
Martin, Badewesen 12
178 Die Höhe des Badgeldes
müssen verschlaudern", sagt Sebastian Frankes. In Bayern hieß man es geradezu
Padpfenning (1294)534
Das Badgeld wurde auch in Naturalien gezahlt. In Raitenbuch bei Weißenburg hatte
jeder Bauer zu Lichtmeß „ain mz. korns, und 1 kebler, der ein sondre feuerstatt hat,
ein mz. habern" zu geben, außerdem jeder, der zu Gottes Tisch geht (Erwachsener) dem
Bader drei „hochzeit pfennig", nämlich Ostern, Pfingsten und Weihnachten 535. in Böb-
lingen erhielt der Bader von Unerwachsenen einen Laib Brot zu Weihnachten i^s, ebenso
in Sundelfingen i6 Wenn der Abt von Wiltzburg nach Wetelsheim kam, um die „Pau-
ding-Recht" zu „suchen", sollte der Bader für ihn ein Bad haben, wofür er „ein metzen
lauters Korns" von ihm erhielt (1402) i44
Zuweilen werden die verschiedenen Angestellten für die einzelnen Prozeduren be-
zahlt. In Böblingen erhielt gegen 1554 der Reiber einen Heller zu reiben und einen
Pfennig zu baden i98 i480 zahlte in Freiberg in Sachsen jeder namhafte Mann drei
Pfennig für sich und sein Gesinde, anderthalb Pfennig dem Bader, einen Pfennig in
die Stube und der „Schurin" * einen Heller, ein Handwerksmann, ein lediger Geselle
dem Bader zwei Pfennig, die Frauen zwei Pfennig für sich, einen Pfennig für die
Magd, dem Bader und der Bademagd einen Pfennig i83. Das Badegeld wurde dem-
nach standesgemäß berechnet. Auch in Bamberg betrug es 1480 einen Heller, für
Vermögliche einen Pfennig, also das Doppelte i44. Nach Guarinonius erhielten
die Ansehnlichen im Bad besondere Bänke 13* Es ist wohl anzunehmen, daß die
verschiedenen Stände gesondert badeten. In Gerolzhofen wird z. B. 1445 angegeben,
daß viele Frauen und auch etliche Männer am Sonnabend nicht gern ins Bad gingen 239.
Die Fahrbadestube in Frankfurt am Main (1337 zuerst erwähnt, 1450 aufgehoben), die
dem Leonhardsstifte und der Stadt gehörte, war dem Publikum nicht zugänglich, sondern
für die Insassen des Stiftes und die Herrn des Rates bestimmt 127. in Butzbach in Hessen
dagegen gestatteten 1468 die Chorherren des Kugelhauses gegen mäßige Entschädigung
auch den Bürgern die Benutzung ihrer Badestube, bis 1494 die Eriaubnis zurückgezogen
wurde i94. Auch in Villingen verliehen die Johanniter ihre Badestube, bedungen sich
aber aus, daß wenn sie badeten, es geschehen sollte, als ob sie ihr Geld darum gäben 16.
Nicht nur Handwerkern, sondern auch Beamten, zuweilen sogar den höheren, wurde
Badgeld verehrt und auch regelmäßig am Samstag. In Rottweil erhielten die städtischen
Angestellten (von 1315 bis Mitte des 16. Jahrhunderts) „von . . . amptz wegen" neben
Lohn, Geld für Essen und Trinken an „Ungeltern" auch Opfergeld und „batt gelt" 473^
ebenso bekamen zu Basel im 14. Jahrhundert der Ratsschreiber und Unterratsschreiber
von Zeit zu Zeit „Geld ins Bad"260. Frankfurt am Main gab noch 1706 nach altherge-
brachter Gewohnheit den Bürgermeistern und einigen Kanzleibediensteten alle Sonn-
abend eine gewisse Zahl „Creutz-Heller", die zur Zeit keine gangbare Münze mehr waren
und „BaadHeller" genannt wurden i33.
* Oengler5*5 nennt unter den Angestellten des Baders den Schürer. Die „Schurin" ist dem-
nach eine Baderin, die das Feuer schürte.
Das Badgeld der Angestellten \ 7Q
In Butzbach in Hessen nahmen bei Gelegenheit des Bürgermeisterimbisses Kellner
und Herrendiener, Rat und Ratsdiener regelmäßig ein Bad, dessen Kosten aus der Stadt-
kasse bestritten wurden. Auch wenn man neue Gesellen in den Rat kor, pflegten sich
Schöffen und Ratsmannen diesen Genuß selten zu versagen. 1446 wird des bezeich-
neten Vorfalles gedacht, daß Schöffen und Ratsfreunde, nachdem sie im Bad gewesen,
auf dem Rathause einen gemeinsamen Imbiß und ein fröhliches Gelage veranstalteten und
dann „unbezahlt hinweg gingen" 194*. Das speierische Domkapitel hatte (1512) jähdich
auf Martini dem Stadtrat und den übrigen Stadtbeamten von Eßlingen ein großes Gast-
mahl im Zehenthofe zu geben. Von einem Bade wird hier nichts erwähnt, wohl aber
gestattete man nach dem Male den Dienstboten, in das Badehaus zu gehen und dort ein
Bad zu nehmen. Am Fastnachtsdienstag mußte der Zehenthof wieder ein großes Essen
geben. Darnach durften die dabei beschäftigten Dienstboten wieder ins Bad mit Aus-
nahme des Bäckers und seiner Frau, die nur zu Martini das Bad bezahlt bekamen 6i.
Fremde Gäste wurden von Behörden auch ins Bad geladen, das für sie samt der
Zeche bezahlt wurde. Als der Frankfurter Rat 1432 mit einem anwesenden Edelknecht
unterhandelte, beschloß er, ihm „daz bat zu machen" 127. [n Basel ließ der Rat im
14. Jahrhundert fremde Gesandte auf seine Kosten ins Bad führen 260. 1423 verehrte
der Butzbacher Rat dem Junker von Eppenstein zwei Viertel Wein, „als ihn Herr Johann
von Stockheim (der Butzbacher Schultheiß) in das Bad geladen hatte" i94.
Ein besonderes Badgeld wurde den Arbeitern nach Fertigstellung einer größeren
Arbeit geschenkt. In erster Linie kommen auch hier die Bauhandwerker in Betracht, die
unseren heutigen Richtschmaus im Bade feierten. Nach Frankfurter Baumeisterrech-
nungen gab man 142Q 2 ß den Maurern „czum bade, als man murens uffhorte", 1436
31/2 ß den Steindeckern „czu bade czu geen vnd czu uerdrincken, als sie den buwe foUen-
brachten" 127. Ebenso häufig war ein Freibad mit Bewirtung nach der Ernte und der
Weinlese. Die Schnitter des Spitals zu Mosbach bekamen 1527 nach der Ernte 1 ß.
2 den. zum Badgeld 46i. in den Rechnungen des Chorherrnstiftes zu Klosterneuburg
wird im 15. Jahrhundert häufig für die Winzer Geld zum Bad und „das mal ze pessern"
erwähnt 16. Nach Beendigung der Herbstgeschäfte wurde dem Klostergesinde, den
Handwerksleuten und allen, welche für das Kloster Denkendorf gearbeitet hatten, ein
Badtag gegeben. An diesem Tag nahm jeder nach dem Mittagessen sein Weib und, wer
ledig war, seine „Zwagerin" ** und zog mit ihr nach Eßlingen ins Bad 73. 1559 gibt die
Domrechnung von Basel nach der Ernte an: „den knechten fürs mol und badgelt 1 Pfd.
5 ß"2i9. Im 15. Jahrhundert mußten nach einer Herbstordnung zwei Bannwarte in Be-
gleitung der anderen von Haltingen „ein hengelin trüblen" an einer Stange über die
Rheinbrücke nach Basel in das Bauhaus tragen. „Do sol inen ein bumeister ir obendbrot
* Ein auf Gemeindekosten gehaltenes Bad scheint auch das „burgerbad" zu Durlach gewesen
zu sein, das 1536 der Bader um einen halben Gulden halten mußte, wobei noch den Knechten ein
Schilling Pfennig geschenkt wurde ^i«. ** Zwagerin ist hier im üblen Sinne ähnlich wie Reiberin
gebraucht (vergl. S. 86).
180 Das Bad als Verschönerungsmittel
erbarlich bereit han und dannenthin in die badstuoben schicken, und den badstuoben
trunck geben und für sie bezalen." In ähnlicher feierlicher Weise hatten 1338 die Jäger
des Dreieicher Wildbanns, eines großen Forstes, in der Messe einen eingefangenen
Hirsch nach Frankfurt zu bringen. „Vnd wan sye komen tzu Sassenhusen, so suUent
sye blasen durch die stadt, vnd sullent yne dem schultheiszen heym füren, der sali sye
tzu bade füren, vnd sali sye erlichen laszen, vnd sali den hyrtz (Hirsch) mit den scheffen
teylen als sin ere ist" 535
Mit dem einfachen Reinigungsbad verbanden namentlich eitele Frauen eine künst-
liche Verschönerung des Körpers.
„Ez ist manig altez wib
Du färwet vnd badet jren lib
Vnd schint jr daz vil lützel an
Man sech jr doch die runzeln an" 536.
Hero gibt 1533 bei Besprechung des Bades eine haarfressende Arznei an, die den
Körper nicht verbrennt, d. h. ein Haarentfernungsmittel, außerdem auch Färbemittel 23i,
und nach Abraham a Santa Clara (171 1) badeten manche, um sich des Bleiweißes und
Spießglanzes bequemer zu bedienen 288. Die Arsenverbindungen spielten bei der Haut-
verschönerung eine große Rolle, und man gebrauchte sie, wie aus der schon erwähnten
italienischen Anweisung aus dem 14. Jahrhundert hervorgeht, nach dem Dampfbade 537^
wodurch die Aufnahme in den Körper besser erfolgte.
Man ging aber nicht nur zur Reinigung, sondern, wie schon aus dem Vorhergehen-
den ersichtlich ist, zum Vergnügen ins Bad und um Gesellschaft zu suchen, was schon
zu Anfang des 14. Jahrhunderts der König vom Odenwald bemerkt 228. Wein trinken,
„harpffen, geygen, tantzen vnd paden" geben nach einem Weingruß viel Freude584.
In einem Gedichte des Liederbuches der Clara Hätzlerin 25Q wird Baden für Mann
und Frau zu den größten Freuden des Lebens gerechnet.
„Baden ist ain rainclich lust, Hatt er gewallet oder geraiszt,
Als er vf erden mag gesein. So gert er doch aller meist
Es ward vff erd chain fraw so vein Vor allen fräden baden.
An leib, an claidern, an allen Sachen, Darzu tütt man laden
Sy haisz ir dannocht machen Alle gut gesellen,
Ain bad durch sunderhchen lust. Die zu der fräd wollen . . .
Hatt ain man dann vf der iust Baden ist ain sauber spil,
Gedienet schönen frawen, Das ich auch ymmer preisen wil."
Ist er in Turnay wol erplawen,
Um das Jahr 1470 feierte ein Stiftsherr zu St. Bartholomäus in Frankfurt am Main sein
Jubiläum und „hat den ganzen Stift und ander sine gute Frunde darzu geladen und diesen
allen den ganzen Tag gütlichen gethan und den andern Tag gebatt in dem Sweis- und
Wasserbaden i97 Auf dieselbe Weise feierte ein Chorherr des genannten Stiftes 1410 sein
Jubiläum 127. Die vornehme Gesellschaft Limburg in Frankfurt feierte einmal im 15. Jahr-
hundert mehrere Tage lang Fastnacht, „und am Schluß gehend die Gesellen in das Bad
zu der Weißen Badstuben und das Badgeld bezahlen die Frauen" sie. Zieht man in
Betracht, daß nach dem Liederbuch der Hätzlerin am Montag die Trunkenen baden 259,
Trinkgelage in den öffentlichen Badestuben 181
nach dem König vom Odenwald man in die Badestube geht, um nüchtern zu werden 228_
nach Hans Sachs im Höllenbade auf den Bänken „schlemmer, trunckenböltz, füllhels
und demmer (Schwelger)" sitzen 29, und daß der Oreifswalder Professor Franc. Joel
(16. Jahrhundert) Wasserbäder gegen Katzenjammer empfiehlt i6, so erscheint der Be-
such der Badestuben nach den Frankfurter Festlichkeiten in einem eigentümlichen Lichte.
Das Gleiche gilt vom Baden am blauen Montag der Handwerke. In Amberg durften die
Gesellen alle vierzehn Tage ihren guten Montag, den sog. Badtag, erst des Nachmittags
nach beendetem Tagwerk halten 205. Die bayerische Landesordnung von 1553 will den
guten (blauen) Montag und das Badgeld abgeschafft haben 46
In Hildesheim waren die Mitglieder der Schneidergilde bei Strafe verpflichtet, an den
sogenannten „freien Montagen" nach Beendigung der Messe das Bad aufzusuchen.
Becker versteht unter den freien Montagen die nach Ostern, Johannis und in der Mai-
woche 52. Hier handelt es sich wohl um eine andere Art Bäder der Handwerker, die
sogenannten Stovenlaghe (Badstubengelage), die z. B. in Lübeck die Drechsler und
Kistenmacher, in Wismar 1515 die Zimmerleute, 1523 die Maurer abhielten 533. |n
Görlitz wurde alle Quartal an dem Badetage, an welchem sich die Gesellen baden und
gründlich reinigen sollten, ein Mahl gehalten 205. in Frankfurt am Main durfte in den
Zunftgeboten, in welchen die Rechnungsablage vorgenommen wurde, jedem Anwesen-
den Badgeld aus der Zunftkasse gegeben werden 127. Ejne mecklenburgische Polizei-
ordnung von 1516 verbot den an etlichen Orten herrschenden Mißbrauch, daß die
Handwerksfrauen „im ingange der hantwercke erer eelicken manne mit neinem
stouenbade, collacien edder spyse" beschwert würden 533.
Als Badestubengelage muß auch das Singbad der Meistersinger gelten. In der Kol-
marer Meisterliederhandschrift heißt es in einem wohl aus dem 14. Jahrhundert stam-
menden Gedichte:
„So will ich singen waz ich kan
als dick als es gelanget mir
AI in dem bad vnd bij dem win
wie gerne ich daz tet"*^*.
Die Ulmer Tabulatur von 1644 bestimmte: „Die Singer .... sollen sich alles Zu-
sammen Singens, es sey auff der Schul, in den Zechen, in dem Bad enthalten. Es wäre
dann sach der Bixenmeister oder Märcker begehrtens an Sie." In der Ulmer Tabulatur
von 159Q wird das Singbad auch „Bad-Zech" genannt, die von einem „Schulmeister"
gegeben wurde. Nach der Ulmer Tabulatur von 1644 sollte der Kron-(Kranz-)gewinner,
der „Kronmeister" gleich den Montag nach der Freischule ein Singbad anstellen. Dem
Singbad in Ulm entsprach in Nürnberg die „Festsuppe", die vom „Schulhalter" auf
eigene Kosten den Sängern nach der Festschule gegeben werden mußte. Dem Schul-
halter war bei jeder Singschule die Anordnung übertragen. Wie in Ulm der Kronge-
winner, so hatte in Nürnberg der Sieger im Kranzsingen drei Monate nach seinem Siege
ein Kranzsingen, gewöhnlich Kränzlein oder Kranz genannt, zu gebendes. Erinnern wir
uns, daß in der „Suppe" bei der Badenfahrt guter Gesellen 36 das Kränzlein von einem
182
Das Singbad / Die Badestube als Versammlungsort
CintjaOmfarigötrr
gfclUm
auf den anderen überging, wobei der Be-
sitzer des Kranzes die Kosten der Zeche
tragen mußte, so ist liier unscliwer ein
Singbad zu erl<ennen, zumal die einzelnen
Gesellen ihre Wünsche in gebundener
Form vorbrachten (Abb. 87). Die erwähn-
ten Meisterlieder, die von Hans Sachs'
Hand geschrieben sind, müssen auch als
Lieder des Singbades gelten. Meist wird
der Bader wegen schiecht besorgter Bade-
stube geneckt, doch ist es dem Dichter
nicht ernst damit:
„Pader, ich thu nur spotten,
hapt mir für guett,
im padt mon thuett
oft reisen solclie zotten" ^37.
Es i<ommen auch Lobeserhebungen
des Baders und seiner Stube vor, wofür
einmal das Schenken des Badgeldes gefor-
dert wird 464
In manchem glich die Badestube dem
heutigen Wirtshause, „Stovenmere"istdas
Gerede in den Badestuben und bedeutet so-
Abb. 87. Morgensuppe im 16. Jahrhundert zu viel als Wirtshausgeschwätz 533 In PHILIPP
Baden im Aargau. Titelholzschnitt zu „Ein badenfart
VON Allendorfs Judenbadstube (1535)
guter gsellen" von Hans Achtsinit (wahrschein-
lich Nikolaus Manuel). heißt es : „So schwetzt man auch im bad gar
vil«234 Selbstverständlich wurde auch politisiert. „Das ist wider die Juden und bösen
Christen, die da spöttisch reden von den heiligen sacramenten, als man da thüt in den
batstüben", sagt Geiler von Kaisersberg 1518, und in einer Predigt aus dem Anfang
des 16. Jahrhunderts heißt es: „Dort sitzen sie imm Padstübl und reden keczrisch wider
gott vnd kaisser" iö. Die Badenfahrt guter Gesellen 36 ist ein Religionsgespräch aus
der Zeit der Reformation, das zur Versöhnung der feindlichen Parteien beitragen sollte.
In Köln wurden bei einem Aufstand die Feinde des Rats nicht müde, auf den Gaffeln,
in Trinkstuben und in Badestuben, den Ratsherren und Ratsbeamten Gewalthandlungen,
Rechtsverletzungen und Bestechungen vorzuwerfen 539 i488 heißt es in der Weißen-
horner Historie vom oberschwäbischen Bauernaufstand: „Alß die waldknecht, die den
lerman angefangen hetten, die grosse aufrur und not Sachen, da manet sy ir fenderich,
sy sölten Iren herbergen und waffen zulaffen. Das theten sy, versamleten sich etlich bey
dem spital und namen die gassen ein, etlich kamen zesamen in der badstuben, möchten
weyter nichts mer thon" I28.
In kleinen Ortschaften badete man nur am Samstag, z. B. 1467 in Bräunungen bei
Badetage / Erlaubnis zum Heizen außer den Badetagen \ 83
Donaueschingen, in anderen zweimal in der Woche, z. B. im Dorfe Langensteinenbach bei
Karlsruhe 219. In den Städten waren meist drei Tage dazu bestimmt, in Zwickau 1284
Montag, Mittwoch und Sonnabend 540. Häufiger kommen Dienstag, Donnerstag und
Sonnabend vor, z. B. 1536 in Durlach 2i9. War einer der genannten Tage ein Feiertag,
mußte dafür an einem anderen, meist am vorhergehenden Tage Badetag gehalten wer-
den. Eine besondere Stellung nahm der Donnerstag ein. In einem Fastnachtsspiele des
15. Jahrhunderts werden die Wünsche einer Frau für jeden Tag angeführt: „Am phinz-
tag sie zum päd begert" 12. Daß die Märzenbäder am Donnerstag stattfanden, wurde
S. 17/18 erwähnt. An Sonn- und Feiertagen und am Freitag durfte fast überall nicht ge-
badet werden. Nach dem Liederbuch der Hätzlerin taten es die Ungehorsamen 259
„Man hat auch gesetzet, daz dehaine pader an dehainem freytage kaine pade furbas mer
haben sol", heißt es in den Nürnberger Polizeiordnungen des 13. und 14. Jahrhun-
derts 201. Luzern verbot vor 1320 das Heizen der Badestuben am Freitag m. In Bres-
lau durften die Bader (1486) an heiligen Tagen nicht arbeiten 210^ in Eßlingen (1487)
weder Freitags noch an der Fastnacht heizen 16. In Steiermark wurde 1652 und 1676
den Badern gesetzlich untersagt, am Vormittag der Sonn- und Feiertage ihre Stuben zu
öffnen 84.
Die von der Obrigkeit vorgeschriebenen Tage mußte der Bader innehalten. Aus-
nahmsweise durfte in Frankfurt nach Einholung bürgermeisterlicher Erlaubnis auch
an anderen Tagen geheizt werden 127. in Konstanz war den Meistern 1483 sogar am
Freitag gestattet, Bad zu halten mit „erlobungains zunftmaisters, und sol nymand baden
noch laden wan dye mit dem komend der daz bad gefrümpt (bestellt)* haut" 219. Die
Bamberger Baderordnung verbot 1480 „zwahen oder scheren" an Sonn- und Feiertagen,
es sei denn ein Fremder. Bis 1515 hatten in Würzburg manche Bader an einigen Chor-
feierfesten Bäder bereitet, andere nicht. Nun sollte keiner mehr Feuer anzünden, es sei
denn mit Genehmigung zweier geschworener Meister i44. in einer Ordnung setzten
1604 die fünf Meister Bader von Zürich fest: „Wan die fümff Meister Bader zu Sommers
Zyt, waßer beder. einer oder meer hetend. daruon dann die badstuben warm wirf, so
sol derselbig Meister an den vnngraden tagen, an denen mann gemeinlich nit heitzt. jnn
der Badstuben niemandts schrepfen noch baden laßen, es werind dan durchreißende
Personen verbanden, die an gmeinen heitztagen die badstuben nit bsuchen köntendt.
alß dann sol ein jeder Meister harjnnen gefrigt syn" 240.
„Die von Ulm ließen (1529) offenlich beschreyen vor dem heyligen Tag (25. Dez.),
man wellte marckt halten am newen jarstag, wie sunst anaynem samßtag, so allweg
marckt ist, desgleichen bad, wie sunst, mit aller handthierung (loblich Sachen)" 128.
* Im Ausgabenbuch des Herzogs Albrecht des Jüngeren von Niederbayern (1389—1392) hat der
Landschreiber Walfhart mehrmals Geld für ein „frumpad", „frümpad", oder „frempad" verzeichnet ^o?.
Frommann vermutet unter dem ersten und dritten Namen ein bestelltes Bad ■">. Doch lautet eine Angabe
bei Walfhart: „An Erihtag nach Petri meinen Herrn ein frumpad auf der Ader". Es scheint sich
also um ein Bad, das frommt, d. h. ein Bad zu Heilzwecken zu handeln.
184 Das Hochzeitsbad
Während der Messe und an Fürstentagen durfte in Frankfurt mit Ausnahme der Char-
woche und der Feiertage alle Tage gebadet werden 127.
Es scheint selbstverständlich, daß man vor der Hochzeit als einem Feste badete, der
Bräutigam, die Braut und die Badegäste.
„Wenn man hochzeit haben sol,
Wen man hat darzu geladen,
Der muez sich gar sauber paden
Vnd legt schonew chlaider an",
singt der Teichner im 14. Jahrhundert 16. Es handelt sich aber nicht nur um ein ein-
faches Reinigungsbad direkt vor dem Feste, sondern um eine Feierlichkeit, die einen Teil
der Tage dauernden Hochzeit ausmachte. In Zittau wurde 1616 das Brautbad am Sonn-
abend oder am Badetage genommen 16, d. h. an einem gewöhnlichen Badetage in der
öffentlichen Badestube. Einer der Hochzeitstage hieß 14Q0 in Gerolzhofen (Franken)
der „Wenzeltag", an ihm fand das Bad statt 239^ in Stolberg am Harz 1526 in der
„Walgernacht" 592. In Erfurt geschah 1351 das „vßbade" nach der Hochzeit us. Zu
Anfang des 15. Jahrhunderts, auch 1476202 und noch 1565 werden in Görlitz vor und
nach der Hochzeit Bäder erwähnt, ebenso 1626 in Pritzwalk 16. Das Bad nach der Hoch-
zeit scheint aber die größere Feier gewesen zu sein. „So denn der Hochzceittag loblich hin-
gebrocht ist vnd nach alder gewonheit braut vnd breutigam mit ihren frunden zcu bade
gegangen sint", heißt es in den Görlitzer Statuten von c. 1434 und 1476202. Djes ist
nichts Auffallendes; wir finden ja auch am Schlüsse anderer Festlichkeiten ein Bad.
Zum Hochzeitsbade begleiteten Männer den Bräutigam, Frauen und Jungfrauen die
Braut. Schon früh wird die Zahl der Begleiter beschränkt, in Braunschweig 1320127.
Nach den Nürnberger Polizeiordnungen des 13. und 14. Jahrhunderts sollen vier Frauen
mit der Braut zum Bade gehen 201. Regensburg erlaubte im 14. Jahrhundert dem Bräu-
tigam vierundzwanzig seiner Genossen „daz er vnd die Prawt sol selb acht frawen dar
gen vnd mit dheiner mer" 200^ und das Münchener Stadtrecht (vor 1347) schrieb vor: „ze
der vest und ze pette und ze pade (auch hier nach der Hochzeit!) sol man haben iet-
weders tails niur sehs frawen, daz sint zwelf frawen" 203. Danach scheint es fast,
als ob im 14. Jahrhundert der Bräutigam auch Frauenbegleitung gehabt habe. Augs-
burg erlaubte in einer Verordnung des 13. Jahrhunderts jedem Teile fünf und im selben
Jahrhundert etwas später zehn Begleiter 54i, Görlitz c. 1434 je zwölf, 1440 aber nur
zehn 202 1467210 und 1476 wieder je zwölf 202.
Ob beide Parteien getrennt badeten, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, immer
wurde die Scheidung der Geschlechter jedenfalls nicht durchgeführt. Man aß dabei und
trank im Übermaß im Bade oder wenigstens nach dem Bade im Badehause, wo auch
der Tanz stattfand. „Vom Brautbade (wie mans nennet)", sagt Spanoenberq 1563 im
Ehespiegel, „will ich nichts sagen, so man nicht ein vnordentlichsgeseüffedarauff treibet,
vnd züchtig vnnd erbarlich sich helt, so hat es seinen weg. Die schändtliche gewonheyt
der Waigernacht (an ettlichen orten noch breüchlich) ist hye billich abgeschafft, solte
auch nicht geduldet noch gelitten werden" 508 Der Erfurter Zuchtbrief ließ zu einer
Bmutbad und Kindbetthof
185
186 Einschränkungen des Brautbades
Hochzeit nur zweiunddreißig Schüsseln Speise zu „vnd lö zu dem vssbade, vnd sechs
spilman vnd zwene vnrether" ns. wie es beim Tanz herging, zeigt eine Stelle aus den
ältesten Statuten von Görlitz (c. 1434): „Alsdenn vormols dy jungen gesellen noch dem
bade widir gute sitten jn badekappin vnd barschenckicht, vnd ouch nicht alleine zcu der
zceit, sunder ouch zcu andern tentzcen getantzt habin, \n\\ der Rath das fortmeh kein
mansbilde jn badekappen adir barschinckicht tantzcen sulle, sunder alle dy do tanzcen
wollen sullen sein mit yopen vnd hossin angethon noch ander lannde vnd stette lob-
licher gewonheyt" 202 (verg. Abb. 88).
Die behördlichen Verordnungen, welche das Brautbad betrafen, suchten es zu einem
einfachen Bade zu gestalten. Nach den Nürnberger Polizeiordnungen (13. und M.Jahr-
hundert) war der Braut wohl erlaubt, vier Begleiterinnen mit ins Bad zu nehmen, doch
sollte man zur „padlat" Männer und Frauen „weder peiten noch ezzen noch trincken
noch tantzen von derselben padlat wegen". 1485 durften weder Braut noch Bräutigam
jemand „verbaden oder padgelt" zahlen, „noch auch nach dem pade ainicherlay mal
noch zech haben" und nur der Braut und des Bräutigams Hausgesinde Badgeld zahlen 201.
Augsburg erlaubte 1550 und 1562 den Brautleuten, nach dem „Breutelbad" eine Zech
zu halten, wenn sie es wollten, doch nur mit sechzehn Gästen 16. Ausdrücklich wird
1476 in Görlitz verlangt, daß die Freunde nach dem Bade die Brautleute heimbegleiten
und zu Hause ein einfaches Mahl aus Käse, Brot und Obst mit Landwein und heimi-
schem Bier einnehmen sollen 202 Grünberg in Hessen verbot 1492, „mal ader orten"
nach dem Bad zu haben 019.
Nach einer Verordnung von Gerolzhofen vom Jahre 14Q0 lud der Bräutigam zum
Bad und dem darauf folgenden Nachtessen ein; er mußte demnach die Kosten tragen.
Auch die Badleute (Bader) erhielten Speise und Trank, was Gerolzhofen in demselben
Jahre verbot 239 16I6 sollte in Zittau am Badetage kein Gast außer den Hochzeits-
bittern gespeist werden 10. In Ulm wurde 1400 bei einer Hochzeit Badgeld gegebenes.
Nürnberg verbot 1485, wie wir sahen, anderen Leuten als dem Gesinde Badgeld zu
zahlen 201, ebenso die Stadt Grünberg in Hessen 14Q2 619 Ein vollständiges Verbot
der Brautbäder soll nach Westenrieder der Münchener Rat schon 1405 erlassen
habende. ,,Die walger nacht, wie sie vor alters gehalten, als mit bade vnd dantzen,
soll gantz vnd gar absein vnd nit mehr gehalten werden", heißt es in den Stoiberger
Statuten (1526)592 1565 wurden in Görlitz alle „geprängi sehen" Hochzeitsbäder, 1626
die in Pritzwalk verboten, in Havelberg 1655 die Abendhochzeiten, Kranzmachen und
Brautbaden. Kurfürst Joachim 11. von Brandenburg untersagte 1551, Gäste zu laden, 1580
erneuerte der Rat von Berlin die Verordnung 16, und 1604 verbot Kurfürst Joachim
Friedrich auch das Baden der Brautleute i44^ nach Fidicin wurde es nur einge-
schränkt 191. Nach der Heilbronner Hochzeitsordnung vom Jahre 1492 mußten (?) sich
einen Tag vor der Hochzeit alle Hochzeitsgäste baden, worauf sich die Gesellschaft in
das Hochzeitshaus zu einer sog. gelben (Safran-)Suppe begab. Die Hochzeitsordnung
von 1699 verbot diese „Barbiersuppe" ^3.
Das Schenken von Badewäsche zur Hochzeit 187
Vornehme Leute hielten das Brautbad nicht in der öffentlichen Badestube ab. Am
18. September 1563 hat Bürgermeister Oentzkow von Stralsund in seinem Tagebuche
bemerkt: „badede die brudt ehr bet in minem stauen; dat costede mi all etwas". Es
handelte sich um die Braut seines Sohnes. Das Bad fand zwei Tage vor dem „brutlacht"
statt 542 1715 war das Brautbad nach Corvinus nur ein einfaches Reinigungsbad der
Braut vor der Hochzeit, dem vornehme Personen wohlriechende Kräuter zusetzten 422
Mit dem Brautbad wurde das Schenken von Badewäsche verbunden, die man in
solcher Fülle austeilte, daß die Zahl der Beschenkten gesetzlich beschränkt werden
mußte, aber auch der Luxus, mit dem die Wäsche ausgestattet wurde. In Augsburg sollte
Ende des 13. Jahrhunderts zur Hochzeit niemand mit leinenem Gewand beschenkt werden
als der Bräutigam und der nur mit zwei Bräutelgewand und einem Badelaken 54i. 1562
traten an Stelle der letzteren zwei Zwagtücher i6. In Nordhausen sollten Braut und Bräu-
tigam 1470 an „brutstugken" nicht mehr geben, als bisher Gewohnheit gewesen ist, näm-
lich an „badecappen, hemden, sleigern, gorteln unde schon" (Schuhen) sss Magdeburg
verbot 1544 das Schenken von Hemden und Badekitteln an Eltern und Verwandte der
Brautleute iö. |n Nürnberg durfte 1485 die Braut nur dem Bräutigam ein Mannshemd
oder Badhemd schenken 210^ und der Rat von Berlin verordnete 1580 neben dem Ver-
bot der Brautbäder, daß die Braut niemandem als dem Bräutigam, seinen Brüdern und
des Bräutigams Vater und zwar jedem nur ein Hemd, nicht aber den Schwestermännern,
Brüdern oder Bruder- oder Schwesterkindern etwas unter dem Namen von Badekleidern
zu geben befugt sein solle. Die Rostocker Kleiderordnung vom Jahre 1581 befahl, die
Braut dürfe dem Bräutigam nicht mehr als eine Badekappe, höchstens fünf Gulden an
Wert, zwei Kopftücher und einen Badebeutel schenken 543. Lübeck schrieb (zwischen 1467
—78) vor, die Braut solle niemandem als dem Bräutigam leineneKleider geben, „undedeba-
dekappe, de de brud deme brudegamme giff t myt deme hemede, en schal nicht beter wesen
dan achte mark lubesch" 544 (siehe auch S. 119). Man setzte den Wert der Wäschestücke
fest, weil diese nicht mehr einfache Gebrauchsgegenstände, sondern Prunkstücke waren.
So kommt in einer Züricher Teilrödel der adeligen Familie von Zoller 1690 ein Zwach-
tuch mit „Carmoßin Syden genehet" vorsos^ und in der Stralsunder Kleider- und Hoch-
zeitsordnung vom Jahre 1570 wird der Braut wohl gestattet, dem Bräutigam ein „hembde
vnd nesedock" zu geben, doch sollten beide nicht mit Gold und Peden geziert sein 593.
Im 18. Jahrhundert wußte man nichts mehr vom Brautbade im alten Sinne und dazu
geschenkten Badehemden. Wohl bestand aber die Sitte, daß die Braut den Bräutigam
in den meisten Gegenden Deutschlands mit einem oder mehreren Hemden beschenkte
und der Bräutigam am Abend seiner Verbindung einen Schlafrock und eine Mütze auf
dem Hochzeitsbette fand. Schriftsteller des 18. Jahrhunderts haben in der Mütze die
alten Kopftücher (Zwagtücher zum Kopftrocknen) und im Schlafrock das alte Badehemd
sehen wollen 543*.
* Diese Ansicht eriiält dadurch eine Stütze, daß man in den Mineralbädern in älterer Zeit im
Bademantel, später im Schlafrock ins Bad ging.
188 Die Kindbettbäder
Nicht minder als die Hochzeit gab das Wochenbett Anlaß zu mehreren Gastereien,
die aber nur im Kreise der Frauen gehalten wurden. Man nannte sie Kindbetthöfe, in
Basel „Westerlage", in Zittau „Lachen" und die eingeladenen Frauen „Lachenweiber".
Sie fanden zur Taufe, zum ersten Kirchgang und zum ersten Bade der Frau nach dem
Wochenbett statt. Auch hier mußte die Zahl der Eingeladenen und der Aufwand be-
schränkt werden. Beim Mahl standen Süßigkeiten im Vordergrunde. In Frankfurt durften
sie nur in Lebkuchen und Konfekt bestehen 127. uim schaffte 1411 alle Kindbetthöfe
ab und gestattete, nur einmal zu einem Bade Frauen, aber nicht mehr als drei zu laden.
Auch hier mußte der Rat gegen das kostbare Konfekt und den Zucker, der dabei ge-
braucht wurde, eifern so. Ebenso ließen die Nürnberger Polizeiordnungen (13. und
14. Jahrhundert) nur drei Frauen zur „padlat" zu 201^ die übrigens in Ulm 1411 „Badhof"
genannt wurde 73 |n derber Weise schimpft Fischart über „Kindtauff, Kindschenck,
die Kindbetthöf, die Küchelbäder, da man die Kindbetterin vnd sechswochnerin wider zu
Jungfrawen vnd gromat* sauffet" 598.
Eine besondere Beachtung verdienen die sogenannten Seeienbäder(balnea animarum).
Sie verdanken ihre Entstehung den Lehren der katholischen Kirche. Demnach erscheint
es natürlich, wenn sie mit der Reformation zurückgingen. Aber auch in katholischen
Gebieten verminderten sie sich beträchtlich im 16. Jahrhundert. Sie sind barmherzige
Stiftungen und für Arme bestimmt, die unentgeltlich das Bad genießen sollten. Ihnen
liegt die Vorstellung zugrunde, daß jedes Werk der Barmherzigkeit der Seele seines
Urhebers im ewigen Leben zu Nutzen und Förderung gereiche und insbesondere im-
stande sei, einen Teil der durch irdische Sündhaftigkeit verwirkten Strafen abzutilgen.
Sie sind eine Unterart der in den mannigfaltigsten Formen auftretenden Seelgeräte 545^
in einem Koldizer Aktenstück aus dem 15. Jahrhundert ausdrücklich als „zelgerethe zcu
der badestuben" sio^ 1340 in Zittau als „Seelengeräth auf der Stuben vor der Stadt" 16
bezeichnet. In der Subachschen Seelgerätstiftung von 1440 für das Jungfrauenkloster
St. Georg zu Glaucha vor Halle wird Abhaltung von Vigilien und Seelenmessen und
am selben Tage ein Bad vorgeschrieben i90, ebenso 1330 in einer Wiener Stiftung nach
dem Seelenamt ein Bad 16. Wir müssen demnach die Seelenbäder als Fortsetzung der
in früheren Zeiten von Wohltätern Armen und Kranken persönlich gereichten Bäder
auffassen.
Die Stiftungen von Seelenbädern sind meist letztwillige Verfügungen und dem ent-
sprechend die Stifter einzelne Personen oder Familien, meist bürgerliche, selten adelige
oder fürstliche 545^ z.B. Friedrich der Weise 1517196. Ausnahmsweise kommen auch
weltliche und geistliche Korporationen vor. So ließ der Rat von Zwickau (1350) jährlich
vier Seelbäder auf Gemeindekosten verabreichen 545. 1403 lehnte der Rat von Jena die vor
dem Johannistor gelegene Badestube erblich dem Nie. Jungen, „und sollen auch alle Jahr,
jerlichen vier Seel Bade machen zu jeglicher Wichfasten eins, uff yr eigen kosten". In
Freiburg in Sachsen (?) verkaufte 1532 die Stadt ihre Badestube mit der Verpflichtung,
* Gromat ist nach Stöber ein mit Wacholderbeeren gewürzter Wein oder Branntwein 5''.
Die Seelenbäder 189
daß der Bader jährlich vier Seelbäder zu Weihfasten abhielte, wofür er die Gebühren wie
von alters her vom Rate erhielt i6 1543 schloß der Magistrat der Stadt Grimma mit dem
Bader Georg Zeiß einen Pachtvertrag, nach dem dieser jährlich ein Seelenbad zu halten
hatte 545. Ich glaube, daß in diesen Fällen die Seelbadstiftung nicht von der Stadt aus-
ging, sondern daß die Gemeinde durch ältere Vermächtnisse verpflichtet war, die Bäder
zu halten. Als 1494 die Stadt Butzbach von den Kugelherren des St. Markusstiftes deren
Badestube übernahm, ging an sie die Verpflichtung über, Seelbäder zu halten. Die
Kugelherren waren aber nicht die Stifter derselben, sondern Hartmann Möller, ein
Kanoniker des Bartholomäusstiftes in Frankfurt i94.
Selbst arme Leute stifteten Seelenbäder. „ Margaret Hannsen Angeruelder des Jungern
dienerinn; verordnet letztwillig (1425 in Wien): Item Iren Sechsfuechtigen Sloyr mit dem
prawnen entlein schafft Si in das Spital den armen leuten, doch sol man versuhen, ob
man dauon mug ausrichten ain mal vnd ain päd — vnd ain Armen menschen, den Si
albeg genant hat Vater, dem schafft Si dauon ain pfund vnd vmb zwen Schuch ain
padgelt" 16.
In Wien kommen im 14. und 15. Jahrhundert häufig Seeienbadstiftungen für die Dürf-
tigen und Siechen im Spital vor, 1411 in Königgrätz. In Regensburg findet sich ein Seel-
bad für die Dürftigen zu St. Lazarus 10, in Jena 1369 für die Schwachen und Kranken im
Nicolaispitale vor dem Saaltore 290. viel häufiger wurden sie mit Ausnahme Wiens den
Armen im allgemeinen gestiftet, so in Hannover 1393 allen armen, notdürftigen Leuten i97^
ebenso 1461 in Grünberg in Hessen 435 und 1552 in Halle i^o allen Armen, in Zittau
1424 für alle Arme, „sie seyen gelehrt oder ungelehrt, Mann oder Weib, jung oder alt.
Niemand ausgenommen" 545. in Lübeck waren im 14. und 15. Jahrhundert die Seelen-
bäder meist für eine beschränkte Anzahl Armer, z. B. für zwölf, fünfzig und hundert be-
stimmt, in Halle 1513 für zwölf Arme, in Freiberg für Schüler und arme Leute i96. Nur
einmal finde ich 1440 ein Seelenbad für Nonnen und zwar im Jungfrauenkloster zu St.
Georg zu Glaucha vor Halle, das alle Quartal nach den Vigilien und Seelenmessen in der
Badestube des Klosters abgehalten werden sollte i90. Nirgends ist das Baden von
Armen in Nonnenklöstern als Seelbadstiftung erwähnt. Ich möchte darum auch fol-
gende bei BoDMANN erwähnte Stelle nicht auf ein Seelenbad beziehen, zumal nach den
Quellen sich nirgends ein Anhalt dafür findet, daß es bei den Seelbädern unehrbar zu-
gegangen wäre. Den Schwestern in der St. Georgenklause unter dem Johannisberge
im Rheingau wurde vom Erzbischof Konrad III. von Mainz 1426 auf Antrag des Vize-
doms verboten, irgend jemand von auswärts weder umsonst noch gegen Geld in
der Klause baden zu lassen, weil die Schwestern unter dem Vorwande, Laien beiderlei
Geschlechts zu baden, sich die Gelegenheit zu einem freien, skandalösen Benehmen
verschafft hätten und die Leute statt zu baden sich zu ergötzen kämen "4.
Nach einer Dresdener Seelenbadstiftung von 1394 sollten zwölf Badelaken für die
Armen bereit gehalten werden 16; wer in Halle (1552) neben dem Baden auch Schröpfen
wollte, sollte es um Gottes willen haben i^o. Sehr häufig kommen auch noch andere
190 Beköstigung beim Seelenbade
kleinere Vergünstigungen für die Armen vor. In Wien war das Seelenbad meist mit einem
Mahl verbunden, das 1428 als Wein und Brot näher bezeichnet wird. Der Erzbischof
Matthias Lang von Salzburg stiftete 1539 ein Seelenbad, bei dem jedem armen Menschen
drei Kreuzer auf die Hand gegeben werden sollten i6. In Lübeck sind 1370 eine Tonne
Bier für fünfzig Personen zur Erquickung und jedem ein Weißpfennig, 1375 jedem ein
Heller, 1376 zehn Mark zum Trinken verzeichnet. In Halle bekam 1513 jeder der zwölf
Armen ein paar Semmeln, ein paar Eier und einen alten Pfennig, in Freiberg wurden (1487)
zu jedem Bade ein Faß Bier und ein Brot um zwei Gulden unter die Armen verteilt i96.
Die Nonnen zu St. Georg in Glaucha vor Halle erhielten 1440 nach dem Bad, jung und
alt, Bier aus dem Subachschen Vermächtnis i90. 1488 kommt in einer Seelbadstiftung zu
Glauchau vor: „Item auch hat er versurget eyn sehelbath vnd eyne spende jn sulcher
forme. Daß das sehelbath nach gewohnheyt mit aller notdorft. mit, eßenn vnd trin-
ken dy menschen versorget sullin werden. Vnd daß allir beste bir. alß jn seynem keller
funden wert sal man dem armen mildiglich zu der Spenden reichen vnd eynen itzlichen
armen menschen 1. pfennigk vnd eyn broth daß eyn phennigk gilt darzun geben" 540.
Die Zahl der Speisenden wurde zuweilen nach „Tischen" bestimmt. In Waltershausen
erhielten auch die Badergesellen ein mäßiges „Tranckgeldt", welches die „Vormündere"
der Marienpfarrkirche auszuzahlen hatten 545.
In Lübeck waren die Seelenbäder vom 14. bis zum 16. Jahrhundert meist nur einmal
oder innerhalb des ersten Jahres nach dem Tode des Stifters einmal wöchentlich abzu-
halten 196 Der Ratsmeister Caspar Querhammer in Halle verlangte es innerhalb des
ersten Vierteljahres nach seinem Tode^^o. in Wien sollten 1330 die Armen des Spitals
fünfzig Tage lang an den Montagen ein Bad erhalten 10. Häufiger sind die Stiftungen
„auf ewige Zeiten". In Leyznick sollte 1506 jedes Jahr einmal Seelbad gehalten wer-
den i^^ in Zwickau im H.Jahrhundert zweimal jährlich 540. Am meisten aber wird das
viermalige Abhalten im Jahr, so außer an den schon genannten Orten in Meiningen
1370 197^ in Glaucha vor Halle 14401^0^ und etwas seltener die wöchentliche Wieder-
holung verfügt, 1394 in Dresden, 1340 in Zwickau 16, 1393 in Hannover 1^7 |n Würz-
burg wurde 1462 ein 1411 gestiftetes Seelenbad bestätigt, das alle Montag, und wenn
dieser Tag ein Feiertag wäre, alle Donnerstag gehalten werden sollte i44
Die Badezeit erstreckte sich in der Regel über den ganzen Tag, beginnend nach Be-
endigung des Morgengottesdienstes („nach den vier Messen") in der Pfarrkirche 545^
für Zwickau wird 1340 angegeben früh bis nach Vesperzeit 16^ für Grünberg in Hessen
1461 ein halber Tag435^ für Dresden 1394 der ganze Tagiö. Das Waltershäuser
Quatemberseelenbad scheint „an dem mittag ump zwölff hora" seinen Anfang ge-
nommen zu haben und währte „bis zu abend, daß der Seyger sechse schlaget" 545.
Den Beginn des Seelenbades hatte der Bader hie und da durch „läuten oder klimpeln"
kundzumachen. In Erfurt hatte jedoch die Eröffnung des domkapitelischen Armenbades
ein „Bierrufer" auf dem Markte und zwar mit den Worten auszurufen: „ein Seelenbad,
ein gutes Bad haben unsere Dom-Herrn allererst aufgethan hinter unser lieben Frauen
Ankündigung des Seelenbades 191
Berge; wer baden will, soll garnichts geben". In Döbeln verordnete 1460 der Stadtrat,
welcher für die Seelbäder die Gewährleistung übernommen hatte, daß „künftig jedesmal
den Sonntag vorher, ehe eines der vier Seelbäder für die Armen gehalten würde, solches
und von wem sie gestiftet worden seien, auf der Kanzel vermeldet werden sollte" 545.
Nach einer Stiftung zu Hannover aus dem Jahre 1393 wurde ein wöchentlich zu hal-
tendes Seelbad zweimal im Jahr „van dem Predichstoie (herab) gekundiget" ^97. Caspar
Querhammers Seelenbad in Halle (1552) mu(3te in allen drei Pfarren der Stadt und außer-
dem zu St. Lorenzen und St. Georg von der Kanzel angesagt werden '90. |n Zwickau
lautete im 16. Jahrhundert eine Ankündigung: „Dergleichen hat der Radt vff morgen
montag ayn selenbadt zu der obern stuben bestellen lassen, wer um gotte willen
baden will mag sich dahyn fugen" i6.
Die Verpflichtung zum Beten für den Stifter war offenbar in jedem Seelbadvermächt-
nis enthalten, wie Gengler meint. In einzelnen Urkunden wird es ausdrücklich hervor-
gehoben. So hatte der Bürger Nikolaus Schwertfeger zu Döbeln 1446 in der Nieder-
badstube zwei Seelbäder gestiftet, „uff das die armen luthevlißlichen denalmechtigen got
geloben, vor vns vnd frauwen yißen kreczemerynne, Nicolaen Swertfegers vnd alle der
synen vorfahren vnd nachkommen selin gebethin mögen, das vns der Almechtige got
muße genedigk sein", und in dem Schoßbefreiungsprivileg der Grafen von Beich-
lingen von 1440 wird den Besuchern des im eximierten Sedelhofe zu Cölleda befindlichen
Seelenbades sonderlich ans Herz gelegt, auch den auf dem Schloß Beichlingen verstor-
benen gräflichen Familiengliedern ihre fromme Fürbitte zuzuwenden 545. Es scheint
jedoch nicht bei jedem Armenbade, das seine Entstehung einer Seelbadstiftung verdankt,
ein Beten für den Stifter stattgefunden zu haben. So sollten im Katharinenspitale zu
Bamberg 1493 die Kranken aller vierzehn Tage von des Pulen (eines Wohltäters) Al-
mosen gebadet werden. Außerdem erhielt jeder Badende ein Quart Wein oder Bier
aus der Stiftung eines Chorherrn. In der Goldwoche nach Lucia (13. Dezember) sollte
aber ein „Sele padt" gehalten werden mit drei Pfund „Semelin", ein Eimer Getränk und
1/4 Obst von des Pulen Almosen 144^ woraus doch zu schließen ist, daß nur an diesem
einen Tage des Stifters in feierlicher Weise gedacht werden sollte. Hervorgehoben soll
noch werden, daß das aller vierzehn Tage genommene Bad und das dabei genossene
Getränk von zwei verschiedenen Stiftern herstammte, und Roth verweist darauf, daß
Seelenbad bisweilen auch eine Spende ohne Bad bedeutet 195.
Es sei noch einiger besonderer Arten von Seelbadstiftungen gedacht. Claus Becker
mußte 1504 in Halle wegen eines begangenen Totschlags dem Entleibten zum besten
ein Seelbad stiften i^o. Zu Schneeberg in Sachsen wurde 1499 ein Totschlag dahin ver-
glichen, daß der Täter unter anderem auch ein Seelenbad mit Brot und Bier halten lassen
mußte 540. Ähnliche Seelbadstiftungen kommen in Todsühnebriefen 1474, 1508 und
1515 zu Freiberg vor 545. Der Priester Hans von Beierstock stiftete zu Zwickau im
14. Jahrhundert ein Seelbad nicht nur für sich und seine Vorfahren, sondern auch für
alle, die im Streit erschlagen würden 540. Es sei noch einiger besonderer Seelenbäder
192 Besondere Arten der Seelenbäder
gedacht. In Hildesheim gab es eine unter Aufsicht der „Älterleute" des Trinitatis- oder
Geisthospitals stehende Stiftung von zwei Seelbädern, die für die Aachenfahrer bestimmt
waren. Vor der Ausreise nach Aachen sollte das Bad in der Osterbadestube, bei der
Rückkehr in der Steinbadestube genommen werden, wobei zur Bewirtung Brot, Speck
und zwei Tonnen Bier gespendet wurden. Die Torwächter am Oster- und Dammtore
mußten die Pilger auf diese Einrichtungen aufmerksam machen. Solche Aachenfahrten
kamen 1474, 1489 und 1503 vor 52. 1396 verzichtete Graf Johann von Werdenberg auf
seine Einkünfte aus dem Bad Pfäfers, damit das Gute, was durch das Bad geschähe,
dem Seelenheil seiner Familie zugute käme: „Wir Graf Johans von Werdenberg Herre
ze Sanegans der elter bekennen vnd tund kunth mäniglichem mit dem brief, als Wir vnd
vnser vordem, von dem Abten vnd dem Convent des gottzhus phäfers durch ain lieby
und Schirmes willen, von dem wildbad ze phäfers das undrent valens dem dorff in dem
tobel ist gelegen, järljch halben zins habin gehebt, da verychen wir für vns vnser erben
vnd nachkommen, das wir solichen gebresten so dasselb gottzhus hat, und ouch die
gottzdienst und das Gut so täglich durch gott, durch siner lieben mutter magt Maryen
und ander gottes hailigen da begangen und volbracht wirt, Vnd ouch sunderlich durch
vnser Vordem, vnser und aller vnser nachkommen selan hail willen angesehen habint,
vnd hand vns desselben zinses und nutzes so vns oder vnsern erben nun hinnenthin
darvon gevallen möcht gänzlich entzigen vnd es dem vorgenannten Convent und
gottzhus ze phäfers das in Churer Bistum ist gelegen gänzlich ledig gelassen" 3i6.
Hie und da mal wurde bei besonderen Anlässen von Obrigkeits wegen die Bereitung
eines einzelnen Seelenbades einem Bader übertragen und die Ausgabe dafür z. B. aus
dem Gotteskasten gedeckt. So stifteten 1348 zur Pestzeit die Erfurter Domherrn ein Seel-
bad 545. 1347 gaben Rat und Gemeinde zu Vilshofen dem Pfarrer und Dechant daselbst
„zu einem Trost aller ihrer lieben Verwandten" die obere Badestube mit der Verbind-
lichkeit, daß er oder einer seiner Gesellen alle Montage mit den Schülern „mit
Weichprun" und Gesang um die „Chirichen" geheiH
Von den eigentlichen Seelenbädern sind die einfachen Bäder für Arme abzutrennen.
So gewährte der Rat zu Braunschweig einem Bader Abgabenfreiheit unter der Be-
dingung, seine Stube zu bestimmten Zeiten den Armen unentgeltlich zu öffnen 127
Dem Bader zu Böblingen wurde gegen 1554 gestattet, liegendes Holz im Liechtenwald
zu fällen, so viel er bedürftig sei, wofür er am Dienstag in der Fastnacht ein Freibad
ohne jedes Entgelt halten mußte i^s.
Die Seelenbäder wurden derart zahlreich von den Armen besucht, daß die Leute
dabei „vber einander" geschlagen wurden (1445 Gerolzhofen) 239, und der Rat von
Zwickau verfügte 1284, die Seelenbäder hätten nicht an den üblichen Badetagen, sondern
an anderen, dem Dienstag, Donnerstag und Freitag (!) stattzufinden, „vmme daz arm
Lute denn eren ruwm vnd gemach desto baz gewarten mügen Got czu Lobe vnd den-
selben czu tröste vnd allin g^elawigen seien den man czu tröste vnd selicheit dy Bade
macht yr gelt abe dinen das ys denselben czu nucz vnd Trost chome. Des man yn
Die letzten Seelenbäder 1Q3
(den Badern) darunne gibt"54o Ebenso wie das Bad, zog gewiß Essen und Trinken
die armen Leute an. „Drey Würtz-Tröge stunden (bei den Erfurter Kanonikern) vor der
Badestuben hinter dem Berge; die wurden voll Wein gegossen und Semmeln darein ge-
pflockt. Da kam dann das Volk zu hundert und tausend mit ihren Gefäßen, und die
Geistlichen hatten eine Kelle, da fast ein Nößel darein ging; also gaben sie einem jeden
eine Kelle voll in sein Gefäß" 545. in einer Fastnachtspredigt aus dem 16. Jahrhundert
des Doktors Schwärm von Hummelshahn heißt es höhnisch: „Aber den alten Vetteln
wird man halten ein Seelbad in der Mühl unter dem Kammrad. Die Spend soll ihnen
werden auch: Schwefel, Pech und Hüttenrauch, Pilsensamen und Puiverkorn"2'7i. Die
Seelenbäder waren über ganz Deutschland verbreitet; die Lübecker, die bis zum Jahre
1539 ihre eigene Stadt reichlich mit solchen versahen, stifteten sie selbst mehrfach zu
Bergen in Norwegen, mit dem sie in regem Handelsverkehr standen '96. pür Frankfurt
konnte Krieg keine Beispiele finden 127^ auch in der Schweiz läßt sich kein Seelbad,
abgesehen von der Pfäferser Stiftung, nachweisen; doch kommen in Siechenhäusern
Bäder mit Speise und Trank vor, die als alte Seelbadstiftungen aufzufassen sind.
in Nürnberg hatte im Anfang des 16. Jahrhunderts die Zahl der gestifteten Seelbäder
bereits eine solche Höhe erreicht, daß man unter dem Einflüsse reformatorischer Be-
strebungen beschloß, fernere derartige Stiftungssummen anderen wohltätigen Zwecken
zuzuwenden (1522). 1525 spricht sich Luther in einem Briefe an Hans Minkwitz über
eine Stiftung dessen Vaters, darunter auch über Seelbäder, dahin aus: „Das fünfte
Stücke mit dem Seelbade gefällt mir auch wohl, ohne daß ichs nicht ein Seelbad für die
Seelen sein lassen wolle, sondern ein Exempel Christi, da er seinen Jüngern im Abend-
mahl die Füße wusch" 16. in den Schmaikaldischen Artikeln wird 1537 gesagt, die
Messe habe „gezeuget das Fegfeuer, da hat man mit Seelmessen, Vigilien, zuletzt
mit Gemeinwochen und aller Seelentag, Seelbad ums Fegfeuer gehandelt" 540. Selbst
nach der Reformation wurden 1560 und 1568 in Zittau Seelbäder gestiftet iß. Die herzog-
lichen Brüder Johann Friedrich der Mittlere, Johann Wilhelm und Johann Friedrich der
Jüngere von Sachsen verfügten in einem die „vier Seelbade" zu Waltershausen betreffen-
den Reskripte von 1556, daß dieselben nicht, wie man projektiert hatte, in ein Geldreich-
nis des Badstubenbesitzers umgewandelt würden, sondern da sie, „obwohl im Bapst-
thum Seelbad genennet, doch der armen leute halben gestifftet und verordnet worden"
seien, fernerhin in natura geleistet werden sollten 545. in Hamburg stiftete Frau Anna,
des Bürgermeisters Henning Büring Witwe, 1535 „twee seelbade", trotzdem sie ihr
erstes Testament vom Jahre 1504 wegen der neuen Lehre Luthers aufgehoben hatte 1^7.
Noch 1836 gaben einige Zünfte in München zu Quatember oder anderen Zeiten für die
Seelen ihrer Abgeschiedenen Seelbäder zum besten. „Morgen läßt das ehrsame Hand-
werk der bürgerlichen Loderer dahier beym Bader am Radisteg ein Seibad halten",
lautet eine kirchliche Verkündigung 46. Nach Rocholz wurden 1867 in München bei
Trauergottesdiensten eine Anzahl Seelbäder ausgeboten, in denen die Armen zum Ge-
dächtnis des eben Verstorbenen unentgeltlich gewaschen werden sollten 5i3.
Martin, Badewesen 13
194 Eine andere Auffassung des Seelenbades
Eine 2. Auffassung des Seelenbades in ganz anderem Sinne als das besprochene
entspringt aitheidnischem Glauben, in einem Beichtspiegel des 15. Jahrhunderts wird
als Todsünde bezeichnet der Glaube „von den totten : Also wenn die Menschen ster-
bend so far die sei durch das Wasser vnd reinge sich darin, denn schiftend sy das
wasser vss"5n. Heute noch wird in Obwalden beim Tode eines Menschen alles in
der Küche befindliche Wasser sofort ausgeschüttet; denn die „abreisende" Seele würde
sich sonst darin baden wie „ein Vogel" 5i2. |n den ostdeutschen und letto-russischen
Provinzen soll man nach Rocholz am Allerseelentage die Abgeschiedenen in der Bade-
stube empfangen, wo eigens dazu aufgeräumt wird und mancherlei Speisen aufgetragen
werden. Alsdann baden hier, nimmt man an, die Seelen eine nach der anderen 5i3.
Man hat den Ausdruck Salbadern, viele und unnütze Worte reden, mit Seeibad in
Verbindung gebracht. Die S. Q6 gegebene, aus dem 17. Jahrhundert stammende Er-
klärung des Wortes ist unrichtig; denn Salbader kommt schon in den Briefen der
Dunkelmänner vor^oi. Manche vermuten einen Zusammenhang mit Salvator, daß Sal-
badern den Namen des Heilands und sonst nichts weiter im Munde führen hieße i97.
Kluoe glaubt, Salbader beruhe auf dem älteren Seelbader, womit der Arzt der Kranken-
häuser bezeichnet wurde 001. Seelbader könnte schon den Bader im Seelhause be-
deuten, aber ebenso gut den Bader, der ein Seelenbad abhält. Da aber unter Bader
häufig auch der Badende zu verstehen ist, so sind Seelbader die im Seelenbade Badenden,
die viel schwatzen ; denn das Seelbad war ja einem Wirtshausbesuch der armen Leute
gleichzusetzen. Es ist aber noch eine andere Erklärung möglich. Bei den großen, für
alle Armen bestimmten Seelenbädern, die Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte nach dem
Tode des Stifters abgehalten wurden, wird das Gebet für dessen Seelenheil bei vielen
wohl nur ein leeres Wortemachen gewesen sein, und diese Leute waren die Seelenbader,
Salbader, die Schwätzer. 1789 sagt der Jenaer Professor Grüner, die Geistlichen hätten
in den Klöstern Seelenbäder errichtet, hoffentlich sei der Name „Saalbader" daher ent-
standen, andere leiteten denselben von Salben ab 654 Tatsächlich gebrauchte Samuel
Hahneman das Wort Salbbaderei im Sinne von Quacksalberei 000.
In rechtlicher Beziehung galt die Badestube als öffentlicher Ort. Einem Totschläger
im Toggenburg wurde 1548 aufgegeben, den Verwandten des Erschlagenen bis zum
dritten Grade beim Begegnen drei Schritte aus dem Wege zu gehen, oder, wenn solches
nicht möglich wäre, ihnen im Vorübergehen den Rücken zuzukehren, kein Wirts- oder
Badhaus, darin sie sich befänden, zu betreten 112. Hans Nef von Appenzell, der 1587
den Lorenz Schlipf daselbst getötet hatte, mußte sich verpflichten, allen Geschwister-
kindern, Schwägern und nahen Verwandten des Getöteten auf Stegen und Wegen, in
Holz und Feld, in Städten, Dörfern und Marktplätzen auszuweichen, ohne ihre Be-
willigung in kein Speise- und Wirtshaus, in keine Bade- oder Scherstube zu treten, wo
sie sich fänden, wäre er aber zuerst da, so sei er nicht schuldig, sich zu entfernen 546.
Auch in Kempten mußte ein Totschläger ein ganzes Jahr lang den Verwandten des Er-
schlagenen auf der Gasse, dem Kirchgang und den vier ehehaften Orten (Wirtshaus, Bade-
Rechtliche Stellung der öffentlichen Badestube 1Q5
stube, Mühle und Schmiede) ausweichen i6 Starb jemand an den Folgen eines Schlages,
und war er zuvor in der Kirche, auf dem Markte oder „to deme stouen" gesehen worden,
so galt der Täter nach dem Hamburger Stadtrecht (1270, 12Q2, 14Q7) nicht als Mörder,
ebenso nach den Bremer Statuten vom Jahre 1333 10. Verwundungen, Schlägereien, In-
jurien in der Badestube wurden, als an einem der befriedeten Orte begangen, in Riga
(13. und 14. Jahrhundert) doppelt bestraft i93_ Wer in seiner Kleidung mit bloßer Wehr
den Nackenden in der Badestube blut und blau schlug, hatte nach dem lübeckischen Recht
eine vorsätzliche Gewalt getan und sollte am Leben mit dem Schwert gerichtet werden 547.
Diebstahl in der Badestube wurde in Riga, wenn der Wert des Gestohlenen ein Lot oder
darüber war, mit dem Tode bestraft '^3. Auch in anderer Beziehung bot die Badestube
einen Schutz. Der Schuldner durfte nicht festgenommen werden. Zu Anfang des
14. Jahrhunderts singt der König vom Odenwald:
„der zweinzigst muoz des bades gern s6 birget er sich in daz bat:
vor sinen schuldern*: herzöge von Sachsen schänden 6n,
swenn er sie niht zuo rihte hat, er giht, er habe ez auch getön" 22s.
Aber „in deme veylen stoven oder stofhuse mach men", nach den Goslarer Statuten,
„wol vorvestede lüde unde overhorighe lüde upholden (verhaften)" 533.
* Schuldiger kommt vom 14.— 17. Jahrhundert auch in der Bedeutung von Gläubiger vor s«!.
RÜCKGANG UND AUFHÖREN DER ÖFFENTLICHEN
BADESTUBEN / ERSATZ DERSELBEN IN DER NEUZEIT
iias Gedeihen der Badestuben erhielt einen ersten heftigen Stoß durch
Steigerung der Holzpreise im 15. Jahrhundert. Als 1596 in Würz-
burg die Elß Lermännin ihre alte Badestube in der Büttnersgasse
wieder aufbauen wollte, beklagten sich die Bader und erklärten,
früher seien wohl zwölf Badestuben zu Würzburg gewesen, aber
des teuren Holzes wegen abgegangen i44 In den Niederlanden und
Brabant mußte man schon 1465 wegen Mangels an Holz mit Kuh-
mist und Torf kochen. Ungefähr in der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde in Wien der
Vorkauf des Holzes untersagt, und 1475 beschwerten sich die ärmerien Meister Bader
beim Rat, daß die bemittelteren das Holz vorkauften, wodurch es verteuert würde, daß
sie nicht einmal das notdürftigste haben könnten und ganz verderben müßten. Es wurde
beschlossen, die Bader sollten gemeinsam einkaufen und nach Bedürfnis das Holz ver-
teilen 16. In mehreren der erwähnten Meistersingerlieder wird der Bader wegen kalter
Badestube und des Einkaufs von Holz nach dem Pfennwert (im einzelnen) geneckt 337.
Ott Ruland hat 1448 in seinem Handelsbuch neun Gulden Schulden des Baders für Holz
in der ihm gehörigen Badestube verzeichnet. Später mußte der Bader einmal den Zins
schuldig bleiben 284. in Augsburg verordnete im März 1477 der Rat, daß das Holz, das
bisher nach dem Gewicht verkauft worden, nach einem gewissen Maß, das Klafter ge-
nannt wurde, abgemessen und bezahlt werden sollte. 1548 wird angegeben, daß zu
Augsburg das Holz seit einigen Jahren auf einen ungemein hohen Preis gestiegen sei;
um die Stadt herum gab es fast nichts mehr, und 1566 durfte nichts mehr vor der Stadt,
sondern nur noch auf offenem Markte verkauft und abgemessen werden 495. Zu An-
fang des 17. Jahrhunderts macht Guarinonius wieder auf den Holzmangel in Augsburg
aufmerksam und rügt im Gegensatz zu Augsburg das Überheizen der Stuben in Steier-
mark, weil zu reichliche Holzmengen zur Verfügung ständen i34 Diesem entsprechend
finden wir hier ein für die Zeit noch hochentwickeltes Badewesen. 1430 verkaufte der
Bischof von Speyer die Badestube von Bruchsal an die Stadt und führte große Klage,
daß durch die Bader die Wälder verwüstet seien. Forthin sollte der von Bruchsal täg-
lich im Winter nur ein und im Sommer zwei Karren Holz holen dürfen 6i. In Frankfurt a. M.
begann 14Q7 ein Mangel an Holz, und man deckte von nun an den Bedarf nicht mehr
im städtischen Wald, sondern bezog es vom oberen Maine her 127
steigen der Holz- und der Badpreise \ Q7
Die steigenden Hoizpreise hatten ein Steigen der Badepreise zur Folge, die wieder
einen verminderten Badebesucli — neben noch zu erörternden Ursachen — bewirkten,
wodurch die Einnahmen der Bader sich wesentlich verminderten; denn ob wenig oder
viel Leute in der Badestube saßen, die Kosten für Heizung waren dieselben. Als in
Winterthur 1514 die obere, die städtische Badestube verpachtet wurde, erhielt der Bader
nach dem Vertrage zehn Klafter Holz jährlich in der Stadt oder aus dem Wald; als er 1517
die Badestube von der Stadt kaufte, bekam er von nun an nur soviel als andere Ein-
wohner. Im selben Jahre wurde dem Inhaber der unteren Badestube, die Erblehen war,
mitgeteilt, daß er nicht mehr „Vordrang noch Ansprach an unserm Wald Eschenberg des
Holzes halb" haben sollte, und ihm zugleich befohlen, die Welt mit dem Badgeld nicht zu
steigern 57 1496 ermahnten Schultheiß und Rat zu Baden (Schweiz) ihren Bader, die Ge-
meinde beim alten Lohn zu lassen und von einem Mann nicht mehr als drei Heller, von
einer Frau nicht mehr als zwei Heller zu nehmen 32. in Stuttgart klagten 1547 die Bader,
daß sie bei den festgesetzten Badepreisen nicht mehr bestehen könnten, und es wurde in-
folgedessen das Badgeld für einen erwachsenen Mann auf drei Pfennig, für eine Frau auf
drei Heller und für ledige Personen, Dienstboten und Kinder auf einen Heller erhöht, im
selben Jahre steigerten die Eßlinger Bader die Preise und begründeten dies direkt mit einer
Erhöhung des Holzpreises, ebenso 1Ö22 die Bader zu Nürnberg 16 |n Berlin ersuchten
1624 die Verordneten der Bürgerschaft den Rat, dafür zu sorgen, daß die Taxen nicht
erhöht würden ; denn die Bader forderten von einer älteren Person für ein Bad acht gute
Pfennig und Trinkgeld, so daß es auf zwei Groschen zu stehen käme. Aber 1677 beklagten
sich die Besitzer der Badestuben beim Kurfürsten, daß sie aus Mangel an Nahrung gänz-
lich in Verfall gerieten, indem sie jeder wöchentlich kaum drei Groschen einnähmen und
wohl sechzehn Groschen für Holz zum Heizen der Badestube ausgeben müßten i^i.
Obwohl 1774 in der Stadt Zürich fünf Badestubengerechtigkeiten, aber nur zwei Bade-
stuben in Betrieb waren, bekämpfte das Handwerk der Bader die Niederlassung eines
dritten Meisters, der die Badestube nicht betreiben wollte, mit Erfolg unter Hinweis
darauf, daß die zwei Meister Bader zum Heizen ihrer Badestuben von der Obrigkeit ver-
pflichtet seien und mit dem Wärmen große Kosten hätten 243.
Im wesentlichen ging das Bestreben der Bader darauf hinaus, nur noch zu schröpfen
und die eigentliche Baderei, die mehr Unkosten als Einnahmen brachte, eingehen zu
lassen, bezw. die Anzahl der Badetage einzuschränken, was aber nach den Verleihungs-
urkunden nicht angängig war. So wurden einmal durch kurfürstlichen Befehl die Bad-
stübner zu Köln bei Berlin aufgefordert, ungesäumt die Badestuben zu heizen und für
die Einwohner in Bereitschaft zu halten '^i. 1445 beschwerten sich die Einwohner von
Oerolzhofen beim Vogt und beim Rate, daß „vor alter Herkommen." von jedem der zwei
Bader alle Woche vier Bäder gemacht worden seien und werde nun durch deren eigenes
Vorgehen ein Bad abgebrochen und nur noch drei gehalten. Viele Frauen, heimische und
vom Lande, und etliche Männer pflegten am Samstage nicht zu baden, dazu habe sich die
Stadt an Einwohnern gemehrt, daß „die andern zwen tag als Dinstag vnd Mitwochen,
198 Bestrebungen der Bader / die vorgeschriebenen Badetage einzuschränken
die leute alle mit Iren kinden gerewmlichen nicht vnd nach nodturfft gebaden können
noch mögen, sundern werden vber einander, als ob ein Seelbad were, geslagen". In
der Folge sollten vier Bäder, am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag, und wenn
der Donnerstag ein Feiertag wäre, am Montag gehalten werden. Fast hundert Jahre
später, 1543, ließen Vogt und Rat die zwei Bader fordern, weil sie sich unterstanden, in
der Woche nur ein Bad zu machen. Sie sollten zweimal, Mittwoch und Samstag, Bäder
halten, und wenn an diesen Tagen Feiertag wäre am Dienstag und Freitag (!). Von nun
ab mußten auch Kinder mit neun oder zehn Jahren das Bad mit einem neuen Pfennig be-
zahlen, was am Tage Johannis „vber die Cantzel verkunt worden". Von 1557 an hatten
auch Kinder, die ins Bad getragen wurden, jedes einen Pfennig zu geben*. Erwachsene
zahlten zwei neue Pfennige 239 1573 erschienen vor Rat und Bürgermeister beide Bader
und trugen vor, das Brennholz würde zu so hohem Preise verkauft, daß sie in Zukunft
nicht mehr um den alten Lohn Bäder halten könnten, und baten um Steigerung des Bad-
geldes. Künftig sollten zwei Bäder wie bisher gehalten werden. Erwachsene sollten vier
alte Heller, junge Leute über vierzehn Jahren drei alte Pfennige und jüngere einen Neu-
pfennig geben. Die Ordnung sollte bis zum Abschlagen der Holzpreise gelten. Auf
weiteres Bitten wurde den Badern bewilligt, daß vier Wochen lang jeder nur ein Bad
zuhalten brauche. 1575 wurde diese Ordnung wieder abgeändert. Fortan sollten alle
Erwachsenen einen neuen, Kinder aber einen alten Heller zum Bade geben 'H
Schrieben die Behörden den Badern vor, das Badgeld nicht zu hoch zu rechnen, so
verpflichteten die Zünfte ihre Mitglieder, nicht zu wenig zu nehmen, um gegenseitige
Konkurrenz zu vermeiden. In Zürich durfte 1503 kein Bader jemandem das Badgeld
schenken 243. 1433 sagt die Konstanzer Schererordnung: „Item es ist ain sacz, daz kain
bader kain nächer (wolfeiler) sol baden den umb 2 D.", und Scherer und Bader sollten
„kainen nächer verdingen dan um 7 ß D." für das Jahr, er sei jung oder alt 219.
Von größtem Einfluß auf das Badeleben waren die Infektionskrankheiten. Manche
Schriftsteller behaupten sogar, der Gebrauch der Badestuben sei erst nach Einschleppung
des Aussatzes, der Lepra, aus dem Orient zur Zeit der Kreuzzüge aufgekommen und
habe ebenfalls seinen Ursprung dort genommen. Beides ist falsch. Wir hatten Aussatz
und Badestuben schon vor dieser näheren Bekanntschaft mit dem Osten.
Das Mittelalter ging mit äußerst scharfen Maßnahmen in der Absonderung der
Leprösen von den Gesunden vor, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Es war dem
Aussätzigen der Zutritt zu allen öffentlichen Anstalten verboten, auch der Besuch der
Badestube. Zu Windsheim in Franken wurde 1410 eine Frau aus der Stadt gestoßen,
weil man siefür aussätzig hielt; „denn dieGemeind wollt das Weib nit leiden zur Kirchen,
Straßen und Bad" '44
* Während Kinder im 15. Jahrhundert kein Badgeld zahlten, wird es jetzt auch für diese gefordert.
In Zürich war 1604 der Badepreis nach Altersgrenzen bestimmt. Ein Mann oder Weib zu baden kostete
einen halben Batzen. Eine mannbare Person, die schwitzte oder badete, zahlte einen Kreuzer, Personen
von neun und zehn Jahren für Baden sechs Heller, unter neun Jahren vier Heller. Um Übervor-
teilungen auszuschließen, mußten die Preise an der großen Holztür angeschlagen werden 2*°.
Die Badestuben in oder bei den Aussatzhäusern \ 9Q
Im Siechenhause stand den Kranken ein eigenes Bad zur Verfügung. Das Bad „zu
wärmen und zu rüsten" war im Sondersiechenhause auf der Steig in Schaff hausen Sache
der Krani<en selbst, die der Reihe nach die Verpflichtung auf sich nahmen. Auch vor-
nehme Personen waren davon nicht ausgenommen, so 1574 ein Mann, dem im Leib-
gedingsvertrag sogar Stallung für ein eigenes Pferd zugebilligt wurde. Als Lohn erhielten
die Kranken „dry köpf" (Gefäß) Wein von der Verwaltung ^S7.
An anderen Orten besorgte ein Bader von Beruf die Bäder, der wegen seines intimen
Verkehrs mit den Leprösen zur Abgeschlossenheit von der übrigen Menschheit verurteilt
war. Der Siechenbader Jörg Wuster, der siebzehn Jahre im Siechenhause St. Georg bei
Winterthur gewohnt und auch hin und wieder im Land die Badstuben in den Siechen-
häusern versehen hatte, war lange verhindert, zur Ehe zu schreiten, bis er 15Q1 auf der
Schau zu Zürich von den Doktoren und Verordneten bei ihren Eiden als gesund und
rein erkannt worden war und als Beleg einen Brief der Stadt Zürich mit Sekret vorge-
wiesen hattest Auch im Baseler Siechenhaus war ein Baderangestellt, welcher mit dem
Zimmermann, der die Sondersiechenmagd geheiratet hatte, zusammen als Nichtaus-
sätziger von 1652 ab das Almosen an hohen Festtagen in der Stadt einsammelte, was bis
dahin die Siechen selbst besorgt hatten und ihnen nun verboten wurde +80.
Man scheint aber nur den persönlichen Verkehr mit den Aussätzigen gemieden zu
haben, in Würzburg mußte nach einer Urkunde von 1318 die beim Spital gelegene
Badestube zum Bekein (Becken) den Siechen des Spitals alle vierzehn Tage am
Montag zur Abhaltung ihres Badetages überlassen werden i**. In der übrigen Zeit
badete dort das Volk (siehe S. 89). Zweifelhaft bleibt aber, ob hier unter den Siechen
Aussätzige zu verstehen sind, obwohl sie das ganze Mittelalter hindurch und noch
später diesen Namen führen. In der Regel werden sie Feld- oder Sondersieche genannt
und waren nicht im Spital, sondern im Siechen- oder Sondersiechenhause unter-
gebracht. 1470 wird in einer Ordnung des Bürgerspitals der Mitgebrauch der genannten
Badestube durch die Siechen des Spitals ausdrücklich wiederholt; es wird aber für Sieche
auch der Ausdruck kräng (Pfründner) gebraucht 'H Um diese Zeit dürfte es sich also
nicht mehr um Aussätzige gehandelt haben. Auch lagen 1533 die Sondersiechen in den
zu „Sant Claus" genannten Häusern vor der Stadt. Sie waren streng abgesondert und
durften um Almosen nur in bestimmten dazu verordneten Häusern bitten 486. Zu Ypp-
hofen in Franken wurde 1402 eine Badestube beim Spital der Aussätzigen errichtet, in
der diese aller vierzehn Tage ein Bad erhielten, dazu noch jeder eine halbe Maß Wein,
bis drei Eimer im Ganzen i44. Ob die Badestube dem Publikum zugänglich war, wird
nicht gesagt.
Da die Feststellung des Aussatzes bei einer Person schwere Folgen hatte, sie gleich-
sam für bürgerlich tot erklärt, dazu unbarmherzig aus ihrer Familie gerissen wurde,
suchten die Betroffenen ihre Krankheit möglichst lange zu verheimlichen. Deswegen
waren alle Medizinalpersonen verpflichtet, des Aussatzes Verdächtige anzuzeigen. Darauf
mußten 1426 in Luzern die Scherer und Bader dem Rate schwören i89 Bei der Un-
200 Kräuter- und Mineralbäder gegen Aussatz
Sicherheit der Diagnose — sie wurde durch die Oeschau oder Schau aus dem Aderlaß-
blute gestellt — kam es zu häufigen Mißgriffen. Gewissenhafte Ärzte, wie Felix Platter
in Basel (1536—1614), der als Stadtarzt das Siechenhaus zu St. Jakob an der Birs zu be-
sorgen hatte, überwiesen deshalb Aussatzverdächtige nicht ohne weiteres dem Siechen-
hause, sondern versuchten das Übel neben inneren und äußeren Mitteln durch eine Bade-
kur zu heben. Hatte diese Erfolg, war die Person nicht aussätzig. So heilte Platter einen
Mann, dessen Mutter und Schwester aussätzig waren, der selbst Pusteln im Gesicht
hatte und schon drei Jahre abgesondert war, durch eine zweijährige Badekur. Er ließ sich
sogar herbei, bei einem mit Aussatz behafteten Manne eine derartige Kur durchzuführen,
nachdem dieser versprochen hatte, das Haus niemals zu verlassen, obwohl er am Erfolg
zweifelte. Die Kur im Hause bestand in Kräuterbädern mit oder ohne Zusatz von
Schwefel, Alaun oder Kochsalz, die im Frühling oder Herbst täglich eine Zeitlang ge-
braucht wurden. Auch natürliche Thermen, besonders die schwefelhaltigen von Baden
in der Schweiz und Brieg im Wallis wurden benutzt 4S8. Leuk hatte im 16. Jahrhundert
eine besondere Quelle, die eingefaßt und „den Feldsiechen mit einer behausung" zu-
gerichtet war und „einen guten Weg hinauff" vom Hauptbade entfernt lagsis Schon
der Meistersinger und Barbier Hans Foltz erwähnt im 15. Jahrhundert den Gebrauch
der Lenker Thermen gegen Aussatz '2. 1827 lag das Bad der Aussätzigen in Trümmern,
an seiner Stelle erstand das Armenbad ss. Sonst finden wir, daß die mit ekelerregenden
Hautkrankheiten Behafteten zusammen, die Aussätzigen also nicht besonders badeten.
So hatte Karlsbad in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in dem Badehause, das die
öffentlichen gemeinen Bäder enthielt, noch eine besondere Abteilung für „Kretzigeund
Aussätzige" 347.
Zuweilen wurden die Kranken von ihrem Siechenhause in Badeorte geschickt. Die
Rechnungsbücher der „Senti" in Luzern geben an, 1659 vier Personen, welche in das
„Walliss Baadt" (Leuk) verreisten, je einen Gulden sechs Kreuzer Zehrgeld und 1673/74
Jakob Kapelin eine „Baadestür" von zwei Gulden zehn Kreuzer zu demselben Zwecke 488.
Das neuerstandene Wunderbad zu Boll im Württembergischen nahm 1597 und acht-
undneunzig Leute aus den Gutleuthäusern (Leproserien) zu Heilbronn, Neuffen, Stutt-
gart und einen von Bernhausen „auff den Fildern" (Feldern, daher Feldsieche) zur Kur
auf, die zum Teil „wegen jhres abschewlichen anblicks in gemeinem Badgewölb, zu
Baden (-Baden) nicht gestattet, sondern in ein besonder Badhütlein darzu gemacht, ab-
gesündert hat, wie dann I. F. G. löbliche Badeordnung außweiset", und die alle geheilt
wurden. Bei zweien fügt der Berichterstatter Rentzius Gutachten hinzu, auf Grund
deren die Personen aus dem Gutleuthause zu Heilbronn entlassen wurden. Es hat sich
in allen diesen Fällen wohl nicht um Aussätzige gehandelt. Rentzius bezeichnet sie
auch nur als mit Erbgrind, beißender Flechte und Räuden behaftet 4S9, und doch waren
sie im Aussatzhause abgesondert und der Schau des Physikus unterworfen.
Von den Thermen sagt Felix Platter, „sie wirken kräftiger (als die Kräuterbäder),
sie heilen nicht nur eine Anzahl von Hautkrankheiten, sondern sie nehmen dem Aus-
Mineralbäder gegen Aussatz 201
satze die Bösartigkeit und mildern die durch den Aussatz erzeugten äußeren Schäden.
Darum gehen in diese Bäder nicht nur Kranl<e, bei denen der Aussatz konstatiert ist,
um das Übel länger geheim zu halten, sondern wir schicken auch solche Kranke dort-
hin, bei denen wir nach vorgenommenem Untersuch noch in Zweifel sind, um vorerst
den Erfolg derselben und allfällige Veränderungen abzuwarten" 488. Ejne für die Pro-
gnose ausschlaggebende Bedeutung schrieb schon Foltz den Lenker Thermen zu :
„Vnd wem man den aussatz zuo schreib
Der mag bey zeit Heilung erwerben.
Beit er zuo lang er muß drin sterben" '2*.
Neben den Thermen kamen auch andere natürliche Quellen, Mineralbäder und ver-
meintliche Mineralbäder in Betracht. Das Eintauchen in die kalten Brunnen der Alpen
wurde schon erwähnt und auch der heilige Brunnen bei dem Kirchlein zu Munzach,
den man in ein entferntes Siechenhaus leitete, wo das Wasser selbstverständlich er-
wärmt wurde. Die Grafen von Rapperswil errichteten zu Kempraten nahe bei einer
Fluhe für Aussätzige ein Pfleghaus und über den daselbst für den Aussatz heilsamen
Quellen ein Badhaus. Weil dies aber auf morastigem Boden stand, wurde es später,
vermutlich 1354, auf die Fluh verlegt und hieß darnach „an der Fluh"^90. Kempraten
ist wahrscheinlich eine römische Niederlassung und sein Name aus campus prati ent-
standen. Das Siechenhaus wurde bis 1810 als Armenhaus benutzt und bestand 1867
noch als Privathaus. Auch die Oypsquelle zu Bellerive im Kanton Bern datiert aus
Römerzeit. Sie wurde nach den Kreuzzügen zur Heilung des Aussatzes benutzt und mit
Badeanstalten versehen. 1375 zum erstenmale und trotz der Fürsorge der Bischöfe von
Basel später noch öfters zerstört, gerieten die Badegebäude nach ihrer Auffrischung im
19. Jahrhundert bald wieder in Verfall se. Der Johanniterorden trat das Haller Wildbad
an das Spital der Stadt Hall, in der es lag, im 13. Jahrhundert unter der ausdrücklichen
Bedingung ab, dieses Bad so instand zu hahen, daß täglich zwölf Aussätzige damit be-
dient werden könnten i54. Nach Zeiller lag 1655 zu Freiberg in Sachsen vor dem
Peterstor ein Brunnen, dessen Wasser für heilkräftig gegen Aussatz betrachtet wurde §3.
Das eine der Züricher Siechenhäuser, das zu St. Moritz an der Spannweid, bezog für
sein Badehaus das Wasser aus einer angeblichen Heilquelle, der des oberhalb gelegenen
Röslibades. Nach der bis ins 19. Jahrhundert geltenden Badeordnung wurde in drei
Einsätzen gebadet, d. h. ein Teil der Siechen hatte den dritten Teil der jährlichen Bade-
saison zur Verfügung, dann rückten andere an ihre Stelle.
Aus dem Vorhergehenden geht hervor, daß die Aussätzigen eine Zeitlang täglich
badeten, also nach früherer Sitte eine regelrechte Badekur vornahmen. Martin Rulandus
' Die geheilten Fälle waren selbstversändlich nicht Aussätzige, sondern andere Hautkranke, und die
übrigen, die nicht gerade im Bad starben, aber ihre Krankheit bis zum Tode behielten, litten am
echten Aussatz. Zimmermann sagt 1689 von Pfäfers, wenn dort die Lepra nicht gleich anfangs
abgewaschen würde, geschähe es überhaupt nicht ^^s Foltz schreibt auch dem „bad bey kalb zuo
Zell genant", dem Liebenzeller Bad, für mit Gelbsucht und gleichzeitig mit Schwindsucht Behaftete
eine gleiche Eigenart wie Leuk zu. Wer in vierzehn Tagen nicht gesund wurde, mußte sterben '2.
202
Übergang der Baderechte der Aussätzigen an die Siechen
empfiehlt 1568 gegen „Aussatz vnd malatzey" „Bäder von schwefel, item das Pfefferbad,
Wallisserbad (Leuk), oder dz Bad Bruntzbach, Wendigerbad" 400. Auch im Badehause
des schon erwähnten Siechenhauses zu St. Georg am Feld bei Winterthur wurde im
Abb. 89. Heilige (Sainte Segouleine, veuve, abbesse de Troclar en Albigeois) einen Aussätzigen
badend. Holzschnitt von Hans Burokmair (1473—1531).
16. Jahrhundert im Mai gebadet. Als die vier badeberechtigten Siechen nach Auf-
hebung des Siechenhauses ins Pfrundhaus der Stadt aufgenommen waren, hielten sie
auch jetzt noch ihre jährliche Badekur, nun im Juli, und zwar in der Badestube der
Die Aussätzigen gebrauchten die Schweißbadestuben nicht zum Zwecke der Heilung 203
Stadt ab. Dabei genossen sie Vergünstigungen an Lebens- und Genußmitteln, wobei
der Wein eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Des Spitals Rechnung zeigte 1842
„112 Maaß Wein für die Badweiber". Kurz darauf kaufte sich aber die Stadt mit sechs-
unddreißig Gulden von der Verpflichtung dieser Lieferungen los 57*.
Diese Belege zeigen zur Genüge, daß der Aussatz mit Wasserbädern, wenn auch
nicht von gewöhnlichem süßen Wasser, behandelt wurde, wie schon zur Karolinger-
zeit (siehe S. 9). Die heilige Elisabeth badete und wusch, wie ihr Biograph berichtet,
einen armen aussätzigen Mann und legte ihn in ihres Gemahls Bett iö, und die Abbil-
dungen zu Hans BuROKMAiRs Heiligen (1517/18) steilen nur Voll- und Fußbäder der
Aussätzigen (Abb. 89) dar 479. Die von neueren Schriftstellern behauptete Behandlung
mit Schweißbädern scheint demnach mehr auf Vorschlägen in älteren ärztlichen Werken
als auf wirklich durchgeführter Praxis zu beruhen. Dabei soll nicht gesagt sein, daß die
Aussätzigen nicht schweißbadeten. Die Benutzung der Badestube zum Becken in Würz-
burg, die aller vierzehn Tage einmal erfolgte, macht es sogar wahrscheinlich. Doch han-
delt es sich hier um ein Bad, das der gemeine Mann zur Lebens Notdurft in damaliger
Zeit für unentbehrlich hielt. Warum sollte das den Aussätzigen vorenthalten werden?
Das aber war kein kurgemäßer Gebrauch des Badens zum Zwecke der Heilung. Es sei
bemerkt, daß auch für die Siechen in Würzburg der Badetag ein Freudentag war. Wenn
sie vom Bade kamen, erhielten sie (1470) zwei Eier, eins gesotten oder gebraten und
eins roh, und zum Nachtessen eine halbe Maß Wein. „Das Almosen gibt man von
einem Hauß" 1^4. gg wird wohl eine Seelbadstiftung gewesen sein.
Im 17. Jahrhundert kann der Aussatz im mittleren Europa als erloschen betrachtet
werden 49i. Was in späterer Zeit im Siechenhause Unterkunft fand, waren Hautkranke
und Sieche im heutigen Sinne, chronisch Kranke. Die alten Siechenordnungen blieben
aber bis ins 19. Jahrhundert in Kraft, und auch die einst den Aussätzigen gemachten
Vergünstigungen und wohltätigen Stiftungen erbten auf die späteren Insassen der
Siechenhäuser fort. Dabei glaubte man an ein tatsächliches Weiterbestehen des Aus-
satzes. Die noch im 18. Jahrhundert geltende gräflich Schwarzburgische Baderordnung
im Amt Gehren schrieb vor, die bei Aussätzigen gebrauchten Instrumente, Laß- und
Schröpfeisen, nicht bei anderen Personen zu verwenden 242
Nicht unerwähnt soll ein praktisch wohl kaum angewandtes Heilmittel gegen den Aus-
satz, das Blutbad, bleiben. Bekannt ist, daß in Hartmanns von Aue Armen Heinrich
der Ritter vom Aussatz geheilt werden sollte, wenn eine reine Jungfrau ihr Herzblut für
ihn gäbe 297. [m Silvester von Konrad von Würzburo ist Kaiser Konstantin von Rom
mit der „miselsucht" behaftet. Die Meister vom Kapitol haben ihm geraten, im Blut un-
schuldiger Kinder zu baden.
„Nu daz der rät im wart gegeben dö sante er in daz lant sin,
umbe die genist und umbez leben, und hiez driu tüsent kindeiin
* Diese mit Weinbewirtung verbundenen Bäder führten den Namen „Badwein". 1482 kaufte sich
eine Bürgerin in das Spital zu Biberach als Pfründnerin ein „ohne Anspruch auf Wein und Fische
bei Badwein und Jahrzeiten" "^
204 Blutbäder gegen Aussatz
zuo Röme bringen in die stat
dar iimbe daz im würde ein bat
gemacliet üz ir bluote d6"'''2_
Allen Ernstes berichtet der Züricher Chorherr Wyck in seiner Sammlung von einem
Blutbad, das er sogar im Bild hat darstellen lassen. „Von einer grusammen mortlicher
thaatt, der Hertzogen von Florentz vß einem schryben von Ferrara den 24. Aprilis (15)87
an J. Hanns Vlrych Grebell". Danach hat Signora Biancha Capeila, die Gemahlin des
Herzogs zu Florenz, als sie etwas krank gewesen, auf den Rat jüdischer Ärzte zweihundert
Kinder aus den Dörfern nehmen, die Hälse heimlich abschneiden und ihr unschuldiges
Blut auffangen lassen, darin sie die Juden gebadet. „Ist aber glich wol Ir kranckheit nit
hingangen." Ais das der Herzog vernommen, hat er vier der Juden vierteilen lassen,
„vnnd ist Iro bißhar (der Gemahlin des Herzogs) nichts beschähen." „Dise thaatt ist
nütt vngiych deß Königs Herodis der die armen vnschuldigen Kindli zu Bethlehem er-
mürdt vnnd vmgebracht", setzt Wyck hinzu 308 Auch der Berner Chronist Anshelm
berichtet, 1483 ließ sich König Ludwig XI. von Frankreich gen Tours zu S. Martin
tragen, der vor seinem Tode „insunders von wegen der Malacy vil Kinderblut ge-
bracht" 104
Weit mehr als der Aussatz griff, wenn auch vorübergehend, das Auftreten der Pest
in das Badeleben ein. Ich habe zahlreiche Pestordnungen vom 15. bis 18. Jahrhundert
durchgesehen. Die meisten gleichen sich wie ein Ei dem andern. Sie bringen Ratschläge
für Gesunde und Kranke. Daß man in „diesen sterbenden Läufen" Gesunden empfahl,
alle Orte, wo viele Menschen zusammenkamen, wie Rathaus, Kirchen, Wirtshäuser,
öffentliche Badestuben u. s. w. zu meiden, erscheint selbstverständlich. „Auch meydet
bat gemeynschaft der lewte vnd vil reden mit den lewthen; worumme? eyne mensche
wirt von dem andirn vorgift", heißt es in der ältesten deutschen Anweisung von Albicus,
Erzbischof von Prag (1412)474. Man fürchtete aber nicht nur direkte Ansteckung, son-
dern auch Übertragung durch dritte Personen; „es mag sich leichtlich begeben, dz
yemandt für sich selbs gesund, etwas mit jm bringt daß einer anderen complexion ver-
derblichem ist" (Pantaleon 1564)602 Deshalb durften nach einer Nürnberger Rats-
verordnung von 1600493^ solchen von Zürich (1564)494^ Amberg (1555) lö alle Pest-
rekonvaleszenten die genannten Orte wenigstens einen Monat nach überstandener
Krankheit nicht betreten, in Luzern (1594) sechs Wochen lang48i, in Stettin (1567) für
längere Zeit nicht 475. Das Verbot galt auch für Personen, die in infizierten Häusern
wohnten, in Nürnberg für vierzehn Tage 493^ in Zürich für einen Monat bei zehn Pfund
und fünf Schillingen Buße 494. in Stettin wurden 1567 die Bader aufgefordert, Kranke,
Rekonvaleszenten, der Pest Verdächtige aus ihren Badestuben zu weisen 475. in Wien
sollten 1602 Personen, die aus verseuchten Orten kamen, durch Anschlag an der Bade-
stube vom Betreten derselben abgemahnt werden i6.
Die Warnung vor Schweiß- und Wasserbaden in öffentlichen Bädern hatte noch
ihren besonderen Grund. Vadian (1519)571^ Pantaleon (1564)602 Lavater (1668)603
Warnung vor dem Oebrauch der Badestuben zur Pestzeit 205
begründen sie, teilweise unter Hinweis auf Avicenna, damit, daß durcii die infolge des
Badens geöffneten Schweißlöchlein die böse Luft (Pantaleon), die giftige Luft (Herli-
cius 1623)004^ das Erb(Ansteckungs)gift (Lavater) leicht eindringe, wodurch einmal in
der Badestube eine Ansteckung durch andere erfolgen könne, nach dem Verlassen der-
selben aber auch durch die Luft. Deshalb wurde geraten, die Schweißlöcher vor dem
Betreten der Straße durch Einreibungen wieder zu verengen. „Item vor allen dingen
vffsechen domit man an den offnen vnd sorglichen lufft bald nach dem bad nit kum.
Item so die hitz etwas in vnß nachgelassen hat, roßwasser nemen vnd das mischen mit
ein wenig gapher vnd essig, domit die hend fliehten, vnd die stirn, die nasen, den mund
vnd hals bestrichen, voran wo einer vß gon wölt, ist treffenlich wersam" (Vadian). Auch
Pantaleon schlägt Waschen der Hände und des Gesichts mit Rosenwasser und Essig
vor, Herlicius Waschen und Reiben des ganzen Körpers mit Kamillenöl oder gutem
Wein.
Begnügten sich in der Regel Ärzte und Behörden damit, das Volk vor dem Besuch
der öffentlichen Badestube zu warnen, gingen andere weiter. Nürnberg beschränkte
1562 den Gebrauch der Badestuben auf dreimal in der Woche, bei späteren Seuchen auf
zweimal 29i. In Stettin durfte jeder Bader 1591 nur einmal in der Woche heizen ^75. Einige
Ärzte schlugen vollständiges Schließen der Badestuben vor, Crato von Crafftheim
1548, Hiltprand 1607 für Österreich, i6 Schleher 1611 für Konstanz 605^ Lavater 1668
für Zürich, Herlicius 1623 für Pommern. In den Jahren 1521, 1554, 1562 und 1691
wurden sämtliche Badestuben Wiens, bald allein, bald mit anderen öffentlichen Anstalten
zusammen, gesperrt, 1562 auch die, welche zwei Meilen um die Stadt herum lagen 10.
1597 war die rote Badestube in Frankfurt a. M. eine Zeitlang geschlossen 127^ wohl
wegen eines im Hause vorgekommenen Pestfalles. Dagegen waren 1542 in Zürich trotz
der behördlichen Warnung vor Besuch infizierter Häuser die Badestuben weiter in Be-
trieb, obwohl man wußte, daß der Tod auch dort gewesen war20Q.
Nicht nur das Baden in den öffentlichen Badestuben, sondern das Baden überhaupt
wurde zur Pestzeit fast durchgehends für schädlich angesehen, „item ouch sol man
vast (sehr) sich hüten vor vberyger fülle, vor allen bedern, besunder vor badstuben",
sagt Magister Henricus MiJNSiNOEN Mitte des 15. Jahrhunderts 476 In einem Traktat
von 1482 heißt es: „Baden wie das ist sol man nit zu den zyten thun als die sucht
regnieret" 477. Auch hier berief man sich wieder auf Avicenna, der lehrte, daß das Baden
zur Pest geneigt mache eben wegen der erweiterten Hautporen, obwohl dieselben
Schriftsteller angeben, das Gift würde durch die geöffneten Schweißlöchlein im Bad aus-
getrieben. „Wer des Badens entraten kann, thue es", „wo man je aus Notdurft baden
will", „wer gewohnt zu baden", „wo aber die Gewohnheit des Badens so groß wäre",
so beginnen die Vorschläge für Ersatz des öffentlichen Bades. Nur einer verachtete
AviCENNAs Lehre, Paracelsus: „Wiewol aber im Brauch ist, vil baden, schrepffen,
soliches alles soll im alten Brauch bleiben, wo es mag geschehen, on Vermischung ander
Voicks" 655.
206 Baden zur Verhütung der Pest
An Stelle der öffentlichen Badestube wird das Bad in „einer sondern Badstuben in
seiner Behausung" empfohlen. Nicht zu heiß soll es genommen werden. Wer
Theriak vor dem Bade will, um zu schwitzen, soll ihn sechs Stunden vorher nehmen
(Neef 1577)606 Ellenboro (1484)16 und der erwähnte anonyme Reisersche Druck
aus dem 15. Jahrhundert 23S schlagen ein wenig Schwitzen in einem Wasserbad vor.
Willich warnt dagegen vor dem „laulichen" Warmwasserbad in der Wanne „wie sonst
geleert wird". Es soll nur um des Schweißes willen gebadet werden, der mit hölzernen
und knöchernen Messern abzureiben ist. Danach soll man sich mit warmem Wasser
abspülen und mit Seife allen Unflat und Schweiß abtreiben 607 Herlicius empfiehlt ein
Schweißbad im Hause nach Einnahme von einem Quentlein Theriak oder Mithridat mit
nachfolgendem Schwitzen im Bett, Vadian ebenfalls ein Schwitzbad im Haus herzu-
richten „als in einem verdeckten zuber, mit heißen steinen u. s. w. Vnd in dem bad
wasser Camilien, ruten, Isopen, Basiliken, poleyen, wolgemüt, sametlich oder sunderlich
sieden, vnd domit vffgiessen vnd waschen" 57i. Ein Vorschlag Tanstetters (1521) i6 galt
wohl den Armen, die weder eigene Badestuben noch Badezuber besaßen. Sie sollten
alle Woche die Füße einmal waschen.
Willich verwirft auch den nach seiner Angabe üblichen Gebrauch der Wildbäder,
in Pfäfers wurde aber in den Jahren 1611 und 1629 ausnahmsweise auch im Winter
gebadet und zwar wegen der Pest. Es wurde niemand von der Seuche ergriffen, wäh-
rend in der Umgebung Dörfer zur Hälfte oder ganz ausstarben und die Luft so vergiftet
war, daß Vögel, Hunde und Katzen tot zur Erde fielen. Einige Ärzte wollten die Sicher-
heit der Kurgäste aus der abgeschiedenen Lage herleiten, wogegen Rüsch 1832 anführt,
daß auch bei anderen Thermen in der Nähe niemals Ansteckung erfolgt sein soll ss [n
Baden-Baden suchte man 1551 durch den Dunst der geöffneten Quellen die Pest ab-
zuhalten 70.
Einer für ihre Zeit genialen prophylaktischen Maßnahme gegen die Pest sei hier
noch gedacht. Der Züricher Arzt Johann Heinrich Lavater, ein Schüler des Chirurgen
Fabricius Hildanus, verfaßte 1668 auf Befehl des Rates eine neue Pestordnung. Sie
unterscheidet sich von anderen wesentlich durch neue Gedanken, die ich anderweitig
nicht fand und deshalb Lavater selbst zuschreiben möchte. Er schlug vor, Landes-
kinder, die durch ihren Beruf zum Reisen genötigt seien, bei der Rückkehr aus ver-
seuchten Orten nicht abzuweisen, sondern sie an den „vordersten Pässen" folgender
Behandlung zu unterziehen. Man soll die Person „bey oder nach leibsöffnung einen
oder zwen Theriacalische schweißtrünke eingeben, hernach in ein wasserbad mit
Wasserknoblauch, Scordium genannt, oder in mangel dessen, mit gemeinem Knoblauch,
Schwalmen- und Eberwurzen alterirt, oder gebrochen, 2 oder 3 stunde lang setzen, und
ihnen in dem bad mit einer gelinden laugen von rebäschen, darinn Rautenblätter,
Angeliken- oder Aletwurzen gesotten worden, durch eine bestelle, gesunde, und starke
person zwagen und abwaschen lassen, hernach mit sauberen kleideren, von gesundem
hause auß, sich anzuziehen, oder sich in jez gebräuchliche, für arme und reiche bequeme
Badebehandlung der Pestkranken 207
leinwad zukleiden, und ihre alte angestekte kleidung, von der solen an bis auf die
sciieitei, zuverbrennen, befehlen" ö03.
Sehr ängstlich sahen die Badeorte darauf, daß niemand aus pestverdächtigen
Gegenden zur Kur kam, wohl gerade deswegen, weil man dort Schutz vor der Seuche
suchte. Nach der Ordnung des Wunderbades Boll (Württemberg) aus dem Ende des
16. Jahrhunderts war es bei zwölf Gulden Strafe verboten, von verdächtigen Orten aus,
„da der Erbsucht und sterbender Laufft habben, der Luft nicht rein ist", Aufenthalt in
Boll zu nehmen 331. 1634 erging an den Wirt im Tobelbad der Befehl, einige „Pollak-
hische Studenten", welche der Infektion wegen von Graz ohne Bewilligung in das Bad
gezogen, abzuschaffen. Ohne Vorweisung eines Gesundheitspasses sollte er niemanden
aufnehmen. Im gleichen Jahre wurde der Pfarrer von St. Veit, welcher einer verdächtigen
Person Beichte gehört hatte, abgesperrt. Das gleiche widerfuhr dem Wirt und
seinem Gesinde. 1679 wurde der Wirt beschuldigt, daß er aus infizierten Orten kom-
mende Personen dulde, darunter eine getaufte Jüdin aus Wien. Der herrschenden Kon-
tagion wegen wurde 1682 das Bad ganz geschlossen und selbst die Kapelle gesperrt 84.
Die von der Pest Ergriffenen wurden mit Schwitzen behandelt. Meist begnügte man
sich, die Kranken gut zugedeckt im Bett zu halten und einen Schweißtrunk, fast durch-
gehends Theriak, einzugeben. Beim Ausbleiben des Schweißes suchte man ihn mit
warmen Ziegelsteinen hervorzurufen. Nach Pantaleon wurden sie im Feuer erhitzt.
Wurden die Steine heiß verwendet, umwickelte man sie mit nassen Tüchern. In der
Regel sollten sie die Füße erwärmen ; manche legten sie auch zwischen die Schenkel
oder um den ganzen Patienten herum. Als Ersatz der heißen Steine dienten frisch aus
dem Ofen gezogenes, durchgebrochenes Brot, mit warmem Wasser gefüllte Flaschen,
auch von Blech, Guttern (enghalsige Flaschen) und Rindsblasen. Nach Untzer (1607)
sollten die am Fußende angewandten warmen Gegenstände nicht allein Schweiß treiben,
sondern auch das Gift vom Herzen ziehen. Beim Ausbleiben des Schweißes galt der
Patient für verloren ßos
Am empfindlichsten wurde das Badeleben durch das epidemische Auftreten der
Syphilis betroffen. Die Chroniken geben an, die Landsknechte Kaiser Maximilians
hätten die Seuche vom Zug gen Mailand mitgebracht. Im Jahre 1495, sagt eine Nürn-
berger Chronik, „ist bös krankheit, malo franco, welches man die Franzosen nennt,
erstlich ins Teutschland kommen" i95. Auch von Frankreich (daher der Name Franzosen-
krankheit) und von den Niederlanden wurde sie durch die aus Italien heimgekehrten
Söldner Karls VIII. von Frankreich, unter denen 1494 die Krankheit als Epidemie ausge-
brochen war, eingeschleppt. Nach den schweizerischen Schriftstellern der Zeit brachten
die Schweizer 1 495 die Krankheit aus dem neapolitanischen Feldzuge mit in die Heimat 480.
Schon 1496 wird als Hauptpräservationsmittel angegeben, „ein gemeyns bad, darein
mangerley menschen koome", zu fliehen (Grünpeck) 478. |m gleichen Jahre erging in
Nürnberg das Gesetz, „allen padern bei einer poen zehen gülden zu gepieten das sie
darob vnd vor sein, damit die menschen, die an der Newen krankhait malum Frantzosen,
208 Verbot des Bäderbesuches von Syphilitischen zur Vermeidung der Ansteckung
beflekt und krank sein, in Im paden (Bädern) nicht gepadet" i^^. [)je eidgenössische
Tagsatzung verbot für alle Orte (Kantone) denen, „so die böße Blatteren habent", den
Besuch von Kirchen, Straßen, Wirtshäusern, Bädern und Scherstuben (Abschied zu
Luzern 1496). Im gleichen Jahre wurde auf der Jahresrechnung zu Baden im Aargau
bekannt gemacht: „Der lüthen halb, so die bößen Blatteren hannd, ist angesehen, das
man alle hett geheißen vß Baden schweeren, vnd sol jederman deheim mit denselbigen ver-
schaffen, daß sy nit gen Baden faren (d. h. zur Badekur kommen), wann die Eidtgnossen
wends da nit liden noch dulden" (Abschied 1496). Ungefähr gleichzeitig verbot der
Rat von Zürich Syphilitischen den Besuch der Badestuben ^so. in Frankfurt a. M. wurde
im selben Jahre dem Inhaber der am meisten besuchten Badestube, der roten, befohlen,
einen angesteckten Knecht sofort zu entlassen, widrigenfalls die Stube geschlossen
würde. Im nächsten Jahre erkrankten der Meister selbst und seine Frau. Dies und der
Umstand, daß „viel lüde darinn befleckt sin worden", hatte den Befehl zur Schließung
der Badestube zur Folge. Erst ein halbes Jahr später wurde die Wiedereröffnung der-
selben gestattet, jedoch unter der Bedingung, daß nicht nur die Öfen, Bänke und Stuben
unter obrigkeitlicher Aufsicht gereinigt und gewaschen, sondern auch niemals Erkrankte
zugelassen würden. Das Publikum fürchtete sich jedoch so sehr vor der Ansteckung,
daß der Bader aus Mangel an Zuspruch schon drei Monate später mit seinen Gläubigern
akkordieren mußte. In Frankfurt warnte 1499 der Rat die Bürger sogar, die „klein bad-
stuben in den husen", also die Privatbäder, gemeinschaftlich mit Syphilitischen zu be-
nutzen 127
Die ungemein schnelle Ausbreitung und die schwere Form, in der die Seuche auf-
trat, ließ die Menschen erzittern. Am 18. August 1506 schrieb Albrecht Dürer aus
Venedigan Wilibald Pirckheimer nach Nürnberg: „Saget mirvnserm prior (Eucharius
Karl, bey den Augustinern daselbst) mein willig dienst. Sprecht, dz er Gott vür mich
pit, daz ich behüt werd vnd sunderlich vor den Frantzosen, wan ich weis nix, daz ich
vbeller furcht, wan schir iederman hat sy. Vil leut freßen sy gar hinweg, daz sy also
sterben" '95, 478 ^^Vor 25 Jahren", sagt Erasmus von Rotterdam, „war bei den Brabantern
nichts beliebter als die öffentlichen Bäder (thermae), die jetzt überall kalt stehen ; denn die
neue Hautkrankheit (Scabies) lehrte uns, von ihrem Gebrauche abzustehen" 483.
Im 16. und 17. Jahrhundert sind die Verbote des Badestuben- und zuweilen auch
Heilbäderbesuches für Syphilitische nicht selten, in Luzern mußten diese sogar nach
Verordnungen aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts noch drei ganze Monate, nach-
dem sie aus der Kur gekommen, die Badestuben meiden 480, 482^ und doch sind trotz
dieser Vorsichtsmaßregeln mehrere kleinere durch Badestuben veranlaßte Epidemien
bekannt. Die Übertragung geschah wohl in den meisten Fällen durch chirurgische
Instrumente, namentlich beim Schröpfen. Schon nach der Nürnberger Ratsverordnung
von 1496 war es den Badern verboten. Eisen und Messer, die sie beim Scheren und Ader-
lassen Syphilitischer in deren Wohnung benutzt hatten, wieder in der Badestube zu ver-
übenden 195. Nach Roth erzählt eine alte (wohl Nürnberger) Chronik, ehrbare Leute
Ansteckung mit Syphilis durch Schröpfen in den Badestuben 20Q
gingen nicht gerne in die Badestuben, weil etliche lose Landsknechte die Leute dort ver-
derbet, daß sie elend geworden, die Laßköpfe ausgeschworen, und sie zum Teil ge-
storben 195. JoRDANUS berichtet, daß der größte Teil jener, die am 13. Dezember 1577
das am Fuße des Spielberges in Brunn gelegene Schwitzbad besuchten und dort sich
Schröpf köpfe setzen ließen, syphilitisch infiziert wurden i6. 1615 geschah es in der Bade-
stube zu Sommerach a. M. durch nicht gereinigte Schröpfköpfe iH 1614 wurde die
ganze Gemeinde Merchendorf infiziert 393. i601 schreibt Maier von Wurzberg bei
Wimpfen (Marius), zwei Jahre vorher seien in der Gegend der Aysche (Zufluß der Regnitz),
wie auch in anderen Städten und Dörfern herum, von dem Schröpfen in gemeinen Bädern
oft zwanzig, zuweilen vierzig auf einmal und nicht die geringsten „verunrainet" worden.
Deswegen habe jedermann Furcht vor dem Baden bekommen. Die Leute schämten sich
dieser „Vnreine", ließen sich heimlich von Kurpfuschern behandeln, und so breitete sich
das Übel immer weiter aus. Als die Untersuchung keine Ursache feststellen ließ, da
gab man aus, die Krankheit sei „von einer sondern himmels constellation, auß der lufft"
gekommen, „daß Gottes zorn dies verhengete, andere doch disputirten von Schrepffeissen
oder flitten, letzlich man gar herauß saget, von frantzosen pocken," und Marius be-
gründete diese letztere Ansicht damit, daß nur Leute betroffen worden, die im Bad ge-
wesen waren. Die erste Veränderung sei an den geschröpften Stellen und entsprechend
dem Laßkopf rund gewesen und erst später der Ausschlag gekommen. Marius macht
in unklarer Weise auch noch andere Umstände, z. B. die Zubereitung der „flitten",
verantwortlich, „vber das einer bekant, die flitten in zwibel (Pancratio forsan) stecken
gehabt" 485. Die Erklärung dieser Stelle gibt uns ein Eintrag vom 13. November 15Q9
in das Tagebuch von Meister Frantz, des Nachrichters von Nürnberg: „Andreas Seitzen,
Badersgesell, welcher im Weißenthurmbad gearbeitet, mit seinem Gesellen Michel un-
eins worden, ihme gedroht, ein Possen zu machen, daß er an ihn gedenken soll, und ihm
darauf sein Schrepfeisen in eine Zwiebel gesteckt, auch nüchtern Erbes gekaut und das
Eisen angeathmet, dieweil nun über die 70 Personen im Bad verderbt und die Fran-
zosen bekommen, auch die Köpf (wohl die Stellen, wo die Schröpfköpfe gesessen hatten)
ausgefallen, wiewohl er die Franzosen; selbst bekommen, acht Wochen im Haus gelegen,
hat man ihm die Schuld geben ; weil aber hernachmals er eben sowohl die Leut verderbt
in andern Baden, hat man ihn aus Gnaden mit Ruthen ausgestrichen" 484.
Wie schwer die Syphilis den Wohlstand der Bader beeinflußte, zeigen die Würzburger
Verhältnisse im 16. Jahrhundert. 1512 brachte der Pfortenschreiber im Domkapitel vor,
der Bader zu Sulzdorf habe nun die Badestube Jahr und Tag inne, aber noch nichts be-
zahlt. 1544 wurde dem Rate gemeldet, die Badestube am Sand drohe dem Einsturz; der
Bader konnte wegen Armut keinen Neubau errichten, so daß sie die Stadt übernehmen
mußte. 1551 kaufte die Stadt auch die Badestube zu Bleich. 1552 bat der Bader zum
Gulden um Ausbesserung von Bänken und Boden, sonst könne er um den Zins nicht
länger bleiben, 1557 bat derselbe um Verringerung des Zinses. 1570 drohte die Bade-
stube zu Randersacker, einem Marktflecken bei Würzburg, dem Verfall. 1580 brachte
Martin, Badewesen 14
210 ZöÄ/ der Badestuben in verschiedenen Jahrhunderten
der älteste Bürgermeister vor, des Spitals Badestube trage im Jahr nur 1 5 f 1., davon gingen
5 fl. ab, wofür der Bader die Armen baden müsse, dagegen sei die Baulast eine große.
Es wurde beschlossen, die Badestube zu verkaufen unter der Bedingung, daß sie auf
ewig erhalten bleibe und die Insassen des Spitals weiter baden könnten. 1588 wurde ein
Armenhaus für die Bader gebaut. 1595 erhielt ein Bürger und Bader den Bescheid, er
solle sich auf dem Lande nach einer Badestube umsehen, indem die Mittelstube zu er-
bauen für ihn zu kostspielig sei i44.
Sehr deutlich spricht auch die Anzahl der Badestuben in einzelnen Orten zu ver-
schiedenen Jahrhunderten. Die älteste urkundlich zuerst erwähnte öffentliche Badestube
war zu Fulda. Abt Marquard, der von 1150 — 68 regierte, errichtete eine Fleischbank auf
dem Markte und daneben eine Badestube, macellum in foro ac juxta illud balnearia stupa.
Wenn die Badestube damals etwas ganz Außerordentliches gewesen wäre, bemerkt Falk,
so würde die Klostergeschichte nicht versäumt haben, dessen Erwähnung zu tun. Die
Badestuben gehen demnach weiter zurück i96 Wolfger von Ellenbrechtskirchen badete
auf der Reise in öffentlichen Badestuben zu Passau und Ebbelzperg bei Linz zu Anfang
des 13. Jahrhunderts 270. in Hildesheim wird 12Q5 die Badestube „bei den kleinen Stei-
nen" als die frühere erwähnt 52. Zwickau hatte 1284 mehrere Badestuben 540. Die Reichs-
stadt Wimpfen am Neckar kann drei Badestuben im 14. Jahrhundert aufweisen i96.
Noch heute besteht das 1354 zuerst erwähnte Badehaus bei den Predigern als „alte Bade-
stube", aus der ein starker Strahl klaren Quellwassers hervorsprudelt 623. Zu Wimpfen im
Tal gab es im Mittelalter ein Bad, das im 17. Jahrhundert verboten würdelos. Speyer
hatte im 14. Jahrhundert neun Badestuben, eine davon wird noch im 17. erwähnt 273^
Basel elf und Kleinbasel fünf 26o. in Riga waren im 13. und 14. Jahrhundert die drei Bäder
städtisch 193. Mainz hatte im 14.Jahrhundert vier Badestuben 127^ Regensburg im 15. eben-
falls vier 62, Ulm im Mittelalter zehn 50, Würzburg zwölf, 1470 noch neun. Ochsenfurt
hatte in der Nähe des Spitals eine alte Badestube, die 1431 von diesem gekauft wurde.
1691 wurde sie wieder verkauft, obgleich neben ihr eine neue angelegt war. Bald ging
aber diese ein, 1717 auch die alte, in welchem Jahre der Kessel in das städtische Wasch-
haus versetzt wurde 144. Meßkirch hatte gegen Ende des 14. Jahrhunderts vier Bade-
stuben 149. 1350 werden Bäder in den Dörfern Schornheim (Schornsheim bei Mainz)
und Kunigernheim (Königernheim bei Alzei oder bei Oppenheim) erwähnt 219. Nach
Urkunden von 1426 — 1515 hatten fünf Dörfer bei Ulm jedes seine eigene Badestube, im 15.
baten die Leipheimer, eine zweite errichten zu dürfen so. Das Dorf Burgau bei Bülach
(Schweiz) besaß Mitte des 16. Jahrhunderts bei ungefähr fünfunddreißig Hofstätten
eine öffentliche Badestube 600. Die Zahl der Wiener Badestuben betrug im Mittel-
alter einundzwanzig, 1534 elf, Anfang des 18. Jahrhunderts sieben 16. In Eger gab es
im 16. Jahrhundert vier gemeine Badestuben 3is. Nach Guarinonius war 1610 in Öster-
reich keine Stadt, kein Markt, kein Dorf so gering, daß er nicht seine Badestube hatte iH
Aus einer Jenaer Verordnung von 1701 geht hervor, daß dort zur Zeit mehr als eine
Badestube in Betrieb war 242. Halle hatte 1755 fünf privilegierte Badestuben i90. 1699
Zahl der Badestuben in verschiedenen Jahrhunderten 211
wurde nach einer im städtischen Museum zu Jena befindlichen Urkunde eine Badestube
zu Weimar von den Herzogen Wilhelm Ernst und Johann Ernst zum Erblehen gegeben.
In Frankfurt a. M. kommen von 12Q0 — 1500 fünfzehn öffentliche Badestuben urkund-
lich vor (die erste 1290), das offizielle Bürgerverzeichnis vom Jahre 1387 gibt sogar neun-
undzwanzig Bader an, wovon aber doch wohl ein Teil Gesellen gewesen sein werden.
1555 waren noch zwei Badestuben in Betrieb und diese nur an zwei Wochentagen 127^
sie bestanden noch 1706133. i809 stellte auch die letzte aus alter Zeit ihre Tätigkeit ein,
die rote Badestube, welche 1356 zuerst erwähnt wird, 1498 wegen der Syphilis und 1597
wegen der Pest eine Zeitlang geschlossen war 127. Nürnberg hatte nach Hans Sachs
dreizehn gemeine Badestuben 49s^ 1671 wurden zwölf und ein Gesundbrunnen, das Wild-
bad, gezählt. Dies bestand 1792 noch mit zehn gemeinen oder öffentlichen Badestuben,
darunter die älteste, das Rosenbad, welches ehemals Burgbad hieß, und von dem die Bader
in ihren Streitigkeiten mit den Barbierern nachwiesen, daß es, wie Roth 1792 schreibt,
schon siebenhundert Jahre vorher bestand '^s. Zürich hatte seit dem 14. Jahrhundert fünf
Badestuben (die erste wird 1303 erwähnt) 173^ die 1605 noch in Betrieb waren 209^ im
18. Jahrhundert nur zwei. Dagegen fanden sich auf der Landschaft Zürich im 18. Jahr-
hundert fast in allen Dörfern Badestuben. Mit Inbegriff von zwölf Wirten gab es fünf-
undzwanzig „alleinige" Bader in ebenso vielen Ortschaften, wozu noch die Bader kamen,
weiche zugleich Scherer waren. Die „alleinigen" Bader übten die Baderei tatsächlich
aus und waren nicht etwa Chirurgen; denn es war ihnen nicht erlaubt, zur Ader zu
lassen, im Dorf Steinenbach wurde sogar 1775 eine alte eingegangene Badestube wieder
eröffnet, im selben Jahr bestand eine zu Bassersdorf, 1774 eine zu Waidenstein bei
Winterthur, 1776 eine in Volkerschwil243. 1775 und 1776 prozessierte der Inhaber der
Badestube zu Horgen, die aus dem 15. Jahrhundert stammte, mit dem Besitzer des Bad-
rechts im Mineralbade auf Bocken, einem Feldscherer, wegen des Schröpfens daselbst
und erreichte, daß ihm eine jährliche Geldentschädigung zugesprochen wurde, falls auf
Bocken ein eigener Badermeister angestellt wurde 243, 502. ] 730 jag der Bader von Hinweil
mit der Gemeinde wegen Holzlieferung im Streit. Sie wurde ihm auf Grund einer Ord-
nung von 1563 zugesprochen, wofür er die Dorfgenossen um einen halben Schilling
billiger als andere baden mußte 573. Bern hatte 1820 sechs Badewirtschaften 253. in
Dießenhofen gab es 1826 ein mit Bachwasser versorgtes Bad^s.
im grellen Gegensatz zu den geschilderten Würzburger Verhältnissen stehen die
Darstellungen der Künstler im 16. Jahrhundert, so daß man den Eindruck gewinnt, es
habe ihnen nur daran gelegen, ein belebtes Bild nackter Personen zu schaffen. Ephrussi
behauptet geradezu, Dürer habe die Badestuben zu Aktstudien benutzt 609. Behams
Frauenbad (Abb.40) ist übrigens nur eine abgeänderte Nachzeichnung des gleichnamigen
Bildes Dürers, das vielleicht noch aus der vorsyphilitischen Zeit stammt. Auch Hans
Baldung Griens Frauenbad im Cabinet des Estampes zu Paris ist nach Ephrussi nur ein
Gegenstück zu einer Federzeichnung Dürers in der Kunsthalle zu Bremen (Ephrussi
schreibt es deswegen Dürer zu). Jedenfalls geht daraus hervor, daß wir Bilder des
212
Die Badestuben im 18. Jahrhundert
16. Jahrhunderts mit Vorsicht zur Beurteilung des damaligen Badewesens verwenden
müssen, weil sie zuweilen nur ein Abklatsch von Bildern älterer Zeit sind. Auffallend
ist das verhältnismäßig häufige Vorkommen des Badewedels auf Bildern, während er
von den medizinischen Schriftstellern nur einmal erwähnt wird, nämlich von Ryff, und
nur als Instrument, den Dampf an den Körper zu treiben, nicht als Schlaggerät. Natür-
licher erscheinen mir die Abbildungen der Kalender und der Anweisungen zur Erhaltung
der Gesundheit (Abb. 75. 90). Trotz des Verschwindens des Badewedels — zum letzten-
mal finde ich ihn 1677 dargestellt 76^ falls der Holzschnitt nicht aus einem älteren Werke
entnommen ist — war auch in den folgenden Jahrhunderten das Schwitzbad in den
meisten Badestuben noch vorhanden.
Im dritten Bande von Zedlers Universallexikon 46s findet sich 1733 folgende Be-
schreibung einer öffentlichen Badestube: „Es siebet aber eine Badstube also aus: Es ist
nemlich ein niedriges Gemach, an dessen einem Ende ein Ofen, neben diesen Ofen aber
ein Kessel mit heißen, und ein Kübel mit kalten Wasser ist, daraus man schöpffen, und
wie man es brauchen will, die Wärme mäßigen
kann. An denen Wänden sind Bäncke vor und
über einander, darauf man sich höher oder nie-
driger setzen kann, nachdem man starck oder ge-
linde zu schwitzen verianget, und diese werden
die Schwitz-Bäncke genennet. Diejenigen, welche
naß baden wollen, setzen sich in eine Bade- Wanne,
die mit Wasser angefüllt ist. Zu diesen Stuben
nun ist insgemein iemand bestellet, welches
denen Bade-Gästen aufwartet, auch ist insgemein
ein Bader bey der Hand, wenn jemand schröpfen
will." Den badenden Personen ging mit Ab-
waschen die „Bade-Magd" an die Hand, die auch sonst im Bad bediente. 1734 erwähnt
DiETMAN (Baden bei Wien) die Dampfbäder von angezündetem Spiritus oder Brannt-
wein und die Schwitzbänke der Bader 49Q.
1788 kam in Zürich die „Baad-Stub" auf Dorf zur Versteigerung. Darin fand sich
ä plein pied ein Holzschopf und die Badestube selbst, in dieser „ein mit Steinen wohl
garnierter ofen, 2 küpferne Kessel in circa 6 Tausen Wasser haltend, 2 Tollenöfen darzu,
ein hölzerner Baadkasten nebst Bänken mit Baad Gerechtigkeit darbei, in gleichem Zimmer
ist ein guter Galgbrunnen mit steinernem Wassertrog". Von der Badestube waren all-
jährlich an ewigem Zins zwei Pfund ins Säckelamt zu entrichten. 1665 wird in derselben
Badestube, die damals zu St. Anna hieß, als Eigentum angegeben: „Drey Möschen (von
Messing) Hänen, zwey steinin trog, zwey Badkästen item die Gerechtigkeit zu einem
Brunnen und zu einer garvy (Gerberei)" 243.
Aus dem Vorhergehenden ist zu ersehen, daß mit dem epidemischen Auftreten der
Syphilis das deutsche Badeleben schwer beeinflußt, das Badebedürfnis aber nicht ver-
Abb. 90. Badestube in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt aus:
Dryander, Arzneispiegel. Frankfurt a. M.,
1547.
Im Mittelalter gingen auch Vornehme / später nur das Volk in die Badestube 2 1 3
nichtet wurde, dasselbe gilt vom Dreißigjährigen Kriege. So bauten 1660 die Bürger
von Ailensbach ihre 1640 im Kriege zerstörte Badestube im Frondienste umsonst wieder
auf und hatten dazu dreihundert Gulden Unkosten 129. in Göttingen wurde noch kurz
nach dem Kriege täglich geheizt, doch bat ein Pächter den Rat dringend, ihn von dieser
Verpflichtung zu entbinden, da die Gäste so selten wären 3. 1655 sagt Zeiller, eine be-
rühmte Badestube sei zu Leipzig am Ransteter Tor, schön und von Steinen erbaut, auch
ganz gewölbt*, darin viel große kupferne Wannen und Zuber, bei deren jedem ein hoher
messingner Hahn, aus welchem das frische Wasser auf des Badegasts Begehren nach
aller Lust springen thue. Dergleichen sei auch in anderen Badestuben, so vor der
Thomaser Pforte anzutreffen. Diese wäre jedoch nicht so „artlich vnd fest" als die
oben genannte 83.
Trotz dieser guten, anscheinend nur für Wasserbäder bestimmten Einrichtung glaube
ich, daß vornehme Leute nicht mehr, wie im Mittelalter, ständig die öffentliche Bade-
stube gebrauchten. Karl IV. behielt sich in Königsfeld 1360 ausdrücklich vor „stubam
balnearem" zum eigenen Gebrauch, dem seiner Nachkommen und Erben, der Könige
von Böhmen 552 in Bayern mußte 12Q4 der Viztum das Badgeld für den Herzog zahlen,
wenn dieser in den Amtsbezirk kam 534. Den Herzog Ludwig 11. zu Brieg und Liegnitz
ereilte 1436 der Tod in der Badestube in der Liebfrauengasse zu Liegnitz 16. Aber schon
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sagt der Erzbischof Albicus von Prag in seinen
Verhaltungsmaßregeln zur Pestzeit nach einer Warnung vor dem Bade überhaupt: „Du
armer ... Du salt meyden gemeyne bat" 474^ und der Stadtarzt König von Bern warnt
zur Pestzeit 1628 und 29 nicht den Junker vor dem Besuch der gemeinen Schweiß- und
Badestuben, sondern rät ihm, sein Hausgesinde von diesen fern zu halten 610. Nach dem
zu Leipzig 1715 erschienenen Frauenzimmerlexikon badete die vornehme Frau zu
Hause, nur Weibsbilder vom schlechten Stande besuchten die öffentliche Badestube,
wo die Bademagd die Bedienung besorgte 422. Während 1610 nach Ouarinonius
in Steiermark die Handwerker am Sonnabend abend ein Reinigungsbad nahmen i34^
auch 1733 in Mitteldeutschland die Badesdhichten noch zum Baden benutzt wurden 468^
sagt Orellmann 1794, die Badeschichten seien ein Überbleibsel aus früher Zeit, die bei
einigen Handwerken noch in Gebrauch wären 543. Gebadet wurde also von diesen
nun auch nicht mehr.
Das Zurückgehen des Badebedürfnisses beim gemeinen Mann
müssen wir in die Mitte des 18. Jahrhunderts legen. 1733 waren
nach Zedlers Lexikon in Polen, Rußland, Littauen, Livland und den Nordländern
die Badestuben „sehr gemein, in Teutschland aber sind sie so sehr bräuchlich
* Diese Badestube war ein Werk des Bürgermeisters Lotten Ein Verzeichnis von dessen Bauten aus dem
Jahre 1573 sagt: „bei dem Rannischen Thore eine gemeine steinerne Badstuben innerhalb der Stadt und
habe dieselbige lassen wölben, daß solch Qewölb kein Trauffen oder Feuchtigkeit von sich gegeben" ^'>''.
Es ist auffallend, daß im 16. und IT.Jahrhundert hervorgehoben wird, die Badestube sei gewölbt gewesen.
RvFF warnte vor dem Besuch der steinernen Badestuben wegen der Feuchtigkeit, sie sollten zumindestens
mit Holz getäfelt sein^'^, die Leipziger muß also ein besonders vorteilhafter Bau gewesen sein.
214
Rückgang der Badestuben seit der Mitte des 18. Jahrhunderts
nicht", noch weniger in den übrigen Teilen Europas 46s. |n Winterthur hatte die
schon erwähnte Lörlibadestube durch Zuführung eines angeblichen Mineralwassers
einen Aufschwung genommen. 1670 fand sich jedoch kein einheimischer Bewerber,
sondern nur Fremde. 1733 aber beschloß der Rat, die obere (Lörli-)Badestube solle
wie von alters her eine ehehafte und ein Erblehen bleiben, und als der Bader um Er-
leichterung nachsuchte, gab ihm der Rat den Trost, „wenn nach Beschaffenheit der
Zeit sich keine oder nur sehr wenige Badgäste einfinden sollten, daß er nicht erleiden
möchte zu wärmen, daß dann wohl niemand ihn dazu nötigen werde". 1766 wurde die
Badestube neu gebaut. Der Bader erhielt 5000 fl. zu 2V2 o/o geliehen und alles Holz zum
Baue frei. Als 1801 die Badestube der Stadt zum Ankauf empfohlen wurde, fehlte es
am nötigen Oelde, und 1804 wurde
der Vorschlag gemacht, das Bad-
haus zur Errichtung eines Waisen-
hauses anzukaufen. Durchgeführt
wurde er aber nicht. Dem Bader
ließ man das Geld mit leichtem Zins
unter dem Vorbehalt, daß das Ge-
bäude stets eine Badestube bleibe
(sie bestand schon vor 1349) und
in unklagbarem Zustande erhalten
werden müsse. 1841 forderte der
Rat jedoch eine Verzinsung seines
Geldes zu 4 "/o 57^ und nicht lange
nach 1843 scheint die Badestube
eingegangen zu sein.
Im 17. Jahrhundert hielt man die
Badestube noch für unentbehrlich.
So singt Greill 1610 von München
Abb. 91. Deutsche Badestube zu Anfang des 18. Jahr- "^^^ Aufzählung von zweiundvier-
hunderts. Kupfer aus: Abraham a Santa Clara, Etwas zig Weinhäusern, vierzehn Meth-
für Alle. Würzburg, 1711. schenken, zweiundsiebzig Bierbrau-
ereien und zweiundsechzig Bäckereien:
„Vergessen hett ich schier noch eins.
Welches dannoch kein kleins,
Daß da zwölff offne Bad thut han,
Darin man sich kan putzen lan"*'^.
In einer Stettiner Pestordnung von 1625 wird vor unnötigen Versammlungen in den
Badestuben gewarnt und zugefügt, man könne derselben „ad Interim eine Zeitlang woll
entrathen" 475. Noch 1711 sagt Abraham a Santa Clara, wer ein Freund der Reinlich-
keit ist, werde in Wahrheit auch ein Freund des Badens sein. Wie denn fast alle Land-
schaften nicht ohne Bäder sein werden (Abb. 91)288^ und im Odenwalde waren 1754
Im allgemeinen schröpfte man nun nur noch in den Badestuben 215
die Badestuben noch so in Brauch, daß Klein Kleidung, Gebäude (Tiguria), Bäder (Hy-
pocausta) und Betten in einem Kapitel beschreibt, die Badestuben demnach als zum
Leben notwendige Einrichtungen galten. Der Schilderung nach waren sie mit Holz ge-
heizte Heißluftbäder, aus der sich die Besucher direkt an die freie Luft zur Arbeit be-
gaben, ob es nun regnerisch, windig oder tcalt war. Auch Wöchnerinnen brachte man
in die Badestube 6*5.
Abgesehen von Krankheitsfällen scheint die Badestube aber von den meisten nun
nur noch zur Vorbeugung von Krankheiten einige Male im Jahre in Verbindung mit dem
Schröpfen benutzt worden zu sein. Schon im 17. Jahrhundert wird in Muri (Aargau) dem
Hofscherer befohlen, die „Schweiß- und Schräpfbäder" ordentlicher Zeit abzuhalten 557.
in Ettenhausen erhielt der Wagner Zehnder 1720 von der Äbtissin Euphemia des
Klosters Tänikon eine Schweißstubengerechtigkeit mit Schenkrecht und zwar nicht für
das ganze Jahr. Die Schweißstube sollte er jeweils vom 13. November bis zum Johannis-
tag zum öffentlichen Gebrauche geben. Jeden Samstag, und wenn ein Feiertag darauf
fiel, am vorhergehenden Freitag, wurde das Badezimmer geheizt. An anderen Tagen
durfte niemand mit Brot und Wein bewirtet werden. Keine Verdächtigen, besonders
Fremde und Landstreicher, sollten im Hause übernachten. Spiel und Tanz war jederzeit
untersagt, im Sommer wurde das Bad um zehn, im Winterum neun Uhr geschlossen ist*.
Fast durchgehends geben die Schriftsteller gegen Ende des 18. und zu Anfang des
10. Jahrhunderts an, daß die Bader nichts mehr mit Baden zu tun hätten. Die Bader und
Barbierer, sagt Grüner 1789, unterschieden sich allein durch den Besitz der Bade- oder
Barbierstube, die Bader machten den bloßen Barbierer oder deutschen Chirurgen und
unterschieden sich durch weiter nichts, als durch das Ansetzen der Schröpfköpfe, dessen
sich die Barbierer schämten 654 (siehe Anm. S. 21Q).
Doch auch dem gewohnheitsgemäß genommenen Schweiß- und Schröpfbad schlug
die letzte Stunde. Ich erinnere an die Privatbäder der bayerischen Bauern, die 1827
nicht mehr zum Baden Verwendung fanden. 1822 schreibt P. Maurus Lindenmayr von
Österreich ob derEnns: „'s Schrepfen, 's Dünstbad um Quatemä ist ietzunda gar
a'kemmä" ^6**.
Gleichzeitig mit dem schnellen Rückgang der alten Badestuben im 18. Jahrhundert
setzt die Agitation der Ärzte für Wiedereinführung der Bäder ein, die mit der für kalte
Bäder Hand in Hand ging. Dr. Schelhamer beklagt 1747, daß die Bäder so sehr in
Verachtung geraten wären. Er sagt, daß er sich erinnere, ehemals in allen nur einiger-
maßen berühmten Städten Deutschlands öffentliche Bäder gesehen zu haben, worinnen
* Diese Badestube scheint nicht für Wasserbäder eingerichtet gewesen zu sein, dafür spricht der
Betrieb vom 13. November bis zum Johannistag, der also in den iVlonaten stattfand, welche die An-
weisungen zur Gesundheit im großen und ganzen zum Schweißbaden empfahlen. ** Daß auch in
früheren Jahrhunderten die Quatemberbäder eine Rolle spielten, geht aus den häufig viermal im Jahr
(zu Fronfasten, Weihfasten) stattfindenden Seelbädern und den Quartaibädern der Handwerker her-
vor. Es handelte sich gewiß um Bäder, die man zur Erhaltung der Gesundheit für unbedingt
notwendig hielt. Ich erinnere daran, daß auch der Aderlaß viermal im Jahr stattfand.
216 Die russischen Dampfbadeanstalten in Deutschland
sich das Volk täglich gebadet habe. Es wären aber dieselben in Verfall geraten, weil die
Obrigkeit jedes Orts auf dergleichen Anstalten zu wenig acht gehabt hätte, weswegen
er ihnen auch aufs Nachdrücklichste die Wiederherstellung ans Herz legte 97. eii. Dabei
zeigte man keine große Lust, die alte deutsche Badestube wieder einzuführen. Grüner
wollte 1789, man solle bei dem herrschenden Modegeschmack am Baden den Bader im
wahren Sinne des Wortes wieder den Bader machen, von ihm kalte und warme Bäder
in der Badestube besorgen lassen und ihm genaue Anweisung geben, wie und wo er
dergleichen anlegen und in verschiedenen Fällen bei verschiedenen Personen brauchen
solle 654
Der größte Teil der Ärzte gab sich gar nicht die Mühe, die Geschichte der deutschen
Badestube und deren einstige Einrichtung zu studieren*, obwohl in den Sammel-
werken seitenlange, aus Reiseberichten gezogene Beschreibungen fremder Schwitzbäder
zu finden sind. Die meisten Schriftsteller erwähnen sie nur flüchtig als geheizte Kam-
mern mit abscheulicher Atmosphäre, die teils sogar unter der Erde gelegen sein sollten.
Dies wurde besonders in einem Werk des in russischen Diensten stehenden Arztes
Sanchez hervorgehoben, von dem ein Auszug 1789 zu Memmingen deutsch erschien 6i2^
und das die russischen Dampfbäder als Allheilmittel empfahl, die alle Übelstände der
deutschen Badestuben nicht haben sollten. Der bayrische Stadtgerichtsarzt und Medi-
zinalrat Hirsch begründete 1815 ihre Einführung in Deutschland neben dem Nutzen
für unser Volk sogar damit, die durch Deutschland ziehende kaiserlich russische
Armee bei guter Gesundheit zu erhalten öi3. Es bedurfte nicht des Aufrufs, die Russen
halfen sich schon selbst. Aus Schlesien wird wenigstens berichtet, daß sie gewöhnlich
eine feste, ziemlich luftdichte Bauernstube zum Bad herrichteten, indem sie den Kachel-
ofen bis zum Heizungsherd abbrachen, Feldsteine auflegten und wie in der Heimat
badeten. Die kalte Schlußbegießung nahmen sie auf dem Hofe beim Brunnen vor 643**.
Das erste russische Dampfbad wurde 1781 unter dem Namen des englischen Dampf-
bades (weil eins vorher in London bestand) von einem Arzte Uden in Berlin errich-
tet 6i4 Es war in Vergessenheit geraten, als 1818 ein höherer preußischer Steuerbeamter
Pochhammer in Berlin das Mariannenbad eröffnete, in dem von den gewöhnlichen
Bädern abgesondert das „erste" russische Dampfbad erbaut wurde. Sanchez' Buch,
der Rat eines geborenen Russen und „die Ansicht des russischen Bades, welches des
Königs von Preußen Majestät zu Ihrem Gebrauche zu Potsdam hatten einrichten lassen",
dienten dabei zur Anleitung 652 Dieses Bad im Potsdamer Schlosse, das Friedrich der
* Charakteristisch ist, daß nach Ephrussi der Holzschnitt einer deutschen Badestube von Hans Bal-
duno Grien im Cabinet des Estampes zu Paris den Namen „Bain d'Orient" führt (s. auch Nachtrag) 6"".
** Noch 16Q0 verlangte der brandenburgische Militärarzt ä Gehema die Benutzung der Badestuben
auch für den deutschen Soldaten. „Das vierte Mittel", sagt er, „wodurch die Soldaten sich prae-
serviren können, sind die Bäder und Badstuben, wodurch aller in denen poris und Schweißröhrlein
der Haut sitzende Unrath, welcher die so nothwendige transpiration oder außdämpfung verhindert,
und zu vielen Kranckheiten uhrsache giebet, außgetrieben wird; dannenhero der Mensch hurtig,
munter, leicht, actif und frisch wird, gleich als wann er von neuen were gebohren worden" i*". Diese
Stelle findet sich in MuRALTs Kriegs- und Soldatendiät von 1712 wörtlich wieder ^so.
Die römisch-irischen Bäder in Deutschland 217
Große für sich erbauen ließ, iiatte um die eigentliche Badestube herum mehrere Back-
öfen, die ihre „Glut" aus Drachenköpfen in das Zimmer ergossen und einzeln durch
Hähne an- und abgestellt werden konnten 653. |n der PoCHHAMMERschen Anstalt wurden
rotglühend gemachte Kieselsteine mit Wasser begossen. Die Badenden ließen sich
nach vollständiger Durchwärmung mit eingeseiften Birkenzweigen reiben — die in den
Schriften von Sanchez und Hirsch sonderbarerweise den alten deutschen Namen
„Badequästen" führen — und danach den Seifenschaum mit lauwarmem bis kaltem
Wasser abgießen. Es fanden außerdem noch Übergießungen statt, auch in Form der
verschiedenen Duschen. Nicht selten wurde das kalte Wasserbad mehrere Minuten lang
benutzt, nachdem sich die Badenden vorher in einer Temperatur von 50 o C befunden
hatten, in die sie nach dem Bad wieder hinaufstiegen. Diese wechselwarmen Prozeduren
wurden mit einer kalten geschlossen. Gesunde kleideten sich darauf an oder begaben
sich der Gemächlichkeit wegen noch einige Zeit auf ein Ruhebett im Aus- und An-
kleidezimmer. Kranke schwitzten dort, in wollene Decken gehüllt, nach 652 |m großen
und ganzen badete man hier wieder wie in der alten deutschen Badestube.
Nach den Plänen der PocHHAMMERschen Anstalt wurden in den zwanziger Jahren
des 19. Jahrhunderts ähnliche in Berlin, Frankfurt a. d. Oder Blankenburg i. d. Ucker-
mark, Helfte im Mansfeldischen, Freienwalde, Magdeburg, Groß-Salze, Potsdam, Stettin,
Memel, Köln a. Rhein, Danzig und Breslau errichtet 643. 652 Um die gleiche Zeit ent-
standen die russischen Dampfbäder zu Frankfurt a. M., Halle, Weimar, Leipzig, Dresden,
Prag, Wien, Weißenfels, Bahrenfeld, Altona, Hamburg 643. 653^ jm Muskauer Hermanns-
bade und beim Solbad zu Elmen 622 in Würzburg wurde es mit einer orthopädischen
Anstalt verbunden (1825)653; jm BARRiEschen Alexanderbade zu Hamburg fand sich
auch ein sogenanntes türkisches Bad mit wohlriechenden Dämpfen 622. 643.
Auch das alte deutsche Badstübchen, den Schwitzkasten, bei dem der Kopf nicht
vom Dampfe umgeben war (Abb. 54 e), führte Marcard 1778 als englische Neuheit ein 160.
Von Großbritannien mußten wir uns auch die zweite Form der alten deutschen Bade-
stube, das Heißluftbad mit Übergießungen, unter dem Namen des römisch-irischen Bades
holen. Der irische Arzt Barther errichtete 1856 in St. Anns Hill bei Cork in Irland das erste
„römische Bad". Als Neuerung (?) fügte er am Schluß Begießungen hinzu, deren Wärme-
grad allmählich abnahm 168 Die erste derartige Anstalt schuf in Deutschland ein Dr.
Luther in Nudersdorf bei Wittenberg in den sechziger Jahren des IQ. Jahrhunderts 50i*.
Die zweite Hälfte des 1 8. Jahrhunderts war für die alte deutsche Badestube, die doch
in ihrer Hauptform Schwitzbad war, besonders ungünstig, weil von ärztlicher Seite
die hitzige Lebensweise, wie man sagte, samt den Schwitzbädern bekämpft wurde.
ZwiERLEiN spottet 1793 über die „altmodischen" Schwitzdoktoren 656 Die kalten
und lauen Bäder waren Mode und dadurch entstanden neben den Badeanstalten auf
Es herrschte geradezu eine Sticht, alte deutsche Badeweisen mit fremdem Namen zu benennen.
1803 erwähnt Schreger das Schwitzen über Weingeistdampf, wobei nach „spanischer Sitte" der
Körper in Tücher gehüllt auf einen Lehnstuhl gebracht wird-i (vergl. Abb. 54d).
218 Die deutschen Badestuben im 19. Jahrhundert
den Flüssen jene schon besprochenen nach französischem Muster, die Wasserheil-
anstalten im heutigen Sinne waren und neben einfachen Reinigungsbädern über einen
reichlichen Badeapparat verfügten und sich in den Einrichtungen mit den Mineralbädern
deckten, ja diese zu ersetzen strebten. Eins der Cannstatter Bäder hatte 1838 sogar ein
künstliches Salzbad mit Wellenschlag als Surrogat für Seebäder. 1838 wurden dort
Schlammbäder eingeführt i54
Der größte Teil der Bäder, welche ehemals als mineralhaltig galten, es aber nicht
waren, ging, wenn nicht zugrunde, in die genannten Badeanstalten auf. So war die
S. 46 erwähnte, im Fechthause zu Nürnberg gelegene das alte Wildbad, das schon
1577 nach zweihundertjährigem Bestehen in Stein neu aufgeführt wurde. Das 1628
erbaute Fechthaus machte einen Flügel des Wildbadhauses aus und diente ursprüng-
lich nur als Vergnügungsraum i^s.
Mit diesen Badeanstalten war aber kein Ersatz für die alte Badestube geboten, die
große Masse des Volkes wurde von ihnen nicht berührt. Tissots Anleitung für das
Landvolk war in fast alle europäischen Sprachen, ja in Dialekte übersetzt. Gelesen
wurde sie aber nach zeitgenössischem Urteil von dem, für den sie bestimmt war, nämlich
vom Bauern, nicht 6ö3. Hufelands nötige Erinnerung an die Bäder, zur Belehrung des
Volkes geschrieben, erließ Bertuch im Journal des Luxus und der Moden sis, und das las
der gemeine Mann nicht, auch wohl kaum die übrigen diesbezüglichen HuFELANDschen
Schriften. So badete denn das Volk gar nicht mehr. „Auf Baden in warmem Wasser
haltet der Roggwyler wenig", heißt es 1835 in einer Schweizer Dorfchronik, „dieses
wird mehr für eine Mode, denn für die Gesundheit zuträglich angesehen; obwohl
auch nur die bloße Reinigung des Leibs zu empfehlen wäre" * 657
Das war jedoch nicht überall so. Wir erfuhren schon, daß in München die Handwerker
noch 1836 Seeibäder, wenn auch nur einige Male im Jahr, ankündigen ließen 46. Kahtlor
schreibt 1822 von den deutschen Badestuben, man setze sich in denselben nur durch
starke Hitze ihrer Öfen in Schweiß. Viele Personen schwitzten in ihnen zu gleicher
Zeit, so daß die Luft bald zu einem stinkenden Qualm werde. Wohl seien viele Bade-
häuser mit Flüssen in Verbindung gesetzt, manche aber, wenn sie auch in der Nähe
vom Wasser lägen, nicht. In der Badestube befänden sich viereckige, in die Erde ge-
grabene, mit Brettern oder Backsteinen belegte Löcher, in denen man nach dem
Schwitzen bade. Das täten aber nur wenige, die meisten reinigten sich durch Ab-
waschen. In einem alten Badehause zu Krautheim an der Jagst sah Kahtlor neben den
erwähnten Löchern, also den in die Erde gelassenen Badewannen, noch eine Ein-
richtung, die er als ein ehemals bestandenes Gußbad deutete, das durch ein kleines,
vom Berge kommendes Bächlein bewerkstelligt sein sollte 644^ die ich aber doch eher
für eine verfallene Wasserzuleitung halten würde, falls sie aus älterer Zeit stammte.
Augsburg hatte 1837 zehn Badestuben, von denen eine, die BREYVOOELsche, als
neue Badeanstalt von Jäger rühmend hervorgehoben wird 496. Von Wetzler erfahren
* 1663 wurde aber noch in derselben Gemeinde alles Baden in Bädern an Sonntagen verboten''".
Die deutschen Badestuben im 19. Jahrhundert 2 1 9
wir 1822, daß sich in Augsburg in vier Häusern Schwitzbäder vor-
fanden, welche die Woche zweimal bereitet und von den Webern,
Fabrii<arbeitern, Taglöhnern usw. zahlreich benutzt wurden. Viele
besuchten sie das ganze Jahr hindurch, und sie waren ihnen so
zum Bedürfnis geworden, daß sie sich unwohl fühlten, wenn sie
dieselben einmal nicht besuchen konnten. Von vornehmen Leuten wur-
den diese vier Badestuben nicht gebraucht. Wetzler erst riet „rechtlichen Bürgern"
und sogenannten Honorationen, bei Rheumatismen die Bäder eigens heizen zu lassen,
um allein baden zu können, und im geschlossenen Wagen hinzufahren. Sonderbarer-
weise bezeichnet Wetzler diese vier Augsburger Schwitzbäder nicht als Bade-
stuben, sondern schreibt, es sei kein Schade, daß die deutschen Badestuben ein-
gingen. Er habe selbst solche in Bayern und Schwaben gesehen, die enge, finstere
Löcher ohne Lufterneuerung waren, durch stark geheizte Öfen erhitzt wurden (also
keine Dampf-, sondern Heißluftbäder waren !), wo man ungeheuer schwitzte und zu-
gleich und im Übermaß schröpfte. Trotzdem kann kein Zweifel darüber herrschen, daß
die vier Bäder zu Augsburg alte deutsche Badestuben waren, wodurch bewiesen wird,
daß es eben zur Zeit nicht nur enge, finstere Löcher zum Schweißbaden in Deutschland
gab*. Sie bestanden aus einer Schwitzstube und einem Verschlage, wo der Badende
sich aus- und ankleidete und nach dem Bad verweilte, bis er sich abgekühlt hatte. Die
Hitze fand Wetzler 36 bis 38 " R. Das Bad kostete nur vier Kreuzer. Beide Geschlechter
badeten zusammen. Leider sagt Wetzler nicht, ob Dampf entwickelt wurde. Er hielt
die Anstalten, so mangelhaft sie wären, doch für eine große Wohltat für die Arbeiter,
namentlich die Weber, welche in Augsburg auch den Winter unter der Erde arbeiteten.
Wetzler entwarf nun folgenden Plan. Die kalten Bäder hielt er zur allgemeinen Ein-
führung als diätetisches Mittel nicht für geeignet, wohl aber die warmen, weil sie das
ganze Jahr hindurch genommen werden können. „Die öffentlichen allgemeinen Bäder",
sagt er, „können keine Wasserbäder sein, die Anlegung und Einrichtung der Ge-
bäude, die Bereitung der Bäder würde zu viele Kosten erfordern". So empfahl er dann
für den großen Haufen die Dampfbäder und verlangte von den großen Städten Deutsch-
lands als Notwendigkeit die Einführung von Bädern, namentlich Dampf- und Dusch-
bädern. Der Dampf sollte am besten mit Röhren aus dem Kessel in das Badegemach
* Die Auffassung Wetzlers ist wieder ein Beleg, wie gering man das Gute im eigenen Lande
schätzte. In Schregers Baineotechnik (1803)^ sind sämtliche in Deutschland bestehenden Bäder auf-
geführt, aber keine einzige alte deutsche Badestube, z. B. in Frankfurt die KOHLschen und HoFschen
neuen Badeanstalten, nicht aber die dort zur Zeit noch bestehende Badestube, weil er die deutsche
Badestube nicht als Bad auffaßte. Es handelte sich bei dieser ja schließlich auch nur noch um einen
besonders stark erhitzten Raum, der in den meisten Fällen zum Schröpfen erwärmt wurde, und
diesem Heißluftbad versagte man den Namen Bad. So erklären sich denn auch die gleichzeitigen,
widersprechenden Angaben, die Bader hätten nichts mehr mit Baden zu tun und seien nur noch
Schröpfer (S. 215), einerseits und andererseits, die deutschen Badestuben würden durch stark ge-
heitzte Öfen zum Zwecke des Schwitzens erhitzt, seien also Schwitzbäder, und man schröpfe im
Übermaß darin.
220 Die Wasch- und Badeanstalten
geleitet werden. Vor dem Schwitzbad sollte ein laues Bad oder eine Abwaschung mit
Seife genommen werden, im Bad wünschte er Massage und zum Schluß ein Abwaschen
oder Begießen mit Wasser von geringer und zuletzt von kalter Temperatur 370.
Vielleicht waren Wetzlers Vorschläge doch nicht ganz in Vergessenheit geraten;
denn 1852 beantragte der Gerichtsarzt Dr. Wolfring in Fürth eine Dampf badeanstalt
für Quecksilberarbeiter. Sie sollte als Schutzmittel gegen Metallintoxikationen der
Quecksilber- und Farbwarenarbeiter dienen 6i5. Tatsächlich kam sie in Verbindung
mit einer anderen Art von Badeanstalten zur Ausführung, die ihren Ausgang von Eng-
land nahm und dem Volk einen Ersatz der alten deutschen Badestube anfangs zu
bieten schien, in England ihre Aufgabe auch erfüllte.
Als in England 1832 die Cholera ausbrach, erneute sich die längst gemachte Er-
fahrung, daß die Seuche in den unreinlichsten Quartieren den bösartigsten Charakter
annahm und selbigen von den genannten Punkten, wie von einem Fokus aus, auf die
Nachbarschaft übertrug. Man fühlte das Bedürfnis größerer Reinlichkeit in allen Stadt-
teilen und allen Schichten der Bevölkerung. Einer armen Frau gebührt das Verdienst
der Lösung. Sie zuerst mietete in einem abgelegenen Hinterhause einen Schuppen,
stellte dort einen Waschkessel auf und machte es, unterstützt durch die Beiträge einiger
Damen, nach Anschaffung der nötigsten Waschgeräte möglich, ihren Nachbarinnen
gegen einen Wochenbetrag von einem Penny eine Waschgelegenheit außerhalb ihrer
eigenen engen Wohnungen zu verschaffen. Nach kurzer Zeit hatte sie fünfundachtzig
Arbeiterfamilien zu ihren Kunden. Überrascht durch dieses Ereignis, bemächtigte sich
die gutgesinnte Spekulation des fruchtbaren Gedankens, worauf dann im Jahre
1842 die erste regelmäßige Anstalt dieser Art zu Liverpool eröffnet ward^ie. Mit diesen
englischen Waschhäusern waren Bäder verbunden, in Liverpool acht. Gleich darauf
baute man in London zwei größere Anstalten gleichen Charakters. In einer großen
Volksversammlung in London wurde nun 1844 auf die hohe Bedeutung dieser
Wasch- und Badeanstalten für das Volkswohl nachdrücklich hingewiesen; infolge-
dessen befaßte sich eine Parlamentsakte von 1846 mit dem Bau derselben, nach der den
Gemeinden die Verwendung von öffentlichen Geldern gestattet wurde und, was das
wesentlichste war, die Verpflichtung bestand, zwei Drittel der Bäder für Arbeiter ein-
zurichten und den Preis für ein kaltes Bad mit zehn, den für ein warmes mit zwanzig
Pfennig anzusetzen. 1854 waren schon zwölf derartige Anstalten in England errichtet soo.
In Deutschland entstand die erste Badeanstalt nach diesem Vorbild in Hamburg.
Die Stadt gab den Grund und Boden samt der Wasserversorgung umsonst ab. 1855
war die Anstalt fast vollendet * und kostete bis dahin über hunderttausend Mark. Neben
der Bade- und Wascheinrichtung bestand auch ein Schnelltrockenraum, so daß man
während des Badens seine Leibwäsche reinigen lassen konnte 016**. in Fürth wurde
* In Wien bestand aber 1842 im „Fahnenstangenwasser" eine Flußbadeanstalt, die einem Herrn
Kauft gehörte, und mit ihr war eine Waschanstalt mit zwei Duschen in Verbindung, die zahlreichen
Besuch herbeilockten "6. ** Schon der König vom Odenwald erwähnt zu Anfang des 14. Jahrhun-
Die Brausebadanstalten 221
1857 die vierte deutsche und erste bayrische „Bad- und Waschanstalt" errichtet, mit der
das erwähnte Dampfbad für Metallarbeiter verbunden wurde. Sie war Eigentum einer
Aktiengesellschaft 615. en. Wurden durch die Verbindung von Bad- und Waschanstalt
die Betriebskosten vermindert, und konnte man dadurch Bäder um einen billigen, für den
Arbeiter aber immer noch hohen Preis bieten, so erlangten diese Bäder doch keine
Volkstümlichkeit. Die zeitgenössischen Schriftsteller heben die Großartigkeit der An-
stalten hervor, und darin lag die Ursache ihres Untergangs. Man hätte weniger kost-
spielige Anstalten und mehrere bauen sollen. Schon 1858 betont Pappenheim, daß
Badeanstalten, wenn sie nützen sollen, sich mitten in der dichtesten Arbeiterbevölkerung
befinden müssen, darum waren in Berlin zu derselben Zeit die Flußbäder außerordentlich
beliebt. Sie wurden an einzelnen Sommertagen von tausend Personen besucht, und der
Preis des Bades betrug nur sechs, mit Handtuch zehn Pfennig öis.
Die Lösung der Frage des volkstümlichen Bades gebührt Lassar. Schon 1832 hatte
Meissner als Ersatz des Flußbades für Soldaten Duschen in leicht transportabler
Form unter dem Namen Militärbad empfohlen 446 aber Lassar hob hervor, daß
das Brausebad nur dann dem Volk von Nutzen sei, wenn es warm oder kalt mit Seife
und Handtuch in einzelner Zelle für zehn Pfennig geboten würde 620. Auf der Berliner
Hygiene-Ausstellung führte Lassar 1883 praktisch seine Gedanken durch. In einem
Wellblechhäuschen waren zehn Brausezellen eingerichtet, die von zehntausend zahlenden
Besuchern benutzt wurden soo. Wenn auch vorläufig kein Grund vorhanden ist, an das
Aufblühen der alten deutschen Badefreudigkeit zu glauben, so möge doch Lassars
Wunsch in Erfüllung gehen:
„Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad!"620.
derts, man ginge in die Badestube, daß man die Kleider wasche ^^»^ und als dem Hans Ulrich Krafft
1573 in Baden (Schweiz) die Weiber sein „schnupftüechlin" entführten, brachten sie es ihm sauber
und trocken zurück, ehe er seine Kleider angezogen hatte 32«.
DIE DEUTSCHEN MINERALBÄDER IM MITTELALTER UND
DIE AUS DIESEM IN DIE NEUZEIT HINÜBERGENOM-
MENEN BADEOEBRÄUCHE *
jiatürliche Bäder zu Heilzwecken, Heil- oder Gesundbrunnen genannt,
sind wahrscheinlich seit den ältesten Zeiten in Gebrauch. Ich er-
innere an die Seite 24 ff. genannten, zumeist heiligen und sehr kalten
Quellen. In Betracht kamen ferner die durch ihre Farbe, Geschmack,
Ausscheidungen und Wärme auffallenden Bäder, die Mineraibäder
und Thermen, wobei oft genug von Mineralien kaum nennens-
werte Bestandteile vorhanden waren, die kostbarsten und heil-
bringendsten aber angenommen wurden. Obenan standen von jeher die natürlich
warmen Quellen. Zum Teil wurden sie schon von den Römern benutzt und mit Bade-
anlagen versehen, z. B. Aachen, Bertrich, Wiesbaden, Badenweiler und die drei Baden :
bei Wien, in Baden und in der Schweiz 70. Keines der Römerbäder hatte einen dauern-
den Bestand, alle zerfielen oder wurden noch öfter in Kriegszeiten, mit wenigen Aus-
nahmen von germanischen Völkerschaften, zerstört. Auf ihren Trümmern entstanden
neue Anlagen, zumeist unter Nichtbenutzung der römischen. Mir ist als Ausnahme nur
das 1845 abgebrochene Verenabad zu Baden in der Schweiz bekannt, dessen Einfassung
von den Römern gebaut wurde. „In der nördlichen Wand sah man früher", schreibt
Keller 1864, „in dem roten Cement die Eindrücke von kleinen quadratischen Tafeln,
welche in der Weise des Opus reticulatum angeordnet gewesen waren" i3i. Auf einer
Handzeichnung Vogels vom Jahre 1820 ist es gut sichtbar und von diesem als solches
angemerkt (Abb. 103 rechts unten). Beim Abbruch des Bades fand man in der Quelle
römische Münzen. Das aus der Zeit der Römer stammende und wahrscheinlich von
diesen als Bad benutzte marmorne Gewölbe, das den „Ursprung", die Hauptquelle von
Baden-Baden, aufnahm, diente, wenigstens 1606 362 und 1810, nicht als Bad, sondern als
Sammelkasten des heißen Wassers 405. Die althochdeutschen Worte Badun und Wisi-
badun i6 sprechen für die Benutzung der heute noch so benannten Badeorte in alter Zeit.
Während die Heilbrunnen nur Kranke heilten, finden wir, wenigstens in der Sage,
auch Brunnen, welche die Eigenschaft besaßen, Häßliche schön und Alte jung zu machen,
die sogenannten Jungbrunnen. Sie sind öfters Gegenstand bildlicher Darstellungen
(Abb. 92. Q3) und dichterischer Betrachtungen gewesen.
* Um Wiederholungen zu vermeiden, ist auch die nachmittelalterliche Zeit einiger Mineralbäder hier
gleich besprochen worden.
Der Jungbrunnen
223
224
Der Jungbrunnen
„Do fürt sy in dem land(e), den tugenthaften man,
für einen (hohen) perg; da west sy ein jung brunnen stan,
der was ain halb kalt(er), und anderhalb was er warm :
dar ein sprang die frawe, sy pat sich got bewaren.
Do ward sy getaufet: vor was sy rauch Eis genant,
nu hiesz sy fraw Sigminne, dy schönst über alle laut.
Do het sy dy rauhen haut in dem brunnen gelan:
in gedaucht, das nie kain schöner fraw(e) war getan."
(Wolfdietrich) ^-ii.
Abb. 93. Jungbrunnen nach einer Freske von Hans Holbein d. J. im Hertenstein-Hause zu Luzern
(zwischen 1516 und 1519). Nach von Liebenau.
Diese Darstellung stammt wohl aus einer Zeit, zu der man noch an den Jungbrunnen
glaubte. Man denke an die weiten Wanderungen Kranker zu den kalten Gebirgs-
bädern, um dort durch Eintauchen in einfaches kaltes Wasser Genesung zu erhalten,
und wird nicht unwahrscheinlich finden, daß mancher oder manche in aller Stille
den beschwerlichen Gang zum einsam im Hochgebirge gelegenen Jungbrunnen unter-
nahm und durch Untertauchen in ihm einen Versuch zur Verjüngung und Ver-
schönerung wagte.
Ganz anders war die Auffassung im 16. Jahrhundert. Man vermengte den Jung- mit
dem Heilbrunnen und stellte ihn demnach als Mineralbad dar. Im Grundgedanken der
Altweibermühle gleich, spielte er nunmehr die Rolle eines Scherzes und kam in Nürn-
Der Jungbrunnen
225
berg auch einmal an der Fastnacht zur Darstellung. Hier „Der junkbrunn" (1548) von
Hans Sachs:
„1. Eins nachts träumt mir gar wo! besunnen,
wie ich körii zu eim großen brunnen
von merbelstein poheret klar,
darein das waßer rinnen war,
warm und kalt, aus zweit gülden rören,
gleich eim wiltbad; tunt wunder hören:
Dis waßer het so edle kraft,
welch mensch mit alter war behaft,
ob er schon achzigjerig was,
wen er ein stunt darinnen saß,
so teten sich verjüngen wider
sein gmüt, herz und alle gelider.
Um den brunnen war ein gedreng,
wan dahin kam ein große meng,
allerlei nation und gschlechte,
münich, pfaffen, ritter und knechte,
burger, bauer und hantwerker,
der kam on zal zum brunnen her
und wolten sich verjüngen laßen,
vol zug es zu auf allen straßen,
3. Die teten sich alle verjüngen
nach einer stunt, mit freien Sprüngen
sprangen sie aus dem brunnen runt,
schön, wolgefarbt, frisch, jung und gsunt,
ganz leichtsinnig und wolgeberig,
als ob sie weren zwainzig jerig.
Da dacht ich mir im träum: fürware,
alt bist auch vier und fünfzig jare,
dir get ab an ghör und an gsicht,
wes zeichst du dich, das du auch nicht
2. Aus allen landen weit und ferren
auf senften, schütten, wegen, kerren,
ir vil man auf radwerben zug,
etlich man auf mistberen trug,
und etlich trug man auf dem rücken,
etlich gingen daher auf krücken.
Zusamen kam ein häuf der alten
wunderlich, entig, ungestalten
gerunzelt, zanlücket und kal,
zittrent und kretzig überal,
dunkler äugen und ungehöret,
vergeßen, doppet und halb töret
Ganz mat, bleich, bogrücket und krum
da war in summa summarum
ein husten, reispem und ein kreisten,
ein achizen, seufzen und feisten,
als obs in einem spital wer.
zwölf man waren bestellet her
die allen alten, so sie funnen,
halfen steigen in den junkbrunnen ;
wol halt in den junkbrunnen sitzest,
die alten haut auch von dir schwitzest?
In dem daucht mich, wie ich zuhant
auch abzüg alles mein gewant,
in dem junkbrunnen mich zu baden,
ab zu kumen des alters schaden,
in dem einsteigen ich erwacht ;
meins verjüngens ich selber lacht,
dacht : kein kraut ist auf ert gewachsen
mich zu verjüngen und Hans Sachsen" 2'
Als 1556 Pyrmont als Wunderbrunnen in Ruf kam, da ließen sich nach dem Braun-
schweiger Chronikenschreiber BÜNTING (1586) auch alte verlebte Weiber hinführen, die
vermeinten, dort vielleicht wieder jung zu werden 38i.
Dem Jungbrunnen nahe an Wunderkraft stand das Bad im Steine Aptor, von dem
sich in Wigamur folgende Schilderung findet:
„Wer jnwendig jn falschait ist.
Der enmag kain fryst
Oewynnen bey dem stain;
Wer aber sein hercz rain.
So wirt er von des staines krafft
Vil werd vnd lobhafft.
Diese mer söllennt jr mercken wol,
Der stain was gemacht hol,
Baide tieft vnd weytt,
Als vns die vrkunt geyt.
Dise abenteür reich,
Ainem vass was geleich
Darjnnen man paden sollt
Wen der wirt wollt ....
in , Badewesen
Vnd jn dem selben stain badet kain man
Der falschen muet ye gewan,
Er wurde kranck, plaich, missefar
Vnd des leybs vnkrefftig gar.
Wer aber jn das päd gye.
Der raine tugent mynnet ye,
Von des staines macht vnd türe
Vnd von des prunnen natüre,
So er jn das päd gesaß.
Aller swere er vergaß.
Sein leyb ward ring, sein hercz fro,
Sein kraft starck sein gemüt höh.
Der synnen ward er weyße,
Sein leyb stund gar nach preyße;
226 Das Bad im Stein Aptor / Die ältesten Badenfahrten
Suß lebt er ain manat Jn so gethanner acht,
Das jm kainerlay Schlacht not Als ich euch gesaget han,
Von freuden geschaiden mocht. So was das päd lobesam" s"''.
Man muß annehmen, daß in der älteren Zeit die Gesundbrunnen meist nur von Leuten
aus der Umgebung benutzt wurden, vielleicht nur einen oder wenige Tage, um dann
wieder heimzuziehen, wie wir das bei den kalten und heiligen Brunnen sahen. Solche ein-
fache Badenfahrt wird 1 574 von Collinus beschrieben. Zur Quelle von Augsport (Wallis)
wallte täglich eine große Menge Menschen, zum Teil aus weiter Ferne. Von Krankheit
geschwächt, von der langen und beschwerlichen Reise ermüdet, kamen die unwissenden,
einfältigen Bauern hungrig und durstig an und tranken nun so viel von dem höchst
kalten Wasser, als sie nur immer zu schlucken vermochten. Hierauf wuschen sie ent-
weder den ganzen Körper oder ein einzelnes Glied, den kranken Teil mit dem Wasser,
das sie mittelst der Hände schöpften, zündeten dann ein Feuer aus Alpenrosensträuchern
an, setzten sich um dasselbe, langten nun aus ihren Säcken und Ranzen die mitge-
brachten Lebensmittel hervor, brieten Käse und tranken dazu von Zeit zu Zeit von dem
Heilwasser in vollen Zügen, indem sie von diesem Wasser kein Sättigungsgefühl zu
spüren behaupteten. Nach Beendigung des Mahles füllten die Leute ihre mitgebrachten
Fläschchen mit dem Heilwasser und begaben sich nun auf den Rückweg so.
Aber schon im 14. Jahrhundert treffen wir Badereisen von längerer Dauer in benach-
barte Kurorte an. Als 1376 Meister und Konvent des heiligen Geist-Hospitals zu Ulm
von ihren Gütern und Almosen eine neuePräbendenmesse in der Hospitalkirche stifteten,
ward besondere Rücksicht darauf genommen, daß jeder jeweilige Inhaber dieser Pfründe
alljährlich auf zwanzig Tage in ein natürliches Bad ziehen konnte, wie Jäger meint,
wahrscheinlich nach Überkingen so. 1352 unternahm der Abt von Sankt Emmeram eine
Badereise 16. In den 1346 erneuten Statuten der Züricher Chorherren vom karolinischen
Stift heißt es: „Ein Chorherr mag wohl im Frühling und Herbst seiner Gesundheit
halber eine achttägige Badenfahrt halten und gleichwohl sein Pfrundeinkommen be-
ziehen, als hätte er dem Gottesdienst beigewohnt; bleibt er aber länger aus, so wird er
als abwesend gehalten" 3i5.
Im 15. Jahrhundert treten einzelne Kurorte vor anderen als berühmte hervor; manche
davon kennen wir heute kaum dem Namen nach.
675 schenkte der fränkische König Dagobert dem Abte von Weißenfels die badischen
Bäder. Die Stadt Baden lag noch in Ruinen von der Zerstörung durch die Alemannen
her 70. Nach einer Urkunde bei Zappert überließ derselbe König Dagobert 676 dem
Kloster Weißenfels die Bäder jenseit des Rheins im aucicensischen Gau, welche die
Kaiser Antonius und Hadrian gebaut hatten 10. 873 gab König Ludwig dem Kloster
Weißenfels die in den Kriegen verlorenen Bäder zu Baden zurück 70. Die Stellen be-
treffen Baden-Baden.
Ein „Padebrunne", das heutige Badenbrunn bei Kirchberg an der Raab, wird in
Dokumenten von 1183 — 1187 erwähnt. Eine Urkunde von 1141 nennt in der Gegend
\
Baden-Baden / steirische / bayrische / böhmische und andere Bäder 227
von Cezt und Wibestein bei Gleichenberg in Steiermark einen „fons marmoreo lapide
signatus". Gleichenberg war schon den Römern bekannt, ebenso Tüffer, das im 14. und
15. Jahrhundert wieder als Bad erwähnt wird, zur selben Zeit auch Einöd in Steier-
mark S4.
Das im Wasgenwalde, zwar nicht auf deutschem Gebiet liegende, aber viel von
Deutschen benutzte Plummers (Plombieres) erhielt 1292 vom Herzog Friedrich III. von
Lothringen ein Castrum oberhalb des Bades, um die Badenden vor räuberischen Über-
fällen zu schützen iö. 823 wurde die Saline zu Kissingen dem Benediktinerkloster in
Fulda geschenkt, das Rippoldsauer Bad gegen 1 140 von den Benediktinern vermietet und
zwar mehrere Jahrhunderte hindurch ^o.
Die Quellen von Bilin sollen 761, die von Teplitz im folgenden Jahre entdeckt worden
sein. 1160 wurde hier gebadet '^o. Karlsbad erhielt der Sage nach von Kaiser Karl IV.
seinen Namen und wurde 1370 von demselben beim Jagen entdeckt 350. Die Auffindung
der Warmbrunner Therme soll in das Jahr 1175 fallen. 1403 besaßen die Zisterzienser
das Propsteibad daselbst.
Gastein wird zum ersten Male in einem Liede von „Nithart" im 13. Jahrhundert
erwähnt. „Hienach folget wie Neidhart bey einer schönen graserin in der Kasteien
badet" :
„Ein graserin in der Qastein (bat) Ich greif si an unt tet si zuo mir smükken,
diu gab mir lust (unt vröud) mit irem gerein, schon' bükken, jükken in dem bat;
Do ich sach durch ir pfat die briun' was aller weit ein kleiner schat,
mich tet mit iren högk noch zein, unt tet uns wol im libe und im herzen" '°3.
1420 wurde ein neues Kurhaus gebaut, und man machte die Wege zugänglicher 7o.
„Anno 1436 ist Kaiser Friedrich der dritt alhir in den Padt gewesen, hat an einem
Schenkhel ain ofenen schadten gehabt, ist ihm geholfen, auch frisch und gesundt
worden." 1489 wurde durch den Gewerken Konrad Strochner zur Aufnahme unbe-
mittelter Kranker ein Badehospital gegründet. Zur Zeit standen die Goldbergwerke
Oasteins in höchster Blüte 344 Baden bei Wien war 1450 stark besucht. Kaiser Fried-
rich III. hielt sich damals dort auf. Im folgenden Jahre badete auch die Kaiserin Eleonore
nach einem Wochenbett. Im 13. Jahrhundert soll es Sitte gewesen sein, daß junge Ehe-
männer ihre Frauen zum Brunnen von Spa schickten, obgleich erst 1327 einige Woh-
nungen um den Pouhon aufgeführt wurden 70. Die älteste Brunnennachricht von
Wildungen findet sich hinter dem Altare und ist vom Jahre 1378 343.
Heilbrunn in Oberbayern, heute noch durch seine Adelheidsquelle ein blühender Kur-
ort, soll schon vor 1059 den Mönchen als heilender Quell bekannt gewesen sein 343.
Dagegen ist das Wasser von Heilbronn heute außer Gebrauch. Der Sage nach sollen
die Gesellen des heiligen Kilian hier Christen getauft haben, wonach die Quelle den
Namen Heiligbronn erhielt. Tatsächlich kommt in Urkunden seit der Karolinger Zeiten
bis zu Anfang des 15. Jahrhunderts - nach Jäger sogar ausschließlich — die Bezeich-
nung Heiligbrunn (z. B. 841 Hailigbrunno) vor, 1225 aber auch „Heilesbrunnen" und
228
Heilbronn
1338 „Heylprunnen". Schon 745 übergab Karlmann eine dem Erzengel Michael ge-
weihte Kirche zu Heilbronn dem neu errichteten Bistume Würzburg 363. Nach einer
Urkunde von 1132 erhielt das Kloster vom Heilbrunnen seinen Namen. Es sind auch
Heilungen aus alter Zeit bekannt. Man hielt sie jedoch, wie den Zusammenhang vom
Kloster mit seinem Namen, für Sage, weil kein Brunnen vorhanden war. Als man aber
1729 in dem im alten Kloster gelegenen Brauhof einen bis dahin öden Brunnen aus-
räumte, um einen Fischbehälter daraus zu machen, zeigte es sich, daß man nicht nur
vier oder fünf Treppen hinabgehen, sondern auch um denselben her in ausgerundeten
Abb. 94. Gesundbrunnen im Kloster Heilbronn. Kupfer aus: Feuerlein, Heylsbronnisches Zeugnuß
der göttlichen Güte und Vorsorge. Nürnberg, 1732.
Steinen sitzen und das daneben gefaßte Wasser bequem schöpfen konnte. Das war das
ehemalige Badebassin. Man suchte auch nach der Quelle und fand sie in ihrer alten
Einfassung, nämlich in schön zusammengeklammerten Quadersteinen in ein längliches
Viereck gefaßt, fünf Schuh tief unter der Erde. Bei diesen Arbeiten wurden, wie das
nach den älteren Bäderberichten öfters zu geschehen pflegte, zwei zufällig mit Krank-
heiten behaftete Taglöhner sofort gesund, und nun war der Ruf der alten Quelle wieder
hergestellt. Bis dreißig Meilen weit wurde das Wasser fortgeführt, oft badeten an einem
Tage mehrere hundert Personen. Man leitete aus der alten, unverändert gelassenen
Fassung die Quelle in einen Neubau (Abb. 94), der für Trinkkuren und zum Schöpfen
Bargbernheim j Bertrich / Aachen 229
von Badewasser eingerichtet war^ßi. Nach vielen, auch im Druck veröffentlichten Hei-
lungen schwand der Ruf der Quelle, die fortan gutes Trinkwasser lieferte und gegen
1854 auch eine kleine Badeanstalt für Gesunde erhielt 364.
Das gleiche Schicksal hatte das einst hochberühmte Wildbad zu Burgbernheim in
Franken. Schon Kaiser Lothar ließ 1118 das Wasser nach Nürnberg bringen und be-
nutzte es gegen Nierensteine. 1308 wurde das Bad von vielen vornehmen und geringen
Personen besucht 343^ darunter war der Bischof Gottfried Ili. von Würzburg, der die
Quellen hatte fassen lassen 70. Wegen der Hilfe, die Kaiser Karl IV. im Jahre 1347 bei
seinem Magenweh durch das Wasser fand, verlieh er dem Ort Privilegien in folgender
Urkunde: „Fürters verneuen und befreyen Wir auch der Vogtei Bern ihren Markt, Rath-
haus und von Gott gesegnetes Wildbad, welches Wir selbsten zu Nürnberg zur Ab-
wehr unseres Magengrimmens abholend kräftiglich genossen. Benebens Wir die junge
Gesellschaft der Vogtey Bern, die uns das heilsame Wasser von Bern gen Nürnberg
gebracht, mit einem Danz deren erst gesetzten Ort des Kirchschirms die zween ersten
Tage mit zwanzig, den dritten aber mit zwölf Reihen, Unsere Gnad ewiglich zu ge-
denken, fürgänglich verehren" 70. In den nächsten Jahrhunderten hielt sich das Bad noch,
nahm vielleicht an Bedeutung zu. 1484 gebrauchte es der Kurfürst Albrecht Achilles
von Brandenburg. 1487 wurde ein neues Badehaus gebaut, in den Jahren 1558—1603
betreffen mehrere Verordnungen vom Markgrafen Georg Friedrich das Bad. Dann soll
es verfallen sein 343 Aber doch benutzte es 1Ö05 die Äbtissin Anna vom Kloster St. Afra
zu Würzburg vom 12. Mai bis 20. Juni 367 1712 wurde wieder ein neues Badehaus er-
richtet. Bis 1720 war es viel besucht; der König von Polen, der Markgraf von
Brandenburg-Onolzbach, der Fürst von Sulzbach und der Kurfürst von Mainz ge-
hörten zu den Gästen. Dann trat abermals Verfall ein 343. i856 war der Besuch sehr
gering 364.
Die Bertricher Thermen werden in mehreren Urkunden als Thermae ad Sanctum
Bertricum oder als Aquae Bertlichianae erwähnt. Der Ort soll gegen Ende des 14. Jahr-
hunderts Eigentum der Bischöfe von Trier geworden sein und der Erzbischof Johann zur
Wiederherstellung der Thermen (die schon zur Römerzeit benutzt waren) 1456 sechzehn-
tausend Gulden verwendet und das Gemeinbad errichtet haben. Doch besagen die Gesta
Trevirorum noch beim Jahre 1471, daß derselbe Bischof die ganz verlassenen Thermen
mit ungeheuerem Fleiße repariert und mit einer starken Mauer umgürtet habe. Bis gegen
Ende des 16. Jahrhunderts behaupteten sie ihren Ruf, um dann in Vergessenheit zu ge-
raten. 1741 waren sie verfallen und zerstört. Cohausen suchte sie damals wieder in
Ruf zu bringen, was aber erst achtundzwanzig Jahre später durch Fürsorge des letzten
Kurfürsten von Trier gelang ■?(>.
Aachens römische Bäder waren während der Völkerwanderung zerstört oder in Ver-
fall geraten. Karl der Große setzte sie nach einer karolingischen Chronik wieder in-
stand und traf Vorrichtungen zum Abkühlen der Therme mit kaltem Wasser. Sie
wurden, wie aus Anqilberts Gedichte an Kaiser Karl hervorgeht, prächtig aus-
230 Aachen / Burtscheld / Ems / Pyrmont
gestattet. Marmorstufen führten zum Bassin, und bequeme Sitze umgaben die Wände i*.
Karls Liebe zu den Dünsten der warmen Quellen veranlaßte ihn, zu Aachen ein Schloß
zu bauen, in dem er in seinen letzten Lebensjahren bis zu seinem Tode beständig wohnte.
Und nicht nur seine Söhne, sondern auch die Vornehmen und seine Freunde, nicht
selten auch die ganze Schar seines Gefolges und seiner Leibwächter lud er zum Bade,
so daß bisweilen hundert Menschen und darüber zusammen badeten "9. Dies berichtet
uns EiNHARD, der Biograph Karls des Großen. Es war in Aachen also ein größeres
Bassinbad, wie wir es später in den meisten größeren Bädern finden.
In dem auf der Insel Reichenau geschriebenen Codex Egberti 356 ist ein Badebassin
aus dem Ende des 10. Jahrhunderts abgebildet, nämlich der Teich Bethesda, der, soweit
mir bekannt, auch sonst als unter freiem Himmel liegendes Mineralbad dargestellt ist
(Abb. 12)426 Es hat schon die später meist vorkommende viereckige Gestalt und ist
mit einer Einfassung umgeben.
Nach dem Mönch von St. Gallen badete bereits Pipin vor Erbauung der Badehäuser
in Aachen. Als dieser einst zur Quelle ging, wirbelte plötzlich der Dampf auf, und das
Wasser trübte sich. Pipin deutete es als einen Angriff des Teufels, den er mit dem
Zeichen des Kreuzes und dem Schwerte abwehrte, das dabei tief in den Boden fuhr is
Als die Normannen 881 den Palast Karls des Großen zerstörten oder wenigstens stark
verwüsteten und ausplünderten, machten sie, wie Liutprand ausdrücklich hervorhebt,
auch das Bad zunichte. Seit dieser Katastrophe blieb es nach Stephani Ruine und mag
1225 mit anderen Liegenschaften von Kaiser Friedrich II. dem Münsterstifte geschenkt
worden sein i*. Nach Quellen bei Zappert badeten jedoch Kaiser Heinrich Ili. (1039 — 56)
und mehrere andere Kaiser bei ihrer Anwesenheit in Aachen, und 1226 verlieh der
römisch-deutsche König (nicht Kaiser) Heinrich VII. (der Sohn Kaiser Friedrichs II.)
dem Marienstifte die Aachener Bäder, welche der Reichsministeriale Wilhelm, genannt
Bayer, als Lehen besaß und jenem Stift käuflich überließ iö. Wir sehen hier, daß auch die
Mineralbäder wie die ehehaften Badestuben trotz des Kaufes noch eine Belehnung von
selten des Landesherrn erforderten. 1240 gab die Krönungskirche das Königsbad in Erb-
pacht 70. Von den Aachen benachbarten Burtscheider Bädern wissen wir, daß sie wahr-
scheinlich 786 Eigentum des Benediktinerklosters und später im Besitz einer reichsun-
mittelbaren Nonnenabtei waren. Caesarius von Heisterbach (gegen 1222) erzählt von
einem Mönch, der so einfältigen Sinnes war, daß er fast täglich in den warmen Bädern, die
vor dem Eingange des Klosters des heiligen Johann Baptist zu Burtscheid lagen, unter
den Armen saß, ihnen den Rücken frottierte, den Kopf wusch und die Kleider reinigte.
1355 belehnte der Erzbischof von Köln den Grafen von Nassau mit dem Dorf Ems
und dem Warmbade. 1403 verkaufte eine Gräfin von Nassau das Dorf mit den warmen
Bädern um fünftausend Gulden '^o. Die erste Nachricht über Pyrmont gibt Henricus de
Hervordia, ein Dominikanermönch, der ums Jahr 1 350 lebte. Er beschreibt den jetzigen
Trinkbrunnen sowohl als den Badebrunnen, jener hieß damals fons sacer, dieser fons
bulliens, der Siede- oder Brodelbrunn. Der erstere spritze dem ins Gesicht, der sich dar-
Wildbad / Hall / Liebenzell / Soden / Kreuznach / Wiesbaden 231
über beuge, der andere quille mit solchem Geräusch, daß man ihn auf beträchtliche
Weite schon höre 3^2 Württembergs Wildbad wird zum erstenmal aus Veranlassung des
Überfalls des Grafen Eberhard des Greiners, der hier zur Kur weilte, durch die Martins-
vögel im Jahre 1367 erwähnt. Das Haller Wildbad — nicht zu verwechseln mit dem
dortigen, später entdeckten Solbad — wird schon in jener bereits erwähnten Ur-
kunde aus dem 13. Jahrhundert genannt iH 1403 wurde das untere Bad zu Liebenzeil
verliehen, 1415 „unser nüw wildbad zu Liebenzelle, genant das ober bade", ein Beweis,
daß die Zahl der Besucher zugenommen hatte ö'. Im 16. Jahrhundert zählte das „Zeller
Bad", wie es meist genannt wurde, zu den angesehensten Bädern, im 18. wurden die
beiden Badeanstalten sogar durch eine Lindenallee verbunden. Trotzdem ging die Re-
gierung gegen Ende des Jahrhunderts mit dem Plane um, eines der Bäder eingehen zu
lassen. Um diese Zeit scheinen beide in Privatbesitz übergegangen zu sein, allein auch
so wollten sie nicht gedeihen. Kurz vor 1839 war es nahe daran, daß eines der Bäder
zu anderen Zwecken verwendet wurde i54. Von da ab kam es mit den anderen württem-
bergischen Bädern zusammen wieder in die Höhe.
Die Sodener Mineralquellen werden in Frankfurter Urkunden zum ersten Male 1433
genannt, von 1437 an auch eine warme Quelle. Die Stadt Frankfurt erhielt durch kaiser-
liches Privileg das Eigentumsrecht „der Quelle und Springe einer warmen Adern und
Flosses" und wurde ermächtigt, sie zu „bessern, bauen und gebrauchen". 1567 fanden
sich zu Soden vier Salzbrunnen und die warme Quelle. Im Frankfurter Ratsprotokoll
desselben Jahres heißt es, wenn man die letztere zurichten ließe, so könnte sie als Bad
benutzt und so mit der Zeit einträglich gemacht werden. Sie wurde damals wirklich
gefaßt und um ihretwillen Soden seitdem als Kurort besucht. Die Solquellen dienten
nur zur Salzgewinnung. Später wurde der warme Quell verschüttet, wie es heißt von
den Einwohnern zugedeckt, die im Dreißigjährigen Kriege zum Auswandern genötigt
worden seien. Nach ihrer Rückkehr fanden sie die Quelle nicht wieder. Am Anfang des
18. Jahrhunderts brach sie von selbst hervor, und man fand beim Nachsuchen die alte
Brunnenfassung. Von dieser Zeit an diente Soden wieder als Kurort, wurde jedoch an-
fänglich nur von wenig Gästen, meist Frankfurtern, besucht 127. Zu Kreuznach erhielten
14Q0 zwei Köche des Pfalzgrafen Philipp bei Rhein den „saltz- und badbronnen"
wegen treuer Dienste zum Erblehen mit der Erlaubnis, eine oder mehrere Badestätten
zu errichten, was für andere gleichzeitig verboten wurde. Die Benutzung der Solquellen
als Bad reicht demnach nicht über 14Q0 zurück 6'.
Im Testamente der Begine Methildis zu Boppard findet sich 1322 eine auf die Blüte
der Bäder zu Wiesbaden gehende Notiz. Im 14. Jahrhundert waren elf Bäder vorhanden,
deren ältestes sich 1326 nachweisen läßt «2. |n den achtziger Jahren des H.Jahrhun-
derts beschrieb Henricus de Lanoenstein, dictus de Hassia, (1325 — 13Q7) ein Wand-
gemälde im Saale des Mainzer Kämmerers und Domherrn Johann von Eberstein, das
ein Badefest in Wiesbaden darstellte 357. Hier die Schilderung in der deutschen Über-
setzung von Schultz 210;
232 Wiesbadener Leben im 14. Jahrhundert nach Heinrich von Langenstein
„Von fleischlicher Lust.
Wenn ich mich nicht täusche, so ist der Sinn dessen, der die Reihe besagter Malereien
angab, von dem Geiste getrieben worden, um stillschweigend die Meinung des Apostels
Johannes auszudrücken, der da spricht: „alles was auf der Welt vorhanden ist, ist Be-
gehrlichkeit des Fleisches oder Begehdichkeit der Augen oder Übermut des Lebens".
Das heißt: alle Laster weltlicher Verirrung sind auf drei zurückzuführen: fleischliche
Lust, weltliche Habgier und Stolz auf eitlen Ruhm. Wie aber konnte schicklicher fleisch-
liche Lust dargestellt werden, als auf einem Bilde des Wiesbadener Festes, das durch
alle Fleischlichkeit anstößig, von dem Schaume aller sinnlichen Wollust triefend ist?
Zu ihm kommen sie von allen Seiten in Freude und Ausgelassenheit, mit Trompeten
und Pfeifen, mit vollen Kasten und Flaschen, man bringet Lebensmittel und die leckersten
Getränke herbei, man nimmt Geld in Menge mit, seltsame Kleider werden mitgeführt;
in der Hoffnung, sich zu ergötzen, wird schon auf dem Wege gespielt, gesungen, ge-
plaudert, als ob man am Ziele die Freude der Glückseligkeit zu erwarten habe. Wenn
man angekommen ist, werden Gastereien veranstaltet, man sucht der Frauen Gesell-
schaft, geht ins Bad, wäscht den Leib, befleckt die Seele. Man geht heraus, und es
schmettern die Trompeten, erklingen die Pfeifen, beginnen die Tänze. Da werden den
keuschen Augen der Zuschauer vorgeführt die Schauspiele der Verderbnis, nämlich die
wollüstigen Gebärden, die unzüchtigen Kleider beider Geschlechter. Da sieht man bei
den Frauen die Blöße des Busens, bei den Männern die Entblößung des Gesäßes,
überall Ausschweifung, durch die ein keuscher Sinn beleidigt wird. Was mehr? Hier
sieht man lauter Eitelkeit und Zerrüttung, keine Frömmigkeit, keine Ordnung, hier ist
Gottvergessenheit, hier ist jede Tugend verbannt; es gibt keine Schamhaftigkeit, es fehlt
das Maßhalten, es herrscht die Genußsucht, es rast die Wollust. Bei diesem Feste des
Bauches, oder richtiger diesem öffentlichen Hause der Venus, diesem Spielwerk des
Teufels, wirst du wunderbare Ungeheuer sehen: wenn der Mönch im ritterlichen Kleide
sich sehen läßt, der Ritter in der Mönchskutte, die Nonne im Anzug einer öffentlichen
Dirne, der Geistliche in Frauenkleidern. Da werden versteckt Küsse gegeben : es küssen
sich Männer und Weiber. Im Bade sitzen sie nackt mit Nackten beisammen (vgl. Abb. 95),
nackt mit Nackten tanzen sie. Ich schweige darüber, was im Dunkeln vor sich geht, denn
alles geschieht öffentlich. Aber was ist das? Der Ausgang und der Eingang dieses un-
sinnigen Festes ist nicht gleich, wenn, nachdem alles verzehrt ist, die Kasten leer zurück-
kommen, die Geldbeutel ohne Geld, man die Rechnung hört und die Verschleuderung
so vielen Geldes bereut. Und zuweilen beißt auch die Seelen der Heimkehrenden das
Gewissen wegen der begangenen Sünden. Der ist traurig über solche Verirrung, der
klagt, weil er von der Lust scheiden muß, der gedenkt betrübt, wie kurz und inhaltlos
die Freuden der Welt sind. Was mehr? Sie kehren heim, die Körper sind weiß ge-
waschen, die Herzen durch Sünde geschwärzt; die gesund hingingen, sie kehren heim
angesteckt (discrustati); die durch die Tugend der Keuschheit stark waren, kehren heim
verwundet von den Pfeilen der Venus. Das möchte noch wenig bedeuten, wenn nicht
Wiesbadener Leben im 14. Jahrhundert nach Heinrich von Langenstein 233
■!<•
Abb. 95. Darstellung eines Wildbades. Federzeichnung von Peter Flötner. 16. Jahrhundert*.
die Mädchen, die als Jungfrauen hinreisten, als Dirnen zurücki<ehrten, als Ehebreche-
rinnen, die anständige Ehefrauen waren, wenn nicht als Teufelsweiber heimkehrten,
* Die Unterschrift lautet: „Die fissirung Jst nit die recht groß sunder Ein meinung der vonn man
muß den prunnen vnd Berckwerck nach machenn Bey niaister pancraz findt man wol aller ley gattung
der zue nur das man dor noch fein zusamen rieht vnd ordennir." Konrad Lange identifiziert den
iVleister Pancraz mit Pancraz Labenwolf und nennt die Zeichnung den „Entwurf zu einer bronzenen
Brunnenverzierung, die offenbar bestimmt war, in der Werkstatt Labenwolfs ausgeführt zu werden".
Diese Mitteilung verdanke ich der Generalverwaltung der königlichen iVluseen in Berlin durch Herrn
von Loga. Von Pancraz Labenwolf (f 1563) stammen in Nürnberg der Oänsemännchenbrunnen
und der Brunnen im alten Hofe des Rathauses.
234
Pfäfers
Ji-tücht Bab
Therm« Leucfi.
Abb. Q6. Leuk im Wallis. Holzschnitt aus: Sebastian Münster, Cosmographiae universalis Lib. VI.
Basel, Petri, 1550.
die als Gottesbräute hingingen. Und so erfahren sie durch diese und andere Anlässe
zur Trauer bei der Rückkehr alle die Wahrheit des Satzes, daß das Ende aller fleisch-
lichen Lust Trauer ist."
Pfäfers wurde 1038 entdeckt, 1240 oder 1242 wiederum. Um 1242 traf der Fürstabt
Hugo II. von Villingen eine Vorrichtung zum Baden, aber erst in der zweiten Hälfte des ,
14. Jahrhunderts scheint Abt Johann II. von Mendelbüren ein Badehaus errichtet zu
haben, das in der Schlucht mitten über der Tamina auf hölzernen Tragbalken ruhte
(Abb. 130). 1382 gab es der erwähnte Abt zwei Brüdern Camaurizi aus Valens auf zehn
Jahre zu Lehen unter der Bedingung, noch einiges an Gebäuden aufzuführen und die
Personen des Klosters unentgeltlich aufzunehmen. Da der Andrang der Gäste immer
stärker wurde, so errichteten teils die Pächter, teils Private einige Häuser im Badtobel,
der Schlucht am Wege nach Valens. Den Hindernissen, welche die Natur der Entwick-
lung des Bades entgegenstellte, traten Zwistigkeiten des Klosters mit dessen Schirm-
Leuk
235
Vögten zur Seite, die auch ein Recht am Bad zu haben behaupteten und in der Tat seit
1330 den halben Pachtzins bezogen hatten, bis 13Q6, wie schon erwähnt, Graf Johann
von Werdenberg seine Ansprüche am Bad zu seinem und seiner Familie Seelenheil an
das Kloster abtrat. 1420 errichtete Abt Werner IV. von Reitnau ein neues Badhaus, ließ
den Weg etwas zugänglicher machen und löste nach und nach die erteilten Badlehen
wieder ein. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts gingen die im Badtobel gelegenen Häuser
an das Kloster übersie.
Die Lenker Thermen werden 1315 zum erstenmale urkundlich erwähnt. 1481 er-
neuerte der Bischof Jost von Sitten einige Logierhäuser, ließ für sich ein besonderes
Bad erbauen und legte den Grund zum großen Ruf der Quellen. Weitere Bauten folgten.
Aber 1518 zerstörte eine Lawine alle größeren öffentlichen Gebäude und zahlreiche
Privathäuser 90. Die darauf neu erstandenen Einrichtungen waren sehr einfach (Abb. 97)
und trotzdem berühmt. Fast in keiner der Bäderbeschreibungen des 16. Jahrhunderts
sind sie unberücksichtigt geblieben. Den völligen Untergang des alten Bades brachte
am 18. Januar 1719 eine riesige Lawine, die fünfzig Häuser, alle Bäder, die Gasthöfe, das
Steinhaus des Kardinals und eine Menge Hütten zerstörte, wobei fünfundfünfzig Per-
sonen umkamen. Ein neues Dorf entstand am rechten Dalaufer „ohne Schönheitsrück-
(S/ioepre^'nicLttjon, cIl Unieneur dw cySaÜTn&nt
Abb. Q7. Leuk im 18. Jahrhundert. Kupfer nach von Rodt.
236 Fideris / Worms
sichten, ohne Bequemlichkeit, die zusammengedrängten Häuser mit unbequemem Zu-
gang und wunderlicher Lage, die kleinen Straßen ohne Plan". (Vgl. Abb. Q6.) Es ver-
schwand durch die modernen Bauten der Neuzeit ^o.
Während wir bis zum 16. Jahrhundert vom Sauerbrunnen zu St. Moritz noch keine
Nachricht haben, wird der zu Fideris im Prättigau 1464 urkundlich erwähnt. Das später
eingegangene untere Badbrünneli wurde mit der Verpflichtung verliehen, ein Bad zu be-
ginnen. Die Bewohner von Fideris verpflichteten sich, so lange im unteren Bad Platz
sei, keine Fremden ins obere (jetzige) Bad zu führen. 1497 war letzteres im Besitze des
Hauses Österreich und wurde verpachtet. 152Q hatte es Pergätzi von Fideris zum Lehen.
Er bat die Gemeinde, da er alles, was ihm Gott an Zeitlichem beschert, auf das Bad ge-
legt habe, man solle ihm, dieweil das Bad ein Schatz und eine Gabe Gottes sei, in das
so „meng siech presthaft Mensch" komme, der darin gesund und gebessert werde, ge-
statten, statt nur eines Pferdes drei auf die Gemeindeweide zu treiben. 1545 riß, wie
Campell berichtet, die durch einen Wolkenbruch angeschwollene Raschitscha alle Bäder
und Gebäude samt allem Inhalt hinweg, so daß die Quelle verschüttet wurde und lange
nicht mehr gefunden werden konnte. Alles mußte neu erbaut werden; 1547 sah Cam-
pell, wie eine Menge Männer einen ungeheueren Wasserwärmkessel über den engen
Fußsteig wieder in das Bad schleppte. Von 1550 an wurden Küche, Keller, Metzgerei,
Bäckerei, Wirtsstüblein, Tanzlaubezimmer, Landvogteistüblein, Spensa und Zwicke-
zimmer errichtet 90. 1553 kam der Züricher Naturforscher Conrad Gessner nach Fideris
und bewunderte dort das Pumpwerk, mit dem der Sauerbrunnen in die Badkessel ge-
hoben wurde (Abb. 98)334 für die damalige Zeit war diese Anlage ein Ereignis.
Fideris scheint überhaupt sehr gut eingerichtet und eine Art Luxusbad gewesen zu
sein; denn 1559 schreibt der Baseler Arzt Hugoelin: „Wo einer zu vil gelt inn dem
seckel hat, dem hilfft es auch geschwind daß er sein ledig wirt. Dann guten weyn, auch
andere gute kost findet man genüg in disem Bad" ^^, und Martin Ruland sagt 1568:
„Für alle kranckheit helffen warme Bäder, vnd dz Bad Fideris" 400. Seither blieb es fast
ununterbrochen im Gebrauch.
Es muß hier eines im welschen Gebiet liegenden Bades gedacht werden, das für
das deutsche Badeleben von nicht untergeordneter Bedeutung war. Bormio, deutsch
Worms genannt, schon von Plinius beschrieben und vom Ostgotenkönig Theoderich
dem Großen benutzt 38, hatte 1336 Petrus de Tussignano zu Gaste, der dort am 13. März
des genannten Jahres „ad honorem Dei, beatae Mariae, et Sancti Martini" zwölf Bade-
regeln aufstellte 333, die dien deutschen Schriftstellern später zur Richtschnur dienten. 1616
war Bormio weit berühmt, nicht nur in Rätien, Tirol, Bayern, Schwaben, Österreich, den
anstoßenden Ländern Italiens, sondern auch bei den äußersten Holländern und Goten
in solcher Gestalt, daß ein Sprichwort bei ihnen entstand: „Wormserbad heylt allen
schad" 59.
Die Bäder zu Baden in der Schweiz führen nach Konrad Gessner in alten Schriften
die Namen „das Bad der Drey Küngen in Ober-Schwaben, bey Schweitz", so benannt
Fideiis
237
A Locus in quo aqua Balnei hauritul' e puteo.
B Rotaquamriuusmontanusinjpellitr
C Cinalislrgneus.
D AquadcflucnseriuomontanoimpcIlCTis.
Rotam.
E Aqua riui montani (corfuitidefluens qumcio
nonimpcllic rotam.
F HaftjE immini quzimplenttubos.
G Tubiin puteum demi^:.
H Orbisligneus.
I Corfuscu-cumaffimis.
K CanalisexquoaquacfFunctitur.
L Lcbcs 111 quo calefic aqua.
M Lignum quod eft opercuium-impediens
riuummontanum.
N Baculum prxcipuü quod fuftinct Cyconiam.
O Tabuiaquilcbccem operit.
P Baculum paruum infixum opcrculo Lebens.
Abb. 98. Pump- und Heizwerk des Sauerbrunnens zu Fideris. Holzschnitt aus: Conradus Oesnerus,
De Thermis Helveticis. In: De Balneis. Venetiis (Venedig) apud Juntas, 1553.
238
Baden im Aarsaii
nach der Kapelle der Heiligen drei Könige, und „das Bad der Herzogen in Österreich" H
Die Stadt wurde „Herzogen-Baden" im Gegensatz zu Markgrafen Baden (Baden-Baden)
genannt 315. Beide werden auch als Ober- und Niederbaden unterschieden. Die alten
Bäder waren offen, doch kommt schon im 13. Jahrhundert auch ein geschlossenes Bad
(clausum balneum) vor, das wahrscheinlich der noch öfter zu nennende Hinterhof war.
1322 gab es der Herzog Leopold von Österreich dem Lienhard Meyer von Baden zum
Erblehen, in dessen Familie „das beslozzen päd ze Paden" (1357, 1364) bis zu Anfang
des 15. Jahrhunderts blieb samt einem zweiten, dem 1398 genannten Widchenbade, ver-
mutlich der späteren Kesselquelle zum Bären. „Der Hof nid dem Rain oder am Rey",
der spätere Staadhof, wurde 1361 vom Herzog Rudolf von Österreich zum Lehen ge-
geben, aber 1405 dem Heinrich Kauf-
mann wegen treuer Kriegsdienste
gegen die Schwyzer zum Eigentum
geschenkt, während der Hinterhof
bis ins 19. Jahrhundert Lehen blieb.
Die Inhaber der beiden Höfe waren
nicht etwa Bader oder Scherer, son-
dern vornehme Personen. Götz
Meyer vom Hinterhof war Untervogt
von Baden und Ritter. Er zog als
Bannerträger der Stadt 1386 mit zwei
Söhnen auf österreichischer Seite in
die Schlacht bei Sempach, wo er auf
der Wahlstatt blieb. Bis ins 19. Jahr-
hundert waren die beiden Höfe nur
von der vornehmen Welt besucht,
bis sie 1872 von einer Aktiengesell-
Abb. 99. Baden im Aargau. Holzschnitt aus: JoH. Stumpf, Schaft gekauft und niedergerissen
Schweizerchronilf. Züricti, Froschauer, 1548. wurden. AUS ihnen entstand das
heutige Grand Hotel. Daneben gab es schon im 14. Jahrhundert die bürgerlichen Bade-
häuser zum Bären, zum Ochsen, zum Raben, zur Blume und zur Sonne. So wurde z. B.
der Bär, der österreichisches Lehen war, 1361 verpfändet, der „Badhof, so man nennt des
Berners Geseste, mit Haus, Hofstatt, Bädern und den fließenden warmen Wassern, die
von altersher in die Bäder gerinnen, mit all dem, so dazu gehört". Wir finden auch
hier die Zahlung des Zinses in Naturalien. Das später zum Raben genannte Bad gab
1299 jährlich nur zwei weiße Gänse. Neben diesen Badegasthäusern bestand ein grö-
ßeres Gasthaus, das zum Schlüssel (in Abb. 99 durch sein Aushängeschild kenntlich),
das kein Thermalwasser hatte. Es besaß den anderen gegenüber aber Vorrechte —
nachweislich seit dem Jahre 1377 — , die darin bestanden, daß jedermann, sei er bei ihm
in Herberge oder nicht, um sein Geld essen und trinken konnte, was er wollte. Den
Baden im Aargaii 239
anderen Wirtshäusern in den Bädern war bei Strafe untersagt, fremden Gästen, die
nicht bei ihnen Herberge hatten, Speise und Trank zu verabreichen. Zur Erläuterung sei
angeführt, daß die Bäder eine Viertelstunde von der Stadt entfernt lagen und somit die
Wirtshäuser in der Stadt von dieser Verordnung nicht getroffen wurden, ja sie war in
deren Interesse erlassen. Das Vorrecht des Schlüssels wurde dadurch zunichte, daß
er 1404 von der Stadt gekauft wurde, nachdem der Rat von Baden mit dem Besitzer,
dem Kreuzfahrer Walter Brunner, 1398—1503 bis zum kaiserlichen Landgericht in Rott-
weil herumprozessiert hatte 32. Brunner hatte nämlich sein Vorrecht auf Grund einer
päpstlichen Bulle erhalten, die anscheinend die Stadt anerkennen mußte. Noch im 16. Jahr-
hundert durften die Badewirte nur ihren Gästen und keinen anderen Leuten Wein und
Speisen auftragen, damit den Wirten in der Stadt kein Abbruch geschehe. Obwohl jene
1510 vorstellig wurden, sie könnten gar nicht verhindern, daß die Karrer und die Gäste
derselben, daß der Besuch der Badenden Herberge nähmen, daß die Badegäste selbst
einen Fremden zum Trunk einlüden, die von Baden beriefen sich auf Brief und Siegel,
und die acht Orte bestätigten es 3i5. [m Schlüssel befand sich ein mit zwölf Tischen ver-
sehener geräumiger Sommersaal, in dem die vornehmen Herren aus den beiden Höfen,
wenn sie nicht eigene Küche führten, die Mahlzeiten einnahmen; denn die Inhaber der
Höfe gaben noch im 15. Jahrhundert ihren Gästen nur Zimmer und Bäder, aber keine
Lebensmittel. Außerdem gab es in den Bädern mehrere Gasthäuser, in denen die
ärmeren Leute wohnten, welche die beiden freien Bäder, das Verena- und das Freibad
benutzten. Vom Freibad ist 139Q das erstemal die Rede. Die Herren von Rümlang,
welche das Scher- und Schröpfrecht daselbst als Lehen besaßen, setzten durch, daß ein
Scherer Hensli, der dort seinen Beruf auszuüben sich anmaßte, weggewiesen wurde.
Den sogenannten großen Bädern gegenüber liegen auf der anderen Seite der Limmat
die sogenannten kleinen. 1347 stritten die Besitzer der fünf Wirtshäuser um den Besuch
der dortigen zwei öffentlichen Bäder. Der Zwist wurde dahin beigelegt, daß alle Gäste
der fünf Wirtshäuser gleiche Rechte haben sollten 32
Einen eingehenden Bericht über das Leben zu Baden hat uns Johann Franz Poooio
in einem 1417 an seinen Freund Nicolo Nicoli gerichteten Briefe hinterlassen. Poggio
war vierzig Jahre lang Sekretär von zehn verschiedenen Päpsten und starb 1459 als
Kanzler der Republik Florenz. Er begleitete den Papst Johann XXIII. zum Konzil nach
Konstanz, von wo aus er die Bäder zu Baden besuchte. Ich gebe seinen Bericht nach
der Übersetzung im helvetischen Almanach von 1800 wieder 327.
„Ich schreibe dir diesen Brief aus den hiesigen Bädern, wohin mich die Gicht an den
Händen getrieben, und denke, sie verdienen es, sowohl die Lage und Anmut derselben,
als die Sitten der sich hier aufhaltenden Gäste, und ihre Badensweise dir zu schildern.
Die Alten machten viel Redens von den Bädern zu Puteoli, wohin beinahe ganz
Rom, um sich zu eriustigen, zusammenfloß. Allein, nach meiner Meinung, kamen die-
selben in dieser Rücksicht den hiesigen nicht bei, und leiden überhaupt keine Ver-
gleichung mit ihnen. Dort trug die Schönheit der Gegend und die Pracht der umliegenden
240 Poggios Bericht über Baden im Aargau von J4J7
Landhäuser, mehr als das Baden und die fröhliche Gesellschaft, zu den Vergnügen des
Orts bei. Hier hingegen gewährt die Lage dem Gemüt keine, oder doch nur sehr ge-
ringe Ergötzung; alles andere aber hat so unendlichen Reiz, daß ich mir öfters träumen
konnte, Cypria selbst, und was sonst die Welt Schönes in sich fassen mag, sei in diese
Bäder zusammengekommen; so sehr hält man hier auf die Gebräuche dieser Göttin, so
sehr findest du da ihre Sitten und losen Spiele wieder; und so wenig die guten Leute
Heliogabals* Rede gelesen haben, so]vollkommen scheinen sie doch von Mutter Natur
selbst hierin unterrichtet zu sein.
Vor allen Dingen aber noch ein Wort von dem Wege, der von Constanz hieher
führt, damit du wissest, in welchem Teile Galliens unsre Bäder gelegen seien.
Den ersten Tag fuhren wir in einem kleinen Nachen auf dem Rhein bis Schaff-
hausen sechs Meilen weit; hernach mußten wir des hohen Falles wegen, den dort der
Fluß über abgerissene schroffe Felsen macht, anderthalb Meilen zu Fuße gehen, und
kamen so zu dem jenseit des Rheins gelegenen Schlosse, Kaiserstuhl, wo, aus dem Namen
zu schließen, die Römer (der vorteilhaften Lage wegen, auf einem hohen Hügel, an dem
Strome, wo Gallien mit Germanien durch eine kleine Brücke verbunden wird) einst ein
Lager gehabt.
Auf unserer Straße sahen wir, wie gesagt, den Rhein von einem hohen Berg über
dazwischen stehende Klippen mit einer Wut und einem Getöse sich herabstürzen, daß
man glauben sollte, er bejammre selbst seinen Fall. Hier fiel mir ein, was man von den
Katarakten des Nils erzählt, daß nämlich die daran wohnenden Menschen von dem Ge-
räusch und Geprassel taub werden, da man schon das von diesem Flusse, der doch
gegen jenen nicht viel mehr als ein Waldbach ist, fast eine halbe Stunde weit höret.
Endlich kamen wir nach Baden, einer ziemlich wohlhabenden Stadt, die in einem von
Bergen rundum eingeschloßnen Tal an einem großen schnell laufenden Flusse liegt,
welcher anderthalb Meilen unter dem Ort sich in den Rhein ergießt.
Ungefähr eine Viertelstunde von der Stadt nun, dicht am Flusse, hat man zum Ge-
brauch der Bäder einen schönen Hof angelegt, in dessen Mitte sich ein großer Platz
befindet, ringsum von prächtigen Gasthäusern umgeben, die eine Menge Menschen
fassen können. Jedes Haus hat sein eigenes Bad, dessen sich nur diejenigen bedienen,
die in demselben wohnen. Die Zahl der öffentlichen und Privatbäder beläuft sich zu-
sammen an die dreißig. Für die niedrigste Klasse des Volkes indessen sind zwei beson-
dere von allen Seiten offne Plätze bestimmt, wo Männer, Weiber, Jünglinge und unver-
heiratete Töchter, kurz alles, was vom Pöbel hier zusammenströmt, zugleich baden, in
diesen befindet sich eine die beyden Geschlechter absondernde Scheidewand, welche
jedoch nur Friedfertige abhalten könnte; und lustig ist es anzusehn, wie da zugleich
alte abgelebte Mütterchen und junge Mädchen, nackend vor aller Augen hinabsteigen,
* Omnes de circo, de theatro, de stadio, et omnibus locis et balneis, meretrices collegit in aedes
publicas, et apud eas concionem habuit quasi militarem, dicens eas commilitones, disputavitque de
generibus schematum et voluptatum. Ael. Lampr. Heliogab. 25. in Script. Hist. Aug. (Ups. 1774) p. 194.
Poggios Bericht über Baden Im Aargau von 1417
241
und das, was sonst jedermann sorgfältig verbirgt*, den Mannsblicken preisgiebt. Mehr
als einmal hat mich dieses köstliche Spektakel belustigt; die floralischen Spiele sind mir
dabei eingefallen, und ich habe bei mir selbst die Einfalt dieser guten Leute bewundert,
die eben so wenig ihr Auge darauf richten, als sie dabei das mindeste Arge denken
oder reden.
Nun die besondern Bäder in den Gasthöfen betreffend, so sind diese sehr schön
ausgeputzt, und — beiden Geschlechtern gemein. Zwar werden dieselben durch ein Ge-
täfel gesondert, worin aber verschiedene Ablaßfensterchen angebracht sind, durch
welche man zusammen trinken und sprechen, und sich also gegenseitig nicht bloß
sehn, sondern auch berühren kann, wie denn dies Alles häufig geschieht. Neben dem
sind in der Höhe Gänge angebracht, wo
sich Mannspersonen zum Sehen und Plau-
dern einfinden; und, wohlverstanden,
stehet da jedem frei, in des andern Bad
einen Besuch zu machen, zu scherzen, sein
Gemüt zu erheitern, und beim Hereintritt
ins Bad, sowie beim Aussteigen, hübsche
Frauen am größten Teil des Leibes nackend
zu schauen. Also keine Posten bewahren
hier die Zugänge, keine Thüren — zumal
keine Furcht des Unanständigen, ver-
schließen sie. In mehreren Bädern treten
sogar beide Geschlechter durch denselben
Eingang ins Bad, und nicht selten trägt
sich's zu, daß die Mannsperson einem nack-
ten Frauenzimmer, und umgekehrt, begeg-
net. Doch binden die Männer eine Art von
Schürzevonund die Weiber haben ein linnen „ ,^^^ ,, . ., ^.., , ^^ .ooi,».,
' HuOGELiN, Von heilsamen Badern des Teutsdien-
Gewand an, welches aber von oben bis in lands. Mühlhausen, 1559.
die Mitte, oder an der Seite offen ist, so daß weder Hals, noch Brust, noch Arme, noch
Schultern damit bedeckt sind (Abb. 100). In dem Bade selbst speisen sie öfters von all-
seitig zusammengetragenen Gerichten an einem Tisch, der auf dem Wasser schwimmt
(Abb. 87, 102), wobei sich natürlich auch die Männer einfinden. In dem Haus, wo ich
badete, wurde auch ich eines Tags zu einem solchen Fest eingeladen. Ich gab meinen
Beitrag, ging aber, ob man mir gleich sehr zusetzte, nicht hin — und zwar nicht aus
Schüchternheit, die man hier für Faulheit oder bäurisches Wesen hält, sondern weil ich
die Sprache nicht verstand; denn es kam mir abgeschmackt vor, daß ein des Deutschen
unkundiger Welsche, stumm und sprachlos zwischen Schönen, einen ganzen Tag im
Bad bloß mit Essen und Trinken zubringen sollte. Zwei meiner Freunde hingegen
* Verenda et nates, sagt der geistliche Begleiter eines Papstes auf ein Conzilium ohne alle Umstände.
Martin, Badewesen 16
242
Poggios Bericht über Baden im Aargau von 1417
1
fanden sich wirklich ein, aßen, tranken, schäk-
kerten, sprachen durch einen Dolmetsch
mit ihnen, wehten ihnen mit einem Fächer
Kühlung zu, und kurz belustigten sich sehr.
Denn nichts fehlte an dem Schauspiel, als
die Vorstellung Jupiters, wie er durch den
goldnen Regen auf Danaen wirkte, usw.
und waren zwar meine Gefährten mit dem
Linnengewand bekleidet, das auch Männer
anzulegen pflegen, wenn sie in Frauen-
Abb. 101. Mineralbad. Titelholzschnitt aus: . ,..■, , , ■, i u i
,-.,.,,^ir .^ „ „ Ml u 1 D-_, Zimmerbader geaden werden. Ich sah
Gallus Etschenreutter, Aller heilsamen Bader *=
und Brunnen Natur. Straßburg, 1571. dann alles an von der Galerie, die Sitten und
Gewohnheiten dieser Ehrenleute, ihr gutes Essen, ihren angenehmen, zwanglosen Um-
gang. Wunderbar ist es zu sehen, in was für Unschuld sie leben, und mit welch un-
befangenem Zutrauen die Männer zuschauten, wie Fremde gegen ihre Frauen sich
Freiheiten herausnahmen; nichts beunruhigte sie; Alles deuteten sie zum Besten aus;
oder viel mehr, sie gaben nur nicht Acht darauf. Denn nichts ist so schwer, das, nach
den Sitten dieser guten Menschen, nicht federleicht wird. In Platons Republik, deren
Sitten Alles gemein machen, hätten sie sich vortrefflich benommen, da sie schon, ohne
seine Lehre zu kennen, sich so zu seiner Sekte neigen.
Einige dieser Bäder gebrauchen, wie schon gesagt, Manns- und Frauenspersonen
zugleich, wenn sie untereinander durch Bande des Bluts oder der Freundschaft ver-
bunden sind. — Mancher besucht täglich drei bis vier solcher Bäder, und bringt da den
größten Teil seines Tages mit Singen, Trinken und nach dem Bade mit Tanzen zu. Selbst
im Wasser setzen sich einige hin und spielen Instrumente (Abb. 95, 101, 102, 111). Nichts
aber kann reizender zu sehen oder zu hören sein, als wenn eben mannbare oder schon
in voller Blüte stehende Jungfrauen, mit dem schönsten offensten Gesicht, an Gestalt
und Benehmen Göttinen gleich, in diese Instrumente singen, ihr leichtes zurückgewor-
fenes Gewand auf dem Wasser schwimmt, und jede eine andre Venus ist. Dann haben
sie die artige Sitte, wenn Männer ihnen von oben herab zusehen, sie scherzweise um
ein Almosen bitten; da wirft man, zumal den hübschem, kleine Münzen zu, die sie mit
der Hand oder mit dem ausgebreiteten Linnengewand auffangen, indem eine die andre
wegstößt; und werden bei diesem Spiel eben nicht selten auch die geheimen Schön-
heiten enthüllt. Ebenso wirft man ihnen auch aus allerlei Blumen geflochtene Kränze
herab, mit denen sie sich das Köpfchen schmücken.
Diese vielfältige Gelegenheit, das Auge zu ergötzen und den Geist zu ermuntern,
hatte einen so großen Reiz für mich, daß, ungeachtet ich selber täglich zweimal badete,
ich noch die übrige Zeit mit Besuchung andrer Bäder zubrachte, und ebenfalls Münzen
und Kränze hinunterwarf, wie die Andern. Denn unter diesem immerwährenden Ge-
räusch von Klang und Gesang, war da weder zum Lesen noch zum Denken Zeit; und
Treiben in einem Mineralbade des 16. Jaliriuinderts
244 Poggios Bericht über Baden im Aargau von 1417
hier allein weise sein wollen, wäre die größte Torheit gewesen, zumal für Einen,
der kein selbstpeinigender Menedem, und dem nichts Menschliches fremde ist. Zur
höchsten Lust mangelt freilich noch die Unterhaltung durch Gespräche, die denn doch
unter allen die vorzüglichste ist. Mir blieb also nichts übrig, als die Augen an den
Schönen zu weiden, ihnen nachzugehn, sie zum Spiele zu führen und wieder zurück-
zugeleiten. Auch war zum nähern Umgange Gelegenheit da, und so große Freiheit
dabei, daß man sich eben um die gewohnte Stufenleiter der Bewerbung um Gunst und
Zuneigung nicht zu bekümmern brauchte.
Außer diesen Vergnügungen gab es dann noch eine andere von nicht geringem
Reize. Hinter den Höfen, allernächst an dem Flusse, liegt nämlich eine große, von vielen
Bäumen beschattete Wiese. Hier kömmt nach dem Essen jedermann zusammen und
belustigt sich mit Gesang, Tanz und mancherlei Spielen. Die meisten spielen Ball; aber
nicht wie bei uns, sondern Manns- und Weibspersonen werfen sich, jedes dem, den es
am liebsten hat, einen solchen Ball zu, worin viele Schellen sind. Alles läuft zu, ihn zu
haschen ; wer ihn bekömmt, hat gewonnen, und wirft ihn wieder seinem Geliebten zu :
Alles streckt die Hände empor, ihn zu fangen; und wer ihn hält, tut, als ob er ihn bald
dieser, bald jener Person zuschanzen wollte. So viele andere tausendlustige Ergötzlich-
keiten muß ich, der Kürze wegen, übergehen, und gab dir nur das Pröbchen von
einigen, um dir einen Begriff zu machen, was hier für eine große Gesellschaft von Epi-
kuräern sei. Bald glaub ich, das sei der Ort, wo der erste Mensch geschaffen worden,
den die Hebräer Gan Eden, d. i. den Garten der Wollust nennen; denn, falls anders
diese uns Glückseligkeit verschaffen kann, so seh' ich nicht, was dem Orte hier fehlet,
um solche vollkommen zu gewähren.
Fragst du mich denn, Freund ! weiter, zumal nach der Kraft des hiesigen Wasser, so
ist dieselbe eben sehr verschieden und mannigfaltig; in einigen Stücken aber besonders
groß und fast göttlich ; denn auf der ganzen Welt, glaub ich, ist kein Bad, welches mehr
die weibliche Fruchtbarkeit fördere. Kömmt eine Frauensperson hieher, deren Leib ver-
schlossen ist, so erfährt sie bald die bewundernswürdige Wirkung dieser Bäder, wenn
sie nur geflissen die Mittel anwendet, welche die Kunst den Unfruchtbaren vorschreibt.
Unzählbar ist übrigens die Menge der Vornehmen und Gemeinen, die, nicht sowohl
der Kur, als des Vergnügens wegen, von 100 Meilen weit hier zusammenkommen. Alle
die lieben, alle die heiraten wollen, oder wer sonst das Leben im Genüsse setzt, strömen •
hieher, wo sie finden, was sie wünschen. Viele geben körperliche Leiden vor und sind
nur am Gemüte krank. Da sieht man hübsche Frauen die Menge, die ohne ihren Mann,
ohne Verwandte, nur in Begleit zweier Mägde und eines Dieners hier anlangen — oder
etwa eines alten Mütterchens von Muhme, die sich leichter hintergehen als bestechen
läßt. Jede aber zeigt sich, so viel möglich, in Gold, Silber und Edelgestein, so daß man
denken sollte, sie wären nicht in's Bad, sondern zu der prächtigsten Hochzeit gekommen.
Auch Nonnen, oder, richtiger zu reden, floralische Jungfrauen, Äbte, Mönche, Ordens-
brüder und Priester, leben hier noch in größerer Freiheit als alle übrigen; letztere baden
Poggios Bericht über Baden im Aargau von 1417 245
sich wohl mit dem Frauenzimmer, schmücken ihr Haar mit Kränzen und vergessen alles
Zwanges ihrer Gelübde. Alle nämlich haben einerlei Absicht: — Traurigkeit zu verbannen,
Vergnügen zu suchen, keinen Gedanken zu haben als wie sie des Lebens und seiner
Freuden genießen mögen. Keiner bemüht sich dem Gemeinschaftlichen etwas zu ent-
ziehen; vielmehr sucht jeder, das Besondere allgemein zu machen. Und zum Erstaunen
ist es, wie bei einer so großen Menge (es mögen immer an die tausend Menschen da
sein) bei so verschiedenen Sitten, in einem so freudetrunkenen Gemische, keine Händel,
kein Zwist, kein Schimpfwort, nur kein Murmeln noch Beschweren des einen über den
andern entsteht. Da sehen Männer, wie mit ihren Weibern getändelt wird, und treffen
sie mit einem wildfremden Manne unter vier Augen an ; das Alles bewegt sie nicht, sie
wundern sich über nichts, und glauben, daß alles auf die eingezogenste Art, im Ver-
trauen des redlichsten Hausfreundes geschieht. So ist der Teufel der Eifersucht, der
anderswo bald alle Männer plagt, hier ein unerhörter Gast, und da sie die Sache nicht
kennen, auch dem Namen nach unbekannt. O Sitten, wie unähnlich den unsrigen ! Wir
Welsche sehen alles von der schlimmsten Seite an und finden an Verläumden und Ver-
kleinern Geschmack, daß, wo der schwächste Schein zum Argwohn ist, wir sofort auf
die schwärzesten Verbrechen schwören.
Schon mehr als einmal hab ich daher die unzerstörbare Gemütsruhe dieser guten
Menschen beneidet, und dagegen unsre verkehrte Denkart verwünscht, die wir immer
klagen, immer begehren, durch keinen Gewinn befriedigt, durch keinen Wucher gesät-
tigt, Himmel und Erde umkehren wollen, um nur Geld zu erwerben. Da werden wir von
ewigem Kummer und Angst umhergetrieben, und erbeben meist vor erst künftigem
Elend; um nicht unglücklich zu werden, hören wir nie auf, unglücklich zu sein, starren
mit unverwandtem Blick unsern Mammon an, und wissen weder dem Leib noch dem
Geist gütlich zu thun. Diese Glücklichen hingegen, mit Wenigem vergnügt, leben nur
für heute, machen sich jeden Tag zum Feste, verlangen nicht nach Reichtum, der ihnen
wenig nützen kann, freuen sich dessen, was sie haben, und zittern nie vor der Zukunft.
Begegnet ihnen je etwas Widriges, so tragen sie es mit Geduld, und ihr größter Schatz
ist der Wahlspruch: „Der lebte, der seines Lebens genoß!""
Sehen wir von Ungenauigkeiten ab, die PooGio, um möglichst schön zu reden, der
Wahrheit entgegen, sich erlaubt und selbst widerruft, so ist sein Bericht im großen und
ganzen richtig und wird von anderen noch ergänzt. Man hat angenommen, daß ein der-
artiges Leben sich nur zu Baden abspielte, und Johannes von Müller hat darauf hin-
gewiesen, daß tausende von zügellosen Kriegern während der Sommermonate in Baden
zubrachten, wenn sie nicht durch Feldzüge ferngehalten wurden 3i7. Doch finden wir
ja nach Henricus' de Hassia Bericht ein gleiches Leben zu Wiesbaden.
Auffallend ist hier wie dort das Treiben der Geistlichkeit, das in Baden derartig an-
stößig war, daß Bischof Burkhard von Konstanz 1463 dem jeweiligen Leutpriester zu
Baden Vollmacht erteilte und befahl, fehlbare Geistliche, wenn nötig mit Hilfe des welt-
lichen Armes, festnehmen zu lassen und dem bischöflichen Vogte zu Kaiserstuhl zur
246 Die Oeisttichen in den Mineralbädern
Bestrafung auszuliefern, was bis 1498 mehrmals wiederholt wurde. Veranlaßt wurde
die Verfügung auf Wunsch des Rates von Baden, weil bei dem Zusammenströmen von
Leuten verschiedener Nationen in die Bäder „von Priestern oft enorme, ärgerliche und
strafbare Excesse verübt werden" 32. 1415 verkaufte die Äbtissin des Frauenmünsters
in Zürich den gesamten Meierhof von Stadelhofen, um die Kosten einer Badenfahrt be-
streiten zu können. Der Bericht über den Verkauf des Kelnhofes lautet: „es ist zu wissen
als die Äbtissin Frau Anastasia von Hohenklingen den Kelnhof zu Stadelhofen ent-
fremdet hat, und Recht und Herrlichkeit der Lechen mit Zins und aller Zubehörd ge-
geben den Frauen und Kloster am Oetenbach. Und haben dieselben Frauen der Äbtissin
darum geschenkt eine Summe Gelds zu einer Badenfahrt, die sie dazumal wollt haben;
Gott gesegne ihr das Bad in jener Welt!" 90. Die Klosterfrauen zu Töß erkauften sich
zu Anfang des 16. Jahrhunderts für schweres Geld päpstliche Bullen und Indulgenzen,
um nach Baden zu fahren und daselbst unter dem Skapulier weltliche Kleider tragen zu
dürfen, falls sie, wie die Erlaubnis besagte, im Kloster nicht alle nötigen Hilfsmittel, ihre
Gesundheit herzustellen, finden könnten. Der im Jahre 1492 zum Abt in Kappel erwählte
Ulrich Trinkler von Zürich war berüchtigt durch seine dem Kloster höchst nachteiligen
Badenfahrten. Er hielt in den Bädern wochenlang und täglich für mehr als zwanzig
Personen offene Tafel und ward sogar eines näheren Umgangs mit den daselbst be-
findlichen Nonnen verdächtigt. Am Ende aber trieb er es so arg, daß er aus seiner Abtei
verstoßen wurde 3i5.
Anno 1566 „haben einige Chorherrn im Hof (zu Luzern) den Rath um Erlaubniß ge-
fragt, mit ihren Metzen gan Baden eine Badfahrt z'han, das ihnen aber um der Ergerniß
wegen abgeschlagen worden" 320. Die Bitte der Chorherren erscheint gar nicht auffällig,
wenn man folgende Weisung von Rat und Schultheiß der Stadt Baden vom Jahre 1520 an
die beiden Stadtknechte bedenkt: „Sy söllent zu den Bädern niden deheinen an Si gmach
gan noch uff tun, Sy wissent dann wol, das er ein metzen by im da inn habe. Unnd ob
ein priester har gen Baden kerne und ein Junckfrowen mit im brechte, und ein gemach
empfienge, denselben söllent si nit uffnemen; ob er aber ein priester ein frye metzen zu
im in siner kamer fürte, den mögent si uffnemen. Sy söllent ouch erenlütten nit in ir
kamer noch gemach gan, Sy wissent dann wol, das er ein metzen by Im hette. Sy söllent
ouch die so sie uffheben in der Setzung bescheidentlichen halten je nach gestalt der
Personen und des Handels. Unnd insunders so soUent si kein Dietrich me bruchen
noch haben" 32
Entspricht diese Anweisung der sonst üblichen Auffassung des Mittelalters, so wird
sie für Baden besonders verständlich, wenn man bedenkt, daß in der Nähe Zurzach,
der Hauptort des Verenenkultus, lag. Baden selbst hatte zu diesem durch sein Verena-
loch, die Quelle im Verenabad, Beziehung. Hier stand die Bildsäule der Heiligen (Abb. 46,
103)* bis zum Abbruch des Bades. Sie wurde am Verenentage mit einem Blumenkranz
* Von Pantaleon wird sie 1578 nicht erwähnt 3^. Hess, der sie genau untersuchte, verlegt ihre
Entstehung in die erste Hälfte des Mittelalters. Die Heilige war mit Laugeni<rug und Strehl (Kamm)
Offenes Mineralbad im 19. Jahrhundert
247
248 Der Verenakultus
geschmückt und acht Tage und Nächte hindurch mit fünf geweihten Kerzen beleuchtet.
Jahrhundertelang wurde das Bad von Frauen aller Stände besucht, die durch seinen Ge.
brauch Kindersegen erhofften. Sonst wurde es von Vornehmen nicht benutzt. Es war
das Bad der Armen und Hilfsbedürftigen, denen Verena wieder Heilung und Genesung
gab. Sie selbst soll gegen Ende des 3. Jahrhunderts dem Volksglauben nach dort Arme
und Kranke gepflegt und ihnen das Bad bereitet haben 3i5^ obwohl die Legende nichts
davon erzählt. Aber Verena war nicht nur die Schutzpatronin der Armen. Im Siggentale
sang man einst ein Lied vom Tannhäuser, der in Frau Vrenelis Berg gegangen sei.
Vreneli und Venus sind beide identisch. An St Verenas Grab zu Zurzach war ein Jahr-
tausend lang der Ort ausgesuchtester Sinnlichkeit und zügellosester Üppigkeit. Zwar
finden wir auch hier Eheleute, die ehelichen Segen erflehten. So soll König Konrad von
Burgund mit seiner Gemahlin zu St. Verenas Grab gewallfahrtet haben und nachher
mit einem Prinzen beschenkt worden sein. Desgleichen wurde daselbst der Herzog
Hermann von Alemannien erhört. Hier flehte auch König Ottokars von Böhmen Tochter
Agnes, die Gemahlin des Herzogs Rudolf von Österreich, um einen Prinzen, der ihr dann
auch in Johann Parricida geschenkt wurde 32. Zur Zeit der einst weltberühmten Märkte
sammelte sich dort aber ein anderes Volk. Wie Pfeifer und Keßler an bestimmten
Orten einmal im Jahr zusammenkamen, fanden sich zu Zurzach die fahrenden Weiber
ein. Der Landvogt von Baden hatte den Zurzacher Markt zu der Eidgenossen Lob und
Ehre mit „Pfiffern und Trummeteren" zu versehen und sich laut Verordnung der Tag-
satzung von 1418 mit vier ehrbaren Männern aus der Stadt, den Untervögten und deren
Knechten selbst hinzubegeben 32. Dort eröffnete er den Matzentanz und beschenkte die
Schönste mit einem Gulden*, weil 1308 Kaiser Albrecht in den Armen einer Dirne ge-
storben war. Die vermeintliche Stiftung soll von der Königin Agnes von Ungarn ge-
macht worden sein 38. Als die reformierten Stände im Jahre 1535 dem Treiben zu Zurzach
dargestellt ^'^ So findet sie sich schon auf einem Bild in der Klosterkirche zu Kappel aus dem
14. Jahrhundert 345. Durch diese Attribute hat sie in der Volkssage vieles gemeinsam mit Frau Holle.
Stäfa am Zürichsee führt ihr Bild, auch mit Krug und Kamm, heute noch im Wappen. Hier soll die
Heilige der Legende nach den Armen viel Gutes getan und den grindigen Kindern die Köpfe ge-
reinigt und gekämmt haben. Sie heißt heute noch „Vreneli mit dem Strehl". Ihr waren in der Gegend
zwei Kapellen geweiht, von denen uns die eine „in den Wannen" auf der Berghöhe gegen Ötweil
zu interessiert. Sie lag bei den Quellen des Wannenbades, von welchen noch kurz vor 1818 Über-
bleibsel zu sehen waren ^i^. Dies war einst weit berühmt. 1538 besaß Peter Wysling von Ötweil
„zu Eigen das Kilchli mit sammt dem Bad genannt in der Wannen". Das Kirchlein führte den
Namen „zur heiligen Jungfrau zur Wannen" ^^ Gegen 1768 wurde das Bad nach längerem Nicht-
gebrauche wieder eröffnet*"' und blieb bis in die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts in Benutzung.
Später leitete man das Wasser tausend Fuß weiter in die Krone zu Oberhausen, die 1842 einging ^^
In der Krone wohnte Goethe während seines Aufenthaltes in Stäfa.
* In einem Fastnachtsspiele heißt es:
„Ich han dich wol in großen eeren gsehen, (Do) hast du da den gülden gwunnen.
Es ist iez by siben jaren bschehen, (Den) man der hüpschisten solt gunnen,
Zuo Zurzach an dem huorendanz: (Den) der vogt von Baden gibt denn zmal
Darumb so freist du wol ein kränz; (Der) hüpschisten in der huorenzal.
Dann da warend mee dann hundert huoren, Die denn zuo mal uff der Wißmatten sind" '2.
(D)ie do all am danz da umbher fuoren;
Sittenlosigkeit zu Baden im Aargau und Baden-Baden 24Q
etwas Einhalt tun wollten und der Landvogt Schütz einen bezüglichen Antrag an die
Tagherren brachte, verwahrten sich die katholischen Orte gegen „diese ketzerische Neue-
rung". Es wurden auch die unsittlichen Tänzereien während der Messe beibehalten;
denn, sagte der Tagherr von Luzern, es tanze da mancher gute Geselle 'mit einer armen
Dirne und behelfe sich mit ihr, während er sonst etwas Böseres tun könnte 32 (vgl. S. 266).
Wie es zur Zeit der Zurzacher Messe im nahen Baden zuging, braucht nicht durch
Quellen belegt zu werden. Bedenkt man noch die Anwesenheit von zahlreichen Lands-
knechten, dann wird kein anderer Kurort Baden um sein Gesindel beneidet haben. Im
Jahre 1486 lag der Hauptmann Ruppli aus dem luzernischen Amte Rothenburg längere
Zeit in Baden eingetürmt, weil er in Ennetbaden (den kleinen Bädern) mit gezücktem
Schwerte eine Dirne aus dem Bade gerissen, um seine Lust mit ihr zu treiben, und ver-
sucht hatte, den im Bade sitzenden Nebenbuhler zu verwunden. Ruppli war deshalb
zum Tode verurteilt worden ; allein die Bitten einflußreicher Freunde und Verwandter
konnten zuletzt seine Begnadigung erwirken. Er mußte Urfehde schwören und dem
Landvogte, sowie der Stadt Baden eine beträchtliche Buße zahlen 32 Auch in den beiden
freien Bädern zu Baden-Baden waren vor Jahren, wie es 1488 heißt, Tag und Nacht von
Heimischen und Fremden allerhand „vnfuren" begangen, weswegen der Bader ange-
wiesen wurde, starke (kräftige) Bettler, fahrende Schüler und Dirnen, die in den Her-
bergen hinter dem freien Bade ihr Wesen trieben, vor den Schultheißen zu bringen,
„damit man mit denselben lüten alles überlasts, betrugs vnd vnwesens vertragen blybe,
auch vnfuren vnd bubereyen tags vnd nachts im großen vnd kleinen Bade dardurch ab-
bestallt" 40.
Am tollsten ging es in Baden (Schweiz) vielleicht Anfang des 16. Jahrhunderts zu.
Die Eidgenossen hatten dem Kaiser Maximilian einen Römerzug versprochen, den Frank-
reich zu verhindern und die Eidgenossen für sein Heer zu gewinnen suchte. Geld, das
dem Kaiser fehlte, stand Ludwig XII. in Menge zur Verfügung. Zürich wurde 1505 vom
Gesandten Rocquebertin bearbeitet, der zu Baden fürstliche Tafel hielt, die Badenfahrten
vieler Weiber, öfters die ganze Zehrung aller Gäste bezahlte. Er hatte beständigen Zu-
lauf an feilen Dirnen, warf Geld in die Bäder und unter die Weiber 3i5. 3i7.
Selbst Zürichs Bürgermeister Waldmann (148Q hingerichtet), der in seiner Stadt
durch strenge Sittenmandate den Ausschweifungen wehrte, ging, als wären die Mandate
nicht für ihn gemacht, häufig mit einer Schar lockerer Gesellen nach Baden, um auf die
zügelloseste Art der Freude und Lust zu frönen 32. Ejn St. Galler war Augenzeuge,
daß der Bürgermeister auf einer Gesandtschaft nach Baden neben seiner Frau noch
sechs Weibsbilder bei sich führte und zugleich einer Baslerin durch Geschenke ver-
gebens nachstellte. Endlich konnte er den Badwäscher bestechen, der ihn zu ihr führte.
Sie aber widerstand und klagte nachher Waldmann öffentlich an 32i. wir finden auch
in späteren Jahrhunderten die Züricher öfter in Baden, um die heimatlichen Sitten- und
Luxusgesetze zu umgehen, weswegen die Badenfahrten zu wiederholten Malen verboten
wurden,
250
Ein kleines Mineralbad im 15. Jahrhundert
Häufigerwerden der Badenfahrten im 15. Jahrhundert 251
Zürich sah überhaupt darauf, daß seine Bürger sich in Baden anständig aufführten.
14Q2 ist im Ratsprotokoll verzeichnet: „J. Aberli und L. Holzhalb sollen nachgohn als
etlich Mann und Frauen nackend gesessen und by enandern getrunken haben" 3i7. Aus
den Verordnungen und verfügten Strafen des Rates von Baden geht ebenfalls hervor,
daß man das unsittliche Leben nicht billigte und den guten Willen hatte, es abzustellen,
und selbst PoGOio gibt zu, daß Männer Frauenbäder im Bademantel besuchten. Mon-
taigne empfiehlt im 16. Jahrhundert sogar Baden den Frauen, die abgesondert und
züchtig zu baden wünschen, als geeigneten Ort 326. in den vornehmen Bädern ging es
gewiß ehrbar zu. Hans von Waldheim badete 1474 nur mit Männern, schwäbischen
Adeligen und Züricher Geistlichen zusammen. Von ihm erfahren wir auch, daß „graven,
hern, rittere und knechte und vile eddil luthe usz Swabin und usz andern landen, und
dorczu vile schöner frawen, bürgere und burgerynne von Basil von Kostenicz und von
Lyndouwe, die gar kostlich mit yren cleydern und silbern tringgefesse do weren" 32.
Trotz der großen Zahl anwesender Badegäste* befand sich im 15. Jahrhundert in
Baden noch kein Arzt. Als im Jahre 1478 Frau Anna geb. Gräfin von Kirchberg beim
Spiele plötzlich unwohl wurde, mußte man nach Zürich zum Arzte schicken. Als dieser
erschien, war sie dem Tode nahe 32.
Das Treiben in einem Bade um die Mitte des 15. Jahrhunderts zeigt uns ein Bild des
mittelalterlichen Hausbuches (Abb. 104) i50. Es stellt den Typus eines kleinen Bades dar,
wiewirihn bis ins 19. Jahrhundert finden. Neben dem Badehaus liegt der Lustgarten. Das
Ganze ist durch eine Mauer von der Umgebung vollkommen abgeschlossen und mitten
im Feld gelegen. Ein größeres Bad stellt eine ebenfalls aus Konstanz stammende und
auch um die Mitte des 15. Jahrhunderts gemalte Blockwand des Schweizerischen
Landesmuseums in Zürich vor. Leider ist das Bad selbst nur in Resten vorhanden und
der größte Teil abgesägt.
Im 15. Jahrhundert mehren sich die Nachrichten von Badenfahrten. Das Protokoll
des Frankfurter Rates enthält schon häufig Urlaubsbewilligungen für Beamte, vorzugs-
weise für die angeseheneren, wie den Stadtschultheiß, die Dorfamtmänner und den
Stadtarzt 127. Luzern ließ sogar mehrere in der Schlacht bei Murten (1476) verwundete
Krieger auf Staatskosten in Bäder gehen ; auch Zürich tat dies 1 532 im Kappeier Kriege 229.
Man besuchte jetzt auch entfernt liegende Bäder.
Herzog Wilhelm von Sachsen weilte 1476 im Wildbade zur Kur. Auf einen Brief an
den Kurfürsten Ernst von Sachsen antwortete ihm dieser, er freue sich, daß Herzog
Wilhelm dort die Gemahlin des Grafen Ulrich von Württemberg angetroffen habe und
„neben uwer libe in underscheyd gebatt und sich fruntlich irköset (unterhalten)". Der
Herzog badete alle Tage acht oder neun Stunden 54. Für das Wildbad schlägt Mechinger
auch 1513 bis neun Stunden tägliche Badezeit vor 346.
Philippine Welser gebrauchte 1571 wegen Gallensteine die Kur in Karlsbad. Nach
* Lersch 'o gibt die Zahl der Kurgäste 1480, als Markgraf Christoph dort badete, auf dreitausend an.
Wie aus einer späteren Stelle bei ihm hervorgeht, liegt eine Verwechslung mit Baden-Baden vor.
252 Der Badeausschlag
den Aufzeichnungen ihres Leibarztes Dr. Georg Handsch de Limusa trank sie während
der ersten Wochen nur das Wasser und zwar bis acht Seide! am Tage. Am vierzehnten
Tage begann sie zu baden, mit je einer Stunde am Vor- und Nachmittag beginnend und
bis zu je fünf Stunden steigend, also zehn Stunden am Tage. Am sechzehnten Badetage
nahm der „Badeausschlag" einen rotlaufartigen Charakter an; von diesem Tage an
wurden wärmere Bäder von kürzerer Dauer genommen, „damit der Ausschlag wieder
abtrockene" 347
Der Badeausschlag war eine Entzündung der Haut infolge des lang anhaltenden
thermischen und auch chemischen Reizes beim Baden. Die Bäder mit höheren Tem-
peraturen und reichlichen mineralischen Bestandteilen riefen ihn schneller hervor. Ein
Jesuit, der in Pfäfers badete, beschrieb ihn 1642. Es entsteht zweierlei Ausschlag nach-
einander. Der erste ist hitzig und brennt wie Feuer oder Nesseln und wird „Obrist
Fresser" genannt. Wenn er durchs Bad abgeheilt ist, kommt bald ein anderer, der nicht
so brennt, aber heftig beißt und zu stetem Kratzen Ursache gibt. Der wird „Obrist
Kratz" genannt. Bei etlichen kommt der Ausschlag am dritten oder vierten Tage, die
Haut wird rot, schält sich, Arme und Füße schwellen. Im Wasser besteht kein Schmerz,
aber außerhalb desselben, besonders im Bett. Die Glieder brennen wie mit Nesseln be-
strichen; man nennt dies den Brenner. Wenn die Geschwulst an Händen und Füßen
zunimmt, tritt Krampf auf, das ist der Spanner. Etliche können dann nicht gehen und
die Hände zum Munde bringen. Es tritt Kälte wie beim Fieber auf. Das Wasser kommt
einem eiskalt vor, dieser Geselle heißt der Zitterer oder Schnatterer. Nur im Bett wird
man warm. Später kommt der Kratzer oder Obrist Kratz ; der tut manchen nach Hause
begleiten 366 Der „Schauder oder Schütter" war oft so heftig, daß die Patienten zwei
bis drei Tage im Bett bleiben mußten (1689) 428
Philippine Welser wartete, wie aus den Angaben ihres Leibarztes hervorgeht, den
zweiten Ausschlag nicht ab, sondern heilte den ersten durch sogenanntes Abbaden, bei
dem die Badezeit verkürzt und die Temperatur des Bades erhöht wurde. Diese Art
scheint auch später noch in Karlsbad Sitte gewesen zu sein, war aber nicht die gewöhn-
liche*. Traten die ersten Zeichen des Ausschlags — der übrigens auch die Ausschlachte
genannt wurde — auf, ging man, wenn Bäder von verschiedener Temperatur zur Ver-
* Die Ausschlagkur in Karlsbad wich überhaupt von der in anderen Orten ab. Nach Dr. Fabian
Summer (1571) 3^' biß das laue Bad die Haut auf, das warme heilte sie zu. In ersterem wurde bei
täglichem Zunehmen mit der Badezeit bis zu zehn oder zwölf Stunden gestiegen. War die Haut
aufgebissen, schlug Summer vor, einige Tage mehrmals eine Stunde lang in wenig wärmerem Wasser
zu baden, so lange die Haut offen sei, darauf mit der Temperatur, aber auch wieder mit der Badezeit
zu steigen, bis die Haut „widerumb zusammen wachse, gantz vnd fest möge werden". Wie weit es
sich um wirklich bestehenden Gebrauch oder um Vorschläge Summers handelt, läßt sich nicht ent-
scheiden. Jedenfalls ist Summer im Irrtum, wenn er glaubt, die Ausschlagkur sei eine „gewonheit"
nur Karlsbads gewesen, ja sie erscheint nach seinen Auseinandersetzungen dort nicht als eine all-
gemein geübte Badeart, sondern mehr als eine Ausnahme, zu der namentlich die „Creusin-Quelle"
benutzt wurde, die deshalb den Namen „Fresser" erhalten hatte. Als der Nürnberger Kaufmann
Paumgarten 1591 in Karlsbad über vierzehn Maß Wasser getrunken hatte, wollte der Doktor, er solle
alle Tage zweimal und je ein und eine halbe Stunde (!) nicht über dem Nabel im Wasser sitzen '^'■^.
Der Badeausschlag 253
fügung standen, in ein wärmeres Bad, bis er sich vollständig entwickelt iiatte. Man
badete zu dem Zwecke auch länger. Darauf folgte das Abbaden in kälterem Wasser
bei Abnahme der Badezeit. Sogeschah es in aargauisch Baden noch 17Q0 424. Nach
DORER (1806) war kälteres Badewasser nur dann nötig, wenn der Ausschlag schwer
abheilen wollte 4i8, und Hess gibt 1606 für Baden-Baden an, da[3, wenn nach dem Aus-
schlagen die frische Haut „schwerlich" werden und wachsen wollte, man nicht frisches
Wasser benutzen solle, sondern solches, das einen Tag und eine Nacht gestanden
habe 362 Leucippaeus sagt 1598, daß etliche in Markgrafenbaden ein bis zehn Tage an-
fangen zu baden und baden danach im Wildbad die übrigen Tage gar aus 43i. (Wild-
bad ist kälter als Baden-Baden.) Die Doktoren von Augsburg schickten aber gegen
1571 ihre Kranken zuerst auf zehn Tage ins Wildbad zum Baden und ließen darauf im
(kälteren) Zellerbad (Liebenzeil) die Badenfahrt ausrichten. Günther von Andernach
und Etschenreutter waren damit nicht einverstanden. „Wo aber die krancken, allein
zubaden begerten, das sie an demselbigen ort da sie das baden angehebt, volstreckten,
das wer nutzlich jnen vnd gut." Dagegen hielten sie eine Teilung der Kur für angebracht,
wenn man das Wildbad trinke und im Zellerbad die Badenfahrt mit Baden vollende 388. 449.
Manche, die in Pfäfers nicht ausbaden konnten oder wollten, taten dies im Nieder-Urner-
bade am Wallenseese in Leuk benutzte man im 16. Jahrhundert nach dem Ausbaden*,
d. h. nachdem der Ausschlag herausgebadet war, einen Tag lang einen besonderen
Brunnen, der gar nicht schmeckte, also wohl nur geringe mineralische Bestandteile hatte,
die Haut schnell heilte und deshalb Heilbrunnen genannt wurde 3i8
Man war sich nicht einig, ob zur Kur der zweite Ausschlag nötig sei, bei manchen
Badenden scheint er überhaupt nicht aufgetreten zu sein, bei anderen kam nach Abheilen
des einen immer wieder ein neuer zum Vorschein. In Pfäfers badeten manche vier
Wochen Tag und Nacht und wurden den Ausschlag nicht los (1642) 366. Lucas Rem 265^
der im November 1529 den „englischen Schwais" überstanden hatte, zog 1530 zur
Nachkur ins Wildbad. Am 7. März begann er die Kur mit fünfstündigem Baden. Am 12.
warerauf acht Stunden gestiegen, am 13. fing er an „fast" (sehr) auszuschlagen. Der Aus-
schlag währte acht Tage. Rem badete aber weiter und schlug am 28. und 29. wieder
aus. Am 24. und 31. März hat Rem Schweißbad und Schröpfen verzeichnet, also in
der Ausschlagperiode, 1525 fand das Schweißbad am elften Tage statt. Svtz375
schlug es 1516 nach dem achten oder zehnten Tage vor. Nach Hess (Baden-Baden,
1606) 362 sollte im Bett oder sonstwie geschwitzt werden, wenn der Ausschlag stark
juckte oder langsam fortschritt. Das Schweißbaden geschah also zur Heilung des
Ausschlages.
Einen Ausschlag hielt man aber in der Regel für nötig zum Gelingen der Kur, weil
dadurch die inneren Unreinigkeiten zum Körper hinausbefördert wurden. Unterstützt
wurde dieser Heilungsvorgang nach damaliger Ansicht (bis ins 19. Jahrhundert) durch
Schröpfen, das wohl in der Regel mit dem Schweißbade verbunden wurde, also in die
Ausbaden heißt auch die Badezeit eines Tages oder auch die ganze Kur beenden.
254 Übermäßig langes Baden zur Erzielung des Badeausschlags
Ausschlagperiode der Badekur fiel. Kam kein Ausschlag zustande* und wurde man
geheilt, war man darüber nicht bekümmert; dann hatte das Wasser durch seine Kraft
und Wärme die bösen Flüsse und Feuchtigkeiten ohne alle Schmerzen und Verletzung
der Haut trotzdem ausgezogen 3ö6. Es kam übrigens vor, daß der Ausschlag sich erst
nach Verlassen des Kurortes bildete, namentlich bei Leuten, welche die Kur zu zeitig
abbrachen und besonders bei denen, welche sie zu Hause mit einfachen Wasserbädern
fortsetzten, weswegen in vielen Anweisungen vor diesen, manchmal auf Wochen
hinaus, gewarnt wurde. Leucippaeus (15Q8) verbietet Süßwasserbäder auf ein halbes
Jahr und läßt Schweißbäder, wenn sie vonnöten sind, zu 43i.
Da nach Ansichten der meisten Leute der Badeausschlag zur Kur nötig war, suchte
man ihn möglichst schnell zu erzielen, namentlich Arme, die wegen Mangel an Geld zur
baldigen Heimreise genötigt waren. Sie suchten die üblichen hundert Stunden** wo-
möglich in einem fort im Bade, Tag und Nacht, abzusitzen. Sie drängten sich deshalb
auch möglichst nahe an den „Ursprung" des Wassers, wo dies heißer als im übrigen
Bade war. In Baden bei Wien begannen einige nach Anemorinus (1511) mit dem Baden
bald nach Mittemacht 70. Man aß, trank und schlief (nicht nur am Tage, sondern auch
in der Nacht) im Wasser. Das kam namentlich in Pfäfers vor, wird aber im 16. Jahr-
hundert auch von Karlsbad berichtet 348. Unglücksfälle waren dabei nicht wunderbar.
Die Kirchenbücher von Gastein führen in den vergangenen Jahrhunderten fast in jedem
Monat mehrere Todesfälle von Badenden an und diese meist im Bade selbst. Oftmals
heißt es „suffucatus in balneo" ^o. Kolweck sagt 1Ö31 von Pfäfers, daß man in anderen
Wildbädern auf der Gelehrten Rat mit Baden auf und ab steige, in Pfäfers mache man
aber gleich mit vielen Stunden den Anfang. „Dahero gewohnlich, daß jhr vil, vnterTag
vnd Nacht, niemaln auß dem Bad tretten, sondern daselbst bleibende, Essen, Trincken,
vnnd Schlaffen: Die Reichen zwar, vmb Lust halber, welchen sie vnder dem Baden
empfinden : Die Armen aber, vmb Willen, ermanglender Herberg oder Prouiant, oder
damit sie die Zeit ersparen, vnnd desto bälder fertiger werden. Zwar halten jhnen, vil
grosse Herren, zu einem Rhumb, wie länger dieselben, vber den gantzen Tag, auch vil
stundt in der Nacht, im Bad zubringen, vnnd die Bad Wärme erleyden mögen . . . Zwar
die wenigem vnd vermüglich, pflegen vngefahr, drey Wochen, mit Baden zubringen;
Demnach es das Gebrechen vnnd Leibsgelegenheit geduldet. Die meisten, so bald die
Haut an dem Leib außgeschlagen, vnd versöhrt, die mögen so gar kein kleine weil, vnd
so gar nicht in den waichesten Beth, ruhen; Seytemalen das Bad Wasser, die Krancken
nicht änderst, als der Magnet, das Lysen, an sich ziehet. Andere, die gerahten, auß vn-
auffhörlichen Baden, vnd zerbrochnen Schlaff, in die Vnsinnigkeit, deren etliche wenig,
als die Nebensitzenden, alle geschlaffen, gesuncken vnd ertruncken" 34Q. Auch Fabricius
HiLDANUS erlebte 1610 in Pfäfers, daß Leute während der Nacht im Bad ertranken 22.
* Wetzler berichtet 181Q, daß er zu Baden (Schweiz) vergeblich Ausschlag baden wollte ^'o. ** Rem
badete aber im Wildbad 1525 und 1529 bei jeder Kur hundertsiebenundsiebzig, 1521 in genau vier
Wochen hundertzweiundsechzig Stunden ^^^
Rückgang des Ausschlagbadens 255
In Pfäfers wurde aber 1676 auch auf- und abgebadet. Dr. Abiss schlägt kräftigen
Leuten vor, den ersten Tag morgens und abends vier Stunden, den zweiten sieben, den
dritten zehn, den vierten zwölf Stunden zu baden, bis sie ausschlügen. Nachdem soll
auch in der Nacht gebadet werden, um die Schmerzen zu lindern und den Ausschlag
wegzubaden. Schwache und Personen von sieben Jahren sollten bis neun Stunden
baden, nach Ausbruch des Ausschlags sich wie Erwachsene verhalten 365. Lucas Rem,
der 1511 zu Pfäfers in neunzehn Tagen hundertsiebenundzwanzig Stunden badete, stieg
von vier auf elf Stunden am Tage an. „Schluog adi 30. 31 (Mai, anscheinend am Q. und
10. Tag) aus. Da badet ich die nacht 1, 1, 3 stundt"265. |n den Bädern, deren Wasser
erwärmt werden mußte, wurde auch des Nachts gebadet, und, wie aus nachfolgender
Stelle hervorgeht, im Notfalle das Bad von den Gästen selbst geheizt. 1580 empfing
Caspar Cunrad Wielli von „gemeinen Nachpuren von Sumwix" zu einem ewigen Erb-
lehen „das Bad in Wall" (Somwixer- oder Tennigerbad bei Disentis). Dafür sollte er und
seine Erben „denen von Sumvix das Bad erhalten und wärmen, wann ihrer acht Per-
sonen zusammen kommen, umb 1 Krützer, Tag und Nacht, und die Främden umb
2 Krützer". Kamen aber weniger als acht Personen zusammen, dann sollte er ihnen „das
groß Kassen (Kessel) sammt ander Rüstung lihen", damit sie selber „wärmen" könnten 86.
Schon 1597 empfahl Feurberqk (Pyrmontanus), man solle in Pyrmont nicht länger
als eine halbe Stunde hintereinander baden 56. i60Q war in Karlsbad das „Auffressen der
Haut" eine seltene Kur 350. Das war auch an anderen Orten der Fall und hing damit
zusammen, daß die Badezeit bedeutend kürzer war. Im 17. Jahrhundert badete man in
den meisten deutschen Badeorten nur noch ungefähr zwei Stunden am Vormittag, starke
Personen noch am Nachmittag, soweit es die Kräfte vermochten. Zuweilen trat auch da
ein Ausschlag auf. Für Leuk empfahl Fabricius Hildanus dem Bürgermeister Anton
von Orafenried sechs Stunden täglich bei einer Kur von dreiundzwanzig oder vierund-
zwanzig Tagen mit Ansteigen an den ersten sechs und Absteigen an den letzten sechs
Tagen loi. Nach Hess stieg man in Baden-Baden 1606 bis auf sechs Stunden an 362.
Der Ausschlag verlor seine „kritische" Bedeutung im IQ. Jahrhundert und wird heute
nur noch zur Heilung von Hautkrankheiten gebadet; denn mit ihm wird die alte kranke
Haut entfernt. Einige Bäder, die nur Hautkrankheiten heilten, hießen deswegen im
Volke etwas verächtlich Krätze- oder Raudenbäder.
1806 sagt DoRER (Baden), der Ausschlag sei vielfach unnütz und nicht zur Heilung
nötig, trotzdem schreibt er vor, täglich bis fünf Stunden mit Auf- und Absteigen zu
baden 4i8 1818 gab es aber in Baden auch schon zwei Arten der Kur, eine mit Erzielung
des Ausschlags bei einer Badezeit bis zu fünf Stunden in einundzwanzig Tagen, und eine
ohne Ausschlag, bei der früh eine und am Abend eine halbe Stunde gebadet wurde 3i5.
Kerner schlägt 1832 für das Wildbad zweimal täglich eine Stunde Qebrauchszeit vor 325.
In Ragaz badete man 1857 täglich eine halbe bis eine Stunde. Der Badeausschlag war
selten. Die Kur dauerte, wie in den meisten Schweizer Orten, einundzwanzig Tage.
In Leuk fand dagegen ein methodisches An- und Abbaden statt. Heute noch ist
256 Die Trinkkur
dort die Ausschlagkur üblich. In Pfäfers wurde sie 1857 selten 368^ 1869 nicht mehr ge-
braucht 369
Bei Trinkkuren stieg man mit der Menge des genommenen Wassers ebenfalls an
und nach einiger Zeit ab. Übertreibungen kamen auch hier vor, namentlich von den
Armen in Pfäfers, die nach Berichten des 16. und 17. Jahrhunderts meinten, je mehr, je
besser zur Heilung und das noch dazu im Bade. Der gleichzeitige Gebrauch einer
Trink- und einer Badekur galt als großer Verstoß gegen die Gesundheit. Man nahm in
der Regel beide nacheinander vor. 1598 riet Kieffer sogar, das Wildbad nur zu trinken
und danach zur Badekur nach Liebenzell zu gehen i54 (Siehe auch Günther und
Etschenreutter S. 253.) Es gab aber auch Ärzte, welche zwar nicht gerade das Trinken
im Bad empfahlen, doch Trink- und Badekur zu gleicher Zeit vornehmen ließen. Die
Badezeit war dann eine kürzere. So badete Konrad Gessner 1563 in Baden von fünf bis
sieben Uhr und trank von sieben bis acht Uhr. Ja er durchbrach die allgemein geltende
Vorschrift und nahm abends im Bad noch acht Unzen Wasser zu sich 94. im 17. Jahr-
hundert kommt das schon öfter vor. Blondel will es für Aachen aber nur bei starken
Naturen, bei anderen einige Tage Trinken, ebensolange Baden oder einen Tag um den
anderen abwechseln 409.
Wie man bei der Badekur den Ausschlag als Krise nötig zu haben glaubte, hielt man
es bei der Trinkkur für ein Erfordernis, daß Vedust der Eßlust, schlechter Geschmack
im Munde, belegte Zunge, Magendrücken, Müdigkeit der Glieder, Gemütsverstimmung
u. dergl. auftraten, und nahm mit der Wassermenge immer mehr zu, bis man endlich den
Magen verdorben hatte. Dann ging man mit der Zahl der Becher herunter. Auch diese
Ansicht vedor sich im 19. Jahrhundert 36s.
Der Glaube, daß zu einer Kur eine bestimmte Anzahl Tage oder Stunden nötig sei,
hielt sich bis ins 19. Jahrhundert und besteht teilweise heute noch im Volke. „Priessnitz
und seine Anhänger", sagt Voqt, „haben zuerst mit Erfolg den durch lange Gewohn-
heit eingewurzelten Wahn zu besiegen gewußt, daß Bade- und Trinkkuren immer in
einer bestimmt abgemessenen Frist gemacht werden müssen" 368.
Vielfach trank man, wenn man einmal in einem Kurorte war, das Wasser derselben
Quelle, die man zum Baden benutzte. Mineralwässer, die heute nur noch als Bad Ver-
wendung finden, wurden infolgedessen getrunken. So nahm Konrad Gessner vom
Wasser in Baden in der Schweiz 1562 den ersten Tag fünfzig, den zweiten fünfund-
siebzig, den dritten hundert Unzen, 1563 den ersten Tag zweiunddreißig, den zweiten
achtzig, den dritten hundertundvier, den vierten hundertundachtundsechzig, den fünften
hundertundzwanzig, den sechsten zweiundsiebzig, den siebenten vierzig Unzen zu sich
und jeden Abend noch acht Unzen, 1564 stieg er auf zweiundzwanzig Gläser täglich 94.
Heute trinkt das Wasser kaum jemand mehr.
Im 16. Jahrhundert konnte man in den Mineralbädern schon Wasser von auswärts
haben. Leucippaeus erwähnt 1598 das Sauerbrunnentrinken in den Herbergen von
Baden-Baden, Wildbad und Zellerbad 43i. Es ist aber von frischem Sauerbrunnen die
Verschicken von Mineralwasser
257
Rede. Er wurde demnach aus der Nähe hingebracht. Häufig geschah das Hinweg-
schaffen des Wassers nach anderen Orten, weil für die Gäste beim Brunnen selbst nicht
genügende oder standesgemäße Unterkunft zu finden war, seltener wohl, um die Ver-
gnügungen im Kurorte zu fliehen. Es galt aber doch der Grundsatz (1647):
„Das beste Wasser, so man trinckt,
Ist diß, welchs auß der Quell entspring-t" ''5.
Im Wildbad scheute man sich 1513 nicht, das Wasser aus den Quelladern am Boden
des Bades zu schöpfen, nachdem das Badewasser abgelassen war 346. Der Transport
Abb. 105. Der zu Bilfeld Anno 1666 am 2. Sontag nach der H. Drey Einigkeit entsprungene Heyl-
Brunnen. Kupfer aus: Conradi Redekeri descriptio Bilfeldiani fontis. Amstelaedami 1668.
geschah in Flaschen oder Fässern, die ohne besondere Maßnahmen gefüllt wurden
(Abb. 105). In jüngster Zeit wurde noch darüber geklagt, daß die hessischen Wasser-
bauern, welche Sauerbrunnen nach Frankfurt bringen, die Füllung in der primitivsten
Weise vornähmen. Leere Krüge würden mit allem anhaftenden Schmutz ins Wasser
getragen und unter dem Spiegel gefüllt, manche führen gleich den ganzen Karren samt
den Krügen in die Quelle hinein 377. Jn Eger (Franzensbad) wurde im 16. Jahrhundert der
Sauerbrunnen von jungen, sechzehnjährigen Leuten in Krügen haufenweise in die Stadt
Martin, Badewesen 17
258
Verschicken von Mineralwasser
^^ssrasmssTsss^sm'^mmmms^^p' — yBummmi
getragen 318 Sebiz sagt 1647, man soll den
Sauerbrunnen von Oriesbach und Peters-
thai nicht von den gemeinen Sauerbrunnen-
männern kaufen, die das Wasser in „zim-
lichen, aber offtermaln schimmlichten vnd
stinckenten faulen Fässern bringen" ö5.
In seinem Neu- Wasserschatz gab 1581
Jakob Theodor von Bergzabern (Taber-
NAEMONTANUS) zunächst für den Wein-
brunnen von Schwalbach folgende Vor-
schrift zum Verschicken, die auch für
andere Sauerbrunnen galt. Das Wasser soll
in steinernen oder Siebenbürgerkrügen ge-
holt werden, die morgens oder abends
gefüllt werden. Sie sind mit Wachs, Per-
gament oder einer Blase zu verstopfen
und zu verbinden und in einem Rück-
korb, mit frischem Wasser oder mit nassen
Abb. 106. Versand des Aachener Mineralwassers Lumpen umgeben, nicht bei Sonnenschein
und Wiedererwärmen desselben zum Gebrauch.
(Die Gestalt der Flaschen; die Art, sie wieder ZU transporüeren. Oder man nimmt neue
warm zu machen ; die Weise, die Wärme zu unter- Fässer, die mit siedendem Wasser gefüllt,
halten.) Kupfer aus: Blondel, Beschryving van , , , ■ ,. », . , ...
deStadAken. Leiden 1727. (Das Bild findel sich zugeschlagen werden und die Nacht über
auch in der Ausgabe von 1688.) stehen. Am nächsten Morgen werden
sie geleert, wieder mit frischem Wasser gefüllt und so eine oder mehrere Nächte
gelassen, dann mit Sauerbrunnen ausgeschwenkt und eine Nacht mit diesem gefüllt
stehen gelassen. Am Morgen vor Sonnenaufgang wird das Faß wieder mit Sauer-
brunnen gefüllt, zugeschlagen und aufgeladen, auf frische, grüne, mit Tau besprengte
„Wasen" gelegt und oben mit nassen leinenen Tüchern bedeckt. Der Karren soll
außerdem mit einem „Spriegel vnd Deck" versehen sein, daß die Sonne nicht auf das
Faß scheint. Krüge und Fässer werden nach der Ankunft im kühlen Keller aufbewahrt.
Im Winter muß das Faß mit Stroh umgeben sein, damit das Wasser nicht gefriert. Das
Einlassen des Sauerbrunnens soll bei schönem und hellen Himmel ohne Wolken ge-
schehen. Tabernaemontanus wollte, wenn es großen Herren möglich wäre, den Trans-
port in der Nacht und dafür die Errichtung einer gemeinen Fußpost von Dorf zu Dorf
haben. Der Sauerbrunnen sollte sich auf die angegebene Weise zehn Tage halten,
besser wäre es, wenn er als Arzneitrank aller drei Tage frisch bezogen würde 324
Sebiz gab ähnliche Vorschriften und hielt gläserne Flaschen für das beste Transport-
mittel 65. Zu Seebach beim Bade Rippoldsau wurde 1587 eine eigene Glashütte zur An-
fertigung von „Sauerbronnen-Guttern" (Gläsern mit engem Hals, aus denen das Wasser
zwar nicht tropfenweise (gutta, der Tropfen), aber in dünnem Strahle (Abb. 106)
Verschicken von Mineralwasser
259
herausfloß) für das Bad
gegründet. 1688 beklag-
ten sich die Glasmacher
daselbst beim Grafen
von Fürstenberg, weil
die Glashütten der
Klöster St. Blasien und
St. Peter im Schwarz-
wald die Gläser billiger
lieferten und die Hütte
in Seebach dadurch sehr
benachteiligt würde 33s.
Das Rastenberger Was-
ser wurde 16Q6 im
Waldenburgischen mit Abb. 107. Der „CornelischeBadwassei-Brmi" in Aachen. Kupfer aus: Blon-
,„, , , , _, DEL, Erklärung deren Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach. Aachen 1688.
Wacris verwarirten Fla-
schen verschickt 401. Der Versand des Emser Kränchens geschah in Krügen, die
1859 noch mit einem Stopfen Leder oder Pech verschlossen wurden 339. Die sogenannte
Krugbäckerei befand sich im Dorfe Arzbach bei Ems, wo sie 1750 von drei Gebrüdern
Gerharz eingeführt wurde und seitdem in den Händen von deren Nachkommen war,
die fast die Hälfte der Dorfeinwohner ausmachten (1862)340. i627 trank man in Ems
einen von Tabernaemontanus 1581 gepriesenen dortigen Sauerbrunnen nicht mehr
und auch, bei Tisch wenigstens, nur selten das Emser Wasser, sondern auswärtige
Sauerbrunnen, Braubacher und Denkholder 35s. Selters (Sältz) wurde 1720, schon wenige
Jahre nach seiner Bekanntmachung durch den Leibmedikus Gundelsheimer verschickt,
zur selben Zeit auch Karlsbader Wasser 402. i603 gingen zweihundert Flaschen Spa-
wasser nach London, später ebensolviele nach Mantua; die Gemahlin Heinrichs IV. trank
es zu Monceaux 70. Von Pyr-
mont wurden jährlich sechzig-
bis achtzigtausend Bouteillen
die Weser hinab nach London
geführt. Die Engländer hatten
dieses „kräftigste" Stahlwasser
in ihre Materia medica einge-
führt (1733)343. Um die Zer-
setzung mancher Wasser zu
verhüten, trieb man 1826 einen
Nagel durch den Pfropf bis ins
Wasser. Im gleichen Jahre
schlug ein Dr. Hecht in Fran-
Abb. 108. Der „Kayserliche Badwasser-Brun". Kupfer aus:
Blondel, Erklärung deren Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach.
Aachen 1688.
260
Die Aachener Trinkbrunnen
zensbad für diesen Zweck den Zusatz von Kohlensäure durch „aufgefaßte kräftige
Sauerteige" vor 88
Auch das Wasser von Pfäfers w^urde im IQ. Jahrhundert in größerer Menge nach
Deutschland, Italien und Frankreich versandt 4i9. Man ließ also mit vielen Kosten reines
Quellwasser kommen. Ob es gewärmt getrunken wurde, wird nicht angegeben. Da-
gegen trank man Aachener Wasser nur warm. Der Badearzt Blondel schlug 1688 auch
den kalten Gebrauch vor, hatte aber schon heftige Angriffe zu bekämpfen, die sich gegen
das Trinken von warmem Aachener Wasser richteten und es „gantz von der Übung der
medicin außgeruttet" wissen wollten. Blondel selbst bezeichnet das Trinken in Aachen
als neuen Brauch. Der Magistrat scheint kurz vorher den ersten Brunnen (Abb. 107)
auf freier Straße errichtet zu haben, was dem nicht fernliegenden Spa anscheinend un-
angenehm war. Der Brunnen wurde von einem „Sprung" (Quelle) des Corneliusbades ge-
speist, das Wasser mußte gepumpt werden. Blondel schlug noch vor, wärmere Sprünge
aus dem Kaiserbade in ähnlicher Weise zu verwenden 409. Ein zweiter Brunnen kam auch
später zur Ausführung, wenn auch nicht in der von Blondel vorgeschlagenen Art (Abb.
108), sondern als laufender Brunnen (Abb. 10Q)4io. Kurz vor 1736 bestand dieser allein
noch, war aber umgebaut worden (Abb. 1 10) und zwar aus den Überbleibseln des ersten
Brunnens, den man abgerissen hat. Das Standbild der Jungfrau Maria (Abb. 107) war mehr
als einmal die Veranlassung zu bitteren Streitigkeiten zwischen Katholiken und Prote-
stanten gewesen 263. Während wir in anderen Bädern gleich in oder beim Bade meist eine
Röhre zum Trinken finden, mußten die Aachener Kranken zu dem Corneliusbrunnen über
die Straße gehen. Für Leute, die an das Haus gefesselt waren, schrieb Blondel eine be-
sondere Verschickungs-
art vor. Es sollten „du-
peleGläserne Flaschen"
genommen werden mit
engem Hals. Durch stei-
nerne ginge die Kraft, in
ihnen bliebe auch der
Wüst stecken. Nach
der Ankunft sollten die
Flaschen uneröffnet in
einen Kessel mit kaltem
Wasser gelegt und in
diesem erwärmt , da-
nach im warmen Was-
ser in einem Holzkübel
bis zum Gebrauch auf-
Abb. 109. Neuer Trinkbrunnen in Aachen 1727. (Nieuwe warme Fontein ^„„.„u^i ,,,„r^ar. /AKK
„ • u , w, i j ^ i^ I D DU- bewahrt werden (Aoö.
op alle vier Hoeken Water geevende.) Kupfer aus: Blondel, Bescnryving
van de Stad Aken. Leiden 1727. 106) 40Q.
Badebekleidung
261
Abb. 110. Ansicht des warmen Brunnens auf dem Markte zu Aachen. 1. Der Brunnen, wo man
trinket. 2. Der Spazierplatz. 3. Das Herrenbad. Kupfer aus: Amüsements des eaux d'Aix la
Chapelle. Amsterdam 1736.
Eng mit den Ansichten über den Badeausschlag hing die Bekleidung im Bade zu-
sammen. Es ist verständlich, daß man nach Auftreten der Hautentzündung, die beim
Karlsbader Wasser sogar zu eiternden Geschwüren führte 350^ die Körperoberfläche mit
möglichst wenig Stoff in Berührung brachte. Deswegen die so eng bemessene Bruoch
(Badehose) der Männer auf dem DüRERschen Bilde (Abb. 138), wie sie im gewöhnlichen
Leben den Abbildungen nach nicht getragen wurde*, deswegen die von Poggio be-
schriebenen Hemden der Frauen, die Brust, Schultern und Rücken frei ließen und lange
Schlitze an den Seiten hatten (Abb. 100). Vielfach erscheinen auch die Frauen mit einem
mehr oder weniger leicht umschlungenen Tuche, das häufig sogar beiseite gelegt ist
(Abb. 102). Gewiß ist die Absicht der Künstler nicht zu verkennen, in den Badeszenen
möglichst reine Akte darzustellen, wodurch das Treiben auf den Bildern anstößig er-
scheint. Aber auch auf den alten Siegeln von Baden (Abb. 52), auf dem Bild zu Foltz'
Wildbädern, wo die Geschlechter getrennt sind (Abb. 114), sitzen die Frauen nackt, und
* Die Bruoch war ein Kleidungsstück, das mit den Hosen, unseren heutigen Hosenbeinen, zusammen
der jetzigen Hose entspricht. Gut sichtbar ist diese Bekleidung im mittelalterlichen Hausbuche '^o.
Die Bruoch wurde auch, wie aus Darstellungen plötzlicher nächtlicher Flucht in den Bilderchroniken
hervorgeht, im Bett anbehalten, wodurch der Ausdruck Schlafhose verständlich wird.
262
Badebekleldutip und Badewäsche
1 ähnliche Darstellungen in Sebastian
Münsters Cosmographey (Abb. 111) wur-
den in einem auf der Züricher Stadtbiblio-
thek befindlichen, von Hugo von Ame-
RONOEN im Auftrage der Inquisition korri-
gierten Exemplar 351 nicht anstößig befun-
den, während man ziemlich harmlose
Stellen überklebte, z. B. das ganze Kapitel
über Kaiser Ludwig den Bayer, oder an Stelle
von „Dominus Calvinus" „Studiosus qui-
dam" setzte 455. Die Männer in der Bruoch,
die Frauen im Badhemd, so befanden sich
Abb.lll. Mineralbad. Holzschnitt aus: Sebastian wenigstens die Armen im gemeinsamen Bad
MÜNSTER, Cosmographiae universalis Lib. VI. bis ins IQ. Jahrhundert (Abb. 46 U.140). Nach
Basel, Petri, 1550. ,-> i , i- «■«•• • •
PooGio legten die Manner, wenn sie in
Frauenbäder gingen, den Bademantel um. Mit diesem bedeckt stieg man ins Bad und
ging mit ihm heraus (Abb. 137). Die Glotterthaler Badeordnung aus der Mitte des 16.
Jahrhunderts schrieb vor: „Item es sollen die Mann in jren Niderklaidern zu vnd vß
dem Bad gehn, auch die Hembder oder Badmentel, biß sie in dem Gasten nidersitzen
wollen, anbehalten" 330. ob im 16. Jahrhundert die Frauen außerhalb des Bades über
dem Badhemd einen Bademantel trugen, wird nicht angegeben. Noch gegen Ende des
18. Jahrhunderts schritten die Armen, Frauen und auch Männer, in Baden aus den Gast-
höfen zum Verenabade nur im Hemd über die Straße 424. igig rügte Wetzler, daß auch
junge Mädchen im nassen Hemd zum Gasthof zurückgingen 370. Beim Freibade zog man
sich auf offenem Platze aus 424.
Vor dem Anlegen des Bademantels trocknete man sich im 16. Jahrhundert wahr-
scheinlich nicht ab. Anders im 17. Jahrhundert. Da nahm man 1689 nach Pfäfers an
Leinwand mit: „Badttücher, Badhößlein, Bad-Mäntel drey", als dienlich wird angegeben
„1 langer Beltz oder sonst warmer Bad-Mantel" 428^ 1665 ein bis drei Badtücher oder
Schürzen, bequeme „schlaff hosen" von Leinwand, doch mit dem Schlitz an der Seite
und anstatt des Bandes mit einem paar Haften, weil die Bänder nach dem Bad schwer
zu lösen seien, und einen oder zwei Bademäntel mit Ärmeln 456. Ritter läßt 1696 mit
dem Bademantel abtrocknen und im Nachtrock ins Zimmer gehen *4ii. jm 17. Jahr-
hundert legten die Männer, wenn sie mit Frauen badeten, auch im Bade den Bademantel
um. In Österreich war das schon im 16. Jahrhundert Sitte. Im Tobelbade bei Graz
wurde 1549 verordnet: Es soll „ein Herr oder ander Person (also Mann)", „sonderlich,
so das Frauenzimmer vorhanden, an (ohne) ain Pfaidtn mit ainen guerti umb-
* Es scheint, daß die Badetücher oder Schürzen die Bedeckung der Frauen während des Bades im
Gegensatz zu den Bade- oder Schlafhosen der Männer waren und man sich mit dem Bademantel
abtrocknete, worauf man in einem warmen Bademantel oder Schlafrock das Bad verließ.
Badebekleidiinp und Badewäsche
263
punden" nicht in den Ursprung (anscheinend Bassinbad bei der Quelle) gehen oder
im Vollbad sitzen s-*. „Ayn padphayt" ließ sich 1428 der Propst von Klosterneuburg
für 46 dn anfertigen und kaufte in Baden bei Wien ein „femurai" für 11 dn 'ß. Aus den
Preisen geht hervor, daß „padphayt" ein größeres Wäschestück als die Badehose und
wahrscheinlich der Bademantel ist. Auch hinterließ in Wien 1413 eine Jungfer „ain
welische patphait" iß; wonach es nicht die Badehose sein konnte. Zeiller, der selbst
das Herzogsbad zu Baden bei Wien gebraucht hatte, beschreibt 1649 die dortige Bade-
kleidung. Junge und Alte, Edel und Unedel, Manns- und Weibsvolk saß untereinander
mit „angezogenen, vnd mit Fleiß dazu gemachten Badekleidern, Theils seynd nur in
Hembder, vnnd Schlaffhosen (siehe Anm. S.261 u.262) angethan, die Männer mit bedeck-
tem Haupt, welches sie im ein- vnd außgehen, entblössen, vnnd neben dem Gruß, das Bad
gesegnen müssen; Das Weibervolck aber mit theils angethanen Vberschlägen, Zierd
vnnd Schmuck vmb den Kopff auf Österreichische Manier gebutzt lassen jhnen den
Saum an den Badröcken, mit Bley einnehen, damit solche nit vbersich schwimmen
können". Es wurde, wie Zeiller bemerkt, Ausschlag gebadet 37i.
Im 18. Jahrhundert sehen wir (Abb. 112) in Baden bei Wien niemanden mehr in
Badehosen 448 1 758 gibt Moser folgende umständliche Beschreibung vom „Bad-Geräthe"
für das Wildbad : „Eine Manns-Person von einigem Stand hat ohnehin einen Schlafrock,
Kappe und Pantoffeln; brauchet also nur noch ein Bad-Hembd. Dieses machet man
wie einen fast auf die Erde gehenden Schlafrock, mit offenen, (welches besser ist) oder
mit beschlossenen Ermeln, und oben mit einem Kragen und Knopf. Hinten werden
1. i'H' ^crr-ert i^dyne
Abb. 112. Das Herzogsbad zu Baden bei Wien. Titelkupfer aus: Beschreibung deren Gesundineits-
Bädern Baaden, Teutsch-Altenburg und Pyrenwartii. Nürnberg 1734.
264 Mitführen des gesamten Haushaltes in das Bad \
mitten in dem Rücken 2 Bände! einer Ehie lang angenähet, mit welchen man so dann
das Bad-Hembd zuknüpfet. Weißes zartes Tuch schicket sich nicht darzu, weil es sehr
an dem Leib klebt, und dadurch dessen ganze Beschaffenheit zeigt; sondern man nimmt
ungebleicht oder gar hänfen Tuch darzu. Weibs-Personen lassen sich auch ein solch
Bad-Hembd machen: Andere thun kein Hembd an, sondern bedecken den Ober-Leib
mit einem Capuciner-mäßigen Ober-Mantel, oder Saloppe, so dann bedienen sie sich
eines ungefüterten Unterrocks von baumwollen Zeug oder Barchet; wiewohl Einige wahr-
scheinlich meinen, die Krafft des Bad-Wassers werde durch die Dicke des Barchents
mercklich geschwächt" 332_ Nach Oessner trugen 1746 die Frauen auch Röcke und
Mäntel von Barchent „nebst" dem Badhemd und die Männer lange, weiße Badhemden
„so als ein Schlaff rock". Man ging im Schlafrock über die Straße zum Bad 335. Bei reichen
Leuten waren die Badhemden mit Spitzen geziert, und nach den Handzeichnungen Vooels
von 1820 im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich reichten die der Frauen bis zu
den Zehen. Sie wurden nach Hess' Bericht 315 als Paradestücke im Anfang des 19. Jahr-
hunderts zu den Fenstern der Gasthöfe zum Trocknen hinausgehängt (Abb. 46), was
auch in Wildbad den Badegästen ein Bedürfnis gewesen zu sein scheint, denn die dor-
tige Badeordnung vom Jahre 1828 verbot das Trocknen der Bademäntel, Badehemden
und Abtrocknungstücher auf dem öffentlichen Marktplatze vor den Badegebäuden 325.
Es wurde schon erwähnt, daß die Besitzer der Höfe in Baden (Schweiz) den Gästen
nur Wohnung und Bad zur Verfügung stellten. Man zog allgemein, wie Ryff 1549
berichtet, mit ganzen Haushaltungen ins Bad 48. In Baden (Schweiz) erhielt man noch
1786 mehrere Zimmer, eine dabei gelegene Badehalle, eine Küche und einen Keller 4i5.
Die Badegäste kauften auf dem Markte in der Stadt Baden (im Bade selbst war es ver-
boten) Nahrungsmittel ein, kochten selbst, den Wein brachte man von Hause mit 32.
So war es in den meisten Kurorten. In den Beschreibungen wird fast immer ange-
geben, daß kein Mangel an Essen und Trinken sei und man in den benachbarten Orten
gut einkaufen könne. So gibt Pictorius 1560 für Badenweiler die Stadt Neuenburg
an 152 1747 konnte man dort noch selbst kochen und brachte insgemein die Betten mit 352.
Aber schon 1485 finden wir ein Abweichen von dieser Lebensweise im Bad. Nach
der Badeordnung von Meinhardt in Württemberg aus dem genannten Jahre war wohl
das Selbstkochen gestattet, und der Wirt durfte niemand drängen, es zu unterlassen.
Man mußte aber zwei Pfennig Liegegeld für die Nacht zahlen, wer nach dem Pfennig-
wert aß (die Speisen einzeln bezahlte), nur einen Pfennig, und wer das Mahl beim Wirt
nahm, gar nichts 53. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts konnte man in Wiesbaden die
Speisen selbst richten, in Schlangenbad litt es der Wirt nicht. Sein Wein war aber so
schlecht, daß die Badegäste ihren eigenen mitbrachten 407. im allgemeinen nahm man im
18. Jahrhundert wenigstens Betten von Hause mit, ins Wildbad noch 1832 325.
Das Verlegen des gesamten Haushaltes in das Bad brachte Nachteile mit sich, die
trotz öfteren ärztlichen Hinweises nicht beachtet wurden. So sagt ein Bericht aus dem
Anfang des 18. Jahrhunderts von Baden: „Oft aber, wenn auch nur ein oder zwei Güe-
Baden ganzer Famäien
265
Wäl-i i^S^^^^^^^HI
der des Hauses kurbedürftig sind,
machen die Übrigen aus Sparsam-
i<eit die Kur mit, um niciit die Kosten
zweier Wirtschaften, einer bei Hau-
se und einer zweiten im Bade, zu
tragen, und gehen nicht selten, nach-
dem sie gesund angelangt waren,
halb krank heim" 32. Und Scheuch-
ZER schreibt 1 732 : „ Da werden gan-
ze Familien versorgt mit Zimmern,
Küche, Keller, Tisch- und Bettzeug,
Holz- und Küchengeräten nebst
eigenen Bädern. Großer Mißbrauch Abb. 113. Familienbad zu Baden im Aargau. Kupfer nach
wird damit getrieben daß ganze Martin Usteri von F. Hegi aus dem: Neujahrsgeschenk
, ,, , . , , , . , der Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich 1S08.
Haushaltungen gleich streng, gleich
lang baden ohne Unterschied des Alters und Geschlechts. Ratet man einer Hausmutter
das Bad, so muß die Tochter, der Sohn, die Sohns-Frau und deren Kinder die Bader-Cur
auch genießen" 355. Noch im 19. Jahrhundert nahm man die Kinder mit in das Bad, und
wie aus Abb. 113 hervorgeht, auf längere Zeit 353.
Gegen 1480 wurde in Nürnberg ein Gedicht des Meistersingers und Barbiers Hans
FoLTZ gedruckt 37 das 1504 in Straßburg einen Neudruck '2 erfuhr und eine poetische
Bearbeitung der Baderegeln Petrus' de Tussionano enthält, zwischen die eine Be-
schreibung von warmen Bädern eingeflochten ist (Abb. 114). Uns interessieren neben
dem französischen „plumbers" die deutschen Bäder: „baden jn der marck grofschafft",
„ein bad bey mentz genant wißbaden".
„Zuo Ems ein bad do selbest vmb
Wer bades halben do hin kum.
Ist mar vmb lust dan vmb gesunt."
„Ein bad bey kalb gelegen nho.
Genant jm svi/artz wald dz v\/ilpad."
„Bey kur nit ferr ein wilbad ist.
Leyt bey sant benedicten wist.
Genant pfeffers diff jn einer krufft
Do tages licht noch vi'indes tufft.
Gar fast wenig gemerckt wirt
Das bad wunderlich hilff gebürt
Vnd wird für vil ander gepreist.
Großer hilff halb die es beweist.
Ist fein lauter wie ein cristal.
Sie kochen vnd drincken sein all
Es krefftigt hertz, sei vnd gemüt.
Vnd hat nie nymant wee getan.
Dint auch eins yder complexian.
Es fleüst von lauter goldes ertz.
Nymant hat do verdriß noch smertz
Veriagt allen vnlust vnd grawen.
Dint kalt vnd heissen man vnd frawen
Dewt wol all speis dz sie nit schat
Wer den smertzen padagran hat
JVlit allen den geschlechten sein
Dut es offenlich hilffe schein.
Lüfft dem geliörd dint dem gesicht
Vnd waß man sunst von flüssen spricht
Treybt auch auß all vnreinigkeyt
Die sich jm gantzen lieb auß breyt."
Vor grossem wol gesmack vnd gut
„Ein bad jn zweitz zuom walles heist" (Leuk), „bey kalb ein bad zuo zell genant"
(Liebenzeil), „ein bad bey eger zuom einbogen" (Karlsbad).
„Noch ist ein bad jn öbern swaben Hertzogen baden man es nent.
Dut man für diese alle loben. Wunsamer bad wart nie erkent.
266
Der Meistersinger Hans Foltz über die deutschen Bäder
Birfspttfitiftttfftnft
onsoottiilimpatim
mroöttaturtinfi^rrin
Abb. 114. Mineralbad. Titelholzschnitt zu :
Hans Foltz, Gedicht von den naturheißen ,
Bädern.
Des iusts glich find man jn l<eim bad
Von wannen jm her kum die gnad
Kunt nie kein weiser auß studirn.
Man meint dz ein sunders gestirn
Ein sülchen jnfluß do hin hab.
Das do kein freid nümer ge ab
Im herbst vnd meyen zuo vor auß.
Do wart nie zweiung oder strauß.
Von wan falck dar kumpt auß eim iant
Oder waß sprach jm sey bekant
Er sey reich arm oder ein paur.
Wie schon suptil wi grober knaur
Münsch pfaff, fürst, grof, oder frey
Von wan er kum vnd wer er sey
Wir erfahren hier auch von Foltz, daß
Wirt allß vereinet jn eim piick.
Do macht sich mancherley geschick
Von essen, trincken, tantzen, springen
Stein stossen, lauffen, fechten, ringen
Seiten spü, pfeiffen, singen, sagen.
Ein ander von vil sachen fragen.
Lib kosen halsen vnd sunst schimpfen
Künen sie ein ander alls gelimpfen.
In wisen gerten sich ermeyen.
In weld vnd zuo den prunen reyen
Nymant den andern hasset nicht
Spürn waß eclesiastes spricht.
In frölich vnd fryem gemüt.
Ein lust grünendes allter plüt.
Gedencken auch vnd sehen an.
Den Spruch den spricht der saloman.
Die trauikeit mit irem gewallt
Macht mager geruntzelt allt.
Dar vmb zuo wundern ist von aln
Den dise ding also für valn
Das geistlich vnd kaiserlich recht
Verpitung thun bey schweret echt.
An vil enden der weit gemein
Nit jn den wilpaden allein.
Sunder jn allen sammungen gar.
Gesünder! seint der frawen schar.
Von manen auch die jungen geseien
Von jungfrawen bilden, vnd ertzelen
Manch bös vrsachen vil dar bey.
Des halb sint zuo gelossen frey.
Gemeine weib, groß zuo bewarn *
Dz sunst der mensch möcht über farn
Nicht sprich jch das jn disem bad
Imant gesche einiger schad.
Eren halben das sprich jch nicht.
Sunder der al ding weiß vnd sieht
Vnd durch die jnflüß der natur.
Lest würcken jn sein creatur. . . .
Dar vmb ob jm gemelten bad. ]
Sich alles folck zuo samen lad.
In fruntschaft such freid vnd schimpf
Wer wolt das als zuo vngelimpf
Als bald verkern, so doch nymant
In sülchs bis her zuo argem want
Lentlich ist sitlich hört jch ye
Des gleichen las man bleipen sy.
Denoch ist ye zuo loben bas.
Kürtzweilig freid mit mitler mas
In lib vnd früntschafft für genomen."
Baden über alle Bäder zu loben ist, nämlich
als Luxusbad. Als Heilbad steht Pfäfers trotz seiner unangenehmen Lage obenan.
* Diese Auffassung — Frauen und Jungfrauen zu bewahren — war im Mittelalter die Begründung
für die Zulassung der öffentlichen Frauen (siehe S. 249).
Vorteile der blutwarmen Bäder
267
„Vnd hat nie nymant wee getan
Dint auch eins yder complexian",
dessen können sich nicht viele Bäder rühmen, wenn es auch für Pfäfers eingeschränkt
werden muß. Die meisten ließen nicht alle Komplexionen (-= Konstitutionen) zu. Von
Wiesbaden sagt Foltz, daß es den Colericis bald schaden bringe. Der Grund liegt in
der Temperatur. Pfäfers Wärme ist gleich der des menschlichen Blutes, aus demselben
Grunde war auch das Wildbad im Schwarzwald hochangesehen und viel besucht. Die
Redensart „Eben recht wie das Wildbad" erwähnt schon Leucippaeus 1598431. Ein
Teil der Thermen war zu heiß* und mußte vor dem Gebrauche abgekühlt werden —
Abb. 115. Badehalle in Aachen 1736. (Die Art, wie man sich badet.) Kupfer aus: Amüsements
des eaux d'Aix la Chapelle. Amsterdam 1736.
die Aachener Bassinbäder (Abb. 115) erforderten fünfzehn bis achtzehn Stunden 409 _^
andere nicht warm genug (z. B. Liebenzeil) und mußten erwärmt werden. In beiden
* FoLTZ sagt von Baden-Baden :
„Wer jn sein flüß weich eyer leg
Die sint dar jn gesoten schier".
Man verwendete auch praktisch die hohe Temperatur. Eine der Quellen in Baden-Baden wurde 1606
zum Brühen von Hühnern, Vögeln und Schweinen benutzt und danach „Brühequell" genannt ^"J^.
Auch Klüber erwähnt ihn und seinen Gebrauch 1810 -"'s. Mehrere derartig benutzte Quellen, die als
Schöpfbrunnen gefaßt waren, lagen bei Burtscheid «'. In Abb. 144 ist das Brühen der Tiere neben
dem Karlsbader Sprudel dargestellt.
268 Bäderreklame
Fällen gelang es nicht, einen andauernd gleichmäßig warmen Strom hervorzubringen
und bei längerem Gebrauche war während des Badens ein Zusatz von heißem Wasser
erforderlich (Abb. 116). Um vieles mehr waren die Bäder, die ganz und gar gewärmt
werden mußten, im Nachteil, und ihr Emporkommen zuungunsten anderer, z. B. des
Wildbades, verdanken sie zum Teil einer geschickten Reklame, die der unserer heutigen
Zeit kaum nachstand.
Mit dem 16. Jahrhundert beginnt eine enorm große Bäderliteratur, meist in Buch-
form. Neben der eingehenden Schilderung des Bades, einer möglichst weit zurück-
gehenden Geschichte, sind Verordnungen über den Gebrauch des Bades bis ins kleinste
angegeben, daneben oft zahlreiche Krankengeschichten, natürlich nur mit Erwähnung
der geheilten Fälle, und mehreren Gedichten, die das Bad und noch öfter den Be-
schreiber des Bades in der Regel als Wohltäter des Ortes oder der Menschheit preisen.
Der Wert der Krankengeschichten wird am besten durch folgenden Vorfall beurteilt:
Über Dr. Gessner, den Herausgeber mehrerer Monographien über die Bäder Württem-
bergs, wurde in den Leipziger gelehrten Zeitungen wegen seiner „Zaysenhauser Bad-
Beschreibung" ein „nichtallzu gütiges Urtheil, in Ansehung der Observationum practi-
carum" gefällt, „und hat der Hr. Censor selbige in sehr aequivoquen terminis, als ein
Mittel, Pfuscher in der Medicin zu machen, angegeben". Gessner entschuldigte sich
1748 damit, die Observationes wären nicht seine, sondern anderer Leute Arbeit und er
habe sie selbst als unvollkommen bezeichnet. Weder er, noch der Verleger habe sie mit
gutem Willen beigesetzt, „da es aber von andern ansehnlichen Orten expresse verlangt
worden, hat man sich dessen nicht entschlagen können, und solches als suspensam
hederam angesehen" 372 Manche Bäder gaben auch auf einzelnen Bogen gedruckte
Empfehlungen heraus. Ein solcher von Baden in der Schweiz vom Jahre 1619 ist 80 cm
lang 322 Antegast ließ noch 1704! ein Plakat für seinen Sauerbrunnen aus Tabernae-
MONTANUS' Neu- Wasserschatz abdrucken 323^ der 1580 geschrieben wurde 324. Waren
die dort niedergelegten Ansichten auch ganz veraltet, sie waren empfehlend, und das
genügte. Dazu wurde auf den Bogen statt 1580 1505 gesetzt, um den Gebrauch des
Brunnens noch ein wenig älter erscheinen zu lassen.
Ein großer Nachteil erwuchs den Thermen mit indifferenter Temperatur durch ihre
Lage. Sie konnten sich nicht zu Luxusbädern entwickeln. Das württembergische Wild-
bad wird zu Anfang des 19. Jahrhunderts in den meisten Brunnenschriften, selbst in
der von Hufeland in drei Auflagen nicht einmal erwähnt 354 Da war es Justinus
Kerner 325^ der 1832 warm für die Heilkraft der genannten Bäder, besonders des Wild-
bades eintrat und zugleich eine Lanze, wohl die letzte, für die alte Gebrauchsart der
Bäder brach. Im 19. Jahrhundert eiferte man gegen das gemeinschaftliche Baden in
Bassinbädern und bereitete ihm auch mit wenigen Ausnahmen ein schnelles Ende.
Schon 1758 nennt es Moser (Wildbad) für manche schäm- und ekelhafte Personen einen
der allerbeschwerlichsten Punkte 332. Hottinger373 wußte 1702, daß in Baden in der
Schweiz der weiße Fluß der Frauen nicht nur vertrieben, sondern auch erworben wurde
Das gemeinschaftlich genommene Mineralbad 269
und nicht nur durch zu heißes Baden, sondern auch durch Zusammenbaden mit Leuten,
die damit behaftet waren. Auch Scheuchzer hebt es 1732 hervor 355. Die alten Ärzte
gingen darüber leicht hinweg. Leucippaeus sagt 1598 vom Wildbad, es säßen viele bei-
einander „als in einer Kirchen oder Keller", keine Ansteckung erfolge durch den anderen,
„dieweil des wassers natur nichts vnreines annimt" 43i. |m IQ. Jahrhundert mehrten sich
aber die Stimmen, die eine Ansteckung annahmen, dazu kamen andere, die auf eine Ge-
fährdung der Sittlichkeit hinwiesen 370. Auch das Wildbad konnte nicht mehr zurück-
bleiben und führte Wannenbäder ein *. Justinus Kerners Stimme verhallte umsonst.
Die Zukunft zeigte, daß Wildbad recht daran getan hatte; denn schnell kam es zur
Blüte. Kerners Auffassung ist so eigenartig, daß ich sie widergebe:
„Vor vielen Bädern und namentlich auch vor dem benachbarten Baden haben die
Quellen des Wildbades auch das voraus, daß zu ihnen nicht leicht jemand wandert, der
nicht wirklich erkrankt ist, oder der nur der Welt und ihrer Lust fröhnen will. Zum
Glücke ist hier die Natur so sehr von Granit, daß sie den Bestrebungen der Menschen,
sie den Wünschen der verweichlichten Menge mehr anzupassen, stets widerstrebt.
Hier sprudeln einzig Heilquellen, hier sind keine Farobänke, keine Schauspielhäuser,
keine üppig besetzten Tafeln. Wer den Tumult der Menge liebt, wen nur die Lange-
weile aus der gewohnten Lage treibt, wer meint, er müsse jährlich in ein Bad, weil es
die Mode so will, der bleibe doch, um Gottes willen ! fern von dieser, nur dem Kranken
geweihten, Stätte, sie würde seine Langeweile, seine Leere nur vermehren. Zu diesen
segenvollen Quellen aber komme der wirklich Kranke mit Liebe und Vertrauen, und hält
er sich hier an die so einfache, unverweichlichte Natur, richtet er seine Lebensweise
dieser gemäß ein, wird er auch Heilung oder Linderung seiner Leiden finden. Der, dem
es Ernst ist, hier zu gesunden, der nicht bloß mit diesen Wassern sein Spiel treiben
will, der hat vor allem zu bedenken, daß nur eine einfache Lebensweise, kräftig und
naturgemäß, der stillen und einfachen Größe der Natur dieses Heilorts entspricht. Mit
Betrübniß muß man sehen, wie solche Stätten, die die Natur einzig zur Heilung kranker
Körper bestimmte, so oft zu ihrer Vergiftung, durch die unnatürliche Lebensweise an
ihnen, mißbraucht werden. Noch scheinen, besonders auch in den Bädern unseres
* Nach Leucippaeus wurde 1598 in Baden-Baden im Gegensatz zum Wildbad nur in Kästen ge-
badet ^^i Sie müssen aber sehr groß gewesen sein; denn Ryff sagt in seiner Übersetzung zum
Vitruv, daß unter Labrum nicht Kasten mit Wasser zu verstehen seien, wie man sie zu Wiesbaden
und Markgrafenbaden habe. Dort seien sie mit Lehnen und Geländern versehen, daß man den
Badenden zuschauen mag ■'6''. In Oastein führte man 1804 die großen Oesellschaftsbäder an Stelle
der Wannenbäder ein, und hier wurde dies als zweckmäßige Neuerung begrüßt. Seit dieser Zeit
hob sich der Verkehr in Gastein, zum Teil lag dies aber auch daran, daß die Kurgäste von da ab nicht
mehr in den hölzernen Wohnhäusern (Abb. 121) Herberge nehmen mußten^", die dann nach und nach
verschwanden und zum Leidwesen manches Verehrers von Gastein modernen Steinbauten im Stile
der Renaissance Platz machten, so daß 1858 der Maler Steinfeld, von Rotschild zur Anfertigung
eines Gemäldes aufgefordert, erwiderte: „Das kann und will ich nicht" -i^^. Nach Wetzler badeten
1819 die Geschlechter zu Baden bei Wien, Gastein und Leuk gemeinsam. Einige Jahre vorher war
in Baden bei Wien das gemeinschaftliche Baden verboten worden, allein das Verbot mußte auf Vor-
stellung der Einwohner zurückgenommen werden, da die Bäder unbesucht blieben 3^".
270
Justtnus Körners Eintreten für das gemeinschaftliche Baden
Vaterlandes (was hauptsächlich aber auch noch in dem benachbarten Baden-Baden der
Fall ist), die Tafeln der Wirte die Hauptsache zu sein, die Quellen die Nebensache.
Ahme man doch hier Bäder des Auslandes von größtem Rufe nach, wie z. B. das Marien-
bad, das Kadsbad, wo die Wirtstafeln den Quellen, die Wirte den Ärzten, untergeordnet
sind .... Hört man doch meistens auch die Esser, die von solchen übervollen Tafeln
mißmutig und träge aufstehen, im Gefühle ihrer Übersättigung, dem Wirte zum Danke,
noch über alles, was sie gegessen, nur schimpfen 1 Dem war die Trüffelpastete zu wenig
pikant, jenem das schwarze Wildbret als zahmes verdächtig; der schimpft, daß der Aal
in zu kurzen Stücken aufgeschnitten, und jener, daß die Gans nicht mit Kastanien ge-
füllt gewesen, und wieder ein anderer meint, daß er das Alles da oder dort um die Hälfte
des Preises wohl besser und reichlicher gefunden habe .... In diesen Bädern des Wild-
bades ist keines Menschen Nachhülfe nötig, weder kaltes noch warmes Wasser wird
mühsam in diese Bassins ge-
tragen (Vgl. Abb. 116), ganz
so, wie der Wärmegrad dem
oder jenem Körper am ange-
messensten ist, als hätte die
Natur diese Quellen zu nichts
anderem, als zur Heilung
kranker Körper, von Anbe-
ginn bestimmt (man kann
nämlich mit diesem Was-
ser weder Hühner noch
Schweine brühen) steigen sie
aus der geheimnißvollen
Abb. 116. Mineralbad aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Oleich- Werkstätte wohlthuender
zeitige Radierung im germanischen Museum zu Nürnberg. Geister herauf. Die lebener-
weckende, gleichförmige Verbindung dieses Wassers mit Wärme kann, glaube ich, kein
Thermometer so schön darthun, als das Experiment sie darthut: daß Hühnereier beinahe
zum Ausbrüten in ihm gebracht werden können. Neben diesem immer gleichen Tem-
peraturgrade haben die Bäder des Wildbades wohl auch noch diesen Vorzug, — daß ihr
Wasser ein lebendiges fließendes ist. Wer in diesen Bädern badet, der badet in einem
natürlich warmen Flusse: denn dieses geradeaus seinen Felstiefen entsprungene Wasser
ist über dem reinen Flußsande in beständiger Bewegung, in einem beständigen Ab- und
Zuflüsse. Der Badende sitzt umwallt von immer sich bewegenden, krystallhellen, leben-
digen Quellen, die soeben das Licht des Tages begrüßen, umspielt von dem unaufhödich
unter ihm in großen Blasen aufpedenden mit Wasserdämpfen geschwängerten Gas.
Ein solches Baden verdient in Wahrheit erst ein Baden genannt zu werden. Wie arm
und höchst notdürftig (auch bei seiner geringen Wassermenge) ist dagegen jedes Zuber-
bad, das Röhren oder Menschenhände von seiner Geburtsstätte tragen, mit kaltem
im fließenden Mineralwasser 271
Wasser vermischen, das in toten Gefäßen gebunden steht und bei dem das Thermo-
meter immer beschäftigt ist, eine gleichförmige Wärme anzuordnen, die doch bei aller
Sorgfalt nicht erhalten werden kann ! . . . . Das gemeinschaftliche Zusammenbaden trägt
auch vieles zur Unterhaltung bei, man spricht gemeinschaftlich über die Gefühle im
Bade, über seine Wirkung; der Hypochondrist vergißt seine Grillen; der Gichtkranke
seine Schmerzen; der an der Heilung schon fast Verzweifelnde schöpft neuen Mut und
neue Hoffnung, indem er einen Andern die wohlthätige Wirkung des Wassers preisen
hört .... Die Bäder des Wildbads sind, wie schon öfters gesagt, warme Flüsse. Somit
vereinigt sich in diesen Bädern, als in einem Brennpunkt, alles, was je ein kranker Orga-
nismus von der Heilkraft eines reinen, lebendigen Brunnquells und einer immer gleichen
Naturwärme zu erwarten hat. Und wie ein schöner Frühlingstag, an welchem das Licht
der Sonne im Bunde mit dem reinsten Äther uns umströmt, fachen sie selbst im Greise
wieder neues Leben und frische Jugend an. Harmonisch, ungetrübt und wohlthuend
ergießen diese frommen Nymphen ihre Wasser, und Segen werden sie gewiß auch
dem bringen, der die Stufen ihrer Tempel mit Liebe und Glauben betritt."
„Der Wasser gute Geister singen Wie Lenzeshauch wird's Dich durchbeben;
Hier aus krystallnen Tiefen laut: Frag' nicht, wie diese Kraft man heißt;
„Bald werden Dem wir Heilung bringen, Du kehrst ein neuer Mensch ins Leben
Der liebend unsrer Kraft vertraut". Und sprichst: Das that des Wildbads Geist!"
Nach diesen Ausführungen ist es verständlich, wenn Kerner das Zuberbad von
Wildbader Wasser nicht mehr ein Baden im Wildbade nennt und die zu seiner Zeit er-
richteten Badekufen nur für warme Bäder mit Zusätzen von Steinsalz, Schwefelleber,
Sublimat und aromatischen Kräutern gebraucht wissen will*.
* Kerner macht an mehreren Stellen seinem Ärger über die neu errichteten Wannenbäder Luft.
„Das gemeinschaftliche Zusammenbaden in diesem naturwarmen lebendigen Flusse und das Baden
in stagnierendem Wasser in einer Kufe verhält sich zu einander wie ein gemeinschaftlicher Spazier-
gang in lebendiger freier Luft zu einem einsamen Sitzen in einer verschlossenen Stube." Und doch
übertreibt Kerner. Nach der Badeordnung von 182S, die Kerner selbst bringt, erneuerte sich das
Wasser in den Badewannen beständig.
I
DIE GESUNDBRUNNEN IN NACHMITTELALTERLICHER
ZEIT / BIS ZUM DREISSIGJÄHRIGEN KRIEGE*
eben wir von Hans FoLTZ'ens Gedicht über die Wiidbäder ab, so
beginnt die deutsche Bäderliteratur zu Anfang des lö. Jahrhunderts,
zuerst mit einigen Monographien über Baden bei Wien, Karlsbad,
Wildbad, Baden in der Schweiz; dann folgt das erste zusammen-
fassende Buch, der Traktat der Wildbäder von Laurentius Phries,
der freien Kunst und Arznei Doktor, gedruckt zu Straßburg 151Q
von Johannes Grieninger 420^ 1538 abermals von Bartholomäus
Grieninger676 und zum dritten Male im 16. Jahrhundert zu Straßburg bei M.Jacob
Cammer Lander von Mainz 47
Phries fühlte sich nach der Vorrede bewogen, sein Buch zu schreiben, weil wegen
unvernünftigen Gebrauches der Bäder oft großer Schaden erwuchs und glaubte durch
sein Traktat mehr zu nützen „dann andere quotlibetische bücher, so man yetz und in
tütsch der artzny zuschreibt, wie dann sunderlichs yetzund einer züsamen gefügt hat
widertige subiecta, dz ist hilff des menschlichen leibs vnd die lollbrüdery wie man
den sterbenden vor betten sol". Er rechtfertigt sich, daß er das erste derartige Buch in
deutscher Sprache schreibt. „Wiewol etiich möchten sprechen das es gnug wer so es
diegelerten wissten, welches doch nicht ist, vrsach das der gemein nicht füglich mag ge-
haben die gelerten, oder zu zeiten so vngehobelt das er nicht achtet rats zu pflegen.
Auch anderer vrsach halb hie nit not zu erzalen."
Andere die deutschen Bäder behandelnden Werke ähneln sehr dem von Phries.
Eine selbständige Stellung nimmt das von Paracelsus 374 ein. Die Baderegeln, welche
Phries gibt, sind die von Petrus de Tussignano und nur weiter ausgeführt. Vor der
Abreise soll man nach dem Rat eines gelehrten Arztes den Leib durch Purgieren und
Aderlassen reinigen. Dann fährt man ins Bad, wo man sich nach folgenden Regeln
verhalten soll:
„So du nun auß angezeugter ler verfasset hast ein bad dir dienende, auch den leib
nach rat darzü bereitet, ist auch not das du wissest wie du dich haltenn sollest so du
wilt baden, welliches ich dir anzeigen will durch ettliche nachfolgende regulen.
Die erst ee du in ein bad ziehest soitu schauwen das dein seckel geladen sei mitt
* Auch in diesem Kapitel sind, um Wiederliolungen zu vermeiden, Gebräuche aus späterer Zeit
besprochen.
Baderegeln von Laurentiiis Phries
273
gold vff das du mögest halten zimliche Ordnung. Wann so bald das gelt ein ort hat, so
hat auch die ordenung ein ort.
Die ander regul, so du in das bad kummest soit du nicht eilends streng baden, sun-
ders von tag zu tag ein stund zügeben.
Die drit regul, so du in hitziger zeit zu baden bist, das du nit badest wann die hitz
groß ist, sunders morgens frü vnd abents, wann von hitz der zeit vnd hitz des badens
würden die leib zu hart eröffnet vnnd geschwechet.
Die fierd regul, die stund so du baden wilt sol sein die stund so die sonn vffgat,
oder wennig daruon, wann zu der selbigen stund die sonn zu dem weitesten von vnserm
haibteil des circuls gesetzt ist.
Die fünfft regul, wan du in das bad gon wilt solt du dich vorhin reinigen von vber-
flüssigkeiten der stülgeng, des harns, der speichelen u. s. w. wann du also in das bad
giengest, würden die
vberflüssigkeiten ge-
zogen in die schwa-
chen glider, vnnd da-
rinnen machen ver-
stopffungen vnnd ge-
schwer, darumb ein
yeglicher badender
oder der da badet sol
lügen vnnd achtenn
das er gereiniget sei
durch die natur oder
von kunst.
Die sechst regul,
die weil du in dem
wasser sitzest, so solt
du weder essen noch
trincken, vnnd dis ist
wider den gemeinen
bruch der bad gesellen.
Vrsach warum man nit
in dem bad essen sol,
ist dz die speiß oder
tranck eintweders hit-
zigend vnd darzü
auch warm sein, deß-
halb sie dann die hitz
des badens merent
Martin, Badewesen
CractatöerBflöbeOer natuer
fic^ cfn )?ei)ec bereiten fol ce tx bftöct/auc^ xoW mdn ;b<ibcii/
vrtb cttU<fc3i»fdl'^etbA^cfIben ireiibert fol/(3mt<;(f c mit
gco|femfier^,9iirc^2uitjrcmmmp^nefcn^er fmen funjl
vitnöÄr^ti; fcocfoicm. IDteptuitu©
Abb. 117. Titelliolzschnitt von E. Schlitzoc (?) zur ersten Ausgabe von:
Laurentius Phries, Traktat der Wildbäder. Straßburg, 1519.
274
Baderegeln von Laurentius Phries
vnndleichelichen von dem bad in dem magen faul werden. Oder sie hitzigend vnd seind
I<alt wie i<alter wein, darumb dann von der selbigen keltin gehindert würt die wirckung
des bades vnd nicht eröffnet das da eröffnet seit werden. Auch so tringet die selbig
speiß oder trank von wegen der hitz so sie in irer macht hat in die engen weg des leibes,
welliche von dem bad eröffnet seind, vnd macht darinnen böße verstopffungen. Oder
villeicht seindt die speiß oder tranck warm vnd kulent doch in irem gwalt welche dann
auch leichtiichen in füle verkert werdendt, mitsampt hinderung der wirckung des badens
so sye dann thünd.
Die sibend regul, einer der da ist heisser vnd truckner complexion, mitt einer dünnen
haut vnd subteilen füchten, der schwach ist von geburt oder der zeit, sol sich hüten
das er nicht lang bade vnnd sich nicht hart reibe, wann zu förchten ist in solichem ein
böse resolucion geschehen möcht.
Die achtend regul, wann du auß dem bad gast, so solt du dich wol bedecken mitt
weißen tüchern das der lufft nicht an dich gange, wann der lufft ist zu vil kalt in ver-
gleichung gegen der
wörmin des bades, so
ist der leib ietzund
dünn gemacht vnnd er-
öffnet von wegen der
verzerung der glider
füchtin vnnd geist, da-
rumb dann schedlich
wer daz der lufft gienge
in die tieffe des leibs.
Die nünd regul, so du
nun auß dem bad ge-
gangen bist so solt du
dich legen in ein bedt
Abb. 118. Titelholzschnitt zur dritten Ausgabe von: Laurentius Phries, ° ^ i+ a
Traktat der Wildbäder. „Eyn new Badenfart. Wlldt Bäder L. Friessen". ^'^^ zugedeckt, vnnd
Straßburg, Jacob Cammer. Mitte des 16. Jahrhunderts. solt dann also schlaffen
vnnd schwitzen, wann durch die rü vnnd den schlaff, so stillet sich die vffledigung,
vnnd erholendt sich widerumb die seelischen geist, vnnd würt auch hingethon die müde..
Auch so seind vil vberflüssigkeiten subteil gemacht von der hitz des bades vnd gezogen
in dem vmbkreiß des leibs, welche dann durch den schweiß vßgeschlossen werden,
dauon der leib erleichtert würt.
Die X. regul, ee das du issest soltu dich ein weil etwz üben mit hin vnd her gon vff
dz die tempff vnd windikeiten so von des bades hitz erhebt seind vßgetriben werden,
ob du aber so schwach bist dz du nit gon magst, so laße dir deine glider senfft reiben
mit einem warmen thüch. Vnd so du dis auch nit leiden magst von wegen schmertzens
der glider, oder du villeicht geschwer daran hast. So nym vor essens ein suppositorium.
Baderegeln von Laiirentiiis Phries 275
das ist ein zepflin, welches gemacht sei von honnig vnd mangolt wurtzel, oder von viol-
\NUxiz, oder vonn gesaitzenem speck.
Die eiifft regul, so du nun diße ding alle volbracht hast, so seit du dann essen vnnd
trincl<en speiß vnnd tranck zimliches wesens vnnd zimiicher vile. So ich sprich zim-
liches wesens so solt du verston speiß vnnd tranck weiche nicht zu vi! heiß vnnd
trucken, hart vnd grob seiend, oder zu vi! kalt vnnd feucht schleimerig vnnd weich,
welche alle der dou wung widerstrebend, vnnd ietzund die hitz des magens vonn wirckung
des bades geschwecht. Auch so ist not das die speiß vnnd tranck seiend mittelmäßiger
narung, vnd leichter durch tringung zu den glidern vnnd darumb so soll der bader brot
sein, wol gehefelt vnnd wol gebachen, nicht vber zwen tag alt. Ir fleisch sol sein
kitzin, kalb, ieriges lambfleisch, oder von deinen iungen vögeln, nitt von wasserfogeln.
Vnd gewild mögend sie essen frischling, hasen, künglin. Item sie soUendt auch meiden
milch ist sich das die vrsach, das sie leichtlichen sauer würt in iren mägen. Doch so
mögend die so gewon seind milch zu essen wol bruchen süße milch die nüwlichen ge-
molcken ist, nach anderer speiß ein wennig nüwes keß ist inen auch zugelassen.
Von eyern mögend sie essen nach irem willen on allein so sie hart gekocht seind.
Die küchen vnd gebächtns der pfannen seind inen auch nicht bequem oder gut.
Sie sollend auch meiden alle gemüß außgenommen rot erbißen, vnd gersten mitt
fleischbrüe gekochet.
Von fruchten wennig, wann sie leichtlichen in iren magen faulend. Von wolriechen-
der specery, yngber zymmet vnnd muscatblüet, vnnd die andern gar wennig. Fisch
welche schuppig seind vnnd in steinigen wassern gefangen, seind inen bequem. Ouch
so sol al ire speiß ein mittel haben zwischend süßem vnnd sauerem geschmack, nicht
scharpff sein als zübel, knoblouch, pfeffer, senff, auch nicht sauer als vnzeitige frucht.
Sie sollen trincken subteilen wolriechenden weissen wein, nicht zu vil starck noch
tempffig, sollend meiden alles wasser, wann so die glider außgelert vnnd erhitziget seind,
möchte das wasser leichtlich dareyn tringen vnnd gezogen werden in die äußern glider,
dauon dann den neruischen glidern dem haubt, der brüst, den beinen, vnnd dem marck
grosser schaden entsteen möchte, wie dann Hipocrates apho. part. V. anzeuget. Ich
hab auch oben gesagt das die bader die speiß vnd tranck sollend nemmen in zymlicher
maß. Vrsach so sye die aller edelsten speiß zu vil auff ein mal nemend, möcht die selbig
nicht verdöwet vnnd recht gekocht werden, dhweil die hitz der glider von wirckung des
bades geschwechet ist. Nemmend sie aber minder dann billich speiß vnnd tranck, so
möchte nicht beschehen Widerlegung der verzerten vnnd verlornen feuchte, daruon dann
die glider mer getrencket oder beschwechet würdent.
Die zwölfft regul, so du das mal genummen hast so solt du nicht in das bad gon ee
sechß stund vergangen seiend, wann so du badest dweil die speiß noch nicht ver-
douwet, so würt sie gezogen in die leber vnnd ire ädern, vnnd macht darinn verstopffung
vnd böße bresten. Vnnd diser mißbruch beschicht, sunders vil vrsach das die groben
in schneller yl außgericht wöllendt sein.
276 Baderegeln von Phries / Leucippaeus / Mechinger / Sytz
Die dreizehend regul, du solt meiden das werck der liebe dweil du badest, vrsach
das sunst vi! feuchte eröffnet vnnd verzeret würt durch das bad. So würt auch durch
diße werck verzert die vberfiüssigkeit der letsten narung welche vil nütz ist, wie dann
bezügt Auicenna. XX. tertii. u. s. w."
Darauf folgt die Angabe von Arzneimitteln gegen die übelen Zufälle im Bad, näm-
lich gegen Schlaflosigkeit, großen Durst, Kopfschmerzen, Verstopfung, Schweißaus-
brüche nach dem Bad, „brunst vnnd stechen des harnes", gegen „ein fluß von dem haubt
herab fallende vonn wegen der materi des hirnes so die hitz des bades geschmeltzet
hatt" und Appetitlosigkeit.
interessant ist, daß Phries an Stelle der Bewegung nach dem Bade bei gelähmten
Gliedern die Massage setzt. Auch Leucippaeus will 1598, daß Lahme und die, welche
keine besondere Leibesübung wegen Unvermögens haben können, sich vor oder nach
dem Essen, wenn sie noch nicht ausgeschlagen sind, „an den Händen vnd Füßen, auß
vnd abwerts, ad exteriora membra, sich streichen vnd reiben lassen, damit überflüssige
Dämpfe auch verzehrt durch solche Fricationes und als eine natürlich Hitze artificiali
modo in ihnen erweicht werde" 43i. Nach Mechinoer (1513) sollen im Wildbad die
mit lahmen und zitternden Händen und geschwollenen Gliedern auch im Bade die
Glieder mit dem am Boden liegenden Sand reiben 346 Gegen Schlaflosigkeit gibt Leu-
cippaeus 1598 im Gegensatz zu den sonst gebräuchlichen Arzneimitteln an, vor dem
Schlafengehen die Füße erst mit warmem Wasser, darnach mit kaltem zu waschen und
die Füße im Bett nicht zuzudecken 43i. Bei im Bad auftretendem Fieber (gemeint sind
Wallungen) läßt Sytz 1516 an Stelle des Mineralbades ein Bad aus Brunnenwasser
setzen, frischen Landwein mit Gerstenwasser gemischt trinken, im Bett schlafen und
schwitzen und nach dem Erwachen massieren. Wäre aber das Fieber nicht ein solches
schlechtes (gewöhnliches), sondern ein böses, „so soll der selb stracks onuerzogen vß-
gän, vnd aller bäder müssig stän, oder empfacht darumb sein Ion" 375. Bei starkem
Nasenbluten im Bad wollen Sytz (1516) und Mechinoer (1513) nach Versagen von
großen trockenen Schröpfköpfen auf den Bauch „arm vnnd füeß mit sailen vnnd selb-
ennden, (Salbenden, Tuchleisten) von tuch hart binden, vnnd etwan vff laßsen vnd wider
binden (Sytz nur einseitig), vnnd so man die brüst inn frawen vnnd die hochbelg inn l
mannen auch alßo bindet ist so vil dester stercker" (Mechinger). Beide empfehlen
noch, die Nasenlöcher mit „Maißelin" von altem leinenen Tuch genetzt mit frischem
Saft gedrückt aus Eselsmist oder, wenn man den nicht haben kann, aus Schweinsmist,
zu verstopfen. Die wirken nach Mechinger sicherer als die sehr kalten Dinge, die
etliche außen und innen gebrauchen nach Sag der Lehrer. Bei Ohnmächten und Schwin-
del im Bad schlug Fabricius Hildanus vor, die Zehen über das Bad hinaus zu erheben,
was nach Aussage des Badearztes Petrus de Spina 1593 in Aachen mehrfach mit
gutem Erfolg vorgenommen wurde loi.
Phries zähH die ihm bekannten Wildbäder im hohen (oberen) Deutschland auf:
„pfeffers, plumers (Plombieres), baden in Eidgnossen, Wildbaden, marckgraffen Baden,
Der Name Wildbad 277
Zellerbad (Liebenzeil), Göppingen vnd Ow, Emps ob Constantz, das wasser in der vor-
stat zu Vberlingen, Gebersweiler und bad bei Oppenow. Darunter befinden sich auch
kalte Sauerbrunnen, die Phries also zu den Wiidbädern zählt. Folz rechnete nur die
Bäder, die von Natur heiß sind, dazu, ebenso Ryff48 und Pictorius152. Aber auch
das „Wildbad" zu Nürnberg, in dem Michel Beham 1499, 1500 und 1502 badete 210,
das Wiidbad zu Roigheim (1476) 61 mußten gewärmt werden. Der Name Wildbad für
das zu Nürnberg leuchtete schon im 18. Jahrhundert nicht recht ein. Roth schreibt
1792: Cardilucius suchte den Namen Wildbad zu erklären und meinte, das Wasser
heiße so, weil es im Vergleich mit anderen süßen Wässern gleichsam ein wildes, das
ist von selbst und ohne besonderen dazu angewandten Fleiß entstandenes Wasser sei,
dahingegen jene in ihren Quellen gesucht und durch Röhren, Rinnen und Wasser-
leitungen geleitet werden müßten. Ein Dr. Schoder wollte nicht gestatten, daß man
dieses Wasser thermas ferinas nenne, sondern behauptete, daß wild hier soviel wie
unecht heiße i95. Unter wildem Wasser verstand man stets gewöhnliches Quellwasser,
dessen Zufluß man von den Mineralquellen, manchmal unter großem Kostenaufwand,
fernzuhalten suchte. Beide Erklärungen sind so gezwungen, daß man annehmen kann,
im 18. Jahrhundert hatte der Ausdruck Wildbad eine andere und schon die heutige Be-
deutung: natürlich warmes, in wilder Gegend gelegenes Bad. Nach dem Gedicht auf
die Bergtheimer Schlacht (1400) war das Wildbad ein unter freiem Himmel gelegenes 49.
Konrad von Megenbero (gest. 1374) sagt, es „nimpt auch das wasser sere seinen ge-
schmack von dem geschmeid vnd auch von dem schwefel die man die Wildtbad nennet,
daruon dasselb wasser fleußt durch brennendes schwefenlichs erdtrich daruon das wasser
heyß wirt vnd stinckt" 429. Die Annahme, daß die Thermen Schwefel enthielten, gründete
sich auf dessen Vorhandensein in einigen derselben, woraus man schloß, der Schwefel
müsse sich in allen vorfinden und bewirke die Wärme. Obwohl für Pfäfers nachgewiesen
war, daß das Wasser keine mineralischen Bestandteile enthalte, konnte man sich im
18. Jahrhundert noch nicht entschließen, den Schwefel als Bestandteil fallen zu lassen
und folgerte sein Vorhandensein aus der Wirkung des Bades. „Es gebens auch die
Effectus und Gebrechen, die allda curirt werden vnd geheylet, die des Schwefels, und
keines anderen Eygenschaft synd" (Reydt 1708)383. Deswegen konnte man durch
Zusatz von Mineralien zum gewöhnlichen Wasserbade künstliche Wildbäder erzeugen 47.
Rueff sagt 1554 in seinem Hebammenbuch, unfruchtbare Weiber sollen nach ge-
nügendem Purgieren in ein warmes Schwefelbad fahren und baden 251. Für schwefel-
haltig galten aber sämtliche Thermen, die denn auch alle darauf Anspruch machten, die
Unfruchtbarkeit der Frauen zu heben. Ruland bezeichnet in der lateinischen Ausgabe
seines Buches (1568) als geeignet: Gastein und andere warme Wasser, Aachen, Baden
in der Schweiz, Brieg, Plumbersbad (Plombieres), die Wasser in Löffingen, Broylerborn,
Brochenborn, Kesselborn, die Sauerwasser in Wehr und Gissen, den Sauerbrunnen von
Kissingen und die Aquae nitrosae, an anderer Stelle auch noch Markgrafenbad, Ems,
Niderbron, Karlsbad und „Badenses Herciniae" 384^ in der deutschen Ausgabe vom selben
278 Die Frauenbäder
Jahre wird zunächst nur Gastein, später werden die Bäder von Schwefel, Alaun, Salz und
warme Bäder angeführt, „item Oberbad (Schweiz), Marggraffbad, das bad Gastein" 40o.
Wie schon erwähnt wurde, stand in dieser Beziehung in sehr großem Rufe das
Verenabad zu Baden (Schweiz), den es nicht nur seiner Beziehung zur heiligen Verena,
sondern in manchen Fällen wohl tatsächlichen Heilerfolgen verdankte; denn die
Verenaquelle war eine kräftige aufsteigende Dusche, auf deren Wirkung schon Sytz
1516 hinwies 375.
Auch die „Bubenquelle" in Ems war eine aufsteigende Dusche 370. in Wettbewerb
mit Baden trat Bormio. Erzherzogin Catarina von Mantua, die Gemahlin des Erzherzogs
Ferdinand von Österreich, hatte im Sommer 1590 die Wormser Thermen „der Nach-
kommenschaft halber" besucht. Quelle, Bad und Zimmer, welche die Fürstin benutzt
hatte, hießen von nun ab nicht mehr das untere oder das Frauenbad, sondern führten
den Namen „der Erzherzogin". Nach Abbruch desselben erhielt die Quelle den Namen
„Frauenheii"23 Die Kur der hohen Frau hatte übrigens insofern nur Erfolg, als sie
ihren Gemahl in Zukunft mit drei Mädchen beschenkte 38 Bormio aber kam in Ruf und
hieß 1616 bei den Deutschen das Weiberbad 59
Der Erfolg dieser Kuren wurde Jahrhunderte hindurch in nicht mißzuverstehender
Weise weniger der Wirkung des Wassers zugewiesen. Darf man auch Poooio 327^ Mur-
ner 3i, Guler59 Merveilleux 385 nicht ernst nehmen, so sagt doch der glaubwürdige
Phries, daß zu „Marckgrauenbaden" ein Priester bei vielen Frauen im Spiele gewesen
wäre 386 Im Liebenzeller Badhause befand sich 1748 unter einem Gemälde der Spruch:
„Auf ein Zeit hat ein Mann ein Weib, Riet): itir, daß sie zog in dies Bad.
Die liebt er als sein eigen Leib. Das Weib zog hin auf des Mannes Rath.
Weil sie ihm aber kein Kinder gab Weiß nicht wie es gieng, gut war die Stund
So bekümmert er sich hefftig darab, Schwanger ward das Weib, die Magd und der
Hund"3'2.
Man schob überhaupt gern den Frauen ein besonderes Bedürfnis einer Badereise zu.
In einem die deutschen Mineralbäder in Kupferstichen darstellenden Werke aus dem
17. Jahrhunderte finden sich die Verse:
„Der Mann schafft Tag und Nacht, badet in seinem Schweiß,
Alles die Frau verzehrt in ihrem Bad mit Fleiß" ^s'.
Tatsächlich machten auch einige Bräute in ihrem Ehekontrakt eine Badenfahrt aus.
In einem solchen, datiert Wien, September 1762, „begibt sich im VII. Punkte der Bräuti-
gam Herr Anton Waltoner: gwester Bräumeister: hierin iedes Widerspruches gegen
seine zukünftige Eheliebste, die ehrsame Jungfrau Appolonia Molin: War auch Sach
dass sie wollt alljährlich in ein Badt fahren so soll das geschehen unverwerth" i6. Der
Brauch wird auch von den Frankfurterinnen für Schwalbach 407 den Züricherinnen für
Baden 448 angegeben, doch sind die Quellen nicht glaubwürdig.
Im 16. Jahrhundert hatte man eine hohe Meinung von den Mineralbädern. Martin
RuLANDUS sagt 1568: „Nach dem bißherkein Artzneney erfunden noch erdacht worden
zu erhaltung der gesundtheit, vnd zur heylung yeder vnd aller kranckheit des leybs,
Die Badeärzte
279
ohne allein das wasser vnd Wasserbäder ist schier kein kranci<heyt, sie sey an
Jungen oder allten ieuten, Weybern oder Männern, welliche durch dise vnsere Wasser-
bäder nicht möge geheylet werden ... So seind die Bäder auch in bösen vnnd vnheyl-
samen kranckheyten die letzte vnd beste hilff vnnd Zuflucht. Dann welliche kranckheyt
durch ärtzeney nicht können geheylet werden, heylen dieselbigen die Bäder, so maus
recht thüt brauchen." Ruland ist aber kein einseitiger Verehrer der Bäder, bei jedem
gibt er eingehend die Oegen-
anzeigen des Gebrauches an400.
Auch Sytz sagt, daß etliche in
den Wildbädern Gehör, Gesicht,
Geschmack verloren hätten, an-
dere lahm geworden seien, wie
er selbst vielfach gesehen 375.
Leute, die gesund, oft nur zum
Vergnügen ins Wildbad zogen,
gingen häufig als Kranke wieder
heim. Natürlich gab es neben
den Vergnügungssüchtigen auch
wirkliche Kranke, man muß aber
doch recht mißtrauisch gewesen
sein. Als 1583 drei Männer von
Weil an der Wiesen das Luthern-
bad bei Willisau besuchten,
brachten sie ein Zeugnis mit, daß
sie wirklich zur Pflege der Ge-
sundheit kämen und nicht in
betrügerischer Absicht Frau und
Kinder verlassen hätten, mit der
Bitte, „sie dieses göttliche Ge-
schenk genießen zu lassen" 38
Für Kranke war besser als
früher gesorgt. Die besuchteren
Badeorte hatten jetzt selbst oder
in benachbarten Städten Ärzte. 1578 war der Baseler Professor Pantaleon zum fünf-
undzwanzigsten Maie in Baden (Schweiz) 35. In kleinen Bädern war meist der Verwalter
oder ein Bader und Schröpfer der Ratgeber der Kranken, falls sich nicht fahrende Ärzte,
zumeist Juden, am Orte aufhielten, die sich der höchsten Mißgunst der damaligen
Ärztewelt erfreuten 35. 375. 324. Blondel in Aachen (Abb. 119) war der bedeutendste
Badearzt des 17., Marcard in Pyrmont der des 18. Jahrhunderts.
Vornehme Patienten brachten ihren eigenen Arzt mit. 1562 begleitete Günther von
Abb. 119. Franz Blondel d. Ä., Badearzt in Aachen.
Kupfer aus: Erklärung deren heylsamen Badt- und Trinck-
wässeren zu Aach. Aachen, 1688.
280 Bäder für Vornehme / Karlsbad / Plombieres / Wiesbaden
Andernach den Grafen Philipp den Älteren von Hanau nach Pfäfers 388 Herzog Wil-
helm von Sachsen bat 1476 den Kurfürsten Ernst um den Doktor Hildebrand, damit
dieser ihn ins „Wiltbad zu Sv\/arzwald" begleitet 1593 war Fabricius Hildanus mit
einem Edelmann in Aachen, 1610 mit dem Fürsten Radziwill in Pfäfers 22 Der Arzt
leistete dann seinem Patienten im Bade Gesellschaft, so der Baseler Professor Pantaleon
1575 dem Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg 35.
Für vornehme Personen hatte man besondere Bäder, die dementsprechende
Namen führten, die nach den verschiedenen Personen, von denen sie benutzt wurden,
sogar umgeändert wurden. So erhielt das erwähnte Bad, das Markgraf Georg
Friedrich von Brandenburg benutzt hatte, den Namen Markgrafenbad, vorher hieß
es Bischofsbad. Teplitz hatte 1607 sein Herzogenbad, das durch einen Gang mit
dem Schlosse verbunden war2ö4 i607 hieß es das Kurfürstenbad si, 1733 das kur-
fürstliche oder fürstliche Bad. Es wurde möbliert, wenn fürstliche Personen an-
wesend waren, sonst durfte es nur von Standespersonen, nicht von gemeinen
Leuten benutzt werden 447. Das Wildbad hatte vom 16.431 bis ins IQ. Jahrhundert
sein Fürstenbad. In diesem durfte 1758 niemand baden, er habe denn bei der
fürstlichen Rentkammer darum angehalten und einen Befehl deswegen an den Vogt
bekommen. Um die Edaubnis suchten meist Frauen nach. Die Fürsten selbst und
die Grafen benutzten es nicht, sondern badeten lieber im Herrenbad 332 Der Augs-
burger Großkaufmann Lucas Rem wieder, dem seinem Stande gemäß im Wildbad das
Herrenbad zukam, zog 1521 das gemeine große Bad vor, nachdem er vierzehn Tage „im
hern" gebadet hatte, „um daz (es) wermer und mer geselschaft was". 1525 badete er
seine Kur von hundertsiebenundsiebzig Stunden im „großen hernbad" und nur wenige
davon im „clainen hern bedlin" ab 265.
Die meist im oberen Deutschland erschienenen Badebücher behandeln nur die dort
gelegenen Bäder. 1572 gab ein Anhänger des Paracelsus, Thurneisser, ein nach Fluß-
läufen geordnetes Werk über die deutschen Bäder heraus, das erste, das auch eingehend
Norddeutschland berücksichtigt und 420 Folioseiten umfaßt 390.
Von einzelnen Bädern erfahren wir im 16. Jahrhundert folgendes. Karlsbad war
1591 nach dem Berichte des Nürnberger Kaufmanns Paumgarten ein „sehr spröhttes
wiildbad, da umbs geltt doch garnichtts zu bekommen, schier weder weyn noch bier
allhie hatt" 248. Trotzdem war es zur Zeit von Fürstlichkeiten auch aus der Ferne be-
sucht, z. B. dem Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog von Pommern und dem
von Mecklenburg 391. Das französische Plombieres (Abb. 120) wurde von den Elsässern
fast ausschließlich benutzt, daß Pictorius 1560 seine Landsleute darauf aufmerksam
machte, es gäbe auch nützliche Bäder im deutschen Land, es ist „nit alles mit dem Bad
Plummers außgericht" i52. Wiesbaden war nach Ryff „allenthalben vast (sehr) wol
bekant" 48. Philipp von Allendorf erwähnt es 1535 in der Judenbadstub :
„Man sagt mir vil von dem Wißbad
Wes es eym fast im seci<el schad"234
Plombieres
281
Abb. 120. Balneum Plummers (Plombieres). Holzschnitt aus : Conradus Oesnerus, De Thermis
Qermanicis. In : De Balneis. Venetiis (Venedig) apud Juntas. 1553.
282
Aachen / Gastein / Wildbad / Schwalbach
Über das berühmt warm Bad bei Ach (Aachen) geht Ryff hinweg, „dieweyl ....
dasselbig dieser zeyt mehr zum lust dann zu der gesundheyt gebraucht" wird 48.
Im Jahre 1534 i<am Pfalzgraf Philipp, Fürst und Herr am Rhein, am Tage Bartholomay
mit sechzig Pferden nach Gastein (Abb. 121), badete sieben Wochen und wurde gesund.
Im Jahre 1 537 zwischen Ostern und Pfingsten kamen Ott Heinrich Pfalzgraf und sein Vater
Friedrich mit zwanzig Wagen und fünfzig Pferden 344 Man hat diese Badefahrten als
besonders pompös betrachtet, was sie jedoch nicht waren. Zur Mitführung der nötigen
Haushaltungsgegenstände brauchte man reichliches Transportmaterial, und außerdem
waren die Straßen unsicher. Als der Augsburger Kaufmann Lucas Rem am 12. Septem-
ber 1535 Wildbad verließ, nahm er auf eigene Kosten wegen Straßenräuberei „fil folck,
glait, Reiter, fuosknecht" mit sich. 1538 zog er „im Frankfurter grossen glaitt" heim 265.
Abb. 121. Bad Qastein im 17. Jahrhundert. Gleichzeitiger Stich.
Daß Vorsicht geboten war, geht aus folgendem, jauchjsonst interessanten Bericht über
die Badereise des Kurfürsten August von Sachsen hervor, die 1584 zustande kam. Im
Rat der Leibärzte hatte Dr. Paul Luther „den Sauerbrunnen, eine Meile von Friedland
gelegen" (jetzt Bad Liebenwerda), in Vorschlag gebracht, wohin viele fremde Leute
gingen und von dem man einige Fäßlein hatte kommen lassen. Allein die anderen Ärzte
gaben Schwalbach den Vorzug. Sie wünschten vorerst genau zu wissen, ob Leute in des
Kurfürsten Alter (siebenundfünfzig Jahre) und die an Wassertrinken nicht gewöhnt seien,
solchen Brunnen zumal nüchtern vertragen könnten. Der Kurfürst schrieb im April 1583
an die Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel und Philipp von Hessen-Rheinfels, erhielt
auch von ersterem ein Regiment (Anweisung), welches ihm sein Bruder Ludwig ge-
geben, der den Brunnen mehrmals gebraucht hatte. Die befreundeten Fürsten meinten,
Schwalb ach / Griesbach / Göppingen 283
daß sich der Kurfürst im Dorfe Langenschwalbach nicht werde behelfen können, weil
die Gelegenheit da gar zu geringe und enge sei. Im Frühling 1583 wurde deshalb der
kurfürstliche Furier Neumann abgeschickt, um „ein bequem Losament" auszumachen.
Er kam im Herbst nach unermüdlichem Nachforschen in Langenschwalbach an und
meldete, daß „solch Fieckiein gar übel gebauet, hat also geringe und arme Leut, seint
eitel Tuchweber", das Rathaus habe nur eine Stube, sei übel verwahrt und allenthalben
offen, es solle sich auch allerlei loses Gesindel allda aufhalten. Neumann entdeckte auf
seiner Erkundigungsfahrt auch einen Ort, genannt Wiesbad (Wiesbaden). Dort sei gute
Unterkunft und Schloß und Stadt wohl verwahrt, er habe auch ein Bad, das könnte der
Kurfürst gebrauchen oder von da aus Schwalbach besuchen. Dem Furier gefiel aber
auch das Schloß des Kurfürsten von Mainz zu Ellfeld odef Eltvil, der Hauptstadt des
Rheingaus, und er glaubte, das Wasser könnte täglich von Schwalbach geholt werden,
indem man in den dazwischen liegenden Dörfern die Träger wechsele. Der Kurfürst
von Mainz lud darauf den Patienten ein, in seinem Schloß zu wohnen, und erst im Mai
1584 wurde die Reise angetreten mit einem Troß von zweihundertundneun Pferden und
sechzehn Leibpferden des Kurfürsten. Nach achtzehn Tagen langte der Kurfürst an der
hessischen Grenze an, wo er vom Mainzer bewaffneten Geleit empfangen wurde 3^8
Ein ganz anderes Urteil fällte 1580 Tabernaemontanus über Schwalbach : „So findet
man auch zimliche gute Herberg die von tag gebessert werden. Zu dem hat es gute
trewhertzige Leuth daselbst, die menniglich vmb billiche belohnung zur Hand gehen
vnnd dienen, also daß niemands, der sich benügen lassen will, zuklagen hat." Auf die
Seh walbacher Sauerbrunnen machte 1568 ein Bauer den Bruder des Erzbischofs von
Mainz „Philipsen Brendeln von Homburgk Vitzthumb zu Meyntz" als ein besonders
mildes Sauerwasser aufmerksam, nachdem diesem die Kur in Göppingen nicht gut be-
kommen war. Tabernaemontanus untersuchte die Brunnen und erklärte, einer derselben,
der Weinbrunnen, sei „der edelst, allerbest vnd heylsameste vnder allen andern Sauwer-
brunnen die mir noch vorkommen sind". Darum gab er ihm den ersten Platz in seinem
Neu-Wasserschatz 324 >x^ie gut die Reklame zog, zeigt der Besuch des Kurfürsten von
Sachsen. Trotzdem blieb der Weinbrunnen, als man ihn fassen wollte, aus und mußte
durch fleißige Arbeit und anhaltendes Gebet wieder gesucht werden 379.
Tabernaemontanus machte auch auf einen zweiten, bis dahin unbekannten Sauer-
brunnen, den zu Greißbach (Griesbach) aufmerksam, den Georg von Schauenburg ge-
funden und gebraucht und danach hatte fassen lassen (Abb. 122). Er wurde bald sehr
bekannt. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts gab Fabricius Hildanus dem Berner Bürger-
meister Anton von Grafenried Anweisung, wie er den Brunnen gebrauchen solle 22
1606 trank man ihn in Baden-Baden neben dem näher gelegenen Petersthaler, der aber
aller zwei bis drei Tage frisch geholt werden mußte 362
Im höchsten Rufe stand im 16. Jahrhundert der Sauerbrunnen von Göppingen.
Schon 1404 wurde der Schwalbronnen zum Lehen gegeben 70. Der erste bekannte Kur-
gast war Graf Eberhard IIL von Württemberg, der 1417 während einer Sauerbrunnenkur
284
Oöppingen / 5/. Moritz
dort starb i54 Das Oöppinger Wasser hatte eine ganz besondere Eigenschaft; es trieb
das eingenommene Gift aus und verzehrte es. Unter anderem wurde auch Herzog
Christoph von Württemberg, dem während seines Aufenthaltes in Franl<reich Gift ge-
reicht sein sollte, nach mehrjährigen Kuren in Göppingen von den Folgen geheilt 324
In den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts erbaute man ein neues Gast- und Bade-
haus. Damals wurde dem Göppinger Sauerbrunnen die erste Stelle durch den von
Jebenhausen streitig gemacht, den man den Edelmann nannte und den Göppinger nur
den Bürger; der Überkinger erhielt bei diesem Vergleich wegen seiner „Rase" (Schärfe)
Abb. 122. Bad Qriesbach im Rauchtale. Kupfer. 18. Jahrhundert.
die Bezeichnung Bauer. 1839 war Göppingen aufs äußerste heruntergekommen; es
fanden sich nur noch wenige Gäste. Der Versand von Wasser war unbedeutend, wäh-
rend vorher ganze Schiffsladungen nach Wien gegangen sein sollten. Eine der Quellen
wurde damals durch eine ganz in der Nähe angelegte Dunggrube zugrunde gerichtet '54.
Paracelsus bespricht im Baderbüchlein Göppingen als ersten Sauerbrunnen, setzt
den „jm Growen pundt" (St. Moritz) ihm gleich, fügt aber noch hinzu, der in Grau-
bünden sei edeler374. im Schreiben über die tatarischen Krankheiten sagt er: „Ein
acetosum fontale, das ich für alle so in europa erfaren hab, ist in Engiodin zu S.
St. Moritz I Lenk 285
Mauritz" 681, und Adam von Bodenstein schreibt 1576: „Was soite ich sagen vom
brunnen im Bundt, der also säur und i<reftig?"89 Tabernaemontanus l<annte das
Wasser aber nur vom Hörensagen (1580). Vielleicht wurde es zur Zeit gar nicht benutzt;
denn 1570 hatte das Hochwasser des Inns die Quellen verschüttet. Nach der Neu-
fassung kam das Mineralwasser wieder in Aufnahme, besonders in Italien hatte es
großen Ruf und wurde weithin versandt. Der italienische Arzt Malcarida dichtete
1650 Sonette auf die Quelle, die sich von der damaligen schwülstigen deutschen*
Quellenpoesie vorteilhaft abheben, deren zweite in deutscher Übersetzung lautet:
„Wie Blumen, wenn sie trinken, frisch erstehen, Wie wunderbar! Das Eisen, sonst so tödhch.
So muß durch diese Quelle neues Lebens Das leichte Gas, sonst von so kurzer Dauer,
Auch jedes schwache Alter wieder blühen. Hier helfen beide, daß der Mensch nicht sterbe."
1670 ließ die Gemeinde von St. Moritz als Besitzerin der Quelle einige Arbeiten zur
besseren Benutzung ausführen und verpachtete sie an mehrere Einwohner. Aus Ober-
italien trafen immer mehr vornehme Kranke ein, 1697 der Herzog Amadeo von Savoyen,
16QQ der Herzog von Parma. Um diese Zeit wurde der Brunnen auch von Deutschen
besucht. Jedoch durch die napoleonischen Kriege und die Oleichgültigkeit der Ein-
wohner trat eine Vernachlässigung der Quelle ein^o. 1811 schrieb der Züricher Leut-
priester Johann Ludwig Meyer: „Die Celebrität, die dies heilsame Wasser hat, könnte
den, der sich noch nie an der Stelle befand, leicht vermuten lassen, da wo es der Erde ent-
quillt, eine Menge schöner und geräumiger Wohnhäuser zu finden. Aber wie sehr
würde er sich in seinen Erwartungen getäuscht sehen, wenn er dorthin versetzt, statt
der gehofften bequemen Oebäude, in dem kleinen Tale nichts als ein Häuschen er-
blickte, dessen Außenseite und innere Einrichtung alle Begriffe von Armseligkeit über-
steigt! Und doch verhält sich die Sache nicht anders. Oerade da, wo zum Behufe der
Kurgäste gut eingerichtete Absteigquartiere stehen sollten, finden sie nichts, als jene
elende Hütte, nach der sie, so lange die Kurzeit dauert, täglich bei jeder Witterung zu
wandeln gezwungen sind. Das Erdgeschoß dieser baufälligen Hütte ist in zwei ungleiche
Hälften abgeteilt; die größere ist ein halboffener Stallraum ohne Bahre und Krippe, in
den nur die kleinere Anzahl der Pferde, welche die Brunnengäste mit sich führen müssen,
zur Not eingestellt werden kann .... Die kleinere Hälfte ist für das eigentliche Trink-
zimmer (Abb. 123) bestimmt. Hier sprudeln drei stärkere und vier schwächere Quellen
* Aus der deutschen Literatur sei als Ausnahme Albrecht von Hallers Gedicht über die Leuker
Thermen hervorgehoben:
„Im Mittel eines Thals von Himmel-hohem Eise,
Wohin der wilde Nord den kalten Thron gesetzt;
Entsprießt ein reicher Brunn mit siedendem Gebräuse,
Raucht durch das welke Gras, und sänget was er netzt.
Sein lauter Wasser rinnt voll flüssiger Metallen,
Ein heilsam Eisensalz vergüldet seinen Lauf:
Ihn wärmt der Erde Gruft, und seine Fluten wallen
Vom innerlichen Streit vermischter Salze auf.
Umsonst schlägt Wind und Schnee um seine Flut zusammen.
Sein Wesen selbst ist Feu'r und seine Wellen Flammen" ^s".
286
St. Moritz I Pyrmont
Abb. 123. Der Sauerbrunnen zu St. Moritz im Ober-Engadin.
Kupfer aus dem: Neujahrsoeschenk der Gesellschaft zum
schwarzen Garten. Zürich, 1811.
zwischen den mit Eisenocker
überzogenen Steinen , und
sammeln sich in einer aus
rohen Granitplatten beste-
henden Einfassung von etwa
drei Schuh in das Gevierte,
um welche herum in einem
so engen Raum, daß kaum
vier Personen in die Tiefe zu
stehen kommen, die Kurgäste
sich zudrängen, um entweder
von dem bestellten Aufseher
sich ihre Gläser und Gläs-
chen aus einer eisernen Kelle
füllen zu lassen, oder sich
tief herunterbückend selbst
sie zu füllen, um die fixe Luft besser beisammen zu halten." Über dem Pferdestall
befand sich ein Raum zum Aufenthalt der Kurgäste bei schlechtem Wetter mit fenster-
losen Lichtöffnungen und zwei Kaminen, durch die der Wind den Rauch ins
Zimmer blies. Ein italienischer Graf bot aus Dankbarkeit für seine Genesung Geld
zum Bau eines Gasthauses bei der Quelle an, die St. Moritzer wollten von keiner
Änderung wissen 444 Noch später behaupteten sie, der Mineralquell sei ihnen mehr
schädlich als nützlich 36o. |814 überrumpelte aber die jüngere Gemeinde die Alten, als
diese in Tirano den Viehmarkt besuchten, und beschloß eine Innkorrektion, die 1815
bereits vollendet war, wodurch Quelle und Dorf mit einer Fahrstraße verbunden wurden.
1831 pachtete eine Aktiengesellschaft die Quelle, von der aus die ersten Gebäude bei
derselben errichtet wurden 90.
Weit mehr von des Schicksals Gunst und Ungunst beeinflußt war der Brunnen zu
Pyrmont. Wollte man im 16. Jahrhundert die Güte eines Sauerbrunnens hervorheben,
verglich man ihn mit Göppingen, im 18. und im Anfang des 19. mit Pyrmont, daneben
auch wohl noch mit Spa und Schwalbach, und doch sagt das Journal des Luxus und
der Moden von 1800, der Pyrmonter Trinkbrunnen eigne sich gar nicht zum Verschicken,
an der Quelle selbst sei er nach langem Regen von gewöhnlichem Wasser kaum zu
unterscheiden. Seit der Erwähnung durch Henricus de Hervordia im Jahre 1350
haben wir keine Nachricht von einem Brunnen zu Pyrmont. Da ging plötzlich 1556 die
Kunde von einem Wunderbrunnen in der Grafschaft Spiegelberg durch ganz Europa.
Die erste gedruckte Nachricht davon gab Metobius, die als Beispiel derartiger Schriften
hier vollständig wiedergegeben werden soll.
„Beschreibung des newen gefundnen Brunnens, in welchem der allmechtig Gott täg-
lich seine gaben vnnd guthat reichlich den menschen erscheinen laßt, deßgleichen vor
I
Metobius' Schliff über Pyrmont von 1556
287
nie erhört. Vnnd ist der selb Brunn gelegen in der Oraffschafft Speygelberg zwo meil
wegs von Hamelen, an dem fluß Weser gelegen.
Diser Brunn, gelegen inn der Oraffschafft Speygelberg, zwo meil wegs von Hamelen
an dem fluß Weser, ist vngeferd bey dreyhundert Jaren auch in grosser krafft vnnd würde
gewesen, also das er dazemal eben als yetz grosse kranckheiten, lammen vnnd tauben
genert hat.
So ist inn dem der Herr derselben Oraffschafft zu gefaren, hat den Brunnen lassen
eynfassen, vnd allda von dem wasser Tribut oder zinß geheyschet, so ist in dem das
wasser verschwunden vnnd gantz vnnd gar der Brunn versigen, biß auff den yetzigen
Mertzen diß 56. Jars, da hatt der Brunn seinen fluß wider bekommen, auch sein vorige
würckung vnd tugent durch die krafft Oottes wider erzeigt.
Die Vögel in lüfften, auch andere vierfüssige thier, die ab disem wasser trincken,
sterben dahin, als ob sy vergifftet weren. Vnnd das vernimpt ein armer eilender gsüch-
tiger mann, der tag vnd nacht kein rhu hat, gedacht vor grossem schmertzen, du wilt
auch ab disem wasser trincken, so stirbst auch gleich, wie die thier vnd vögel,
vnnd kompst also deiner marter, angst vnd not ab. So er nun hingat, vnd des
wasser trinckt wirt es
etwas besser vmb jn.
Vnd gedenckt in jm
selbs. Du wilt noch mee
von dem wasser trincken,
villeicht wirdt es noch
besser. Vnd trinckt des
Wassers ein Zeitlang, we-
schet auch sein gantzen
leib darmit. Oenist aller
dingen, veriaßt seine
krucken, lobet Oott den
Herren, vnnd fart dahin.
Wölches er nun kundt hat
gethan yederman. Vnnd
ist yetz so ein grosses
zulauffen dahin von allen
orten vnnd enden, von
den armen krüppelen,
lamen, tauben, blinden,vnd
besessenen menschen, ja
auch was sie für kranck-
heiten haben, das man
nicht herberg noch be-
Mttfbrig (BotttÄglid? fcuie gaben vnnb gutb<»ttr<fd?It(ö
•■— mmfdjmctfd?crttenIagt/bcßalctd)crt»ot;ntc tvhi "'
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Abb. 124. Titelholzschnitt zu: Metobius' Schrift über Pyrmont. 1556.
288 Metobius' Schrift über Pyrmont von 1556
hausung gnug mag haben, sonder machen alda vff dem feld hütten, gleich wie in einem
läger.
Nit weit vonn dem Brunnen ligt ein Closter, weiiiche Münch vor mangel vnd armüt
entlauffen müssen, dann sie von den den armen leüten überfallen werden mit almüsen
geben: vnd haben sich selbs dermassen eröset, das sie kein bleibens mee allda haben.
Erstlich von der gestalt des Wassers. Der Brunn ist metallisch vnnd säur, vnd hat
mehr Oker bey sich, dann sunst einig andere bewerte Ertze.
Die gele färb, so bey vnd in dem Brunnen ist, vnd erfunden wirt, wirt vff Latin
Ocera genennt, vnnd auf Teütsch gelber Oker, vnd ye gelber dasselbe in vnnd bey dem
Brunnen ist, dester krefftiger das wasser ist.
Diser Brunn ist von Gott mit nachfolgenden fugenden reichlich begäbet.
Erstlich hat er die krafft, das daß Wasser zu zeucht, wem die Zeen loß schwach
vnnd offen sein, auch das Paralysis, Podagra, Gelsucht, Oegicht, Hilgedinck hierinnen
gebadet, machet die seenen ädern, vnnd das fleisch gut, offne schaden heilet es auß
dem grund, vnd machet sie rein.
Dioscorides in lib V. cap. 58. schreibt das Oker des Brunnen krafft sey, das da
zu zeucht, zu bindet, vertreibt vnd abbeisset die überein vnnd andere gewechß, vnnd
verzert alten leüten jre reüdigkeit, vnd andere zufallende kranckheit.
Item das Wasser mit Oker vnd gelben wachs vermischet, füllt die wunden, mit newem
fleisch. Die Gelsucht, Gegicht, Podagra verzeret es an henden vnd füssen.
Jungen starcken leüten schadet es nicht getruncken : dieweil es aber ein nagende vnd
beissende krafft hatt, beschediget es die Derm. Welcher zum Colera geneigt ist, das
ist, der gech zornig ist, der drinck es nicht.
Der Leib gepurgiert, vnd darnach gebadet, vertreibt vnd heilet die Rud, den Grind,
vnd böse flüß, Frantzosen, vnd alle alte offne schaden die niemants gneren kan. Auch
schaden die übel geheilet seind durch vnfleiß, beißts wider auff vnd heilets recht.
Man hatt auch Gott sey lob funden, das diser Brunn vilen geholfen hat, die etliche
Jar taub vnd blind gewesen sind.
Deßgleichen ist befunden, das er vilen leüten die den Kancker oder Krebs vnnd
Harwürm gehabt haben, geholffen hat.
Es ist auch ein mensch zu disem Brunnen gebracht worden, wie sollichs in der
warheit gesehen vnd glaubwirdig befunden, welcher mit dem bösen feind besessen ge-
wesen, dem selben hat man mit gewalt dises Wasser in den mund gegossen hat der
böß feind als bald weichen müssen. Vnd ist der selbig mensch mit grosser danck-
sagung zu Gott, von dem Brunnen gesund hinweg gangen.
Es hat Gott der Herr durch disen Brunnen vilen menschen geholffen, die alle tage
gesund wider heim kommen, vnd noch täglich vil mit grossen hauffen dahin ziehen,
in hoffnunggesundtheit zu eriangen. Gott verieihe vns allen Christgleubigen sein genad
vnnd barmhertzigkeit, Amen.
Durch Doctor Borchardum Metobium."
Metobiiis' Schrift über Pyrmont von 1556 289
„Diser nachfolgender brieff ist vonn dem Pastoren bey dem Brunnen wonhafftig
einem burger auß Lübeck (der da selbst auch durch die Gottes gnaden seiner kranck-
heit erlediget) zugeschrieben.
Item zum ersten heilet diß wasser auß disem Brunnen genommen, alle wunden, die
kein pflaster erleiden wollen.
Auch heilet diß wasser, alle wunden so geschossen, gehauwen oder gestochen sind.
Item das wasser heilet auch den bösen erbgrindt, vff dem haupt oder am leibe.
Item welcher mensch den harwurm hat, vnnd badet darinnen der würdt gesundt.
Item welcher mensch der verkrencket ist, vnd dem die glidmassen steiff vnd ent-
schlaffen sind, vnd darinnen badet vnd er trincket von dem wasser, mit dem wirdts
besser.
So ein mensch gifft bey jhm hett, vnd diß wasser trinckt, vnd badet darinnen, der
wirt gesundt. Als noch ein Fraw von Bylfeld allhie ist, welcher ein Mauiworff, ein
Schnecken vnd ein Schößlinck abgegangen seind.
item welcher mensch kranckheit vnd weetag an den äugen hat, vnd netzet oder
weschet sie, mit disem wasser, dem wirt besser.
Es seind auch etlich leüt bey dem brunnen gewesen, welchen nach dem sie sich mit
disem wasser geweschen, würm auß jren beinen gekrochen vnd gekommen seind, vnd
ist von stund an besser mit jnen worden.
Item dise vorgemelte puncten zugebrauchen, mag ein yeder mensch drey oder vier
Wochen thun, darnach der schaden groß ist, dann vil leüt kommen des einen tags kranck
vnnd schwach darzu, vnd gehn des anderen tags gesund wider hinweg.
Auch ist hieher kommen ein Schmidtknecht, der mit einem aug blind gewesen, vnd
hat dasselbe aug drey tag nach einander mit dem wasser geweschen, vnd darnach sein
gesiebt wider dermaß erlangt, das er allerley Müntz mit dem selbigen aug nun er-
kennen kan.
Es seind auch dahin kommen drey Landtsknecht, deren zwen wund waren, der drit
aber gesund, die haben sich auch mit disem wasser geweschen, doch die krafft vnd
würckung des wassers verlacht vnd verspottet. Spricht der ein. Ich muß mein schul-
tern auch weschen, der ander: vnd ich mein armen. Der gsund spricht auch, muß mich
weschen vileicht wirden ich hübscher. Vnd haben also jr gauckel spil triben mit der
gaab Gottes, biß das der ein vnsinnig vnd rasend ist worden, das man jn hat müssen
an ein ketten legen. Der ander gar toll vnd wütend, das man jm all viere hat müssen
binden. Der dritt ist mitt dem teuffei besessen worden. Vnd seind also all drey ver-
dorben, von wegen der Verachtung der gaben Gottes.
Zu disem brunnen ist ein grosses zülauffen auß allen landen weit vnd breit von
reichen vnd armen, krüppelen, vnd lamen, stummen vnd ghörlosen, blinden vnd kriechen-
den, die alte schaden an armen vnd schencklen haben, trieffende bein die niemandts on
schaden gstellen kan, die den Roten schaden haben, weiber die brustwee haben. In
summa, was doch presthafft ist, kein kranckheit vßgenommen, hat alles sein züflucht
Martin, Badewesen 19
2Q0 Wunderkuren in den Bädern
zu disem brunnen. Man find heütigs tags leüt, die dörffen sagen, dz bey vnsern zeiten
der allmechtig Oott nit so grosse wunderwerck und miracklen den menschen erzeigt, als
zun Zeiten Christi seines geliebten süns, nemen die selbige diß wunderwerck für äugen,
so Werdens nit so vnwüssent von Gott vnd seinem wunderwerck reden.
Der brunn ist auch der art wann ein krancker dahin geradt, vnd jn das wasser nit
dolen will so wirffts jn auß, oder tödtet jn gar, bey dem villeicht ein kranckheit hat gar
überhand genommen, welches doch selten geschieht.
Gott der allmechtig hat den kindern von Israel vi! gütthaten vnd wunder werck er-
zeigt, dardurch sie jn erkennen soltfen, aber sie waren vndanckbar vnd murreten wider
den Herren, darumb er sie straffet, das sie in der wüste stürben, vnnd jren nit mer dann
zwo Personen in das gelobt land kamen. Also ist es zu vnsern letsten zeiten gleich auch ein
ding, so vns Gott seine gaben mit wunder wercken erzeigt, so halten wir es für ein
gspöt oder fabel. Strafft er vns dann mit plagen, so gat es sunst niemand zu hertzen,
dann denn (dem ?) es zu hauß gat. Warnet er vns dann mit wunderzeichen so gat es nie-
mandt zu hertzen, vnnd die es nit gesehen haben, halten es für ein gedieht, als ich acht,
das dise gab Gottes vnd wunderwerck, von vilen verlachet vnd verspottet würdt, als ob
es ein erdicht ding sey, wiewol die wunderwerck heiter am tag ligen, darmit vns Gott
sein gute vnd barmhertzigkeit anzeigt, darmit wir erkennen das wir einen gnedigen
vatter haben, vnd sich zu jm keren vnd jn anrüffen vmb sein gnad. Sollichs wöll er
vns verleihen das wir durch jhn erwerben nach disem leben das ewig leben, Amen."
Man ist leicht versucht, die erwähnten Wunderkuren als Betrug anzusehen. Ziehen
wir die auf Suggestion beruhenden ab, bleiben doch noch ein Teil auf den ersten Blick
für uns unverständliche zurück. Die damalige Generation begnügte sich aber schon,
geringe Besserungen als großen Erfolg anzusehen und als Heilung auszuschreien, auch
sah man mit anderen Augen als heute. Man betrachte nur die Ungeheuer, die nach
RuEFFs Hebammenbuch 25i oder nach den Bilderbogen der Zeit Menschen geboren haben
sollten. Die Falten der macerierten Haut von manchen Frühgeburten sind fast immer
vom Zeichner so gelegt, daß ein kleines Schwein oder ein kleiner Elefant oder das be-
rüchtigte Mondkalb zustande kommt. In Johannes Bauhins Abhandlung über das
Bad zu Boll vom Jahre 1602 331 sind mehrere Petrefakten abgebildet, darunter auch ein
Schieferstein, der einen Wirrwarr von geflügelten Menschen zeigt. Der aufgeklärte
Bauhin setzt aber dem Bilde die Worte bei: „Die Menschliche Gestallten gehören nicht
hinein". So werden wohl die von Metobius angegebenen Tiere, Maulwurf, Schnecke
und Schößling nichts weiter als Blutgerinnsel gewesen sein. Des Brunnens Pouhon
berühmtes Insekt von Spa, das durch die Nieren ausgeschieden wurde (Abb. 125) 404,
erscheint auf den ersten Blick als ein Harnleitergerinnsel. Das Würmlein, das in den
Abhandlungen von Aachen im 17. und 18. Jahrhundert in natürlicher und mikro-
skopischer Vergrößerung auftritt 409. 4io. 263^ jst weiter nichts als eine zufällige oder ab-
sichtliche Beimischung zum Harn. Gewebsfetzen wurden häufig als Würmer mit meh-
reren Köpfen und Füßen gedeutet. Die Heilungen von Blinden sind sehr vorsichtig
Der große Zulauf in Pyrmont 1556
291
Abb. 125. Inseckt aus den Nieren einer Frauen gekommen durch Würckung derer
Wasser des Pouhons. Kupfer aus: Les amusements de Spa: or, tlie galanteries of the
Spaw in Oermany. London, 1745.
aufzunehmen. Beim Weihenzeller Wunderbrunnen bestanden sie z. B. auch darin, daß
jemand ein am Boden liegendes Oeldstüci< sehen, ein anderer den am Finger steci<en-
den Ring erkennen konnte 393.
Die Entdeckung des Brunnens von Pyrmont, wie sie Metobius schildert, ist eine
Fabel. Pyrmontanus 56 und Büntinq in seiner braunschweigischen Chronik 392 geben
an, daß 1502 und die folgenden Jahre die Gemahlin des Grafen zum Rietberg, eine
geborene zu der Lippe, das Wasser gebraucht habe. Selbst wenfi diese Nachricht falsch
wäre, erscheint es auffällig, daß das Volk den Brunnen den heiligen (er lag auch auf dem
heiligen Anger) nannte, also mit einem Namen, den schon zwei Jahrhunderte vorher
Henricus de Hervordia gebrauchte, und daß Pyrmontanus 56 1597 den zweiten von
diesem erwähnten, den Brodelbrunn, als nichts Auffälliges bespricht. Die kleine Schrift
von Metobius veranlaßte aber, daß in den balneologischen Büchern des 16. Jahrhunderts
vom „Neubrunn" die Rede ist. Pyrmontanus und Bünting erwähnen auch den großen
Zulauf 1556. In Spanien, Frankreich, England, Schottland, Norwegen, Schweden, Däne-
mark, Polen, Ungarn und Italien soll der Brunnen bekannt gewesen sein. In vier Wochen
fanden sich an zehntausend Menschen ein. Die benachbarten Dörfer Odeßdorff (Oß-
dorff) und Holtzhausen seien Tag und Nacht voll von Kranken und Gebrechlichen ge-
wesen, „daß man die Behausung vnd was sunsten zur Noturfft bedürffens nicht zu-
kommen wüste". Die Stadt Lüdge, einen Büchsenschuß vom Brunnen gelegen, sei
292
Der große Zulauf in Pyrmont 1556
dermaßen von kranken Personen hohen und niederen Standes überfüllt gewesen, daß
kein Raum in den Häusern mehr übrig, kein Brot oder Bier zu bekommen war, und daß
die Armut große Not gelitten. Während eines Vierteljahres war eine solche Menge
Volks daselbst vorhanden, daß Lager im Holz aufgeschlagen, öffentliche „Scharren",
Fleisch-, Bier- und Brothäuser angelegt werden mußten. „In summa es war gleich
einem f grossen Feldtlager" 56. 392 (Vergi. Abb. 105, 12ö, 127.) Oraf Philipp von
^(ptmg/vonmm i)<xüfamen'^nimm fiit man<^er(ep»n()ai(barefranc^atKtt/
wiUi}« von oncm pawrf man/in bem Sütftmt^umb Baytm/ bty bem Po:ff{)P<tlcf (treffe» / ün
tn< D. £j. Dac/ ct:fitn&en)vot&cni|l>
SwIcPfrö hoffen.
Abb. 126. Bad Walkershofen in Bayern 1551. Holzschnitt aus einem Fluglatt des 16. Jahrhunderts.
Spiegelberg, der damals zu Pyrmont residierte, hatte viel Schaden durch Besuch vor-
nehmer Gäste, die den Brunnen gebrauchten. Anwesend waren unter anderen Frau
Hedwig, des Kurfürsten Joachim zu Brandenburg Gemahlin, Frau Catharina, Herzog
Johann Ernsten zu Sachsen auf Coburg Gemahlin, Graf Conrad zu Teckelburg, der
letzte im Geschlecht, und Graf Sigismund von Gleichen, der bald nach dem Bad starb 56.
An einem Lindenbaum hing neben Stangen und Krücken Geheilter die Badeordnung,
Der große Zulauf in Pyrmont 1556 293
die Melanchthon 1556 zu Wittenberg lateinisch abdrucken ließ. Der erste etwas
sonderbare Artikel lautet in deutscher Übersetzung:
„Zum ersten solln, so diesen Fontein Diesem Brunn, und machen ihm nicht
Besuchen, reich, arm, groß und l<Iein Zu einem Abgott, sondern schlicht
Sich in alleweg thun befleissen. Zu Gottes Ehrn sein geniessen
Daß sie nicht Göttliche Ehr beweisen Von dem kömmt diese Onad herfliessen"3S'.
Der Zulauf hörte im folgenden Jahre auf um die Zeit, als Graf Philipp von Spiegel-
berg, der letzte seines Geschlechts, „für Quentin" den 10. August erschossen ward.
Man vermutete ein göttliches Strafgericht, das dem Wasser seine Kraft nehmen ließ,
weil der gemeine Haufe öffentlich Sünde, Schande und Hurerei bei dem Brunnen ge-
trieben und vornehme Weibspersonen den Brunnen beschuldigt hatten, durch ihn
wassersüchtig geworden zu sein, welche Bosheit aber Gott durch die Geburt schöner
Kindiein zuschanden gemacht hatte. Dies der Bericht von Pyrmontanus 15Q7 56.
Spätere Beschreiber von Pyrmont lassen ihren Unwillen über den Rückgang des Be-
suches zum Teil in derben Ausdrücken an Tabernaemontanus aus, der seinen Ruf als
berühmter Arzt benutzt habe, um Pyrmont zugunsten des Schwalbacher Weinbrunnens
herabzusetzen 394 Allerdings sprach sich dieser nicht gerade lobend aus: „Es war vor
zwentzig Jahr dieser Sawerbrunnen in einem solchen ruff vnnd geschrey, daß auch auß
frembden Nationen, als Franckreich, Italien vnd Sicilien Leut herauß gezogen, diesen
Brunnen zubesuchen, dann ein solch geläuff zu diesem Wunderbrunnen war, wie vor
Zeiten das wütend vnnd rasend Wallen zu der schönen Maria vnd Nothelferin zu Regens-
purg, dann es war schier kein Blinder, Tauber, Stummer oder von Mutterleib Lahmer,
wie auch die Sondersiechen oder Aussetzigen, die nicht verhofften in diesem Brunnen
jhre Gesundheit zu erlangen, ein solch greuwiich Lügengedicht vnnd falsch geschrey
kam darvon auß in alle Land, darzu halffen etliche ärtzt oder Doctores, oder vielmehr
Impostores oder Deceptores vnnd Landbuben, die Hessen ein öffentlichen truch auß-
gehen, daß dieser neuw Wunderbrunnen nicht nur allein die erzehleten Kranckheiten,
sonder sonst auch alle andere Erbkranckheiten oder angeborene Seuchten curiren vnnd
heylen solt, weiches doch mit keiner Artzney auff dem gantzen Erdboden zuwegen zu-
bringen ist, vnd dieselbig Kunst vnser Erlöser vnd Seligmacher jhme allein vorbehalten
hat. Wie schändlich aber die guten Leut, daß sie einen solchen weiten Weg diesem
Brunnen zugefallen reysen müssen, betrogen worden seind, hat mancher mit schmertzen
vnd bekümmernüß müssen erfahren, dann ich in warheit etliche gute Leut gekennt die
all jr haab vnd Gut versetzt vnd verpfendet, vnd die hoffnung hatten durch diesen
Brunnen jre gesundheit widervmb zuerlangen, haben aber durch ein so weite reyß sich
also verzehret, daß sie biß jhr ende haben müssen mangel leiden, vnd sonderlich die so
sich zum ersten vff die reyß den gemeldten Brunnen zubesuchen begeben haben, dann
dieselben musten den größten kosten tragen, die andern aber die zum letzten kommen,
die wurden vff dem Weg vnnd Reyß von den ersten gewarnet, vnnd jhn der betrug vnd
falsch eröffnet, also daß sie bey zeiten vmbkehrten vnnd sich widervmb zu Hauß ver-
fügten, vnnd also jhr einer den anderen warnete, dannenher dieser Brunnen (wiewol er
294 Altere Ansichten über die kohlensauren Wasser und die Thermen JL
1
doch nit gar zuverwerffen, sonder in etlichen i<ranckheiten nützlich mag gebraucht werden)
gar in ein Verachtung kommen und der Gauchsbrunnen, dieweil er so vil Narren und Gäuch
gemacht, genannt worden ist, vnd sich also je einer mit dem andern selbst vexiert. So-
viel aber die ärtzt vnd Medicos anlangen thut, die durch den öffentlichen Truck die Leut
also verführt vnd betrogen, weren einer guten Verehrung vnnd iohns wol werdt ge-
wesen, dann wann man sie schon mit Ruthen zum Land hinauß gestrichen hette,
hetten sie wol verdient" 324 Von diesem Urteil erwähnen die Verehrer Pyrmonts nichts,
wohl aber fallen sie über Tabernaemontanus her, weil er vor dem Trinken des Brunnens
warnte auf Grund von Bestandteilen, die auch Metobius angab und auch wie dieser
auf das Absterben von Tieren im Wasser hinwies. Dies letztere erwähnt Metobius
auch von Wildungen 56^ Tabernaemontanus vom Weinbrunnen in Schwalbach 324
Bauhin von den Sauerbrunnen im Schwarzwald 33i, und auch schon Thurneisser wußte,
daß Tiere in kohlensäurehaitigem Wasser nicht leben können 390. Die Schrift von
Metobius war aber im 18. Jahrhundert nur noch dem Titel nach bekannt, sonst wäre
man wohl vorsichtiger gegen Tabernaemontanus vorgegangen. Um diesen zu wider-
legen, warf Bolmann392 1055 einen Frosch in Gegenwart vieler vornehmer Personen
in den Brunnen, nötigte ihn, diesen etliche Male zu durchschwimmen. Wie er aber
müde und wegen des Wassers dick wurde, nahm ihn Bolmann vorsichtigerweise
heraus, band ihn in seinem Garten an, wo er vier Tage danach aus Mangel des nutri-
menti starb. Und damit hatte er — wie ein Hauptvertreter der Balneologie in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts schreibt — die offenbar unrichtige Behauptung Tabernae-
montanus' widerlegt 416. Seipp, der das Ersticken von Tieren schon über dem Wasser
anerkannte, wollte aber durchaus kein Gift in dem „Dunst" sehen, sondern nur eine
„sonderbare elastische ausbreitende Krafft", die aus der Lunge alle Luft verdränge 38i,
infolgedessen also der Tod durch Sauerstoffmangel erfolge. Das edele Wasser durfte
nun einmal nichts Giftiges an sich haben.
Wenn Tabernaemontanus wirklich die Pyrmonter Verhältnisse beeinflußt hätte, wie
hätte es da Plombieres ergehen müssen, von dem Paracelsus sagte, seine Wärme sei
die des gärenden Misthaufens, es habe keine sonderliche Tugend, den Ausschlag bade
man ohne Nutzen, weil seine Art, die Müdigkeit zu nehmen, auch gemeinem Wasser
zukomme? Es habe sogar einen unangenehmen Anhang. Was zu dem Guten auf der
Bahn sei, fördere es, aber auch das Böse, so zu Bösem geschickt ist. Baden-Baden,
Wildbad, Liebenzeil, Teplitz, Baden bei Wien, Villach, sie alle haben nach ihm nicht
mehr Kraft als erwärmtes gemeines Wasser 374
Nach dem Dreißigjährigen Kriege kam Pyrmont wieder in die Höhe. 1651 wurde
der Brunnen auch innerlich häufig gebraucht 392. lögl waren sogar vierzig königliche
und fürstliche Personen anwesend. Man fand diese Zusammenkunft damals so merk-
würdig, daß man auch in Paris sich darum kümmerte, eine Erzählung in den Mer-
cure galant einrückte und urteilte, man werde vielleicht in langer Zeit nicht wieder so
viele souveräne Prinzen beisammen sehen. Anwesend waren unter anderen Friedrich
r "C ' > «
-'g^. - . -SN^
Abb. 127. Dorf Hornhausen sampt den dann entspringenden Hcilhronnen IWd. Kupfer von V. Waoner.
Pyrmont / Homhaiisen / und andere Wunderbrunnen 295
Wilhelm der große Kurfürst mit seiner Gemahlin, der Herzog, nachmalige Kurfürst von
Hannover, die Herzoge von Celle und von Braunschweig, der Landgraf Carl von Hessen,
Prinz Georg von Dänemark, nachheriger Gemahl der Königin Anna von England. Als
junge Prinzen waren auch da der Kurprinz von Hannover, nachher Georg 1. von Eng-
land, und seine Schwester, die spätere erste Königin von Preußen, und Sophie Char-
lotte, die Prinzessin von Celle, spätere Mutter König Georgs 11. 342 Von nun ab war
Pyrmont Adelsbad und blieb es bis zu seinem Rückgang in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts.
Was im 16. Jahrhundert Pyrmont, war im 17. Hornhausen zwischen Aschersleben
und Halberstadt (Abb. 127). Sechs Wunderbrunnen waren dort 1646 entsprungen,
von denen im selben Jahr drei Beschreibungen erschienen und 1647 darauf eine vierte,
nach der in diesem Jahre über zweitausend Personen gezählt wurden, welche sich beim
Pastor des Orts wegen der Danksagung angegeben hatten. Ein Schäfer entdeckte den
ersten Brunnen und war gleich vom Fieber geheilt worden. Das wurde im Dorf ruch-
bar, viele neugierige Leute liefen mit dem Priester und Schulmeister hin. Eine alte
Bauersfrau, die viele Jahre kontrakt gewesen war, ward völlig geheilt. Nun drang der
Ruf von diesem Wasser bald in fremde Gegenden. Von allen Orten eilten die Kranken
herzu, und unter den anwesenden hohen Personen zählte man die Königin von Schweden
und den Kurfürsten von Brandenburg. Allein nach kurzer Zeit erstarb das Gerücht
von den Brunnen, bis sie 1689 wieder emporkamen. Viele Hunderte hatten das Dorf
damals angefüllt. Dann kamen die Wasser abermals in Verfall; erst 1718 hörte man
wieder von ihnen. Sechzehn gute Quellen und eine große Menge von Kranken wurden
gezählt. 1719 war ein einziger armer Kranker da, nur noch sechs Quellen bestanden,
von denen die meisten modrig waren. Man warnte jetzt öffentlich vor ihrem Gebrauch.
Seither herrschte tiefes Stillschweigen über diese Quellen, welche — wie Zuckert 1768
sagt — das Schicksal gehabt haben, dreimal besucht und gelobt und dreimal vergessen
und verachtet zu werden 343
Im 17. Jahrhundert entstanden mehrere Wunderbrunnen, die sämtlich plötzlich in
Ruf kamen, Blinde, Taube, Lahme heilten und nach kurzer Zeit wieder verschwanden.
Es scheint fast, als ob unter der Not des Dreißigjährigen Krieges ein Bedürfnis nach
derartigen Brunnen vorgelegen habe. Zeiller schreibt 1655: „Vil Brünne, die vor wenig
Jahren entstanden, vnd deren Wasser vnheilsame Kranckheiten zu recht gebracht hat,
als die zu Hornhausen, vnnd andere mehr, haben jhre Krafft wider verlohren. So auch
die Anno 1646 den 24. May im Ambt Stoltzenau, nächst dem Dorff Müslering entstandene
drei Heilbrünnen gethan, so umb den Wintermonat selbigen Jahrs jhre Krafft mehrertheils
wider verlohren haben, da zuvor vil hohes, vnd nidriges Standes Personen, nicht allein
dabey sich angefunden, vnd deren bedient; sondern auch, nach erhaltener zimlicher
guten Gesundheit, die Lahmen jhre auffgehenckte Krücken hinterlassen; auch sonsten
etliche hundert vilfältig presthafft geweste gesund worden seyn." 1652 entstanden die
Brunnen beim Dorf Lose im Lüneburgischen und 1646 beim Kloster Lüne wieder, die
296 Die Wunderbrunnen bei Nordhausen / zu Hofgeismar und Rastenberg
Abb. 128. Gesundbrunnen bei Harn. Kupfer aus: Peter.Hesselius, Hertzfließende Betractitungen
von dem Elbe-Strom. Altona, 1675.
viele Jahre zuvor in Ansehen| gewesen, dazwischen aber kraftlos gewesen waren. Ein
berühmter Wunderbrunnen beim Dorf Nordhausen im Amt Kassel hatte 1655 keinen
Ruf mehr. Der Trinkbrunnen zu Hofgeismar begann auch seine Laufbahn 1639 als
Wunderbrunnen 83; der alte Badbrunnen war aber schon über achtzig Jahre bekannt 3*3.
1646 wurde zu Rastenberg im Weimarischen ein Gesundbrunnen entdeckt. Blinde,
Lahme und Krüppel wurden geheilt, viele Krücken blieben zurück. Der Herzog Wilhelm
zu Weimar verordnete, den Brunnen mit einer halben Mauer und einem Staket darauf
zu umgeben, alle Woche Betstunden dabei zu halten und einen Almosenstock anzulegen.
1648 blieb aber das Wasser aus. 1696 entsprang es neu. Ein kranker Holzknecht trank
zufällig davon. Dies wurde im Backhaus erzählt, und schnell entstand großer Zulauf.
Der Weimarische Leib- und Hofmedicus Zapf beschrieb ihn, und schon im Jahr darauf
mußte sein Büchlein zum vierten Male gedruckt werden. Diesmal wurde täglich zweimal,
morgens und abends um sechs Uhr, Betstunde gehalten, jedesmal ein Bußlied gesungen,
Johannes, Kapitel 5 Vers 2 — 14 vorgelesen und darauf ein sehr langes Gebet gesprochen.
Der Zulauf war auch jetzt wieder sehr groß. Man erhielt nicht ein frisches Bund Stroh,
viel weniger ein Bett und eine warme Stube. Vier bis fünf Personen mußten in einer
Wanne baden, ohne daß das Wasser erneuert wurde. Viele gingen, ohne den Brunnen
gebraucht zu haben, heim^oi. 1666 entsprang zu Bielefeld ein Heilbrunnen. Bei diesem
Die Wunderbmnnen zu Bielefeld / Weilienzell / Harn und Biirgwinnumb 297
derselbe Zulauf. Abb. 105 zeigt das Treiben wie bei den anderen Wunderbrunnen.
Wir finden auch hier die „ordentliche Beth-Stunde". „Ach Jesu ! hast du denn vergessen,
daß wirs sind, die das Unrecht in sich gesoffen wie Wasser?" Diese Stelle mag das
Bußgebet charakterisieren, das beim Brunnen vorgelesen wurde ^03. in Weihenzeil bei
Ansbach entdeckte 1Ö80 ein bettelnder abgedankter Soldat unter einer Miststätte einen
Quell, trank davon und nannte ihn einen unvergleichlichen Schatz. Sein altes Brustübel
wurde nach einer Stunde gebessert, nach wenigen Tagen geheilt, ebenso zwei Weiber
im Dorf. Damit begann der Ruf, und nun kam der Zulauf. Der Fürst von Branden-
burg-Onolzbach ließ den Quell in Marmor fassen und in Gegenwart vieler tausend Per-
sonen durch seinen Oeneralsuperintendenten ein öffentliches Dankgebet sprechen, das
auch im Druck erschien, und der fürstliche Leibmedicus Löle wurde nicht müde, den
Ruf der Quelle in Wort und Bild zu verkünden 393. Zuckert erwähnt sie aber 1768
gar nicht, ebenso die Wunderbrunnen bei Ham (Abb. 128), die zu Walkershofen (Abb.
126) und zu Burgwinnumb (Abb. 129).
Genossen auch viele Bäder einen unverdienten Ruf, die mineralische Bestandteile
angaben, welche sie nicht besaßen, so unterschieden sie sich doch wesentlich von
diesen Wunderbrunnen durch ihren dauernden Ruf und Gebrauch. Die Badeärzte von
ßeDffamctt ^ircfutig/be^fSrotttten^
Abb. 129. Der Brunnen bei Burgwinnumb in Franken. Holzschnitt aus einem Flugblatt von ca. 1600.
298
Der heilige Brunnen, zu Zürich / Pfäfers
Pyrmont hoben hervor, daß ihr Brunnen, obwohl er das Schicksal eines Wunder-
brunnens gehabt habe, mit diesen nicht auf eine Stufe zu steilen sei, weil er durch seine
wirksamen Bestandteile geheilt habe. Umgekehrt wurde beim heiligen Brunnen an der
Wasserkirche in Zürich im lö. Jahrhundert von Albrecht von Weissenstein die Mit-
wirkung von Mineralien in Abrede gestellt, weil Gott durch die Kraft des Wassers allein
die Verdienste der Heiligen ehren wolle ^i*.
Unter den Thermen steht bei Paracelsus Pfäfers obenan 374^ das er 1535 selbst be-
suchte lund beschrieb 21. Angenehmer als früher war auch im 16. Jahrhundert der
Aufenthalt noch nicht.
Stumpf sagt 1548: „Gleych nebend dem Closter in einem tieften vngeheüren tobel,
dardurch der bach Taming gantz vngestüm über die velsen rauschet, vnder einem
Abb. 130. Pfäfers 1610. Holzschnitt von Joseph Pleb nach einem Modell von Fabricius Hildanus.
Aus: QuiLHELMUS Fabricius Hildanus, De conservanda valetudine. Frankfurt a. M., Merlan, 1629.
finsteren holen velsen, ligt das köstlich vnd heilsam warm Bad, auch nach dem Closter,
dem es zügehörig, Pfäuers genennt Das tobel ist noch heüttigs tags vnwägsam,
kleine eilende heüßle sind darinn, die man allein Summers zeyt bewonet, zur notturfft
deren so darinn badend. Weyn, brot, fleisch, vnd alles das man darinn braucht, muß
man hinab tragen. Das tobel hat zween wäg hinab inns Bad, beiderseyts in die velsen
gehauwen : also böß vnd gefariich zewandlen, das vil leüt auß forcht nit hinab bedörffend
wandten : etlich tregt man dareyn, etlich fürt man hinab. Etlich hab ich selbs kennt, die
biß darauff kommen, vnd auß forcht des gefarlichen wägs widerumb vngebadet hinweg
sind gefaren. Aber im jar 1543 ward erst ein guter wäg hinab gemachet, den man reyten
vnd wol gewandlen mag .... Da ist in disem finsteren loch kein fröud noch kurtzweyl
Pfäfers 299
dann im Bad, darinn ligt man tag vnd nacht. Merteils leüten farend dar vnd dannen,
daß sy an keinem bett zu ruwen niemer kommend. Die Sonn scheynt im Summer bey
mittemtag bey einer stund hinab. Der bach rauschet also durch die velsen vnder dem
Bad hin, daß einer dem andern redende, gleych als in einer müllin, laut zürüffen muß.
Zu Herbst zeyt im October vergadt dz Bad, gibt kein warm wasser mer, Stadt lär den
Winter, als denn ziehend die Würt herauß"9.
Münster hätte 1 550 gern in seiner Cosmographey eine Abbildung von Pfäfers gebrach t
Es war ihm aber unmöglich. „Es ist so gar zwischen den grawsamen hohen Felsen be-
schlossen, dz man sein gelegenheit nicht anzeigen kan. Es ist ein treffliche weite Spelunck,
von zweyen hohen Felsen erwachsen, vnder welchen der ein gantz gebogen ist wie ein
Gewelb, vnd neigt sich gegen dem andern, vnd lassen oben in der höhe gegen Mittag ein
Öffnung, das die Sonn Summers zeiten zu Mittag ein Stund vngefährlich dareyn scheinen
mag, aber dannoch gantz dunckel da vnden ist, daß man auch vmb den Mittag eins
Liechts in den engen Gemachen bedarff. Dann es stehn vnden gleich vber dem fließen-
den Gletscherwasser drey oder vier Heußlin, darinnen man kocht, vnnd kleine Stüblin
hat ... . Nun aber ist der Kasten (auch in Felsen gehauwen) so eng, das nicht viel vber
100 Menschen darinn gesitzen mögen, die sich dannoch gantz eng vnnd nahe zu-
sammen schmucken müssen, vnnd sitzen da in der dunckelheit, wie die Seelen in
S. Patricij Fegfewr" 3i8^ und, wie 1665 ein Unterösterreicher Namens Schmuz hinzufügt,
in „deß Lutheri Höll"456
1610 fertigte Fabricius Hildanus ein Modell des Bades an, nach dem er einen Holz-
schnitt (Abb. 130) zeichnen ließ 22. Vom Beschauer aus wölbte sich der Felsen über
die Häuser. Wie man vor der Erbauung des breiten schwebenden Stegs im Jahre 1543
ins Bad gelangte, wird nirgends angegeben. Man könnte vermuten, daß ein schmalerer
schon früher bestand. Nach Münster mußten die Kranken ehemals an langen Seilen
und hängenden Leitern ins Bad hinabgelassen werden 35i. Der Aufenthalt im Bad
selbst war furchtbar. Der Dampf verdunkelte das Zimmer, daß man am Tage Licht
brennen mußte, und wenn die Sonne hell am Himmel stand, war es erst recht dunkel,
weil dann die Dämpfe nicht abzogen. Dazu kam das Brausen der Tamina und das Ge-
räusch des Badewassers, das mit großer Gewalt in den Fluß fiel. Manche sollen
närrisch geworden sein, konnten nicht schlafen, Fieber und andere Zufälle folgten 22.
Günther von Andernach fiel bei seinem Aufenthalte im Jahre 1562 noch unliebsam
auf der „foetor ex alui recrementis, hie illic per uiam qua ad lauacrum, uel extra hospitium
itur, positis occurrit, ut animi defectionem hominibus paulo humanius educatis accer-
sat" * 388. Große Steine und Bäume fielen zuweilen von der Höhe auf die Häuser hinab,
einmal als dreihundert Menschen im Bade saßen 349. „Mühe und Gefahr", schrieb Ulrich
* Etschenreutter hat dafür die Stelle (Übersetzung) : „Es ist nichts das dem bad mehr schaden
bringt dann die vngelegenheyt der herberg, Engge vnnd wüste, in welchen offtermals, so ein böser
gestanck, mit zieht zünielden, auß dem me(n)schenkaht, an allen orten, da man ins bad oder ausser-
halb der herberg geht, hingelegt, widerfart, das es denen höfflichen leüthen, ein onmacht bringt" ■'•".
Vgl. die Badeordnung von 1619 S. 349.
300 Pfäfers
VON Hütten 1523, als er die Kur umsonst gebraucht hatte, „waren vergeblich be-
standen" 395.
Viel wurde nicht für das alte Bad getan. Die Brücke war 1610 wackelig und zitterte,
wenn man darauf ging, daß niemand mehr hinabreiten konnte und Furchtsame von den
Bauern in Sesseln mit verbundenen Augen getragen werden mußten 22. Oftmals kam
es vor, daß nicht allein Betrunkene, sondern Nüchterne im Ein- und Ausgehen zur Tag-
und Nachtzeit in den Abgrund zu Tode stürzten. Schließlich wurde die lange Brücke
durch abfallende Steine eingeschlagen, die Häuser und die Badehütte verfaulten durch
die Dämpfe, im Winter 1626 wurde das obere Wirtshaus durch einen herabfallenden Stein
zerstört, und 1629 brannte im Winter, als man zur Pestzeit badete, durch Unvorsichtigkeit
dreier Mädchen das untere Gasthaus ab. Das sah der Abt als eine Fügung Gottes an
und entschloß sich zum Bau des Bades an der heutigen Stelle. Am IQ. Mai 1630 floß
das Wasser in seiner Leitung zum ersten Male die Taminaschlucht hinab. Den 10. Januar
1631 wurde auch noch das alte Badehaus durch einen herabfallenden Stein ganz zer-
schmettert und dadurch das Baden im alten Tobel „nunmehro auffgehebt" 349.
1680 wurde das Fortbestehen des neuen Bades ernstlich in Frage gestellt. Am
11. März stürzten nach anhaltendem Tauwetter schon länger drohende Felsenstücke mit
großen Eis- und Schneemassen über die Quelle und verschütteten dieselbe derart, daß
auch nicht eine Spur von Thermalwasser mehr zu finden war. im Konvent zu Pfäfers
wurden Beratungen gepflogen, ob man die Quelle wieder hervorsuchen oder dem un-
geheuren Schutt preisgeben wolle. Schließlich entschied man sich für ersteres, und am
1. Mai fand man sie wieder. Eine wichtige Beratung fand 1700 statt. Das Badehaus
genügte für die vielen Gäste nicht mehr, war auch baufällig geworden und sollte abge-
tragen werden. Es wurde die Erbauung eines neuen Gebäudes am Schwattenfall erwogen,
ungefähr in der Mitte des heutigen Weges von Ragaz nach Pfäfers. Der Plan kam nicht
zur Durchführung, dafür erstand das heutige klosterartige Gebäude in den Jahren 1704
bis 1716 316. Es war anfänglich vier Etagen hoch und diente zweihundert Personen zur
Herberge. Um dasselbe herum war kein Raum für Spaziergänge. Obgleich der Ort, so
dermalen das Badehaus steht, nicht mehr so gräßlich ist als der ehemalige Aufenthalt
bei der Quelle, sagt 1766 FÄsi, „so würden doch Übelthäter, denen das Leben abge-
kennt ist, Gnade verdienen, wenn sie gezwungen wären, sich allhier ein Vierteljahr aufzu-
halten". Nur die Hoffnung auf Gesundheit mache den Aufenthalt erträglich 4 1 9. 1825
schrieb ein deutscher Arzt in Hufelands Journal, daß kaum ein berühmter Badeort Ärzten
und Kranken weniger bekannt sei als Pfäfers. Man wisse gar nicht, wie man dahin
gelange. Er selbst war siebzehn Tage dort. Der Weg von Ragaz wurde in zwei kleinen
Stunden zu Fuß, zu Pferd oder auf von Männern getragenen Sesseln zurückgelegt.
Fahren konnte man nicht. Von Valens senkte sich der Weg, ins Bad führten Stufen
hinab. „Es werden wenige sein," sagt er, „in welchen dieser Anblick den Gedanken
nicht erregte, die unverzügliche Rückkehr einem mehrwöchentlichen Begräbnisse in
diesem schauerlichen Schlünde vorzuziehen." Die Quelle besuchte er nicht, weil er
Pfäfers
301
sich an den schauderhaften Anblick nicht gewöhnen konnte. Er fand überall nicht nur
Mangel an Eleganz, sondern viel Unreinlichkeit. Die Fugen der Wasserleitung waren
mit halbfaulem Moos verstopft, und das Wasser hatte Holzgeschmack. Beim ersten
Anblick eines Badgewölbes (Abb. 131; 1805 waren nach Ebel in sämtlichen sechs
Bädern die Fenster fest vernagelt 682) vvar er sehr verwundert:
„Wie! in so ekelhaft schmutzigen Hallen
Thront Pfäfers Nymphe, die Fürstin aus allen ?
Sie, die mit Wunderkraft
Stets neues Leben schafft! —
Still Freund! man findet ja überall Spuren
Von großer Heilwirkung der Ekelkuren."
Die Preise fand er nicht billig, tröstete aber den Gast mit der Ersparnis an Equipagen,
Gesellschaften, Ballkostümen und den hier fehlenden Verlusten im Hasardspiel 396
Dem weiten Weg von
Ragaz über Valens und dem
schaudererregenden Abstieg
auf der Felsentreppe zum Bad
wurde 1838/39 durch Anlegen
der neuen Kunststraße längs
der Tamina abgeholfen, so
daß man von nun an von
Ragaz nach Pfäfers nicht nur
in dreiviertel Stunde gehen
und reiten, sondern auch
fahren konnte, und kurz dar-
auf wurde gar die Wasser-
leitung längs der Straße
hinabgeführt, daß am 31. Mai
1840 die neue Badeanstalt in
Hof Ragaz, dem alten Statt-
haltergebäude des Klosters,
eröffnet werden konnte 3i6.
Nun stand dem alten Wasser,
das ein Jahrtausend nur als
Heilbad gedient, nichts mehr
im Wege, sich zu einem
Luxusbad zu entwickeln,
wenn auch Professor Voot
noch 1857 sagt: „In Ragaz
darf man nicht rauschende
Vergnügungen wie in großen
Bädern suchen. Man kennt
da nicht Bälle, Konzerte, Abb. 131. Pfäfers 1784. Kupfer von J.J.M. Zürich. Stadtbibliothek.
302 Wildbad / Spa
Musik eines großen Orchesters, Hazardspiel u. dg!., überhaupt nicht ein städtisches Ge-
seilschaftsieben mit Putz und Tand aller Art. Man ist hier in der Tat auf dem Lande und
alle Vergnügungen und Unterhaltungen haben durchaus das ländliche Gepräge" 3ö8
Weit besser als in Pfäfers war im 16. Jahrhundert in Wildbad gesorgt. Günther
VON Andernach fand alle Bequemlichkeiten 3S8 und auch andere Schriftsteller geben an,
daß für Arm und Reich gute Herberge zu finden sei 43'. Es wurde zur Zeit von mehreren
Fürstlichkeiten und vornehmen Personen besucht. Die Anwesenheit Heinrich Ottos,
Pfalzgrafen bei Rhein, im Jahre 1526 wurde der Nachwelt durch eine Inschrift auf dem
Bogen der sogenannten Hölle im Herrenbad überliefert. Dem Namen war auch sein
Wahlspruch „Mit der Zeit" beigesetzt. 1532 stiftete König Ferdinand, als er sich während
seiner Interimsregierung im Wildbad aufhielt, eine steinerne Brunnensäule mit zwölf
metallenen Röhren, auf der er sein gewappnetes Bild errichten ließ. Herzog Ulrich von
Württemberg scheint aber kein Freund seines eigenen Bades gewesen zu sein. Als
sein Sohn Herzog Christoph 1545 um hundert Stunden gebadet hatte, warnte er ihn, die
Kur fortzusetzen und schrieb unter anderem : „Wenn auch das Bad zum allerbesten ge-
riethe, so ist keine andere Vermuthung, als daß du nach solchem Bad deinem Halten und
Wesen nach (wie mir bericht) so feyst werdest, wie eine Mastsaw." In einem anderen
Schreiben warnt erihn, sich in Hinsicht des Bades wohl vorzusehen, „sonst erwürgt's dich,
ehe du dich's versiehst". Das Städtchen Wildbad wurde sechsmal beinahe gänzlich in
Asche gelegt. Das scheint beim Zurückgehen des Bades einen wesentlichen Anteil ge-
habt zu haben, obwohl es den Dreißigjährigen Krieg infolge eines Schutzbriefes Kaiser
Ferdinands III. gut überstand 325. 335. Um das Bad zu heben, wurde 1821 der Regierung
eine Denkschrift mit Vorschlägen überreicht, in der als Hauptmangel das für die höheren
Stände widerliche und viele Badegäste zurückschreckende Baden von Leuten aus allen
Volksklassen in denselben Bassins sowohl im Herren- als im Frauenbade zur Sprache
kam. 1824 beschloß man, das Pferdebad zu einem Menschenbad einzurichten, das den
Armen überwiesen wurde, so daß 1828 durch Neuherstellung der Einrichtungen der
schickliche Vorteil erreicht wurde, nach verschiedenen Klassen der Kurgäste zu baden,
die Vornehmen auf Wunsch auch in Einzelbädern 382. 1337 befand sich im Wildbad
noch nicht ein einziger norddeutscher Kurgast, 1839 erst neunzehn is* Durch Neu-
bauten brachte es Wildbad schließlich dahin, daß auch Personen höchsten Ranges
standesgemäße Unterkunft fanden. Es wurde (1857) wiederholt von der Kaiserin- Witwe
von Rußland und vielen anderen hohen Personen besucht 457
Spa scheint schon im 16. Jahrhundert das Bad fremder Fürstlichkeiten gewesen zu
sein. Ein Leibarzt Heinrichs VIII., ein Venezianer und eine spanische Dame waren an-
geblich die ersten fremden Kurgäste. Mehrere Monographien halfen zur Verbreitung
des Rufes. Louis de Gonzaga, Herzog von Nevers, war 1575 und 78 und Alexander
Farnese, Herzog von Parma, war vor 1589 dort, auch Kari I. von England und Heinrich III.
von Frankreich gebrauchten die Kur, 1577 Margaretha von Valois mit einer liebeskranken
Prinzessin, die aber aus politischen Gründen das Wasser nach Lüttich kommen ließ.
Die Dusche
303
Maldonat und Margaretha von Valois wissen noch nichts Gutes von den Spaer Einrich-
tungen zu berichten 70.
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts kam eine neue Gebrauchsart der Mineraibäder nach
Deutschland, die Dusche. Tucia (Ryff), Ditia (Leucippaeus), das sind die ersten, dem
italienischen Wort Doccia oder Duccia nachgebildeten Namen in Deutschland für das
„Vff sich lassen rinnen vnd fallen von oben herab" (1513)346 Als Paumqarten 1584 in
Lucca weilte, schlugen ihm die Ärzte das „doccirn" mit dem Wildbadwasser vor 248.
Häufig wird der allgemeinere Name Stillicidium gebraucht. Die Dusche wurde im Gegen-
satz zu unserem heutigen Gebrauch zuerst nur auf den Kopf angewandt (Abb. 132), was
nicht den Beifall aller deutschen Ärzte fand. Phries (151Q) will nichts von dem Gießen des
heißen Wassers aufs Haupt wissen, weil es Kopfschmerz mache 420^ und Conrad Gessner
gebrauchte zu Baden (Schweiz) an Stelle des ehemals berühmten Stiliicidiums — wie er
sagt — , welches vielen Personen Ungelegenheit gemacht hatte, einen Schwamm, womit
das Haupt bedeckt und auf den das warme
Badewasser geschüttet wurde H 1598 wandte
sich Leucippaeus gegen die eine Elle hoch
herabfallende Dusche, sie solle für etliche
Mängel des Haupts dienen, in Wahrheit sei
aber solch Stillicidium viel schädlicher als
es nützen könne 43i. Nach Phries war die
Fallhöhe 1516 drei Schuh hoch, gegen Ende
des Jahrhunderts aber viel niedriger, so daß
wir bei dem schwachen Strahl heute eigent- Abb. 132. Gleichzeitiger Gebrauch von Dusche
lieh nicht von einer Dusche sprechen wür- ^^^ ^^^^^^^ '" r" "*'" ^^ff.'"^"'™ '"
' Aachen. Kupfer aus : Blondel, Erklärung deren
den. Als der Nürnberger Kaufmann Wolf Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach. Aachen 1688.
Flenntz 1571 nach „Carls Padt bey Eilenbogen" ging, gab ihm Volcher Coiter, ein
bekannter Nürnberger Anatom und späterer Feldmedikus des Fürsten Kasimir von An-
halt, eine Anleitung zur Kur. Darin heißt es: „Manmusein hiltzes schefflin zwo span-
nenhochvomhaupt hennckhenn vnd wan das ihr im badt seidt, das wasser darin ir
badett in das selbige schefflein giessenn, vnd durch ein henlin, so weith das aines
klains fingerlin halb groß darein ghenn mag, dasselbig wasser auff das haubt
also warm fallenn lassenn das muß geschehenn ein wenig vor ehe das ihrauß dem badt
woldt ghenn, Erstlich müst ihr das wasser fallenn lassen vornen auf das hauptt, ein
handt braith von der stirnn, letzlich hinden ein handtbraith vom knieckh, das müst ihr
treibenn so lanng ir badett" 376. Nach Bauhin fiel das Wasser nur eine Hand, aufs
höchste eine Spanne hoch herab 33i. Die Dauer setzte Mechinger (1513) auf ungefähr
eine Stunde 346 ebenso Bauhin 33i bei fünfzehntägiger Gebrauchszeit, Coiter für Karls-
bad auf zwei Stunden fest 376. Mehrere geben eine besondere Vorrichtung an, um das
Wasser länger auf dem Kopf zu halten und dann die Wirbelsäule hinabfließen zu lassen.
Nach Mechinger sollte das Wasser „fallen vffs haubt vornen da es offen ist, als man
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304
Die Dusche
das an iungen kinden sehen kan, da tringt es durch yn. Soll aber das das haubt mit
ainem bauschs wie itzo die frawen vff iren haubtern tragen bewart sein, der selbe soll
hinnen offen sein, das die wasser dahin durch mögen lauffen übern hals hinab" 346. Die-
selbe Vorrichtung beschreibt Sytz 375. Ryff wollte dafür ein Tuch um Stirn und Schläfe
gewunden haben, so, daß hinten eine Öffnung blieb 48. Manche scheren das Haar ab
(Bauhin, Reydt). In diesem Falle hielt man eine warme Bedeckung des Kopfes nach
der Dusche noch nötiger als sonst. Für Priester, die bei der Messe die Kappe abnehmen
mußten, schlug Reydt 1708 ein Pflaster auf den Kopf vor 458.
Die Kur geschah auf zweierlei Weise, im Bad (Abb. 132) und außerhalb des Bades
(Abb. 133); wie beim
Baden erhöhte man all-
mählich die Wärme 331,
in späterer Zeit stieg
man auch mit der Fall-
höhe und der Dauer der
Dusche und nahm am
Schlüsse wieder ab.
1606 gebrauchte man
in Baden-Baden das
„Träuffen" wie das an-
dere Bad täglich zwei-
mal, fing mit wenig
Stunden an, stieg bis
zum höchsten (bis
sechs Stunden?) und
nahm darauf ab 362. Es
entstand auch eine
„Ruffe" (Ausschlag),die
nicht abgerissen wer-
Abb. 133. Auf- und absteigende Duschen (Stillicidia oder Wasserguß) °
im St. Cornelii- (oben) und im Rosenbade (unten) zu Aachen. Kupfer aus: den sollte, weswegen
Blondel, Erklärung deren Badt-vndTrinckwässeren zu Aach. Aachen, 1688. (Jgg Kopfwäschen vier-
zig Tage zu unterlassen war (Baccius) 33i.
Ryff empfahl als einfachstes Instrument den Laugenkessel der Barbiere 48. Man
verband auch das Kopfwaschen mit der Dusche. Der dänische Statthalter in
Holstein, Heinrich Rantzau schrieb eine lateinische Anweisung zur Gesundheit, die
1573 herausgegeben 397 und 1587 von Wittich Vinar ins Deutsche übersetzt
wurde. Er empfahl zur Erhaltung der Gesundheit, jährlich das Haupt drei- oder vier-
mal mit kaltem Wasser zu zwagen: „erstlichen sol das heupt mit laulicher laug ge-
waschen werden, wenn solches geschehen, soll man mit frischem brunn wasser all-
gemachsam von der höhe auff das heupt treuffen, vnd bald darnach
Die Dusche 305
heuffig ein drey oder vier nössel kalte laug oder frisch brunnwasser vber den kopff
schütten" -i^o
Schon Ryff empfahl, die Dusche auch auf kranke Glieder tropfen zu lassen, und dieser
Gebrauch trat allmählich immer mehr in den Vordergrund (Abb. 46, 133, 1350). Die ein-
fachste Vorrichtung der Dusche in Form eines Gießfasses war leicht in jedem Bade anzu-
bringen. Immerhin wurde sie nicht überall häufig gebraucht, in Warmbrunn war 1607 die
„Treffte" selten 69 Bauhin erwähnt schon, daß in dem neuen Namen Ducciazwei Sachen
begriffen seien, das „abtroffen" und die „Besprengung". Man gebrauchte neben dem Her-
abtropfen auch einen stärkeren Strahl, derausTeucheln floß, die vom Brunnen hergeleitet
wurden 33i. „Newe vor diesem niemahl gebrauchte Stillicidia oder Wassergüß" kündigte
Blondel 1688 im S. Cornelii und im Rosenbad zu Aachen an, die von den Franzosen la
douche oder latouche, von den Aachenern aber die „Pompe" genannt wurden (Abb. 133).
Sie waren nur ohne Bad zu brauchen und hatten in der Nähe Betten zum Schwitzen.
Als Besonderheit führte Blondel an, die Patienten wären nach der Dusche mit Schwefel-
blumen bedeckt, daß man mit Fingern auf der Haut schreiben konnte, im kaiserlichen,
dem kleinen und in S. Quirinibad, den sogenannten alten Stadtbädern, war der Wasser-
guß „von alters her" im Brauch, und zwar fiel das Wasser aus einem erhöhten Geschirr
herunter. 1688 wurde das Wasser durch eine Pumpe emporgehoben (Abb. 132). Ge-
duscht wurde während des Badens ^OQ. Da die Pumpen nur das Wasser in die Höhe
zu treiben hatten, war der Druck des fallenden Wassers gering, und man suchte ihn
durch möglichst hochgelegene Duschebehälter zu erhöhen. 1806 war die Dusche im
Verenabade zu Baden zehn bis zwölf Schuhe hoch (Abb. 46, 103), man benutzte sie zehn bis
fünfzehn Minuten lang, nahm mit der Zeit zu und ab wie beim Bade^is Vogt verlangte
1857 eine Fallhöhe von zehn bis fünfzehn Fuß, welche die meisten Bäder nicht besaßen,
um eine Erschütterung der tiefer gelegenen Teile zu bewirken 368 1793 war im Brücke-
nauer Bade bei Fulda ein Tropfbad von zweiunddreißig Schuh Fallhöhe in Gebrauch,
das auf Zwierleins Vorschlag errichtet worden war, in Ronneburg eins von fünfund-
vierzig, in Lauchstädt von achtundzwanzig 656^ in Driburg 1792 von achtzehn Fuß
Höhe 674. Im Seebad zu Zoppot fielen 1823 die Tropf-, Dusch-, Regen- und Sturzbäder
von einem Turme herab iss.
in den süddeutschen Bädern hatte man 1822 noch die alten Duscheeinrichtungen,
bei denen das Wasser von der Decke oder vom Dachboden herabfiel. Es mußte in die
Behälter getragen oder gepumpt werden, wodurch die Temperatur nicht gut regulierbar
war und außerdem nur Duschen von oben nach unten gegeben werden konnten. In
den norddeutschen Bädern zu Rehburg, Nenndorf, Elisen, Pyrmont, Mainberg und Dri-
burg hatte man Duschemaschinen, die im wesentlichen Feuerspritzen waren und den
Strahl unter höherem Druck auf jeden Körperteil richten ließen. Bemerkt muß hier
werden, daß man zu dieser Zeit unter Dusche (Tropfbad) nur die Strahlendusche ver-
stand, die Regendusche hieß Trauf- oder Sturzbad und wurde nur kalt verwendet 370*.
* ZwiERLEiN gebrauchte 1793 dafür den Namen Spritzbad (siehe auch Ferro S. 50) und führte als
Martin, Badewesen 20
306 Duschemassage und schottische Dusche
Die bewegliche Strahlendusche unter Verwendung einer Art Feuerspritze wurde von
einem Dr. Lucas vorgeschlagen, was Zuckert 1768 erwähnt 343. Zur Unterstützung der
Duschewirkung rieb man die Glieder. Das besorgte der Kranke selbst, und in dieser Form
war die „Douchemassage" ein allgemeiner Brauch. Zu Aix in Savoyen, Aachen und
Warmbrunn bestand noch eine besondere Anwendungsart. „Es setzt sich nämlich",
schreibt Rüsch 1832, „der Badewärter zu dem Kranken in eine ovale Wanne, reibt,
streicht, drückt, dehnt, manipulirt während dem Herabströmen eines Wasserstrahls die
Glieder desselben eine Viertelstunde lang unausgesetzt: durch welche Behandlung die
Wirksamkeit der Douche sehr erhöht werden soll" 88. Auch Justinus Kerner erwähnt
1832 von Aachen, daß dort eigene Leute männlichen und weiblichen Geschlechts
(Frotteurs und Frotteuses genannt) zum Reiben der kranken Gelenke mit der bloßen
Hand während des Duschens angestellt seien 325. in seiner Gymnastik weist TissoT
darauf hin, daß man bei Gelenkerkrankungen zur Vermeidung von Steifigkeit und Kon-
Charakteristikum desselben an, daß der ganze Körper von vielen kleinen Tropfen aus einem durch-
löcherten Gefäße wie aus einer Gießkanne getroffen werde. An die Stelle einer komplizierten Vor-
richtung setzte er dann auch die einfache Gießkanne, mit der er auf einem Stuhle stehend den
Kranken begoß ^^^. Das kalte Traufbad wurde in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts von England aus durch den Pyrmonter Badearzt Marcard eingeführt "^o. Der häufig ge-
brauchte Name „schower bath" erinnerte bei uns an den englischen Ursprung. In Frankreich, wo-
hin diese Badeform um dieselbe Zeit gelangte, wurde sie geradezu englische oder häufiger schottische
Dusche (Douche ecossaise) genannt ^o. Nach zwei Schriften von Despine, auf die Forestier (Ar-
chives gener. d'hydrologie, IQOO) hinwies, war es der Großvater dieses Dr. Despine — in der einen
Despierre (? Druckfehler ?) genannt — , der in Edinburg bei Dr. Cullen das „schower bath" kennen
gelernt hatte, es zu Aix in Savoyen einführte und zur Erinnerung „douche ecossaise" nannte. 1850
verstand man nach der einen Schrift zu Aix unter schottischer Dusche das kalte, laue oder warme
Bad in Regenform 6"°. — In Aix gab es drei Ärzte mit Namen Despine, der älteste war wohl der
Überführer des schower-bath von England nach Frankreich (bezw. Savoyen). 1787 wurde er zum
medizinischen Direktor von Aix ernannt. Das Bad nahm unter seiner Leitung einen ungeheueren
Aufschwung; während es vorher drei- bis vierhundert Gäste jährlich gezählt hatte, mehrten sich
diese — ausgenommen während der Herrschaft der Republik — von Jahr zu Jahr, und gegen 1830
waren zweitausendfünfhundert bis dreitausend anwesend. Dieser Despine starb 1830 fünfundneunzig
Jahre alt. Sein Sohn, der sich selbst Despine pere, der Vater nennt '''*2, installierte 1822 im Thermal-
institute von Aix eine schottische Dusche s'". Er selbst gibt 1838 von der douche ecossaise die Er-
klärung: „C'est ainsi qu'on appelle ä Aix-en-Savoie, le Schawer Bath des Anglais ou Bain de pluye
froid" ^'^-. Er versteht in dieser Bemerkung demnach darunter nur die kalte Regendusche. Eine
Reklameschrift nach Despine fils, dem Sohne des vorigen, bringt eine Abbildung, bei welcher der
Kranke mit den Füßen im (warmen) Bassinbade steht und vom Badewärter einen (wohl kalten)
Regen von oben herab über den ganzen Körper erhält''". Nach diesen Ausführungen ist man ver-
sucht, anzunehmen, daß die schottische Dusche der Familie Despine eine kalte, laue oder warme,
vielleicht meist kalte allgemeine Regendusche war, bei welcher der Kranke die Füße im warmen
Thermalwasser stehen hatte, und doch ist die Erfindung unserer heutigen schottischen Dusche, bei
der warmes und kaltes Wasser nacheinander gebraucht wird, geistiges Eigentum des einen, näm-
lich des zweiten Despine, nur daß wir sie heute in der Regel nicht mehr als allgemeine Prozedur
und auch nicht mehr als Regenbad gebrauchen. Der dritte Despine (fils) sagt in der genannten
Reklameschrift aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts, daß bei der schottischen Dusche
Kälte und Wärme abwechsele. Sie wurde zur Bekämpfung von Nervenkrankheiten, allgemeiner
Schwäche, Lähmung und Rheumatismen gebraucht ''^i. Auch Rüsch erwähnt 1832 von Aix in Sa-
voyen: „Despine läßt Wasser von 35 Grad R. mit solchem, das beinahe bis zum Gefrierpunkt er-
kaltet ist, abwechselnd in einem Strahle (! !) auf den leidenden Teil (! !) strömen, wobei er bei
Nervenaffektionen vorzüglichsten Nutzen wahrnahm ; dies ist die sogenannte schottische Douche" ^s.
Die Mineraldampfbäder
307
trakturen einige Tage nach dem Schwinden des Schmerzes und der Entzündung neben
passiven Bewegungen Reiben der Gelenke und namentlich die warme Dusche mit
großer Fallhöhe anwenden müsse, die durch ihren Stoß schon als Erschütterung wirke,
um allmählich zu aktiven Bewegungen überzugehen. Die Dusche von warmem Mineral-
wasser hielt er für besonders vorteilhaft und stützte sich dabei auf die guten Berichte
aus Aachen 453. 1758 machte Zuckert darauf aufmerksam, daß bei irgendwelcher Ent-
zündung an den Gliedern oder in den Eingeweiden die Dusche auf jeden Fall unter-
bleiben müsse.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam aus Italien eine zweite neue Gebrauchsart der
Mineralbäder nach Deutschland, die Verwendung als Stufe, auf Deutsch als Dampfbad,
direkt über oder in unmittelbarer Nähe der
Quelle. Nach Bauhin hatte man in Italien
drei Hauptarten in Gebrauch. Die Dämpfe
wurden entweder über der Quelle aufgefangen
und durch einen engen Gang in ein kleines
Haus geführt, oder man schwitzte in Höhlen,
unter der sich „feurige Hitze" befand, und die
nach Art der Badestuben aufsteigende Bänke
hatten, oder man steckte nur einzelne Glieder
in kleine Höhlen. Bauhin schlug für das Boller
Bad vor, die Kessel und Deckel so zuzurüsten,
daß das Wasser, welches heraustropfte, zum
Trinken könne aufgefangen werden und die
Dünste durch Kanäle, welche man vor die
Löcher gestellt, in das über dem Kessel gelegene
Kämmerlein aufsteigen konnten. In dieser Kam-
mer sollten Häußlein mit krummen Teucheln Abb. 134. Entwurf Blondels zu Dampfbädern
,. ,, ... ,, , , in Aachen. Kupfer aus: Blondel, Thermarum
an die Kanäle angeschlossen werden, wo der Aquisgranensium et Porcetananarum eluci-
Kranke auf einem hölzernen durchlöcherten datio et thaumaturgia. Aachen, I688.
Brette saß und der Kopf sich außerhalb des Häuschens befand, also ein Schwitzkasten,
wie er schon beschrieben wurde. Ein derartiges Schweißbad befand sich bereits beim
Bad zu Plombieres, und Bauhin schlug vor, dort mehrere zu errichten, ebenso zu Baden-
Baden und zu Baden in der Schweiz 33i. in Baden-Baden wollte man aber davon nichts
wissen. Hess nahm 1606 an, ein solches Dampfbad müsse über der Quelle liegen, wo-
durch das Badewasser durch abrinnenden Schweiß verunreinigt würde, außerdem könne
man das Gewölbe des Hauptquells nicht zerstören 362 Vornehme Männer und Ärzte
verlangten „schweiß- oder schwadembäder" für Aachen und Burtscheid, und Blondel
schlug 1688 den in Abb. 134 wiedergegebenen Kasten Kir das Kaisersbad an der Stelle,
wo das überflüssige Wasser ablief, vor. Eine Art aufsteigende Dampfdusche im St. Cor-
nelius- und im Rosenbade bildet Blondel ab (Abb. 133 links), beschreibt sie aber nicht 409
308
Die Minemidampfbäder
,-<-^"^"^^^^^<^^ j
Abb. 135. Bilder aus Aachen von 1827. a Die Art, wie man das warme Wasser auf die schwachen
OHeder fließen läßt, b Trockenbad oder auf was für Art man den Dampf von dem Wasser auf die
kranl<en Glieder bringt, c Gebrauch des trockenen oder Dampfbades, d Das halbe Dunstbad. e Das
halbe Wasserbad. Kupfer aus: Blondel, Beschryving van de Stad Aken. Leiden, 1727.
Dampfkästen für den ganzen und halben Köper und Dampfduschen für einzelne Glieder
finden sich im 18. Jahrhundert in mehreren Schriften über Aachen angegeben
(Abb. 135)263. 410. 1768 sagt Zuckert, daß die mineralischen Dampfbäder nur bei den
schwefelhaltigen Thermen angebracht seien, die übrigen hätten vor dem gewöhnlichen
Dampfbade keinen Vorzug 343 Jn Karlsbad wurde 1794 ein kleines Dampfbad gegen
den Sprudel hin errichtet, das 1825 unter Weglassung der Wasserbäder zu einer größeren
Dampfbadeanstalt mit mehreren Kästen über der Hygieensquelle umgestaltet wurde.
Die Erbauung geschah unter Leitung eines Dr. Jean de Caro, der sie 1829 beschrieb 347
In einen neuen Entwicklungsabschnitt traten die Dampfbäder mit dem Auftreten des
bayerischen Legationsrates Carl von Gimbernat. Seine Vorstudien machte er in Aix
Die Mineraldampfbäder
309
in Savoyen, 1823 kam er nach Baden in der Schweiz, wo er in aller Stille seine Unter-
suchungen begann. Er glaubte schon in Aix eine organische Substanz, gebildet durch
die elastische Flüssigkeit dieser Quelle, gefunden zu haben, die viel Gleichheit mit der
tierischen Substanz und alle negativen Eigenschaften von Azot (Stickstoff) haben solle,
dessen Gegenwart sich ihm im Gas der Quelle anzeige. Nach ihm verlor sich wegen
unzweckmäßiger Einrichtungen der Behälter, der Quellen, der Wasserleitungen die
Haupttugend dieser elastischen Flüssigkeit so sehr, daß Gas und Schwefel nur in sehr
unbedeutender Menge zu den Bädern und Brunnen gelange. Die Eigentümer der großen
Bäder gingen auf Versuche Gimbernats nicht ein, die er dann in den kleinen anstellte.
1824 legte er der Stadt Baden, nachdem er von der aargauischen Regierung die Zu-
sicherung zur Unterstützung seiner Pläne erhalten hatte, eine Zuschrift vor, in der er
unter anderem zeigte, daß der größte Teil der elastischen Flüssigkeiten, die sich aus den
Thermalquellen entwickeln, ein dem Azot (Stickstoff) entsprechendes Gas sei, dem er
den Namen tierischer Thermalstoff gab, daß dieses Schwefelgas sich sehr schnell zer-
setze und fast weder Gas noch Schwefel zu den Wassersammlern gelange, was für die
Kranken ein großer Verlust sei, indem ihnen von der Kraft dieser Schwefelbäder und
des Gases, das hier die Natur in großer Menge diesen Heilquellen mitteile, nichts zu-
gute komme. Er wollte ein großes Vaporarium über dem Verenabade errichten und bei
Erfolgen die Badebesitzer zur Errichtung ähnlicher Anstalten ermuntern. Am 3. Juli
wurde der erste Dampfkasten über dem Verenabade errichtet. Gimbe^nat erhielt nach
England und Frankreich ehrenvolle Einladungen, blieb aber in Baden und verlangte
vom Stadtrate auch eine Abkühlungsanstalt (Tepidarium), weil das allzuschnelle Aus-
setzen des gebadeten Körpers an die freie
Luft gerade in dem Maße schädlich sei, als
die Gasbäder bei dem Gebrauch eines Tepi-
darii nützen könnten. Seine Wünsche er-
regten den Unwillen der Bevölkerung. Als
die Regierung vorschlug, ihm als Wohltäter
der Menschheit das Bürgerrecht zu schenken,
erklärte sich die Bürgerschaft damit nicht
einverstanden. Zwar empfahl die Sanitäts-
kommission die Errichtung von Thermal-
bädern und Tepidarien in den Bädern, statt
der Ausführung nahm man aber die Ein-
richtung im Verenabade 1825 weg. GiM-
BERNAT protestierte bei der Regierung, das
Dampfbad wurde wieder hergestellt. Auch
in den Höfen und dem Wirtshaus zum Bär
entstanden nun Einrichtungen (Abb. 136), t^\ ^^^- Dampfbad zu Baden ,n, Au,,,,.
*= ^ '' Kupfer aus dem: Neujahrsoeschenk der Oe-
weil viele Kranke in die kleinen Bäder gingen, sellschaft zum schwarzen Garten. Zürich, 1827.2*
310 Die Minemidampfbäder
Das Haupthindernis seitens der Bäderbesitzer bei der Errichtung von Dampfbädern lag
darin, daß Gimbernat darauf bestand, sie müßten direl<t über der Quelle angelegt
werden. Schinznach, das nur eine einzige Bade- und Trinkquelle besaß und nur einen
Kessel, dessen Wasser zu den Bädern nicht entbehrt werden konnte, der zugleich als
Dampfbad diente, mußte wegen Beschwerde der Badegäste die Anstalt bald eingehen
lassen, die nicht in einem verunreinigten Badewasser sitzen wollten 353. ]817 errichtete
man auch zu Baden-Baden drei Dampfbäder über dem an mehreren Stellen durch-
bohrten Gewölbe der Ursprungsquelle. Im folgenden Jahre wurde auch im Badgast-
hause zum Baldreith ein Dampfbad errichtet, und 1819 kam eine große Dampfbadeanstalt
an der Ursprungsstelle zustande, in deren zweitem und drittem Stock sich vierzehn Bade-
kabinette befanden. In den meisten gab es ganze Dampfbäder, außerdem halbe, Fuß-,
Arm-, Schulter-, Hüft-, Nacken-, Ohren-, Mund- und Augendampfbäder, auch Vorrich-
tungen zum Einatmen des Dampfes 3™. Auch die Errichtung der Dampfbäder in Baden-
Baden suchte Gimbernat zu beeinflussen. Wildbad hatte 1832 keine Dampf badeanstalt,
seine Temperatur eignete sich nicht dazu 325. ihre Errichtung war schließlich aus prak-
tischen Gründen auf die höher temperierten Bäder beschränkt.
Bemerkt muß noch werden, daß nur der Gedanke, besondere Vorrichtungen für
Mineraldampfbäder zu errichten, italienischen Ursprungs ist. Die Dämpfe selbst wurden
in Deutschland schon früher verwendet. Rvff schlug z. B. vor, gegen Wassersucht den
ganzen Körper mit Badleim (dem Niederschlag der Mineralbäder) zu bestreichen und
über die Dämpfe, nicht im Wasser zu halten, später den Leim mit dem Wasser abzu-
waschen 48 Von Pfäfers wurde sowohl vom alten Bade (Abb. 130), als auch vom neuen
(dessen Fenster nicht zu öffnen waren) (Abb. 131) gesagt, daß die Badenden mit dem
Oberkörper gleichsam in einem Dampfbad säßen, und Fabricius Hildanus sah darin
1610 ein hervorragendes Heilmittel, weswegen er auf eine Anfrage hin angab, das Baden
in Wannen mit Pfäferser Wasser außerhalb des Bades selbst habe nur wenig Wirkung,
weil da der Dampf wegfalle 22. In Baden (Schweiz) empfahl schon Conrad Gessner zur
Stärkung der Glieder, diese über das heiße Wasser zu halten 9*, und Pansa erwähnt
1609 in Karlsbad das Bähen der Glieder vor dem Bad über warmem Wasser in einem
Fasse, das oben bedeckt sein solle, wie man die Schweißbäder anzurichten pflegt 350.
Eine sehr eingehende Schilderung des Badelebens im 16. Jahrhundert gibt der Baseler
Professor Pantaleon von Baden in der Schweiz im Jahre 1578 35. Die einzelnen Bäder
und die dortigen Gebräuche beschreibt er wie folgt:
VON DEM FREVEN BAD
Das freye Bad, so auch das Burgerbad genennet, ist vnder dem heiteren himmel,
zwischen den Herberigen auff einem zimlichen besetzten platz gelegen. Es ist 30 schuh
lang vnd 24 schuh breit, also das vber die hundert menschen zu mal darinnen baden
mögen. Es ist auch zuring herumb mit steinen blatten besetzet, vnd mancherley sitz
darinnen geordnet. Hiemit ist auch ein eck vnd viertetheil deß Bads durch ein höltzenen
gatter vnderschlagen, vnd für die Weiber geordnet. Weil aber offt die gemeinen Weiber
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 311
dahin kommen, pflegen sich andere in dem größeren Bad zuenthaiten. Es lauffet ein
großer Brunnen in diß Bad von deß großen stein ersten quell vnd vrsprung. Demnach
auch ein kleinere rören in das vergattert Frawenbad, von dem viertheil dises quell so
gegen der Herberig zu dem Blumen gerichtet. Dises wirt alle freytag abgelassen vnd
sauber geweschen, man laßt auch bald das wasser starck hinein lauffen, also das dises
in sieben stunden wider erfüllet. Dann man darff disem Bad kein, mangel an wasser
lassen, vnd müssen etwann andere mangeln, biß dises erfült ist. In disem Bad darff
jederman frembd vnd heimisch vmbsonst baden, vnd sein ergetzung lang oder kurtz
da haben. Fürnemlich kompt an Sambstagen das Voick von der Statt vnd ab dem Land
mit hauffen daher, vnd begert Weib vnd Mann sein kurtzweil zu haben, vnd hüpsch zu
werden. Hie ist sich aber hoch zu verwundern das man das schräpffen dermassen
mißbrauchet, dann es will jederman schräpffen, vnnd vermeinen mehrtheils sie haben
nit gebadet wann sie nit voll hörnlin wie ein Igel hangen. So jnen doch offt vil nützer
das blut zu jnen zukauffen ... Es were auch besser wann regenwetter vorhanden, man
sesse nit in das bad: dann ob wol dz bad halb bedecket, vnd man sich an den schirm
thun mag, verleuret doch das Bad durch deß regenwassers Vermischung sein qualitet
vnd eigenschafft. Deßhalben keinem zu rahten das er sein gantze Badenfart darinnen
vollbringen solle, dieweil nicht alle zeit das wätter bestendig sein mag. Dises solle man
auch von S. Verena bad verstehn. Es ist ein Badermeister oder Scherer vber dises
verordnet, welcher der Knaben vnzucht stillen, vnd gute Ordnung darinnen erhalten
solle. Diser hat etwann zwen, drey oder vier Diener, welche doch alle mit schräpffen
gnug zuschaffen, also das ein parthey offt der andern kümerlich mag platz geben. Deß-
halben auch offt das bad dermassen geferbet, als wann man in dem blut badet. Diser
hat es von der Statt zu einem Lehen entpfangen, verdienet vil gelt, vnd muß auß disem
Bad vnd seiner behausung järlich 40 Gulden erlegen.
VON SANCT VERENABAD
Dises Bad ligt auch vnder dem Himmel auf der anderen seiten deß grossen platz, in
gleicher form wie das freye bad mit steinen vnd mauren eingefasset, es ist 34 schuh
lang vnd 20 breit. Es baden mehrtheils arme prästhaffte leut darinnen. Daher es auch
S. Verenabad genennet. Dann dise heilige Fraw ist mit sampt S. Mauritio vnd dem
Christenlichen hauffen vnder den Heydnischen Keysern Diocietiano, Maxentio vnd
Maximino vmb das 300 jare nach Christi geburt, als jhrer ordenlichen Oberkeit hilff zu
beweisen, auß Affrica in der Heluetier land kommen : wie auch die Thebanische Legion
zu Martinach in Wallis als bestendige Christen grausam gemartert, vnd etliche auß jnen
als S. Felix, Regula, Vrsus vnd andere Weib vnd Mannspersonen mehr biß an die Aar
vnd Limmat entronen, auch letstlich durch die Keyserliche Landtuögt hingericht, hat
S. Verena in disem Bad den armen gedienet, jhr gut jnen reichlich mitgetheilet, vnnd sie
den Christen glauben gelehrt, biß sie zu letst auch abgethon worden. Dise ligt nicht
weit von disem Bad zu Zurzach begraben, da auch ein reiche gestifft vorhanden. In
disem bad entspringet der ander quall gantz reichlich herfür, vnd zeigen sich vil bläter-
312 Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578
lin als wann ein hafen auffquallet. Es ist aber hie ein abergieubischer wohn vor-
handen.
Dann es vermeinen hie jren vil, wann ein vnfruchtbare Fraw darinnen bade, vnd
ein fuß in dz loch stosse, da dz wasser herfür quillet, es werde S. Verena bey Gott er-
werben dz sie fruchtbar werde. Deßhalben sich auch begibt, wann das bad sauber ab-
geiossen vnnd geweschen, welches dann zweymalen in der wochen beschicht am Mitt-
wochen vnnd Sambstag, das vil schöner reicher Frawen mit guldinen Ketten bezieret
sich darein setzen, den fuß hinein stossen, jr gebett vollbringen, vnnd den armen jr
allmusen mittheilen. Es begibt sich auch offt das sie bald hernach schwanger werden.
Man findet wol etliche so da vermeinen es helffen auch etwann die starcken Bettler
darzu, welcher vil darinnen vorhanden. Man thut aber den ehrlichen Frawen vnrecht:
dann wann sie darinnen baden, ist heiterer häller tag etwann zwo stund vor dem jmbiß
mal, vnd stehn vil leut vmb das bad so jnen zulugen. Ich weiß aber ein bessere vrsach.
Nämlich das dises bad art vnd eigenschafft ist die Bermuter außzutrücknen vnd zu er-
wermen also das sie geschickter wirt zu entpfahen. Also muß ein jeder Acker bereitet
werden, so den samen entpfahen, vnd hernach frucht bringen solle. Weil auch in disem
bad das wasser nit oben herab durch die Kenel fallet, sonder von vnden auff quillet,
wirt die muter vil krefftiger erwermet, so man ein stund bey dem loch sitzet, dann wann
man sonst ein gantzen tag im anderen wasser sesse ....
So vil aber die armen leut belanget kommen offt vorab im Meyen etliche hundert
dahin zusamen. Sie müssen aber vorhin vmb ein Herberig lugen damit sie jr heimwesen
haben vnd nit dörffen auff der gassen ligen, wie dann zwo oder drey zunechst bey dem
bade vorhanden. Dise werden durch fromer leuten allmusen teglichen erhalten. Es setzen
die armen jre schusseln zuring vmb das bad auff die mauren, vnd bleiben sie im bad
sitzen, darff auch keiner die seine anzeigen. Dann legt man Oelt, Brot, Wein, Suppen,
Fleisch, oder anders in die Schüsseln, vnd weißt niemand welchem dise zu gehörig.
Wann auch etwann große heuffen herzugetragen, theilet der Wechter, so sein Heußlin
an dem Bad hat, dises ordentlichen auß, vnd ermanet dise zubetten vnd sich danckbar
zu erzeigen. Demnach geht ein jeder herfür, vnd nimpt wz in seiner schusseln ist. Weil
aber hie offt vnder den frommen sich auch vil böser buben vnd seck einmischen so
nicht wercken mögen, sonder andern dörfftigen das Brot vor dem maul abschneiden,
were notwendig vnd nutzlich wann ein jeder armer, so sich deß allmusen behelffen
wille, ein schein von jrer Oberkeit brechten, das sie dises nottürfftig vnd dz allmusen
an jnen wol angelegt were. Es wurden sich hiemit vil böser Buben schemmen, vnd
einem biderman wercken müssen, welche sonst deß müssiggangs gewohnen, vnd in
vil böse laster, als stälen vnd morden gerahten. Es hat sich im 1571 jar zugetragen, das
ein Vatter Heine Eyselin vnd der Sohn Lude genennet, mit der Muter daselbst gebadet,
auch etwann öpffel vnd byren auß den Dörffern zugetragen vnd da verkauffet. Wann
aber dise vermercket, das etwann schlechte leut auß dem Bad wollen heimziehen, haben
sie an kommlichen orhten auff sie gewartet, vnnd dise errnördet vnnd vmbgebracht: dise
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 313
seind hernach zu Brück gefangen worden, vnnd hat sich der Vatter nach bekannter
schuld inn der gefengknuß selbs erhencket, der Sohn warde auff das Rad gelegt, vnd
die Muter ertrencket. Wann sie hetten ein schein von jrer Oberkeit sollen bringen,
wurden sie disen nicht bald erlanget haben. Dann ob sie wol sich einer kranckheit an-
genommen, wäre es doch nur ein erdichteter handel, vnd mochten wol wercken. Ich
hette jnen dises nicht vertrawet. Dann sie seind lang auch zu Basel gewesen, vnnd
haben mir offt in Reben vmb ein Tagion gewercket.
Wann die armen etwas vnzucht begeh n, werden sie von dem Wächter gestraffet
vnnd in das taubheußlin gesetzet, so vnden zu dem Schlüssel steht. Wann auch jr
Badenfart nach einem Monat vollendet, manet er dise ab, vnnd heisset die je nach ge-
legenheit deß prästen hinweg ziehen, damit ander leut mögen platz haben. Sie müssen
jm auch bey schwerer straff gehorsamen.
VON DEM STADHOF
Der Stadhof, so auch der vordere Hof genennt, vnd an der Limmat gestad gelegen,
ist ein grosse lustige Herberig, so mit vil schönen stuben, sälen vnd gemachen bezieret.
Daselbst seind zwo grosser Kuchen vorhanden. Die eine gehöret dem Herren wirt zu,
auß welcher er die Gest mit ordenlichen malen, oder mit dem pfennwert noch eines
jeden gelegenheit speisset. Die andere hat ein besonderen Koch für alle dise so selbs
einkauffen, vnd jre speiß nach gefallen zu Kochen begeren. Dann es ist solches einem
jeden zugelassen. In disem Hof seind acht lustige Beder vnder welchen fünffe gemein :
vnnd die vberigen drey werden sonderbaren personen vmb ein bestimpt Gelt zu jeder
Wochen mit sampt den ordenlichen gemachen, verliehen.
Das erst ist das Herrenbad, in welchem Edel vnd Vnedel, Geistlich vnd Weltlich,
Jung vnd Alt Mannspersonen von den Catholischen oder Euangelischen ohne alles dis-
putieren vnd zancken, gantz freundtlich nach vnd nach zusammen kommen, vngefahr
bey 20. Es ist 15 schuh lang, vnd 13 schuh breit. Diser wirt durch den ersten quall
so vor dem Hof bey dem grossen stein vorhanden, mit sampt dem Frawenbad, vnd den
vndern dreyen sonderbaren Bedern zubereitet vnd gewermet. Man mag auch dises heiß,
warm, oder law machen, nach dem man den zapffen außzeuhet, darzu vil oder wenig
lauften lasset. Dises ist fast dem Hof eben, vnnd mag man also sitzende hinauß durch
die thüren in Hof sehen, vnd mancherley Voick besichtigen. Welcher in dises Bad will,
gibt zu einzug zwen doppelfierer, oder ein angster vnd drey Creutzer. Demnach geben
sie alle morgens vmb sechs vhr die suppen (Abb. 87), ordenlich nach einander, etwann
einer vil der ander wenig, nach dem ein jeder will gesehen sein. Ob wol auch zu vil essen
vnd trincken in dem Bad nicht nutz, begibt sich doch offt das jren vil, so vmb drey oder
vier vhren in das Bad sitzen, eines süpplin notwendig, vnd nicht lenger mögen one
trincken sein. Doch were gut das hierinn ein Ordnung gemacht, vnd das auff ein Per-
son nicht vber ein halb maß weins gegeben wurde: solches brechte dem Bad einen
besseren nammen, vnd dörffte man nit öffentlich schreiben vnnd in truck lassen kom-
men, es were der Schlemmer Bad, vnnd wurde hie die volle Mette gesungen. Dann es
314
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578
mögen der Badergesellen der sach nach jrem gefallen mit einander eins werden. Wann
man die Suppen gar abstellen, wurde meniglich arm vnd reich darinnen Baden, vnnd
das Bad mit personen vberfüUet sein, das man sich nicht wol geregen möchte. Man
bettet vor vnd nach der morgensuppen vnd dancket dann mit einem kurtzweiligen Lied
dem Wirt, damit er lang mit ehren lebe, biß er jnen wider gibt. Nach disem bestellet
man ein anderen Wirt, auff welchen die Ordnung kommet, setzet jm einen Krantz auff,
vnd dröwet jhm in dem gesang man wolle morgen zu jm kommen, mit Pfeyffen vnd
mit Trommen. Doch lasset man am Sontag vnd grossen Feyrtagen die gemeine Suppen
vnnd gesang anstehn.
In disem bad wirt ein Schultheiß erwelet mit mehrer band der Badergesellen, deß-
gleichen ein Statthalter, Seckelmeister, Caplan, Schreiber, Großweybel, Kalthanß, Scherg
und Nachrichter, sonachdersuppendasgericht(Abb. 137) besitzen, vnnd die vnzucht, so
daselbst vnd in allen Bedern dises Hofs begangen, wol straffen vnd abstellen mögen. Es
muß auch ein jeder
Badergesell dem
Schultheissen mit
der lincken band an
den Stab geloben
jme zu gehorsamen.
Was für bussen
fallen, geben sieden
armen oder vmb
Wein, oder ver-
zehren es mit einan-
dern. Also geht
jnen der morgen mit
kurtzweil hinweg.
Wann auch jemand
außgebadet, nimpt
Abb. 137.
Badgericht in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Holz-
schnitt aus: MÜNSTER, Cosmographey. Basel, 1598.
er freundlich vriaub vnd gibt sein ehriich letze*.
* Leonhart Strübin beschrieb 1576 das Badgericht : „Nun volgt der bruch der badenden, in beyden
Höfen, hinder vnd Statthof im Herrenbad, welcher darein sitzt, muß erstlich das Burgrecht kauften
mit einem oder zweien fuder wyn, so mit zweyen reiften gebunden, das ist ein maß oder zwo wyn,
vnd gibt jeder ein morgen suppen, alle morgen ein Wirt gemacht, derselbig muß den andern tag
Wirt syn vnd die suppen geben, also von eim zum andern, vnnd nach der suppen halt man Gericht,
da ist der Schultheiß vnd Vogt des Rychs, Seckelmeister, Schreyber, Landweybel, Hencker vnd für-
sprechen, vnd welcher das Burgrecht gelobt, sol die rechte band an der brüch haben, vnd mit der
lincken hand an den Richterstab geloben, lieb vnd leid mit den rüdigen vnd schebigen bader ge-
sellen liden vnd tragen, vnd was im bad gehandlet wirt allzit bliben lassen, die bader straffen, so
einer etwas vnzüchtigs begieng, oder ouch schimpflich mit wyberen oder in seinem gemach, der
wirt morgen vom Landtweybel beklagt, vnd vmb ein füder wyn drey, vier oder mehr gestrafft, be-
sonder vnzucht vnd Gotts lesterung vnd alle straffen alle morgen dem Seckelmeister vberantwortet,
welcher auch syn Badenfart endet, der Stadt vor dem Bad, dancket guten Herren vnd Badergselln
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 315
Das ander ist das Frawenbad, in weichem alleriey ehren Frawen vnnd Jungfrawen
zusammen i<ommen, mehrtheils bey 30. Es ist 16 schuh lang, vnd 10 schuh breit. Dises
bekommet auch sein wasser von der ersten quell so vnder dem grossen stein vor dem
Hof entspringet, vnnd \N\ri durch Kenel hinein geleitet, vnd durch den lauffenden zapffen
gemindert oder gemehret. In disem haben die Frawen auch alle tag nach Ordnung jr
Wirtin, haben ein fröliche suppen, dancken derselbigen, vnd machen dann ein andere
mit einem Krantz vnd frölichen gesang, wie in dem Herrenbad. Sie haben auch ein be-
sondere Seckelmeisterin, welche jhr gelt vnd letzin in seckei entpfahet, das sie auch mit
einandern freundtlich verzehren. Wann aber etwas vngeschickt vnnd straffwürdig bey
jhnen fürgeht, zeigen sie es dem Schultheissen vnd gericht im Herren Bad an, damit
darüber etwas nach altem gebrauch erkennet werde.
Das dritte ist der Kessel, so 18 schuh lang vnd 15 breit. In disen kompt alleriey
Voick, Weyb vnnd Mann, bey den 50 Personen zusammen, seind züchtig vnd freundt-
lich beyeinandern, vnd isset ein jeder was jm gefalt, vnd wz es vermag. Doch seind
sie auch deß Herren bads gericht vnderworffen. Es mag auch ein jeder auß dem Herren
oder Frawen bad etwann in Kessel gehn, sich wol zu erwermen. Hergegen dörffen
aber dise nicht in dieselbigen gehn, sie machen sich dann der suppen theilhafftig. Dises
ist ein wunderbar gut vnnd krefftiges Bad, welches von vnden her gantz reichlich her-
für quillet, vnd dasselbig Bad krefftig erwermet. Der Kessel haltet obenher im zirckel
20 spannen vmbsich, vnnd wann ein Mann auff dem jnneren gattern steht, so ob dem
Brunnquell ist, geht er einem biß an die brüst. Es hat dises bad ein nutzliche würckung
vnd werden offt contracte vnd lame hinein getragen, welche bald hernach frisch vnd
gerad selbs wider herauß gehn, wie in dem 1577 jar einem Frewlin von Waltzhut be-
schehen, welche sich nit vberessen, vnd mit Ordnung gebadet. Ich raht auch insonder-
heit den Weibern, so etwas mangel an der Bermuter befinden oder vnfruchtbar seind,
dz sie sich offt zu disem Kessel setzen, vnd die füß hinein hencken, so werden sie ge-
wißlich jr Badenfart wol anlegen, vnd nicht begeren den Badkosten wider in dem Seckei
zu haben, wie ich solches von vil ehrlichen Weib vnd Mannspersonen gehöret, so nicht
zustreng, sonder ordenlich gebadet, wie wir hernach wollen anzeigen.
Das vierdte ist neben dem Kessel, vnd wirt von demselbigen auch erwermet. Doch
ist es nicht also heiß, wie der Kessel, weil er durch den Bogen lauffet, vnd in dem vber-
schlagen etwas kelter wirt. Darumb solle man erstlich in dises, vnd vber ein stund oder
zwo in den Kessel sitzen. Es ist 16 schuh lang vnd 13 breit. Dahin kommen auch
Weib vnd Mann jung vnd alt bey 40 etwann zusammen.
Das fünffte ist neben der Frawen bad, vnd bekompt sein wasser auch auß vorge-
jhr ehr vnd zucht vnd bewißne gute gesellschafft, hieby mit bit begerende ob er jemandts erzürnt
jm verzyhen, vnd hieruff gibt vnnd schenckt er die letzte, jeder nach synem vermögen vnd gefallen,
etwann zwen, drey oder vier batzen, mehr oder minder, vnd dann vss disem straff vnd letze gelt,
zert man täglich zoben, hieneben frey vnd vngezwungen essen oder fasten. Es ist ouch bey den
Wirten frey das mal oder pfennwert nemmen oder essen. So vil vom bruch vnd art des Bads dem
vnwissenden, guter freundtlicher meinung fürgestelt" 398.
316 Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578
meltem Kessel, vnd lasset die hitz durch das ablauffen auch etwas nach. Es ist fast in
der Frawen bad große, vnd kommen allerley personen, wie in vorgemeldtem, bey den
40 dahin zusammen. Wann aber der Frawen Bad mit personen gar erfüllet, so müssen
alle andere personen weichen, vnd nemmen es die Frawen, so die suppen geben, auch
für sich ein. Dise Beder werden alle nacht sauber geweschen, vnd ist man nicht anders,
weder dem Badwäscher, alle wuchen ein Creutzer schuldig.
Das sechßte heisset deß Bischoffs vnd etwann deß Marggrauen bad. Es wirt sonder-
baren personen verliehen, vnd bekompt sein wasser, von der ersten brunnquell, wie das
Herren bad. Dises ist 10 schuh lang vnd 8 breit, wie die zwey volgende. In disem ist
der Durchleuchtige, Hochgeboren Jörg Friederich Marggraue zu Brandenburg auff
einem Pferde sitzende gemalet, so daselbst im 1575 jar in eigner person gebadet. Wann
ich an dises Bad gedenck, muß ich warlich eines wunderbaren bossen lachen so dar-
innen fürgangen vnd würdig zubeschreiben.
In gemeltem Jare hatten Burgermeister vnd ein Ersamer raht der loblichen weitbe-
rümpten Statt Zürych dem Hochgebornen Fürsten von Brandenburg ein ehrliche Baden-
schencke von Wein vnd Habern zu gesendet, vnd Herrn Heinrich Lochman dem Paner-
herren von Zürych beuohlen dise zu presentieren vnd zu vberantworten. Wie nun
diser zu Baden mit der schencke erschienen, begab sich dz der fromme Fürst durch das
Bad zimlich erhitziget, vnd schwach worden, also das er etliche tag nicht zu der tafeln
gangen, sonder sich in seinem gemach oder in dem Bad still gehalten. Hiezwischen
beuahle er Hertzog Johansen von der Lignitz vnnd seinen Rähten die frembden Gest
zu entpfahen, vnd jnen gut geschirr zu machen. Als man nun guter dingen gewesen,
vnd der Panerherr gern den Fürsten gesehen, ward jm angezeigt, der Fürst lasse jetz
niemand für sich kommen, sonder enthalte sich in dem gemach oder im bad. Da schwüre
der Panerherr vnnd gelobt bey seinen ehren, er wolte morgen ehe er verritte wann es
anders nicht möchte sein, mit Stiffel vnd Sporen zu dem Fürsten in das Bad tretten vnd
jme die band bieten, damit er seiner Oberkeit könte anzeigen er habe den Fürsten ge-
sehen. Weil ich nun auch ob derselbigen tafel gesessen, vnd zu morgen von dem
Fürsten erfordert mit jm allein zu baden, hab ich dem Fürsten züchtiglich angezeigt, wz
sich ob dem nachtessen für reden zugetragen, vnd wz der Panerherr versprochen. Hie-
mit zeigt ich auch dem Fürsten deß Panerherren hoch alter, vnd auffrecht dapffer gemüt
an*, bittende wann solches beschehen, jr Fürstliche Qnad wölte jm nicht zu vngnaden
auffnemmen: Wie wir also zwo stund bey einander gesessen, vnd vns mancherley
Sachen ersprachet, so kompt der gute alte Lochman wie ein alter einfeltiger Eydgnoß
daher, wünschet dem Fürsten einen guten tag, wattet mit Stiffel vnd Sporen durch das
Bad, vnd beutet dem Fürsten die hand. Ich vermercket damalen das sich der Fürst
etwas entferbet. In solchem träte der Panerherr hindersich, vnd bäte den Fürsten vmb
* Schon 1531 hatte Lochmann, damals zwanzig Jahre alt, in der Schlacht bei Kappel gefochten, war
durch die Nase gestochen und schwer am Kopfe verwundet worden und über fünf Stunden unter
den Toten liegen geblieben 3i5.
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 317
Gottes willen jme zu verzeihen, dann es were auß guter meinung beschehen, damit er
seiner Oberkeit deß Fürsten miitigkeit vnd freundtligkeit erzellen mögen. Da hat der
Fürst, als ein weiser wolberedter Herr, erstlich seiner Oberkeit, vnd auch jhme von wegen
der presentierung gedancket, vnnd sich aller gnaden gegen den Zürychern erbotten. Hiemit
hat er jm auch dise that so auß frommem einfaltigem gemüt beschehen, verzigen, vnd jm
auch hiemit ein grossen stauff mit Wein zu einer freundtschafft außgebracht. Disen hab ich
von dem Fürsten entpfangen vnd dem Panerherren dargereicht, welcher dem Fürsten
bescheyd gethon, vnd jn mir auß gebracht. Er ist auch hernach gantz demütig vnnd
frölich von dem Fürsten gescheiden. Weil solches in disem Bad beschehen, so jetz
deß Marggrauen Bad genennet, hab ich es hie müssen anzeigen, vorab weil der fromme
Lochman in volgendem jare in hohem alter auß diser zeit seliglichen verscheiden.
Das siebende heißet der H. drey König bad oder das schellenbedlin, ist in gleicher
grosse, vnd wirt auch von disem wasser erwermet.
Das achte heisset das Meyenbedlin geht hinauß auff die Limmat ist mit schönen
fenstern bezieret, welche man auff vnd zuthun mag, vnd fürnemlich in dem Meyen einen
großen lust vnd nutz darinnen entpfahen. Es ist auch in vorgehnder grosse, vnnd wirt
mit vorgehndem heilsammen wasser zubereitet. Dise drey letsten Beder werden von
sonderbaren Personen etwann ein Monat zuuor bestellet, damit wann sie kommen, dise
ledig seyen, vnnd vorgehnde Ehrenleut jhr badenfart vollendet haben.
Es hat auch Herr Hans Jakob Vberlinger der jetzige Wirt im Stadhof im 1576 jar
ein newen Brunnenquell in seinem Hof etwann zehen schrit von der Limmat erfunden,
vnnd mit grossem kosten lassen einfassen, wie ich dann dises selbs besichtiget, vnnd
sein werme erfahren, so obenher bey vier spannen zu ring vmb sich haltet, vnd lustige
bläterlin auffwirffet. Wann man auch disen etwas höher vbersich bringen, vnd dann
hinab in Kenel durch die kammern richten, möchte es an der behausung eck zwey oder
drey lustige Beder geben, auß welchen man zu beyden ecken die Limmat hinauff vnnd
hinab sehen köndte.
In disem Hof ist auch ein lustiger dantzplatz mit schönen beumen bezieret, deß-
gleichen ein schöne Sommerlauben darbey, so 28 schuh lang vnd 25 breit ist, also das
bey zehen tisch darinnen stehn mögen. Er ist mit schönen Fenstern, vnnd vil ehrlichen
Wappen bezieret. Daselbst kommen die Badergest offt zusammen, thund ein abend-
trunck, oder begehn die maizeit mit einandern, damit jr kurtzweil gemehret, vnd jr gemüt
erfrewt werde, welches dann zu einer nutzlichen badenfart höchlichen von nöthen.
VON DEM HINDEREN HOF
Der hindere Hof ist vnder dem vorgemelten auch an der Limmat gelegen, mit einem
großen Hof, darzu mit vil Stuben, Sälen vnd Gemachen bezieret, also das mancherley
Weib vnd Mannspersonen von Adel vnd Burgern, Geistlichen vnnd Weltlichen stadt
daselbst kommlich wonen, jr speiß entpfahen, vnd jrer badenfart wol mögen außwarten :
dann es seind auch zwo Kuchen darinnen vorhanden, für dise so selbs Kochen, oder
bey dem Wirt wollen essen, wie im Stadhof. Dises Hofs warm heilsam wasser kompt
318 Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578
von einem sonderbaren Brunnenquel herfür, so der vierdte mag genennet werden, vnd
vor dem Hof vnder einem runden gemewr von quadersteinen erbawen, herauß tringet.
Es hat Herr Caspar Falck ein frölicher Mann vnd jetziger Wirt desselbigen Hof erst vor
zweyen jaren disen vrsprung geöffnet vnd geseubert, welches vorhin bey menschen
gedechtnuß nicht beschehen. Dises wasser wirt in acht Beder außgetheilet, so in dem-
selbigen Hof vorhanden.
Das erste ist das Herren Bad, in welches man von dem Hof etliche Staffel hinab
geht. Es ist sehr lustig vnd die steinine sitz mit täfelwerck eingefasset. Dises ist
18 schuh lang vnd 9 breit, also das bey dreissig mann darinnen baden mögen, vnd ist fast
in der mitte der andern bedern gelegen. Es kommen allerley stadt ehrliche Menner in dises
zusammen. Geben nach einander die morgensuppen, vnnd besetzen das Gericht aller
dingen wie im Stadhof beschicht. Es hat sich auch etwann zugetragen, wann der Per-
sonen wenig vorhanden, vnd jr Gericht nit wol besetzen mögen, das man auß beiden
Höfen ein morgen vmb den andern zusammen gangen, die suppen entpfangen, vnnd
das Gericht gehalten, auff das jhr kurtzweil gemehret, viel kundtschafft gemachet, vnnd
einigkeit erhalten wurde.
Das ander ist das Frawen bad, so vngefahr 12 schuh lang vnd breit ist, vnd auch
bey 24 Frawen setzen mag. In disem kommen auch vil schöner ehrlicher jung vnd alte
Weibspersonen zusammen, seind freundtlich mit einander, geben ordenlich jr suppen,
vnd halten es auch aller dingen, wie man im Frawen bad deß Stadhofs zuthun pfleget.
Das dritte ist der Kessel, so auch ein quell von vndenher, vnnd doch auch von der
großen Brunnquell etliche wasser entpfahen muß. Dises ist bey 20 schuh lang vnd
12 schuh breit, in welchem bey den 40 personen von weib vnnd mannen kommlich
baden mögen.
Das vierdte ist zwischen dem Kessel vnnd Frawen bad gelegen, vnd bey 12 schuh
fast geuierdt, in welchem auch allerley personen wie in dem Kessel zusammen kommen.
Die volgenden viere seind nicht gemein sonder werden sonderbaren personen ver-
liehen, welche dise gemeinlich auff ein bestimpte zeit von wochen zu wochen entpfahen.
Also ist das König bad das fünffte so zu oberst gelegen, vnd das erste wasser von
der großen Brunnquell entpfahet. Es ist vngefahr 12 schuh lang vnd 8 breit, ist gar
lustig bezieret, vnd muß man ein Stegen hinab zu dem eingang gehn.
Das sechßte heißet der Königin bad, ist fast geuierdt 12 schuh lang vnd breit, vnnd
zu nechst an dem vorgehnde in der tieffe gelegen, inn welchem mehrtheil der Adel sein
Badenfart vollbringet.
Das siebende ist deß Jungbrunnen bad, so vnden an der Limmat zu niderst an den
andern Bedern gelegen. Es ist fast rund vnd sehr lustig mit Fenstern beziert, in wel-
chem mehrtheil ein sonderbare freundtschafft badet, vnnd vil kurtzweil hat, ist auch bey
12 schuhen lang vnd breit.
Das achte ist zu niderst in dem Hof bey einem Fürstlichen saal vnd lauben gelegen,
bey 10 schuh lang vnnd breit, darzu lustig getäfelt, also das groß Herren vnd Prelaten
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 31 Q
daselbst baden vnd jr kurtzweil haben mögen. Man spacieret gemeinlich durch disen
hindern Hof, wann man auff der Matten etwas i<urtzweil vollbringen will.
VON DEM RAPPEN
Der Rappen ist ein lustige Herberig bey dem Freyen bad an dem Stadhof gelegen,
in welchem vil lustiger gemach vorhanden, also das der Adel vnd vil ehrlicher leut gern
daselbst einkehren. Es hat sechs Beder, welche alle jr wasser von dem ersten grossen
quel haben, so vnder dem grossen stein bey dem Freyen bad entspringet.
Das erste ist das Oewelb, inn welchem allerley Personen Weib vnd Mann bey 30
zusammen kommen. Es ist vngefahr 16 schuh lang vnd 10 breit. Demnach seind in
einem lustigen gemach vier Beder ordentlich mit gattern vnd täfelwerck creutzweiß
vnderscheiden, jedes bey 10 schuh lang vnd breit, welche sonderbaren personen ver-
lihen werden. Das sechßte ligt an einem besondern orth mit lustigen gemachen be-
zieret. Es hat lustige Fenster gegen der Limmat welche man beschliessen oder gar
offen mag lassen. Dises Bedlin ist auch bey zehen schuhen geuierdt, vnd gantz komm-
lich für contracte oder lame personen, welche jhr Bett begeren nahe bey dem Bade zu
haben. Es ist auch für sonderbare personen zubereitet.
Ähnlich beschreibt Pantaleon die Herbergen zur Blume, zum Ochsen, zum Bären.
Dann folgt das letzte Badehaus in den großen Bädern.
VON DER SONNEN
In diser Herberig so auch auff dem platz bey S. Verena Bad gelegen, kommet man-
cherley Volck zusammen, vnnd werden vmb jr Gelt wol gehalten. Es seind sechs Beder
darinnen vorhanden, so durch deß sechßten quell heilsame wasser (wie auch zu dem
Beren) zubereitet. Die ersten zwey seind mit gattern vnderscheiden vnd jedes bey
zwölff schuh lang vnnd zehen breit, in welchen allerley personen Weib vnd Mann zu-
sammen kommen. Die vberigen vier seind fast von 8 schuhen geuierdt, vnnd werden
sonderbaren personen verliehen, sich nach jrem gefallen darinnen zu ergetzen. Der-
gestalt seind die heilsamen wasser zu den grossen Bedern in 41 orth abgesündert.
VON DEN KLEINEN BEDERN
Jenseith der Limmat ist der siebende Brunnenquell gleich zwischen den Bedern vor-
handen, welcher in vier Beder durch Kessel außgetheilet. Das erste ist 22 schuh lang
vnd IQ breit, also das bey 50 personen darinnen baden mögen. Es lauftet sonst auch ein
rörlin darein von einem anderen kleinen quell. In disem bade seind gemeinlich Weib
vnd Mann so von dem Land zusammen kommen, vnd begeren jr badenfart etwas ringer
zu verrichten. Das ander ist 15 schuh lang vnd 19 breit, so mit gatteren von dem ersten
vnderscheiden, auch mit dergleichen personen erfüllet. Wann aber deß Volcks weniger,
machet man dises Bad nicht an, sonder lasset dem ersten desto mehr wasser.
Das drit vnd vierte seind dargegen vber vnder einem andern lach an einandern ge-
legen, vnd werden auch durch ein gattern vnderscheiden. Das dritt ist 8 schuh, vnd
das viert 7 schuh breit, vnd ein jedes 17 schuh lang, in welchem auch allerley Volck zu-
sammen kompt. Weil aber etwann sonderbare reiche Personen sich in dise kleine
320
Männerbad
Abb. 138. Männerbad im Anfang des 16. Jahrhunderts. Aus einem Holzschnitt von A. Dürer"
Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578 321
Beder thun, damit sie destermeiir ruii mögen haben, wirt es denselbigen auch insonder-
heit verliehen, damit sie mit jrem Haußgesind daselbst jhr badenfart nützlich vollbringen
mögen. Es seind vier Wirtsheusser daselbst vorhanden. Zu dem Hirtzen, Sternen,
Engel vnd Löwen, welchen die Beder zugehörig: deßhalben mag ein jeder gast ein-
kehren wo jm gefallet, sich zu dem Wirt verdingen, auch das maal oder pfennwert vmb
ein zimlichen pfennig bey jnen essen, doch wirt niemand zugelassen für sich selber zu-
kochen. Es haben die Landtleut ein guten mut daselbsten, führen mancherley gesang,
vnd muß Trommen, Pfeiffen, Geigen, vnd Sackpfeiffen offt bey jnen leyden, daß man
etwann jnen gern gelt gebe, das sie auffhörten : doch begerten sie es nit besser zu
haben (Vgl. Abb. 138.)
VON DEM SCHLÜSSEL VND ANDERN HERBERGEN
Die Herberig zu dem Schlüssel, hat keine Beder, gehört der Statt zu, vnd ist einem
sonderbaren Wirt vmb ein Zinß verliehen. In diser kehren erstlich die frembden Gest
zu Rossz vnd Fuß ein, welche vorhin kein kundtschafft zu den Bedern haben, biß daß
sie ein komliches gemach mit sampt dem Bad in anderen Herberigen bestellet. Wann
aber jemand begeret in dem Freyen bad zu verharren, der mag daselbsten bleiben.
Etwann vor hundert jaren, was es ein groß wesen vnd gastung zu dem Schlüssel.
Dann die Wirt im Vorderen vnd Hinderen Hof kocheten nit für jhre Gest, sondern
waren groß Junckherrn, vnd verlihend frembden leuten allein die Gemach vnd sonder-
bare Beder, von einer wochen, oder einem Monat zu dem andern, vmb ein gewissen
zimlichen zinß. Deßhalben der Adel vnd andere Herren, so in den Höfen gebadet,
mehrtheil die malzeit, zu dem Schlüssel entpfangen. Dann es ist ein lustiger Sommer-
saal daselbst vorhanden, so bey 44 schuh lang vnnd 35 schuh breit also das bey 12
Tisch darinnen stehn mögen. Weil sich aber diser brauch verendert, vnd die Wirt in
Höfen, jre Gest so nit selber kochen, auß jrer Kuchen speisen, hat der Schlüssel sehr
abgenommen, vnnd muß sich allein diser personen, so erst ankommen, oder der Bauren
behelffen, so im Freyen bad etliche stund bleiben, vnnd ein abendtrunck thun wollen.
* Anmerkung zu Abb. 138. Der Aachener Arzt STRÄTER'^ä verlangt als Unterschrift zu diesem Bild
„Bad zu Aachen" mit der sonderbaren Begründung, Dürer habe nach seinem Tagebuche '''^ in
Aachen gebadet, und es sei ihm daran gelegen gewesen, dem Publikum und seinen Landsleuten
etwas bis dahin wenig oder' gar nicht Gesehenes vorzulegen. „Daß Dürer bei der Herausgabe
dieses Blattes nicht die Absicht haben I<onnte, eine Badeanstalt darzustellen, wie sie sich in jeder
Stadt, etwa in Nürnberg, seinem Wohnorte selbst, vorfand, muß bei einiger Betrachtung des Gegen-
standes klar werden, denn abgesehen davon, daß uns garnicht bekannt ist, daß schon im Anfange
des 16. Jahrhunderts in Nürnberg selbst eine Badeanstalt bestanden, so würde, selbst in dem ge-
setzten Falle, Dürer sich durch die Pubhkation eines solchen Blattes sehr wenig Anklang haben
versprechen können." Nun, Dürer hat nicht verschmäht, eine Badestube darzustellen; was sein
Mineralbad betrifft, so haben wir keinen Anhalt dafür, daß ein bestimmter Ort wiedergegeben ist.
In Nürnberg war zur Zeit das heute noch vorhandene Wildbad auf der Insel Schutt in großem An-
sehen und sogar in einem Lobspruch verherrlicht worden. Das „Wiltpat an der Begnitz" wird
schon von Endres Tucher im Baumeisterbuche der Stadt Nürnberg (1464—1475) erwähnt ^'o. Das
DÜRERsche Bild fand in plumper Weise auf dem Titelholzschnitt eines anonymen Buches Verwen-
dung ^^t) (wohl vor 1520 und vor der Aacliener Reise DüRERs), der dem Humanisten Wimpheling
zugeschrieben wird.
Martin, Badewescn 21
322 Pantaleons Bericht über Baden im Aargau von 1578
Doch bestellen auch etwann die Oest auß beiden Höfen ein malzeit daseibsten, ergetzen
sich mit einandern, vnd ist Weib vnd Mann frölich. Also lassen sie auch etwann auß
diser Herberig wein in jr gemach bringen.
Sonst seind noch andere Herberig, als zu dem Gälenhorn, Löwen, vnnd halben
Mon vmb Sanct Verena Bad, deßgieichen in der oberen straß, zu dem Hirtzen vnnd
Krebs in welchen offt die Landtleut, so sich inn dem freyen Bad erweschen oder
schräpffen v/öllen, essen oder ein abendtrunck thun : deßgieichen seind die armen leut
daselbst zu Herberig, vnnd mögen sich vmb ein klein gelt ring enthalten. Dann man
lasset niemand inn S. Verena bad sitzen, er habe dann vorhin ein Herberig bestellet.
Wann man auch daselbst deß weins befindet, ist man gleich so frölich wie an andern
orten.
VON DES BADS FREYHEIT
Es seind dise Beder mit mancherley Freiheiten von alten zelten her, durch König
vnd Keyser, vnnd auch letstlich durch die lobliche Eydgnoschafft, deßgieichen durch
die Statt Baden begäbet. Dann weicher in dem Bad sitzet ist seines leibs vnd lebens
auch haab vnd gut versichert, vnd darff gar niemand einerley waaffen oder seitenwehr
zu dem Bad tragen. Wo sich auch jemand hie vbersehe, vnd vngefahr ein wehr mit jm
zu dem Bad bringen, hat er das wehr verwircket, vnnd muß es der Oberkeit durch den
Wechter zuhanden stellen. Es mag auch jederman in disen Bedern sich ergetzen vnd
sein Badenfart vmbsonst vollbringen. Dann er ist niemand nicht daruon schuldig weder
dem Badwescher ein wochen ein creutzer, welcher das Bad seuberen soll, oder dem
Bader den schrepfferlon, so er jhm ab verdienet hat. Hiemit solle auch dises Bad bey
schwerer straff sauber vnd rein gehalten werden, vnd darff niemand einerley vnuer-
nünfftig thier, als Sew, Hund, Katzen, oder dergleichen darauß waschen, oder darein
werffen. Wann aber jemand solches vbersehen, der ist neun pfund zu straff der Ober-
keit verfallen. Wann sich auch etwann vnzucht in dem Bad begeben, es were mit werten
oder wercken, dises mag durch die Badergesellen gestraffet, vnd durch jhren Schult-
heissen vnd gericht verbessert werden. So aber jemand nicht gehorsamen, oder zu vil
grosse vnzucht begangen oder ohne nidercleid in das Bad kommen, also das hiedurch
etliche andere fromme Weib vnd Manns personen verletzet oder geergert, die werden
von der Statt Schultheissen gestraffet vnd dahin gehalten, das sie von mutwillen ab-
stehn, vnnd meniglich müssen vnbekümmert, vnd in dem Bad rüwig lassen. Wo aber
jemand etwas an den andern zusprechen, der mage darumb bey der Statt Schultheissen
vmb Recht ansuchen. Es solle auch dises Bad vil andere Freyheit haben, welche mir
bisher doch vnbekannt gewesen."
Die Badegäste fanden, außer in den Bädern selbst, auch noch in der Stadt Baden
Gelegenheit zu Vergnügungen.
„Es ist auch gleich an der Statt bey dem nideren Thor ein schöner Saal vnd Garten,
so der Herren Garten genennet, in welchem zu Sommer zeit gemeiner Eydgnossen Le-
gaten, fremde Bader Gest, oder Statt* Räht vnd Burger alle tag zusammenkommen, offt
Montaignes Bericht über Baden im Aargait von 1580 323
jhr Malzeit entpfahen oder ein abendtrunck thun, darzu vi! freud vnnd l<urtzweil bey
einander haben, also das keiner den andern verachtet, was Religion Catholisch oder
Euangelisch er sein möchte. Diser saal ist 82 schuh lang vnd 32 breit, also das bey
40 Tischen vnd 400 Mann wol daselbsten zu Tisch sitzen mögen. In der mitte lauffet
ein schöner Brunnen mit dreyen rören, also das sich das wasser in die erden verleuret,
vnd stehet der gekrönet Bachus mit zweyen angesichten auff dem Brunnen, welchen
etliche Janum die andern Noe genennet, so die Weinreben zu pflantzen erfunden, auch
die Welt vor vnd nach dem Sündfluß gesehen. In disen werden die Bächer gekület, vnd
mag also mancher hitziger Badergesell mit wein oder wasser seinen durst löschen. Doch
ist der Statt beste wasser in dem grossen Brunnen bey dem Löwen vorhanden. Minder
disem Saal ist ein schöner Garten mit wolschmeckenden Linden, vnd Reben geheiden
bezieret: auff der Linden sind auch Tisch bereitet, bey welchen man mag guter dingen
sein, also das diser platz den Burgeren vnd frembden nit ein kleiner lust ist."
Diese Qartenzunft oder -gesellschaft, zu der nur die Honoratioren von Baden Zutritt
hatten, gab auf den 1. Mai ein großes Jahresfest. Sie löste sich erst 17Q8 während der
Revolution auf, aus Besorgnis, ihres reichen Fonds beraubt zu werden, den sie unter die
lebenden Mitglieder verteilte 3i5.
Pantaleon berichtet auch, daß die Stadt ein reiches Spital besaß, das 1310 Königin
Agnes, Andreas von Ungarn Gemahlin und des ermordeten Kaisers Albrecht Tochter,
gestiftet hatte. „In disem werden vil einheimischer vnnd frembder armer leuten erhalten,
welche kranck bey den Bedern vorhanden, vnd sich nicht selbs versehen mögen."
1580, also zwei Jahre später, berichtet Michel de Montaigne über seinen Aufenthalt
in Baden : Es ist „eine kleine Stadt, mit einem Flecken daneben, wo sich die Bäder befinden.
Diese Stadt ist katholisch und steht unter dem Schutze der 8 Schweizer Kantone. Es
wurden hier auch mehrmals große fürstliche Zusammenkünfte gehalten. Wir nahmen
aber nicht in der Stadt, sondern in dem Flecken unsere Herberge, der unten an der
Tiefe ganz an einem Flusse oder vielmehr Waldstrome liegt, welcher Limmag heißt und
aus dem Zürichsee fließt. Hier finden sich 2 bis 3 öffentliche und unbedeckte Bäder,
derer sich deswegen nur die armen Leute bedienen. Die übrigen sind in sehr großer
Anzahl inner der Häuser, wo sie in mehrere kleine, offene sowohl als beschlossene
Gemächer abgeteilt und geleitet werden, die man zugleich mit den Wohnzimmern zur
Miete nimmt. Diese Badegemächer sind sehr niedlich und bequem eingerichtet, so daß
zu jedem Bad eine Ader Wasser fließt. Diese Häuser sind gar prächtig. Da, wo wir
wohnten, fanden sich eines Tags an die 300 Menschen zum Essen ein. Die Badegesell-
schaft war bei unserer Anwesenheit noch so stark, daß die Gäste wohl 170 Betten
brauchten. Es sind siebenzehn Stuben und elf Küchen da und in einem anderen nahen
Wirtshause fünfzig möbelierte Zimmer. Die Mauern der Häuser sind ganz mit den
Wappenschilden der Edelleute bekleidet, welche hier wohnten ....
Das Badwasser in Baden riecht nach Schwefel, gleich dem zu Aigues-Chaudes und
andern. Die Wärme desselben ist gemäßigt wie dort und zu Barbotan, und die Bäder
324 Montaignes Bericht über Baden im Aargau von 1580
sind daher sehr sanft und angenehm. Wer Damen zu begleiten hätte, welche recht
züchtig und bequem baden wollten, mag sie nur hierher bringen; denn da können sie
ganz allein in einem Bade sitzen, das einem geschmückten Cabinet ähnlich ist, durchaus
hell, mit Olasfenstern, bemalten Wänden und reinlichen Fußböden ; überdas findet man
Stühle und kleine Tische, so daß man nach Belieben im Bade sogar lesen und spielen
kann. Der Badende hiernächst kann sich selbst so viel Wasser zugießen oder wieder
ablaufen lassen, als er will, und nahe am Bade hat man sein Zimmer, schöne Spazier-
gänge am Fluß und daneben die künstlichen auf etlichen Galerien .... Die Landein-
wohner brauchen es aber vielmehr als Bad (als zum Trinken) und lassen sich da so
stark schröpfen und Ader schlagen, daß ich die beiden öffentlichen Bäder bisweilen so
gerötet sah, als ob sie ganz von Blut wären. Wer übrigens das Wasser trinkt, nimmt ge-
wöhnlich nicht mehr als 1 oder 2 Gläser zu sich. Insgemein hält man sich 5 bis 6 Wochen
hier auf, und die dortigen Gasthöfe sind den ganzen Sommer über besucht, selten zwar
von einer anderen Nation als von Deutschen ; diese aber kommen in großer Menge her."
Wir erfahren ferner von Montaigne, daß er das Wasser vornehmlich zum Trinken
benutzte, daneben schweißbadete, daß er im Hinterhofe wohnte, die Bezahlung etwas
stark fand und zudem noch gegen die sonstige Sitte des Landes mehrfach geprellt
wurde.
In seinen Versuchen (Bd. II, Kap. 37) kommt Montaigne noch einmal auf die
Bäder von Baden zu sprechen, welche er mit denen von Bagneres, Plombieres, Lucca
und della Villa hauptsächlich der angenehmen Gegend, mancherlei Bequemlichkeit für
die Badegäste, der Gelegenheit zu Leibesübungen und der guten Gesellschaft wegen
in eine Linie setzt und dabei glaubt, daß, wer bei dem Besuche solcher Bäder die oben-
erzählten Eigenschaften derselben, wo sie sich finden, nicht mit Freuden benutze, törich-
terweise sich selbst ihrer besten Wirkungen beraube 326.
Aus Pantaleons Beschreibung ersehen wir, daß die Stadt Zürich dem Markgrafen
Georg Friedrich von Brandenburg Wein und Hafer als Badschenke zusandte. Der-
artige Geschenke waren nicht ungewöhnlich. Als der Landgraf Moritz von Hessen am
8. August 1603 mit seiner Gemahlin Juliane nach Wolfshagen kam, verehrte ihm der
Rat einen halben Ohm Wein und ein halbes Fuder Bier und der Landgräfin zwei Hin-
dernis Besonders suchte man aber dadurch fremde hohe Personen in Bädern zu ehren.
Die Art der Geschenke, anfangs meist Nahrungsmittel, in dem erwähnten Fall auch
Hafer, läßt darauf schließen, daß man ursprünglich den Gast in den meist vom Verkehr
abgeschlossenen Badeorten mit Lebensmitteln versorgte. In Pfäfers konnte der Wirt
noch im 17. Jahrhundert den Gästen nur Brot und Wein bieten. Fleisch, Fische und
Wildbret sandte der Abt ohne Entgelt Standespersonen ins Bad hinab 22.
Schon im Jahre 1474 schenkte die ganze Eidgenossenschaft der Gemahlin des Her-
zogs Siegmund von Österreich, Eleonora, einer schottischen Prinzessin, die mit vielen 1
Hofdamen und Edelleuten in Baden zur Kur weilte, an Ochsen, Wein, Schafen, Butter,
Hafer und anderen Dingen im Werte von siebzig Gulden, „weil von ihr viel Ehren und
Die Badschenken 325
Gnade Armen und Reichen gesehen". Die Herzogin hatte viel zur Aussöhnung des
Hauses Österreich mit den Eidgenossen beigetragen 32 Dem Pfaizgrafen Otto Heinrich
bei Rhein nebst seiner Gemahlin wurden im Wildbad vom Herzog Christoph von
Württemberg Wein, Hafer und Wildpret „verehret" 335. 1576 schickte der Rat von
Zürich dem Landgrafen Maximilian von Stühlingen, römisch-kaiserlichen Erbmarschall,
und seiner Gemahlin, welche die Kur in Baden gebrauchten, durch beide Standessäckel-
meister ein schönes Rind mit weiß und blau bemalten Hörnern und einer ebenfalls weiß
und blauen, mit Quasten gezierten Decke, welches fünfundsechzig Gulden gekostet
hatte. 1609 sandten „meine gnädigen Herren" von Zürich durch den Bürgermeister
Rahn und drei andere Magistratspersonen dem Herzog Ernst von Bayern, Kurfürsten
von Köln, welcher sich in den Bädern aufhielt, einen silbernen und vergoldeten, die
Weltkugel vorstellenden Becher, welcher zweiundsiebzigeinhalb Lot wog, einen Hirsch
aus dem Stadtgraben nebst einigen Lachsen und Aalen 3i5. Ähnliche Badschenken mit
mehr oder weniger diplomatischem Charakter sind des öfteren in der Geschichte Badens
verzeichnet.
Auch die Stadt Baden selbst wartete zuweilen ihren Gästen mit Geschenken auf.
1706 erhielt der Schultheiß Grafenried von Bern, weil er das erstemal im Bade war, ein
paar Schafe und vier Kannen Wein, 1712 der Züricher Bürgermeister Holzhab vier gute
welsche Hühner, sechs paar Güggel und sechs paar Tauben 32
Hie und da werden Badegeschenke, zuweilen mit scherzhaften Anspielungen, an An-
gehörige und Bekannte erwähnt; auch solche an Mitpatienten kommen vor. Pfarrer
Schweizer wurde von den Damen, mit denen er zu Baden an einer Tafel speiste, mit einer
täuschend nachgemachten Pfeife aus Zucker beschenkt, weil sie bemerkt hatten, daß er
trotz ärztlichen Verbotes heimlich rauchte. Vor seiner Abreise zum Bad hatte Schweizer
von seinen Angehörigen einen seidenen Hut aus Biberhaaren und einen seidenen
Schwarzrock als Badschenke erhalten 399. 1474 schickte der Doktor Heinrich Steinhövel
der Gräfin Margarete von Württemberg von Ulm aus „22 pombrantzen von Kum
(Como)" ins Zellerbad (Liebenzeil) und schrieb dazu: „bitt ich üwer fürstlich genad,
dises min armes gäblin fürain schenkin zu gelüklichem bad genädiglich uffzenieman" 54
1632 erfreute Statthalter Heidegger in Zürich seinen Schwiegersohn Hauptmann Heß
im Hinterhof zu Baden mit einem „schönen Badermeyen nebst vielen andern Gut-
thaten". Der Badermeyen (sonst ein Blumenstrauß) bestand in einem Gedicht, in dem
der Herr Schwiegervater zunächst alles Gute zur Kur wünschte, dann eine lange ge-
lehrte Abhandlung über die schädlichen Folgen des Trunkes mit Zitationen aus alten
und neuen, geistlichen und weltlichen Schriftstellern folgen Iieß3i5.
Es war ferner Sitte, daß Körperschaften ihren Vorgesetzten Geschenke zur Ehrung
ins Bad sandten. Von der kleinen Gemeinde EIgg im Kanton Zürich erhielten Frau
Beatrix von Hinweil 1546 eine Krone und drei „Gitzi", 1548 der Junker Felix ein Kalb,
1549 der Junker Hans von Ulm und seine Frau ein Kalb, 1667 der Pfarrer ein Schaf. Als
Junker Jörg 1576 von Baden kam, gab ihm die Gemeinde ein Schaf i45 Wolfach hat
326
Die Badschenken
1643/44 in der Stadtrechnung verzeichnet: „Dem Herrn Pfarrer von gemeiner Statt wegen
in sein Badenchur in Grießbach an brod, flaisch geschickt und verehrt worden 12 ß
4 d" 460. Wie schon erwähnt wurde, gestattete Ulm 1466, dem Bürgermeister, den Rich-
tern und den Räten ein Maß Malvasier oder dessen Wert ins Maienbad* zu schenl<en5i.
Alle diese Badschenkungen werden weit in den Schatten gestellt durch die, welche
Zürich seinen Standespersonen zukommen ließ. Die erste, welche großes Aufsehen er-
regte, ward im Jahre 1534 von hundertachtundneunzig Zürcherischen Stadt- und Land-
bürgern zu Pferd und zu Fuß ihrem Bürgermeister Diethelm Röust nach Baden über-
bracht. Sie bestand in einem fetten Ochsen, welcher über vierundzwanzig Gulden
gekostet, mit weiß und blauer Decke behangen war, vergoldete Hörner hatte und
zwischen denselben einen weiß und blauen Beutel trug, der zwanzig rheinische Gul-
den enthielt. Die
Mannschaft war
neu in Sammet
und Seide ge-
kleidet, mit Fe-
derbüschen ge-
schmückt, auch
mit Handbüch-
sen und Spießen
wohl bewaffnet,
und zog so fröh-
lich nach Baden
hinab. Als aber
Abb. 131). Wie etlich Herren vnd Burger züsamen geschossen. Die Herren die Bürger dieser
Bürgermeister Johansen Kambly vnd Herrenn Seckelmeister Clunrath Aescher. q, ., ,
Einen Ochsen gan Baden zu einen Baden Schencke gebracht. 1576. Nach einer '
farbigen Zeichnung der Wyckiana. Zürich, Stadtbibliothek. die eidgenössi-
sche Tagsatzung versammelt war, einen so zahlreichen Zug anrücken sahen, schickten sie,
da sie demselben wegen der noch neuen Religionsänderung der Züricher keine guten Ab-
sichten zutrauten, heimlich zu den Gesandten der übrigen Kantone, um sich Rat zu
holen, ob sie nicht ihre Tore schließen sollten. Diese aber befahlen ihnen, sich ruhig
zu verhalten, indem die Züricher auch ihre Oberherrn seien. Da ließen sie zwar die
lustige Mannschaft ungehindert durch die Stadt ziehen, erwiesen ihr aber keinerlei Ehre.
Nachdem die fröhlichen Gesellen ihr Geschenk abgegeben und die Nacht in den Bädern
zugebracht, zogen sie am folgenden Morgen wieder heimwärts. Da fürchteten die Bür-
ger von Baden, ihr Verdacht und ihre Unfreundlichkeit möchten übel gedeutet werden
und bewirteten nun,um alles wieder gut zu machen, den Zug, als er in die Stadt eintrat,
mit Wein und beschenkten denselben mit drei Goldgulden. Im Jahre 1571 (?) schickte die
Zunft zum Widder dem damaligen Bürgermeister Kambli einen Ochsen zum Geschenk
* Es handlet sich vielleicht um das Mayenbad bei JVlindelheim in der Nähe von Memmingen.
Die Badschenken 327
(Abb. 13Q), der eintausendeinhundertdreißig Pfund wog, den derselbe aber nicht in
Baden verzehrte, sondern bei seiner Heimi<;unft auf sämtliche Zünfte verteilen ließ 3i5.
1604 besuchte der Deputat und Zunftmeister Melchior Hornlocher von Basel mit seiner
Gattin das Bad Ramsen im Jura. Diesen Anlaß ergriff die gesamte Geistlichkeit der Land-
schaft, um „ihrem getreüwen patronen" einen Beweis der Hochachtung darzubringen.
Im Namen der drei Kapitel der Landschaft machten sich die drei Herren Dekane auf den
Weg zum Bade. Sie waren beauftragt, dem wohlweisen und ehrenfesten Herrn Zunft-
meister „einen salmen, so zwölf Pfund kostet", zu überreichen. Sie „presentierten, ver-
ehrten und schenkten" nicht allein „zu einer guten badenfahrt, zu lybs gesundheit und
langwieriger Wohlfahrt", sondern auch „zur Ehr Gottes, zu nutz des Vatterlandts und
fürderung der kilchen (Kirche)" 39
Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts traten in Zürich zuweilen an Stelle der Na-
turalien silberne Becher, im 17. öfter. In Basel gehörte es zu den „Kompetenzen der
Herrn Häupter", daß ihnen nach einer gebrauchten Bad- oder Sauerbrunnenkur ein sil-
bernes Trinkgeschirr von vierzig Gulden Wert mit der Stadt Wappen von Obrigkeit
wegen geschenkt wurde. Das geschah von 1604 bis 1631 mehrmals. Auch der Stadt-
magistrat von Baden ließ öfters an angesehene schweizerische Staatsmänner silberne
Becher und dergleichen als Badgeschenk überreichen 3i5.
Da die Geschenke immer kostspieliger wurden, griffen die Behörden ein. Der Stadt-
rat von Konstanz verbot sie aus diesem Grunde schon im 15. Jahrhundert ■iöi. Gegen
Ende des 16. beginnen in Zürich die Verbote, die häufig wiederholt und ebensooft,
selbst von der Behörde, nicht gehalten wurden. Als 1647 alle Gaben an Vorgesetzte
abermals verboten wurden, übersandte die Regierung im selben Jahre, in Widerspruch
mit sich selbst, dem Bürgermeister Rahn eine künstlich gearbeitete Uhr mit einem sil-
bernen Schreibzeug ins Bad. Es finden sich auch in den Ratsmanualen derselben Zeit
Beweise, daß die Regierung Ratsrednern, Stadttrompetern, Hebammen, Schanzenschrei-
bern und dergleichen von der Stadt besoldeten Leuten Badschenkungen an Geld, Wein
und Getreide zu senden verordnete. Noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts ließen sämt-
liche Stadtknechte, Läufer und Überreuter jeden Sommer vor dem Rate durch einen An-
walt um ihre Badschenkungen bitten, die für jeden einige Pfund an Geld betrugen und
einen Teil der Einnahmen ausmachten, welche ihnen im Jahre 1679 durch eine obrig-
keitliche Verordnung zugesichert worden war, ohne daß sie dieselben in Baden zu ver-
zehren brauchten. In Schaffhausen war das Herbstbadgeld, auch kurz Herbstbad ge-
nannt, ein Besoldungsposten höherer Beamter. Im Ämterbuche daselbst finden sich im
18. Jahrhundert z. B. die Stellen: „Dem Antistes Herbstbaadgelt 36 Kreuzer." „Besol-
dung eines Herrn Diakoni im Münster, Herbstbad aus dem Kloster 36 Kreuzer, Herbst-
bad aus dem Spital 36 Kreuzer" 557 (vergl. Badgeld S. 178 u. 179).
Da sich in Zürich ein vollständiges Verbot der Badschenkungen nicht durchführen
ließ, so wurden zuweilen die scharfen Mandate gemildert. Bald waren nur silberne Becher,
bald auch Geld oder Geldeswert und lebendige Schafe verboten. Manchmal wurden die
328 Die Badschenken
Bürgermeister, häufiger die Verwandten ausgenommen, denen unbenommen sein sollte,
ihren Angehörigen Eßwaren zu schicken. Mehr als alle Mandate bewirkte, wenn auch
nur vorübergehend, das Auftreten des Antistes Breitinger vom Oroßmünster. Als dieser
1618 zur Kur in Baden weilte, verordnete der Rat, daß jedes Mitglied desselben einen
Dukaten erlegen solle und der Bürgerschaft freistehe, auch das Ihrige beizutragen, um
dem ersten Lehrer der vaterländischen Kirche ein namhaftes Geschenk zu machen.
Allein sobald Breitinger von diesem Vorhaben Kunde bekam, lehnte er die ihm zuge-
dachte Badschenkung so entschlossen und beharrlich ab, daß der Ratsdiener die bereits
eingezogenen Dukaten jedem Geber zurückerstatten mußte. 1632 eiferte Breitinger von
der Kanzel herab gegen den Mißbrauch und derartig, daß er wegen seiner ehrenrührigen
Anspielungen zur Verantwortung gezogen wurde. Seine Verteidigung gestaltete sich
zu einer abermaligen Strafpredigt, daß der Herr Bürgermeister am nächsten Ratstag ge-
stehen mußte: „Wir sind bestanden, wie ein Lauß auf dem Ermel!" Aus Breitingers
selbstverfaßter Lebensbeschreibung geht hervor, daß die Badschenken zu Stadt und
Land geradezu erpreßt wurden, wenn auch nicht von den Vorgesetzten selbst, sondern
von deren Schmeichlern, die nachher die Geschenke überbrachten.
Wie reichlich die Geschenke flössen, ist aus einem Verzeichnis zu ersehen, das Bür-
germeister Waser von Zürich aufgestellt hat, als er 1665 von Amts wegen zur Tagsatzung
in Baden weilte und zu gleicher Zeit mit seinen Angehörigen das Bad gebrauchte. Von
siebzig verschiedenen Orten erhielt er: „an barem Gelde vierzehn Gulden sechzehn
Schilling; zwei Louisd'or und drei Dukaten in Gold, ferner: einen großen Hirsch, ein
Zimmerstück von einem Hirsch und noch ein anderes Stück Wildbret, ein Vorderstück von
einem wilden Schwein, vier Hasen, drei Schafe, zwei Lämmer, ein Schafsviertel, acht Schafs-
füße, ein Essen Kalbsmilchen.fünfundzwanziggrößere und kleinere Fische, vierzig Hähne,
ein Huhn und achtzehn Eier, zwei Gänse, zwanzig Tauben, zehn kalekutische Hennen,
dreiundsechzig Rebhühner, zwölf Rebvögel, sechs Wachteln, zwei Haselhühner, zwei
Steinhühner, zweihundertsechsundzwanzig Krebse und einen Vierling dito, eine Pastete,
allerlei Salat und Rettige, Artischocken, einen Stock Blumenkohl, zwei Ankenbräute
(Butterbemmen), ein neugebackenes Hausbrot, zwei Semmeln, drei Eierweggen, einen
Eierkranz, zwei große Bachis (Gebäck), einen Hammen (Schinken), acht Scatellen
(Schachteln) mit allerhand Konfekt, Rosinen und Makronen, eine Schachtel Truciscas
(wohl Trochisci = Bonbons, Zeltchen), zwei Mandel- und Rosinen-Torten, Brustzucker,
Melonen, Zitronen und verschiedene Zierraten, mancherlei Aprikosen, zwei Zuckerstöcke.
Ferner ein schönes Hofessen, nämlich : einen Kapaun, ein Quart von einem indischen
Hahn, einen Hasen, ein Rebhuhn, Brigniolen, ein Stück von einer Mandeltorte,
ein Stück von einer Quetschentorte und eine überzuckerte Zitrone. Ein Ührlein. An
Büchern: Planün, Histoire Helvetique (französische Übersetzung) und Hottingeri Hi-
storia Ecclesiastica, und endlich noch von zwei armen Kapuzinern im Hinterhof zwei
Melönchen, eine Hand voll Fenchel und einen Maien (Strauß)" 3i5.
Noch 1755 wurden in Zürich durch Mandat die „Badschenki" im allgemeinen bei
Badschenken und Baderkräm 329
zwei Pfund Buße verboten und 17Q0 — wohl zum letzten Male — die Geschenke ganzer
Gemeinden an ihren Pfarrer oder von Schulen an den Lehrer bei 30 Pfund ^'2. Soweit
aus Hess' Badenfahrt zu ersehen ist, bestanden sie, mit Ausnahme der von Verwandten
gespendeten, 1818 nicht mehr3'5.
Wurden Vornehme bei ihrem Aufenthalt im Bad von dem Landesfürsten oder der
Stadt beschenkt, so hinterließen sie wiederum „nach glücklich vollbrachter Baden-Kur
zur Gedächtnuß Ihre Wappen" (Walch, Liebenzell 1668) '54^ und das geschah meistens
in Gestalt gemalter Fensterscheiben, ein Brauch, den schon PooGio erwähnt. Auf dem
Bild des mittelalterlichen Hausbuchs sind die Wappenscheiben im Badehause darge-
stellt (Abb. 104). Selbst kleine Bäder waren reichlich mit solchen versehen, z. B. im
16. Jahrhundert das nicht mehr vorhandene Bad Urdorf (Zürich) mit den Wappen des
Grafen Georg von Württemberg-Mömpelgard, der Reformatoren Bullinger und Peli-
canus427 das Oyrenbad bei Hin weil mit denen Bullingers, der Bürgermeister von Zürich,
der Prälaten von Einsiedeln, Fischingen und Rheinau425 im 18. Jahrhundert, z. B. in
Spa, scheinen die Einwohner selbst mehr zu Reklamezwecken ihre Häuser mit den
Wappen fürstlicher Personen geziert zu haben 404.
Kehrte man vom Bade heim, so erforderte die Sitte, Geschenke mitzubringen, die den
Namen „Baderkräme" (kramen, kaufen) führten. Johann Grob aus dem Toggenburg
hat unter dieser Überschrift in seiner „Dichterischen Versuchgabe" 1678 folgende Verse
verzeichnet:
„Wann der Frauen Bader-Cur und die liebe Zeit verflossen,
Dann so geht das Kramen an ; freuet eucli, ilir Hausgenossen,
Kneclit und Magd ist unvergessen, auch der nächstgeseßnen Schaar;
Hat der Mann dann nichts zu hoffen? Ja, ein schönes Hörnerpaar!" 3i5.
Mit dem Titel „Bad-kramet" schickte der Kanzler Löffler 1633 Eberhard ill. ein
Schreiben aus dem Wildbad 73. Pfarrer Burkhard zu Nieder-Weningen kaufte 1736 in
Baden mehrere Kegelspiele als „Baderkröme", um sie daheim zu verschenken 32 Vielleicht
handelte es sich um Geschenke bestimmter Natur; denn als der Astronom FÄsi 1703
seine Schwiegermutter von Baden abholte, da brachte er seinen Kindern etwas mit, aber
nur dem Rägeli (Regula) „Baderkräm" 462 Zu Anfang des 19. Jahrhunderts bedachte
man auch noch die Kinder, Verwandte und Dienstboten, aber nur mit kleinen Geschen-
ken, besonders mit Spanischbrötchen, einem Backwerk, das in Baden besonders gut
hergestellt wurde 3i5.
Armen Leuten, die ins Bad fuhren, gab die Heimatsbehörde kleine Unterstützungen
zum Unterhalt mit. Solche „Wildbadalmosen" wurden z. B. im 16. Jahrhundert in Nürn-
berg ausgeteilt '6 In Basel erhielt 1593 ein armer Mann von Normandingen (jetzt Or-
malingen) aus dem Kirchengute eine „Badesteuer" von sechzehn Schillingen 39^ in
Würzburg 1590 ein Bader zwei oder drei Gulden „Beisteuer" ins Wildbad 'H
Das B^den selbst war für Arme unentgeltlich, ja sogar für Vornehme, die auch, ab-
gesehen von kleinen Entschädigungen, nichts für das Wasser zahlten. In Pfäfers hatte
1610 jeder, der es vermochte, einen Kreuzer für Licht, und wer hinwegzog, einen Batzen
330 Die Freibäder
dem Aufseher zu geben, nichts weiter 22 Pfäfers wird deswegen öfters als edles Wild-
und Freibad bezeichnet. Wie Pantaleon berichtet, bezahlte man in Baden (Schweiz)
nur die Säuberung des Bades wöchentlich mit einem Kreuzer 35. ,,Es mügen zu diesem
Brunnen kommen vngehindert, Ade! oder vnadei, Reich oder Arm", sagt Feurbergk
(Pyrmontanus) 15Q7 von Pyrmont, „gratis datur gratis accipitur" 56. Mit einem gewissen
Aberglauben wurde die Zulassung zum Bad jedermann gestattet. Dem Fabricius Hil-
DANUS erzählten 1610 die Einwohner von Pfäfers, ein Abt habe das Bad mit Abgaben
belegt, da sei der Brunnen verschwunden, bis der Zoll aufgehoben wurde 22. Ähnliches
berichtet Waoner von Gontenschwyl bei Reinach im Aargau. Dort wurde 1640 eine
Quelle entdeckt, die bei massenhaftem Zulauf viele Wunderkuren vollbrachte. Aber
schon im folgenden Jahre hatte der Brunnen seine seltsame Heilkraft vollständig ein-
gebüßt, weil die Bauern aus Habgier das Wasser verkauften 679. Metobius erzählt 1556,
der Pyrmonter Brunnen habe dreihundert Jahre vorher große Krankheiten geheilt. Als
aber der Herr der Herrschaft Zins erheischte, da verschwand das Wasser und ver-
siegte der Brunnen 417. |n Baden-Baden beschwerten sich die Einwohner 1488 beim
Markgrafen Christoph, als der Bader von den Armen Geld genommen hatte, mit Erfolg 40.
Zu Baden in der Schweiz bezog das Freibad mit mehreren Wirtshäusern zusammen
sein Wasser aus der Quelle, die der heiße Stein hieß. Es wurde ängstlich darauf gesehen,
daß zuerst die Armen mit genügend Wasser versorgt wurden. Nach alten Badefreiheiten
konnte im Freibad jedermann den Zapfen (dargestellt in Abb. 102 rechts) ziehen oder
stecken, wenn er das Wasser wärmer oder kühler haben wollte. Kein Wirt durfte bei Strafe
den Zapfen berühren, schon sein bloßes Erscheinen beim Freibade nach dem Läuten der
Betglocke hatte für ihn unnachsichtlich eine Buße von fünfundzwanzig Pfund zur Folge.
Als im Jahre 1641 der Nachtwächter bei den Bädern auf Geheiß eines Wirtes, um ihm
mehr Wasser zuzuhalten, den Zapfen des Freibades steckte, wurde er solange in den
Turm gesperrt, bis er den nannte, der es ihm geheißen 32. in Baden war auch der Besuch
der Matte, des Vergnügungsplatzes, für jedermann frei, trotzdem sie zum Hinterhofe, also
dem Gasthause der Vornehmen, gehörte, der Besitzer desselben den Platz instand zu
halten hatte und ihn mit den nötigen Ruhebänken versehen mußte. 1424 wurde „als
altes Herkommen geöffnet, daß die Werdmatte zu Niederbaden (es ist nicht Baden-
Baden gemeint, Niderbaden steht hier wohl im Gegensatz zu der höher gelegenen Stadt
Baden) zu dem Hofe, der Heinrich Schinders sei. gewesen ist, gehöre und gehören soll,
daß aber jedermann, in welchen Ehren und Würden er sei. Jung oder Alt, Herren und
Frauen, zu jeder Zeit, Sommers und Winters, auf diese Matte gehen, allda tanzen oder
andere ziemliche Kurzweil treiben mögen, von jedermann ungehindert. Und wer den
Schinders Hof inne habe, der soll die Tanzstühle auf der Matte machen und in Ehren
halten und nießen, was auf der Matte wächst, ohne jemand an Kurzweil, Steg oder Weg
daselbst zu hindern" 32.
Die Abgabe von Mineralwasser zum Trinken war fast überall gänzlich frei, zu
Bädern jedoch nur da, wo das Wasser nicht erwärmt werden mußte. Im Solbade
Das Auswerfen
331
Abb. 140. Das Freibad zu Baden im Aargau 1820. Aquarell von Ludwig Vogel. Zürich, Landesmuseum.
Kreuznach kostete 14Q0 einen Tag baden einen Heller 6i, zu Meinhardt in Württemberg
zaiiite man 1485 für das Baden am Vor- und Nachmittag je zwei Pfenniges. Das waren
die Preise der öffentlichen Badestuben. 1602 verordnete der Rat von Luzern, daß die
Bauern das Wasser aus dem Bad in der Luthern nicht wegführen dürften, weil der Bader
auf eigene Kosten das Bad hatte herstellen lassen 38
Die Auffassung, daß auch der Reiche nichts fürs Bad zu zahlen habe, hatte seine
Ursache einmal darin, daß man das Mineralwasser als Gabe Gottes betrachtete; da-
durch war es steuerfrei. Diese Ansicht hatte auch zur Folge, daß etliche (1610) annahmen,
Pfäfers verletze die, welche mit Franzosen (Syphilis) behaftet seien, weil die hohe und
heilige Arznei solche unreine und wüste Krankheit nicht annehme 22 (Der Abt von
Pfäfers lud aber doch Ulrich von Hütten zur Kur ein!) Nach Thurneisser (1572)
sollten sich vor Pfäfers auch die Goldschmiede hüten, die viel vergoldet haben, die
schwämmen empor darin. Er kannte einen aus Lindau, der viel vergoldet und deshalb
viel Quecksilber an sich gezogen hatte. Als dieser nun mit dem Podagra beschwert nach
Pfäfers kam, konnte er nicht unter Wasser bleiben und mußte ungebadet wieder heim-
ziehen, weil das Wasser kein Quecksilber litte 390. Fabricius Hildanus widerlegte diese
332
Einfache Einrichtungen in den Mineralbädern
Abb. 141. Mineralbad von ca. 1600. Federzeichnung von Bartholomäus Lingo in Straßburg. Statistik
schweizerischer Giasgemälde und Handzeichnungen. Jg. 1904. Zürich, Landesmuseum. Vgl. Abb. 58.
Ansicht durch einen Versuch am eigenen Leibe, nachdem er ihn an einem seiner Lehr-
linge vorgenommen hatte. 1628 wurde auch ein Goldschmied vom Gliederweh ge-
heilt 101. Das Wasser warf aber Wassersüchtige aus, die wegen des leichteren spezifi-
schen Gewichts emporschwammen, Man sah das als ein absolutes Anzeichen zum so-
fortigen Verlassen des Bades an. So wurden 1663 in Pfäfers zwei Wassersüchtige aus-
geworfen, ein dritter badete weiter und starb 456.
Auch rührte das Freibaden gewiß aus einer Zeit her, wo sich die einfachsten Vor-
richtungen in oder bei der Quelle befanden. Die Freibäder — und das waren die
ältesten — lagen sehr häufig unter freiem Himmel*, die zu Baden in der Schweiz bis ins
IQ. Jahrhundert (Abb. 46). Erst 1812 wurden die bis dahin offenen Bäder mit Jalousien
eingewandet (Abb. 103, 140), 1824 das Freibad gedeckt und auch für beide Geschlechter
in zwei Abteilungen unterschieden, drei Jahre darauf geschah letzteres im Verenabad,
das immer noch offen blieb, bis es 1841 einging 32. Als Verbesserung traten die soge-
nannten Badeschuppen auf (Abb. 124, 138). Auch in dieser Gestalt treffen wir Bäder
mehrfach noch im 19. Jahrhundert an. So hatte 1867 das Kuttlenbad in der Gemeinde
Summiswald (Bern) einen einzigen offenen Schuppen als Baderaum, unter dem in sechs
Wannen die Geschlechter ungetrennt badeten §6. i832 sagt RÜSCH vom Langeneybad
am Fuße des Seelibühls, zwischen dem Gurnigel und den Stößen, drei Viertelstunden
vom Gurnigelbad (Berner Oberland) gelegen: „Es gleicht in seiner Lage und Bauart
nach eher einer Räuberhöhle als einer Heilanstalt. Wind, Regen und Schneegestöber
streichen ungehindert durch das von vornen und hinten offene Giebeldach (Vgl. Abb.
96). Wohnung und Bewirtung findet man nicht; die ganze Einrichtung beschränkt
sich auf vier im Erdgeschoß angebrachte ausgehölte Baumstämme, in welchen acht Per-
sonen mit gegeneinander gerichteten Füßen baden können" 88. Baden-Baden hatte aber
1488 schon geschlossene Freibäder 40.
* Angenehm war der Aufenthalt bei schlechtem Wetter in einem solchen Bade nicht. Hess singt
1818 von den Freibädern in Baden:
„Wasser begehr' ich wohl hier; aliein von oben und unten,
Kaltes und warmes zugleich, ist mir doch wahrlich zu viel"^'5.
Die Kranken wurden auch viel von den „stechenden Bader-Fleugen" belästig-t, die 1688 Simler be-
sang 2?. In Abb. 141 ist das Abwehren der Fliegen mit dem Wedel dargestellt, eine Beschäftigung,
zu der sich in der Badenfahrt guter Gesellen der Pritschenmeister dem Wirt an Steile einer Be-
zahlung der Getränke anbietet 3^.
Zusammenbaden verschiedener Stände in den Mineralbädern
333
Abb. 142. Karlsbad vor dem Brande von 1759 mit den Holznnnen (2), die vom Sprudel aus längs
der Tepl und über dieselbe das Thermalwasser in die im ersten Stock gelegenen Badstiiblein der
Uferhäuser leiteten. Kupfer.
Ursprünglich saßen im Freibad Vornehme und Arme beieinander. In Plombieres
(Plumbersbad) badete alles in einem unter freiem Himmel gelegenen See (Abb. 120); nur
das Königsbad war „beschlossen" 449. Auf Verlangen des Pfalzgrafen Herzog Friedrich
334 Trennung der Stände in den Mineralbädern
wurde 1524 für diesen im Wildbad das Herrenbad zum Gebrauch für zwanzig Personen
unterschlagen 335. Später errichtete man noch mehrere Abteilungen, immerhin saßen
die verschiedenen Stände in einem gemeinsamen Bade und waren nur durch Bretter-
wände voneinander getrennt. In Pfäfers war das obere Bad 1610 (Abb. 130) (auch im
neuen Bad (Abb. 131) bestand die Trennung der Stände) für große Herren und Edel-
leute bestimmt und führte den Namen Herrenbad 22, obwohl die Badeordnung vom Jahre
1619 sagt, keiner solle, weil Pfäfers ein Freibad, seines Standes wegen vorgezogen
werden 632. Sie fügt jedoch hinzu, die Badenden seien nach ihrer Würde zu setzen, und
das geschah durch strenge Absonderung im Herrenbad. Baden in der Schweiz hatte
Bäder für Vornehme in den Gasthäusern, ebenso Baden-Baden. Hier waren 1606 zehn
offene Wirtshäuser mit dreihundertneunundachtzig Badkästen neben einem Privatbad-
hause 362. In Karlsbad wurde das Wasser des Sprudels in die benachbarten, zur Frem-
denbeherbergung dienenden Bürgerhäuser in offenen Holzrinnen geleitet und dort in
den „Badstueblein" gebadet. Solcher zählte man im 16. Jahrhundert gegen zweihundert,
und noch vor dem großen Brande vom Jahre 175Q waren vierzig Häuser mit Badestuben
versehen. (Auf Abb. 142 liegen sie als vergatterte Hallen im untersten Stockwerk der
Häuser längs des Flusses; bei den ersten beiden Häusern sind sie kleine Anbauten.)
Nach dem Brande jedoch hatten die meisten Bürger in ihren Häusern keine
Bäder mehr, weil das Baden um diese Zeit außer Gebrauch gekommen war 347. in den
Beschreibungen wird vielfach berichtet, daß Patienten, welche den gemeinsamen Bade-
raum nicht benutzen wollten, das Wasser in ihre Zimmer tragen ließen, ja nach benach-
barten Orten, wenn sie im Bade selbst keine standesgemäße Unterkunft fanden. In
Liebenzeil wurden 1748 die Bäder nur von den Dienern und armen Leuten gebraucht,
wer es bezahlen konnte, ließ das Wasser ins Zimmer bringen 372 Immerhin wurde hie
und da auch das gemeinsame, selbst das Armenbad, von Vornehmen benutzt, wie wir
sahen das Verenabad in Baden wegen seiner besonderen Eigenschaft.
Die Regel scheint aber doch gewesen zu sein, daß man die Armen aus dem alten
Freibade verdrängte und ihnen andere Bäder zuwies. So wurden, wie wir schon sahen,
im Wildbad 1828 die Armen aus dem gemeinschaftlichen großen Bade entfernt, und sie
erhielten in einer besonderen Anstalt das Wasser vom früheren Pferdebade. Es bestand
jedoch zur selben Zeit die auf lagerbüchlichem Herkommen beruhende Berechtigung
zum unentgeltlichem Gebrauch der Bäder für die Bürger und Bürgerinnen der Orte
Wildbad, Kalmbach mit Höfen, Neuenbürg, Gräfenhausen mit Arnbach und Oberhausen,
sowie die Dienstboten und die Verwandten der Wildbader Bürger und Bürgerinnen
bis in den dritten Grad bürgerlicher Berechnung einschließlich 325. 1584 wurde
im Tobelbad bei Graz geklagt, daß gesunde und „presshafte" Personen ohne
Unterschied „fast beinander" badeten und die Armen „gleich hervor vom neuen Ur-
sprung (Quelle) säßen" 84. im 17. Jahrhundert bestand das Armenbad zu Burtscheid aus
einer Grube (Abb. 143), bei der zwei bienenkorbartige Schwitzhütten, wie wir sie oft
als ersten Anfang einer Badeanstalt antreffen (Abb. 129), errichtet waren 409^ und doch
I
Die Zulassung zu den Freibädern
335
muß nach Aussage von Baccius im 16. Jahrhundert ein größeres Freibad bestanden
haben, bei dem Lustbarkeiten stattfanden '^o. Man i<am von der alten Auffassung des
Freibades immer mehr ab und gab den als Bettler umherziehenden, mit häßlichen Krank-
heiten Behafteten, die früher am meisten Mitleid erregt hatten, Bäder, die man kaum
noch mit diesem Namen bezeichnen kann. In Teplitz war 1607 das vor der Stadt ge-
legene Bad für Bettler, Aussätzige und die an Franzosenkrankheit Leidenden nur ein
Tümpel und das in der Stadt befindliche „Frantzöser- oder Rossebad" ein „Pfudel"264.
In Warmbrunn mußten sich 1607 die Armen gefallen lassen, daß Vornehme mit ekel-
haften Krankheiten in ihrem Bade saßen, weil das für Herren diesen verschlossen
wurde ö9
An einzelnen Orten nahm man das Freibaden wörtlich. 1688 hatte zum „armen oder
Comphaußbad" in Aachen jedermann freien Zutritt. Da badeten Kranke und Gesunde,
Weiber und Männer, Junge und Alte, „besudelte, krätzige vnd mit geschwären behaffte"
durcheinander. Die Waschweiber wuschen ihre Lein-
wand, die Färber Wolle und Tücher. Sitzplätze, Zimmer
und Betten gab es nicht. Einmal im Jahre wurde das Bad
von vierzig Tuchmachern gereinigt. Im St. Quirinibad
durften die Bürger wenigstens Wasser holen 409. ins Frei-
bad zu Baden (Schweiz) konnte jedermann kommen und
gehen. Das Verenabad durften aber schon zu Pantaleons
Zeiten nur die benutzen, welche Herberge genommen hatten, Abb. 143. Armenbad in Burt-
, t/- ■ r\ L -li c ■■! ■ Ol j scheid mit zwei Strohhütten zum
also zur Kur im Orte weilten. Spater mußte von der
Schwitzen. Kupfer aus: Blon-
DEL, Beschryving van de Stad
Aken. Leiden, 1727. (Befindet
sich schon in der Ausgabe von
1688, in der ersten Auflage von
1685 fehlen die Strohhütten.)
Heimatsbehörde ein Dürftigkeitszeugnis vorgewiesen
werden, und das hatte seinen Grund im Vorhandensein
zahlreicher sogenannter starker Bettler, Nichtstuer, die
haufenweise in den Bädern lagen. In Baden-Baden hing
1528 die Erlaubnis zum Betteln für die, welche des Bades notdürftig waren, von der
Einwilligung des Schultheißen ab 454. 1702 ließ man in Baden (Schweiz) auch nicht
mehr jedermann ohne weiteres ins gemeinsame Verenabad. Die mit ekelerregenden
und ansteckenden Krankheiten Behafteten badeten einige Tage an einem abgeschla-
genen, von der Quelle entferntem Ort, bis sie von der gröberen Unsauberkeit befreit
waren 373.
Karlsbad hatte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts öffentliche (Gemein-)
Bäder am rechten Teplufer in nächster Nähe des Sprudels. Das Badehaus besaß je eine
Abteilung für Männner (Abb. 144, No. 5) und Frauen (No. 6), sowie eine abgesonderte
für „Kretzige und Aussätzige" (No. 7), die nach Abb. 144 noch zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts ohne Dach war. Nach dem großen Stadtbrande im Jahre 1759 wurde das
Gemeinbad neuerdings errichtet und nach einer Abbildung von ca. 1780 dem alten sehr
ähnlich. Auch das dritte Bad für Aussätzige wurde hinter dem Weiberbad wieder auf-
geführt. Das ganze Gebäude erstand 1794 neu mit einem kleinen Dampfbade, wurde
336
Die Freibäder zu Karlsbad und Baden-Baden
aber 1809 beim explosionsartigen Ausbruch des Sprudels* derart beschädigt, daß es ab-
getragen werden mußte 347. Damit verschwand das alte Bad, das wir unbedingt als
Freibad auffassen müssen. An seiner Stelle erstand um die 1809 hier neu entsprungene
Hygieensquelle — das alte Bad wurde vom Sprudel versorgt — eine Säulenhalle, mit
einem zweiten Stock, das zur Dampfbadeanstalt eingerichtet wurde. Der Mühlbrunnen
war schon im 16. Jahrhundert bekannt. Zu Anfang des 18. war er in ein nur mit
Dem '^yVeüiertxSmbien Ji^wferi artj:b<Jd{?)fr "öfu^t qe^andl ' U J
Abb. 144. Der Sprudel zu Karlsbad im 17. Jahrhundert. Kupfer von O. Hupschmann.
Brettern verschlagenes Bad geleitet, was die Armen benutzten, namentlich auch zum
Schröpfen 347.
In Baden-Baden bestanden ähnliche Verhältnisse wie zu Baden in der Schweiz. Es
gab zwei Freibäder**, ein großes und ein kleines, die nach einer Ordnung des Mark-
* Am 1. November 1775 beim Erdbeben von Lissabon blieb der Sprung der Hauptquelle zu Teplitz
auf einmal sieben Minuten aus, dann drang aber das Wasser mit ungeheuerer Gewalt hervor, daß
man auf dem Platz der Vorstadt mit Kähnen fahren konnte. Am 26. Juli 1805 stand vi^ährend des
Erdbebens von Neapel der Sprudel zu Karlsbad sechs Stunden lang still und man befürchtete, das
Wasser möchte ausbleiben ^25. Der Streit über die Entstehung der Thermen war damit geschlossen.
** 1606 hatte Baden-Baden ein „gefreytes Haus". Es war „vnsers gnedigsten Herrn deß Marg-
fl
Die Freibäder wurden am meisten am Sonnabend benutzt 337
grafen Christoph 1488 Freibäder im eigentlichen Sinne des Wortes waren. Als sich die
von Baden beschwerten, der Bader habe den Mägden das Wasserholen nicht gestattet,
das eine Freibad während des Badens geschlossen gehalten und auch von Armen Geld
genommen, wurde im selben Jahre eine neue Verfügung erlassen. Nach ihr war das
große Freibad von altersher „armen, eilenden menschen vmb Gottswillen allweg fry".
Das kleine Freibad stand aber nur den Einheimischen frei zur Verfügung (auch in Baden
in der Schweiz hieß das eine Freibad, das nicht von den Armen kurgemäß gebraucht
wurde, nach Pantaleon das Bürgerbad), Fremde zahlten täglich einen Pfennig. Die Ver-
ordnung enthält aber schon eine Einschränkung des kleinen Freibades, die der Bader
nach seinem Vertrage aufrecht hielt. Wenn er fremde Gäste „zu lust" behielte, hatten
die Einwohner von Baden keinen Zutritt 40. So wurde in Pfäfers nach der Badeord-
nung von 1619 dem Verwalter bei Strafe verboten, Leute aus der Umgebung nach Feier-
abend oder am Samstag abend baden zu lassen, wenn das Bad mit Kranken besetzt
sei 632*. Diese Verordnung hatte ihren Grund darin, daß die Bauern, um das Badegeld
zu sparen, die Freibäder an Stelle der Badestuben benutzten. In Baden-Baden wurden
deshalb die Freibäder alle „gebannte sampstags- und feyernächte" im Sommer um neun,
im Winter nach sieben Uhr für Nichtkranke geschlossen 40. im Freibad zu Baden
(Schweiz) war der Andrang am Samstag Abend am größten, wo nicht nur gebadet und
geschröpft, sondern auch bis in die Nacht getrunken wurde. Mehrmals wurde in den
Berner Kapitelakten über das ärgediche Unwesen in den Bädern, namentlich am Sams-
tag abend und Sonntag geklagt, weswegen der Rat 1650 das Baden zu dieser Zeit ver-
bot. Betroffen wurden sechs Bäder, darunter das Gurnigelbad, weil Samstag zu Nacht
und am Sonntag mehrenteils nur Knechte und Mägde von Üppigkeit wegen in diese
Orte zögen. Die Klagen gehen bis zum Jahre 1673 142.
Bei dem stundenlangen Baden war es natürlich, wenn man Unterhaltung suchte,
und das geschah in den meisten Fällen — den Schriftstellern nach als Eigenart der
Deutschen — durch Zechen, Singen und Instrumentalmusik, wovon schon Poooio be-
richtet, und das auf vielen Abbildungen des 16., seltener des 17. Jahrhunderts darge-
stellt ist (Abb. 95, 102, 117, 138). Angeblich sollte auch dadurch der als schädlich
geltende Schlaf verscheucht werden.
Einen eigenartigen Zeitvertreib schuf Gailer von Kaisersbero dem Peter Schott
und dessen Frau, indem er einen Doktor als Lustigmacher ins Wildbad schickte, der
graffen", also das schon früher erwähnte Privatbad des Fürsten und nicht ein Freibad (vielleicht
aber eine alte Freiheit für Verbrecher), wie es Hess bezeichnet. Außerdem gab es zwei große
Bäder am Mari<t, das eine für die Armen, das andere für die Bürger. Man I<önnte vermuten, daß
diese beiden die alten Freibäder seien. Es bestanden aber noch zwei Badehäuser oder „Stuften",
darin man sich nur wusch. Das oberste hieß das Freibad, das andere das untere Bad^i^^, und da,
wie früher ausgeführt wurde, eins der alten Freibäder in sich eine Badestube schloß, sind vielleicht
die beiden zuletzt erwähnten die alten Freibäder.
* 1805 schreibt aber Ebel von Pfäfers, daß alle Sonnabende große Haufen von Landleuten aus
allen umliegenden Gegenden, besonders Oraubünden, herbeiströmten, welche bis IWontag früh im
Bade schwitzten (man saß ja mit dem Oberkörper im Dampf) und schröpften '"ä^.
Martin, Badewesen 22
338
Unterhaltung im Bad
Abb. 145. Vergnügungen beim Mineralbade in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
iiunderts. Holzschnitt aus: Münster, Cosmographey. Basel, 1598.
seinen Posten so
gut versah , daß
Schott, ein sonst
sehr ernsthafter
Mann, ihm das
Zeugnis geben
mußte, „er habe
die werte Gesell-
schaft über Tisch
mit seinen omeliis
et scommatibus
so belustigt, ut
risu pene omnes
defecerimus, prae-
sertim famulae
nostrae, quibus
risus in urinationem cessit" 325. Der Tübinger Professor Bebel schrieb seine berühmten
Facetiae, eine Anekdotensammlung, aus welcher das ganze 16. Jahrhundert schöpfte,
als Badelektüre für seine Freunde 6. Die Unterhaltung der Badegäste war gewiß nicht
immer die anständigste; denn Simler hat in seiner Gedichtsammlung (1688) unter
mehreren Sprüchen in das Badehaus auch die folgenden:
„Die Säüglock bleib unangezogen :
nur guten g'sprächs werd hier gepflogen."
„Im Bad- und Wöschhauß meid anreitzendes Geschwätz
zu schnöder Üppigkeit, zorn, hader, und Gefätz:
dann, was du, sonder nutz, geredt in disem Leben,
darvon must Rechenschafft dem grossen Richter geben" 27
Zur Unterhaltung gehörte auch der Tanz, und es scheint, daß dieser zuweilen direkt
beim Bade (Abb. 145) und manchmal im Badekostüm stattfand. Baccius, der Arzt des
Papstes Sixtus V., hörte (1571) beim Freibad von Burtscheid Tanzmusik und Gesang
und sagt, das wäre in ganz Deutschland Sitte ^o. Hans Rudolf Räbmann singt noch
1606 von Leuk:
„Etlich gand aus dem Bad zum Tantz,
Im Nachtbeltz Springs frölich ganz" ^s.
Es gibt mehrere aus dem 15. Jahrhundert stammende geistliche Badelieder 28, die
genau genommen nicht Bade-, sondern geistliche Lieder sind und Baderegeln zur Grund-
lage frommer Ermahnungen nehmen. Sie mögen wohl auch im Bade gesungen worden
sein. Aus späterer Zeit sind mehrere Badelieder mit religiösem Charakter bekannt
(Abb. 146). Die Glotterthaler Badeordnung aus der Mitte des 16. Jahrhunderts schrieb
vor: „Item es soll kein Gesang wider die Catholische Religion gestattet, auch sunsten
nichts Schandtliches gesungen werden 330_ Jn Pfäfers wurde 1619 das Singen deutscher
Psalmen verboten, nachdem es des öfteren die Jahre vorher den Katholischen zum Trotz
I
Die Badelieder
339
geschehen war 632. Auch im Wallis, namentlich im Bade Leuk nahmen 1600 die Katho-
lischen wahr, daß ihnen „mit Singen, Gebärden, Worten und Werken Trotz geboten
werde" 3S. Nach der Ordonnanz von 1679 für Baden bei Wien durften geistliche und
christliche Gesänge und Historien, auch andere ehrliche und fröhliche Sachen gesungen
und gesprochen werden. Buhliieder und „unschambare" Worte wurden mit vierhundert
Pfund verpönt 84.
Bei Badenfahrten vornehmer Personen wurden von Verehrern eigene Wunschge-
sänge gedichtet 700. Ejn aus dem 17. Jahrhundert stammendes Lied, mit drei Melodien
gedruckt, besingt in scherzhafter Weise die Qualen des Badeausschlags 328. Mehrere
Badelieder dichtete und setzte der Züricher Dichter Simler im 17. Jahrhundert in
Musik. Es sind meist Verherrlichungen der heimatlichen Bäder, z. B.
„Zu Vrdorf, und am Geiren Rein, j . . .1
auf Aeiigst, und auf dem Riedt,
entspringen gsunde Brünnelein,
durch Gottes sondre gut:
so, daß wir können baden,
für ein und andern schaden,
auch in dem Zürichbiet."
Auch Simler schrieb ein besonderes Ge-
dicht, als etliche Herrn Häupter geistlichen
und weitlichen Standes der Städte Zürich,
Bern, Basel und Schaffhausen 166Q Baden
gleichzeitig besuchten 27. Sicherlich wurden
auch die alten Schlemmlieder häufig ange-
stimmt. Pantaleon war sehr betrübt darüber,
daß man von Baden öffentlich schreibe und
auch in Druck kommen lasse, es wäre der
Schlemmer Bad und werde dort die volle Mette
gesungen 35. Geschrieben hatte dies Pic- _^t ( H- i . '.
TORius, aber auch mit eigenen Ohren gehört, g^ ■■ ^ "T' ^ I 1' J
daß man alle Morgen den Schlemmer zu "'
singen anhob, aber nicht in Schilers Ton,
sondern der vollen Zapfen '52.
Getrunken wurde im allgemeinen viel, aber
nicht Wasser, sondern Wein, besonders in
Baden, wo bis 1811 das Trinkwasser in die
großen Bäder von auswärts herbeigeschafft
wurde und von Arm und Reich bezahlt wer-
den mußte 32. So waren dort selbst die Armen
gezwungen, Wein zu trinken. Als der Ulmer
Patrizier Hans Ulrich Krafft 1573 in einem der
öX> :öat)ett ritbmn ^cife (lern
^Ixpmm (o n?cnbit?tg baben/
^>nbitmipmb0fimt>t^eit
z
^cm menfc^efirtllbcrcrt/
2:>tcfclb voitt ofp:0^ac^tc<:i:ttig/
:/ :254wni w«t fy oflt örtommf
Abb. 146. IVl. MUCHHEIMIN VON Vri *. Ein
nüw Lied, in Badenfärten lustig zesingen.
Qetruckt im Jar 1617.
Ein Hieronymus Muheim in Uri war Pritschenmeister und Dichter i»".
340 Zechen im Bad / Die Morgensuppe j
freien Bäder badete, entführten ihm die Weiber sein „Schnupftüechlin", zum Säubern, um
sich einen Trunk damit zu verdienen. Die vier Ulmer Maß Wein, die ihnen Krafft
schici<te, vertranken sie fröhlich unter Jubilieren und Gesang 32Q.
PiCTORius sagt 1560 vom Wattwyler Bad im oberen Elsaß, der Wein verderbe dort
viel, was das heilsame Bad aufrichte; „dann offt badend allda gute Herrn vnnd ge-
sellen" 152. Als Albrecht Dürer im Oktober 1520 in Aachen weilte, schrieb er unter
anderem in sein Tagebuch „Auch 5 Stüber für's Baden ausgegeben und mit den Ge-
fährten vertrunken", „ich habe 5 Weißpfennige in Gesellschaft vertrunken und für's
Baden ausgegeben" 675.
Die vornehmen Badegäste hatten unter sich eine Art studentischen Komments, der am
deutlichsten in der sogenannten Morgensuppe (Abb. 87), von der Pantaleon berichtet,
hervortrat. Sie hatte viel Ähnlichkeit mit dem heutigen Bierstaat der Jenaer Studenten. Zu
Baden hielten sie auch die Frauen bei fröhlichem Gesang in ihrem Bad. Sie fand im
Stad- und im Hinterhofe statt. Um gemeine Leute fernzuhalten, mußte man sich mit
einer größeren Menge Wein einkaufen, auch dann, wenn man im selben Gasthofe, aber
nicht in einem der genannten Bäder badete und diese nur vorübergehend benutzen
wollte. Umgekehrt war aber den Gästen der Herren- und der Frauenbäder erlaubt,
andere Bäder zu betreten und dort zu baden, was z. B. im Kessel des Stadhofs vorkam,
weil dessen Wasser wärmer war und für heilkräftiger galt. Wie sehr die Teilnehmer
der Morgensuppe bevorzugt wurden, geht daraus hervor, daß ihnen bei Überfüllung
des Frauenbades im Stadhofe ein zweites, sonst von anderen Personen benutztes Bad,
eingeräumt wurde.
„All vol lassend vns frölich singen" ^'',
mit solchem oder ähnlichem Lied begann die Morgensuppe zu Baden in der Schweiz,
und zu Baden bei Wien sang man 1588:
„Aussig Wasser inne Wein,
Last uns alle frölich sein"!^.
Mit der Morgensuppe war auch das Badgericht (Abb. 137) verbunden. Es fand zu Baden
(Schweiz) in den Herrenbädern des Stad- und des Hinterhofes statt; bei ungenügender
Beteiligung in einem Bade taten sich die Gäste beider zusammen und hielten das Ge-
richt abwechselnd in einem der beiden Höfe.
Zur Aburteilung durch das Badgericht kamen nur kleinere Vergehen, die im Verena-
bade vom Wächter bestraft wurden, der auch das Recht hatte, Leute in das Taubenhaus
(Gefängnis bei den Bädern) zu setzen. In den von gemeinen Leuten benutzten kleinen
Bädern hatte nach der Ordnung von 1506 der Badknecht „die Unzucht mit guten Worten
oder mit der Ruthe fernzuhalten" 32.
Zur Einführung des Badegerichtes hatte wohl der Umstand geführt, daß den Bädern
Freiheiten verliehen wurden, nach denen die Ortspolizei bei kleineren Vergehen nicht ein-
greifen durfte. Freiheiten in dieser Beziehung hatten, wie es scheint — und aus Pan-
taleon geht dies ja hervor — nur die von Vornehmen besuchten Bäder. 1475 gab
Friedrich I. von der Pfalz dem neu entstandenen Bad Hub in der Ortenau, da „gewon-
Das Badgericht 341
lieh ein yedes Bad sunder friheit hat", die Ordnung, „das keinerley gerichtsstabe noch
gerichtszwang gebrucht werden soll gegen den luten, die umb badens willen die ob-
genanten herberg besuchen und das bat bruchen". Im Wildbad Roigheim bei Möck-
mühl verordnete aber derselbe Pfalzgraf 1476, daß die Badenden dem Roigheimer Recht
unterstehen sollten 6i.
Das Badgericht bestand im ganzen deutschen Sprachgebiet. Nach der Badeordnung
von Baden bei Wien von 1613 und den Zusätzen bis 1690 wählten die Kurgäste unter
sich das Gericht 84. Aus der Olotterthaler Badeordnung (Mitte des 16. Jahrhunderts)
seien folgende hierher gehörige Stellen angeführt :
„Und damit die nachuolgenden Verbott steyff gehalten vnd die verbrachtem gestrafft
werden, so soll jederzeit ain Schulthaiß, so den stab füeret, vnd fünff Richter, ain Waibel,
auch zwen Fürsprechen, vnder den Bädern geordnet vnd gesetzt, vnd was durch die
erkannt, exequiert werden.
Vff daß auch ain Jedtwederer Amptsuerweser wisse, was ein tragendt Ampt in sich
habe, so soll erstlich ain jeder verordneter vnd gesetzter Schuldhaiß schuldig sein, so-
bald jme von dem hern Wirdt der Stab . . . .*
Item es soll auch ain jedtder maister (wohl Seckelmeister) schuldig sein gelt
inzuziehen vnd getreuwiich alles wer auff zuheben vnd vff begeren abzulüffern.
Item es soll auch ein jedtwederer Kuchemeister allwegen zu Essenszeit in der ge-
wohnlichen Malstuben ainen vnd den andern befragen, ob jme aus der Küche vnd aus
dem Keller seinem begeren nach gewillfahret, vnd da in der Kuchin durch faul- oder
hinlässigkeit ettwas verabsaumbt vnd .... ohne alle jnredt .... der richterlichen
Es soll ain jedtwederer Waibel acht haben, daß wann ain Bader oder anderer ....
mit gewehrter Handt, als da seind Degen, Waidmer, Beyhel oder dergleichen schneiden-
den Waffen, in das Hauß kummpt, daß er denselben, er sey in dem Bad oder nit, an-
globen lasse, daß er ehender nit auß dem Badort weichen (wolle), bitz er sich den
Bädernen richte vnd ain fueder Weyns mit zweyen Reyffen gebunden zur Straff gebe.
Item es soll auch ain jedtwederer Sigrist schuldig sein, siben zaichen mit dem Olöck-
lin, so in der Kirchen hanget, zu nachuolgenden vnderschidlichen malen zu geben, alß
erstlich Morgendts bey zeit zu Bett, volgends vor neun vhren vß dem Bad vnd vmb
zehne zum Essen. Sodann auch zue Mittag vnd Aubendts vmb fünff vhren widerum
vß dem Bad; dann vmb sex vhren zum Essen, vnd letzlichst wann es zeitt, widerumb
zu Bett zu leutten, darnach sich alle Bäder wissen zu richten.
Item es soll auch ain jedtwederer Britzenmeister oder Schlager, wan man endenlich
Gericht haltet, sich in seinem anbefolnen Richtschwerdt in der Nähe bey Gericht ver-
lassen vnd daselbsten fleissig achtung geben, wann jme Jemandt in sein handtwerck
greifft, erkannt würd, daß er krafft ergangener Vrthail vnd tragenden Ampts halber
Richte schuldig sei (Abb. 137).
Vnd sollen demnach alle die jenige benempt vnd andere Badgenossen, so an-
* Im Manuskript ist hier ein Stück weggerissen.
342
Das Badgericht
beuoihner Empter vnd abgefertigter Artickel, wie die dann ordenlich nach ainandern
besciiworen vnd verlesen werden, würcklich nachsetzen vnd vor dem Gericht anklagt
nach aller gebür von recht wegen gestrafft, auch alle verwijrckte Straff gleich alsbald
erlegen. Dar durch aber der hohen Oberkeit an jren Rechten vnd Gerechtigkeiten nichts
entzogen sein werdt" 330.
Ob tatsächlich einer der Mitbadenden als Sigrist die Kirchenglocke läutete oder das
Badgericht nur die Aufsicht darüber führte, daß es rechtzeitig geschah, mag dahingestellt
sein. Nach der Badenfahrt guter Gesellen lag die Beaufsichtigung von Küche und
Keller dem Pritschenmeister ob.
„Vnd han ich inn der kuchi acht
so lang der koch dsuppen macht
Wil ouch bim keller trüHch stan
biß er hat die maß voll glan"^''.
Abb. 147. Qyrenbad bei Turbenthal im Kanton Zürich. Kupfer aus dem: Neujahrsgeschenk der
Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich, 1826.
In Baden (Schweiz) hatte im Gegensatz zum Glotterbad das Badgericht nicht das Recht,
Leute zu bestrafen, die mit Waffen zum Bade kamen. Die Wehr war der Obrigkeit verwirkt
und mußte ihr durch den Wächter zugestellt werden 35. Waffentragen in der Nähe des
Bades war überall verboten. Selbst der Zar Peter I. mußte 1707 am Brunnen in Spa den
Degen ablegen 404. Auch in Pyrmont trug 1784 niemand einschließlich der Offiziere
beim Brunnen einen Degen, wie Marcard glaubt, weil alles nur zum Frieden und zur
Ruhe beisammen war 342
Im Glotterbad bestand die Strafe in Wein. Doch deutet die unvollständige Stelle
vom (Säckel-)meister darauf hin, daß sie auch in Geld gegeben wurde. In Baden
(Schweiz) wurde das Strafgeld von den Badergesellen verzehrt oder armen Leuten ge-
Das Badgericht 343
geben 35, in Baden bei Wien kam es ansciieinend nur armen Leuten zugute 84. 37i; da-
gegen wurde es in dem i<leinen Oyrenbad bei Turbenthal (Abb. 147) nacii der Badeord-
nung des Junkers von Breitenlandenberg vom Jahre 1600 zu einem „Abletzemahi" ver-
wendet 445. Von Leuk singt Hans Rudolf Räbmann 1606:
„Im Bad sind Richter und Amptslüt, Der Badbrief da sein Buss drauf hat.
Die lassen ungestraffet nüt. Manch Fuder Wein* wird g'setzt zur Buss
Wo einer fehlt mit Wort und That, Wie viel jeder bezahlen muss''^«.
Die einfachste Strafe bestand jedoch nicht im Bezahlen von Wein, sondern in zwangs-
weisem Trinken. In einem Notizbuche von Baden bei Wien vom Jahre 1588 heißt es:
„Nimm mit dir ein voll wein kandel
Und bekommst du in päd einen handel
So sei stäts willig und bereit
Zu bussen mit dem kandel dein tumpheit",
und „Ein schöner Spruch von dem Wildbad zu Nürnberg" hat 1581 die Worte:
„Noch ist zu merken zu der letz,
Ein nütz und nöthig Badgesetz,
Dass wer allda will sitzen ein.
Der bring mit sich ein flaschen wein" 's.
Nach Pantaleon wurde, wer sich dem Badgericht nicht fügte, vom Schultheißen
der Stadt gestraft. Das ist übertrieben; denn nach der Badenfahrf guter Gesellen ver-
fiel er dem Pritschenmeister.
„Ouch das man vns soll ghorsam sin
oder werden gestraft vm win
Der sich aber weite weren
Dem wurd ich näst vfkeren"^''.
Der Pritschenmeister war einer der Mitbadenden, in Abb. 87 nur durch die Pritsche,
in Abb. 117 u. 137 auch noch durch die Narrenkappe gekennzeichnet. Abb. 137 zeigt uns
eine Szene, die wir häufig bei der Darstellung von Schützenfesten antreffen, wo der
berufsmäßige Pritschenmeister als Festordner, Dichter und Polizist seines Amtes
waltete. Ernst waren seine Schläge nicht gemeint; denn auf Abb. 137 erhebt einer der
Delinquenten den zur Richtstatt mitgebrachten Becher.
Auffallend erscheint es, daß im Glotterbad harmlose Vergehen nicht unter die Para-
graphen fallen, die dem Badgericht unterstanden. „Item es sollen auch die Bäder
(Badenden), noch Fremde, so die Bäder besuechen, dem Bad nit Wasser sagen, bey
Straff eines Fueder Weins mit zweyen Reiffen gepunden." Die Art der Strafe zeigt aber
doch, daß die Obrigkeit sie nicht verhängte. Dasselbe Verbot hatte übrigens auch
Baden bei Wien 84. 37i.
Verboten war ferner im Glotterbad, wie überall, Schwören und Gotteslästern, im
Bad bei Boll (ca. 1600) auch das Nennen des Teufels „ohne Vrsach", sich selbst oder
andere beim Teufel verfluchen 33i.
• Die Höhe der Strafe ist hier scherzhaft übertrieben. Für Baden bei Zürich gibt StrÜbin^^s an,
daß das Fuder mit zwei Reifen gebunden und gleich ein Maß Wein sei. In Baden bei Wien waren
die Strafen nach Pfund bemessen, weswegen Wichner die Höhe für unwahrscheinlich hält«*, nach
Zeiller (1649) war aber ein Pfund Strafgeld gleich einen Pfennig 3' >.
344 Gebote und Verbote in den Minemibädern
„Item sollen ain Jedtwederer Bäder es seyen Manns- oder Weybspersonen, jre Heim-
ligkeiten zuedecken,vnd wo aineroderaine dasselbigvnzüchtigerweiß vbergüengen vnd
vor dem Gericht deßhalben anklagt wurden, der oder die sollen ebenmäßig straffwürdig
sein" (Glotterbad). Wer in Baden (Aargau) ohne Niderkleid ins Bad kam ohne große
Unzucht beging, wurde vom Schultheißen der Stadt bestraft, nicht vom Badgericht 35.
1571 verurteilte man zu Baden Hans Brunner wegen Ungebührlichkeiten im freien
Bade und wegen Schwörens, am nächsten Sonntage während des Hochamtes in der
Kirche das „Erterich" zu küssen. Auch erhielt er das Wirtshaus- und Oesellschaftsver-
bot, bis ihn der Rat begnadigte 32 in Pfäfers wurden Gäste, die sich ungebührlich be-
nahmen, wenn sie sich auch schon in vorgerückterem Alter befanden, auf hundertundein
Jahr vom Besuche des Bades ausgeschlossen, so 1479 ein Rudi Teller, der einen Ehe-
bruch begangen hatte 38.
Fast in allen Ordnungen sind Gespräche, die leicht zu Streitigkeiten führen konnten,
verboten, seit der Reformation namentlich Religionsgespräche. Noch die Badeordnung
vom Wildbad vom Jahre 1828 bestimmt für das gemeinschaftliche Bad: „Ebenso soll
Niemand durch Schreien oder Singen, durch Gespräche, welche einen Anderen beun-
ruhigen oder ärgern, durch Reden oder Handlungen, welche irgend ein Volk, einen
Stand oder einen Beruf lächerlich machen oder herabsetzen, durch Unschicklichkeiten
oder Zudringlichkeiten irgend einer Art die Mitbadenden stören" 325. Es sollte ein
sicherer und steifer Burgfrieden gehalten werden 33i. 393. Überflüssig Essen und
Trinken war im Glotterbad verboten. „Welcher bezechter vnd voller weiß im Bad er-
funden wirdt", zahlte im Boller Bad einen halben Gulden, und für das, was er in der
Trunkenheit fehlte, wurde er besonders bestraft 33i.
In der Ordonnanz von 1676 für Baden bei Wien wird Schwimmen und Untertauchen
untersagt, Ausspucken nur beim Ausfluß geduldet. Personen, Badeordnung und Pro-
tokolle dürfen nicht „angespritzt" werden §4. |m Wildbad wurde 1757 neben dem Be-
spritzen der Mitbadenden auch das Werfen mit Sand verboten 332^ nach der Lörlibads-
ordnung von Winterthur (1537) zahlte 5 ß Buße, „wer den andern im Bad wurd tufen
oder unzimmlich sprützen" 57. Leute mit ekelerregenden Krankheiten wurden abseits
gesetzt oder badeten zu besonderen Zeiten. In der Boller Ordnung findet sich noch
ein eigenartiger Zusatz: „Da auch jemands ein heßiich vnd abschewlich Gesicht hette,
der soll vmb der Schwangern vnd anderer Personen willen, dasselb bedeckt halten. Da
aber einer oder mehr, solcher bresthafften Leut, diesem Nachzukommen sich verweigern
wollen, die sollen also bald vom Bad ab- vnd gentzlich hinweg geschafft werden" 33i.
Gegen Verunreinigung des Bades waren überall Gesetze erlassen. „Item wann ain
Bader ins Bad sitzen will vnd zuvor die Füeß nit abbutzet (Vgl. Abb. 148), der selbige
soll in die Straff gefallen sein, doch die Jenigen, so Bandoflen oder Hosen anhaben,
außgenommen" (Glotterbad). „Der Bader soll auch Niemandts in das Bad sich aus
dem Staub und Kath ze waschen gan vergunnen, und biderb Lüt also übersetzen, be-
sonders so einer, es sige Joch Burger oder Frömd, sich zu waschen kommend, daß er
Pferdebäder
345
Abb. 14S.
Frauenbad um 1560. Zeichnung aus einer alchimistisclien Handschrift des germanischen
iVluseums in Nürnberg.
dem oder denen besonderbar Zuber oder Kasten geben solle. Wohl wann das Badzit
verschinnen, also wann es ze Abend Siben geschlagen hat, daß er alsdann einen in dem
Kasten sich ze erwäschen gar wohl erlauben möge" (Lörlibadsordnung) 57. im Wild-
bad hatte im 18. Jahrhundert jeder vor Beginn der Kur ein „Abwasch-Bad" zu nehmen.
Es war nicht gestattet, „den Kopf in das Bad zu zwagen" 332.
Nach Pantaleon war es in Baden in der Schweiz verboten, Tiere mit dem Bade-
wasser zu waschen oder in dasselbe zu werfen, auch im Lörlibad war das Hineinwerfen
von Tieren (neben Kleidern, Schuhen, Kot) untersagt. An manchen Orten hatte man
deswegen, wenigstens für Pferde, besondere Bäder. Schon Foltz sagt vom Bad bei
Avignon :
„Auch sint do ander bad erl<orn.
Für reüdig vnd repige pferd
Vnd mancher der gleichen geferd" "2.
Roßbäder gab es in Teplitz264^ Ems370. |n Bormio lag es (1616) unter St. Martins
Kirchlein und diente zur „benemmung der müde vnnd heilung viler schaden sehr
wol"59. Im Wildbad wurden noch im 19. Jahrhundert königliche und andere Pferde
mit gutem Erfolge behandelt. Gesunde Pferde durften aber nicht länger als zwölf Tage
lang täglich eine Stunde eingestellt werden, weil sonst die Hufe erweichten. Nach Ein-
gehen des alten Pferdebades trat Justinus Kerner für Neuerrichtung eines solchen
ein 325.
Unterstanden einzelne Bäder nicht der Ortspolizei, sondern unmittelbar dem Landes-
herrn, so mußten Frevel strenger und höher bestraft werden, um einerseits Tätlichkeiten
zu verhüten, andererseits auch vornehme Gäste im Zaume zu halten und dadurch allen
die nötige Sicherheit zu gewähren 6i. Guler von Weineck singt 1630 von Pfäfers :
„Da Sicherheit, frey Luft, gut Muth,
Die Kraft dess Bads vermehren thuf'^s.
Von Baden sagt Pantaleon, wer im Bad sitzt, sei seines Leibes und Lebens,
auch Habes und Gutes sicher, deswegen dürfe auch niemand mit Waffen oder
Seitengewehr ins Bad gehen. Zur Freiheit des Bades Hub gehörte (1475): „Ob aber
yemant darinn frevelt mit worten, und sunderlich gein yemant, der von badens wegen
da were, oder den dienern des bads, der solt sich verwirckt han in pene hundert rinischer
346 Die Freiheit der Mineralbäder
gülden off gnode, darnach die wort schedelich und auch die persone gewirdigt, die das
berurn, were. Ob aber yemants sich frevelich einer wehere und Überlaufs gebrucht, als
gezugk swert, messer, tegen, gespanner armbrost, geladener buchsen oder ander
wehere derglichen, als spieß, kolben, oder helbarten, wie man die nennen mocht, oder
wurff det, er letz' yemant darmit oder nit : so solt der detter ein hant und fuß verfallen
sin und zu uns als dem hern des lands zu unserm teil steen, ob wir also von ime richten
lassen oder darfur ein abtrag mit gelde von ime nemmen wolten. Wer aber yemant by
nacht überfiel im bade oder der herberg, oder yemant im bade oder der herberg wondet
off den tot oder gar libloß mecht, der solt lip und gut verlorn han und verfallen sin und
one gnad von ime gericht werden nach recht one geverde" 01. Nach der Ordnung eines
kleinen württembergischen Bades Mainhardt von 1485 wurde dem, der mit gewappneter
Hand gegen den Mitbadenden vorging, die rechte Hand abgehauen 53. Recht naiv wird
1597 im Tobelbad bei Graz das Verbot von „Rumoren, Poldern, schlagen, raufen",
Schwert- und Dolchziehen, Büchsenschießen begründet, weil dadurch die Badegesell-
schaft und sonderlich „das löbliche Frauenzimmer und ander ehrliche Weibspilder" im
Baden gestört und erschreckt würden. Von einem Bruch der Freiheit ist hier nicht die
Rede, sie scheint demnach auch nicht bestanden zu haben, trotzdem Tobelbad viel von
Adeligen besucht war. Auch das Badgericht fehlte, an seiner Stelle standen sechs aus
der Gemeinde gewählte Männer. Der Wirt hatte deswegen vom Adel viel zu leiden.
1584 führte er Beschwerde, für die jungen Herren vom Adel müsse er oft um zehn bis
elf Uhr nachts das Bad heizen, und wenn er die Tagestaxe mit sechs Kreuzern als zu
gering nicht annehmen wolle, „so well man miers umbs Maull schlagen". Die Land-
schaft empfahl dem Wirt ein bescheidenes Benehmen gegen jedermann, ordnete aber
zugleich an, die Sperre des Bades um zehn Uhr morgens und fünf Uhr abends durch
Glockenzeichen zu signalisieren. In Anbetracht dieses Urteils darf man es dem Wirt
nicht verdenken, wenn er 1597 eigenhändig Justiz übte. Die Badegäste hatten mutwillig
Schlösser, Türen, Fenster, Öfen, Betten und Bänke beschädigt. Dafür hatte er einen der
Täter, den Hofkoch Georg Trugker im Bade „überloffen und mitstraichen übl traktirt" H
Die Sicherheit einiger Bäder erstreckte sich auch auf Übeltäter. 1491 wurde das Bad
Losdorf vom Rat von Solothurn zu einer Freiheit erhoben, daß innerhalb der Dach-
rinnen des Badehauses kein Missetäter gefangen werden durfte 86 Das Wildbad erhielt
von Kaiser Maximilian einen ähnlichen Freiheitsbrief, der 1525 beim großen Brande ver-
loren ging und deswegen von Kaiser Kari V. 1530 erneuert wurde:
„Kayserlich Begnadigung, mit wöllicher die Statt Wildbad vngevährlich Todtschlags
begabt. Beneben einnerley Pt. Straffen die yederzeit alda frevenlich verwürckht, wie
solliche zue straffen. Wir Carl der Fünfft, von Gottes Gnaden Römischer Kayser zu
allen Zeiten Mehrer des Reychs Bekennen öffentlichen mit disem Brief, und thun
kundt allermeniglichen als Uns yetzo Vnnser und des Reychs liebe Getrewen, Schult-
heis, Burgermeister, Gericht und Raathe zu Wildtpaad in Vnnserm Fürstenthum Würt-
temberg gelegen fürbringen lassen, wie daß sie von weylandt dem Durchleuchtigsten
Der Freiheitsbrief für das Wildbad 347
Fürsten Vnsern lieben Herrn und Anherrn, Kaysern Maximiliane loblicher Gedächtnuß,
mit sondern Gnaden privilegiert, fürseehen, und begaabt seien, und namblich das die
Badgässt so yederzeith da wehren, hohes und nider Stands, keiner mit dem andern
weder mit Worten noch Wercken, jehzeit vnfreundtlichs, aigens Gevallen vnbillichs,
frevenlichs, oder tähtlichs fürnemen noch handeln sollen, bey einer Straaf als namblichen
Verlierung des Haupz, darzue auch das ein jeder so ein vngevorlichen
Todschlag begangen vnd andere (vßgenomen Mörder, und offent-
licheStraaßreuberunddergleichenUbelthäter)daselbstenimFlecken
des Wildbads, Jhar undTag,FridundFreyungs gehapt und gehaben
sollten u. s. w. Wölliche Kayserliche Freyheit auch yederzeiten den Baad-Gästen und
andern daselbsten zum offtermahlen im Jar durch den Schultheissen angesagt, verkündt
und öffentlich vßgeruffen worden were. Über wölliche Freyheit und Begnadigung sie auch
von obgenandten vnsern lieben Herrn und Anherrn offen, glaubhafft und versigelt
Brief und Urkundt in Irem Gewalt und Verwarung gehapt; Wölliche Brieff aber inen
vngevarlich bey fünff oder sechs Jaren, als in der grosen Brunst im Wildtbaad auff-
gangen, da die Statt in der Ringmauren, sampt andern ihren Haaben und Güetern, gar
verbrennen weren. Vnd vns darauf demüetiglichen anrueffen und pitten lassen, das
Wir sollichen Iren empfangenen Schaden mültiglichen bedencken, vnd Inen sollich ir
vorgedacht vorgegeben vnd verbrant Privilegium Gaab und Begnadigung zu confir-
miren. Vnd von neuem widerum zu geben, und zustellen gnädiglich geruhen ; das Wir
gütlich angesehen, ihr demüthig Pitten, vnd das sie allso vsser vnversehenem zuge-
standenem Vnfahl obberürter Irer Privilegien durch angezeigte Brunst beraubt sein. Vnd
Inen darauff also mit gueten Raathe Vollkommenheit, und rechten Wissen, sollich ob-
gedacht Freyheiten confirmirt, besteet, und von newem gegeben haben, confirmiren,
besteeten und geben Inen die allso von newem hiemit. Von Römischer Kayserlicher
Macht in Crafft dises Brieffs. Mainen und wollen, das sie derselben Freyheiten, wie sie
der Baadgäst halben, so yederzeit darkommen, alles obgemellt gehabt, fürohin auch
haben, prauchen und genießen sollen und mögen. VonRechtoderGewonheit
allermeniglich vnverhindert .... und wollen das die berürte Schultheissen,
Burgermeister, Gericht und Raathe zu Wildbaad, die yetzundt seindt oder künfftigl. da
sein würden ; an obgedachter Confirmations-Begnadigung vnd Gebung der Freyheit
alls obstehet nit irren. Sonder sie gäntzlichen dabey pleyben, vnd sich dero geruwig-
lichen und vnverhündert gebrauchen lassen. Alls lieb Inen allen vnd einem yeden sei
Vnser, vnd des Reichs Vngnad, vnd darzu ein Peen, nämlichen dreyßig Marck lotig
Golds zu vermeiden . . . ." 335.
Die Badeordnung von Mainhardt (1485) sicherte nicht nur jedem des Bades Be-
dürftigen zu, daß er im Bad „frei, stark und sicher" sei, sondern auch ungefährliches
Geleit für sich und seine Begleiter 53. Pyrmont war 1856 eben erst bekannt geworden
und erhielt in seiner Badeordnung schon den Satz:
„Ein sicher Qeleid thun wir auch geben Den so sich halten recht daneben" ^si.
348 Das sichere Geleit
Freies, sicheres Geleit erhielten in der Schweiz alle diejenigen, die sich zur Herstellung
ihrer Gesundheit in den in den eidgenössischen Vogteien gelegenen Bädern aufhielten 38.
Kaum sechs Jahre waren vergangen, seit die Eidgenossen dem Herzog Friedrich von
Österreich Baden und den Aargau weggenommen hatten, da bat dieser den alten Gegner
um Erlaubnis, während des kommenden Sommers (1421) mit einem Gefolge von sechzig
Personen einige Wochen in den Bädern zu Baden zubringen zu dürfen. Am 4. Mai 1463
gaben die Eidgenossen dem im Züricher Kriege durch seine mordbrennerischen An-
schläge berüchtigt gewordenen Hans von Rechberg Geleit, mit sechzehn bis siebzehn
Personen eine Badenfahrt nach Baden zu machen 32 Das Einholen der Erlaubnis zur
Badenfahrt hatte seine Gründe. Wenigstens der ungefähr aus dem Jahre 1492 stam-
mende Geleitsbrief für das Bad Pfäfers enthielt die Bestimmung, daß unter Umständen
die eidgenössischen Orte einzelnen Personen das Geleit künden dürften. Eine Ver-
letzung des Geleites durch den Abt von Pfäfers an Jörg Gossenbrot von Augsburg,
der mit dem Grafen von Werdenberg in Konflikt geraten war (1498), bildete neben an-
derem eine Ursache zum Ausbruche des Schwabenkrieges (1499). Großes Aufsehen erregte
zur Zeit die Geleitsaufkündung an einen böhmischen Revolutionär. Im Jahre 1620 wurde
auf Reklamation des Erzherzogs Leopold von Österreich der im Bade Pfäfers sich auf-
haltende Freiherr Friedrich von Tieffenbach, einer der böhmischen Direktoren, ausge-
liefert, weil er in drei Punkten das Geleit gebrochen hatte: erstens durch Tragen von
„Unterwaffen", zweitens durch Ausstellen von bewaffneten Wachen und drittens durch
Schimpfen gegen die katholische Religion 38
Das Badeleben zu Anfang des 17. Jahrhunderts wird durch folgende Ordnung von
Pfäfers vom Jahre 1619 charakterisiert:
„Avß Gottes Gnaden, Wir Michael von Hohen Sax, Abbte dess vralten Freyen
Fürstlichen Gottshaus vnser lieben Frawen zu Pfeffers, Sanct Benedicten Ordens, so
ohne mittel Bäpstlicher Heyligkeit vnderworfen : Vrkunden menigklichen, so allhero in
vnser FreyBad Pfeffers in das Tobel kommen, es seyen frembde oder heimsche, Geyst-
liche oder Weltliche, Reich oder Arme, niemandt außgenommen. Demnach vns, als
an dem ohrt freyen Gerichts, vnd diß Bads ordenlichen inhabenden Herren, die Gericht,
Mandat, Gebott vnn verbott zu thun, zu setzen, vnnd zu publicieren vnd die vbertretter
zu Bussen vnd zustraffen, von Obrigkeit wegen gebürt vnd zugehört.
Damit aber vnder den Badgästen, so sich dises vnsers Bads gebrauchen, frid, ruh
vnd einigkeit gemacht, auch alle gebür, Erbarkeit vnd Zucht so in ein Badt gehören er-
halten, dem vbel, mutwillen, leichtfertigkeit vnnd frefel vmb sovil mehr abgewert vnd
gesteurt werde, sich auch menigklichen vor dergleichen vnbillichkeiten fürzusehen vnd
zubehüten wisse, also haben wir an vnserm Ampt vnd Schuldigkeit nit wollen ermanglen,
sonder bey vnsern vorfahrern, deß gemeldten vnsers Gottshauß löblich herkommen,
so wol als in andern Bädren gebraucht wirdt, ein Bad Ordnung, vnnd dise nachvolgende
Gebott vnd verbott auff das Papir bringen vnd stellen lassen, die wir vnnachläßlich
bey den nachgesetzten Straffen vnd Bussen wollen gehalten, vnd von den vngehorsamen
Badeordnung von Pfäfers von 1619 349
jhr verbrechen vnnd begangne frefel, durch vnsere verordnete Badmeister oder andere
Befelchshaber, ohn alle Onad abzufordern vnd einzuziehen befohlen.
1. Erstlich so gebieten wir ernstlich, das keiner wer der seye, einen andern mit der
Faust schlage, welcher aber hierwider muhtwilliger weiß handlete, im Tobel oder ausser
halb, verfallt Buss 10. ft. pfenning. Item wann einer oder eine, den andern mit einem
Wehr, Teichen oder Messer schädigte, dardurch die Freyheit gebrochen wurde, die
sollen nach erkandtnuss des Rechten, vnnd gestaltsame dess Verbrechens würcklich
abgestrafft, vnnd auff Leib vnd Gut geklagt werden. Es solle auch keiner kein ander
Waffen als ein seytenwehr in das Tobel tragen, vnd dasselbig also baldt dem Würth
(biß zu außgang seiner Badenfahrt) zubehalten geben, bey straff \. ft. pfenning.
2. Zum andern verbieten wir ernstlich, das keiner dem andern vbertrang thun
solle, als durch spritzen, tauffen, oder freuenlich in das Bad fallen, welcher hierüber
thete, verfallt \. ti. pfenning: Da aber weiters vnraht darauß ervolgte, soll mit Recht
gestrafft werden.
3. Zum dritten verbieten wir, das kein Mensch das Bad maculiere, oder reuerenter
durch vnwillen, Menschlicher notturfft, oder womit das geschehen köndte: Welche
hierüber mißhandleten, verfallt ein jedes 2. n. pfenning. Vnd da ein anders solches
sehe, vnd anzeygte, dem wirdt das Badgellt geschenckt. Deßgleichen auch, welches
die häuser, steeg vnd weeg solte mit vorgemeldter vnzucht verwüsten, verfallt auch ein
jedes \. U. Pfenning, darumb, das solcher gestanck vnd geschmack vermitten bleibe.
4. Zum vierten, dieweilen dann vilmahlen von den Weibspersonen geklagt worden, das
sie etwan vnzüchtiger vnd mutwilliger weiß von den Mannsbildern in den Schrancken
angetastet werden, vnd damit aber diß ohrts vnzucht vnnd ärgernuß in allweg
abgeschafft werde, gebieten Wir ernstlich, das nach Ordnung deß Badmeisters die Weib
vnd Mannspersonen (ausserhalb der Eheleuthen oder verwandten) in abgesünderten
Schrancken baden thethen, im fahl aber solches wegen vile der Badgästen oder anderer
vrsachen, nit kan geschehen oder statt haben, so wollen Wir jhnen nichts desto weniger
(sovil jmmer möglich) ruhe schaffen, setzens derhalben menigklichen zu einer wahrnung,
an 2. n. pfenning buss, damit kein vngebür gegen jhnen, weder mit vnzüchtigem an-
tasten, vppigen oder vnschamhafften werten oder geberden, sonder durchauß alle
ärgernuß vnd vnbillichkeit abgeschnitten wurde.
5. Zum fünfften verbieten Wir auch, das keiner sein Scham entdecke, oder andere
dergleichen vnschamhafftigkeit erzeige, bey Buss. 1. tl. pfenning. Zu dem auch gebieten
Wir ernstlich, das alles vnzüchtiges (reuerenter) Huren und Bubenleben, da solches ein-
reissen wolte, durch vnsern Badmeister bey mercklicher Straff, die Wir gegen den mut-
willigen vbertrettern (nach gestalt der sach vnd deß Verbrechens) vorbehalten haben
wollen, vnd welches darwider handlete, solle vns gefäncklich herauß gebracht werden.
6. item zum sechßten verbieten Wir auch ernstlich, das keiner den andern mit dem
zutrincken solle vbernötigen, damit durch die völlrey keiner den Wein widerumb von
sich geben müsse, welcher aber darwider thete, verfallt 1. U. pfenning. Item welcher
350 Badeordnung von Pfäfers von 1619
in der Trunckenheit fluchte oder Gott lästerte, oder einen andern an seinen Ehren vnd
guten Lümbden antasten solte, verfallt 4. n. pfenning. Vnd da auß gedachter völlerey
vneinigkeit entstünde, solle der vrsächer mit Recht würcklich abgestrafft werden, vnd
wirdt sich keiner mit seinem vollen kopff, vnd das er bezecht gewesen sey zu entschul-
digen haben : Es solle auch niemandts ohn Unser verwilligung, von andern ohrten Wein
ins Tobel beschicken oder holen lassen, bey Straff 2. it. pfenning.
7. Zum sibenden gebieten wir denen, die da liebhaber deß newen Glaubens weren,
das sie, dieweil sie in dem Bad seind, denselbigen mit jhrer Lehr ihnen selbst behalten,
vnd damit weder Geystlich noch Weltlich anziehen, jederman ohn gestumpfiert vnd
zufriden lassen, vermög deß Landtfridens, vnd bey Buss 3. tt. pfenning, so offt solliches
beschicht: Da aber weiter nach gethanem anzug vngelegenheit darauß entspringen
solte, vnd durch schmitzen oder schmähen wider den Landtsfriden gefreflet wurde, als-
dann wirdt solcher mit Recht (laut deß Landtfridens) abgestrafft werden. Zu dem sollen
sie auch der Teutschen Psalmen singen, gäntzlich bey obgeschribner Büß sich ent-
halten, damit nicht (wie die Jahr hero beschehen) vil vngelegenheit vnd Widerwillen er-
wachßen möchte: Insonderheit, wann man söllich vngestum singen, den Catholischen
zu einem trutz anheben solte, darauff dann baldt ein zwyspalt vnd vneinigkeit entstehn
möchte, da aber einer je grossen lust zu singen hette, der kan andere Geystliche, oder
sonsten erbare Lieder (doch alles mit bescheydenheit) singen, vnd darumb das Bad mit
keinem vngehewren geschrey füllen, damit nit zuforderst die Alten, vnd die sonst blöde
Häupter haben mit verdruß im Bad sitzen, oder offt gar außweichen müssen.
8. (Betrifft Bestrafung ungebührlichen Verhaltens (3. ft. pfenning) während des
Morgen- und Abendgebetes.)
9. Wiewol zum neundten, dise Herliche vnd grosse Gaab Gottes dises warme
Wasser allhie, für ein FreyBad geachtet soll werden vnd sein, das weder Reichen noch
Armen, Frembden oder Heimschen verbotten, sonder einen jeden (so diser Vnser Bad-
ordnung gehorsamen will) erlaubt ist, darinnen sovil ohrt vnd platz als er bedürfftig,
vnd die enge deß Bads leyden mag, jhm selbs einzunemmen : So wollen Wir darumb
nicht gestatten oder gutheissen, das deß Standts halben der minder dem mehrerem,
nach Würde vnd gelegenheit der ohrten vnd sitzen, im Bad solle für gezogen werden,
sondern es solle in disem ein Badmeister fleissig achtung geben vnd warnemen sovil
müglich, das ein jeder nach seiner Würde, vnd nit nach seinem muhtwillen, solle ein-
gelosiert werden, da aber hierüber wider gebür gefrefelt wurde, solle der vbertreter nach
erkandtnuß deß Badmeisters, würcklich abgestrafft werden.
10. Zum Zehenden, befehlen Wir auch, im fahl sich etwas frefels, muhtwillen, vnge-
bür vnd bussfelliges zutrüge, so hierinnen in diser BadOrdnung nit begriffen were,
solle gleich .... vngestrafft nicht verbleiben .... Da aber einer oder mehr, ab vnser
Straff sich nit ergeben wolte, gegen denen solle mit Recht verfahren werden, vnd da
der Badmeister, wie auch der Würth samt jhren Diensten nicht mächtig oder starck genug
weren, solle der Badmeister auch andere Nachpauren beruften, vnd jhnen bey verliehrung
I
Badeordniing von Pfäfers von 1619 351
jhrer ämpter vnd Lehen gebieten, das sie jhnen die vbertretter, Vns hellfen vber andt-
worten.
Letsflichen, gebieten Wir den Badmeistern sampt den Würthen, seytemahlen Wir
an vilen ohrten vnschuldiger weiß außgerufft werden, als iiielten Wir gegen niemandts
kein Ordnung, das sie derowegen, diser BadSatzung stracks ohn alles conniuieren, vnd
verschonen, endtlich darauff halten vnd sorg tragen Datum in Vnserm Oottshaus
Pfeffers, den 6. Juiij: Nach Christi vnsers einigen Erlösers Geburt, 1619."
Darauf folgen noch Artikel für die Angestellten. Der Bademeister hat abends und
morgens das Gebet fleißig zu läuten, das Badlicht ordentlich anzuzünden, die Badeord-
nung am Mittwoch und Samstag vorzulesen, „gesunde, freche vnd böse Bettelbuben"
aus dem Badtobel hinwegzuschaffen, Leute aus der Umgegend nach Feierabend oder
Samstag abend, falls das Bad besetzt ist, nicht baden zu lassen, im übrigen für Rein-
lichkeit im Bad und der Umgebung desselben zu sorgen. Die Wirte im Bad und zu
Valens dürfen sich bei schwerer Strafe nicht die Gäste abjagen. Im Bad darf nur
Klosterwein ausgeschenkt werden, der allerdings so schlecht war, daß der Heraus-
geber der Beschreibung des Bads 1619 den Abt um einen besseren Trunk für die Gäste
bat 632.
Diese Ordnung entspricht noch vollkommen denen früherer Zeiten; die c. 1631 vom
Abt Jodocus für das neue Bad Pfäfers erlassene deckt sich nahezu mit der angeführten,
enthält aber einige Verschärfungen gegen die Nichtkatholischen, denen z. B. das Fleisch-
essen an Freitagen und Samstagen verboten wurde. Mitbringen von eigenem Wein
wurde jetzt nicht mehr mit zwei, sondern mit fünf Pfund bestraft. Geheilte sollten
spätestens einen Monat nach Verlassen des Bades zur Ehre Gottes Nachricht von ihrem
Zustand geben 349.
DIE DEUTSCHEN MINERALBÄDER SEIT DEM DREISSIG-
JÄHRIGEN KRIEGE / DIE WASSERHEILKUNDE
EBiz schreibt 1647 in seinen Mißbräuchen der Bäder: „Es finden
sich auch vnterweiien Grobian!, weiche vermeinen, es seye jhnen
alles erlaubt, was sie thun vnd fürnemmen — andere müssen es
wol leiden — sie seyen in jhren Gemachen vnd vmb jhr gelt da.
Scheuwen sich derwegen nicht, gantze durchgehente Nächte zu
Zachen, zu schreyen, zu jählen, zu raßlen vnd zu spielen, haben
auch wol die gantze durchgehente Nacht biß an den hellen liechten
Morgen Spiel Leuth bey sich, dadurch andere Badgäste, welche jhre gesundheit suchen,
in jhrer Nachtruhe mercklich vnd schmertzlich verhindert werden" 65.
Auffallend ist, daß Sebiz nichts von Gastereien und Musik während des Bades,
sondern nur „viel reden vnd schwätzen, vnd vnterweiien auch mit heller stimme singen"
erwähnt und nach seinem Bericht die „Grobiani" doch zu den Ausnahmen zählten. Ja
Sebiz nimmt in seinen Diätvorschriften Rücksicht auf Personen, die „abstemius"
sind *.
Die alte deutsche Badeherrlichkeit war verschwunden, und das
hatte der Dreißigjährige Krieg** bewirkt. Nach ihm entstand ein
* Die Mäßigkeitsbewegung scheint im 17. Jahrhundert größere Ausdehnung gewonnen zu haben.
1616 Idagten die Landleute im württembergischen Amte Haidenheim einen Bäcker und Bierwirt zu
Oberbabingen an, daß er aus Dinkel, Roggen und anderen Qetreidearten Branntwein brenne, wo-
durch Gottes Gabe mißbraucht und verkehrt und aus Speise Trank gemacht werde. Auch würde
den Leuten dadurch zu übermäßigem Zechen Ursache und, indem man diesen Branntwein mit anderem
guten Wein mische, auch Anlaß zu Betrügereien gegeben (Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte,
Jahrg. 1856). Über die ältesten Mäßigkeitsvereine, insbesondere von der Christophs-Gesellschaft, siehe
ebenda. Das unmäßige Zechen der vorhergehenden Zeit hatte, wie es scheint, recht häufig unan-
genehme Nachwirkungen; denn die Folgen der Alkoholpolyneuritis und ihr Zusammenhang mit dem
Trinken waren sehr gut bekannt. Nach Paracelsus heilte Pfäfers die Kontrakturen der Glieder, die
vom Wein entstanden ^i, und Stumpf schreibt von Worms (Bormio): „An disem ort ist ein warm
Bad, von natur, gantz krefftig, vnnd gut für vilerley geprästen, besonder des haupts, auch den er-
lameten glideren dienstlich: vnd deßhalb den Etschleüten, vnd guten zächbrüdern (die sich bey weylen
an dem starcken Etschweyn abtrinckend, vnnd daran gar contract werdend) gar wol gelegen vnd gantz
gebreüchig" 9. Nach Martin Ruland heilte das Trinken von gewöhnlichem kalten Wasser das
„Zittern vom Wein" ■">". ** Am meisten litten die württembergischen Bäder '". Wiesbaden wurde
entvölkert. Man erpreßte Geld von den Badegästen. 1623 war Tilly dort^". Auch die badischen und
elsäßischen Bäder wurden schwer heimgesucht^'. Baden in der Schweiz aber brachte der Krieg
goldene Tage. So wohnten in den Wirtshäusern der Stadt vom 27. Januar bis 27. Februar 1644
zweitausendeinhundertfünfundvierzig Personen 38.
Unterhaltung in den Minemlbädern 353
neues, vollständig anderes Leben. Morgensuppe (wenigstens die in Wein
bestehende) und Badgericht gingen ein, und wo sie sich in Gegenden, die der Krieg
nicht berührt hatte, noch hielten, überlebten sie nicht den Anfang des 18. Jahrhunderts.
Man hat den Niedergang von Baden in der Schweiz mit der Einnahme durch die refor-
mierten Kantone im Jahre 1712 in Zusammenhang gebracht, die großen Gesellschafts-
bäder samt Morgensuppe und Badgericht bestanden aber schon 1702 nicht mehr 373.
An Stelle fröhlicher Gesellen saßen Familien im Morgenbad, tranken Kaffee, Tee und
Schokolade und aßen Konfekt mit Spanisch Brödli424.
Das übermütige Schlemmerlied war verstummt, nun sang man Bußlieder in den
Wunderbrunnen. Der Pritschenmeister hatte seine Tätigkeit eingestellt, die alten derben
Spruchgedichte und Gesänge wollten niemand mehr gefallen. Zoten in Form schmutzig-
ster Liebesgeschichten wurden jetzt den Badegästen in den verschiedenen Amüsements
des eaux de N. N. zur Unterhaltung gereicht. Man braucht nicht die Versicherung des
Herrn von Merveilleux, des Verfassers einiger derselben (sie erschienen namenlos), daß
die Vergnüglichkeiten bei den Wassern zu Spa und Aix la Chapelle (Aachen) das Glück
hatten, der galanten Welt zu gefallen 385^ die heute noch zahlreich vorhandenen Exem-
plare in französischer, deutscher und teilweise auch englischer Ausgabe sagen genug*.
Nicht wesentlich unterschied sich von der Lektüre das Theater. In Baden bei Wien
spielten 1727 Wiener Komödianten „das Baadener-Bad", das voller schmutziger Liebes-
geschichten war 406. Die deutsche Komödie zu Wiesbaden zeichnete sich um die gleiche
Zeit durch grobe Zoten aus, der Hanswurst wiederholte dabei zuweilen ein Wort wohl
zweihundertmal in einem Stück 407. 1797 vertauschten in Karlsbad beim Schauspiel
Männer und Frauen die Rollen, wobei sich die Frauen darstellenden Männer grobe Un-
sittlichkeiten zuschulden kommen ließen, die vom größten Teil der Zuschauer gemiß-
billigt wurden, was aber nicht verhinderte, daß das „neue Sonntagskind" in den gleichen
Kostümen auf „hohes Begehren" wiederholt wurde '65^ und das geschah im vornehmsten
Bade Deutschlands. Das kleine Lauchstedt war berufen, als erstes Bad Goethes und
Schillers Bühnenwerke seinen Gästen vorzuführen.
Jetzt zogen die Fürsten nicht mehr mit großem Geleit zur Sicherung gegen räuberische
Überfälle in die Bäder, der ganze Hofstaat erschien unter militärischer Prachtentfaltung.
Als Friedrich August, König von Polen, 1705 nach Karlsbad kam, wurden aus Dresden
an Garde, Wrangeischen Dragonern, Chevalier- und Schweizergarde sechshundertacht-
undsechzig Köpfe kommandiert. Da in den Bürgerhäusern die Truppen nicht unter-
gebracht werden konnten, mußten aus Dresden die erforderlichen Lagergerätschaften
zu einem Campement gesandt werden 45i. Glänzende Kavalkaden, Brunnenfeste und
Bälle hatte die Anwesenheit der Höfe zur Folge; Grafen und Barone suchten in der
* Die Amüsements hatten einen Vorläufer in Mich. Caspar Lundorfs Wißbadischem Wiesen-
Brünnlein von 1610, das weiter nichts als „schlechte Histörgen" enthielt, die den Kurgästen zum
Zeitvertreib dienen sollten ^33 Dem „unschuldigen" Zeitvertreib im Karlsbad dienten angeblich als
Quellen Abraham a Santa Clara und französische, italienische und holländische Literatur*".
Martin, Badcwescii 23
354 Einteilung der Bäder nach den Ständen der Besucher
Prachtentfaltung nicht zurückzustehen und sich gegenseitig darin zu überbieten*. Es
soll sogar vorgei<ommen sein, daß hohe Persönlichkeiten ihren alljährlich gegebenen
Ball ausfallen ließen, wenn ihnen durch Anwesenheit Begüterter die Aussicht genommen
wurde, an erster Stelle zu glänzen.
Trat in früheren Jahrhunderten eine Trennung der Stände in einzelnen Bädern auf,
so sonderten sich jetzt die verschiedenen Bäder nach Ständen. Das Luxusbad wurde
das Ideal der Bäderbesitzer und Badeärzte; in einem solchen die Saison in Gegenwart
hoher fürstlicher Personen zuzubringen, rechnete man sich zur höchsten Ehre an, und
wenn der Bürgerliche nur hinter den Stühlen den Tänzen des Adels zusehen durfte und
der einheimische Adel von ausländischen Fürsten stehend empfangen wurde (z. B. 1801
in Pyrmont von der Gemahlin Ludwigs XVIII.)**. Seine bevorzugte Stellung mußte
übrigens 1797 in Karlsbad der Adel mit doppelter Kurtaxe bezahlen. Die Armen sah
man in diesen Bädern jetzt nur ungern noch. 1761 heißt es in einer Wiesbadener
Schrift, daß alle Jahre Hunderte von Fremden, sonderlich gemeine Leute das Bad be-
suchten, die viel kürzer durch Arzneien kuriert werden könnten 433. Diese Zustände
waren übrigens nicht ein Charakteristikum des Badelebens, sondern ein allgemeines
Zeichen jener Zeiten. Ich erinnere daran, daß auch auf den Universitäten der studierende
Graf an einem besonderen Tische saß, doppeltes Kollegiengeld zu zahlen hatte, und
daß Meiner, der Prorektor von Göttingen, 1802 schrieb, die Anwesenheit nur einer
mäßigen Anzahl von fleißigen und untadeligen jungen, aber armen Studenten, sei ein
großes Übel für diese Universität i40.
Wie von alters her zog der Bauer alljährlich weiter (in Süddeutschland und der Schweiz
bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus) in sein Schröpf bad, um bei Abzapfung
einer genügenden Menge Blutes je nach der Größe des Geldbeutels einen halben bis
acht Tage lang die Zeit mit Essen und Trinken im Bade zuzubringen.
Das Leben in einem bürgerlichen Kurorte wird am besten durch einige Stellen aus
Mosers Schrift über das Wildbad vom Jahre 1758 gezeichnet:
„Wer von Stuttgart oder Tübingen kommt, muß die Calmbacher Steig paßieren,
welche zwar nicht gäh, aber eine Stunde lang ist, und, wann sie allererst wieder ge-
macht worden, durch Plaz-Regen leicht so verdorben wird, daß sie arg stoßt und das
Gefährt, wann es nicht gut beschaffen ist, Schaden nehmen kan; dahero ist auch schon
Fürstliche und andere Standes-Personen, so grose Schmerzen gehabt, durch Ochsen
* Die hier folgenden Angaben fußen auf Schilderungen der verschiedenen „Amüsements", den
Zeitungen und den Brunnentaschenbüchern der Zeit; namentlich kommt das Journal des Luxus und
der Moden ^<'^ in Betracht. ** Die Bedeutung eines an- oder abwesenden Hofes für die Mineralbäder
zeigt am besten das Schicksal der Quelle von Imnau im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. 1822
schreibt Wetzler darüber: „Vor etlichen und zwanzig Jahren ließ der damalige Fürst Anton ein
großes und schönes Badehaus aufführen und kam alle Jahr im Sommer dahin. Der Hof, das Spiel
zog viele Gäste herbei. Der Hof blieb weg, und die Gäste, die derselbe, sowie das Spiel angezogen,
blieben auch weg, so daß der Brunnen die letzten Jahre sehr wenig besucht ward, und das Bad,
das an oder gar über die hunderttausend Gulden gekostet haben soll, vor einem Jahre, dem Ver-
nehmen nach, mit 15 000 fl. verkauft wurde" 3^°.
Mosers Schrift über das Wildbad von 1758 355
diese Steige haben iierab-füliren lassen, weil selbige langsamer und gleicher ziehen, als
Pferde.
Anmeldung bey dem Badmeister. Wann man im Wildbad angelanget ist, lassen die
Personen, so einiges Standes seynd, den Badmeister zu sich ruffen, melden ihme, daß
sie baden wollen, ziehen von ihme, wo nöthig, ferneren Unterricht ein, und übergeben
ihm die Bad-Gerähte.
Compliment an die Mit-Bad-Gäste. So dann erkundiget man sich, was für Personen
ohngefähr gleichen Standes in eben dem Wirthshaus logiren, lasset so dann ihnen, auch
andern Bekannten, ein Compliment machen, Glück zum Bad wünschen, und sich er-
bieten, wann man ausgeruhet habe, sie zu besuchen ; worauf man insgemein von ihnen
bald den ersten Besuch erhält
Umkleidung. Alle Manns-Personen gehen nur in Schlafrock, Kapp, Strümpfen und
Pantoffeln über die Strasse in das Bad. Um auch desto eher fertig zu seyn, läßt man das
Halstuch, Knie-Riemen und die Hembd-Knöpfe zu Haus, ingleichem die Ringe, so leicht
im Baden verlohren gehen, auch wohl die Steine im Wasser ihren Glanz verliehren.
Man nimmt nur ein Schnupftuch zum abtrocknen des Gesichts mit; einige auch die
Taback-Dose. Frauens-Personen pflegen im Mantel, Unterrock und Hembd in das Bad-
haus zu gehen. Kommt man in das erste Vor-Zimmer und findet das zweyte, weil sich
würcklich jemand umkleidet, verschlossen, sitzet man so lang nieder, bis dise Person
herausgehet. Alsdann gehet man in das zweyte gewärmte Vor-Zimmer, und setzet sich :
Der Badmeister oder Bad-Frau ziehet die Strümpfe ab; so dann stehet man auf, bietet
ihn den Rücken, und gibt den Schlafrock weg, schlupft mit dem einen Arm aus dem
Hembd heraus und in das Bad-Hembd hinein, so dann auch mit dem andern, läßt sofort
das ganze Hembd fallen, knüpft ferner das Bad-Hembd am Hals und um den Leib mit
den Bändeln zu, thut die Pantoffeln aus, nimmt das Schnupftuch und Dose, und
geht also mit blossen Füßen durch die von dem Badmeister oder Bad-Frau eröffnete
Thüre einige Staffeln hinab in das Bad
Bezeugen währenden Bades So löblich auch sonst und an und für sich das
Singen geistlicher Lieder ist; so muß man sich doch dessen enthalten, wann es nicht
allen anständig ist, weil die Andere alsdann nicht dafür mit einander sprechen können,
oder es sie sonst incommodirt. Gleiche Beschaffenheit hat es mit lautem Lachen, oder
allzustarkem Reden. Wann die im Bad sitzende Personen mit einander sprechen,
müssen sie sich in Acht nehmen, was sie sprechen, weil man, wo es in einem Bade
stille ist, alles deutlich höret, was in einem benachbarten Bad gesprochen wird; wovon
mir merckwürdig- und bedenckliche Exempel bekannt seynd
Vom Aussteigen und Ankleiden. Ob man gleich im Bad selbst die Uhr schlagen
hört; so sagt doch der Badmeister oder Bad-Frau jeder Person im Fürsten- Herren- und
Edel-Frauen-Bad, wann es Zeit ist, auszusteigen. Man stehet so dann auf, trocknet das
Gesicht ab, nimmt sein Schnupftuch und Dose, empfiehlet sich denen Anwesenden,
unter nochmahliger Anwünschung eines gesegneten Bades, steiget aus dem Bad herauf
356
Die Badeordniins' von Neu-Schaiienburs von 1762
und begibt sich in das warme Vor-
zimmer. Der Badmeister oder Bad-
Frau halten sodann das gewärmte Lei-
lach in die Höhe, und werffen solches,
wann man das nasse Bad-Hembd hat
fallen lassen, um; oder man stellt sich
mit dem Rücken gegen sie, schlupft
mit einem Arm aus dem Bad-Hembd
und lasset sich das Leilach umlegen,
macht es sodann mit der andern Seite
auch so, und läßt endlich das Bad-
Hembd fallen: Man trocknet sich hier-
auf, mit Hülf des Badmeisters oder
Bad-Frau, ab, läßt sich das gewohn-
liche Hembd überwerffen, und ziehet
den Schlafrock an, setzet sich sofort
nieder, läßt sich auch die Füsse ab-
AKiimr-Tci i_iiur r>j . trockncu uud die Strümpfe anziehen,
Abb 149 Das Tafeli im Hinterhof zu Baden im Aar-
gau im 18. Jahrhundert. Kupfer von Heqi aus: David Schlupft in die Pantoffeln, setzt etwa
Hess, Die Badenfahrt. Zürich, 1818. guch eine warme trockene Kapp auf,
trocknet nochmahls das Gesicht ab, nimmt das Schnupftuch und Dose zur Hand, und
gehet so wieder nach Haus" 332
Als Seitenstück mögen folgende Bestimmungen aus dem 17Ö2 erlassenen „Baad-
und Aufführungs-Reglement" für das im Gebiete von Basel liegende Bad Neu-Schauen-
burg hier folgen :
„Des Morgens von 7 bis 8 Uhr sollen sich sämtliche Baad-Gäste mit ihren Curen,
als besonders mit Thee, Caffee, Chocolade, Wein-Waaren, Saurbrunnen, Kraut-, Kachel-,
und Blatten-Muess, Butter-Schnitten, und was dergleichen mehr ist, im grossen Saal ein-
finden. — Die, so nicht in das Baad gehen, sollen sich während 9 bis 10 Uhr still, ehrbar
und bescheiden aufführen und mit etwas Nützlichem beschäftigen. 10 bis 12 Uhr ist
zum Spazieren bey schönem Wetter, und beym Regen zum Spielen, Conservieren und
unschuldigen Belustigungen gewidmet. 12 bis 1 Uhr zum Mittag-Essen, doch solle es
auf eine Viertelstund mehr oder weniger nicht ankommen. 1 bis 2 Uhr zum Caffee, wer
aber keines nicht trinket, mag sich indessen mit etwas anders erquicken ; doch ist in
dieser Stund der Chocolade gänzlich verbotten.
5 bis 8 Uhr, zu einem Spaziergang vor die ganze Gesellschaft; wenn aber wider alles
Erwarten ein Regen einfiele, so könnte aus Desperation gespielt werden. 8 bis Q Uhr
Nacht-Essen. Von Q bis 11 Uhr, wäre der Tag mit einem Ehren-Tänzlin, oder einer an-
dern angemessenen Ergötzlichkeit zu beschliessen. Um 11 Uhr sollen alle und jede sich
in das Bett verfügen, und eine allgemeine Stille regieren, besonders wenn sich Jemand
Die Badcordmiiw von Neii-Scliaiicnbiirs[ von 1762
357
unter den Baad-Gästen nicht wohl befinden thäte. — Das particulare Gesundheit-Trin-
i<en solle äussert dem generale über Tisch gänzlich abgethan, doch einem jeden wohl
erlaubt seyn, seinen Nachbarn in der Stille einen Trunk zuzubringen. In denen Ge-
mächern sowohl als in dem Baad solle man so wenig als möglich Geräusch machen,
damit die Nachbaren nicht beunruhiget werden. Sollte auch jemand durch einigen Zufall
überfallen werden — das Wasser von Schauenburg wirkte nämlich, wie Brückner
meldet, „verdinnernd" — der ihne, es seye bey Nacht oder in der frühen Morgen-Zeit,
aus dem Gemach zu gehen nöthigen würde, so wird eine anständige Stille ebenfalls bestens
anbefohlen, welche auch von der Herrschaft ihrem Gesinde soll eingeschärft werden ;
in dieser Zeit aber sollen die hölzernen Absätz an Schuen und Pantouffeln gänzlich ver-
botten seyn. Alle Ohrenbläser, Sonderling und Murrolfen sollen gänzlich von hinnen
verbannisirt seyn ; es seye dann Sach, dass sie Besserung versprechen. — Weilen der
ganzen Ehren-Compagnie daran gelegen, dass Sie weder zur Nachtzeit noch an der
Tafel, durch Hunde nicht beunruhiget werden, als solle ein jeder Ehren-Gast, welcher
solcher Thieren mitbringet, gehalten seyn, selbige an gehörigem Ort verwahren zu
lassen. — Was die Strafe dieser Anordnung anbelanget, so könnte der Uebertretter der-
selben am Geld, das Frauen-
zimmer aber am Leib ab-
gestraft werden, welches
aber billichermassen der
Ehren-Compagnie zur De-
cision überlassen wird.
Desgleichen, wenn ein Mann
seiner Frauen, oder eine
Frau ihrem Mann, innert
ersten 8 Tagen keinen Be-
such abstattet, solle jeder
Parthey frey stehen, sich
anderwärts Rath zu schaf-
fen." Da Neu-Schauenburg
wie Dr. Rudolf Wacker-
NAOEL, der Herausgeber die-
ses Reglements, bemerkt, als
„ein höchst heimeliges Bur-
gerbädlein unserer lieben
alter Basier" galt, das weder
wegen der Heilkraft des
Wassers, noch wegen Zu-
drangs der Schöngeister be- ^^^ ,5^ ^-^^ j^^^^^ _^^ ^^^^^ .^^ Aargau. Kupfer aus dem : Neu-
rühmt war, wie Schinznach, jAHRSOESCHENKderOeselischaftzum schwarzen Garten. Zürich, 1809.
358 Die alten berühmten Bäder gehörten anfänglich nicht zu den Luxusbädern
Abb. 151. Der Brunnenplatz zu Pyrmont mit dem Trinkbrunnen (dem Kuppelbau rechts) und dem
vor ihm liegenden Badebrunnen. Kupfer nach Weitsch von Oeyser. Aus : Marcard, Beschreibung
von Pyrmont. Leipzig, 1784.
SO ist auch natürlich, daß die Kurgäste „nach der Ordnung ihrer Ankunft ihren Platz an
dem Tisch bezogen" 38.
Daß sich in den bürgerlichen Bädern Leute von einigem Stande von den übrigen
Kurgästen absonderten, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden. Zu Baden im
Aargau mieden im 18. Jahrhundert die Badegäste aus vornehmen Kreisen die gemischte
Gesellschaft auf der Matte, jenem schon oft erwähnten uralten Vergnügungsplatze, und
zogen vor, ihr Morgenstelldichein an einem runden steinernen Tische, dem Täfeli beim
Hinterhofe vor den Ställen des Federviehs zu halten (Abb. 149)32. Aber nach der Re-
volution (1797) wurde es einsam am Täfeli, und die Matte kam wieder zu Ehren
(Abb. 150)315.
Unter den Luxusbädern vermißt man den größten Teil der im Mittelalter berühmt
gewesenen Bäder, und das hatte mehrere Gründe. Die Lage der alten Wildbäder ver-
hinderte deren Ausdehnung. Neue Bauten ließen sich wegen Platzmangels schwer er-
richten, und die alten, mit großen Kosten hergestellten konnten ohne längeres Aussetzen
des Betriebes höchstens um-, nicht neugebaut werden. So findet man vielfach Klagen
über ungenügende Einrichtungen, z. B. im Wildbad, in Pfäfers, in Baden in der Schweiz.
An Stelle der Badekur war jetzt die Trinkkur Mode 35Q
Von Leuk schrieb ein Berner im 18. Jahrhundert, daß für die Gäste wenig gesorgt werde,
die Gebäude schlecht (Abb. 97), das Ameubiement häßlich, die Tafel nicht sonderlich
und die Preise teuer seien 675^ und Goethe wußte bei seinem dortigen Aufenthalte 1779
vom Besuch eines Heeres hüpfender Insekten zu berichten, daß er am andern Morgen
aussah, als hätte ihn die Nesselsucht befallen 38 Der Hauptgrund des Auf-
kommens neuer Bäder an Stelle der alten lag aber darin, daß statt
der Bade- die Trinkkur Mode der vornehmen Welt wurde. Darum
rechnete Baden-Baden im 18. Jahrhundert noch nicht zu den Luxusbädern. Es kam
erst durch den Rastatter Kongreß (1797) in Aufnahme, galt dann als das billigste der
größeren Bäder und war nach Wetzler (1817) das einzige, wo der Gast nicht geprellt
wurde370. \q\q kannte man als alleiniges Vergnügen der Badegäste die gemeinsame
öffentliche Tafel -tos. So wird verständlich, wenn alte Badegebräuche, wie Morgensuppe,
Badgericht verschwanden, die an das Wasserbad geknüpft waren und zur Unterhal-
tung, namentlich der vornehmen Gesellschaft, während des stundenlangen Einsitzens
dienten.
Karlsbad erstand nach dem Brande von 1 759 fast nur als Trinkkurort 347 Zu Pyrmont
gab es im 18. Jahrhundert für vornehme Leute keine öffentlichen Badeinrichtungen, man
Abb. 152. Ansicht des Markts zu Spa und des Brunnens Pouhon. Kupfer aus: Les Amüsements
de Spa or, the galanteries of the Spaw in Germany. London, 1745.
360
Pyrmont / Spa / Aachen / Karlsbad
Abb. 154. Der Spaziergang bei den Brunnen zu Aachen. Aus: Amüsements des eaux d'Aix
Chapelle, oder Zeitvertreib bey den Wassern zu Achen. Berlin, 1737.
mußte das Wasser in die Wohnungen holen lassen 342 Man trani< zumeist den alten
heiligen Brunnen (Abb. 151). In Spa (Abb. 152) wurde im 17. Jahrhundert nur ge-
trunken, wegen Verlustes der Kohlensäure beim Erwärmen des Wassers verzichtete
man auf die Verwendung zum Bad*. Zum Ärger der Spaer Ärzte führte Blondel in
Aachen zur Bade- die Trinkkur ein, was ihm, nebenbei bemerkt, den Titel „Thermo-
potationum institutor" (Abb. 119) eintrug. Welch bewegtes Leben sich dort im 18. Jahr-
hundert am frühen Morgen bei den Brunnen entwickelte, zeigt Abb. 153.
Pyrmont wird von Schiller neben Karlsbad als glänzendstes der Bäder erwähnt 6^1
* Das Entweichen der Kohlensäure beim Kochen der Säuedinge war schon Bolmann, einem Arzte
in Hameln, aufgefallen, der 1682 ein Werk über Pyrmont verfaßte. In jungen Jahren hatte er 1628
den im Dreißigjährigen Kriege berühmt gewordenen Grafen von Pappenheim nach Lüdge begleitet.
Dieser gebrauchte dort den heiligen Brunnen von Pyrmont zum Baden, und Bolmann machte die
Erfahrung, daß beim Erwärmen des Wassers im Kessel „alle Spiritus, darin die Kräffte stecken
evanesciren, sich verlieren und ausrauchen". Er schlug einen Modus — wie er glaubte einen neuen,
den er erfunden — vor und „practicirte" ihn auch, nämlich bei zugedeckter Badewanne glühend ge-
machte große Kieselsteine, Kugeln oder Schmiedeschlaken vermittelst eiserner Kellen durch ein Loch
des Deckels in das Wasser zu werfen und dies dadurch zu erwärmen 392.
\ ^c
">
f ^
Abb. 153. Aachen 1727. De Groote Vergaader-Plaats van alle gebrekkelyke Menschen, die sig na de Fonteinen begeeven om de Wateren te Drinken. Kupfer aus: Blondel,
Beschryving van de Stad Aken. Leiden, 1727.
Die Luxusbäder / Einteilung des Tages in den Trinkbrunnen
361
Nach Zuckert waren 1768 Karlsbad, Pyrmont, Eger und Spa am besuchtesten 343. Als
Luxusbad ersten Ranges gah Langenschwalbach. 1711 waren elf fürstliche und fünfzehn
gräfliche Personen anwesend 387. Von kleinen Bädern rechnete sich Brückenau im Fulda-
ischen gegen Ausgang des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderrs zu den vornehmen,
und dessen Badearzt Zwierlein war unausgesetzt bemüht, das Bad als ersten Kurort
hinzustellen. Als teuerstes Bad galt (1798) Freienwalde, wo sich der brandenburgische,
mecklenburgische und pommersche Adel trafen. Durch die Kriege am Rhein verlor
Schwalbach im 18. Jahrhundert seine Bedeutung als Luxusbad, Spa durch die Revolution,
während Pyrmont infolge derselben den französischen Adel samt Hof öfters zu Gaste
bekam, bis es auch im 19. Jahrhundert des Titels eines Luxusbades verlustig ging.
Wie eben angedeutet wurde, trank man das Mineralwasser am Morgen. In Spa trafen
1735 die ersten Gäste schon um vier Uhr in Schlafkleidern beim Brunnen von Pouhon
ein, und gegen neun Uhr ging man in die Herbergen, um sich anzukleiden. Die
Zwischenzeit wurde mit Trinken und zur guten Verdauung des genossenen Wassers mit
Spazierengehen zugebracht 404. |n Aachen gab es für letzteren Zweck einen besonderen
Spazierplatz (Abb. 154), bei Regenwetter wandelte man unter Galerien (Abb. 110), und
zuweilen wurden (1737) die Trinkgäste von der Stadt mit Musik beehrt 263 Außerdem traf
Abb. 155. Die „Allee" in Pyrmont. Kupfer nach Weitsch von Geyser. Aus: Marcard, Beschreibung
vori Pyrmont. Leipzig, 1784.
362 Die KlMerpmcht / Badeuniformen
die Kurgesellschaft noch zu bestimmten Zeiten einige Male am Tage zusammen. In Spa
besuchte man um vier Uhr den Garten der Kapuziner oder die Vieruhrwiese, um sieben
die Siebenuhrwiese 404. Pyrmont hatte seine herrliche „Allee" (Abb. 155), eine von
Baumreihen begleitete Straße, die anscheinend für andere Kurorte mustergültig wurde;
denn die „Allee" spielte in Bädern, die sich für vornehm hielten, eine größere Rolle als
der Kurgarten. Dort schritten Damen und Herren würdevoll auf und ab, ihre Kleider
spazieren führend, die Damen in großer Toilette, die Herren in nicht weniger ausge-
suchtem Anzüge, Militärpersonen in voller Uniform.
War angeblich in Karlsbad kein steifer Etiquettenzwang, so liebten die Damen doch
eine öftere Änderung des Anzuges am Tage, viele sah man viermal die Toilette wech-
seln (1797), und bestand auch keine Verordnung, die einfach und reinlich gekleideten
Damen das Spazierengehen unter den Kurgästen daselbst verbot, soll es doch vorge-
kommen sein, daß sie an der anderen Seite des Flusses gehen mußten, wenn sie den
Anzug nicht ändern wollten (17Q8).
Gegen den Putz und die Kleiderpracht wurde von Brückenau aus ein Kampf oder,
wohl richtiger gesagt, ein Scheinkampf eröffnet. Zwierlein machte 1788 den Vorschlag
zu einer allgemeinen Badeuniform für Damen, die elegant, bequem und nicht kostbar
sein sollte. Er glaubte an die Verwirklichung seines Planes, weil in Aachen, Pyrmont,
Wiesbaden, Schlangenbad, Karlsbad, Brückenau usw. adelige Damen häufig mit ihrer
Hofuniform auskämen, vergaß aber dabei, daß diese nicht ohne eine bestimmte Absicht
getragen wurde, wobei die Damen vom Hofe das Angenehme mit dem Nützlichen ver-
banden. 1791 schlug im Brückenauer Bad im Anschluß an Zwierleins Veröffentlichung
„eine teutsche National-Versammlung von Gräfinnen und andern Damen vom ersten
Range" ein bestimmtes Kleid in der Erwartung vor, daß die Herren so galant und ge-
fällig sein würden» eine Uniform in den gleichen Farben zu tragen. Die Brückenauer
Nationalversammlung erinnerte aber in derselben Bekanntmachung daran, daß ihr Vor-
schlag nicht dahin aufzufassen sei, als sollten die Damen nichts als diese Kleidung
tragen. Wer wollte es wagen, der Damen-Toilette Gesetze zu geben, ihrem Geschmacke
Fesseln anzulegen? So waren denn wohl die Uniformen mit ihren Abzeichen ä la Spa,
Karlsbad, Brückenau, Pyrmont nur darauf berechnet, der heimatlichen Nachbarschaft zu
zeigen, in welchem vornehmen Kurorte man die Saison zugebracht hatte. Im übrigen
vertändelten die Damen weiter den Morgen mit der Toilette und erschienen nach
dem Frühstück in vollem Glänze. Den Nachmittag brachten sie in steifem Putze
ohne Bewegung zu und saßen meistens mit den Karten oder dem Strickzeuge in der
Hand wie angenagelt auf ihren Stühlen. Abends wurde in schweren Kleidern mit
möglichst enggeschnürter Brust getanzt (1788), und am nächsten Morgen erschienen
dieselben Damen (in Kadsbad 1799) unfrisiert, oft noch in Wickeln oder doch in
Schlafhäubchen in offenen englischen Schlafröcken mit umgehängtem Schal beim
Brunnen.
Fremde kennen lernen, spielen (und zwar meist Hasard), sich zerstreuen, das war die
I
Reformvorschläge / Prießnitz 363
Losung in den Luxuskurorten, und die meisten Gäste tranken weder Wasser, noch
badeten sie.
Ernster als die Vorschläge der Damen von Brückenau zur Beseitigung der Übel-
stände im Badeleben sind Äußerungen aufzufassen, die ländliche Einfachheit als Vor-
aussetzung eines wahren Kur- und Erholungsortes priesen. So empfahl eine Frau
Tourte-Cherbuliez 1793 Grindelwald aus dem Grunde, weil man dort weder „Piano's,
noch Harfen, weder Karossen, noch Teppiche, weder Vorhänge aus Mousseline, noch
Wachslichter, noch Operntoiletten finde" 38. „Warum auf dem Lande nicht ländlich?",
schrieb ein Ungenannter im Journal des Luxus und der Moden 1788. „Wie viele ziehen
nicht regelmäßig entweder nach dem Bade oder aufs Land, und auch da leben sie wie
innerhalb der Stadt-Mauern ! Was der Patient um der Genesung, was der Geschäftsmann
um der Erholung willen thut, das thun sie bloß, weil es Andere thun, aus Nachahmung,
aus Gewohnheit .... Lohnt sichs auch alsdann der Mühe, den Haushalt zu ändern, das
Gerät einzupacken, vier und sechs und mehr Stunden in dem Wagen gefangen zu sitzen,
sich mit Beschwerlichkeit anderswo nieder zu lassen, blos um sagen zu können : Wir
ziehen aufs Land, wir kommen vom Lande zurück? Solche Leute führen die Stadt mit
sich aufs Feld, coelum, non animum mutant. Nicht belauschen sie am buschigten Ufer
die Liebesklagen der Nachtigall ; nicht begrüßen sie auf der waldigten Anhöhe die er-
wachende Sonne; ohne sie geht der Mäher auf die Flur und der Winzer ins Trauben-
gebirg. Sie gähnen am Fenster oder vor der Türe, und mit sehnsuchtsvoller Ungeduld
harren sie auf das Rollen des Wagens oder auf die Staubwolke von Pferden, die irgend
einen neuen Ankömmling verkündigen. Dann wird mit ebenso viel steifem, ängstlichem
Ceremoniell, wie in der Stadt, die Tafel gedeckt; eben so langweilig setzt man sich dann
zum traurigen Spieltische." Im Gegensatz dazu rühmt der Verfasser die liebenswürdige
Gesellschaft zu Baden im Aargau, mit der er die Freuden der Weinlese genoß, Berg und
Tal durchstreifte und an der St. Michaelsherbstfeier unter Winzern und Winzerinnen teil-
nahm, wo in gleichen Reihen Dorfnymphen und Damen, Gebieter und Diener tanzten ö78.
Eine eingreifende Änderung der unnatürlichen und ungesunden Zustände im Bade-
leben kam erst durch das Auftreten von Vincenz Priessnitz zustande, das in die zwan-
ziger Jahre des IQ. Jahrhunderts fällt. Welches Verdienst hat sich der Bauerndoktor auf
dem Gräfenberge erworben, um als ein Grenzpfeiler im deutschen Badeleben zu gelten ?
Die Ärztegegner betrachten ihn als Gründer der Hydrotherapie, als Erfinder eines ganz
neuen Heilverfahrens mit dem kalten Wasser 634. Es geht aus dem Vorhergehenden zur
Genüge hervor, daß diese Anschauung eine falsche ist, daß die Verwendung von ge-
wöhnlichem Wasser und auch von kaltem vor Priessnitz in Gebrauch war, daß Ärzte
unter Hinweis auf alte Volksgebräuche das kalte Wasser in den Heilschatz aufnahmen.
Im besonderen war die Kaltwasserbehandlung der akuten Infektionskrankheiten hoch
entwickelt, nicht minder die der Nervenkrankheiten, zweier Gebiete, welche heute noch
eine hervorragende Rolle in der Hydrotherapie spielen. Die übertriebene und ausge-
artete Kaltwasseranwendung hatte im 18. Jahrhundert sogar schon, wie wir sahen, eine
364 Reaktion gegen die Kaltwasserbehandlung / Luftbäder
Reaktion hervorgerufen, ja man war — wie in unseren Tagen — noch weiter gegangen
und hatte darauf hingewiesen, daß der Mensch doch eigentlich nicht im Wasser, sondern
in der Luft lebe und eine Luftbehandlung die naturgemäßere sei. So erschien in Lich-
tenbergs Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte (dritter Band,
viertes Stück) ein Aufsatz über die unmittelbare Wirkung der Luft auf die Oberfläche
des menschlichen Körpers, den ich nach dem ersten Bande von Rahns Archiv vom
Jahre 1787 wiedergebe.
Wie der Fisch im Wasser — wird darin ausgeführt — , so lebt der Mensch beständig
umgeben von einer anderen Flüssigkeit, der Luft. Das Bad in dieser ist vielleicht unserem
Körper noch angemessener als das kalte Wasserbad. Man kann es ohne allen Aufwand
so oft wiederholen, als man es für gut befindet ; es besteht darin, daß man den ent-
blößten Leib der atmosphärischen Luft zur unmittelbaren Berührung darbietet. Man hat
in unseren Zeiten all die Übel empfunden, welche mit einer weichlichen und verzärtelten
Erziehung verbunden sind, und man verfällt deshalb in die entgegengesetzte Aus-
schweifung und badet Kinder zu allen Jahreszeiten in kaltem Wasser, ohne auf die ihnen
eigentümliche Beschaffenheit des Körpers zu sehen. Galen tadelte die alten Deutschen,
weil sie ihre Kinder gleich nach der Geburt einer so harten Tauchung aussetzten, und
das Luftbad ist wirklich ein viel sanfteres und der Natur mehr angemessenes Mittel,
ebendenselben Zweck zu erlangen. Die Wirkung der L u f t und die vom L i c h t d e r
Sonne sind vielleicht die ersten Beförderungsmittel der Gesundheit und der Lebhaftig-
keit. Die Natur bietet uns an allen Orten Luft, Sonnenlicht und freie, mäßige Bewegung
unserer Gliedmaßen dar, und in der Tat hat auch beständig die Diätetik dergleichen
Mittel für chronische Krankheiten empfohlen, und von diesem darf man nicht fürchten,
was die Freunde des Magnetismus von den Arzneien behaupten, daß sie tötend und
zerstörend wären 635 *.
Auch der Tübinger Professor Ploucquet sagt 1798, kalte Bäder in der Badewanne
seien für den Gesunden kaum auszuhalten, und noch weniger für kranke, geschwächte
Personen geeignet, denen man noch vor kurzem aus der falschen Hypothese, die
tierische Faser müsse stringiert werden, sie geradezu verordnete und oft genug die Un-
befolgbarkeit des Vorschlags oder auch seinen Schaden erfahren mußte. Er empfahl
als Ersatz des kalten Bades in der Wanne, sich auf einem Schemel sitzend von einer
vertrauten Person mittels eines Schwammes oder genetzten Tuches den ganzen
Körper waschen oder reiben zu lassen (Schwammbad nach Schreoer 18034), auch
mit der Kanne begießen oder an Stelle des Wasserbades das Luftbad treten zu
lassen 160.
Ein praktischer Verehrer des Luftbades war 1803 Lord Monboddo in London, der
es selbst ohne Hemd neben seinem Hause täglich nahm und auf der anderen Seite des-
selben oder auf freiem Altane von seinen Töchtern gebrauchen ließ ist. in seinem kos-
• Es ist demnach die Angabe, ein englischer Arzt Abernetzy habe 1793 das Luftbad zuerst zur
Sprache gebracht s*^, falsch.
Luft- I Sonnenwärme- und Sonnenlichtbäder 365
metischen Taschenbuch empfahl Schreoer (ca. 1814) den Damen das Luftbad als
„erstes Schönheitsmittel in seiner Art" 659.
Franklin nahm das Luftbad im Zimmer. „Beinahe alle Morgen", sagt er in einem
Briefe an den französischen Übersetzer seiner Werke, „stehe ich sehr früh auf und
bleibe, ohne irgend eine Art von Bedeckung, in meinem Zimmer eine halbe oder ganze
Stunde nach der Jahreszeit sitzen und lese oder schreibe. Dies Verfahren ist nichts
weniger als lästig, sondern sogar angenehm ; ja wenn ich mich vor dem Ankleiden noch
einmal zu Bette lege, wie es zuweilen geschieht, so verfalle ich, gleichsam als Nachtrag
zu meinem nächtlichen, in einen zweistündigen Schlaf, der so sanft ist, als man sich ihn
nur vorstellen kann, ich finde, daß daraus gar keine üblen Folgen entstehen, und daß
es meiner Gesundheit nicht schadet, wenn es ihr ja nicht etwa gar sehr viel nützen
sollte." (Oeuvres de Franclin, Tome II) 659.
Von höchstem Interesse sind die Ausführungen des Jenaer Chemieprofessors
DÖBEREINER in einer kleinen Schrift vom Jahre 1816, die eine Anleitung zur Darstellung
und Anwendung aller Bäder enthielt, und die er den Jenaer Medizinprofessoren Stark
und Succow widmete. Diese Schrift enthält die Grundgedanken unserer modernen
Lichttherapie.
Döbereiner trennt von den Luftbädern, die er mit den flüssigen und festen Bädern
zusammen als stoffliche auffaßt, die geistigen ; diese letzteren wieder können Licht-,
Wärme-, elektrische und magnetische Bäder sein. Von den Lichtbädern sagt er: „Jedem
Erdengeschöpfe mithin auch jedem Menschen ist es gegönnt, die Wirkungen des
Lichtes zu empfangen ; jeder Raum, welcher unmittelbar von der Sonne beleuchtet wird,
bietet für letzten ein Lichtbad dar, in welches er nur nackt oder loose und weiß bekleidet
sich tauchen darf. Weiße Bekleidung ist da, wo L i c h t a 1 1 e i n wirken soll, jeder anderen,
d. h. farbigen und selbst dem nackten Zustande des Körpers darum vorzuziehen, weil
Weiß die Sonnenstrahlen in reines Licht und Wärme scheidet und die letzte abstößt,
während farbige Flächen und also auch die Haut, mit dem Lichte gleichzeitig die durch
dasselbe veranlaßte Wärme einsaugen, und so ein Sonnenlichtbad in ein Feuerbad um-
wandeln. Das letzte ist es, was die meisten Menschen, besonders die Landleute
immer statt des ersten empfangen, weil sie sich stets, selbst mitten im heißen Sommer,
mit farbigen Kleidern bedecken. Für Gesunde mag ein Sonnenfeuerbad sehr wohlthätig
wirken, aber für gewisse Krankhafte möchten denselben reine Lichtbäder vorzuziehen
sein, z. B. in Fällen, wo auf den äußeren Teilen des Körpers der Oxydationsproceß vor-
herrschend geworden, wie vielleicht bei der Bleichsucht, und zur Heilung eine ent-
gegengesetzte, nehmlich desoxydirend wirkende Kraft angezeigt wäre.
Soll das Licht blos auf einzelne Teile des Körpers wirken, so muß man das unmittel-
bare Sonnenlicht durch kleine Öffnungen in verfinsterte Räume auf den zu beleuch-
tenden Teil fallen lassen. Durch ein Brennglas lassen sich die einfallenden Lichtstrahlen
verdichten und in ihrer Wirksamkeit erhöhen.
Bei gewissen krankhaften Zuständen des Organismus und auch der Seele, möchte
366 Preisausschreiben über Wasserbehandlung
vielleicht farbiges, d. li. rotes, blaues, gelbes, oder grünes Licht sich heilsam erweisen,
und ein farbiges Lichtbad dem einfachen vorzuziehen sein. Es ist leicht das homogene
Licht in farbiges umzuw^andeln. Man darf nur die Sonnenstrahlen oder auch das ge-
vvöhnliche Tageslicht durch eine rote, blau, gelb oder grün gefärbte Glasscheibe in ein
dunkles Zimmer fallen, und wenn es stark wirken soll, die Glasscheibe so schleifen
lassen, daß das Licht bei seinem Durchgange mehr oder weniger verdichtet werde. Von
farbigen Lichtbädern haben die Ärzte noch gar keinen Gebrauch gemacht. Es läßt sich
aber erwarten, daß sie sich gegen den tierischen Organismus und gegen das, was diesen
belebt, nicht gleichgültig oder unwirksam verhalten werden, denn die Farben wirken
überaus mächtig auf das Gemüt und können den Menschen sogar zu Handlungen be-
stimmen, an welche nicht ohne vorhergegangene Einwirkung desselben gedacht wor-
den." Döbereiner glaubt dann, daß Licht, rein oder farbig angewandt, nach schon vor-
liegenden Versuchen bei gewissen Augenkrankheiten mit sicherem und schnellem Er-
folge gebraucht werden könne und verweist auf Stellen aus Goethes Farbenlehre, die
einen Einfluß der Farbe auf das Gemüt darlegen.
Von den durch die Sonne erzeugten Wärmebädern sagt Döbereiner: „Die Sonnen-
wärme wird stets vom Licht begleitet und ist daher gewissermaßen geistiger und leben-
diger, mithin auch belebender und durchdringender als die künstliche Wärme . . . Das
Sonnenlicht wird an farbigen, besonders aber an schwarzen Gegenständen, fast ganz
in Wärmematerie umgewandelt, und man muß daher den Organismus, welcher ein
Sonnenwärme-Bad empfangen soll, farbig und am besten schwarz bekleiden 666" *.
Der Standpunkt der Ärzte in der Wasserbehandlung der Infektionskrankheiten zur
Zeit von Priessnitz' Auftreten wird am besten durch ein Preisausschreiben der Hufe-
LANDschen medizinischen Gesellschaft zu Berlin im Jahre 1821 ** charakterisiert.
„Seit Erscheinung des ersten und zweiten Teils der Berichte des Dr. J. Currie (vor-
mals in Liverpool) über die Wirkungen des Wassers in Fiebern, sind in Berlin und
manchen andern Teilen Deutschlands, wie auch in Ungarn und Oberitalien, viele Ver-
suche gemacht worden. Wenn die bisherigen Erfahrungen günstig dafür sind, so ver-
dient die einfache Methode allgemeiner angewandt zu werden, als noch heutiges Tages
geschieht. Um den Wert dieser Methode sicherer auszumitteln und dieselbe demnächst
in die tägliche Praxis einzuführen, ihre Anwendbarkeit näher zu bestimmen, oder zu
Folge ungünstiger Resultate die Methode ganz zu verbannen, ist dienlich erachtet wor-
den, einen Preis von fünfzig Dukaten auszusetzen auf die beste Abhandlung über den
* DÖBEREINER glaubte auf Grund dieser Ausführungen, daß die natürlich schwarzen Menschen von
der Sonne mehr Wärme als Licht erhielten und sie vielleicht daher mit weniger Geisteskräften be-
gabt seien als die Weißen, bei denen die Sonne mehr als Licht wirke. Es wäre nicht uninteressant,
einen eventuellen Unterschied in der Wirkung unserer modernen Lichttherapie bei verschieden-
farbigen iVlenschen festzustellen. Aus Döbereiners Schrift hebe ich noch hervor, daß von der künst-
lichen Wärme die am freien flammenden Feuer, die strahlende, die beste ist, die man durch metallene
Hohlspiegel nach jeder Richtung bequem und besonders leicht an die kranken Teile des im Bett lie-
genden Patienten leiten kann. ** Ähnliche Preisausschreiben erließen die Akademien zu Dijon und
Bordeaux im Jahre 1756 bezw. 1765 ■"^.
Die Kaltwasserbehandlung in der Berliner Klinik 3()1
durch die Überschrift bezeichneten Gegenstand." Es sollten eine Zusammenstellung
und Vergleichung der wichtigsten, seit CuRRiEs Schriften bekannt gewordenen und
durch dieselben veranlaßten Versuche und Zeugnisse über die äußerliche Anwendung
des kalten Wassers zum Zwecke der Mäßigung der Fieberhitze gegeben werden, ferner
als Hauptteil eine Reihe eigener Versuche mit kalten Übergießungen nach Currie und
kalten Abwaschungen an Fiebernden bei Verwendung des Thermometers und unter An-
gabe der Pulsschläge und drittens die Meinung des Verfassers über die Art der Wirkung
genannter Prozeduren. „Möge diese Preisfrage", schrieb Hufeland, „weniger durch
den Preis, als durch die Richtung der Aufmerksamkeit auf einen wichtigen, nahen, nütz-
lichen, nur durch treue Beobachtungen auszumittelnden Gegenstand dazu beitragen,
daß nicht allein derselbe auf sichern Grundsätzen zurückgeführt wird, sondern daß auch
überhaupt die übermäßige Liebhaberei des Schwärmens in den dunkelsten und schwer-
lich je ganz zu erhellenden Gegenden der Medizin abnehme unter den teutschen Ärzten."
Drei Schriften liefen auf das Ausschreiben ein. Die zur Prüfung ernannte Kommission
war lange unschlüssig, welcher sie den Preis erteilen sollte, entschied sich aber endlich,
ihn der Abhandlung zuzuerkennen, „welche sich am meisten durch lange, gereifte Er-
fahrung auszeichnet", deren Verfasser der um diesen Gegenstand durch frühere Schriften
verdiente K. K. Hofmedikus und „Senior als Dekan" der medizinischen Fakultät in
Wien Fröuch war 662
Aus der „Preis-Aufgabe-Beantwortung" des bayerischen Medizinalrates und Aschaf-
fenburger Physikus Reuss möchte ich folgende Stelle hervorheben, die uns die Kalt-
wasserbehandlung der Infektionskrankheiten in der Berliner Klinik zeigt. Reuss schreibt:
„Dr. Ernst Hörn, k. p. Hofrat und Professor der Klinik an der k. medizinisch-chirur-
gischen Militär-Akademie und Direktor der klinischen Lehranstalt im Charite-Kranken-
hause zu Berlin hat seine Erfahrungen über die Heilung des ansteckenden Nerven- und
Lazarettfiebers und über die Mittel, seine Entstehung und Verbreitung von den Laza-
retten aus zu verhüten und sich vor Ansteckung zu sichern, bei dem Antritte des Jahres
1814 in einer besonderen Schrift bekannt gemacht. Die Kranken dieser Art ließ er bei
ihrer Aufnahme in einem Reinigungszimmer, ganz entkleidet, in einem warmen Bade
mit Seife abreiben, reinigen, mit reiner Wäsche versehen und in die zu ihrer Aufnahme be-
stimmten hellen und luftigen Zimmer bringen. Dieses Bad wurde täglich zweimal bis zur
Entscheidung ihrer Krankheit fortgesetzt. War aber der Kopf eingenommen und
schwer, der Kranke betäubt und irre, die Haut heiß und trocken, das Auge stier, glanz-
los und entzündet, so wurde er entkleidet, in eine trockne Badewanne gesetzt und mit
5 bis 6 Eimern kalten Wassers, jeder zu 4 bis 5 Portionen, über den Kopf und Körper
Übergossen und dieses täglich 2 bis 3mal wiederholt. Da, wo das Gehirnleiden noch
heftiger war, die Kranken raseten und beständig zitterten, wurden die Sturzbäder täglich
3mai wiederholt und ihre Wirkung durch das kalte Douchebad auf den Scheitel noch
erhöht. Wertn aber die große Hitze und Trockne der Haut abnahm und der Patient
gegen die Sturzbäder empfindlicher wurde, die Schwere und Betäubung im Kopfe aber
368 Die Kaltwasserbehandlung in der josephinischen Akademie zu Wien
noch fortdauerte, so wurde er in ein lauwarmes Bad gesetzt und sein Kopf mit eis-
i<altem Wasser übergössen. Alien Nervenfieberkranken wurde der Kopf, besonders die
Stirngegend, mit einer in eiskaltem Wasser getauchten und immer erfrischten Com-
presse Tag und Nacht bedeckt, und allen, derer Haut heiß und trocken war, es mochten
Peteschen (Petechien) oder keine darauf sichtbar sein, wurden die heißesten Stellen mit
eiskaltem Wasser öfters gewaschen. Den Vollblütigen wurde anfangs durch Blut-
egel und später durch einen Aderlaß Blut abgelassen usw.
Eine wesentliche Bedingnis zur Kur war (wodurch auch die Erzeugung und Ver-
breitung des Contagiums dieser Krankheit gehindert wurde) eine reine und kalte
Zimmerluft. Die Zimmer wurden nicht geheizt, und einige Fenster blieben Tag und
Nacht offen.
Die Wirkungen dieser Behandlungsart bewiesen sich, nach Hrn. Horns Versicherung,
bei den meisten gefährlichen Nervenfieberkrankheiten sehr günstig, die Entscheidung
der Krankheit trat bei den meisten allmählich, nach dem 9., 11. und 14. Tag ein. Sie
dauerte 3 — 4, 5 Tage, oft länger, selten wenige Stunden.
Derselbe Arzt empfiehlt in seinem Archiv für medizinische Erfahrung Heft 2, J. 1812
auch die Anwendung der kalten Sturzbäder bei den Röteln und dem Scharlachfieber,
scheint aber nur bei einzelnen Krankheiten dieser Art Versuche damit gemacht zu
haben" 662
Zum Schluß seien die Worte eines Schweizer Dorfarztes Gabriel Rüsch zu Speicher
im Appenzellischen aus dem Jahre 1825 angeführt, die zeigen, daß ein einfacher Land-
arzt ein ausgezeichneter Beobachter und tüchtiger Praktiker in der Wasserbehandlung
war und diese an der Wiener Klinik zur Zeit ausgiebig und mit Erfolg angewandt wurde.
Rüsch schreibt: „Beim Tauchbad begiebt sich der Patient, wenn er bei gehöriger
Einsicht und Kräften ist, selbst einigemal ins Wasser, bis über den Kopf; widrigenfalls
pflegt man ihn auf einem starken, von vier Männern gehaltenen Leintuch in eine mit
Wasser gefüllte Wanne niederzulassen, eine Minute lang unterzutauchen, den Kopf mit
kaltem Wasser zu begießen, dann wieder empor zu heben, und nach zwei- bis drei-
maliger Wiederholung dieses Verfahrens den Kranken gut getrocknet in das Bette zu
legen. Hahn, einem schlesischen Arzte, haben wir die Anwendung dieser Methode im
Typhus zu verdanken, welche hernach von Currie in England, von Mylius in Rußland
und seither von vielen deutschen Ärzten mit dem größten Erfolg an-
gewandt wurde. Im Jahr 1817 war ich täglich Zeuge, wie in der josephini-
schen Akademie zu Wien, unter Leitung von Kasterlitz, Typhuskranke, welche
besinnungs- und sprachlos, stöhnend mit starrem Blicke und spröder Haut, ohne Aus-
druck in den Gesichtszügen, als ein Bild des Todes da lagen, auf das Tauchbad wieder
zur Besinnung, Bewegung und Sprache kamen, wie die Physiognomie heiterer, der
Blick lebhafter, der Puls langsamer und kräftiger, Zunge und Haut feuchter wurden,
wie sich darauf Schlaf, allmählicher Appetit, mehr Kräfte und Wohlbefinden einstellten,
und wie einzig durch diese Methode, zweimal täglich angewandt, unter Gebrauch von
Rüsch über das kalte und das laue Bad 369
Wein als Getränk, die meisten Kranken hergestellt wurden. Man suchte dabei die Tem-
peratur des Wassers der Reizbarkeit des Körpers möglichst anzupassen und vermied
sie bei Brustaffection, feuchter Haut, kritischen Bewegungen, Gefühl von Kälte und im
letzten paralytischen Stadium der Krankheit.
Wo Vorurteile einer solchen einfachen, heroischen Behandlung entgegen stünden,
wo Gegenanzeigen vorhanden sind oder der Typhus nicht den entzündlichen Charakter
hätte, wie bei dem Genius Stationarius der letzten Dezennien, da möchte wenigstens
FiCKERs Vorschlag (Memorabilien der Heilkunde, 2. Bd. 1818. S. Q2), bei übriger zweck-
mäßiger Behandlung den Körper mit Essig und Wasser zu waschen, anzuwenden sein,
wovon er vortrefflichen Erfolg wahrnahm.
Der Erfolg kühler und kalter Tauchbäder beim Typhus trug viel dazu bei, daß sie
auch bei andern Krankheiten, die sich demselben annähern, häufig angewandt wurden
und zwar mit glücklichem Erfolg, wie bei hitzigen Wechsel-, Gallen- und Entzündungs-
fiebern, Scharlach, Masern, brandiger Bräune, Gehirnfieber der Säufer u. dgl, doch ist
ihre Anwendung hier im Allgemeinen sehr gewagt und noch mehr bei Brustentzün-
dungen, rheumatischen und catarrhalischen Krankheiten, Convulsionen der Kinder, bei
der Pest, dem gelben Fieber, der Wasserscheu und dem Tetanus, in welchen letzteren
Fällen man auch zuweilen Genesung, oft aber auch einen plötzlichen Tod erfolgen sah.
Ich verweise hierüber des näheren auf die Betrachtung der kalten und warmen Bäder,
mit welchem ersterm das Tauchbad im Grunde übereinkommt."
Das laue Bad ist nach ihm angezeigt „bei hitzigen, ansteckenden Ausschlagskrank-
heiten, die sich dem Typhus in so vielen Stücken annähern und in ihren bösartigen
Formen auch ein wahres Bild des Typhus sind, namentlich gegen Blattern, Masern,
Scharlach und ihre Modifikationen. Wenn diese gutartig sind, ist es freilich nicht
nötig, und wo sie einen sehr entzündlichen Charakter haben, da ist kaltes Waschen im
Ganzen dienlicher (als das laue Bad) ; dagegen ist es von um so größerem Nutzen (das
laue Bad), je schwieriger der Ausschlag zum Ausbruch kommt wegen Unreinigkeit,
Dichtigkeit und Trockenheit der Haut, je mehr die Krankheitsmaterien sich nach Innern
Teilen, namentlich auf die Nerven, wirft und dadurch Unruhe, Angst und Convulsionen
hervorbringt, je mehr die Krankheit sich dem Typhösen nähert. Wenn der Ausschlag
wegen Erkältung zurückzusinken droht, unterstützt es trefflich die Wirkung gelinder
Reizmittel ; es befördert die Abschuppung und verhütet und erleichtert manche Nach-
krankheiten, die oft aller Sorgfalt ungeachtet dennoch erscheinen. Während der hiesigen
Scharlach- und Masernepidemie 1818 und 19 hat mir das laue Bad unter angegebenen
Umständen die vorzüglichsten Dienste geleistet" ss.
Der von Rüsch erwähnte schlesische Arzt Hahn ist ein Mitglied der Ärztefamilie
Hahn, die den Gebrauch des kalten Wassers in Deutschland volkstümlich machte. Der
älteste der „Wasserhahns" war der Vater Siegemund Hahn (geb. 1664, gest. 1742), der
über fünfzig Jahre in Schweidnitz als Arzt tätig war, sich noch in hohem Alter oft bei
ziemlich rauher Witterung kalt badete und sein „Wasserglaubenbekenntnis" 1732 in
Martin, Badewesen 24
370 Die Wasserhahns / Theden / Johann Gottfried de Hahn
seinem Peterswälder Brunnen, besonders aber 1737 in der Psychrolusia veteri renovata
niederlegte, die 1738 wieder vermehrt aufgelegt wurde ö^o. Nach Küchenmeister führte
sie den Titel „Psychroluposia vetus renovata, jam recocta. Wieder aufgewärmt Alt-Kalt
Bad und Trinken, Schweidnitz 1738" ö7i *.
Der „alte" Hahn war von großem Einfluß auf den späteren preußischen Oeneral-
chirurgen Theden, dem er, wie dieser selbst erzählt, freien Zutritt und seine schriftlich
gesammelten Bemerkungen zu lesen erlaubt hatte. Theden war damals Esquadron-
feldscher beim Buddenbrockischen Kürassierregiment in Schweidnitz, und als 1742 ein
Unteroffizier nach Beschneiden eines Leichdorns an Blutvergiftung bedenklich er-
krankte, wandte er sich in Abwesenheit des Regimentsfeldschers an Hahn und behan-
delte den Kranken nach dessen Rat. „Ich ließ einen Eimer frisches Wasser aus dem
Brunnen ziehen, tauchte das Betttuch darein, und ließ solches um den Fuß und Unter-
leib schlagen ; der Patient schrie gewaltig, und ich zitterte gleichfalls wegen des Aus-
gangs und Folgen der Kur. Nichts destoweniger wiederholte ich, nach der Verordnung,
das kalte Umschlagen, so bald nur das Tuch warm ward; der Kranke fing an, es besser
zu vertragen, und nach einer Beschäftigung von drei Stunden mit dieser Arbeit nahm
die Röte und Geschwulst ab; es erfolgte ein ruhiger Schlaf und Schweiß, und am Abend
desselben Tages war aller Geschwulst weg, und ein Fuß wie der andere, ohne alle
Schmerzen ; dennoch fuhr ich bis zum folgenden Morgen mit Umschlagung des kalten
Wassers fort"6ii.
Am meisten wurden Hahns Söhne vom Vater beeinflußt, von denen der zweite,
Johann Gottfried de Hahn, praktischer Arzt zu Breslau und Adjunkt der Leopold.
Carolin. Akademie, der 1754 über die Kaltwasserbehandlung einer Faulfieberepidemie
in Breslau berichtete ß'^i, weniger hervortrat als der ältere Sohn Johann Siegemund
Hahn (16Q6 — 1773), praktischer Arzt zu Schweidnitz, der des Vaters und seine Lehren
im „Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers" zusammenfaßte ^70^
welcher zu Lebzeiten Hahns in wenigstens sechs Auflagen erschien **.
Da ich das Buch von Hahn, dem Vater, nicht erhalten konnte, gebe ich einen Aus-
zug von Küchenmeister wieder. „Das Wasser zum Trinken, zum Waschen und Baden,
meistens frisch, selten lau, dient im Sommer und Winter, in der Nacht, wie am Tage,
* Der alte Hahn war der erste, der Luthers Worte: „Wasser thut's freilich nicht" in „Wasser thut's
freilich ! Nicht?" umwandelte ''^i, was später von Laienwasserärzten, Rausse und Pfarrer Kneipp, wieder-
holt wurde. ** Hirschel gibt folgende Auflagen an, die erste von 1738, die zweite von 1743, die dritte
von 1754 (ist wohl Druckfehler für 1745), die vierte von 1754, die 1770 mit neuem Titelblatt, also als
unveränderter Abdruck, erschien '■22. ich kenne die „2." Auflage von 1745, die von Hirschel nicht er-
wähnte „3." von 1749 und die „4." von 1754. Da nun Hahn in der Vorrede zur sogenannten
zweiten Auflage von 1745 selbst angibt, das Buch sei 1738 zum ersten Male herausgegeben, 1743
abermals und durch Zusätze vermehrt worden, und nun wage sein Verleger die dritte Auflage, so
ist die Bezeichnung zweite Auflage auf dem Titelblatte falsch. Das Buch erschien also 1738, 1743,
1745, 1749, 1754 und 1770, hatte demnach eine ungemeine Verbreitung gefunden. Die Züricher
Bibliotheken enthalten fünf Exemplare, von denen drei die medizinisch-chirurgische Bibliothekgesell-
schaft besitzt. 1833 gab Örtel eine unveränderte „5." und 1834 eine von ihm völlig umgearbeitete
Auflage heraus ''22. in neuester Zeit ließ Winternitz das Buch wieder erscheinen.
Die Lehre des alten Hahn / Johann Siegemund Hahn der Jüngere 37 1
Gesunden, vornehmlich aber Kranken. Gesunde können kalt trinken beim Aufstehen,
unter und zwischen dem Essen, beim Schlafengehen und nachts; wenigstens sollte man
es morgens und abends thun. Nach Hippokrates mache Wassertrinken Appetit, „ge-
fräßig". Manche werden dadurch verstopft, manche bekommen Stuhl, wie z. B. auch
durch Auflegen von Eis auf den Bauch oder durch Setzen der Füße auf einen naß ge-
machten Marmorfußboden. — Noch mehr haben es Kranke, mehr in hitzigen, als lang-
wierigen Fiebern nötig, frisch, überschlagen, in der Rekonvaleszenz lau. Waschen soll
man sich beim Aufstehen, man schwitze oder nicht, aus einem mit recht frischem Wasser
gefüllten Becken zuerst das Gesicht und das ganze Haupt mit flachen Händen, dann
mit dem eingetauchten Schwämme über Arme, Brust, Rücken, Bauch und den ganzen
entblößten Körper fahren, in die auf die Seite gewendeten Ohren den Schwamm drücken,
auch das Wasser in die offenen Augen strömen lassen. Dann trockne man sich ab und
kleide sich oberwärts an, während man den Mund mit frischem Wasser ausspült und
das übrige durch die Nase zieht. Hierauf müssen auch die Schenkel irts Becken. Dieses
Kaltwaschen und Trinken nannte Hahn die „kleine Gerätschaft, petit apareil".
Die „große Gerätschaft, grand apareil" besteht in Folgendem. Man setzt sich so tief
man kann in die Kühlwanne und trocknet sich alsdann ab. „Dies mache ihn so warm
beim Ankleiden, daß er ihn im Winter sogar nicht ebenso sehr zum Einheitzen nöthige."
Hat er sich oben wieder angekleidet, geht er zum Fußwaschen über, und je länger man
seine Füße bis zu den Knöcheln ins Wasser setzt, um so gelenker werden die Glieder.
Die „höchste Gerätschaft, haut apareil" ist das Baden des ganzen Menschen. Da dies
in Fluß und See nicht immer geht, nahm Hahn eine kupferne Wanne, zehn Ellen im
Durchschnitt weit, fünf Ellen hoch, dreißig Ellen im Umfang, die zweitausend Bath faßte
(also etwa eine Braupfanne), voll frischen Wassers, stellte sie in den Hof unter ein Zelt, ließ,
wenn es den Leib wärmte, kaltes Wasser nachgießen und kühlen, und setzte sich bis an die
Achseln hinein, darinnen mit den Händen arbeitend. „Stützt man sich auf die Arme, so
fährt man auf und nieder; hält man sich zum Füßen an den Rand der Wanne, so zieht
und schwimmt man fürwärts, und von dannen wird wieder abgestoßen, dahin gefahren,
wo zuvor gesessen." Bei solchen Bewegungen, die den ganzen Körper unter Wasser
setzen, schlagen die Wellen über den Kopf zusammen. „Wer sich ein paar hundert Mal
in der Wanne auf- und abzieht, wird über keine Kälte des Bades zu klagen haben."
Man bleibe eine viertel oder eine halbe Stunde nach Belieben darin, „man erfriert sich
nichts"" Ö71.
Das Buch des Sohnes Johann Sieoemund Hahn übertrifft in seiner derben, volks-
tümlichen Sprache alle vorausgegangenen populären Schriften über Wasseranwendung,
auch die des von ihm so oft angeführten Floyer. „Was meine gebrauchte Schreib- und
Lehr-Art betriff," sagt er, „so glaube ich, es sey jedweden erlaubt zureden, wie ihm der
Schnabel gewachsen, und sich in seinem Vortrag einer Ordnung zu bedienen, die seinem
Genio am gemäßesten ist". Hier als Beispiel die Behandlung des Hauptwehs. „Wenn
das Dach anhebt zu glimmen, kan man es oft mit einem nassen Sacke dämpffen, aber
372
Johann Siegemund Hahns Unterricht
wenn die Flammen heller lichter Loh ausbrechen, muß man die beständig gießende
Spritze gebrauchen : Also auch wird eine angehende geringe Hitze und daher kommen-
der Schmertz der Schwarte meistens mit etlichen frischen Umschlägen von schlechtem
Wasser gehoben ; allein wenn der gantze Kopff schon so hefftig brennt, daß er wie die
glüenden Dach-Ziegel in Stücken zerspringen möchte, so müssen wir immer mit kühlem
Wasser drauf loß gießen, oder sich dasselbe gar, von einem Spring-Brunnen eine halbe
Stunde lang über das Haupt lauffen lassen" (Abb. 156).
Die Formen, in denen Hahn neben dem Trinken das kalte Wasser gebrauchte, waren
Waschungen, Umschläge, Bäder, Duschen oder Übergießungen. (Unter besonderen
Umständen nahm er das Wasser
auch „überschlagen".) Von den
Lähmungen sagt er, sie mögen von
Krämpfen oder einem Schlagfiuß
herrühren, „so wird nöthig seyn,
nicht nur bloß die um ihre Bewe-
gung gebrachten Glieder, sondern
auch besonders das Haupt und
Genicke, als wo die beyden Übeln
angegriffnen Nerven entspringen
und auch deren Verstopfung oder
Irritation gemeiniglich den Anfang
nimmt unbesorgt frisch zu
waschen. Kan man den gelähmten
Theil gar ins Bad setzen, so ist es
noch besser, am allerbesten aber
thut die Embrocation, da man das
Wasser (aber nicht, wie sonst da-
bey gewöhnlich, warm, sondern
gantz frisch) von einer gewissen
Höhe auf das mit hiezu verfertig-
ten Schwamm-Kappen verwahrte
Haupt und die mit leinen Tüchern umgebne (oder auch gantz nackte) Glieder eine Weile
herab träufelt oder gießet ; denn da darf man nicht besorgen, daß, wie vom allzu langen
Verweilen im Baden geschehen könnte, eine gar zu heftige Abkühlung und Auslöschung
der natürlichen Lebens- Wärmde davon entstehen würde, sondern die beym Angießen
vorgehende starcke Bewegung und Andrückung des Wassers wird vielmehr auch den
erstarrten Gliedern eine angenehme Erwärmung verschaffen, und über dieses auch Ur-
sache seyn, daß die angebrachten Feuchtigkeiten desto tiefer durch die Haut hinein
dringen, und geschwinder und nachdrücklicher werden würcken können. Hippokrates
sagte daher schon, daß das viele Übergießen mit frischem Wasser die Wärmde wieder-
Abb. 156. Titelkupfer zu: Hahn, Unterricht von Krafft und
Würckung des frischen Wassers. Breßlau u. Leipzig, 1745.
von Kfaft und Wirkung des frischen Wassers 373
bringe, die Wärmde aber heile den Krampf und Steifigkeit des Genickes, iindre die Con-
vulsiones. Wird aber irgendswo Zeit und Gedult erfordert, so ist es bey diesen Zu-
fällen und ihrer Cur, welche nicht Tage, sondern Monate, ja oft Jahre erfordert, von-
nöthen; denn selten wird ein solcher Patient, wie neulich erst einem von heftigem
Reißen gelähmten 20 jährigen Menschen vom frischen Waschen wiederfahren, innerhalb
8 Tagen restituirt. Doch wenn man bald Anfangs, da der reißende Schmertz sich wittert,
dem kürtzlich von einer vornehmen Dame einigen ihrer angefallnen Unterthanen gege-
benen Rathe zu folge, die wehthuenden Glieder eine halbe Stunde lang unter der Pumpe
mit frischem Wasser überlaufen ließe, so würde man so wohl als diese den Anfall bald
abwenden, und so gar der Contractur zuvor kommen."
Aus dieser Schilderung geht hervor, daß Hahn den Kollaps bei zu langem kalten
Baden kannte*, daß er aber auch, wie schon sein Vater, wußte, durch kaltes Wasser lasse
sich eine angenehme Erwärmung des Körpers hervorbringen. Übrigens hat er sein
sechstes Kapitel überschrieben: „Des frischen Wassers Kraft die erkälteten Glieder
wieder zu erwärmen."
Außer Infektionskrankheiten behandelte Hahn namentlich chirurgische Erkran-
kungen, Wassersucht, Lähmungen, Gicht, englische Krankheit und Hautkrankheiten.
Vor allem lag es ihm daran, im Volke bestehende Vorurteile zu beseitigen, so den
Glauben „alter Weiber", die Rose dürfe man nicht netzen, die Annahme, durch kaltes
Waschen könnten böse Säfte zurückgetrieben werden oder beim Haupte gar ein Schlag-
fluß erfolgen. Er wies auch darauf hin, daß da, wo das Volk das kalte Wasser in Ver-
bindung mit einem Aberglauben schon gebrauchte, es auch ohne diesen wirke. „Einige
mischen statt der Artzeney (die Hahn zuweilen gab) ein wenig Aberglauben mit zur
* Darum sagt Hahn auch: „Das Baden der Krancken geschieht entweder in hitzigen oder lang-
wierigen Krancliheiten. In hitzigen zwar last es sich, wenn die Patienten allzu schwach werden, daß
sie in der Wanne nicht ausdauren können, nicht allemahl thun, und man kan auch dabey schon mit
dem bloßen Waschen zurechte kommen ; doch wenn dergleichen Leute das Baden vertragen können,
so läßt man sie nicht eben so lange darinnen, aber man kan es desto öffters wiederholen, doch nicht
länger, als bis man aus dem Pulß und der Empfindung des Patienten selbst gewahr wird, daß die
größte Hitze gedämpft sey, und dabey beobachtet man eben keine Zeit auch sonst keine besondere
Diät." Bei chronischen Krankheiten war Hahn weniger ängstlich, so riet er sogar einmal einer mit
„gemeiner Krätze" „durch den gantzen Leib schändlich damit behaffteten" Frau, etliche Tage in einer
Wanne zuzubringen und gar darinnen zu essen und zu schlafen. „Da ihr aber solches allzu be-
schwerlich und ihre Profession ihr daran hinderlich war, so wusch sie sich nur oft den Tag über,
und des Nachts wickelte sie sich gantz bloß in nasse Tücher, und in kurtzem wurde sie gantz rein."
Diese schroffe Verordnung Hahns gehört aber zu den Ausnahmen. Ich möchte das deswegen her-
vorheben, weil man hin und wieder liest, Hahn habe Menschen mit wahren Pferdekuren behandelt,
und deswegen soll durch ihn die Kaltwasserbehandlung nicht populär geworden sein. Im Gegen-
teil, Hahn individualisierte schon, wie wir bei der Behandlung von Infektionskrankheiten sahen.
Fälle, bei denen Bekannte von ihm bei rauher Luft anfangs Herbst unter freiem Himmel ellen-
hoch kaltes Wasser Armsdick auf sich schießen ließen, sich bei heftigem Leibschneiden nackend
aufs freie Feld legten, als die Erde schon gefroren war, und den Leib mit Eis bedeckten oder in
einer großen Badewanne mit eiskaltem Brunnenwasser, bis sie „ziemlich gefrohren und verblaut"
zubrachten, rechnet Hahn zu den „Excessen mit gantz kaltem Baden". Obwohl er hinzufügi, daß
die Betreffenden keinen Schaden genommen hätten, sagt er doch: „Ich mag eben nicht allen und
jeden rathen es nach zu thun."
374 Scheuchzer / Hofmann / Johann Siegeiniind Hahns Unterricht
Cur, wie diejenigen, weiche davor liaiten, die Krätze Icönne vom kalten Baden niciit ver-
gehn, wenn solches nicht am Charfreytage geschähe. Ein mit dergleichen Aberglauben
so starck als mit der Krätze behaffteter Mann und 2 Weibs-Personen verfügten sich an
einem Char-Freytage in den Bach, der etliche hundert Schritte von ihrer Wohnung ent-
fernt war, badeten darinnen in ihren Hemdern, welche sie anbehielten, giengen also un-
getrocknet nach Hause, legten sich zu Bette und wurden völlig rein; da hieß es nun
wohl nicht, dein Glaube, sondern allein das Wasser hat dir geholffen."
Ferner trat Hahn der herrschenden Mode entgegen, in Mineralbäder auch in Fällen
zu ziehen, wo das einfache kalte Wasser ebenso oder besser wirkte. Seine Stellung zu
den Mineralbädern ist schon durch den Titelholzschnitt seines Buches (Abb. 156) ge-
kennzeichnet; denn die Unterschrift stellt nichts anderes als eine Verhöhnung der unter
dem Namen der Amüsements de N. N. erschienenen Badeschriften dar. Übrigens hatten
schon der Züricher Stadtarzt Scheuchzer und der hallische Professor Hofmann (den
Hahn auch anführt) darauf hingewiesen, daß die Wirkung der Mineralbäder in erster
Linie dem Wasser zukomme und zahlreiche sogenannte Mineralbäder sich in nichts
vom gemeinen Wasser unterschieden 383. Hahn sagt: „Nebst diesen ist noch zu er-
innern, daß diejenigen, welche das frische Wasser-Trincken als eine schädliche Sache
verwerfen, sich öfters mit der That selbst widersprechen, indem ja die meisten derselben
ihre Patienten, auch in solchen Zufällen, da eben keine sonderliche Hitze, eine außer-
ordentliche Abkühlung erfordert, in die Brunnen reisen und sich daselbst das kalte mine-
ralische Wasser in großer Menge bis zum Schauer eingießen lassen. Hat denn dieses
weniger Kraft zu erkälten, als das sogenannte schlechte. Ich dächte, jenes sauren Spiritus,
(dergleichen ich aus dem Pyrmonter-Brunne per simplicem destillationem seines Saltzes
in retorta, selbst heraus gebraucht,) vitriolische und Salpeterhafte Theilgen, so mit ihm
vermischt sind, solten es eher kühlender machen, als das, so mit dergleichen nicht be-
laden ist. Doch mineralische Wasser heißen Gesund-Brunnen, darum müssen sie ja ge-
sünder seyn, als die, so diesen Namen nicht führen ; das andre nennt man gemeines, ja
gar, in Ansehung der itzt gemeldeten, wildes Wasser, daher muß es auch geringe
Würckung haben und nur vor wilde Bestien, nicht aber vor vernünftige Menschen ge-
hören. Zwar wollen wir immerhin mit den Thieren (so die mineralische Wasser kaum
bey dem heftigsten Durste trincken mögen), schlecht Geträncke genießen, wenn wir
nur auch mit ihnen frisch und gesund leben können, ohne uns zu bekümmern, ob andre,
die nichts, als was seltsam ist, hochachten, dadurch ihre Gesundheit verkünsteln. Mir
scheinet es wenigstens sehr wahrscheinlich, daß, da die mineralischen Wasser meist in
unwegsame Örter relegirt sind, solches eine vorsichtige Behutsamkeit des allerweisesten
Schöpfers andeute, welcher gewolt, daß solche Brunnen schwer zu finden und zu er-
reichen seyn, damit nicht die Menschen sich derselben ohne Unterscheid und genüg-
samen Vorsicht bedienen und sich dadurch Schaden zuziehen möchten, wie denn auch die
verständigen Liebhaber mineralischer Wasser gestehn müssen, daß dieselben mit kluger
Vorsicht müsten gebraucht werden, weil sie sonst schädlich seyn würden, wie selbst
von Kraft und Wirkung des frischen Wassers 375
vom berührten Achner Gesund-Brunn der Auetor des Zeitvertreibs bey den Wassern
zu Achen pag. m. 175. gestehet, daß wer sie ohne Vorbedacht genießet, sich vielen Zu-
fällen unterwerfen würde. Juiii Caesaris sonst gesunde Armee fiel auf einen mine-
ralischen Brunnen, und wurde davon in kurtzer Zeit räudig. Genung, wir glauben
wenigstens mit dem gemeinen kalten Wasser eben so viel, wo nicht mehr Gutes in
allerley Kranckheiten auszurichten, als man von dem andern nur immer erwarten mag.
Und ich glaube gar gerne, was ein guter Freund muthmaste, nemiich, wenn die gantze
Welt voll bittrer und Sauer-Brunnen, aber nur ein eintziger süßer Quell im äußersten
Monomotapa zu finden wäre, so würde man vor eine kleine Bouteille von diesem gantz
willig mehr denn einen Ducaten bezahlen. Aber weil schlecht Wasser überall fleußt,
und weil es umsonst zu haben, so meynt man, daß es auch von schlechter Kraft seyn
müsse, und man setzt also ein größer Vertrauen auf solche Sachen, welche schwer und
mit großen Kosten zu erlangen sind, und welche mit vieler meist unnöthigen Mühe erst
zusammen gesetzt und mit großprahlenden Titeln belegt worden. Der ehrliche Lucanus
sucht uns vernünftigere Gedancken beyzubringen, wenn er schreibt: discite quam
parvo etc.
„Lernt der Natur gemäß von wenigen zu leben ;
Ein goldener Pocal mit alten Wein gefüllt,
Hilft nicht den Krancken auf; was in dem Bache quillt,
Und Brod ist schon genung, uns LebensKraft zu geben.""
Hahn war durchaus trotz seiner teilweise sogar übertriebenen Wasseranwendung
kein einseitiger Wasserspezialist. Er bediente sich, wie er selbst sagt, zugänglicher (ob-
schon nicht überflüssiger) Medikamente. Auch die Anempfehlung und der eigene Ge-
brauch des Wassertrinkens hatte ihn nicht zum Totalabstinenten gemacht. Er schließt
sein Buch: „Je zeitlicher aber ein Mensch anhebt das frische Wasser bey gesunden
oder ungesunden Tagen zum Trincken und Waschen zu gebrauchen, desto mehr Nutzen
wird er davon verspühren; doch ist es auch im Alter nie zu spät, sich daran zu ge-
wöhnen; man fange also in der Wiege schon an, und höre damit nicht eher auf, als im
Grabe. Wer aber zur Freude und Abwechselung zuweilen beym Wasser-Trincken ein
Gläßgen Wein bescheid zu thun Lust hat, dem will ich solches mit einem hertzlichen
Prosit gesegnen, denn immer einerley gebrauchen verursacht leicht Überdruß : Allezeit
Wasser oder Wein trincken ist nicht lustig, sondern zuweilen Wein, zuweilen Wasser
trincken, das ist lustig."
Der Ruf der Wasserhahns muß ein bedeutender gewesen sein. Das Vertrauen, was
der Militärarzt Theden dem alten Hahn entgegen brachte, spricht sattsam dafür, auch
schreibt der jüngere Hahn, daß „viel gelehrte und erfahrne Practici, nebst vernünftigen
und gewissenhaften Chirurgis in unsren und umliegenden Gegenden, sich bey ihren
Krancken des frischen Wassers äußerlich und innedich gebrauchen, und seine Kraft
gar unvergleichlich befinden". Aber die Hahns waren auch außerhalb Schlesiens
Grenzen bekannt. Das Buch des jüngeren Hahn ist heute noch, auch in den älteren
Auflagen, in zahlreichen Exemplaren und auf den meisten Bibliotheken vorhanden. Der
376 Baldlnger / Schmucker / Pare / Lombard / Percy
jüngere Johann Siegemund erwähnt die Freunde der Wasserbehandlung, „unter denen
besonders den weyl. hoch-berühmten Herrn Geheimden Rath Hofmann (den schon
genannten Professor) in Halle anzuführen mir die Freyheit nehme, als welcher nicht
alleine selbst in öffentlichen Schriften die Heilsamkeit des Wassers aufs gründlichste er-
wiesen, sondern auch in einem an meinen geliebten Bruder in Breßlau abgelassenen
eigenhändigen Schreiben, sein Vergnügen bezeuget, weil er von vielen Reisenden
vernommen, daß wir hier zu Lande mit gelinden Mitteln, besonders
dem Gebrauch des Wassers, denen Krancken nicht geringe Dienste
leisteten" 670. Baldinoer, ein Marburger Medizinprofessor, schrieb 1792: „Wer
kennt nicht wenigstens das, was Anton Musa, Floyer, Hahn und Friedrich Hof-
mann mit Wasser thaten. Und Theedens und Schmuckers Anwendung des kalten
Wassers hat allgemeinen Beifall gefunden, und viele Menschen sind dadurch gerettet
worden, die sonst ohne Rettung verloren waren. Mit Recht nannte schon Friedrich
Hofmann das Wasser eine medicina universalis. Und dieser Arzt, die Zierde der Ärzte
Teutschlands, erweckte in seinem Vaterlande allgemeinen Sinn vor die Wirkungen des
kalten Wassers und ermunterte dadurch zuerst seine Schüler und Nachfolger zu dessen
häufigen Gebrauch" 650.
Der von Baldinoer genannte Schmucker war der Vorgänger Thedens als preußi-
scher Generalchirurg. Nach Reuss wurde auch er durch die Beobachtungen der Hahns
aufgemuntert, „die Fomentationen mit kaltem Wasser, welches er zur Erhöhung der Kälte
noch mit Salpeter, Salmiak und Essig versetzten ließ, bei allen Kopfverletzungen und
andern Contusionen, während den zwei schlesischen Kriegen zu versuchen. Diese
haben durch ihn auch eine so große Reputation erhalten, daß sie seitdem unter der
Benennung „die ScHMUCKERischen Fomentationen" allgemein bekannt sind und bei ähn-
lichen Vorfällen gebraucht werden" (1822)662
Andere Chirurgen entnahmen die Wasseranwendung für ihre Kunst direkt dem
Volksbrauche unter Weglassung des Aberglaubens. Der berühmte Ambrosius Pare
hatte bei der Belagerung von Metz 1553 den Verdruß, daß ihm der Meister Doublet,
welcher das Verbandwasser zu beschwören verstand und nach dem Zeugnisse von
Zeitgenossen selbst die schwersten Verletzungen damit heilte, von den Verwundeten
vorgezogen wurde. Ich bezweifelte nicht, sagt Pare, daß man Wunden mit reinem
Wasser heilen kann, wenn man vorher über dasselbe gewisse Worte gesprochen und
die Leinwand in Kreuzesform in dasselbe getaucht hat, aber es sind weder die Worte,
noch das Kreuz, sondern das Wasser allein, weil es die Wunde reinigt und der Entzün-
dung entgegen wirkt. Als 1785 in Straßburg bei Prüfung von Artilleriewaffen viele
Soldaten bedeutend verwundet und in das unter Lombard und Percy stehende Hospital
gebracht wurden, erbot sich ein Müller, die Verwundeten mit einem von ihm unfehlbar
gemachten Wasser zu heilen, und erfüllte zur Verwunderung aller sein Versprechen.
Obgleich der Müller sein Wasser mit allerlei Beschwörungen * zugerichtet und auch
* Den Ausdruck Beschwörungen halte ich nicht für richtig, es handelt sich um das sog. Segnen. In
Langenbeck / May / Marcard / Offterdinger 311
eine Kleinigkeit von Alaun zugesetzt hatte, so schrieben Lombard und Percy die Er-
folge dem Wasser allein zu und stellten später Versuche an, deren günstiges Resultat
beide veröffentlichten 672
Zum Schluß muß ich die Worte eines Chirurgen aus Vorprießnitzscher Zeit, des
Göttinger Professors Langenbeck, anführen, der 1822 unter seinen Ratschlägen, Frost-
beulen zu vermeiden, folgendes schreibt: „Man wasche Hände, Gesicht und Füße kalt,
bürste oder reibe dabei Hände und Füße, worauf eine angenehme Wärme folgt. Was
das kalte Waschen der Füße anbetrifft, so kann sich freilich nicht jeder dazu verstehn;
indessen sichern gehöriges Abtrocknen und Reiben vor den Nachteilen, die darauf
folgen können. Die Füße werden nie wärmer, als wenn man sie nur in kaltes Wasser
taucht, tüchtig reibt und dann Strümpfe anzieht. Wer daran gewohnt ist, wird bald den
guten Einfluß auf den ganzen Körper bemerken. Ich wasche alle Morgen meinen ganzen
Körper kalt und empfinde darnach eine allgemein verbreitete Wärme, bekomme eine
große Leichtigkeit, ein äußerst behagliches Gefühl und kenne keinen Rheumatismus.
Wer gesund ist, wird beim mäßigen Leben, beim Genuß weniger und nahrhafter
Speisen, einfacher Kost, und wenn er dem Bacchus und der Venus nicht zu häufige
Opfer bringt, bei kaltem Waschen gesund bleiben und keinen Rheumatismus bekommen,
weil das kalte Waschen die Haut stärkt und die zu große Empfindlichkeit aufhebt" 6ö5.
Die inneren Mediziner waren bestrebt, die Wasseranwendung zu vervollkommnen,
namentlich Anzeigen und Gegenanzeigen aufzustellen, Mißbräuche zu bekämpfen, be-
sonders aber bei der Behandlung zu individualisieren. Der Warnung über den Miß-
brauch der kalten Bäder durch den Heidelberger Professor May (S. 47) und der Vor-
schriften über den vernünftigen Gebrauch des unter dem Namen Tauchbad gebrauchten
kalten Bassinbades von selten des Pyrmonter Badearztes Marcard (S. 48 ff.) ist schon
gedacht worden. Neben diesen Ärzten sind drei besonders hervorzuheben, der Kan-
statter Physikus Georg Gottlieb Offterdinger, Brandis, Badearzt zu Driburg, später
Professor in Kiel (als solcher gab er ein Buch über Kaltwasserbehandlung der Infek-
tionskrankheiten heraus ö'^^) und Samuel Hahnemann, der spätere Homöopath.
Offterdinger sagt 1782 bei Besprechung der Krankheiten, die wir heute mit dem
allgemeinen Ausdruck Nervenschwäche bezeichnen, in seiner „Anleitung für das Land-
volk in Absicht auf seine Gesundheit": „Man sollte sich einmal bereden können, daß
nicht alle Krankheiten blos durch Arzneien zu heilen sind, und daß bei vielen chro-
nischen die Bewegung und eine dienliche Lebensordnung öfters mehr ausrichten, als
alle Mittel aus der Apothek, und daß eben diese beiden heilsamen Mittel, gleich wie sie
die vornehmsten Stützen zur Aufrechthaltung der menschlichen Gesundheit sind,
auch in allen denjenigen Übeln, welche mit einem gehinderten Umlauf des Geblüts in
den Eingeweiden, dem Kopfe, der Brust, dem Unterleib, einer Verstopfung derselben,
schweizerischen Verboten findet sich der Ausdruck Lachsnen. Man besprach wohl Krankheiten
als etwas vom Bösen Zugefügtes. Es ist aber sinnwidrig, ein Heilmittel zu besprechen, bezw. zu
beschwören.
378 Offterdinger / Brandts
dergleichen die meisten chronischen oder mit einer Schwachheit und Empfindlichkeit
der Nerven verbundenen sind, auch die wahren und zuverlässigsten zur Wiederher-
stellung derselben abgeben . . .
Allein nicht nur die Bewegung, sondern auch die Bäder sind von der herrlichsten
Würkung. Man gebraucht sie nach Beschaffenheit der Umstände, wärmlicht, lau, und
bleibt so lange darinnen sitzen, bis sie kalt sind, oder wenn die Empfindlichkeit der
Nerven nicht gar zu groß ist, gar kalt. Ich habe nicht nötig, daß ich die verdienten
Lobsprüche derselben wiederhole, welche ihnen Herr Tissot und andere große Ärzte
schon längst gegeben haben, und ich sage nicht zuviel, wenn ich behaupte, daß die Be-
wegung, die Bäder und eine taugliche Lebensordnung allein hinreichend sind, dieses
öfters verzweifelte Übel zu heben, insonderheit in dem Fall, da die allzustarke Empfind-
lichkeit der Nerven die vornehmste Ursache davon ist, oder wenn nur noch keine un-
heilbaren Fehler in den festen Teilen vorhanden sind : Zu eben diesem Zweck dienen
auch die kalten Fußbäder, womit man allenfalls den Anfang machen kann, und ich kann
nicht umhin, hier den ungemeinen Nutzen des kalten Wassers, wenn man alle Teile des
Leibes, hauptsächlich den Unterleib, die Brust, den Kopf, den Rückgrad, Morgens und
Nachts vorm Schlafen stark damit reibet, aufs äußerste anzurühmen, welches in allen
denjenigen Fällen, da die kalten Bäder noch zu reizend sind, deren Stelle anfangs ver-
treten kann. Viele bereden sich, daß die Bäder überhaupt ihrer Natur nicht taugen,
allein es ist dies ein irriges Vorurteil. Man kann sie unstreitig nach eines jeden Tem-
peraments und Leibesbeschaffenheit einrichten, einige haben sie lau, andere kälter, andere
ganz kalt nötig, und der Erfolg wird dieses am besten anzeigen, auch muß man, wenn
sie stärken sollen, nicht darauf ins Bett liegen und schwitzen, wol aber auf dasselbe" ö33.
Brandis schreibt 1792: „Friedrich Hofmann, Tissot, Maret, Marteau und
William Falconer haben sehr viel Gutes über die Bäder überhaupt, Floyer, Hahn,
Marcus Herz und Ferro vortrefflich über kalte Bäder geschrieben: aber gewiß haben
alle doch noch manches übrig gelassen, was den Gebrauch dieses äußerst wichtigen
Heilmittels bestimmter, sicherer und wahrscheinlich allgemeiner machen kann . . .
Sowohl als Vorbauungsmittel gegen Krankheiten, als auch als Heilmittel, sind Bäder
eine der wirksamsten Arzneien, werden daher aber auch oft, wie alle wirksamen Arz-
neien, zu großem Nachteile Kranker und Gesunder äußerst gemißbraucht. Wer sich
schwach glaubt, setzt oft sein ganzes Heil in den Gebrauch kalter Bäder, friert in den-
selben täglich Stunden und länger durch, und kommt vielleicht, wenn seine Nerven noch
weit empfindlicher und seine Fasern weit reizbarer geworden sind, von seinem schäd-
lichen Wahne zurück, daß dieses seine Panacee sei, durch die er in kurzer Zeit einem
Herkules oder Milon gleich werden könnte . . . Daher ist es, vorzüglich für reizbare,
schwächliche Personen, eine äußerst wichtige Regel, diese Heilmittel nicht ohne Zu-
raten eines erfahrnen, aufgeklärten Arztes zu gebrauchen."
Brandis führt dann aus, daß beim kalten Bade die Kälte die Hauptsache sei, durch
den starken Reiz der Kälte würden die Haut und mit dieser consensualisch die übrigen
Brandis Ansichten über Kälteanwendung 379
festen Teile des Körpers, vorzüglich aber die auf der Oberfläche überall verbreiteten
kleineren Gefäße schnell zusammengezogen. Das vorher in ihnen enthaltene Blut habe
nicht mehr Raum in ihnen und werde mit großer Schnelligkeit in die größeren Gefäße
nach dem Herzen zurückgetrieben. „Auf das Nervensystem wirkt die plötzliche Kälte
als ein heftiger Reiz. Allgemeines Zittern, vorzüglich Zahnklappern, sind die sichtbaren
Folgen davon. Läßt die Kälte bald nach, oder haben die größern Gefäße Kraft genug,
den Widerstand des Kreislaufs auf der Oberfläche zu überwinden: so treiben sie das
Blut, durch die größere Menge desselben gereizt, mit verdoppelter Gewalt nach der
Oberfläche zurück, es entsteht eine allgemein vermehrte Wärme über den ganzen Körper,
die zuletzt eine sehr vermehrte Transspiration hervorbringt ... In alle diesem siehet man
ganz den Verlauf eines künstlichen Fiebers; und alles Gute, was man von einem Fieber
erwarten kann, wird auch ein sehr kaltes Bad bewürken *. Hartnäckige Verstopfungen
der Gefäße und beträchtliche Hindernisse, die irgendwo dem freien Kreislaufe der Säfte
im Wege stehen, werden dadurch aufgehoben; träger Kreislauf, der auf die flüssigen
Teile nicht hinlänglich wirkt, sie nicht genug bereitet und animalisiert, erhält dadurch
eine neue Kraft, dieses Geschäft gehörig zu verrichten; die Fiber wird dichter, ge-
spannter und elastischer. Durch die darauf folgende häufige Transspiration werden
viele unnütze wäßrige Feuchtigkeiten aus den Säften ausgeschieden . . ."
Aus den weiteren Ausführungen geht hervor, daß die kalten Kopfbäder zur Zeit „oft
gebraucht und gemißbraucht" wurden. Ganz hartnäckige Kopfschmerzen schwanden
häufig durch das äußerst schmerzhafte kalte Tropfbad auf den geschorenen Scheitel.
„Kalte Bäder gehören daher ohne Zweifel unter die wirksamsten Mittel, aber müssen
auch mit äußerster Vorsicht und genauer Rücksicht auf alle Nebenumstände angewandt
werden. Ärzte, die der Idee von Schwäche nur allzeit die freilich leicht zu findende Cur
von Stärkung und Zusammenziehung der Faser entgegensetzen, werden kalte Bäder
sehr oft mißbrauchen. Ein ganz kaltes Bad, das alle die oben beschriebenen Wirkungen
in ihrer völligen Stärke hervorbringt, hat daher nur bei solchen Personen statt, deren
Kraft des Herzens und der Innern Gefäße stark genug ist, den durch die Kälte hervor-
gebrachten Widerstand der Gefäße auf der Oberfläche zu überwinden. Daher ist für
schwache und alte Personen ein ganz kaltes Bad sehr gefährlich, eben so sehr für solche,
bei denen man irgend eine Verletzung oder lokale Schwäche eines Innern Teils, z. B.
Fehler in den Lungen, zu großen Drang des Blutes nach dem Kopfe, Neigung zum
Schlage, beträchtliche Verstopfungen im Unterleibe u. s. w. vermuten kann. Auch für
sehr vollblütige, bei denen die Masse der Säfte zu groß ist, als daß sie von den Gefäßen
bequem könnten im Umlauf erhalten werden; für alle, deren Nervensystem sehr reizbar
ist, ihre Fasern mögen auch immer noch so schlaff sein, werden kalte Bäder, wenigstens
* Diese Auffassung finden wir bei Priessnitz wieder. „Priessnitz erkannte oder ahnte in einem
gewissen hydriatischen Instinct, daß, wenn die chronischen Kranl<heiten in der Wasserl<ur sich zur
acuten Form gestalten, eben dadurch die Heilung vom Organismus erstrebt wird, und in den meisten
Fällen nur dadurch erreicht werden kann", schreibt Rausse''".
380 Bmndis Ansichten über Kälteanwendung
anfangs, nie ein zweckmäßiges Mittel sein. Die Reizbariceit wird durch die Kälte immer
vermehrt und die ganze Maschine dadurch äußerst zerrüttet werden. Ich habe Gelegen-
heit gehabt, mehrere traurige Fälle von der Art zu sehen. Vorzüglich hat man sich aber
bei der örtlichen Anwendung der Kälte sehr zu hüten, daß man nicht die Lebenskraft
in dem Teile durch die Kälte ganz unterdrückt, wo man der Faser nur mehr Zusammen-
ziehung und mehr Kraft geben wollte. Vorzüglich gilt dieses von den äußersten Teilen,
die vom Herzen weiter entfernt sind. Hier hat es immer mehr Schwirigkeit, daß die
ganze Wirkung des kalten Bades hervorgebracht werde. Die Gefäße werden zwar
schnell zusammengezogen und den Nerven ein heftiger Reiz mitgeteilt, das Herz wird
aber von dieser partialen Zusammenziehung nicht hinlänglich gereizt, um den Wider-
stand zu überwinden und eine schnellere Circulation in den Teilen zu bewirken. Daher
kann durch eine unbedachtsame Anwendung kalter Bäder an solche einzelne entfernte
Stellen, z. B. die Füße, der Blutumlauf und die Lebenskraft ganz unterdrückt werden . . .
Dahingegen ist das ganz kalte Bad für jüngere Personen von schlaffer und untätiger
Faser, mit weniger reizbarem Nervensysteme, die an hartnäckigen Verstopfungen, zu
häufigen Secretionen, Lähmung und Atonie irgend eines Teils leiden, das wirksamste
Stärkungsmittel; und ich bin überzeugt, daß Floyer und Hahn nicht zu viel von der
Wirksamkeit dieses vortrefflichen Mittels gesagt haben, daß von vielen Ärzten wol bei
weitem nicht häufig genug angewandt wird. Auch für empfindsamere Personen kann
man kalte Bäder im Notfalle anwendbar machen, da man nach Willkür den Wärmegrad
desselben der Empfindsamkeit des Kranken angemessen machen kann. Je mehr sich
die Wärme der von 80 o (Farenheit) nähert, desto gelinder wird begreiflich der Reiz, aber
desto geringer auch die Zusammenziehung der Gefäße, desto mehr nähern sich die
Wirkungen desselben denen eines lauen Bades.
Bei sehr empfindsamen Personen ist es am ratsamsten, sich an kalte Bäder nach und
nach zu gewöhnen, mit einem kühlen oder gar lauen Bade anzufangen, und dasselbe,
wenn sie einige Zeit darin zugebracht haben, durch Zugießen von kaltem Wasser kälter
zu machen und den nächsten Tag die Kälte des Bades gleich anfangs zu verstärken.
TissoT sah von dieser Methode bei äußerst empfindsamen Personen vortreffliche Wir-
kung, und ich habe mich derselben Art, die kalten Bäder anzuwenden, gleichfalls sehr
oft mit den besten Wirkungen bedient . . .
Kalte Bäder dürfen bei weitem nicht so lange gebraucht werden (als die lauwarmen).
Bei den meisten, wo man blos Erschütterung des Nervensystems und Zusammenziehung
der festen Teile zum Zwecke hat, ist ein Aufenthalt von zwei bis drei, höchstens von
fünf bis sechs Minuten hinlänglich ; nur in einzelnen Fällen, wo man durch das Bad
noch andere Zwecke, z. B. auf die Haut unmittelbar in Ausschlägen, Flechten, weißem
Flusse u. dgl., oder um sehr hartnäckige Verstopfungen aufzulösen, erreichen will, kann
man den Aufenthalt vedängern . . .
Bei Tropfbad und Douche ist der Zweck, durch die größere Gewalt, womit das
Wasser auf einzelne Teile gespritzt wird, diesen Teilen einen besondern Reiz mitzu-
Brandts Ansicht über die kalte Dusche 381
teilen, die lebendige Faser zu einer tätigen Zusammenziehung zu reizen und die
Nervenkraft mehr zu beleben. Nach der Höhe, von welcher das Wasser herunterfällt,
oder nach der Kraft, mit welcher es auf den einzelnen Teil aufgespritzt wird, und nach
dem dickern oder dünnern Strahle des aufgestossenen Wassers, kann dieser Reiz von
der Heftigkeit des größten Schmerzes, dem Röte und Entzündung der Haut folgt, bis
zu dem Gefühl einer geringen Gewalt modificirt werden. An Absorption ist, wenigstens
bei einer etwas beträchtlichen Gewalt, wol nicht zu denken ; und geschieht sie, so wird
sie in dem leidenden Teile, auf welchen man wirken will, schwerlich unmittelbare Ver-
änderungen hervorbringen. Die Bestandteile des aufgespritzten Wassers kommen also
wol schweriich bei Tropfbad und Douche in weitern Betracht, also insofern sie auf die
Haut unmittelbar wirken. Wichtiger ist dabei die Temperatur des Wassers. Kälte
und große Wärme vermehren den Reiz beträchtlich und auf verschiedene Art.
Der Reiz dieser Bäder ist aber ganz besonders, und vielleicht einer der wirksamsten,
die der Arzt anwenden kann . . . Diese mechanische Gewalt erschüttert jede Faser, jedes
Gefäß und jeden Nerven des Teils, auf welchen man wirken will, gleich stark. Daher
ist es sehr begreiflich, daß man durch ihn Wirkungen hervorbringen kann, die man
von allen andern Reizmitteln vergebens erwarten würde. Die Oscillation der kleinsten
Gefäße des Teils wird durch diesen Reiz beträchtlich vermehrt, und bei großer Stärke
desselben entsteht selbst Röte und Entzündung; bei minderer Heftigkeit ist eine sehr
häufige Transspiration des einzelnen Teils die Folge davon. Stockungen in den kleinen
Gefäßen müssen also sehr wirksam aufgelöset und jedes derselben zur freien Circu-
lation der Säfte wieder geöffnet werden. Daher ist die Douche bei sehr hartnäckigen
chronischen Rheumatismen eins der wirksamsten Mittel. Auch die resorbirenden Ge-
fäße werden zu neuer Tätigkeit angereizt und in den Stand gesetzt, stockende Säfte
aus dem Zellgewebe oder andern Behältern wieder einzusaugen und in den allgemeinen
Kreislauf zurückzuführen. Daher ist die Douche oft das einzige Heilmittel in kalten
Geschwülsten, vorzüglich aber in den oft so gefähriichen Geschwülsten der Gelenke
(white swellings) und in Lähmungen, die von einem zu häufig ergossenen, verdorbenen
oder verhärteten Gliedwasser herrühren, Anchylosen u. dgl. Besonders wohlthätig ist
dieser Reiz aber oft den einzelnen Nerven, die dadurch wirksamer als durch irgend ein
anderes Reizmittel in Thätigkeit gesetzt werden und sich vielleicht schädlicher Materien,
die sich auf dieselben geworfen haben, auf eine dem Physiologen freilich noch uner-
klärbare Art entledigen. In verschiedenen Arten Nervenkopfweh, Schwindel, Melan-
cholie, Lähmung einzelner Teile, in krampfhaften Ziehungen einzelner Teile, z. B. des
Kopfs, in Schwindung einzelner Glieder, in Schwäche einzelner Teile von unordent-
licher Einwirkung der Nerven, z. B. der Zeugungsteile, und den so mancherlei daher
rührenden Übeln, sind Tropfbäder und Douche ein über alle Maßen wirksames Heil-
mittel, das oft da eine wohlthätige Heilung hervorbringt, wo sich die erfahrensten Ärzte
an wirksamen Mitteln vergebens erschöpft hatten.
Auf den Grad des Reizes kommt bei Anwendung dieses heilsamen Mittels alles an;
382 Samuel Hahnemann
durch plötzliche heftige Anwendung der ganzen Kraft desselben kann man vielleicht
den noch übrigen Lebensfunken ganz ersticken oder das Übel sehr vermehren, wo man
mit einem gelindern Reize völlige Heilung würde hervorgebracht haben. Diesen Grad
zu bestimmen, kann bloß der Erfahrung und Einsicht des Arztes überlassen werden,
der durch öftere Beobachtungen ähnlicher Fälle und durch genaue Kenntnis der Kräfte
der Werkzeuge, der Reizbarkeit und Empfindsamkeit des Kranken, der Temperatur des
aufzugießenden Wassers usw. in den Stand gesetzt ist, richtig darüber zu urteilen" ö74
Hahnemann schrieb ein Buch, alte Schäden und faule Geschwüre zu heilen, in dem
er neben einer örtlichen Behandlung eine Kaltwasserkur des ganzen Körpers vorschlug.
„Wenn man irgend eine allgemein hülfreiche Arznei hätte, so würde es Wasser sein.
Meine Kranken mit alten Geschwüren kann ich ohne kaltes Bad nicht heilen, nicht dauer-
haft heilen, die Kälte an sich scheint nicht nur als stärkendzusammenziehendes Mittel,
sondern auch als ein fäulungswidriges hiebei zu wirken. Man kann die Heilkraft der Kälte
auf keine Art so lokal anwenden, als durch den Gebrauch kalter Bäder, eine Anwendung,
die der ganzen Gradleiter des Wärmemessers fähig ist, ohne übrigen Nachteil und ohne
Kosten.
Anfangs lasse ich, der Schade mag an irgend einem Teile des Körpers sein, Wasser
von fünfzig Grad fahrenheitischer Wärme zum Fußbade blos über die Knöchel alle
Abende vor Schlafengehn sechs Minuten lang unter beständiger Bewegung des Wassers
nehmen. Dies ist der geringste Grad des stärkenden Bades, welches selbst Kranken
von äußerster Schwäche diensam und nicht beschwerlich ist, ich erhöhe es von Zeit zu
Zeit immer mehr und mehr, selbst wenn das Geschwüre am Fuße ist, und so steige ich,
nach Beschaffenheit der anwachsenden Kräfte und der Güte der Wunde, nach und nach
bis zum ganzen Bade, auf fünfzehn Minuten Dauer, bis zu dreien Malen des Tags, früh
vor Einnahme des Frühstücks, zwei Stunden nach dem Mittagsessen und eine halbe
Stunde vor Schlafengehn, auf vierzig, dreißig und selbst zwanzig Grad fahrenheitischer
Wärme des Wassers. Dies sind die höchsten Grade.
Da diese Genauigkeit bei Bädern von fließendem Wasser nie angebracht werden kann,
so muß, einmal für allemal gesagt, durch stete Bewegung des Wassers die Kälte des
Bades immer in Gleichförmigkeit erhalten werden, und selbst die Menge des dazu nötigen
Wassers darf in dieser Absicht nicht geringe sein, wenn das Stubenbad alle Vorteile eines
Flußbades erreichen soll.
Die Grade des kalten Bades und die steigende Bewegung des Körpers müssen mit
der Zunahme der Kräfte in gleichen Schritten fortgehn. Es lassen sich bei so ange-
stellter Badekur so viel Grade der Erhöhung anbringen, daß auch der schwächste Körper
ohne die mindeste Erschütterung seines Gefühls nach und nach bis zur höchsten Staffel
steigen kann, wenn genaue Vorschriften des Arztes und die pünktlichste Folgsamkeit
des Kranken verbunden werden.
Ich habe noch nie aufhören können, mich zu verwundern, wie unsre größten Ärzte
bei Vorschreibung der stärkenden Kur so nachlässig in Bestimmung des kalten Bades
Hahnemanns Kaltwasserbehandlung 383
haben sein können. Man brauche halbe oder ganze Bäder früh oder auch abends, das
ist der Inbegriff ihrer Vorschriften. Von den Graden der Kälte, der genauen Dauer des
Bades und den übrigen unentbehrlichen Bestimmungen kein Wort. Alle Verwunderung
über den so häufigen durch kalte Bäder angerichteten Nachteil auf die Gesundheit hört
so gleich auf, wenn man bedenkt, wie viel zweckwidrige Anwendungen des kalten
Wassers durch so verstümmelt hingeworfene, dreisilbige Vorschriften haben können
hervorgebracht werden.
Der entkräftete Siechling warf sich Stunden lang in Schneewasser, um durch heroische
Befolgung unbestimmter Vorschriften jenen großen Männern Ehre zu machen, und man
zog ihn ohnmächtig, durch Krampf erstarrt, vom Schlage gelähmt, oder bis zum Faul-
fieber erkältet wieder heraus, oft auch wohl tot. Kann mans dem wolthätigen Eisen
beimessen, daß sich das unmündige Kind die Adern öffnete, oder ist vielmehr die Nach-
lässigkeit seiner Aufseher und Gesetzgeber anzuklagen. Man kann bei Aufzeichnung
der Gebrauchsregeln kräftiger Heilmittel nicht pünktlich und umständlich genug zu
Werke gehn, an nachläßiger Befolgung wirds demungeacht nie fehlen.
Diese Unbestimmtheit hat dem kalten Wasser so viel Feinde zugezogen, daß man
eine ungeheure Anzahl Menschen antrifft, die kalte Bäder als den äußersten Grad arznei-
licher Karnifizin ärger als den Tod scheuen. Aber die Hefe nachbetender Ärzte hatte
auch durch sinnlose Anwendung dieser unbestimmten Vorschriften unsrer Hippokraten
die Schmach des kalten Bades aufs äußerste gebracht. Der Patient mußte oft mit Ge-
walt und auf einmal in ein kaltes Bad steigen und gewöhnlich eine Stunde drin bleiben.
Um die Pein der auf ihn eindringenden Kälte zu mäßigen, fühlt er, ist ihm kein Mittel
übrig, als unbeweglich still zu sitzen. Nach Verlauf von Viertelstunden, nachdem er viel
Kräfte zur Ausdauer der Kälte einer solchen Menge Wassers verschwendet hat, wird
das Wasser um ihn her lau. Ruhig bleibt er sitzen, um sich, wie ihm deucht, in der
warmen Wasseratmosphäre wieder zu erholen und die Kräfte zu ersetzen, die er auf
ihre Erwärmung verschwenden mußte. Dies erwärmte Wasser wirkt nun als ein laues
Bad und nimmt ihm einen Teil der Kräfte vollends weg, die ihm die Ausdauer der über-
mäßigen anfänglichen Kälte des Wassers übrig gelassen hatte. Nun wickelt man ihn in
erwärmte Tücher und so nimmt ihn ein erwärmtes Bett in Empfang, Behandlungen, die
den Nachteil dieses unsinnigen Bades vollenden. Er kömmt nun in Schweiß und ver-
liert durch diese zwölfstündige Folter wenigstens zwanzig vom Hundert der Kräfte, die
er vor dem Bade hatte, des drauf folgenden Krampfs, des Schnupfens, des Hustens,
des Durchlaufs oder des Rheumatism nicht zu gedenken, die er Tags darauf als unver-
meidliche Unbequemlichkeiten seines hülfreichen Bades mit Geduld verschmerzt, nur
Schade, daß er dies liebe stärkende Bad kaum drei- bis viermal aushalten kann, es würde
ihm wohl sonst noch rechten Nutzen gestiftet haben ! Eine sehr artige, aber, welches
ihr sehr zur Empfehlung dient, fast durchgängige Verordnung, mächtig genug, die Kirch-
höfe der berühmtesten Bäder Europas so ansehnlich zu erweitern, von der ich jedoch
zeitig zurückgekommen zu sein, mich glücklich schätze.
384 Hahnemanns Kaltwasserbehandlung
Da meine Kranken nur allmählich und nach Verhältnis ihrer zunehmenden Kräfte dazu
angeführt werden, wie oben erwähnt worden, so findet sich, daß die meisten nach voll-
endeter Kur kaum aufhören wollen, sich kalt zu baden. Ich bemerke nach meiner Verord-
nung keine Verkältung, vielmehr vermehrte oder doch ununterbrochene Ausdünstung,
und die Kräfte nehmen von Tage zu Tage bei meinen Kranken zu, da ich durchs kalte
Bad nicht mehr Wärme aus dem Körper ziehen lasse, als er sehr bald durch eigne Blut-
wärme wieder ersetzen kann. Der Schwung des durch den Körper kreisenden Blutes
verstärkt sich durch die von der Kälte gleichförmig veranstaltete Zusammenziehung der
Muskelfasern und Gefäße, so wie die Kraft der Spiralfeder zunimmt, je dichter sie zu-
sammengewunden wird, und alle Verrichtungen des Körpers bekommen ein neues Leben.
Um diese Stärkung und Zusammenziehung der Fibern desto gleichförmiger zu bewirken,
schärfe ich bei jedem Grade des Bades als umumgänglich ein, das Wasser in steter Be-
wegung um den Körper oder das eingetauchte Glied zu halten und ein so großes Gefäß,
wie möglich, dazu zu nehmen, um die Vorteile hier zu ersetzen, die das fließende Wasser-
bad vor den Stubenbädern sonst voraus hat.
Flußbäder wende ich auch nicht gerne eher an, als bis nach vollendeter Heilung, wo
etwas mehr oder mindere Kälte und vernachlässigte Aufsicht nicht leicht schaden kann,
übrigens schränke ich alles auf Stubenbäder ein, wo eine gehörige Leitung gehandhabt
und jeder Vorteil der fließenden Bäder, wie gesagt, erhalten werden kann, ohne daß
einer ihrer Nachteile hinzukommen darf. *w
Das Wasser kann entweder der Kranke selbst bewegen, wenn er ehrlich genug dazu
ist, oder man veranstaltet es. Die Art, wie das Wasser bei Destillationen in den Kühl-
fässern erneuert wird, entspricht zu diesem Behufe aller Absicht. So viel nämlich kaltes
Wasser durch eine angebrachte Röhre nach dem Boden des Badegefäßes sinkt, so viel
läuft oben durch eine Rinne von selbst ab, durch die Wärme des Körpers erwärmt, da
das kalte schwerer, das warme Wasser aber leichter ist und nach oben schwimmt und
von da abläuft.
Ich erinnere aber, für unbemitteltere, daß ein etwas großes Badegefäß und die Bewegung
des Wassers darin schon hinlänglich sein kann. Ärmere, die den Grad der Wärme nicht
genau zu bestimmen wissen und sonst wenig Bequemlichkeit haben, lasse ich eine ein-
fachere Vorschrift befolgen. Die Grade der Eintauchung nebst den Graden der Dauer
bestimmen bei ihnen allein die Leiter, wonach das Bad erhöhet werden soll. In Wasser
aus einem sehr tiefen Brunnen sich so und so tief, so und so oft und so und so lange ein-
zutauchen, gleichviel ob im Sommer oder im Winter, ist die Vorschrift. Dies erhöhe ich
bei ihnen von Zeit zu Zeit nach Beschaffenheit ihrer Kräfte. Sie können nichts dabei ver-
sehn, da die Vorschrift so einfach ist, und haben fast gleich großen Nutzen davon, als
Reichere, die genauere und kostbarere Verordnungen befolgen können.
Das kälteste Wasser, was selbst bemitteltere im Sommer haben können, ist doch nur
das aus Brunnen, die auf dreißig und mehrere Fuß tief sind und höchstens etwas
unter zweiundfunfzig Grad fahrenheitischer Wärme haben. Man müßte denn den Auf-
Hahnemanns Kaltwassermethode 385
wand machen können, die Kälte des Bades mit Eise aus Eisgruben zu bestimmen. Das
kälteste Wasser der Brunnen ist jedoch für jedermann hinlänglich, wenn die Kur im
Sommer fällt, da man die mindere Kälte durch öfteres oder länger daurendes Baden und
den Grad der Eintauchung ersetzen kann ....
Die Schwäche des Kranken, zuweilen auch rauhe Witterung machen es fast zur durch-
gängigen Notwendigkeit, sich vor dem Eintritte ins kalte Bad und nach dem Ausgange
aus demselben eine mäßige Bewegung zu machen, ein unvergleichliches Mittel, den Kreis-
lauf hiebei in Ordnung zu erhalten.
Die erregte Wärme des Blutes kann dann der Kälte des Bades desto leichter wider-
stehen und die Muskelfibern nebst den Gefäßen gleichförmig zusammen ziehn. Eben
hiedurch erhält man auch den Vorteil, daß das kalte Bad nie Erkältung verursacht, und
daß man geschwindere Schritte in Erhöhung des kalten Bades thun kann, als wenn der
in Ruhe gebliebene Kranke sich auf einmal und unvorbereitet der Kälte des Wassers an-
vertrauen soll.
Die Bewegung vor dem Bade aber muß so gemäßigt sein, daß sie nie bis zum Schweiße
ausartet, es wäre sehr undienlich, in solchem Zustande die Wanne zu besteigen. Die Be-
wegung nach dem Bade kann etwas kräftiger sein, doch darf sie auch nie weder bis zum
Schweiße, noch zur Ermijdung führen. Unter dieser Einschränkung kann man sich un-
gemeine und sonst durch nichts zu ersetzende Vorteile davon versprechen.
Wenn das kalte Bad besonders bei der Nachkur vom halben Bade bis zum ganzen
steigt und die Kälte und die Dauer des Bades täglich erhöhet werden soll, da lasse ich
meine Kranken ein oder zwei Gläser des ihnen beschiednen Weines im Wasser genießen.
Der Vorteil hievon hat sich mir oft sichtlich bewiesen, und er wird jedem, der hierüber
nachdenkt, leichtlich einleuchten.
Ich setze zu den Gebrauchsregeln des kalten Bades noch einen wesentlichen Umstand,
der sehr genau mit den gleich vorher beschriebenen Handgriffen zusammenhängt, ein
Umstand, der die Vorteile des zu bewegenden Wassers mit einbegreift. Ohne diese
Handanlegung lasse ich nie ein kaltes Bad nehmen. Von der ersten
geringen Eintauchung an bis zum kältesten ganzen Bade lasse ich
den Kranken die Teile, die unter dem Wasser sind, sowie die
nächsten, mit wollenen Tüchern nur immer stärker reiben, je nach-
dem der Patient bald heraustreten will. Dies kann der Kranke selbst
thun, es kann auch von jemand anderm geschehen. So bald er heraustritt,
lasse ich denselben Teil nur mit trocknen, auch wohl mit Gewürzen und Harzen durch-
räucherten Tüchern noch eine und mehrere Minuten hindurch, gewöhnlich noch etwas
stärker als im Bade selbst, reiben, ihn dann bedecken und so eine viertelstündige bis
stündige Bewegung vornehmen, die seinen Kräften angemessen ist.
Will man stärkere Fortschritte bei Erhöhung des kalten Bades thun, so kann man das
Frottieren auch vor dem Bade an den einzutauchenden Teilen vornehmen, man
wird Vorteile hervorbringen, die durch andere Behandlungen nie erreicht werden.
Martin, Badewesen 25
386 Qebrauch der Kaltwasserbehandlung
Was überhaupt Bewegung für die ganze Maschine des menschlichen Körpers ist, dies
und noch mehr ist Reiben und besonders mit wollenen Tüchern für einzelne Teile. Die
Lebenskraft wird erweckt, der Kreislauf der Säfte wird hiedurch ganz ungemein befördert
und in Ordnung gebracht, die Muskeln dieser Teile werden gestärkt, und die Haut emp-
findlicher und für den Eindruck, den das kalte Wasser darauf ausüben soll, empfäng-
licher gemacht, so werden Häute während des Oerbens gerieben, geschlagen und gewalkt,
damit die zusammenziehenden Kräfte der Lohe desto stärker darauf wirken können. Man
wird mir dies Gleichnis vergeben, da es übrigens so passend ist. Durchs Frottieren werden,
mit einem Worte, Vorteile hervorgebracht, die man zu unsrer Absicht durch andre Mittel
zu bewirken, sich vergeblich bemühen würde. Vermittelst des Frottierens kann die
schwächste Person mit Vorteil das kälteste Bad nehmen . . .
Wenn ich das kalte Bad nächst der gehörigen Diät zum Hauptstücke der stärkenden
Kur alter Geschwüre mache, so habe ich die ausgesuchtesten und zahlreichsten Erfah-
rungen vor mir und verlange unumschränkten Glauben in diesem Stücke.
Daß selbst der Ärmste sich dieses herrlichen Hülfsmittels leicht und ohne weitläuftige
Vorschriften, außer den oben angezeigten, bedienen kann, ist kein geringer Beweis seiner
Vortrefflichkeit. Er kann sich vor und nach dem Bade eben so gut bewegen, sich eben
so reiben, eben sowohl das Wasser um den badenden Teil herum in Bewegung halten,
als der Reichste. Er kann eben sowohl der freien Luft genießen, und ein kräftiges Bier
wird ihm statt des Weines dienen. Sein Körper aber, der gewöhnlich durch Erziehung
und Lebensart fester und benervter worden ist, als des Vornehmern zärtlicherer Leibes-
bau, nimmt zweckmäßige Mittel viel leichter zur Genesung an, die Hälfte der dem Ver-
zärtelten zu reichenden Heilmittel bewirken bei ihm schon alles nötige, und Pumpernickel
dient ihm statt der Kraftsuppen. Also auch für ihn ist gesorgt" 660.
Aus dem Angeführten geht zur Genüge hervor, daß die Ärzte nicht nur Bücher über
Kaltwasserbehandlung schrieben, sondern diese auch praktisch bei ihren Kranken durch-
führten. Ich erinnere nochmals daran, daß Marcard in Pyrmont ein Bassinbad errichtete
(S. 48). Brandis gebrauchte neben einfachen kalten Wasserbädern auch das Driburger
Wasser kalt, dem er wegen seines Reizes auf die Haut, namentlich durch die Kohlensäure
und das Eisen, eine besondere Wirkung zuschrieb 674. Jm Jahre 1815 sagt Hufeland,
daß er sich von der außerordentlichen Kraft der Sturzbäder von kaltem Wasser auf den
Kopf bei Gemütskranken im Irrenhause der Charite zu Berlin überzeugt habe, wo der
äußerst glückliche Erfolg der Kuren, da im Durchschnitt der dritte Teil geheilt werde,
hauptsächlich diesem Mittel zuzuschreiben sei * 6*2. Nun genug davon ! Ich mußte etwas
breit in meiner Darstellung werden, um zu zeigen, daß die Welt, als Priessnitz mit ge-
* Es ist noch anzuführen, daß das sogenannte ableitende Verfahren den Ärzten nicht unbekannt war.
Floyer erwähnt, es sei eine mehrmals versuchte Erfahrung der Weiber, daß sie bei Blutstürzen der
Gebärmutter ihre Füße in kaltes Wasser setzen ">. Dauter spricht von einer Anwendung des kalten
Wassers auf andere entfernte Teile, damit es „vermöge der iVlitleidenschaft" auf den Krankheitssitz
selbst wirke, beim Nasenbluten z. B. leiste es, nicht nur auf die Nase selbst, sondern auch auf den
Hodensack geschlagen, gute Dienste ''^ä.
Auswüchse der Kaltwasserbehandlung Im 18. Jahrhundert und durch Prleßnitz 387
segnetem Wasser und Abwaschungen Kranke zu behandeln anfing, mit keinem neuen
Heilverfahren überrascht wurde, und als Priessnitz immer mutiger in der Kaltwasser-
anwendung wurde und schließlich zu recht heroischen Verfahren griff, da war er im
Grunde genommen auf einem Standpunkt angelangt, dem die deutschen Ärzte als Aus-
wuchs des Wasserheilverfahrens Jahrzehnte vorher entgegengetreten waren, wie er auch
noch zu Lebzeiten des Priessnitz von dessen Schülern Munde 647 und Hausse 637 (Pseudo-
nym für H.F.Franke 661) bekämpft und in der späteren Wasserheilkunde fallen gelassen
wurde. Ich will nur ein Beispiel anführen. Rausse, der Priessnitz den Entdecker der
Wasserheilkunde und den Held derselben nennt, muß doch „Irrtümer" des Priessnitz
zugeben. „Dahin gehört vor allen Dingen", sagt er, „seine gänzliche Mißkenntnis der
kranken Nervenzustände und das daraus hervorgehende Abtreiben und Überhetzen seiner
Patienten mit unausgesetzter Bewegung, mit zu vielem Trinken und zu vielem und zu
kaltem Baden .... Wenn das Frostregime lange fortgesetzt wird, so kann die dadurch
hervorgebrachte Aufregung bis zum Ausbruch des wirklichen Wahnsinns gesteigert
werden, und das ist, wie ich aus den sichersten Quellen erfahren habe, öfter als einmal
bei Gräfenberger Patienten der Fall gewesen, wenn gleich vielleicht erst kurz nach dem
Abgang aus der Anstalt" 637^ und nun vergleiche man mit dieser PRiESSNiTZschen Be-
handlung die oben wörtlich wiedergegebenen Ansichten älterer Ärzte über denselben
Gegenstand.
Statt Abhärtung erhielten die Patienten beim PRiESSNiTZschen Frostregiment eine
größere Empfänglichkeit gegen Infektionskrankheiten. Manche konnten sich noch ein
halbes Jahr nach der Kur selbst in der Hundstagshitze in der Sonne und obendrein im
Pelz nicht erwärmen 637. 647^ dje Leute hatten, statt ihre Blutgefäße zu üben, sie bis zur
dauernden Lähmung überanstrengt. Das Endergebnis einer vernünftigen Wasserkur, der
prompte Eintritt der sog. Reaktion, eines wohligen Wärmegefühls auf Kältereize, war
verloren gegangen.
Das betraf Patienten, die wohl Priessnitz' Verordnungen wörtlich durchgeführt hatten.
Verwundern darf man sich über den ungünstigen Ausgang nicht. So mußte ein Mann in
heftigster Winterkälte duschen (im Freien) und nach der Dusche eine halbe Stunde lang
nackt Holz hauen. Zum Glück für die Patienten befolgten viele die Anordnungen von
Priessnitz nicht. Auf dem Gräfenberge ging ein Sprichwort um : „Wer die Kur am schlech-
testen macht, der macht die beste Kur" 637.
Die Unzufriedenheit mit Priessnitz und seinem Heilverfahren von selten seiner Schüler
und Patienten fällt erst in die spätere Zeit seines Wirkens. Im Anfange herrschte eine Be-
geisterung, wie wir sie nur bei den Wunderbrunnen, namentlich bei Pyrmont, finden, und
wo auch die Ernüchterung auf dem Fuße folgte. Derselbe Rausse, der jene Verordnung
von Priessnitz, einen Patienten nach der Dusche nackt eine halbe Stunde lang Holz hauen
zu lassen, auf das tiefste verurteilt, schrieb auch einst, man könne durch fortgesetzte Ab-
härtung dahin kommen, bei heftigster Winterkäite nackt oder doch in leichter Kleidung zu
gehen, und er muß das klägliche Geständnis machen : „Da ich die erste Auflage jener
I
388 Angaben von Selinger / Weiß / Hausse / Ehrenberg / Orafenfeld / Munde
Schrift (ich muß es bei<ennen) in einem durchaus krankhaften Zustand in der Lohe der
ersten Begeisterung für die Wasserheilkunde schrieb, ohne selbst noch genügende Er-
fahrungen gemacht zu haben, so sind Auswüchseund Extreme leicht erklärlich und sogar
notwendig(!?) gewesen" 637.
Die Angaben über die Entstehung der Behandlungsweise Priessnitz' sind in ganz ähn-
licher Weise verschieden, je nachdem der begeisterte oder ernüchterte Schriftsteller schrieb.
Nach Selinoer hat Priessnitz seine ganze Kurmethode selbst gefunden, und das hat
ihm Priessnitz selbst mitgeteilt 634. Priessnitz" ehemaliger benachbarter Wasserkollege
in Freiwaldau, der frühere Tierarzt und spätere Direktor der Wasserheilanstalt zu Stan-
stead Bury in England Weiss sagt aber von ihm, „in Vereinigung mit seinen Kranken
machte er immer neue Versuche, und so gelangte sein Heilsystem nach und nach zu einer
solchen Ausdehnung, wie sie bis dahin die Geschichte der Medizin in Bezug auf das
Wasser nicht aufzuweisen hat. Ich sagte soeben, in Vereinigung mit seinen Kranken;
denn P. leugnetesnicht, daß ihn während jener Periode, wo sich seine Kurart aus-
zubilden anfing, oft die Kranken selbst auf neue Anwendungsarten des kalten Wassers
aufmerksam machten, ja selbst das Möglichste zu deren Ausführung beitrugen" 668. Be-
stätigt wird diese Angabe durch Rausse, der trotz seiner Lobeserhebungen über Priessnitz
in demselben Buche von diesem angibt, er sei kein tiefer Denker im wahren Sinne des
Wortes gewesen. „Es ist oft gesagt worden, daß Priessnitz die meisten seiner großen
Entdeckungen nicht aus der Tiefe seines Geistes, sondern aus den Beobachtungen und
Reden seiner Kurgäste geschöpft habe" 637.
Ein Leipziger Arzt Ehrenberg, der bei Priessnitz gewesen war, erzählt: „Schon die
Untersuchung, wie wohl Priessnitz darauf geleitet sei, dem kalten Bade jene Einwicklung
und Schweißerregung voraus gehen zu lassen, war mir interessant und von Wert, da mir
nicht unbekannt war, daß die Wasseranwendung schon Jahre lang auch mit glänzendem
Erfolg von Priessnitz ausgeübt worden war, ohne die dem Bade vorausgehende Schweiß-
erregung für nötig zu erachten. Ich war denn auch so glücklich auszumitteln, daß nur
erst, nachdem ein Kranker, der gegen seine Leiden früher einmal russische Dampfbäder
gebraucht und dort die Überzeugung gewonnen hatte, daß man ungefährdet den erhitzten,
von Schweiß triefenden Körper der Einwirkung des kalten Wassers aussetzen könne, in
Gräfenberg eines Morgens in vollem Schweiß erwachend, sich ohne das Vertrocknen des
Schweißes abzuwarten, dem kalten Bade ausgesetzt hatte, man in Gräfenberg von der
Ungefährlichkeit, von der Möglichkeit des glücklichen Ausganges und bald sogar von der
Notwendigkeit dieser vorausgehenden Schweißerregung überzeugt war, so daß in kurzem
dieselbe zu einem wesentlichen Moment der Wasserkur erhoben wurde, und jetzt streng
genommen die Wasserkur ohne diese Procedur kaum gedacht werden kann" 65i.
Ernst Orafenfeld sagt 1842 sogar: „So waren es kranke Gäste, die sich in Gräfen-
berg zuerst eine Badewanne verfertigen ließen und in kaltem Wasser zu baden wagten;
kranke Gäste waren es, die, ermutigt durch die Kenntnis des Gebrauchs eines russischen
Dampfbades, zuerst ihren schwitzenden Körper dem kalten Bade, ohne Furcht vor irgend
und einem Anonymus über die Entstehung des Pneßnitzschen Heilverfalirens 389
einem Nachteil, aussetzten; es waren l<ranl<e Gäste, die bei ilirem Herumschlendern im
Walde zuerst auf die glückliche Idee kamen, einzelne, hier im Überflusse vorhandene Berg-
quellen durch eine Rinne zu einem einzigen Wasserstrahl zu vereinigen, und sich der Ein-
wirkung dieses von einer gewissen Höhe herabströmenden Wasserstrahls unterzogen;
selbst die Verbesserung der grundlosen Wege, das Anlegen notwendiger und zweck-
mäßiger Spaziergänge, die hölzernen Umkleidungen des benannten, vereinigten
Wasserstrahles oder der Douchen im Walde, kurz Alles und Jedes verdankt seine
Entstehung dem Nachdenken und der Freigebigkeit der in Gräfenberg weilenden kranken
Gäste" 636
Der Wasserarzt Munde konnte 1840 zum Teil durch nahe Verwandte von Priessnitz
über dessen Werdegang als Arzt folgendes erfahren :
„Ein reisender Hausirer kehrte eines Tages in dem kleinen Häuschen, welches Priess-
NiTzens Großvater auf dem Gräfenberge gebaut, ein. Es war eben eine Kuh am Fuße mit
der Sense verletzt worden und die Nachricht davon kam herein, während der Handels-
mann sich in der Stube befand. „Ich will Euch Eure Kuh curiren", sagte der Mann.
„Gebt mir ein Stückchen Holz." Man willfahrtete seinem Begehren. Er holte ein Messer
aus seiner Tasche und schnitt drei kleine Hölzchen ab, ließ sich dann einen linnenen
Hader und einen Krug mit Wasser geben und ging hinaus auf das Feld, wo die Kuh sich
befand*. „Vinzla", sagte der alte Vater zu Priessnitz, „gieh ok un sieh, wie er's macht."
Und Priessnitz ging und sah.
Der Mann tauchte das Hölzchen in die Wunde, den Lappen in den Wasserkrug, und
verband erstere dann, nachdem er sie ausgewaschen unter dem Hermurmeln einiger un-
verständlicher Worte. Hierauf schnitt er von dem Lappen einen Zipfel ab, wickelte die
Hölzchen hinein und empfahl, das Verfahren täglich wenigstens drei Mal zu wiederholen;
besser wäre es, wenn es noch öfter geschähe. Die Hölzchen wurden dann mit dem
Läppchen auf den Ofen gelegt und mußten abdorren. Die Kuh wurde bald hergestellt
und als der Handelsmann wiederkam, kaufte man ihm das Geheimnis, d. h. die Worte,
welche er hermurmelte, für ein Geldstück ab.
Der junge Priessnitz fing sogleich an, zu curiren. Das Volk ist dort abergläubisch;
also wurde es ihm leicht in Kundschaft zu kommen, und bei seiner großen Vorsicht (denn
anfangs ließ er bloß Wasser trinken und verordnete Waschungen) und den Heilkräften
* Eine etwas andere Schilderung gibt 1845 ein Anonymus: „Durch einen Handelsmann aus der Nach-
barschaft (Ludwigsthal), welcher in PRiESSNiTZens elterlichem Hause einkehrte und, wenn er sich bei
seinem Hantieren mit Eisen- und Drahtwaren an Händen und Füßen oft verwundet hatte, nur da-
durch, daß er die Verletzung mit kaltem Wasser abwusch und dann mit einem in frisches Wasser
getauchten Lappen umwickelte, bald völlig heilte, war die Aufmerksamkeit von Gräfenberger und
anderen Landleuten, die sich verwundet oder gequetscht hatten, auf ihn gelenkt worden, und so
natüriicherweise auch die immer rege Aufmerksamkeit des jungen Priessnitz, welcher, als Alters-
schwäche den unter den Landleuten berühmten Wunder-Wasserdoktor ferner zu curiren hinderte,
nun selbst, nach vollbrachter Feldarbeit, bei sich an ihn wendenden Leidenden dessen Kunst glück-
lich ausübte. Sie beschränkte sich damals nur darauf, daß er die leidenden Teile mit einem runden
Schwämme, welchen er stets bei sich trug, wusch, weswegen ihm von diesen Leuten der Name
„Schwammeldoctor" beigelegt wurde ^3^.
390 Munde über Prießiiitz und Schrott
des kalten Wassers fehlte es nicht an recht glücklichen Erfolgen. Man nannte ihn den
„Hölzladoctor"*.
Nach und nach wurde er auf die Idee gebracht, daß die „Hölzla" eine sehr überflüssige
Sache bei den Kuren wären**, und da er sich der wohlthätigen Wirkungen der kalten
Waschungen bewußt geworden war, so schaffte er statt der Hölzchen einen Wasch-
schwamm an, mit dem er die kranken Stellen selbst abwusch, wobei er Sorge hatte, den
Leuten glaublich zu machen, daß die heilende Kraft in seinem Schwämme stecke, woran
diese gern glaubten, da es ihnen ein Greuel gewesen wäre, sich auf eine natüdiche und ein-
fache Weise durch bloßes Wasser heilen zu lassen. Man nannte ihn nun den „Schwambla-
doctor".
Die Kundschaft des jungen Arztes vermehrte sich mit seinen Erfahrungen, unter die
der bekannte Rippenbruch gehört, den er selbst editt, den aber die Freiwaldauer Ärzte
auf eine ganz andere Art erzählen, als ich ihn nach PRiESSNiTzens eigener Mitteilung referiert
habe***. Mit seiner Kundschaft erwachte auch der Neid der Mediziner, welche sich so
* Munde schreibt von Schrott, dem Begründer der ScHROTTschen Kur, der in Lindewiese bei
Qräfenberg pral<tizierte : „Er erzätilte uns, daß er auf seine Methode durch einen reisenden Hand-
werksburschen gekommen sei, den er einst auf seinem Wagen eine Strecke mitgenommen und der
ihm geraten habe, seine gichtisch geschwollenen Kniegelenke mit frischem Wasser täglich einige Mal
zu waschen und zwar mit einem Läppchen, in welches er ein mit seinem Blute beflecktes Hölzchen
zu wickeln hätte. Das Waschen half, der Lappen verfaulte, und Schrott nahm nun einen andern
Lappen ohne Hölzchen, was bei ihm und anderen dieselben Dienste that. Durch das Anraten seines
Mittels hatte er einen gewissen Ruf bekommen und, so wie Priessnitz, eine oberflächliche Idee
von verschiedenen Krankheiten sich angeeignet, welche ihm bei seinen Verordnungen von Nutzen
war. Ein guter Kopf und praktische Lebensklugheit hatten ihm gelehrt, daß die Leute sich besser
halten und eine Kur besser brauchen, wenn sie sie nicht verstehen und etwas Ungewöhnliches,
ihnen Unbegreifliches dabei vorkommt. Er magnetisierte also das Wasser, welches er zu seinen
Waschungen und zum Trinken benutzen ließ, fügte späterhin das Schwitzen in nassen Tüchern hinzu . . . ,
setzte jedoch, und zwar mit Recht, einen vorzüglichen Wert auf eine strenge Diät." Das Magnetisieren
des Wassers durch Schrott war natürlich weiter nichts als das alte Segnen unter einem zur Zeit besser
ziehenden Namen. Schrott stillte auch Blutungen durch Magnetisieren, nach alter Weise ausgedrückt,
er besprach oder segnete das Blut. Die Wundsegen reichen bis in heidnische Vorzeit zurück. ** Ganz
frei von Aberglauben war aber Priessnitz auch in späterer Zeit nicht. Als bei einer polnischen Gräfin
trotz (wie Munde sagt, wegen) seiner Behandlungsweise ein Krebs aufbrach und ihre Familie untröstlich
wurde, der Mann der Kranken Priessnitz Vorwürfe machte, daß die Krankheit unter seiner Behandlung
einen so üblen Ausgang genommen, entschuldigte sich dieser damit, „es sei ein Hexenschuß, dafür könne
er nicht". Munde bemerkt, daß Hexenschuß in Schlesien zur Zeit ein Behextsein der Kühe bedeute.
*** Selinqer sagt in seinem nach Priessnitz' Angaben verfertigten Werke: „Um jene Zeit lebten im
schlesischen Gesenke mehrere Männer unter dem Volke, die wegen glücklich bewirkter Kuren häufig
genannt wurden. Einer derselben heilte verschiedene Krankheiten mit Kräutern, ein anderer kurierte
Beinbrüche, ein dritter Rippenbrüche. Gebrochene Rippen wieder einzurichten verstand mit beson-
derer Geschicklichkeit der Müllermeister im Dorfe Sandhübel, der daher auch weit und breit bekannt
und häufig gesucht war." Als Priessnitz (im 17. Lebensjahre) von einem Wagen überfahren worden
war, da „erinnerte er sich (nach Fehlschlagen der Kur des Freiwaldauer Wundarztes) der Art und Weise,
wie der bereits verstorbene Müller in Sandhübel gebrochene Rippen einzurichten pflegte. Er nahm
nun einen eichenen Sessel, legte den Unterieib auf die Ecke desselben, hielt den Atem an und
drückte den Bauch so lange in die Höhe, bis die eingedrückten und gebrochenen Rippen in ihre
natürliche Lage hervorgehoben waren. Nachdem er dies glücklich zu Stande gebracht, fiel ihm ein,
daß sich das kalte Wasser an ihm selbst und an Andern bei verschiedenen Gelegenheiten sehr wohl-
tätig erwiesen habe, und er beschloß daher, das kalte Wasser auch in diesem Falle als Heilmittel
zu versuchen. Er machte sich nun kalte Umschläge um den Leib, worauf die wütenden Schmerzen
Munde und Selinger über Pneßnitz 391
lächerlich machten, das „Schwambia" vor Gericht zu zerschneiden und zu analysiren,
um Heilstoffe darin zu entdecken und den Priessnitz als Pfuscher zu denunciren. Man
weiß nicht recht, soll man bei diesem Prozesse die Einfalt der gelehrten Herren oder die
Klugheit des ungeiehrten Bauern mehr bewundern, welche diesem den Sieg über seine
Gegner verschaffte. Man intriguierte auf jede Weise gegen ihn, konnte ihm aber nicht
verbieten, den Leuten zum Abzuwaschen und Wassertrinken zu raten ....
Der Schwamm war indessen zerschnitten, und Priessnitz hatte Ruf genug, um des-
selben nicht mehr zu bedürfen. Er curierte nun mit bloßem Wasser; doch wollte nun
das Volk nicht mehr so recht daran. Dagegen kamen Leute aus der Nachbarschaft und
bald auch aus größeren Entfernungen und brachten Geld mit. Die Cur bestand haupt-
sächlich nur in Waschen, Trinken und Baden, neben einfacher Diät. Die Kranken wohnten
bei Priessnitz und schliefen zum Teil auf dem Heuboden. Man genierte sich nicht. Priess-
nitz ging barfuß und setzte sich in Hemdärmeln zu Tische. Sein freundliches und dienst-
fertiges Wesen und seine nette Frau machten den Leuten den Aufenthalt in seinem Hause
angenehm. Er war übrigens damals noch nicht so streng in seinen Grundsätzen, als er
es späterhin wurde. Im Jahre 1829 war ein Bekannter von mir aus Weisse bei ihm in der
Cur, weicher als ein Lebemann den Wein ungern entbehrte, obschon er ihm als Gicht-
kranken schädlich sein mußte. Er ließ mit einem anderen Freunde zusammen ein Fäßchen
Ungarwein anschroten und, während die anderen ihre Milchsuppe verzehrten, saßen die
beiden mit Priessnitz zusammen im Keller beim Weinfasse und frühstückten ein kräftiges
Stück Fleisch. Er erinnerte sich noch mit Vergnügen der Herzlichkeit des PRiESSNiTZschen
Ehepaares und der glücklichen Tage, die er bei ihnen zugebracht. — Ich glaube, jene Zeit
war auch für Priessnitz die glücklichste! — Dann klagte er über Priessnitzcus Undank
gegen die Weisser, die ihn doch zuerst in Ruf gebracht; wie er sie zurückweise, wenn sie
nicht reich wären, wie er seine alten Weisser Freunde kalt und frostig empfange, wie ihn
der Reichtum verderbe; denn er ließe alle Wochen eine Menge Staatsschuldscheine in
Weisse einkaufen
Es scheint, Priessnitz hält gern die Leute von seiner Anstalt fern, welche ihn an die
früheren Zeiten erinnern, oder von denen er fürchtet, daß sie die Art, wie er nach und
nach herausgewachsen, den Gästen erzählen und dadurch den mühsam um sich ge-
zogenen Wimbus zerstreuen möchten. Daher seine Kälte gegen alle Freunde. Sie ist kein
Beweis eines guten Herzens 1
Die Cur bildete sich nach und nach durch die Bemühungen der Kranken selbst aus.
Es ist leicht zu begreifen, daß eine Anzahl Kranker, der Behandlung eines ungebildeten
Bauern hingegeben, nicht blindlings seinen Anordnungen folgt, sondern selbst denkt und
verbessert, wo sich nur Gelegenheit zeigt. So erfand man das Schwitzen vor dem Baden,
weil man bemerkte, das kalte Bad sei weniger unangenehm, wenn man es mit feuchter
nachließen und er in einen langen, ruhigen Schlaf verfiel". Die Umschläge wurden fortgesetzt, dabei
fleißig kaltes Wasser getrunken, und kein Wundfieber trat ein. Priessnitz trug noch ein Jahr lang
Umschläge um den Leib und fühlte sich dann hergestellt ^^^
392 Munde über Pneßnitz / Hahns Einfluß auf Prießnitz / Ansichten des Volkes
Haut nehme. Die erste Douche war nichts anderes als ein Stück Röhre, die im Walde
liegen geblieben war und die man in den über den Berg herabstürzenden Bach steckte,
um sich das Wasser über den Körper laufen zu lassen. Jemand brachte des alten
Schweidnitzer Hahn treffliche Schrift über den heilsamen Gebrauch
des kalten Wassers bei Krankheiten mit, und nun wurde alles durch-
probiert, was im Hahn stand. Und darin steht Viel und viel Gutes. Nach und nach
bildete sich die Wasserheilkunde zu einem System aus, und man muß PRiESSNiTzen nach-
sagen, daß er eine schätzenswerte Geschicklichkeit bewies, alle die fremden gewagten
Erfahrungen zu seinen eigenen zu machen und zum Nutzen anderer anzuwenden.
Mehrere eclatante Curen machten Aufsehen. Priessnitz fand Gönner unter den Leuten
von Einfluß. Nach und nach strömten immer mehr und immer reichere Kranke seiner
Anstalt zu, die zu eröffnen ihm erlaubt worden war. Einmal im Zuge, konnte es ihm
nicht schwer werden, das zu werden, was er ist.
Die von Priessnitz so sehr verachteten und verunglimpften Mediziner haben übrigens
das Ihre redlich zu seiner Ausbildung beigetragen. Sobald Priessnitz ein wenig bekannt
geworden, machten es sich Mehrere, teils aus den nahe liegenden Ortschaften, teils aus
dem entfernteren Breslau und Berlin, zur Pflicht und zum Vergnügen, ihn zu besuchen.
Einige kamen auch, um die Cur bei ihm zu gebrauchen, und machten, besonders Gicht-
kranke, die Erfahrung, daß in den Bergen Schlesiens sich Heilmittel befanden, welche
gegen mancherlei Übel größere Wirkung zeigten, als die berühmtesten Specifica. Daß
die Ärzte zur Beseitigung von Mißbräuchen, zur Anwendung von manchem in der medi-
zinischen Praxis längst bekannten, wenn schon vernachlässigten Hülfsmittel, zur Ein-
führung einer einfachen Diät und überhaupt zur Ausbildung der Methode und zur Be-
lehrung PRiESSNiTzens wesentlich beitrugen, ist leicht zu begreifen. Mit dem herrlichen
Buche des alten Hahn in der Hand mußten sie in kurzer Zeit den Priessnitz zu An-
wendung aller darin angegebenen Hülfsmittel bringen, ohne daß er selbst genötigt war,
das Buch zu studieren. Wer Hahn gelesen hat, wird nur wenig von der Gräfenberger
Methode darin vermissen : ich war überrascht, als er mir nach Herausgabe meines Buches
zum ersten Male in die Hände fiel ; es ist so viel Klarheit und Erfahrung darin, daß man
sich wundern muß, wie dieser Schatz unter dem Wüste medizinischer Schriften fast ein
Jahrhundert lang hat begraben bleiben können. So ist es aber mit der Wahrheit: die
Haarzopfperioden, welche von Zeit zu Zeit das Menschengeschlecht verblenden, er-
drücken sie oft. Ein Trost ist es, daß sie immer wieder durchbricht.
Aus dieser Relation ergiebt sich, daß diejenigen, welche PRiESSNiTzen für inspirirt
halten oder ihm allein die Erfindung der gesamten Wasserheilkunst zuschreiben, im Irr-
tum sind. Ich möchte ihn fast mehr als den Mittelpunkt betrachten, an welchem sich
mehrere zufällige und glückliche Umstände häuften, die er mit einer bewundernswürdigen
Klugheit und Ruhe festzuhalten wußte. Geholt hat er sich den Schatz seines ärztlichen
Wissens nicht, wie es andere mit vieler Mühe und großen Kosten thun; man hat ihm
denselben gebracht, und er wußte es so geschickt anzufangen, daß man ihm nicht
zu Prießnitz' Zelten über Wasseranwendungen / Hahns Einfluß auf Örtel 393
nur sein Wissen, sondern auch das Oeld noch dazu brachte. Dazu gehörte seine seltene
Selbstbeherrschung und die unerschütterliche Ruhe, sein Scharfblick, sein gutes Ge-
dächtnis und so manche lobenswerte Eigenschaft, ohne welche ein Mensch sich nie zu
erheben vermag. Priessnitz würde unter verschiedenen, aber gleich günstigen Umständen ,
vor Jahrhunderten vielleicht ein Mahomet geworden sein, und so er Millionen um den
Dreizack gesammelt hat, vielleicht ganze Völkerschaften dem Vollmonde oder irgend
einem anderen Gestirn haben nachwandern lassen ....
Übrigens glaube man ja nicht, daß das System der Wasserheilkunst auf dem Gräfen-
berge auf so unwandelbare Weise fest gestellt sei, daß nicht zahlreiche und wichtige Ver-
änderungen daran vorgenommen würden. So fest steht PRiESSNiTZens Wissen nicht, daß
es nicht hin und wieder dem Einflüsse der Umstände wiche. Jedes Jahr beinahe zeigt
Veränderungen und Moden in der Curmethode. im Jahr 1 836 war das unmäßige Schwitzen
an der Tagesordnung; im Jahre 1840 mußten die nassen Tücher Alles thun, und man
schwitzte wenig" 647
Selbst wenn keins der vorstehenden Zeugnisse vorläge, würde ich in Priessnitz
nicht das Erfindergenie sehen, das man aus ihm
heute noch gern macht. Man hat vergessen, daß zu
Priessnitz' Zeiten die Duschen auch anderwärts
eine gewaltige Höhe erreichten (Abb. 46), und be-
wundert diese nur bei Priessnitz (Abb. 157). DasI
übertrieben lange und wiederholte Baden inl
Gräfenberg bis zur Bildung eines Ausschlages,
der Krise — ich glaube, ich habe zur Genüge ge-
zeigt, daß man ein Ausschlagbaden als Ziel jeder
Badekur betrachtete — , beweist nur, daß Priess-
,,,..,. _, ., , . ,, „ Abb. 157. Priessnitz' Walddusche in
NITZ ein echtes Kind seiner Zeit und seines Volkes Q^äfenberg. Aus : Kröber, Priessnitz in
war. Priessnitz wäre nicht mehr und nicht Gräfenberg. Breslau, 1836.
weniger aus dem Rahmen seiner Heimat hervorgetreten als die übrigen zahlreichen
Bauernärzte. Er hatte unter diesen das Glück, einen Zweig der Volksmedizin auszu-
üben, der, modern gesprochen, zur Zeit höchst aktuell war.
In weiteren Kreisen machte der Ansbacher Gymnasialprofessor Örtel Priessnitz be-
kannt. Er war zum Wasserheilverfahren durch das Buch des jüngeren Johann Sieqe-
mund Hahn geführt worden, von dem ihm 1804 ein Exemplar in die Hände gefallen
war. „Seit diesem glücklichen Funde", schreibt er, „suchte ich die darin enthaltenen
Grundsätze und Erfahrungen des alten ehriichen, menschenfreundlichen, uneigen-
nützigen Seh weidnitzer Stadtarztes Dr. Hahn an mir und den Meinigen so
wie an meinen Freunden und Bekannten in Ausübung zu bringen. Diese und mehrere
dergleichen Erfolge veranlaßten mich, die Heilsache des frischen Wassers im Allg. Anz.
öffentlich zur Sprache zu bringen und so allmählich meine Erfahrungen in mehreren Auf-
sätzen mitzuteilen. Und so entspann sich mir eine ausgebreitete Wasserkorrespondenz,
394 Örtel I Kröber / Künz über Piießriitz
welche noch fortdauert Im Jahre 1830 war ich der Erste, welcher die im Jahre 1829
errichtete Wasserheilanstalt des Vincenz Priessnitz in Gräfenberg öffentlich bekannt
machte. Denn die erste Kunde davon gab mir im Jan. 1830* der Amtmann Knur in
Kuchelna bei Ratibor in Oberschlesien — durch ein freundschaftliches Schreiben, worin
er mir diese neue Anstalt und seine darin erhaltene Gesundheit beschrieb. S. mein 3.
Wasserheft. Seitdem posaunte ich diese Heilanstalt fast in jedem meiner Wasserhefte aus
ihrem Sudetenwinkel hervor und in alle Welt hinaus und empfahl sie auch in einer
eigenen Schrift unter dem Titel „Vincenz Prießnitz" (1834), worin ich einen Aufruf an
alle Regierungen Deutschlands zur Errichtung von Wasserheilanstalten ergehen ließ.
Außerdem wäre Priessnitz noch lange nicht so bekannt geworden" 64i.
Von ärztlicher Seite wurde zuerst durch einen Breslauer Kröber auf Priessnitz in
einer diesen empfehlenden Schrift 1833 (2. Aufl. 1836) aufmerksam gemacht 6ö9 nachdem er
zwei Monate auf dem Gräfenberge zugebracht hatte. Eine Broschüre von Dr. Künz folgte,
und von nun ab hielten sich in Gräfenberg und Freiwaldau stets Ärzte, oft sechs bis acht
gleichzeitig auf 66s^ um bei Priessnitz zu beobachten. Wenn trotzdem die Ärzteweit im all-
gemeinen sich in der Folgezeit ablehnend dem PRiESSNiTZschen Verfahren gegenüber ver-
hielt, so hatte dies in der übertriebenen und der einseitigen Anwendung seinen Grund;
denn Priessnitz lehrte, daß kaltes Wasser allein unter Ausschluß aller anderen Heilmittel **
und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen, ja — so hoch stellte er seine Person
und seine Anstalt — nur von ihm persönlich verordnet und in Gräfenberg gebraucht
wirke. Jede Anwendung des Wassers außerhalb Gräfenbergs, wofür er nicht die Verord-
nunggegeben, erklärte er für Pfuscherei 65i. 647. Er hielt sich allein für fähig, zu bestimmen,
ob Kranke für seine Kur geeignet und wie sie zu behandeln seien, und doch ist so mancher
Patient, den Priessnitz als ungeeignet von der Behandlung ausschloß, durch Wasser-
anwendung von anderer Seite geheilt worden, und umgekehrt mancher, dem Priessnitz
Besserung und Heilung versprach, wie er gekommen, vom Gräfenberge gegangen. Nach
Munde fielen auf zwölf aufgenommene Kranke elf ungeheilt entlassene, und dabei
wurden Schwerkranke überhaupt nicht aufgenommen ö47
Das Verhältnis zwischen Priessnitz und der Ärzteschaft wurde mit der Zeit ein ge-
spanntes und artete schließlich geradezu in Haß aus, wobei leider häufig die Ärzte die
Person von der Sache nicht zu trennen wußten und mit Priessnitz sein Wasserheilver-
fahren verdammten. Priessnitz erklärte jeden Arzt für unfähig, weil er Arzt war, Wasser-
heilkunde zu treiben. „Sie sind", äußerte er zu Herrn von Kobbe, „halt wie die Juden,
* Örtels allerneueste Wasserkuren begannen schon 1829 zu erscheinen 1=22. ** ich muß hier
jedoch an zwei Stellen aus Mundes Memoiren erinnern: „Die Frau Doctor Rupprecht und die
Gräfin Potocka starben beide am Schlage nach dem Bade. Bei ersterer sollte nach PRiESSNirzens
Urteil ein Aderlaß am Fuße Schuld sein, welchen ihr der schnell herbeigeholte Arzt gemacht
hatte. Der zweiten verordnete Priessnitz selbst eine Blutentlassung, ohne daß er sie
zu retten vermochte." Eine ältere Dame starb in Gräfenberg an einem eingeklemmten Bruch. Munde
nennt sie das Opfer des ärztlichen Egoismus, weil ein anwesender Arzt als Ausländer keine Operation
wagen wollte, deren Ausgang zweifelhaft war, und Priessnitz? Der wollte sich mit dem ein-
geklemmten Bruche nicht befassen. So ließ man die Dame sterben s*^.
Prießnitz' Verhältnis zu den Ärzten / Zulauf nach Oräfenberg 3Q5
wenn man sie auch zehn Mal tauft, sie werden doch keine Christen" 636^ und gegenüber
einem anderen Patienten: „Kömmt meine Anstalt nach meinem Tode in die Hände eines
Doktors, so geht sie zu Grunde" 634. Den ärztlichen Untersuchungsmethoden, die ihm
völlig fremd waren, galt besonders sein Spott. Als er einst einen Kranken mit „gestorbenem
Hautsystem" zugeschickt bekam, dessen Behandlung er ablehnte, und ein anwesender
Arzt unter Hinweis auf den noch guten Puls des Patienten dennoch die Annahme emp-
fahl, zeigte Priessnitz an Stelle einer Antwort nur einen Anflug von Spötteln im Ge-
sicht. Am folgenden Tage sagte er zu Hausse auf dessen Anfrage: „Puls ! Was kümmert's
mich, ob der Puls gut ist oder schlecht ! — ich taxiere meine Leute bloß nach den Augen
und nach dem Rock" (er meinte die Haut)* 638. In welch grellem Gegensatze zu dieser
stolzen Antwort steht die Annahme von „Korrespondenz-Patienten" durch Priessnitz,
die sogar Rausse, der Reformator der Wasserheilkunde (wie er genannt wird) 639^ der
davon Nachricht gibt, in der Vorrede zur 2. Auflage seiner Miszellen zur Gräfenberger
Wasserkur nicht an und für sich verurteilt, sondern nur wegen der möglichen falschen
Auffassung der Vorschriften beseitigt haben will 640^ wo doch das Auge des Wasser-
arztes den Rock des Patienten gar nicht zu sehen bekam !
Am meisten verletzte Priessnitz die Ärzte durch seine Lehre von der Entstehung
chronischer Krankheiten. Diese waren nach ihm durch die Ärzte verschuldet, welche
mit Medikamenten bei akuten Erkrankungen nur einen „augenblicklichen Erfolg" herbei-
führten und die akute Krankheit „zu schnell" heilten, wodurch dauerndes Siechtum ent-
stände** 634 Die echten Prießnitzianer, namentlich die recht zahlreichen mit selbstver-
schuldeten Leiden, betrachteten sich deshalb als ein Opfer der Ärzte, und selbst gebildete
Leute verfolgten diese in Gräfenberg mit ihrem Haß, wo und wie sie nur konnten.
Priessnitz' Anstalt entwickelte sich ungemein schnell. Im Jahre 182Q hatte er 45 Pa-
tienten, im folgenden 54. 1833 bestellte er seine Felder noch selbst. Schnell stieg die
Zahl der Kurgäste, nämlich auf 62, 118, 206, 256, 342, 469, 570 jährlich; im Jahre 1840
betrug sie bereits 1576. „Die meisten waren aus Österreich, Ungarn und Polen, nur zwei
aus England. Im Jahre 1841 zählte Priessnitz unter seinen Patienten zehn Fürsten und
Fürstinnen, wenigstens hundert Grafen und Freiherren, Militärs aller Grade, mehrere
Ärzte und gegen fünfhundert Professoren und Advocaten." Namentlich waren
„große ungarische Fürsten und Magnaten" anwesend. Im Jahre 1843 behandelte
* RüscH rechnet 1825 (als Priessnitz noch keine kalten Bäder verabreichte ^i^s) Untätigkeit, Sprödig-
keit, Dichtigkeit, Risse der Haut zu den „Umständen, welche zu einem unglücklichen Erfolg des
kalten Bades geneigt machen" ^s. Hufeland sagt 1804: „Die Haut ist der Sitz der beständigen
Ausdünstung, des größten Reinigungsmittels unsrer Säfte." „Keine Krankheit kann ohne Mitwirkung der
Haut kuriert werden, und ihre Beschaffenheit bestimmt am sichersten unsre Hoffnung und die Gefahr" ^^''.
** Priessnitz selbst mußte später von seifen seines Schülers Rausse über sich den Vorwurf ergehen
lassen, er habe durch falsche Wasseranwendung bei akuten Erkrankungen nicht nur Todesfälle, son-
dern auch chronische Übel verschuldet. Priessnitz' eigene Tochter leide seit einer Lungenentzündung
an Herzklopfen, er habe durch verkehrte Wasseranwendung die Lungenentzündung nicht geheilt,
sondern unterdrückt. Bei Rausses „richtiger" Behandlung darf nämlich kein Todesfall oder eine
Nachkrankheit vorkommen *37.
3Q6 Prießtiitz' Bedeutung für die Heilkunde / Fortschritte der
Priessnitz in runder Summe zweitausend Kranke, unter denen sich achtzig vom höch-
sten Adel befanden 636
Man findet hier ein Publil<um beisammen, wie es in früheren Zeiten nur Luxusbäder
ersten Ranges aufzuweisen hatten, ein Zeichen, daß in der vornehmen Weit selbst das
Bedürfnis nach Reformen vorhanden war. Neben Baden und Mineralwassertrini<en oder
auch ohne diese galt bis dahin vom Luxus- bis zum Bauernbad mit wenigen Ausnahmen
die Losung Vergnügen und Genießen. Priessnitz verlangte Entsagung und setzte dafür
eine vernünftige Beschäftigungstherapie bei derber Bauernkost mit kalter Milch und ge-
wöhnlichem Wasser als Getränk *. War seineWasserbehandlung nicht die
richtige, seineDiät nicht für alle geeignet, eins steht fest, er schuf
einen Kurort, in den der Gast nicht halb als Kranker, halb als Ver-
gnügen Suchender, sondern ganz seiner Gesundheit lebte, und das
hatte trotz aller Vorschläge kein Arzt vor ihm praktisch zur Durch-
führunggebracht.
Als 1839 die Freiwaldauer Kurgäste ein „Casino" daselbst gründeten, war Priessnitz
gar nicht damit zufrieden, da, wie er sagte, die Leute dort äßen, tränken, läsen und
spielten und darüber die Kur versäumten 636 Trotz aller Klagen der Kurgäste, trotz aller
Mahnungen seiner Schüler Munde und Rausse war Priessnitz nicht zu bewegen, seine
Diät zu ändern. Er wußte, daß in Bauernkost und Fernhaltung jedes Luxus die Stärke
seiner Anstalt lag.
Unstreitig wurde die schon im Werden begriffene Reformation der Kur- und Bade-
orte durch das Auftreten von Priessnitz in hohem Grade beschleunigt. Der Wettbewerb
mit den Wasserheilanstalten nötigte sie mehr als je zur Rücksichtsnahme auf wirklich
Kranke, wollten sie nicht ganz zu Vergnügungsorten herabsinken. Aus den Badeärzten
wurden wissenschaftlich denkende Ärzte. „Es ist doch ein wahrerJammer", sagt Spengler
noch 1854, „wie es bis jetzt zugegangen: Badeorte kommen in und aus der Mode, wie
Leibröcke und Damenhüte. Ein Bad, das vor wenig Jahren noch ein großes Renomee
hatte, ist jetzt vergessen ; neue, früher fast gar nicht benutzt gewesene Badeorte kommen
dagegen in Gunst; andere werden bloße Vergnügungsörter. Sieht das nicht aus, als ob
das Ganze ein bloßes Spiel sei!? Soll es wirklich so bleiben, daß Ärzte und ein großes
Publikum lediglich der Gunst des Augenblicks und der Mode huldigend in einem Lustrum
hiehin, in einem andern dorthin vorzugsweise getrieben werden? Der Mangel aller festen
Anschauungen über die eigentlichen Indikationen für die einzelnen Heilquellen; das
Herumtappen der Ärzte in Benutzung derselben; das fortwährende Umherreisen und
sich Empfehlen der Brunnenärzte gleich den mit Proben ihrer Ware herumreisenden
Commis-Voyageurs ; das fortwährende Coquettiren mit Abfassung immer neuer Bade-
* Ich muß allerdings bemerken, daß in dem in bezug auf Diät heute noch mustergültigen Karlsbad
schon 1795 eine ausdrückliche Küchenvorschrift für die Speisewirte vorhanden war^'o, und Justinus
Kerner schreibt 1832, daß zu Karlsbad und auch zu IVlarienbad schon längst den Speisewirten eine
Küchenvorschrift erteilt sei, von der sie trotz allen Geschreies leckerer Mäuler bei Verlust ihrer
Privilegien nicht abgehen dürften 325.
Balneologie und Hydrotherapie / Spengler / Currle / Wlnternltz / Matthes 397
Schriften über hundertmal dagewesene Dinge, bloß als Empfehlungskarte — ist wahrhaft
unerträglich und der Nachtheil für die Bäder sicherlich kein geringer ! Es ist zu fürchten,
daß der Schwindel unsere herrlichen Quellen, diesem großen Heilschatze, immer mehr
in Verruf bringe Das Feld der Balneologie war bisher zu sehr der Charlatanerie und
Oberflächlichkeit überlassen, aber es verdient doch wahrlich, wie kaum ein andres, auf
eine würdige Weise bearbeitet zu werden, damit es ferner nicht länger den practischen
Arzt ungläubig mache; es muß auch den Nichtbalneologen befriedigen, wenn nur die
Thatsachen nüchtern und wahr niedergeschrieben werden." Privatunterhandlungen
auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Göttingen im Herbst 1854
führten zur Bildung einer deutschen hydrologischen Gesellschaft zu gemeinschaftlicher
Förderung der Balneologie und zur Gründung der balneologischen Zeitung. „Ehr-
lichkeit", sagt Spengler im ersten Bande derselben, „und ganz besonders Wahr-
heitsliebe sollen für unser Blatt die Druckerschwärze liefern, und alles Entgegen-
gesetzte soll mit unbarmherzigen Händen Preis gegeben werden. Sie soll das allen
Brunnen Gemeinschaftliche faßlich, aufrichtig, wahr bringen, und immer wieder
darauf verweisen. Durch die Association der deutschen Kräfte muß ein gemein-
samer Weg der Forschung in diesem Gebiete der Arzneiwirkung angebahnt, und so
die B a 1 n e 0 1 o g i e in die Reihe der exacten Wissenschaften eingeführt werden,
die dann gewiß etwas Nützliches leisten wird" 6*6.
Die Hydrotherapie hielt gleichen Schritt. Currie bestimmte schon gegen Ende des
18. Jahrhunderts mit dem Thermometer den Einfluß der kalten Übergießungen auf den
Körper Fiebernder 649 und schuf somit den Anfang für eine wissenschaftliche Grundlage
der Hydrotherapie. Langsam wurde, namentlich auf dem Gebiete der fieberhaften Er-
krankungen, am Ausbau weiter gearbeitet, bis Wilhelm Winternitz 64S in Wien unter
Berücksichtigung älterer Forschungen und mit zahlreichen neuen Untersuchungen der
gesamten Hydrotherapie die wissenschaftliche Grundlage gab. Aus der einseitigen Kalt-
wasserbehandlung war mittlerweile eine Wasserbehandlung geworden. Winternitz
trat scharf für seine Wissenschaft ein und erhielt als erster auf deutschem Boden zu Wien
eine Professur für Wasserheilkunde. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß im
großen und ganzen sich die Klinik der Hydrotherapie gegenüber ablehnend verhielt.
Wohl wurden die Kaltwasserbehandlung der fieberhaften Erkrankungen eifrig gepflegt
und einzelne Prozeduren sonst noch angewandt, die systematische Wasserkur chroni-
scher Krankheiten verblieb aber lange Zeit den Wasserheilanstalten und wurde erst in
den letzten Jahren Gemeingut einzelner Kliniken. Winternitz hat sich auch hier ein
bleibendes Verdienst erworben. Vielleicht war das Allzuviel seiner Schule noch ein
Hindernis der Einführung. Eine vollständige Aussöhnung zwischen Klinik und Wasser-
heilkunde brachte erst Max Matthes in Jena, der erste Kliniker und Nichtspezialist,
im Jahre 1900 durch die Herausgabe seines Lehrbuches der klinischen Hydrotherapie i6i
zustande.
Schauen wir noch einmal auf den Entwicklungsgang der Wasserheilkunde zurück.
398
Heilige Brunnen / Floyer / Hahn / Pneßnitz / Winternitz
Uralte, dem germanischen Heidentum entstammende Vollcsgebräuche bilden für Deutsch-
land den Ausgang. Ihrem Aussterben nahe, werden sie von Ärzten aufgenommen, von
denen das, was einst als Glaube, nun als Aberglaube im Vordergrunde stand, allmählich
zurückgedrängt und schließlich — von manchen von vornherein — gänzlich fallen gelassen
wird. Die Namen Floyer, Hahn, Priessnitz, Winternitz tragen die Hauptglieder der
ununterbrochenen Kette vom einsamen heiligen Brunnen bis zum heutigen hydrothera-
peutisch glänzend eingerichteten Krankenhause.
Abb. 158. Schlußkupfer aus: David Hess,
Die Badenfahrt. Zürich, 1818.
Baden im 8. Jahrhundert / Johannisbäder / Wiener Badeverhältnisse 399
Abb. 159. Leiste aus: De Balneis Venetiis (Venedig) apud Juntas. 1553.
NACHTRAG
Für die Häufigkeit des Badens in Deutschland im 8. Jahrhundert spricht vielleicht
ein Vermerk in zwei altdeutsch geschriebenen Rezepten der Baseler Universitäts-
bibliothek, die aus jener Zeit stammen. Während des Gebrauchs der dort aufgeführten
Gewürze soll nicht gewaschen und gebadet werden : „ni in demo ni duuahe: ni in demo
ni pado" ö95.
Die Johannisbäder wurden im Württembergischen nicht nur 1591 und 1602 (S. 20)
verboten, sondern auch am 19. August 1639 und nochmals am 14. Mai 1666 zusammen
mit dem Johannifeuer29i.
Weswegen die Ankündigung der FERROschen Badeanstalt in Wien von den kaiser-
lichen Leibärzten van Swieten und Störk angegriffen wurde (S. 47), ist nicht recht klar;
denn Ferro selbst schreibt, die medizinische Fakultät habe über die Errichtung seiner
Anstalt den vorteilhaftesten Bericht abgegeben. „Es ist", schrieb sie unter anderem,
„durch Erfahrungen bestätigt, daß in sehr vielen kränklichen Umständen die kalten Bäder
großen Nutzen schaffen und oft solche Kranke vollkommen herstellen, die lange Zeit
andere Mittel fruchtlos gebraucht haben" i35.
Die S. 52 angeführte, seit 1839 bestehende militärische Schwimmschule in Graz war
nicht die erste derartige Anstalt in Österreich, sondern die 1812 errichtete k. k. Militär-
Schwimmschule im Fahnenstangenwasser im Prater zu Wien, wo auch Zivilpersonen
auf Wunsch gegen mäßige Vergütung Unterricht im Schwimmen erhielten und nach
dem Erlernen baden durften. Unmittelbar daran errichtete 1838 der Schwimmeister das
„Fahnenstangenbad", abgesondert für Geschlechter, als eigene Unternehmung, mit den
nötigen Bequemlichkeiten. Im Kaiserwasser, links von der kleinen Taborbrücke, bestand
seit 1830 die „Damenschwimmschule" mit Abteilungen auch für Männer unter dem
Namen „Ferdinand- und Maria-Annabad". Bemerkt sei noch, daß 1810 die Freibäder in
der Donau an Plätzen entstanden, die der Sicherheit wegen durch F*fähle mit Stricklinien
abgesteckt wurden 636.
400 Agnes Bemaiienn / Züricher Kalender / Schröpfen im Bad / Sittlichkeit
Die S. 67 erwähnte Baderstochter von Augsburg, die Herzog Albrecht III. von Bayern
1432 heiratete, ist die bekannte Agnes Bernauer, die auf Betreiben von Albrechts Vater,
Herzog Ernst, 1432 zum Tode verurteilt und zu Straubing in der Donau ertränkt vi^urde.
Der S. 76 angeführte Züricher Kalender von 1585 ist der durch Kaspar Wolff ge-
stellte und von Froschauer gedruckte 696
Im Gegensatz zu anderen Schriftstellern (S. 81) sagt Pyrmontanus 15Q7: „Aderlassen
oder Schrepffen soll man bey höchster gefahr vermeiden, die jnsonderheit baden
wollen" 56. Gemeint ist das Baden im Wasser von Pyrmont. Von Marius erfahren wir
1601, daß eine alte Gewohnheit beim Schröpfen war, am Ende mit kaltem Wasser ab-
zukühlen 4S5.
Die Rolle der „Badstover" zu Lübeck, die der Handschrift nach Mitte des 14. Jahr-
hunderts aufgeschrieben wurde, enthält neben Zunftangelegenheiten folgende das Bade-
leben betreffende Stellen : „Ok so en mach nyn sulves here mannes baden laten des
avendes na des dat de vrouwen gebadet hebben by dren marken sulvers na vnser heren
gnade, yd en weren vnse heren edder junckheren van der stad vnde erlike borgere ane
vrowen to badende (siehe S. 86 u. 87). Ok so en schal nyn knecht de ene mit deme an-
dern in den stoven speien, de wile dar lüde baden, by eneme halven punde." Das Amt
der Bader bestand 1806 noch aus vier Personen und wurde im gleichen Jahre mit dem
der Barbiere vereinigt 689.
Die in den Badestuben (S. 91) und Mineralbädern bestehenden Mißbräuche gingen
auch auf die Flußbadeanstalten über. Zwierlein schreibt 1803: „Pfiffige Wirte waren
hierbei nicht müßig und machten Speculation auf die Beutel der Badegäste; sie veran-
stalteten Bälle, halten anlockende, reizende Mädchen, haben Erfrischungen aller Art,
Getränke und Speisen in Bereitschaft, um ihre Badegäste zu laben und zu ermuntern und
solchen immer mehr Lust zu dem angenehmen Badegeschäft zu machen, zumal jungen
Personen; es wird geschmauset, gespielt, gelärmt, geschwärmt und getanzt bis tief in
die Nacht, und so endigt sich in vielen Städten bei den Badeanstalten auf den Flüssen
fast jeder Tag .... Andere bleiben dann abends, durch Gesellschaft beredet, im Bade-
hause oder auf dem Badschiffe beim Souppee, schwärmen, spielen, tanzen und schaden
sich mehr, als sie durch das Bad gut gemacht haben, in welchen Fehler Jünglinge und
andere lustige Brüder gern verfallen. In einer Stadt wurden die Ausschweifungen unter
den Badgästen so auffallend, daß sich die Geistlichkeit darein mischte und es dahin
brachte, daß die Badeanstalt aufgehoben wurde" i57. Ähnliche unangenehme Verhält-
nisse traf Munde zu Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts in einer der ersten
Wasserheilanstalten, der zu Elgersburg, an und kämpfte gegen sie ohne jeden Erfolg 647
Nicht nur in Deutschland (S. 111), sondern auch in Rußland wurde die Badestube
als Wohnraum benutzt. So berichtet Petri in den Pitoresken aus dem Norden, daß man
in Rußland die Badestube Leuten zur Wohnung unter der Bedingung überlasse, daß
sie im Sommer täglich frische Birkenzweige holen, im Winter aber nackte Zweige in der
Badestube zum Ausschlagen bringen 644
Baderuf I Regimen sanitaüs / Wichelhausens falsche Schilderung des Badewesens 401
Ein Baderuf (S. 145) sei hier noch angeführt, der aus einem Fastnachtsspiele des
15. Jahrhunderts genommen ist, das die Rufe verschiedener Handwerker parodiert.
„Wol auf gen päd !
•Ir Herrn, mit lecken, paden und krauen
Kan ich versehen wol die frauen" '^.
Wurde in Zürich 1636 und 1650 das Badrufen am Weihnachtsheiligabend verboten
(S. 144), so findet es 1748 in den hundertsechsundfünfzig Züricher Ausrufbiidern von
Herrliberoer keine Erwähnung mehr. Obwohl es zur Zeit keinen Weinrufer mehr
gab, bringt Herrliberoer aus geschichtlichem Interesse sein Bild und seinen Ruf. Den
Badrufer kennt er aber nicht einmal vom Hörensagen ö97.
Die Mainauer Naturlehre (S. 173) diente zur Grundlage einem Regimen sanitatis, das
ein Arzt im 15. Jahrhundert für den Großmeister des deutschen Ordens zu Marienburg
bearbeitete. Im Auszug ist es in Raumers Taschenbuch (1844)698^ vollständig aber in
Gruners Almanach (1784) 699 mitgeteilt. Das Manuskript befindet sich auf der Königs-
berger Bibliothek. Die das Baden betreffende Stelle lautet: „Ouch genediger herre moget
ir vnderczeithen baden noch euwer gewonheit des morgens nüchtern vnd noch dem
bade haltdet euch warm besunder das houpt noch dem waschen."
Eine vollkommene Unkenntnis des einstigen deutschen Badewesens zeigt Wichel-
hausen in seinem 1807 erschienenen geschichtlichen Werke über die Bäder. Vieles hat
er des Leibmedikus Moehsen Geschichte der Wissenschaften in der Mark Brandenburg
entnommen, selbst aber noch reichlich Verwirrung angerichtet. Kaiser Karl der Große
trug nach ihm „zur Erhaltung des kunstgemäßen Badegebrauches nicht wenig bei".
Unter dessen ersten Nachfolgern scheint sich der Badegebrauch noch erhalten, im
10., 11. und 12. Jahrhundert aber abgenommen zu haben. Moehsen behauptet, daß die
Bäder damals in Deutschland vernachlässigt worden. Daß der Gebrauch derselben in
diesen Zeiten der bürgerlichen Kriege und der Anarchie sehr abgenommen, erhellt auch
daraus, was Moehsen anführt. Er behauptet, daß es in diesem Zeitalter den Regenten
und Geistlichen schwer geworden wäre, die Menschen an Reinlichkeit und den Ge-
brauch der Bäder zu gewöhnen, die doch wegen des herrschenden Aussatzes doppelt
notwendig gewesen. Die Mönche bedienten sich in der Hinsicht damals des Kunst-
griffes, daß sie den Badegebrauch durch religiöse Grundsätze heiligten, indem sie be-
haupteten, daß durch das Baden die Sünden abgewaschen und Absolution von allen
Vergehungen erhalten werden könnte. Diese Bäder nannten sie Seelenbäder (balnea
animarum, refrigeria animi). Unter diesem Vorwande erhielten sie Vermächtnisse, wofür
sich arme Leute entweder in den Klöstern, in den Hospitälern oder den Badestuben
frei baden durften, auch auf Verlangen geschröpft und zur Ader gelassen werden
konnten und gespeiset oder mit Brot, Bier und Salz beschenkt wurden. Diese Werke
der Wohltätigkeit sollten auf das Wohl der Seelen der Stifter im Fegefeuer einen Ein-
fluß haben, sie abkühlen und ihre Pein vermindern. Die Ritter und Knappen scheinen
damals auch keine Muster der Reinlichkeit gewesen zu sein und an Bädern großen Ge-
fallen gefunden zu haben, weil ein Gesetz notwendig war, nach welchem kein Ritter
Martin, Badewesen 26
402 Oebrauch der Thermometer / Wildbad Oastein
in einem Orden Aufnahme fand und kein Knappe den Ritterschlag erhielt, wenn sie
nicht am Abend vorher gebadet und ihre schmutzigen langen Barte hatten abnehmen
lassen. Auch durfte damals kein Brautpaar getrauet und kein Gast zur Hochzeit gelassen
werden, wenn sie sich nicht vorher gebadet hatten. Die Handwerker suchte man da-
durch an die Bäder zu gewöhnen, daß sie alle Sonnabend durch eine Prozession der Lehr-
linge der Bader unter dem Klange der Becken zum Baden aufgemuntert wurden." Schon
seit der Mitte des 14. (!) Jahrhunderts sollen sich die Badeanstalten allmählich infolge
ansteckender Krankheiten ihrem gänzlichen Verfall im abendländischen Europa ge-
nähert haben. „Die große, schreckliche, aus dem Morgenlande gekommene Pest, welche
von dem Jahre 1347 oder nach anderen 1348 an, den größten Teil der Bevölkerung von
Europa aufrieb, hat zuverlässig die Vernachlässigung der Bäder zur Folge gehabt" i55.
Das Thermometer fand zur Bestimmung des Badewassers erst allmählich volle An-
erkennung. 1793 sagt noch Zwierlein, es könne nicht zum allgemeinen Maßstab dienen,
das Gefühl sei der richtigste Wärmemesser 6^6^ andere wollten wieder, man solle mit
dem Thermometer feststellen, ob sich die Temperatur nicht über und nicht unter be-
stimmten Graden befände, innerhalb derselben müsse das Gefühl entscheiden. In den
Kurorten wurde im allgemeinen der Gebrauch des Thermometers vernachlässigt. Das
Journal des Luxus und der Moden warf Marcard vor, daß er wohl in seinen Schriften
die verschiedene Wirkung verschieden warmer Bäder erörtere, in seinem Bad Pyrmont
die Bäderwärter die vorgeschriebene Temperatur des Bades aber gar nicht beachteten.
Wetzler fand (1822) in zwanzig Bädern nur zwei Thermometer. Wenn er danach
fragte, hieß es immer, sie seien erst vor ein paar Tagen zerbrochen worden 370. Hufeland
rühmte dagegen 1815 die pünktliche Temperaturmessung in Nenndorf, wo besondere
Badethermometer auf einer Korkscheibe senkrecht im Wasser schwammen und man
die Veränderung der Wärme während des Badens beobachten konnte, um rechtzeitig
einen nötigen Zusatz von warmem Wasser feststellen zu können 642. Sehr viele Thermo-
meter wichen in ihren Angaben vom Normalen ab. Als die besten galten gegen Ende
des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts die RAMSDENschen Badethermometer, doch
sagt Kahtlor 1722, daß man jetzt vollkommen richtige auch in Deutschland anfertige,
und er rühmt die Fabrikate aus Frankfurt a. M., Jena, Nürnberg und Wien, die manchem
RAMSDENschen vorzuziehen seien 644.
Wildbad Gastein (S. 227, S. 269 und Abb. 121) behielt bis ins 19. Jahrhundert seinen
alten Charakter. 1832 besaß es zwanzig Häuser, von denen mit Ausnahme des Schlosses
und des erzherzoglich Johannschen Gebäudes kaum drei steinern waren. „Untersuchen
wir nun die innere Beschaffenheit derselben, so kommen wir leider abermals zu keinem
tröstlicheren Resultate; denn mit Ausnahme des Schlosses und zum Teil des neuen
Straubinger und Grabenwirtshauses, dann der Wohnung des Chirurgen sind alle
übrigen und namentlich das dreihundert Jahre alte, ganz und gar aus Holz gebaute und
daher mit Recht die alte Straubingerhütte* genannte Haus höchst dürftig und unbequem.
* „Westenrieder nennt diese Hütte eine armselige, unbeiiülfliche, modernde, traurige und gefahr-
Wildbad Oaste'm 403
Wer die Beschreibungen vom Oasteiner Wildbad früher gelesen hat, kommt ohnehin
mit einer bangen Erwartung hier an ; hat er aber das Unglück, in eine solche erbärm-
liche, bretterne Spelunke verwiesen zu werden, dann fällt ihm der Mut gewaltig, und
nur die unerwartete Überzeugung von der Gleichgiltigkeit, womit die andern Badegäste
das gemeinschaftliche unvermeidliche Mißgeschick tragen, muntert ihn einigermaßen
auf, ein Gleiches zu thun." Folgende Anekdote wurde von einem Gasteiner Tavernisten
erzählt: „Einer dieser letzteren äußerte sich über die unbilligen und übertriebenen For-
derungen der jetzigen Badegäste ungefähr also : Ich weiß nicht, was die Leute heut zu
Tag alles begehren ; sonst waren gar viele froh, wenn sie in der Gastein auf Heu schlafen
konnten; die Vornehmen legte ich je zwei und zwei in ein Bett, und solcher Betten
standen zwei bis drei in einem Zimmer; nur in ganz besonderen Fällen wurde einer ein-
zelnen Person ein einzelnes Zimmer zu Teil; jetzt will jeder Gast gleich dem größten
Herrn bedient und für sich allein bequartiert sein!"
Über die Beschaffenheit der Bäder sagt dieselbe Schrift: „In dieser Hinsicht werde
ich mich wieder vorzugsweise an die Straubingerschen halten, da jene im Schloß, sowie
alles daselbst, keiner Kritik bedürfen, und diese unter den übrigen nicht allein die zahl-
reichsten, sondern auch die zweckmäßigsten sind. Das alte Straubingerhaus besitzt
sieben Bäder und zwar ein Kommun- oder gemeinschaftliches, dann vier Solitär- oder
Separat- und zwei für gemeine Leute bestimmte Bäder; im neuen Hause befinden sich
ein Vollbad und zwei Einzelnbäder. Außerdem besitzt der Mitterwirt drei und der
Grabenwirt ebenfalls drei Bäder, und endlich ist noch in dem Hause des Chirurgen das
sogenannte Schröpf- oder Krükenbad. Die gemeinschaftlichen oder Vollbäder sind alle
kaum so groß, daß zwölf bis sechszehn Personnen bequem zusammen baden können,
d. h. jedoch nur in dem Fall, wenn die Ankleidezimmer darnach eingerichtet wären.
Diese aber sind in einer Art angelegt, daß man sich nicht genug über den Baumeister
wundern kann. Denn hat man sich eine zweiundvierzig Stufen zählende, ziemlich steile
Stiege mühsam hinabgeschleppt, so gelangt man durch einen engen Gang in die
bretternen Verschlage, die man Ankleidezimmer nennt. Sie sind sämtlich so eng, daß
sich höchstens zwei Personen zu gleicher Zeit an- und auskleiden können, aber dabei
so finster, daß man anfangs beim Eintritt ganz blind zu sein scheint, und endlich bieten
sie zur Bequemlichkeit außer einer kaum einen Schuh breiten, längs der Wand hin-
volle und sagt, daß die Fußböden und Stubenwände so dünn sind und hörig, daß man jeden leisen
Tritt über sich wie ein Geklapper, jede leise Bewegung und Stimme eines Gastes neben sich, als
stünde er vor uns, vernehmen kann ; ferner daß fast keine Stube mehr in ihrer ursprünglichen, recht-
winkligen Lage, sondern die meisten sichtlich verschoben und auf einer Seite bedeutend abhängig,
endlich daß die alten Treppen stark gespalten und so wie die Abtritte, welche in der freien Luft
über Abgründen schweben, das tief unten vorbeischäumende Wasser erblicken lassen. Und diese
Beschreibung, wer wundert sich darüber nicht! paßt heute (1832) nach zwanzig Jahren noch aufs
genaueste! — Blumauer sagt in seiner Epistel vom Jahre 1785:
die Fenster alle
Stehn mit dem Wind Jahr aus Jahr ein
Dem Ansehn nach in förmlichen Tractaten,
Ihm stets den Durchgang zu gestatten."
404 Gastein / Fabian Sommer über Karlsbad 1572
laufenden hölzernen Bank ein paar Nägel zum Aufhängen der Kleider und einem eisernen
Ofen zum Wärmen der Badewäsche weiter nichts dar. Ein jedes Vollbad besitzt, was
ebenfalls unbegreiflich ist, nur ein solches Zimmer, und man kann sich demnach leicht
denken, wie sehr die Badegäste hier beengt sind, indem beide Geschlechter sich des-
selben Zimmers bedienen müssen und der kleine Raum desselben nicht gestattet, auf
einmal mehr als zwei Personen aufzunehmen. Die Solitärbäder sind nur etwas wenig
kleiner, entsprechen daher ihrem Zweck insofern gar nicht, als sie für jedes einzelne Bad
nicht besonders ab- und vollgelassen werden können, weil sie zu groß sind und daher
zu langsam erkalten würden. Man badet also auch hier zumeist in demselben Wasser,
worin sich früher ein Anderer schon befunden hat. Alle Bäder haben den gemeinschaft-
lichen Fehler, daß sie nur mit einem bretternen Dach bedeckt, daher nicht selten dem
Wind und Wetter zu sehr Preis gegeben sind, indem es sich selbst in diesem Jahr sogar
ereignet hat, daß die Badenden mit Schneeflocken heimgesucht wurden Endlich
kann ich nicht ungerügt lassen, daß in den sämtlichen Bädern längs den Wänden des
Wasserbehälters nur zwei Bänke angebracht sind, und daß daher Kinder und solche
Kranke, welche z. B. nur die untern Gliedmaßen und das Gesäß in Wasser setzen wollen,
so wie sehr Schwache, da sie sich nirgends als an der Bank zu halten vermögen, ohne
besondere Unterstützung nicht baden können."
Die „ungünstige und wahrhaft furchtbare" Lage des Wildbades Gastein regte den
Gedanken an, das Wasser nach einer für Bauten günstigeren Stelle zu leiten. Schon im
Jahre 1760 hatte der Erzbischof Sigmund von Schrattenbach eine kleine Badeanstalt für
zwölf Personen unterhalb des Wildbades bei der sogenannten Badbrücke errichtet, die
aber nach dem Tode des Erbauers wegen Gefährdung durch die wilde Kötschach ein-
ging. Spätere Pläne, darunter einer, das Wasser aufwärts zu leiten, scheiterten aus ver-
schiedenen Gründen, bis 1829 der Bau der Wassedeitung nach Hof Gastein — zwei-
undeinviertel Stunde vom Wildbad gelegen — in Angriff genommen wurde. Das
Wasser, das mit 36 " R im Bad entspringt, traf mit 26 bis 29 o im Hof ein. Übrigens
wurde es schon früher in Fässern nach dem dreizehn Meilen entfernten Salzburg mit
Postpferden geführt und konnte daselbst noch mit 29 o R zum Baden gebraucht werden.
Auch nach Hof Gastein wurde schon vor Herstellung der Leitung seit 1824 das Wasser
vom Wildbade fuhrenweise in Fässern in die Brauerei hinabgeführt, wo in Wannen ge-
badet wurde. Eine zweispännige Fuhre reichte für sechs Bäder hin ßss
Schon Fabian Sommer erwähnt in seinem Buche über Karlsbad (deutsch nach seinem
Tode 1 572 von seinem Bruder Matthias herausgegeben), daß man beim „Brudel" (Sprudel)
Eier koche, Hühner, Gänse und Schweine abbrühe (S. 267 und Abb. 144). „Aber das wir
wider auff den Brudel kommen, beim Stege auff der lincken selten, da man von der
Kirchen herunter gehet, ist ein ebener blatz, dahin das Wasser zu manchedey nutz
fleusset, denn daselbst die Hüner, Gense (wie oben berurt), Enten, Schwein, mit dem
heissen Wasser abgebrüet werden, daselbst reibet vnd weschet man allerley gefes, vnd
mit dem Wasser brühet man dem Vieh das Grummet an, vnd sonst machet man alleriey
"
Die Bäder und die Quellen in Karlsbad 405
garstige weide rein, daselbst fenget man das warme Wasser, welchs den Becken zum
kneten vnd backen sehr dienstlich, vnd ist das Wasser fast zu allen dingen nützlich, darzu
man sonst das schlecht gesottene Wasser gebrauchet."
An das Sprudelgehäuse „sind viel Rinnen geleget, welche denn das Wasser an alle
örter, in der Wirte Heuser zum baden einführen Auff das ich aber widerumb komme
auff die Rinnen, die in die zwey Heuslein angesetzet, so sind derselben sehr viel vnd
mancherley in vnd nach einander gesetzet. Denn etliche in die lenge, etliche in die breite
vber das Wasser auffgerichtet, vnnd in der Bürger Heuser eingefüret werden, dadurch
das Wasser in die Bade einfliessen möge (S. 334 und Abb. 142). Von dem ort (Hospital),
wenn man hienauffwarts nach dem Marckt zugehet, seind die Wirdt gegen der Döpel
zu, vnd die Herbergen für diese Geste, so eines bessern vermügens sind, vnter welchen
etliche zwey, etliche drey, etliche auch vier Bade haben, welche für allerley gelegenheit
vnd kranckheit frembder Leut auffgebawet sind. Vnd treget sich offt zu, dieweil jr viel
in einem Hause sind, denen doch nicht zugleich mit einander zu baden geraten, das ein
Gast ein bad für sich, der ander dergleichen ein anders, vnd so fort an, jnnen hat.
Eben an denselben ort da man nach dem Stege (beim Sprudel) zugehet, ist das
grosse gemeine Bad, welches in zwey Theil vnterschiedlich gebawet ist, denn in den
ersten die Menner, in den andern die Weiber baden (Abb. 144). Vnd mag in denseibigen
jederman beyde frembde vnd Inwoner baden, wo sie nicht kretzig, aussetzig, oder der-
gleichen schedliche vnnd schwirichte kranckheit an sich haben, denn inn diesen feilen
werden sie inn andere Bad gewiesen, welche hart bey den gemeinen Baden sind gelegen.
Denn für diese Krancken hat man drey Bad auffgebawet, die nach eines jeden kranckheit
ort vnterschieden. Denn in dem ersten baden die schlechts kretzig sind, in dem andern
so aussetzig (vgl. S. 200), in dem dritten so mit hefftigen vnd gefehrlichen geschwüren
beladen sind. (Die Angabe Bechers S. 200, daß nach Sommer Kretzige und Aussätzige in
Karlsbad zusammen badeten, ist demnach nicht richtig). Es wolle sich aber wol ge-
büren das die Aussetzigen oder mit andern gefehrlichen Geschwürn befleckten Leut, an
einem andern von gesunder leut gemeinschafft abgesünderten ort, mit sonderlichem
baden versorget würden. Welches beyde den Auslendischen die jhre Krancken fast alle
Jar ins warme Bad verschicken (siehe S. 200), vnd den Inwohnern gebüren wil. Wiewol
ohne das die Inwohner mehr denn zu viel von armen leuten, auch sonsten von allerley
Streichern vnd Stürtzern beschweret werden ....
Es ist auch vor etlichen Jaren ein Geschrey in viel Lender kommen, als solle das
Wasser wegen der Inwohner Geitz aussen blieben sein (vgl. S. 330). Vnd ob ich wol
den Geitz nicht lobe, sondern viel mehr als ein Laster straffe, Doch so ist des aussen-
bliebenen Wassers, dieses nicht die vrsach, sondern weil es an eim andern ort sich ge-
samlet vnd auffgesprungen ist, hat dieser Brudel auffgehöret (vgl. S. 336) ....
Eben an dem ort, da jetzt das Rathaus stehet, sind vor zelten die gemeinen Bad ge-
standen, die jetzt vber den Steg bey der Döpel gelegen. Vnnd dieselbigen Bad waren
an einem nidrigen ort auffgebawet, mit Mawren verwahret, vnd also vnterschieden, wie
406 Die Karlsbader Badekuren j Der Fresser / Eigenart des Karlsbader
diese so jetzt für Man vnnd Weibs Person vnterschiedlich sind auffgebawet. Es ist aber
das sehr heisse Wasser, von dem Brudel, vber die Döpei, in die alten gemeine Bade, so
beym Rathaus gestanden, eingeführet worden. Vnd weil das Wasser allzu heis gewesen,
ist das lalichte welches an bemeltem ort auffgequollen, das es zu baden bequem vnnd
nützlich werden möchte, durch sonderliche Rinnen ins heisse Wasser eingefüret, vnnd
damit vermenget worden."
Dieses laue Wasser, in dem Kaiser Karl IV. gebadet haben sollte, das 1572 aber un-
benutzt war, hatte die Haut so heftig aufgebissen, daß es des Fressers Namen be-
kommen. Das laue Creusinbad, dessen Quelle zur gleichen Zeit mit Mist verschüttet
war, hieß aus demselben Grunde der Fresser. Auch von anderen lauen Adern hebt
Sommer hervor, daß sie die Haut aufbissen, die heißen Quellen auch dann, wenn das
Wasser etwas kühler und lauer geworden war. Wie schon S. 252 erwähnt, bildete das
Baden mit dem Aufbeißen der Haut in Karlsbad eine besondere Badeart neben dem ge-
wöhnlichen Baden. Bei letzterem ließ Sommer im warmen Wasser vierzehn oder fünf-
zehn Tage mit Ansteigen bis fünf Stunden täglich baden. Einen Ausschlag erwähnt er
bei der Beschreibung dieser Kur nicht, er scheint aber doch aufgetreten zu sein; denn
an anderer Stelle sagt Sommer: „Aber wenn das wasser etwas wermer ist, so wird die-
selbe verschlossene vnd kalte materien beweget vnd thetig, das daraus kretz, Bletterlein
vnnd dergleichen geschwür erfolgen. Aber man mus darumb nicht gedencken, dieweil
das warme Wasser solche kretz heraus in die Haut treibet, das es dieselbe auch auff-
beisse."
Das Aufbeißen der Haut war demnach nur eine besondere, mit starker Entzündung
derselben einhergehende Form des Badeausschlags, bei der der Leib offen war und die
böse Materie herausfloß. Nach Sommer sollte man am Tag bis zwölf Stunden baden,
die Kranken taten es aber bis zwei Tage und Nächte hintereinander und darüber. Daß
bei diesem langen Baden der Ausschlag stärker ausfiel als bei fünfstündigem am Tag,
ist selbstverständlich, im Gegensatz zu allen anderen Bädern geschah dies aber in Karls-
bad nicht im warmen, sondern im lauen oder gar kalten Wasser; denn Sommer kämpft
gegen die Ratschläge der Wirte, daß die Gäste kalt baden sollten, wenn ihnen auch die Haut
darüber schauern möchte, sagt aber selbst: „Da aber einer mit dem baden, vnd auff-
beissen eilen wolte, sol er das Wasser nicht alle tage auslassen, sondern ein drey, oder
vier tage lassen stehen, denn wenn es stehet (also doch kalt ist!), wird es scherffer, vnd
beisset die Haut desto eher auff."
Das Karlsbader Wasser muß also ganz besondere Eigenschaften haben; denn all-
gemein galt, das warme Wasser „beisse die Haut auff, vnd mache sie schwürich, welches
doch nicht ist," wie Sommer auf Grund seiner Erfahrung in Karlsbad annimmt, „sondern
wie zuuor vormeldet, das warme Wasser machet widerumb gantz vnd heilet". Aus-
nahmen kämen allerdings vor. Man war damals verschiedener Meinung über die Ur-
sache der eigenartigen Wirkung. „Die erste vrsach, warumb das lalichte wasser auff-
beisset", schreibt Sommer, „stehet inn des Alauns, Vitriols, vnnd Salpeters scherffe.
Wassers beim Baden / Trinkkuren / Duschen / Dampfbäder in Karlsbad 407
welche mineren im warmen Wasser, wenn es lalicht worden, gar krefftiger wircken.
Denn so das Wasser warm ist, so werden die theii der vorbenandten mineren zur-
strewet, vnd etwas stumpffer, das sie nicht so thetig in warmen, als in ialichten wasser
sein können. Wenn aber wie gesaget, das wasser lalichter ist worden, werden sie etwas
scherffers vnd thetigers, dieweil die hitze (welche die jetzt bemelten mineren etwas vn-
düchtig gemacht) dem wasser entgangen ist. Die ander vrsach ist, das keine fettigkeit
mehr vorhanden ist, vom Kalch weisser vnd roter Erden, wie wir oben Bergröte vnnd
Bergweisse genandt haben. Denn wenn die zehen feuchtigkeiten durch die hitze im
wasser allent halben beysammen vnd gantz bleibet, vnd nicht durch den Braden vnd
das auskülen von dem Wasser abgesondert werden, so dempffen sie die obbemelte
mineren das sie jre kreffte, nicht haben vnd wircken können, denn die fettigkeit drückt
vnter die scherff der jetzt benandten mineren. Wenn sich aber solche zehe vnd
schleimichte fettigkeit, durch das ausbrednen verliret (welches geschieht, wenn das
Wasser kalt wird) werden die Mineren, so von der zehen fettigkeit frey sein, viel kreff-
tiger vnnd thetiger. Vnnd aus diesen zweyen vrsachen beisset das kalte Wasser die
haut auff, nemlich weil die hitz dem Wasser entgangen vnd fettigkeit des kalch s,
Schwefels, Bergröt, vnd Bergweis durchs ausbrednen zerstrewet, welche fettigkeit
zuuor, da das Wasser warm war, bemelte mineren krafft vnd wirckung gedempfet hat." '
Im gleichen Sinne erklärt er, warum das warme Wasser die Haut wiederum zuheile.
Sommer hat an der Wahrheit wohl nicht allzuweit vorbeigeschossen, wenn er die
Wirkung verschieden temperierter Bäder von Karlsbader Wasser dem verschiedenen
Verhalten der mineralischen Bestandteile zuschreibt. Vielleicht kann uns heute die phy-
sikalische Chemie darüber aufklären, warum die mineralischen Bestandteile des Karis-
bades in heißem Wasser weniger reizend als in lauem oder kaltem wirken.
Sommer wandte sich gegen den gleichzeitigen Gebrauch einer Trink- und Badekur.
Manche tranken einen Tag, den anderen badeten sie, andere tranken früh und badeten
am Nachmittag, und wieder andere hatten den bösesten Brauch, im Bade Mineralwasser
zu trinken. Sechs oder sieben Tage sollte die Trinkkur betragen, an die sich die Badekur,
wenn vonnöten, anzuschließen hatte.
Eingehends handelt Sommer von der „Trefft" (Dusche), die, wie wir ja sahen, in
Karlsbad reichliche Anwendung fand. Die „Stuften" (Dampfbäder über den Quellen)
waren aber noch nicht in Gebrauch. Sommer machte Vorschläge zur Errichtung der-
selben 684
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124. Meyer-Ahrens, Die kalten Bäder im Mittelalter und im Anfang der Neuzeit. Die illustrierte
Schweiz. 3. Jg. Bern, 1873.
125. Willi, Baugeschichtliches über das Kloster Wettingen. Cistercienser Chronik. 5. Jg. Bregenz,
1893.
126. Froschmevsler, Der Frosch vnd Meuse wunderbare Hoffhaltunge .... Gedruckt zu
Magdeburgk, durch Andreas Gehn. Im Jahr, MDXCV.
127. Kriegk, Deutsches Bürgerthum im Mittelalter. Frankfurt a. M., 1868. — Neue Folge, 1871.
128. Bau mann, Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs in Oberschwaben. Bibliothek des litte-
rarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 129. Tübingen, 1876.
129. Mone, Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte. Bd. 1 — 3. Karlsruhe, 1848—1863.
130. Der Renner. Ein Gedicht aus dem 13. Jahrhunderte verfaßt durch Hugo von Trimberg.
Herausgegeben vom historischen Verein zu Bamberg. Bamberg, 1833 — 1834.
131. Keller, Die römischen Ansiedelungen in der Ostschweiz. IL Abteilung. Zürich, 1864. Mit-
teilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Bd. 15.
132. Sechs und zwanzig nichtige Kinderspiel zu richtiger Erinnerung erhebt und in Kupfer gebracht
durch Conrad Meyer Maalern in Zürich. Teil von: H.Jacob Catsen, Kinder-Lustspiele,
durch Sinn- und Lehrbilder geleitet; zur underweisung in guten sitten. Auß dem Nider- in das
Hochteutsche gebracht Durch H. Johann Heinrichen Amman: und mit Kupferstichen geziert,
vermehret und verlegt durch Conrad Meyern, Mahlern in Zürich, MDCLVII.
133. von Lersner, Der weit-berühmten Freyen Reichs-, Wahl- und Handels-Stadt Frankfurt am Mayn
Chronica. 1706. — von Lersner, Nachgehohlte, vermehrte und continuirte Chronica der . . .
Stadt Franckfurth am Mayn, oder zweyter Theil der ordentlichen Beschreibung der Stadt Franck-
furth. Frankfurt am Mayn, 1734.
134. Die Grewel der Verwüstung menschlichen Geschlechts . . . durch Hippolytum Guarinonium,
Art. et Med. Doctorem, deß Königlichen Stiffts Hall im Ynthal. . . . Leib, vnd gemainer Statt
bestallten Physikum. Ingolstatt, 1610.
135. Ferro, Vom Gebrauche des kalten Bades. 2. Aufl. Wien, 1790.
136. Guts Muths, Gymnastik für die Jugend. 2. Ausg. Schnepfenthal, 1804.
137. Hunziker, Geschichte der Schweizerischen Volksschule. Zürich, 1881.
138. Gazette de sante oder gemeinnütziges Magazin für Leser aus allen Ständen , heraus-
gegeben von J. H. Rahn. Jg. 3. Zürich, 1784.
139. Scheible, Das Kloster. Bd. 6. Stuttgart und Leipzig, 1847.
Literatur 413
140. von Raumer, Geschichte der Pädagogik. 3. Aufl. Stuttgart, 1857—1861.
141. Gärtner, Baden und Schwimmen, in Rein, Encyl<lopädisches Handbuch des Pädagogii<. Bd. 1.
Langensalza, 1895.
142. von Rodt, Bern im 17. Jahrhundert. Bern, 1903.
143. von Meiller, Österreichische Stadtrechte und Satzungen aus der Zeit der Babenberger. Archiv
für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Bd. 10. Wien, 1853.
144. Heffner, Über die Baderzunft im Mittelalter und später, besonders in Franken. Archiv des
historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 17. Würzburg, 1865.
145. Hauser, Geschichte der Stadt, Herrschaft und Gemeinde Elgg. Elgg, 1895.
146. Kalte nbaeck, Die Pan- und Bergtaidingbücher in Österreich unter der Enns. Bd. 1. Wien,
1846.
147. Helvetischer Kalender fürs Jahr 1780. Zürich.
148. Marteaus theoretische und praktische Abhandlung über die Bäder vom einfachen Wasser und
vom See Wasser, nebst einem Anhange von dem Tropfbade. Übersetzt von Held. Leipzig, 1778.
149. Fürs tenberger Ur k undenbuch. Bd. 6. Tübingen, 1889.
150. Mi ttelal terliches Hausbuch. Bilderhandschrift des 15. Jahrhunderts. Herausgegeben vom
germanischen Museum. Leipzig, Brockhaus, 1866.
151. Grimm, Deutsches Wörterbuch. Leipzig, 1854 ff.
152. Baderbüchlin. Gantz kurtzer bericht von allerhand einfachten, vnd 38 componierten minerali-
schen teütsches lands wild bädern .... Alles durch D. Georgium Pictorium. MDLX.
Oetruckt zu Mülhusen im oberen Elsaß, durch Peter Schmid.
153. Journal des Luxus und der Moden. Weimar, 1800.
154. Riecke, Die Heilquellen und Bäder Würtembergs, ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Zu-
stand. Württembergische Jahrbücher. Jg. 1839. Stuttgart und Tübingen, 1840.
155. Wi chelhau sen. Über die Bäder des Alterthums. Mannheim und Heidelberg, 1807.
156. (Grüner), Flußbäder und Badeanstalten. Almanach für Ärzte und Nichtärzte auf das Jahr
1792. Herausgegeben von Grüner. Jena, 1792.
157. Zwierlein, Über die neuesten Badeanstalten in Deutschland. Frankfurt, 1803.
158. May, Vermischte Schriften. Mannheim, 1786.
159. Das erste ärztliche Inserat und die erste Kaltwasserheilanstalt in Österreich. Balneologische
Zeitung. Bd. 11. Wetzlar, 1862.
160. Marcard, Über die Natur und den Gebrauch der Bäder. Hannover, 1793.
161. Matthes, Lehrbuch der klinischen Hydrotherapie. Jena, 1900. 2. Aufl. 1903.
162. Josua Maaler, Die Teütsch spraach .... Tiguri, MDLXI.
163. Scheible, Das Schaltjahr. Bd. 3. Stuttgart und Leipzig, 1847.
164. Gazette de sante oder gemeinnütziges Magazin für Leser aus allen Ständen .... heraus-
gegeben von J. H. Rahn. Jg. 1. Zürich, 1782.
165. Journal des Luxus und der Moden. Weimar, 1787 — 1806.
166. Ploucquet, Das Wasserbett. Tübingen, 1798.
167. Marcuse, Bäder und Badewesen in Vergangenheit und Gegenwart. Stuttgart, 1903.
168. Genzmer, Bade- und Schwimmanstalten. Handbuch der Architektur. Teil 4. Halbband 5.
Heft 3. Stuttgart, 1899.
169. Oechsli, Quellenbuch zur Schweizergeschichte. Neue Folge. Zürich, 1893.
170. Freytag, Aufsätze zur Geschichte, Literatur und Kunst. Gesammelte Aufsätze. Bd. 2.
Leipzig, 1888.
171. Herr Ulrich Zwingli leerbiechlin wie man die Knaben Christlich vnterweysen vnd erziehen
soll, mit kurtzer anzayge aynes gantzen Christlichen lebens. MDXXIIIL
172. Egli, Actensammlung zur Geschichte der Züricher Reformation in den Jahren 1519—1533.
Zürich 1879.
173. Vögelin, Das alte Zürich. 2. Aufl. Zürich, 1878 und 1890.
174. Rahn, Das Fraumünster in Zürich, mit Anhang: Auszüge aus den Rechnungen des Frau-
münsterstiftes im Staatsarchive Zürich von Zeller-Werdmüller. Mitteilungen der antiquarischen
Gesellschaft in Zürich. Bd. XXV.
175. Escher, Beschreibung des Zürichsees. Zürich, 1692.
176. Murer, Über die öffentlichen Zeitvertriebe der Zürcherischen Jugend. Gazette de sante oder
gemeinnütziges Archiv. Herausgegeben von Rahn. Jg. 4. Zürich, 1785.
414 Literatur
177. An die liebe Zürcherisclie Jugend auf das Neujahr 1796. Von der Gesellschaft zum
schwarzen Garten.
178. Lavater, Abhandlung über den Nutzen und die Gefahren des Badens der Jugend an freyen
Orten, nebst Vorschlägen, wie die letzteren zu vermindern seyen. Zürich, 1804.
179. Lavater, An die lernbegierige Zürcherische Jugend auf das Neujahr 1836. Von der Gesell-
schaft der ehemaligen Chorherrnstube. 58. Neujahrsblatt.
180. Vogel, Memorabilia Tigurina oder Chronik der Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft
Zürich. Zürich, 1841.
181. Koelliker, Erinnerungen aus meinem Leben. Leipzig, 1899.
182. von Escher, Memorabilia Tigurina oder Chronik der Denkwürdigkeiten des Kantons Zürich
1850—1860. Zürich, 1870.
183. Hingst, Sanitätsverhältnisse Freibergs und darauf bezügliche obrigkeitliche Maßnahmen im
Mittelalter. Mitteilungen vom Freiberger Altertumsverein 1884. 21. Heft. Freiberg i. S., 1885.
184. Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst der Ankündigung einer öffent-
lichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird. Stendal, 1794.
185. Die Seebadeanstalten zu Zoppot bei Danzig. Danzig, 1823.
186. Die Urkunden des Stadtarchivs zu Baden im Aargau. Herausgegeben von Welti. Bd. 1.
Bern, 1896.
187. Nater, Geschichte von Aadorf und Umgebung. Frauenfeld, 1898.
188. Dändliker, Die sogenannten Waldmannischen Spruchbriefe, ihre Beurteilung und ihr Schicksal.
Züricher Taschenbuch. 1900.
189. von Segesser, Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Lucern. Bd. 2. Lucern, 1852.
190. von Dreyhaupt, Ausführliche diplomatisch-historische Beschreibung des . . . Saal-Kreyses.
Halle, 1755.
191. Fidicin, Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin. Beriin, 1837— 1842.
192. Grote und Broennenberg, Das hannoversche Stadtrecht. Vaterländisches Archiv des histo-
rischen Vereins für Niedersachsen. Jg. 1844. Hannover, 1846.
193. von Bunge, Die Stadt Riga im 13. und 14. Jahrhundert. Leipzig, 1878.
194. Otto, Aus dem Volksleben der Stadt Butzbach im Mittelalter. Archiv für hessische Geschichte.
N. F. Bd. 1. Darmstadt, 1894.
195. Roth, Fragmente zur Geschichte der Bader, Barbierer, Hebammen, Erbarn Frauen und Ge-
schwornen Weiber in der freyen Reichstadt Nürnberg. Nürnberg, 1792.
196. Falk, Zur Volksgesundheitspflege Deutschlands im Mittelalter (Badewesen und Seelenbad).
Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. Bd. 108. München, 1891.
197. Falk, Die Volksgesundheitspflege im Mittelalter. Historisch-politische Blätter für das katholische
Deutschland. Bd. 118. München. 1896.
198. Reyscher, Sammlung altwürttembergischer Statutar-Rechte. Tübingen, 1843.
199. von Rodt, Bern im 16. Jahrhundert. Bern, 1904.
200. von Freyberg, Sammlung historischer Schriften und Urkunden. Bd. 5. Stuttgart und
Tübingen, 1836.
201. Baader, Nürnberger Polizeiordnungen aus dem 13. — 15. Jahrhundert. Bibliothek des litte-
rarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 63. Stuttgart, 1861.
202. Scriptores rerum Lusaticarum. Sammlung Ober- und Niederlausitzischer Geschichts-
schreiber. N. F. Bd. 1 u. 2. Goeriitz, 1839 und 1841.
203. Au er. Das Stadtrecht von München. München, 1840.
204. Rau, Die Regimentsverfassung der freien Reichsstadt Speier. 2. Abt. Speier, 1845.
205. von Maurer, Geschichte der Städteverfassung in Deutschland. Bd. 2 und 3. Erlangen, 1870.
206. Anton Tuchers Haushaltungsbuch (1507 — 1517), herausgegeben von Loose. Bibliothek des
litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 134. Tübingen, 1877.
207. Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg. Bd. 4 und 5. Die Chroniken der
deutschen Städte. Bd. 10 u. 11. Leipzig, 1872 u. 1874.
208. Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden .... Durch den weitberümpten Hans
Sachsen .... Franckfurt am Mayn, MDLXVIII.
209. J. F. Meiss, Beschreibung der Stadt Zürich. Msc. der Stadtbibliothek Zürich.
210. Schultz, Deutsches Leben im XIV. und XV. Jahrhundert. Große Ausgabe. Wien, Tempsky,
1892.
Literatur 415
211. Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts und dernächstverwandten Zeit. Herausgegeben
von Massmann. 2. Teil. QuedHnburg u. Leipzig, 1837.
212. von der Hagen, Oesammtabenteuer. Stuttgart und Tübingen, 1850.
213. Der Sachsenspiegel nach der ältesten Leipziger Handschrift herausgegeben von Weiske.
3. AufL Leipzig, 1863.
214. Seifrid Helbling. Herausgegeben von Seemüller. Halle, 1886.
215. Roth von Schreckenstein, Die Bader, Truckenscherer und Vintuser zu Ulm 1470. Anzeiger
für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F. Bd. 6. Jg. 1859. Nürnberg.
216. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Herausgegeben von Mone. Bd. 16.
Karlsruhe, 1864.
217. Rüdiger, Die wiedergefundene Handschrift der Zunft der Bader in Hamburg. Mittheilungen
des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. 3. Hamburg, 1887.
218. von Karajan, Buch der Rügen. Zeitschrift für deutsches Alterthum. Bd. 2. Leipzig, 1842.
219. Mone, Armen- und Krankenpflege vom 13.— 16. Jahrhundert. Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrheins. Bd. 12. Karisruhe, 1861.
220. Beneke, Von unehrlichen Leuten. Hamburg, 1863.
221. Groß Chirurgei, oder volkommene Wundartznei. Durch Qwaltherum H. Ryff, Argent. Medicum
vnnd Chirurgum. Getruckt zu Franckfurt am Meyn, Bei Christian Egenolffs Erben. Im larMDLIX.
222. Meister-Holzschnitte aus vier Jahrhunderten. Herausgegeben von Hirth und Muther.
München u. Leipzig.
223. Schmeller, Deutsches des X. — XU. Jahrhunderts aus Münchener Handschriften. Zeitschrift
für deutsches Alterthum. Bd. 8. Leipzig, 1851.
224. Das Leben der heiligen Elisabeth vom Verfasser der Erlösung. Herausgegeben von
Rieger. Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 90. Stuttgart, 1868.
225. Eraclius, Deutsches Gedicht des 13. Jahrhunderts. Herausgegeben von Grae f. Straßburg, 1883.
226. Der Edelstein von Ulrich Bon er. Herausgegeben von Pfeiffer. Dichtungen des deutschen
Mittelalters. Bd. 4. Leipzig, 1844.
227. Bär, Das Frauenkloster St. Verena in Zürich. Programm der höheren Töchterschule der Stadt
Zürich. Schuljahr 1902—1903.
228. von Bah der, Gedichte des Königs vom Odenwald. Germania. Jg. 23. Wien, 1878.
229. Brunner, Die Verwundeten in den Kriegen der alten Eidgenossenschaft. Tübingen, 1903.
230. Der Ring von Heinrich Witten weiler. Herausgegeben von Bechstein. Bibliothek des
literarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 23. Stuttgart, 1851.
231. Schachtafelen der Gesuntheyt .... durch Michael Hero, Leibartzt zu Straßburg. Getruckt durch
Hans Schotten zum Thyergarten. MDXXXllI.
232. Bartels, Die Medicin der Naturvölker. Leipzig, 1893.
233. Artznei Spiegel .... durch D Joan. Dryandrum. Itzt widerumb, mit Verbesserung, im Truck
verordnet. Franckfurt am Meyn, Bei Christian Egenolph. 1547.
234. (Philipp von Allendorf f), Der Judenn Badstub. Eyn Anzeygung Irer manigfeltigen sched-
lichen hendel . . . 1535.
235. Gurlt, Geschichte der Chirurgie und ihrer Ausübung. Beriin, 1898.
236. von Hef ner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis
Ende des 18. Jahrhunderts. 2. Aufl. Bd. 8 und 10. Frankfuri a. M., Keller, 1887 u. 1889.
237. Allerhand über den 1712. Jahrs verloffnen Toggenburger Krieg außgegangner getrukter und
geschribner . . . . inscriptionen zusammen getragen von Erhard Dürsteier, Pfarrer zu Horgen.
Msc. der Stadtbibliothek zu Zürich.
238. Hie nach volget ein gut regiment vnd Ordnung vnd bewert preseruatiua vnd 1er, wie man
sich wider den geprechen der pestilentz aufhalten vnd bewaren sol. . . . Die durch hochgelert
doctores vnd meyster der ertzney, auf das kurtzist ausgezogen vnd hie mit durch disen truck
zu gemeynem nutz, für reich vnd arm geoffenbart sein. (Reiserscher Druck.)
239. Scharold, Auszüge aus den ältesten Raths-Protokollen der Stadt Gerolzhofen. Archiv des
historischen Vereins für den Untermainkreis. Bd. 3. Würzburg, 1836.
240. Hienach stadt der Meister der Scherer vnnd Baderordnung vnd Artickel was ir handt-
werch antrift. Anno Domini 1608. Msc. der Med. Bibliothek in Zürich.
241. Des Teufels Netz. Herausgegeben von Barack. Bibliothek des litterarischen Vereins in
Stuttgart. Bd. 70. Stuttgart, 1863.
416 Literatur
242. Wildvogel, Libellus de balneis et balneatoribus. Francofurti et Lipsiae, MDCCLIIII.
243. Manu Script der medizinischen Bibliothek in Zürich.
244. Peters, Der Arzt in der deutschen Vergangenheit. Leipzig, 1900.
245. Vogel, Memorabilia Tigurina 1840—1850. Zürich, 1853.
246. Pictorius, Laßbüchlin. Anhang: Vonn schrepffen. Gedruckt zu Basel, by Jacob Kündig im
jar MDLV.
247. Ringholz, Geschichte des fürstlichen Benediktinerstiftes U. L F. zu Einsiedeln unter Abt
Johannes I. von Schwanden, 1298—1327. Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des historischen
Vereins der fünf Orte. Bd. 43. Einsiedeln und Waldshut, 1888.
248. Briefwechsel Balthasar Paumgartners des Jüngern mit seiner Gattin Magdalena, geb. Behaim.
Herausgegeben von Steinhausen. Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 204.
Tübingen, 1895.
249. Müller, Der Aderlaß. Cistercienser Chronik. Jg. 5. Bregenz, 1893.
250. Spiegel, vnnd Regiment der Qesundtheyt .... Vualtherus Riuius. Getruckt zu Franckfurt
am Mayn, bei Egenolph, im Jar MDLV.
251. Ein schön lustig Trostbüchle von den empfengknussen vnd geburten der menschen .... durch
Jacob Rueff, burger vnd Steinschnyder der loblichen Statt Zürych. Getruckt zu Zürych by
Christoffel Froschouer, im MCLIIII. jar.
252. Ganz, Aus zürcherischen Theilrödeln. Züricher Taschenbuch. Zürich, 1900.
253. von Rodt, Bern im 19. Jahrhundert. Bern, 1898.
254. Wolfram von Eschenbach. 3. Ausgabe von Lachmann. Berlin, 1872.
255. Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. Bd. 2. Basel, 1792.
256. Heinrich Kaufringers Gedichte. Herausgegeben von Euling. Bibliothek des litterarischen
Vereins in Stuttgart. Bd. 182. Tübingen, 1888.
257. Hampe, Gedichte vom Hausrat aus dem XV. und XVI. Jahrhundert. Straßburg, 1899.
258. Haupt, Zu Wolframs Parzival. Zeitschrift für deutsches Altertum. Bd. 11. Beriin, 1859.
259. Liederbuch der Clara Hätzlerin. Herausgegeben von H al tau s. Quedlinburg und Leipzig, 1840.
260. Fechter, Topographie (Basels) mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte. Basel
im 14. Jahrhundert. Basel, 1856.
261. Das ist der Teutsch Kalendari mit den Figuren. Getruckt zu Augsburg von Nannsen
Froschauerin der Kaiseriichen stat. Als man zait nach Christi gepurt. MCCCCC vnd 11 Jar —
Ohne Titelblatt. Gedruckt vnnd volenndet in der keyseriichen statt Augspurg von Hannsen
Schobser MCCCC vnnd in dem LXXXVIll. jare.
262. Temporal, Des weitberhümpten M.Johann K ü ngsperge rs, natüriicher kunst der Astronomey
kurtzer begriff, von Natürlichem einfiuß der Gestirn, Planeten, vnd Zeichen .... Getruckt
zu Franckfurdt am Mayn, durch Weygand Hau, in der Schnurgassen, zum Krug.
263. Amüsements des eaux d' Aix-La-Chap eile. Amsterdam, 1736. — Amüsements des
eaux d'Aix la Chapelle, oder Zeitvertreib bey den Wassern zu Achen. Berlin, 1737.
264. Schwenckf eldt, Thermae Teplicenses. Von deß Töplitzen warmen Bades, in Böhmen, nicht
weit vom Graupen gelegen, Vrsprung, Gelegenheit, Abetheylung, Natur, Eigenschafft, vnd
rechtem Gebrauch. Görlitz, 1607.
265. Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494—1541. Mitgeteilt von Greift. Augsburg 1861.
26. Jahresbericht des historischen Vereins im Regierungsbezirke von Schwaben und Neuburg
für das Jahr 1860. Augsburg, 1861.
266. Mone, Stadtordnungen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Bd. 4. Karlsruhe, 1853.
267. Tandareis uud Flordibel. Ein höfischer Roman von dem Pleiaere. Herausgegeben von
Khull. Graz, 1885.
268. Ulrichs von Liechtenstein Frauendienst. Herausgegeben von Bechstein. Leipzig, 1888.
269. Blumenbach, Blicke in den Hofstaat und die Lebensweise einer verwittweten Fürstin im
14. Jahrhundert. Archiv des historischen Vereins in Niedersachsen. Jg. 1849. Hannover, 1851.
270. Reiserechnungen Wolfgers von Ellenbrechtskirchen, Bischofs von Passau, Patriarchen
von Aquileja. Herausgegeben von Zingerle. Heilbronn, 1877.
271. Scheible, Das Kloster. Bd. 1. Stuttgart und Leipzig, 1845.
272. V arges, Zur Verfassungsgeschichte der Stadt Wernigerode im Mittelalter. Zeitschrift für
deutsche Kulturgeschichte. Bd. 3. Weimar, 1896.
273. Zeuß, Die freie Reichsstadt Speier vor ihrer Zerstörung. Speier, 1843.
Literatur 417
274. Reber, Felix Hemmerlin von Zürich. Züricli, 1846.
275. Ordnung, ansehen vnd erkanntnus eines Ersamen Radts der Statt Zürich, wie hinfür über
EeUch sachenn gericht . . . sol werden. Actum an Samstag 23. ApriHs. 1 530 vor Räthen vnnd Burgeren.
276. Ludwig Lauater, Erl<lerung vnd vßlegung über das Buch Hesther. Zürych, 1583.
277. Gespräch buchHn herr Virichs von Hütten. Feber das Erst. Feber das Ander. Wadiscus,
oder die Römische dreyfaltigkeit. Die Anschawenden. (Geben zu Ebernburgk, vff den heyHgen
newen jars abent, im jar nach Christi geburt MCCCCC. vnd einvndzweintzigsten.)
278. Hegel, Städte und Gilden der germanischen Völker im Mittelalter. Bd. 2. Leipzig, 1891.
27Q. Stoltze, Unehrliche Leute. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. N. F. Jg. 2. Han-
nover, 1873.
280. Die Chronik von Clemens Sender. Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg. Bd. 4.
(Die Chroniken der deutschen Städte. Bd. 23.) Leipzig, 1894.
281. Bluntschli, Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich. 2. Aufl. Teil 1.
Zürich, 1856.
282. Sanders, Wörterbuch der deutschen Sprache. Leipzig, 1860 — 1865.
283. Keller, Zürcherische Apotheken und Apotheker. Festschrift zur Erinnerung an die fünfzig-
jährige Stiftungsfeier in Zürich am 16. und 17. Aug. 1893. Zürich, 1893.
284. Ott Rulands Handlungsbuch. Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 1. Stutt-
gart, 1843.
285. Förstemann, Die alten Statuten der Stadt Halle. Neue Mittheilungen aus dem Gebiete
historisch-antiquarischer Forschungen. Bd. 1. Halle, 1834.
286. von Schlosser, Die Bilderhandschriften Königs Wenzel \. Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses , herausgegeben . . . vom Oberstkämmer-Amte.
Bd. 14. Wien, Tempsky, 1893.
287. Bluntschli, Memorabilia Tigurina, Merkwürdigkeiten der Statt Zürich. 2. Aufl. Zürich, 1711.
288. Abraham a S. Clara, Etwas für alle. Anderer Teil. Nürnberg-Würtzburg, 1711.
289. Meyer-Ahrens, Die Ärzte und das Medicinalwesen der Schweiz im Mittelalter. Archiv für
pathologische Anatomie. Herausgegeben von Virchow. Bd. 24 u. 25. Berlin, 1862.
290. Martin, Urkundenbuch der Stadt Jena und ihrer geistlichen Anstalten. Bd. 1. Jena, 1888.
291. Solger, Aus dem Sanitätswesen der Reichsstadt Nürnberg im 16. Jahrhundert. Deutsche
Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege. Bd. 2. Braunschweig, 1870.
292. Pf äff, Württembergs Wiedergeburt nach dem dreißigjährigen Krieg. Württembergische Jahr-
bücher. Jg. 1848. Stuttgart und Tübingen, 1849.
293. Pfotenhauer, Über Freibergs Ärzte und Heilkünstler in den ältesten Zeiten. Mitteilungen
vom Freiberger Altertumsverein. Heft 22, 1885. Freiberg in Sachsen, 1886.
294. Scharold, Mannigfaltiges. Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffen-
burg. Bd. 4. Würzburg, 1838.
295. Otte mit dem Barte von Cuonrat von Würzeburc. Herausgegeben von Hahn. Quedlin-
burg und Leipzig, 1838.
296. Der trojanische Krieg von Konrad von Würzburg. Herausgegeben von A. von Keller.
Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 44. Stuttgart, 1858.
297. Hartmann von Aue. Herausgegeben vonBech. I.Teil. Erec der wundermaere. 2. Teil.
Der arme Heinrich. Leipzig, 1867.
298. Biterolf und Dietleib. Herausgegeben von Jänicke. Deutsches Heldenbuch. Teil 1.
Beriin, 1866.
299. Alpharts Tod. Von der Hagen, Heldenbuch. Bd. 1. Leipzig, 1855.
300. Wigalois. Eine Erzählung von Wirnt von Qravensberg. Herausgegeben von Pfeiffer.
Leipzig, 1847.
301. Mai und Beaflor. Eine Erzählung aus dem 13. Jahrhundert. 1. Druck. Dichtungen des
deutschen Mittelalters. Bd. 7. Leipzig, 1848.
302. Meleranz von dem Pleier. Herausgegeben von Bartsch. Bibliothek des litterarischen Ver-
eins in Stuttgart. Bd. 60. Stuttgart, 1861.
303. Herzog Ernst des Heinrich von Veldeck. Von der Hagen und Büsching, Deutsche
Gedichte des Mittelalters. Bd. 1. Beriin, 1808.
304. Wigamur. Von der Hagen und Büsching, Deutsche Gedichte des Mittelalters. Bd. 1.
Beriin, 1808.
Martin, Badewesen 27
418 Literatur
305. Sei OS und Zingerle, Fresken-Cycliis des Schlosses Runkelstein bei Bozen. Innsbruck.
306. Janitschek, Geschichte der Malerei. Berlin, 1890.
307. De la Curne de Sainte-Palaye, Das Ritterwesen des iVlittelalters. Aus dem Französischen
mit Anmerkungen, Zusätzen und Vorrede von Kl üb er. Bd. 1. Nürnberg, 1786.
308. IVlanuskript der Stadtbibliothek Zürich.
309. von Arnim und Brentano, Des Knaben Wunderhorn. Arnims sämtliche Werke. Bd. 17.
Berlin, 1846.
310. Ein schön new Lied, Zu Leyptzig saß ein Kauffman reich, der het ein gutte Hetzen. Im
Thon : Ein Buch Cento Nouella heist.
311. Oöldi, Der Hof Bernang. St. Oallen, 1897.
312. Bericht des Ibrahim ibn Jaküb über die Slawen aus dem Jahre 973, mitgeteilt von Wigger.
Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. Jg. 45. Schwerin,
1880.
313. Die Gedichte Oswalds von Wolkenstein. Herausgegeben von Weber. Innsbruck, 1847.
314. Auszüge aus Ammianus Marcellinus, übersetzt von Coste. Die Geschichtsschreiber der
deutschen Vorzeit. Urzeit. Bd. 2. Leipzig, 1879.
315. Die Badenfahrt von David Heß. Zürich, 1818.
316. Kaiser, Die Heilquelle zu Pfäfers und Hof Ragaz. 3. Aufl. St. Gallen, 1847.
317. Johann von Müllers Geschichten Schweizerischer Eidgenossenschaft. Teil 5, Abt. 2. Von
Glu tz- Bio zheim. Zürich, 1816.
318. Cosmographey: das ist, Beschreibung aller Länder, Herrschafften vnd fürnemesten Stetten des
gantzen Erdbodens. Erstlich durch Herrn Sebastian Munster . . . gebessert; jetzt . . . bis ins
MDXCVIII. jar gemehret. Getruckt zu Basel.
319. Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen. Adamy, Provinz Oberhessen, Kreis Friedberg.
Darmstadt, 1895.
320. Pfyffer, Geschichte der Stadt und des Kantons Luzern. Zürich, 1850. 1852.
321. Füßli, Joh. Waldmann. Zürich, 1780.
322. Kurtze, vnd eigentliche Beschreibung, deß Vrsprungs, Krafft, Nutzbarkeit vnnd gebrauchs
deß Edlen, weitberümbten warmen Bads, zu Baden im Ergöuw, in der loblichen Eydt-
gnoschafft. Allen denen, so sich deß Badts nutzlich gebrauchen wollen, zu hochnohtwendiger
nachrichtung vnd gefallen in Truck verfertiget. Getruckt im Jahr, MDCXIX. (1683 abermals
gedruckt.)
323. Von dem Antegaster Saur-Brunnen, und von seiner Krafft und Würckung. Abgeschrieben auß
dem Neuen Wasser-Schatz, und probieret durch Jacobum Theodorum, der Artzney Doctor zu
Wormbs, Im Jahr Christi 1505. Straßburg, 1704.
324. Neuw Wasserschatz, Das ist: Aller Heylsamen Metallischen Minerischen Bäder vnd Wasser,
sonderlich aber der new erfundenen Sawrbrunnen zu Langen Schwallbach . . . beschreibung.
. . . Durch Jacobum Theodorum Tabe rn aemontanum. Franckfurt am Mayn, MDLXXXI.
325. Kern er, Das Wildbad im Königreich Würtemberg mit Nachrichten über die Heilquelle zu
Liebenzeil. 3. Aufl. Tübingen, 1832.
326. Michel Montaignes Reise durch die Schweiz. I. J. 1580. Helvetischer Almanach für das Jahr
1800. Zürich.
327. Die Bäder zu Baden in der Schweiz. I. J. 1417. Helvetischer Almanach für das Jahr 1800.
Zürich.
328. Weemühtige Klag vnd Traurgeschicht der zu Rottenburg und Gniffikon von der Bick-
weilerischen Rott u. übel-gequelten, aber doch selbsschuldigen sechs- oder siben-wüchigen Qual-
bilderen. Vber ihre bitter-süsse selbs-gesuchte Heil-noht . . . Getruckt zu Kretzingen, in der
Thermopolitanischen gegne.
329. Reisen und Gefangenschaft Hans Ulrich Kraffts. Herausgegeben von Haßler. Bibliothek
des litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 61. Stuttgart, 1861.
330. Bader, Nachrichten über das Glotterbad. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Bd. 21.
Karlsruhe, 1868.
331. Ein New Badbuch, Vnd Historische Beschreibung, Von der wunderbaren Krafft vnd würckung,
des Wunder Brunnen vnd Heilsamen Bads zu Boll . . . Durch Johannem Bauhinum, ins
Deutsch gebracht, durch M. Dauid Fort er. Getruckt zu Stutgarten, 1602.
332. (Moser), Brauchbare Nachrichten für diejenige, so sich des fürtrefflichen Würtembergischen
Literatur 419
Wildbades bedienen wollen. Zur Bequemlichkeit seiner Mit-Bad-Gäste gesammlet von einem
danckbaren Bad-Qast. Stuttgart, 1758.
333. Petri de Tvssignano liber de balneis Burmi etc. De Balneis omnia quae extant apvd
Graecos, Latinos, et Arabas, tarn medicos quam quoscunque ceterarum artium probates scrip-
tores . . . Venetiis apvd Ivntas, MDLIII.
334. Conradi Qesneri Excerptorum et obseruationum de Thermis liber primvs. De Thermis in
genere. De Thermis Germaniae ordine literarum, über secundus. De Balneis etc. (Siehe
Nr. 333.)
335. Historisch-physikalische Beschreibung des Würtembergischen Wild-Bades. I. A.Q. M.D. (Q e ß n e r).
Stuttgart, 1745.
336. Des grossen gemeinen Conciliums zu Costentz gehalten, kurtze, doch grundtlichere vnd vol-
kommenere dann vor nie in Teutsch gesähen, beschreybung u. s. w. Durch Johann Stumpften.
(Zürich, Froschower.)
337. Schnorr von Caroisfeld, Zur Geschichte des deutschen Meistergesangs. Berlin, 1872.
338. Mone, Gewerkschaften für Eisen, Glas und Salz. Vom 11. bis 17. Jahrhundert. Zeitschrift für
die Geschichte des Oberrheins. Bd. 12. Karlsruhe, 1861.
339. Spengler, Bericht über die Saison 1858 zu Bad-Ems. Balneologische Zeitung. Bd. 8. Wetzlar,
1859.
340. Spengler, Bericht über die Saison 1860 zu Ems. Balneologische Zeitung. Bd. 11. Wetzlar,
1862.
341. Wolfdietrich. Von der Hagen, Heldenbuch. Bd. 1. Leipzig, 1855.
342. Marcard, Beschreibung von Pyrmont. Leipzig, 1784 u. 1785.
343. Zücke rts systematische Beschreibung aller Gesundbrunnen und Bäder Deutschlands. Berlin
und Leipzig, 1768.
344. Kiene, Die warmen Quellen zu Gastein. Salzburg, 1844.
345. Rahn, Die Wandgemälde in der Klosterkirche zu Kappel. Anzeiger für schweizerische Alter-
tumskunde. Zürich, 1884.
346. Ain nützlichs büchlin von dem Wildpad, gelegen im fürstenthumb Wirtenberg, gemacht von
dem berümpten doctor Johann Mechinger (Johann Widman genannt Mechinger). Ge-
druckt zu Tübingen Anno 1513.
347. Becher, Karlsbads Bade-Einrichtungen und Brunnen-Kolonnaden einst und jetzt. S.-A. aus
der Festschrift der Stadt Karlsbad für die 74. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Karlsbad 1902. Prag, 1902.
348. D.Johann Stephan Strobelbergers .... Kurtze Vnterweisung, wie man nemlich deß Kaysers-
Carls-Bads sich recht zu gebrauchen . . . solle. Anjetzo auff das newe an das Liecht gebracht,
und zufinden bey Andreas Becher. Prag, 1696.
349. Tractat von deß überauß heylsamen, weitberühmten, selbst warmen, Vnser Lieben Frawen
Pfeffersbad, inn Oberschweitz gelegen, wunderthätiger Natur, Art, Eygenschafft, Tugent, Krafft
vnd Würckungen . . . Durch Johann Kol wecken. Dilingen, 1631.
350. Kurtze Beschreibung deß Carolsbades, so nahe beym Städlein Ellnbogen in Böhmen gelegen
.... Durch Martinum Paus am. Annenbergk, 1609.
351. Cosmographiae universalis Lib. VI. Autore Seb. Munster o. Basileae apud Henrichum Petri,
MDL.
352. Hof mann, Bade-Preise zu Badenweiler aus dem Jahre 1747. Zeitschrift für deutsche Kultur-
geschichte. N. F. Jg. 2. Hannover, 1873.
353. (Meyer) Beschreibung der Heilbäder zu Baden im Kanton Aargäu. Über die Dampf- und
Qualmbäder zu Baden im Canton Argau. Über die Dampf- und Gas-Bäder zu Baden mit
einigen Notizen über Schinznach im Canton Aargau. Neujahrsgeschenk von der neuerrichteten
Gesellschaft zum schwarzen Garten der lieben Zürcherischen Jugend gewidmet auf das Jahr
1808, 1809, 1827, 1828.
354. Renz, Wildbad im Königreich Württemberg. Stuttgart, 1871.
355. Scheuchzer, Vernunfftmäßige Untersuchung des Bads zu Baden, dessen Eigenschafften und
Würkungen. Zürich, 1732.
356. Kraus, Die Miniaturen des Codex Egberti in der Stadtbibliothek zu Trier. Freiburg, 1884.
357. Will, Henricus de Hassia über das Wiesbadener Badeleben im 14. Jahrhundert. Annalen des
Vereins für Nassauische Alterthumskunde. Bd. 13. Wiesbaden, 1874.
420 Literatur
358. D. Joli. Dan. Horstii . . . kurtzer Bericht vom Embser-Bad .... samt . . Bericht Doct. Marsillii
Weigelii vom Embser Bad und Brunnen. Darmbstadt, 1683.
359. Eucharius Rößlin, Der Schwanngeren frawen vnd Hebammen Rosengarten. Augspurg, 1528.
360. Capeller und Kaiser, Die Mineralquellen zu St. Moritz, Schuls, Tarasp, Fideris . . . Chur, 1826.
361. Feuerlein, Heylsbronnisches Zeugnuß der Göttlichen Güte und Vorsorge, bey dem uralten,
nun aber neu entdeckten, mitten in dem Closter Heylsbronn befindlichem Heylbronnen. Nürn-
berg, 1732.
362. Natürliche wolerfahrne Beschreibung des Marggräffischen Bades .... durch Herrn D. Johan.
Matthaeum Hessum. Speyer, 1606.
363. Jäger, Geschichte der Stadt Heilbronn. Heilbronn, 1828.
364. Eckart, Die Mineral-Gesundheits- und Reinigungsbäder in Mittelfranken 1854—1855. Balneo-
logische Zeitung. Bd. 3. Wetzlar, 1856.
365. Kurtzer Bericht dess Lobwürdigen Pfeffers Baad- und Trinckt-Wassers, Aller andern Mine-
ralischen Gesund-Wasseren Königin .... Von Joann Abiss, Med. Doct. Löbl. Statt Chur
und gedachtem Baades Physico Ordinario. Veldkirch, 1676.
366. (Lor. Forer) Etliche kurtze Obseruationes, oder wahrnemmungen von dem Pfeffersbad, Von
einem Patre der Societet Jesu, welcher zum öfftern solches Bad Selbsten gebraucht, zusamen
getragen . . . Augsburg, 1642.
367. Scharold, Mannigfaltiges. Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffen-
burg. Bd. 5. Würzburg, 1839.
368. Vogt, Der Kurort Hof-Ragaz in der Schweiz. Gießen, 1857.
369. Kaiser, Die Therme von Ragaz-Pfäfers. 5. Aufl. St. Gallen, 1869.
370. Wetzler, Über Gesundbrunnen und Heilbäder. Mainz, 1819 u. 1825. — Über Gesundbrunnen
und Heilbäder. 2. Aufl. (vom 1. u. 2. Teil). Mainz, 1822. — Zusätze und Verbesserungen zu
den 2 Bändern der neuen Ausgabe des Werkes : Über Gesundbrunnen und Heilbäder. Mainz, 1822.
371. (Zeiller) Topographia provinciarum Austriacarum Austriae, Styriae, Carynthiae, Carniolae,
Tyrolis etc. : Das ist Beschreibung vnd Abbildung der fürnembsten Statt vnd Platz in den
Österreichischen Landen .... durch Matthaeum Merian in Franckfurt am Meyn, 1649.
372. Historisch-physikalische Beschreibung des berühmten mineralischen Bades .... der Würtem-
bergischen kleinen Amts-Stadt Lieben-Zeil, das Zeller-Bad genannt, herausgegeben von J. A. G.
M. D. (Geßner). Stuttgart, 1748.
373. Thermae Argoviä-Badenses. Das ist. Eigentliche Beschreibung der warmen Bädern ins gemein ;
deß herrlichen in dem Aergöw gelegenen warmen Bads zu Baden ins besonder. Durch Salonion
Hottinger. Baden, 1702.
374. Baderbüchlin. Sechs köstliche Tractat, armen vnd reychen, nutzlich vnd notwendig, von wasser-
bädern . . . . Durch den hocherfarnen Herren Theophrastum Paracelsum. Mit fleyß vnd müe,
Doctor Adams von Boden stein, zu einem guten neuwen jar publicirt. Gedruckt zu Mül-
hausen, im oberen Elsaß, durch Peter Schmid. 1562.
375. Menschlichs lebens art vnd vrsprung, vnd wie man daß befristen soll durch die wilbäder, beuor
zu Oberbaden. Ouch von deren crafft, tugent vnd eygentschafft. Vnd wie man sich dorinnen
halten sol. Einem yeglichen menschen vast nutzlich züwissen. Durch den hochgelerten doctorem
Alexandern Sytzen, von Marckpach nüwlich beschribben. Getruckt zu Basel, durch Adam
Petri. 1516.
376. Boesch, Eine Karlsbader Kur vor 300 Jahren. Mitteilungen aus dem germanischen Museum.
Nürnberg. Jg. 1891.
377. Fromm, Über „Tafelwasser" in rechtlicher und hygienischer Beziehung. Vierteljahrsschrift für
gerichtliche Medicin. Berlin, 1903. 3. Folge. Bd. 25.
378. Kurfürst Augusts von Sachsen Badereise nach Langenschwalbach im Jahre 1584. Balneo-
logische Zeitung. Bd. 9. Wetzlar, 1860.
379. Hensing, Genaue und neue Erforschung des Schwalbacher Sauer-Brunnens. Franckfurt am
Mayn, 1711.
380. Gedichte des Herrn von Hall er. Zürich, 1762. 8. Aufl.
381. Seippii Neue Beschreibung der Pyrmontischen Stahl-Brunnen. 2. Aufl. Hannover, 1719.
382. Würtembergische Jahrbücher. Jg. 1828. Stuttgart und Tübingen, 1830.
383. Martin, Von Paracelsus bis Scheuchzer. Zentralblatt für physikalische Therapie und Unfall-
heilkunde. Bd. 1. Wien u. Berlin, 1905.
Literatur 42 1
384. Hydriatrice. Aquarvm medicarvm sectiones quatvor: quarum elenchus est in sequenti pagella,
Avtore Martino Ruiando, Frisigensi, Doct. Medico et Physico Professore in Schola Laugingana.
1568. Dilingae excvdebat Sebaldvs Mayer.
385. (Merv eille ux) Angenehmer Zeitvertreib in den Bädern zu Baaden in der Sclnweitz, zu Sclnintz-
nach und Pfeffers. Aus dem Frantzösischen übersetzet. Dantzig, 1739.
386. Spiegl der Artzny . . . gemacht von Laurentio Phryesen von Colmar, der Philosophy vnd
Artznei Doctor.
387. Stricl<er, Zur Kulturgeschichte der deutschen Bäder. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte.
Jg. 1856. Nürnberg.
388. Joannis Guintherij Andernaci Medici Commentarius de balneis et aquis medicatis in tres
Dialogos distinctus. Argentorati, MDLXV.
389. Tissot, Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine Gesundheit. Mit neuen Zusätzen
vermehrt. Aus dem Französischen übersetzt durch Hirzel. Zürich, 1762.
390. Von Kalten, Warmen, Minerischen vnd Metallischen Wassern, sampt der vergleichunge der
Plantarum vnd Erdgewechsen 10 Bücher: Durch Leonhart T hur neiss er zum Thurn. 1572.
Gedruckt zu Franckfurt an der Oder, durch Johan Eichhorn.
391. Hydriatria Carolina, Das ist: Kurtze Beschreybung, was das weit-berühmte, Kayser-Carlsbad vor
köstliche Mineralien mit sich führet. — Durch Wenceslaum Hüllingern. An. 1638. Anjetzo
aber anderweit, in Verlegung Andreas Bechers, Apothekers in ermeldten Carls-Bad, auff das
newe an das Liecht gebracht. Prag.
392. Kurtze Beschreibung des Pyrmontischen Sauer-Brunnens, sonst genandt der Heilige Brunn . . .
durch Georgium Bolmannum. Cassel und Marburg, 1682.
393. Hygia Weihenzellensis, oder: Weihenzellischer Heil- und Wunder-Bronnen .... von Johanne
Laurentio Loelio. Nürnberg und Onolzbach, 1682.
394. Einige historische Nachrichten und Anmerkungen von der Qraffschafft Pyrmont . . von Sigis-
mund Beermann. Franckfurt und Leipzig, 1706.
395. Strauß, Ulrich von Hütten. Leipzig, 1858.
396. (Dr. Ziegler in Regensburg) Bemerkungen über den Kurort Pfäfers in der Schweiz aus dem
Tagebuche eines reisenden Arztes. Journal der praktischen Heilkunde. Herausgegeben von
H ufe I and und O sann. Bd. 60. Berlin, 1825.
397. Henrici Rantzovii de conservanda valetudine liber, in privatum liberorvm svorum vsum ab
ipso conscriptus, ac editus a Dethlevo Silvio Holsato. Francofordi, 1591.
398. Oberbaden im Ergöw der Eydgnoschafft, Erstlich Menschlichs lebens Art vnd Vrsprung, vnd
wie man das befristen soll durch die Wilbäder, beuor zu Oberbaden. Ouch von deren krafft,
fügend vnd eygenschafft. Vnd wie man sich darinnen halten soll. Einem jeglichen menschen
fast nutzlich züwissen. Durch den Hochgelerten D. Alexandern Sitzen, von Marckbach be-
schriben, vnd jetz widerumb nüwlich an tag bracht. 1576. (Nach der Vorrede ist der Wieder-
herausgeber Leonhart Strübin Dec.)
399. Schweizer, Die Bade-Kur in Aargauisch Baden mit ihren Vor- und Nachwehen. Burg-
dorf, 1834.
400. Vom Wasserbaden drey Theyl. Durch D. Martium Ruiandum, von Freysingen, der Statt
Laugingen Physicum. MDLXVlll. Getruckt zu Dilingen, durch Sebaldum Mayer.
401. Zapf, Kurtze Beschreibung derer in einem Triangul nahe bey einander liegenden Gesund-
Brunnen, welche bey . . . Rastenberg neulich entprungen . . . Zum 4. mahl gedruckt Franck-
furter und Leipziger Meß 1697.
402. Unterricht von dem Gebrauch des Sältzer Wassers beyläuffig etwas vom verführten
Carls-Bader-Wasser. Berlin, 1720.
403. Conradi Redek eri . . . brevis descriptio . . . Bilfeldiani fontis et ususe jusdem. Amstelaedami,
MDCLXVIll.
404. Amüsements des eaux de Spa oder Vergnügungen und Ergötzlichkeiten bey den Wassern
zu Spaa. Aus dem Französischen ins Teutsche übersetzt von P. G. v. K. Franckfurt und
Leipzig, 1735.
405. Klub er, Beschreibung von Baden bei Rastatt. 1. Teil. Tübingen, 1810.
406. J asander, Amüsements des eaux de Bade en Autriche. Das ist: Angenehmer Zeitvertreib
und Ergözlichkeiten, in dem Nieder-Oesterreichischen Baadner-Bad, nebst Herrn D. Dietmanns
Untersuchung von dessen Gebrauch und Mißbrauch. Nürnberg, 1747.
422 Literatur
407. Amüsements des eaux de Schwalbach oder Zeitvertreibe bey den Wassern zu Schwal-
bach, denen Bädern zu Wisbaden, und dem Schlangenbade. Lüttich, 1739.
408. Z wie r lein und Kühn, Taschenbuch für Brunnen- und Badegäste. Leipzig, 1794.
409. Thermarum Aquisgranensivm, et Porcetanarvm Elucidatio, etThaumaturgia . . . Francisci Blond el.
Editio tertia. Aquisgrani, 1688. — Außfürliche Erklärung vnd Augenscheinliche Wunderwirckung
deren heylsamen Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach. Durch Franciscum Blonde]. Aach,
1688.
410. Beschryving van de ... . Stadt Aken Beschreeven door de Heer Franziscus Blondel. Ge-
druckt op Ordre van de Wel.-Ed : Oroot Agtb: Raad en Magistraat der voorsz. Stad. Leiden,
1727 (Herausgeber: J. du Vivier).
411. Ritter, Kurtze Beschreibung der von neuem wieder hervorgesuchten und in brauchbaren
Stand gesetzten, milch-warmen iVlineral-Wassern, hinder Weissenburg, Ampts Winimis ....
gelegen. 1696.
412. Sammlung der Bürgerlichen und Policey-O e s e z e und Ordnungen Löbl. Stadt und Landschaft
Zürich. Bd. 2, 1757. Bd. 4, 1779. Bd. 5, 1779. Bd. 6, 1793.
413. Lyncker, Geschichte der Stadt Wolfhagen. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte
und Altertumskunde. Suppl. 6. Kassel, 1855.
414. Vögel in, Geschichte der Wasserkirche und der Stadtbibliothek in Zürich. Neujahrsblatt heraus-
gegeben von der Stadtbibliothek in Zürich auf das Jahr 1842—48. Zürich, 1848.
415. Beytrag zur Topographie von (Ober-)Baden in der Schweitz. Helvetischer Kalender fürs
Jahr 1786. Zürich.
416. Vetter, Handbuch der Heiiquellenlehre. 1. und 2. Teil. Berlin und Wien, 1838.
417. (Metobius), Beschreibung des newen gefundnen Brunnens ... in der Graffschafft Speygel-
berg zwo meil wegs von Hamelen, an dem fluß Weser gelegen. 1556.
418. Dorer, Wirkungen des natürlich warmen Mineral Bades zu Baden im Kanton Argau. Baden,
1806.
419. Fäsi, Staats- und Erdbeschreibung der ganzen Helvetischen Eidgenoßschaft. Bd. 3. Zürich,
1766. Bd. 1, 2. Aufl., 1768.
420. Tractat der Wildbeder natuer wirckung vnd eigentschafft mittsampt vnderweisung wie sich ein
yeder bereiten sol ee er badet, auch wie man baden, vnd ettliche zufell der badenden wenden
sol. Gemacht mit grossem fleiß, durch Laurentium Phriesen der freien kunst vnnd artzny
doctorem. Getruckt vnd seliglich vollendet in der Keiserlichen stat Straßburg . . . von Johannem
Grieningern, 1519.
421. Murer, Beschreibung des Habsburgerbads. Archiv gemeinnütziger physischer und medi-
zinischer Kenntnisse. Herausgegeben von Rahn. Bd. 1. Zürich, 1787.
422. Schultz, Alltagsleben einer deutschen Frau des 18. Jahrhunderts. Leipzig, 1890.
423. Baechtold, Geschichte der deutschen Litteratur in der Schweiz. Frauenfeld, 1887 und 1892.
424. (Murer), Localbeschreibung des Heilbads zu Baden in der Schweiz. Archiv gemeinnütziger
physischer und medizinischer Kenntnisse. Herausgegeben von Rahn. Bd. 3, Abt. 2. Zürich,
1791.
425. Ziegler, Beschreibung des Geirenbads, in der Pfarr Hinweil, drey meilen von Zürich ....
gelegen. Zürich, 1662.
426. Die gantze Bibel, das ist alle bücher allts vnnd neüws Testaments, den vrsprünglichen spraachen
nach, auffs aller treüwlichest verteütschet. Getruckt zu Zürich bey Christoffel Froschouer, im
Jar als man zait MDXLV.
427. Neue, kurze und einfaltige Beschreibung deß herrlichen, und, wegen seines grossen nutzens, in disen
unseren Landen wol bekandten Urdorffer-Bads . . . an das helle Tag-Liecht gegeben durch
Liebhaber deß Bads und der Artzney-Kunst. Zürich, 1691.
428. Unda Jordanis Fabariana. Pfeffesserischer Jordan, oder Piscina Probatica Fabariana. Eygent-
licher Entwurff deß heylreichen Weltberühmten Pfaeffersbads Von Matthaeo Zimmer-
mann. Baden, 1689.
429. Naturbuch, Von nutz, eigenschafft, wunderwirckung vnd gebrauch aller Geschöpff, Element vnd
Creaturn. Beschriben, verordnet vnnd verteutscht durch Conradum Mengenberg er. Ge-
truckt zu Franckenfurt am Meyn, bey Christian Egenolff . . . MDXL.
430. Dohme, Geschichte der deutschen Baukunst. Berlin, Grote, 1887.
431. Von Natur, Eigenschafft, Wirckung, vnd rechtem Gebrauch, der warmen vnd wilden Bäder, jn-
Literatur 423
Sonderheit aber der vier, so in dem Schwartzwald, nicht weit von einander gelegen sind, nem-
Hch Marggraven Baden, Wildbad, Zellerbad, vnd Huberbad. M. Philibertus Leücippaeus.
Oetruckt Anno Christi 1598.
432. Meier, Über Alwin Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger. 2. Aufl. Zeitschrift
für deutsche Philologie. Bd. 24. Halle, 1891.
433. (Speth), Neue Beschreibung der uralten warmen Brunnen und Bäder zu Wißbaden. 4. Aufl.
Wißbaden, 1761.
434. Meyer, Urkundenbuch der Stadt Augsburg. Bd. 1. Augsburg, 1874.
435. Glaser, Über Seelenbäder. Archiv für hessische Geschichte und Alterthumskunde. Bd. 2.
Darmstadt, 1841.
436. Ernst, Das Biberacher Spital bis zur Reformation. Württembergische Vierteljahrshefte für
Landesgeschichte. N. F. Jg. VL Stuttgart, 1897.
437. Der Jüdenbadstub aufs neu viel kräftiger als vorhin zugericht. Gedruckt zu Ursell, 1606. Aue-
tore Adriano Warnero, Franco. (2. Ausgabe von Abb. 70/71) Scheible, Das Schaltjahr. Bd. 3.
Stuttgart und Leipzig, 1847.
438. Die poetischen Erzählungen des Herrand von Wildonie und die kleinen innerösterreichi-
schen Minnesinger, herausgegeben von Kummer. Wien, 1880.
439. Jacobs, Urkundenbuch der Stadt Wernigerode bis zum Jahre 1460. Halle, 1891.
440. Des Bapsts vnd der Pfaffen Badstub. M. D. XLVI.
441. Bech, Zu dem von M. Haupt herausgegebenen Gedicht : Von dem übelen Weibe. Germania.
Jg. 17. Wien, 1872.
442. Ortnit und die Wolf dietriche, herausgegeben von Amelung und Jänicke. Deutsches
Heldenbuch. 4. Teil. Berlin, 1873.
443. Scheible, Die fliegenden Blätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Stuttgart, 1850.
444. (Meyer), Beschreibung des Sauerbrunnens bey St. Moritz im Ober-Engadin. Neujahrs-
geschenk von der neuerrichteten Gesellschaft zum schwarzen Garten der lieben Zürcherischen
Jugend gewidmet, auf das Jahr 1811.
445. (Meyer), Beschreibung des Gyrenbades im Turbenthal im Canton Zürich. Neujahrs-
geschenk von der neuerrichteten Gesellschaft zum schwarzen Garten der lieben Zürcherischen
Jugend gewidmet, auf das Jahr 1826.
446. Meißner, Abhandlung über die Bäder im Allgemeinen und über die neuen (Köberlinschen)
Apparate zu Sprudel-, Sturz- und Dampfbädern insbesondere. Leipzig, 1832.
447. Sparmann, Kurtze doch gründliche Beschreibung aller in und vor der Stadt Töplitz befind-
lichen warmen Bäder. Dreßden und Leipzig, 1733.
448. Eigentliche Beschreibung deren berühmten dreyen Gesundheits-Bädern in dem Ertz-Hertzog-
thum Österreich unter der Enns, als Baaden, Teutsch-Al tenburg und Pyrenwarth
. . . von J. A. C. V. S. Nürnberg und Wien, 1734.
449. Aller heilsamen Bäder vnd Brunnen Natur, krafft, tugendt, vnd würckung, so in Teutschlanden
bekandt vnd erfahren: Beschriben in Teutscher sprach, durch Gallum E tschen reü tteru m,
der Artzney Doctor zu Straßburg. Getruckt zu Straßburg bey Christian Müller, 1571.
450. Batt, V. Babo, Eitenbenz, Mone und Weber, Teutsche Denkmäler. Lief. 1. Enthält
die Bilder zum Sächsischen Land- und Lehnrecht. Heidelberg, 1820.
451. Zur Kulturgeschichte der deutschen Bäder. Balneologische Zeitung. Bd. 7. Wetzlar, 1859.
452. Oberer, Gasteiner Reise- und Bade-Zustände früherer Zeit. Balneologische Zeitung. Bd. 7.
Wetzlar, 1859.
453. Tissot, Medizinische und chirurgische Gymnastik oder Versuch über den Nutzen der Be-
wegung oder der verschiedenen Leibesübungen, und der Ruhe bey Heilung der Krankheiten.
Aus dem Französischen mit Anmerkungen des Herausgebers bereichert. Leipzig, 1782.
454. Mone, Über die Armenpflege vom 13. bis 16. Jahrhundert. Zeitschrift für die Geschichte des
Oberrheins. Bd. 1. Karlsruhe, 1850.
455. Vögelin, Sebastian Münsters Cosmographey. Basler Jahrbuch 1882.
456. Newe Wunderbeschreibung. Deß Wilt, oder Waltbads zu Pfeffers. . . . Durch Michael Rapha.
Schmuzen, von Poystorff. Neuburg an der Daunaw, 1665.
457. Württembergische Jahrbücher 1857. Stuttgart, 1858.
458. Reydt, Hydrophylacium oder neuwe Beschreibung deß wunder-heylsammen, weitberühmten,
selbst-warmen, im Bistumb Chur und Herrschafft Pfeffers gelegenen Bads. Zug, 1708.
424 Literatur
459. Mauthner, Die Heilkräfte des kalten Wasserstrahls. Wien, 1837.
460. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Bd. 19. Karlsruhe, 1866.
461. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Bd. 17. Karlsruhe, 1865.
462. Wolf, Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Cyklus 1. Zürich, 1858.
463. Unschuldiger Zeitvertreib im Carlsbad unter einer vereinten Gesellschaft. Franckfurth
und Leipzig, 1751.
464. Hampe, Sittenbildliches aus Meisterlieder-Handschriften. Zeitschrift für deutsche Kultur-
geschichte. Bd. 4. Weimar, 1896.
465. Plate, Die Kunstausdrücke der Meistersinger. Dissertation. Straßburg, 1887.
466. Vitruuius des allernamhafftigisten vnnd hocherfahrnesten, römischen Architecti .... Marci
Vitruuij Pollionis, zehen Bücher von der Architectur vnd künstlichem Bawen. . . . Durch D.
Oualtherum H. Riuium Medic. et Mathem. Vormals in Teütsche sprach zu tranferieren, noch
von niemand sonst vnderstanden, sonder für vnmüglichen geachtet worden. Getruckt zu Basel
durch Sebastian Henricpetri. MDLXXV.
467. Der wälsche Gast des Thomasin von Zirclaria, herausgegeben von Rückert. Quedlin-
burg und Leipzig, 1852.
468. Zedlers Universal-Lexikon. Bd. 3. Halle und Leipzig, 1733.
469. Holtzmann, Meistergesänge des XV. Jahrhunderts. Germania. Jg. 5. Wien, 1860.
470. Simrock, Die deutschen Volksbücher. Bd. 3. Frankfurt a. M., 1846.
471. Depping, Reglemens sur les arts et metiers de Paris, rediges au XIII. sciecle. Paris,
MDCCCXXXVII.
472. Stadtordnung für Münnerstadt, gegeben im Jahre 1527. Archiv des historischen Vereins
für den Untermainkreis. Bd. 3. Würzburg, 1836.
473. Greiner, Das ältere Recht der Reichsstadt Rottweil. Stuttgart, 1900.
474. Hoffmann von Fallersleben, Pestregeln. Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters.
Nürnberg, 1832.
475. Müller, Die Polizeimaßregeln wider die Pestseuchen des 16. und 17. Jahrhunderts zu Stettin.
Baltische Studien. Jg. 9. Heft 2. Stettin, 1843.
476. Mayer, Zur Geschichte der Pest im 15. und 16. Jahrhundert. Schau-ins-Land. Jg. 28. Frei-
burg i. B., 1901.
477. Eyn tractat von der dotlichen sucht der pestelentz mit grosem fliß vß vielen pucheren der
namhaftigesten lerern in der ertzney gezogen vnd in das dutsce brocht. Anno MCCCCLXXXII.
478. Fuchs, Die ältesten Schriftsteller über die Lustseuche in Deutschland von 1495 bis 1510.
Göttingen, 1843.
479. Images de Saints et Saintes issus de la famille de l'empereur Maximilien I. . . d'apres les des-
sins de Hans Burgmaie r. Vienne, 1799.
480. Mey er- Ähren s. Geschichtliche Notizen über das erste Auftreten der Lustseuche in der Schweiz.
Zürich, 1841.
481. Reber, Beiträge zur Geschichte der Medicin und der Pharmacie. S.-A. der „Pharmaceutischen
Post". Wien, 1900.
482. Reber, Ein Beitrag zur Geschichte der Syphilis. Correspondenzblatt für Schweizer Ärzte.
Jg. 30. Basel, 1900.
483. Colloquiorum familiarium opus. Des. Erasmo Rot. autore. Basileae apud Mich. Ising. MDXLIII.
484. Scheible, Das Schaltjähr. Bd. 2. Stuttgart und Leipzig, 1846.
485. Newe erzelungen von dem, auß etlichen gemeinen Baden verunreinigen am schrepffen, vnnd
verhalten dero vrsachen, auch wie zu rathen solchem sein macht, menigiich damit sich vor zu
sehen in guetem vermeinet vnd beschrieben. Anno MDCL Georgivs Marivs genant Maier
von Wvrtzberg Doctor Medicus.
486. Scharold, Würzburger Almosen-Ordnung vom Jahre 1533. Archiv des historischen Vereins
von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 5. Würzburg, 1839.
487. Härder, Das Sondersiechenhaus und die H. Dreikönigskirche auf der Steig in Schaffhausen.
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Schaffhausen, 1874.
488. Bühl er. Der Aussatz in der Schweiz. Zürich, 1902.
489. Kurtzer vnd warhafftiger Bericht: Was schwärer vnd mühseliger allerhand Kranckheiten, vom
jähr 1596 biß ins 1599. wol vnnd glücklich seyen geheilet worden, durch die Gnad Gottes, vnd
wunderbarliche würckung deß Wunderbads zu Boll im Hertzogthumb Württemberg gelegen, so
Literatur 425
da newlich erfunden, . . . vnd durch . . . Joannem Bauhinum F. W™üemb. Archiatrum, newiich
eigentlich vnd weitleufftig beschrieben . . . sampt vielen denckwürdigen Historien . . . jetzund aber
dise Exempel trewiich verzeic4inet worden, durch den hochgelehrten H. Joan. Rentzium
F. W. Medicum im ernielten Wunderbad. Mümpelgart, MDXCIX.
490. Kurzgefasste Geschichte der uralten Familie, Stadt und Grafschaft Rapperswill. Ein-
siedeln, 1821.
491. Haeser, Lehrbuch der Geschichte der Medicin und der epidemischen Krankheiten. 3. Be-
arbeitung. Jena, 1875—82.
492. Konrads von Würzburg Silvester von Wilhelm Grimm. Göttingen, 1841.
493. Eins Erbarn Raths der Statt Nürnberg, verneute Gesetz vnd Ordnung, in gegenwärtigen
Sterbsläuftten diß MDC. Jars, auffgericht. Gedruckt zu Nürnberg durch Paulum Kauffmann.
494. Meyer-Ahrens, Der Stich in den Jahren 1564 und 1565 im Zusammenhange mit den übrigen
Epidemien der Jahre 1562-^1566. Zürich, 1848.
495. von Stellen, Geschichte der Heil. Rom. Reichs Freyen Stadt Augspurg. Frankfurt und
Leipzig, 1743.
496. Jäger, Geschichte der Stadt Augsburg. Darmstadt, 1837.
497. Ein schöner Lobspruch: Von der Fürstlichen Hauptstatt JVlünchen, vnnd von dem gantzen Bayer-
land. Gestellt durch Thomas Greilln, von Steinfeldt, Carinthium. Gedruckt Anno 1610.
498. Hans Sachs, Eyn Lobspruch der Stat Nürmberg. Der Stat Nürmberg Ordnung vnd wesen
findestu in disem gdicht zu lesen. Gedruckt zu Nürmberg durch Kunegund Hergotin.
499. Dietmanns Untersuchung des Nieder-Österreichischen Badner-Bades, dessen Gebrauch u.
Mißbrauch ... ins Teutsche übersetzet und mit einer Vorrede D. Joh. Nie. Weißens ver-
mehret. Wien, 1734 (lateinisch 1732).
500. Bäum er. Die Geschichte des Badewesens. Breslau, 1903.
501. IVVarggraff, Badewesen und Badetechnik der Vergangenheit. Berlin, 1881. Sammlung gemein-
verständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Virchow und Holtzendorff.
XVI. Serie. Heft 380. Berlin, 1881.
502. Strick 1er, Geschichte der Gemeinde Horgen. Horgen, 1882.
503. Also hastu den Kalender, der do volendet ist vff Montag vor Matthie jm MCCCCCXIIIII. Jor.
Am Schluß: Das regiment der gesuntheit. Getruckt in der loblichen stat Basel durch
Pamphilum Gengenbach.
504. von Liliencron, Deutsches Calendarium aus dem XIV. Jahrhundert. Zeitschrift für deutsches
Altertum. Bd. 6. Leipzig, 1848.
505. Kalender mit allen astronomischen haltungen usw. Durch den wol erfarnen D. Eucharium
Rößlin, Statartzt zu Franckfurt am Meyn, new ann tag geben. Gedruckt zu Franckfurt
am Meyn bei Christian Egenolphen, 1533.
506. Newer Verbesserter Gregorianischer Schreib-Kalender ... Auffs Neu nach den Festen
Constantzer Bistumbs, vnd Eydtgnössischen Meridian gerichtet. Auff das Jahr nach Christi
Geburt. MDCCXXXIX. Baden, bey Joseph Ludwig Baidinger, 1739.
507. Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters. Jg. 2. Nürnberg, 1833.
508. Ehespiegel : Das ist, alles was vom heyligen Ehestande, nützliches, nötiges, vnd tröstliches mag
gesagt werden. In sibentzig Brautpredigten : zusammen verfasset. Durch Cyriacum Spangen-
berg, im Thal Manßfeldt. Vnd jetzundt auffs neuw vom Aufhöre selbst fleißig vbersehen,
vnd an vilen orten trefflich gemehret vnd gebessert. Getruckt zu Straßburg, durch Samuel
Emmel. Anno MDLXIII.
509. Nota liber Rationis Walfardi Helttampt. von Freyberg, Sammlung historischer Schriften und
Urkunden. Bd. 2. Stuttgart und Tübingen, 1829.
510. Herschel, Zur Geschichte von Koldiz. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F.
Bd. 6. Jg. 1859. Nürnberg.
511. Morel, Zur Geschichte des Aberglaubens. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F.
Bd. 4. Jg. 1857. Nürnberg.
512. Lütolf, Sagen, Bräuche und Legenden aus den fünf Orten. Lucern, 1865.
513. Rocholz, Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der Vorzeit. Bd. 1. Deutscher Unsterb-
lichkeitsglaube. Berlin, 1867.
514. (Becker), Schloß Runkelstein und seine Wandgemälde. Mittheilungen der k. k. Central-Com-
mission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Jg. 4. N. F. Wien, 1878.
426 Literatur
515. Graf Waldstein, Nachlese aus Runkelstein. Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur
Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Jg. 20. N. F. Wien, 1894.
516. Schönherr, Das Schloß Runkelstein bei Bozen. Mit einem Inventar des Schlosses von 1493.
Innsbruck, 1874.
517. Pfau und Kinkel, Beschreibung der Burg Kyburg. Zürich 1870. Mitteilungen der anti-
quarischen Gesellschaft in Zürich. Bd. 16.
518. Hufeland, Nöthige Erinnerung an die Bäder und ihre Wiedereinführung in Teutschland.
Journal des Luxus und der Moden. Weimar, 1790 und 1801.
519. Römer-Büchner, Wohlleben und Prachtliebe der Gesellschaft Limburg zu Frankfurt a. M.
im Mittelalter. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Jg. 1856. Nürnberg.
520. Die Kindheit J esu, Gedicht des 12. Jahrhunderts. Herausgegeben von Feifalik. Wien, 1859.
521. Hes, Kaspar Bankin's Leben und Charakter. Basel, 1860. S.-A. aus dem 7. Band der Beiträge
zur vaterländischen Geschichte.
522. Preuss, Waschungen und Bäder nach Bibel und Talmud. Wiener medizinische Wochen-
schrift. Wien, 1904.
523. Weisstein, Das Judenbad in Speier. Centralblatt der Bauverwaltung. Jg. 5. Berlin, 1885.
524. Kratz, Das Judenbad in Friedberg in Oberhessen. Die Denkmalpflege, herausgegeben von
der Schriftleitung des Centralblattes der Bauverwaltung. Schriftleiter Sarrazin und Schultze.
Jg. 4. No. 8. Beriin, Ernst u. Sohn, 1902.
525. Bode, Geschichte der deutschen Plastik. Beriin, 1885.
526. Erdichtete Liebesbriefe des XV. Jahrhunderts in niederdeutscher Sprache. Germania.
Jg. 10. Wien, 1865.
527. Neuburger und Pagel, Handbuch der Geschichte der Medizin. Jena, 1903 ff.
528. Rieger, Über die Psychiatrie in Würzburg seit 300 Jahren. Würzburg, 1899.
529. Ettmüller, Die Frescobilder zu Konstanz. Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in
Zürich. Bd. 15. Zürich, 1866.
530. Kudrun. Bearbeitet von Piper. Stuttgart, 1895.
531. Homeyer, Die deutschen Reehtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften. Berlin, 1856.
532. Lind, Ein Antiphonarium im Stifte St. Peter zu Salzburg. Mitteilungen der k. k. Central-
Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. Jg. 14. Wien, 1869.
533. Schiller und Lübben. Mittelniederdeutsches Wörterbuch. Bremen, 1875—1881.
534. Mone, Geschichtliche Notizen. Medizinalwesen. Zeitschrift für die Geschichte des Ober-
rheins. Bd. 14. Karisruhe, 1862.
535. Weisthümer, gesammelt von Jacob Grimm. Göttingen, 1840 — 1869.
536. von Laßberg, Liedersaal. Bd. 3. St. Gallen und Konstanz, 1846.
537. Schultz, Toiletten-Anweisungen des 14. Jahrhunderts. Anzeiger für Kunde der deutschen
Vorzeit. N. F. Jg. 24. Nürnberg, 1877.
538. Rahn, Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz. Zürich, 1876.
539. Ennen, Geschichte der Stadt Köln. Bd. 1 und 3. Köln und Neuß, 1863 und 1869.
540. Well er. Altes aus allen Theilen der Geschichte .... 2 Bände. Chemnitz, 1762 u. 1766.
541. Meyer, Das Stadtbuch von Augsburg, insbesondere das Stadtrecht vom Jahre 1276. Augsburg, 1872.
542. D. Nicolaus Gentzkow's, weiland Bürgermeisters in Stralsund, Tagebuch von 1558 — 1567.
Im Auszuge mitgeteilt von Zober. Baltische Studien. Jg. 12 ff. Stettin, 1846 ff.
543. Grell mann. Historische Kleinigkeiten zum Vergnügen und Unterricht. Göttingen, 1794.
544. Wehrmann, Eine Luxusordnung. Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und
Alterthumskunde. Bd. 2. Lübeck, 1867.
545. Qengler, Seelbäder. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. N. F. Jg. 2. Hannover, 1873.
546. Osenbrüggen, Culturhistorische Bilder aus der Schweiz. Leipzig, 1863.
547. Das Lübeckische Recht. Unveränderter Abdruck von 1728. Lübeck, 1829.
548. Witt mann, Pfründe-Ordnung des vormaligen Klosters Geisenfeld. Aus dem 13. Jahrhundert.
Quellen zur bayerischen und deutschen Geschichte. Bd. 1. München, 1856.
549. Blumenbach, Nachricht von Herzog Ernst des Jüngern Beylager zu Münden und dem Hof-
staate daselbst. Archiv des historischen Vereins für Niedersachsen. Jg. 1849. Hannover, 1851.
550. Gaupp, Deutsche Stadtrechte des Mittelalters. Bd. 1. Breslau, 1851.
551. (von Moos) Astronomisch-politisch-historisch- und kirchlicher Calender für Zürich. 2. u. 3. Theil.
Zürich, 1775 u. 1777.
Literatur 427
552. Kopp, Bilder und Schriften der Vorzeit. Mannheim, 1819.
553. Biisching, Das Schloß der deutschen Ritter zu Marienburg. Berlin, 1823.
554. Zinck, Studentisches Leben in Leipzig zur Zeit des Kurfürsten August (1555— 15S6). Zeit-
schrift für deutsche Kulturgeschichte. Bd. 6. Weimar, 1SQ9.
555. Hirsching, Beytrag von Idiotismen aus dem Fürstenthum Hohenlohe. Journal von und für
Deutschland. Herausgegeben von Siegmund Freyherrn von Bibra (in Fulda). Jg. 6. 1789.
556. Clauser, Sylvula formularum quotidiani sermonis, in puerorum gratiam congesta. Basel, 1595.
557. Staub und Tobler, Schweizerisches Idiotikon. Frauenfeld, 1881 ff.
558. Das Landrecht des Schwaben spiegeis in der ältesten Gestalt, herausgegeben von Wacker-
nag el. Zürich und Frauenfeld, 1840.
559. Gengier, Deutsche Stadtreehte des Mittelalters. Erlangen, 1852.
560. von Bülow, Inventarien der S. Johanniterordenscomthurei Wildenbruch aus den Jahren 1547
und 1560. Baltische Studien. Jg. 29. Stettin, 1879.
561. Näher, Die deutsche Burg, ihre Entstehung und ihr Wesen, insbesondere in Süddeutschland.
Deutsche Bauzeitung. Jg. 19. Berlin, 1885.
562. Rahn, Die mittelalterlichen Architektur- und Kunstdenkmäier des Cantons Thurgau. (Frauen-
feld, 1899.)
563. Scherb, Kurze Anleitung zur Erhaltung und Wiederstellung der Gesundheit insofern beydes
ohne medizinische Hülfe erhalten werden kann. Nach Tissot und Unzer. Bischoffzell, 1783.
564. Senn, Archiv traditioneller Antiquitäten aus den Alpen. Alpenpost. Bd. 1. Glarus, 1871.
565. Meyer-Ahrens, Die Bäder und Badesitten im Mittelalter und dem Anfang der Neuzeit. Die
illustrierte Schweiz. Jg. 3. Bern, 1873.
566. H olzhab, Supplement zu dem allgemeinen ... schweizerischen Lexicon von Leu. Zürich, 1795.
567. Franzisci Philippi Florini ... Oeconomvs prvdens et legalis. Oder Allgemeiner Klug- und
Rechts-verständiger Haus-Vatter. Nürnberg, 1705.
568. Boesch, Ein süddeutsches bürgerliches Wohnhaus vom Beginne des 18. Jahrhunderts. Mit-
teilungen aus dem germanischen Nationalmuseum. Jg. 1897. Nürnberg, 1897.
569. Michelsen, Der Mainzer Hof zu Erfurt am Ausgange des Mittelalters. Jena, 1853.
570. Birlinger, Ein Inventar von 1577. Alemannia. Bd. 3. Bonn, 1875.
571. Ein kurtz vnd trüwlich vnderricht, wider die sorgklich kranckeyt der Pestilentz, nach aller not-
turfft vnd Ordnung so in söllichem fal, betracht vnd gehalten werden mag: neulich vß gangen
vnd zu nutz gemeyner Lantschafft der eydgnoschafft zusamen bracht, im XV. hundert vnd
XIX. Jar. Zusamen bracht vß dem Latin durch den hochgelerten Joachim Vadianum, der
syben fryen künsten vnd Ertzny Doctor. Gedruckt in der loblichen statt Basel durch Adam Petri.
572. Oslander, Volksarzneimittel. 3. Aufl. 2. Abdruck. Tübingen, 1844.
573. Näf, Geschichte der Kirchengemeinde Hinweil. Zürich, 1869.
574. de Lamzweerde, Monita salutaria, de magno thermarum et acidularum abusu. Coloniae
Agrippinae, 1684.
575. H eff ner, Beitrag zur Geschichte der abendländischen Lepra in Ost-Franken. Archiv des histo-
rischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 12. . Würzburg, 1853.
576. T'Boeck van de Vroet-Wijfs . . . van den seer vermaerden Jacob Rvffen. Ouergeset in ons
Nederlantsche sprake deur Martyn Everaert. Amstelredam,.1591.
577. Hebammenbuch . . . durch Fraw Louyse Bourgeois, der alten Königin in Frankreich bestellten
Amme .... Franckfurt, 1628—48.
578. Hirzel, Lese-Buch für das Frauenzimmer über die Hebammenkunst. Zürich, 1784.
579. Herzog Christophs zu Würtemberg Instruction für den Hofmeister, Lehrmeister
und Unter-Gehülfen seines Sohns, Herzog Ludwigs . . . vom Jahr 1562. Patriotisches Archiv
für Deutschland. Bd. 9. Mannheim und Leipzig, 1788.
580. Gengier, Deutsche Stadtrechts-Alterthümer. Erlangen, 1882.
581. Seh aab, Geschichte der Stadt Mainz. Bd. 1. Mainz, 1841.
582. Mombert, Das gemeinschaftliche Bad der jüdischen Frauen in Kellern, ein Gegenstand für die
medicinische Polizei und für praktische Ärzte. Zeitschrift für die Staatsarznetkunde. Bd. 20.
Eriangen, 1830.
583. Beurkundete Erziehungs-Geschichte Pfalzgrafen Friedrichs als Churfürsten, dieses
Namens des IV. Churf. Ludwigs VI. zu Pfalz einigen Sohns und Landes-Nachfolgers. Patriotisches
Archiv für Deutschland. Bd. 4. Franldurt und Leipzig, 1786.
428 Literatur
584. Haupt und Hofmann, Altdeutsche Blätter. Bd. 1. Leipzig, 1836.
585. Wolfram von Eschenbachs Parzival und Titurel. Herausgegeben von Martin. 1. Teil.
Halle, 1900.
586. Sintenis, Beschreibung einer im Jahre 1507 zu Zerbst aufgeführten Procession. Zeitschrift
für deutsches Altertum. Bd. 2. Leipzig, 1842.
587. Flögel-Ebeling, Geschichte des Grotesk-Komischen. Leipzig, 1862.
588. Förstemann, Die Gesetzsammlungen der Stadt Nordhausen im 15. und 16. Jahrhundert.
Neue Mittheilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen. Bd. 6. Halle und
Nordhausen, 1843.
589. Scharold, Auszüge aus alten Dorfsordnungen. Archiv des historischen Vereins von Unter-
franken und Aschaffenburg. Bd. 5. Würzburg, 1839.
590. Zeller-Werdmüller, Die Züricher Stadtbücher. Bd. 2. Leipzig, 1901.
591. Lochner, Schuldiger gleichbedeutend mit Gläubiger. Anzeiger für Kunde der deutschen Vor-
zeit. N. F. Bd. 5. Jg. 1858. Nürnberg.
592. Die alten Statuten der Stadt Stolberg am Harz. Neue Mittheilungen aus dem Gebiet
historisch-antiquarischer Forschungen. Bd. 6. Halle und Nordhausen, 1843.
593. Strals under Kleider- und Hochzeitsordnung vom Jahre 1570. Mitgeteilt von Zober.
Baltische Studien. Jg. 21. Stettin, 1866.
594. Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina und anderen Sammlungen. Heraus-
gegeben von Schönbrunner und Med er. Bd. 9. Wien, Geriach und Schenk (1904).
595. Prattica auff das künfftig jar, von körn, win, vnd andern fruchten, auch von kranckheiten, kriegen,
tod, thüre, vnd andern dingen, so sich alls zebesorgen, allenthalben zutragen vi'erden. Durch D.
Hanß Wye rman, der siben fulen künsten meister, in der nechsten Statt bey Chiliion, do man die
hüriing facht. Mit priuilegium auff 12. monat nit nach zetrucken, aber wol abzeschryben. Ge-
dicht zu Chillion, in der wachtstuben, bey meister Hanß Seltengelt, gleich bey der vvachtkannen.
(Erschien auch als: Practica vff das MDLXV. jar u. s. w. Getruckt zu Chillion . . . 1564.)
596. Endres Tuchers Baumeisterbuch der Stadt Nürnberg. Herausgegeben von Lexer. Bibliothek
des litterarischen Vereins in Stuttgart. Bd. 64. Stuttgart, 1862.
597. Heimfahrt von Jerusalem Hans Stockar's von Schaffhausen, Pilgers zum heiligen Grabe im
Jahr des Heus 1519 und Tagebuch von 1520 bis 1529. (Herausgegeben von Maurer-Con-
■stant.) Schaffhausen, 1839.
598. (Fischart), Affentheuriich Raupengeheurliche Geschichtsklitterung . . . Durch Huldrich Ellopo-
scleron. Gedruckt zur Grensing im Gänsserich, 1590.
599. Stöbe r. Vierundfünfzig verschiedenartige FamiHen- und Gesellschaftsfeste und Zechgelegen-
heiten. Aus Fischarts Gargantua, Ausgabe von 1608. Anzeiger für Kunde der deutschen Vor-
zeit. N. F. Bd. 2. Jg. 1855. Nürnberg.
600. Senn, Alte Offnungen, Landtrechte, Dorff Rächte vnd Hofsrechtte aus der Ostschvi/eiz. Frauen-
feld, 1873.
601. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 5. Aufl. Straßburg, 1894.
602. Nutzliche vnnd trostliche vnderrichtung, wie sich mencklich in diser gefahriichen zeyt der peste-
lentz halten solle . . . durch Heinrich Pantaleon, Ordinarium Physikum inn der loplichen
hohen schul zu Basel, 1564.
603. Neue Pestordnung der Statt Zürich : Samt einem kurzen Bericht, vifie man sich mit Gottes hülffe
vor dieser kranckheit bewahren, und dieselbige heilen solle, auf ungleiche Naturen gerichtet.
Durch Joh. Heinrich Lavatern, beyder Arzneyen Doctorn. Zürich, 1668. (Auch unter dem Titel:
Getreue Anleitung, wie man sich zu besorgender Pestzeit verhalten, mit Gottes hülffe vor dieser
kranckheit bewahren usw.)
604. Consilium politico-physicum. Gründliches Bedencken, vnd getrewer Rath, was eine Stadt, in
welcher, den vorgangenen Herbst, die Pest ein wenig angefangen, künfftigen Früling, in den
Gassen oder Strassen, wie auch in öffentlichen Privathäusern, fürnemen solle durch
Davidem Herlicium, der Philosophie vnd Medicinae Doctorem, jetzund zu Stargard in Pommern,
Astronomum vnd Medicum. Gedruckt zu Nürnberg, In Verlegung Georg Endters deß Eltern,
Buchhändlers. MDCXXIII.
605. Ein nutzlicher bericht vnd regiment. Wie zu disen gefährlichen Sterbensläuffen vor der Pesti-
lentz vmb vns herumb vnd andern ohrten eingerissen. Gesunde zu verwahren, vnnd Krancke
widerumb zu curieren seyen. Gestellt durch, Joannem Schleherum: Doctorem Philos: et
Literatur 429
Medic: Physicum Constantiensem. Getruckt zu Costantz am Bodensee, bey Jacob Straub,
1611.
606. Ein kurtzer Bericht: Wie man sich in denen jtzo vorstehenden Sterbensleufften, mit der Prae-
seruation oder Verwahrungen, Dornach auch der Curation der Pestiientz, vnd etzlicher jrer ac-
cidentien, oder zufeilen, verhalten sol. Zu dienste den Einwohnern der Churfürstlichen Stadt
Dreßden u. s. w. von Johann Neefen, der Ertzney Doctorn, u. Churfürstlichem Sechsischen
Leibmedico. MDLXXVII.
607. Vonn der Pestiientz ein nützHch Regiment, auff diese Zeit gestellet .... Durch D. Jodocum
Will ich, Franckfort an der Oder.
608. Kurtzer vnd einfältiger doch nützHcher vnd nothwendiger Bericht von der Pestiientz . . . Auff
Anordnung vnd Befehl eines Ehrnvesten Hochweisen Raths der Stadt Halle, . . . durch Matthiam
Untzerum. Hall in Sachsen, 1607.
609. Ephrussi, Les Bains de femmes d'Albert Durer. Nuremberg.
610. König, Concilium medicum. Bern, 1721.
611. Bergius, Abhandlung von denen kalten Bädern . . ., aus dem Schwedischen übersetzt von
Qeorgi, zum Druck befördert und mit Anmerkungen auch einer Vorrede vom Nutzen des
Badens überhaupt und insbesondere der kalten Bäder versehen von Rhades. Stettin, 1766.
612. (Sanchez), Bemerkungen über den Gebrauch der Dampfbäder bey verschiedenen Völkern,
insbesondere in Rußland. Aus dem Russischen. Memmingen, 1789.
613. Hirsch, Von den Vortheilen der in den Kaiserlich Russischen Staaten gebräuchlichen Dampf-
oder Schwitzbäder und ihrer Einrichtung. Bamberg, 1816.
614. Uden, Nachrichten das zu Berlin angelegte englische Dampfbad betreffend. Berlin, 1781.
615. Meyer, Brunnen, Mineralbäder, Wasch- und Badeanstalten in Mittelfranken 1855/56. Balneo-
logische Zeitung. Bd. 5. Wetzlar, 1857.
616. Schär, Über öffentliche Wasch- und Badeanstalten. Balneologische Zeitung. Bd. 1. Wetzlar,
1855.
617. Mayer, Badegelegenheiten, Mineralbäder, Bad- und Waschanstalten im Reg.-Bezirk Mittel-
franken 1856—57. Balneologische Zeitung. Bd. 7. Wetzlar, 1859.
618. Pappenheim, Öffentliche Badeanstalten. Balneologische Zeitung. Bd. 6. Wetzlar, 1858.
619. Glaser, Urkunden zur Geschichte der Stadt Qrünberg. Archiv für hessische Geschichte und
Altertumskunde. Bd. 3. Darmstadt, 1844.
620. Lassar, Die Cultur-Aufgabe der Volksbäder. Berlin, 1819.
621. von Liebenau, Das alte Luzern. Luzern, Prell, 1881.
622. Hirsche], Hydriatica oder Begründung der Wasserheilkunde auf wissenschaftlichen Principien,
Geschichte und Literatur. Leipzig, 1840.
623. Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen. Schäfer, Ehemaliger Kreis Wimpfen. Darm-
stadt, 1898.
624. Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Herausgegeben von Karl von
Amira. Bd. 1. Leipzig, 1802.
625. Kugler, Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte. Bd. 1. Stuttgart, 1853.
626. Hüll mann, Städtewesen des Mittelalters. 4. Teil. Bonn, 1829.
627. Baumann , Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges aus Rotenburg an der Tauber. Bibliothek
des litterarischen Vereins in Stuttgart. Tübingen, 1878.
628. Des Weitberümbten Hochgelehrten vnd Erfarnen Aureoli Theophrasti Paracelsi Medici, u.
Wund vnd Artzney Buch .... Sampt vier Büchern wolermeldts Theophrasti Paracelsi, so jetzt
erst hinzu kommen. Alles mit sonderlichem fleiß durch Herrn Adam von Bodenstein, beyder
Artzneyen Doctorn, zu nutzen vnd wolfart Teutscher Nation in Truck geben .... Getruckt zu
Franckfurt am Mayn, Anno 1565.
629. Hie nach volget ein scharffes künstlichs gedieht von einem Tyrannen vnd etzlichen grausamen,
vnmenschlichen geschichten, Erstlich durch den Ernuesten vnd hochberümpten hern VIrichen
von Hütten gekrönten vnd Orator jm latein seer zirlich beschriben, darnach durch andere, jn
dz teutsch, wie sich das hat schicken wollen bracht .... (Ist Übersetzung von: Phalarismus
Dialogus Hvttenicvs ... Mense Martio An. M.D.XVII.)
630. (Fi schart) Aller Practick Großmütter. Ein dickgeprockte newe vnnd trewe, laurhaffte vnnd
jmmerdaurhaffte Procdick . . . gestellet durch gut duncken, oder gut truncken des Stirnweisen
H. Winhold Wustblüt vom Nebelschiff, des Königs Artsus von Landagrewel höchsten Stern-
430 Literatur
gauckler, Practickträumer vnd Kalender reimer . . . Kumm kratzen vnd Brieffeiegen, nach laut
der Pructick. MDLXXII.
631. von Rodt, Bern im 18. Jahrhundert. Bern, Schmid u. Francke, IQOl.
632. Kurtze vnd eygentliche Beschreibung, Von Vrsprung, Natur, Qualitet vnd Würckung, deß Weit-
berümbten, Heylsamen, vnd Warmen Bads Pfeffers in Obern Schweytz, deß Fiirstenthumbs
Pfeffers gelegen. Vngefahr vor 80. Jahren durch den Hochgelehrten Herren Theophrastum
Paracelsum Medicinae Doctorem, etc. beschriben, vnnd der Welt zu Nutz an Tag gegeben.
Anjetzo aber menigklichen zu besserer erkandtnuß obgedachten Bads Nutzbarkeiten, widerumb
mit fleiß vbersehen, vnd in öffentlichen Truck verfertiget. Durch Johann Beyern, deß Freyen
Fürstlichen Oottshaus Pfeffers HoffSchreibern. Oetruckt in dem Qräfflichen Marckt Embs, bey
Bartholome Schnell, Anno 1619.
633. Offterdinger, Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine Gesundheit. 2. Aufl. Zürich, 1782.
634. Selinger, Vincenz Prießnitz. Wien, 1852.
635. Über die unmittelbare Wirkung der Luft auf die Oberfläche des menschlichen
Körpers. Aus Lichtenbergs Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte.
Bd. 3. 4. Stück. Archiv gemeinnütziger physischer und medizinischer Kenntnisse . . . heraus-
gegeben von Rahn. Bd. 1. Zürich, 1787.
636. Der Curgast deutscher Kaltwasserheilanstalten. Leipzig, 1845.
637. Rausse, Über die gewöhnlichsten ärztlichen Mißgriffe beim Gebrauch des Wassers als Heil-
mittel. Leipzig.
638. Rausse, Der Geist der Gräfenberger Wasserkur. Zeitz, 1838.
639. Rausse, Miszellen zu den verschiedenen Heilmethoden. Neu herausgegeben von Winkler.
Leipzig.
640. Rausse, Wasser thut's freilich! oder Miszellen zur Gräfenberger Wasserkur. 5. Aufl. Heraus-
gegeben von Hahn. Leipzig (1858).
641. Professor Dr. Oertel in Ansbach ... als Theolog, Philolog und Hydrolog, von ihm selbst dar-
gestellt. Erlangen, 1840.
642. Hufeland, Praktische Übersicht der vorzüglichsten Heilquellen Teutschlands nach eignen Er-
farungen. Berlin, 1815.
643. Wendt, Über die Bedeutung und Wirkung der russischen Dampfbäder. Breslau, 1830.
644. von Kahtlor, Über die zweckmäßige Anwendung der Haus- und Flußbäder zur Erhaltung
der Gesundheit, Jugend und Schönheit. Wien, 1822.
645. Klein, De aere, aquis et locis agri Erbacensis atque Breubergensis, largi Odenwaldiae tractus.
Francofurti et Lipsiae, 1754.
646. Spengler, Was wir bringen? Balneologische Zeitung. Bd. 1. Wetzlar, 1855.
647. Munde, Memoiren eines Wasserarztes. Dresden und Leipzig, 1844.
648. Winternitz, EHe Hydrotherapie auf physiologischer und klinischer Grundlage. Wien, 1877
—1880. 2. Aufl. des 1. Bds. Wien und Leipzig, 1890.
649. Currie, Über die Wirkungen des kalten und warmen Wassers als eines Heilmittels im Fieber
und in andern Krankheiten. Nach der 2. Ausgabe übersetzt von Michaelis. Leipzig, 1801.
650. Bergius, Von dem Nutzen der kalten Bäder. Aus dem Schwedischen übersetzt und mit An-
merkungen und Zusätzen vermehrt von Rhades. Neue Ausgabe mit einer Vorrede vom Geh.
Rath Baidinger. Marburg, 1793.
651. Ehrenberg, Ansichten über die Gräfenberger Wassercuren begründet auf einen längeren
Aufenthalt daselbst. Leipzig, 1840.
652. Pochhammer, Russische Dampfbäder als Heilmittel durch Erfolge bewährt ... Mit einer
kurzen Anweisung zum Gebrauche der russischen Dampfbäder von Schmidt. Berlin, 1824.
653. Die orthopädische Heilanstalt und das russische Dampfbad von Dr. A. Mayer in Würzburg.
Würzburg, 1829.
654. (Grüner) Was fängt man mit den Barbirern und Barbirstuben, mit den Badern und Badstuben
an? Almanach für Ärzte und Nichtärzte auf das Jahr 1789. Herausgegeben von Grüner.
Jena, 1789.
655. De Peste Philippi Theophrasti Paracelsi, des hocherfarnen Teutschen Philosophi, vnd beyder
Artzney Doctoris, an die Statt Stertzingen geschriben. Item, etliche Consilia Theophrasti Para-
celsi .... Vorhin nie getruckt, jetzunder aber alles durch Doctorem Toxiten gefertigt . . .
Getruckt zu Straßburg bey Niclauß Wyriot. MDLXXVI.
Literatur 431
656. Zwierlein, Allgemeine Brunnenschrift für Brunnengäste und Ärzte. Weißenfels u. Leipzig, 17Q3.
657. Glur, Roggwyler Chronik. Zofingen, 1835.
658. Dauter, Von dem äußerlichen, örtlichen Gebrauche des kalten Wassers in verschiedenen Krank-
heiten des menschlichen Körpers. Leipzig, 1784.
659. Renard, Das Bad als Mittel zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Schönheit.
Frei bearbeitet nach Halle, Guilbert und Nysten. Mainz, 1814.
660. Hahnemann, Anleitung alte Schäden und faule Geschwüre gründlich zu heilen. Leipzig, 1784.
661. Hausse, Anleitung zur Ausübung der Wasserheilkunde für Jedermann, der zu lesen versteht.
Herausgegeben von Hahn. 1. Abt. Leipzig, 1850.
662. Über die äußerliche Anwendung des kalten Wassers in hitzigen Fiebern. Drei Preisschriften
der Herren Frölich, Reuß u. Pitschaft. Herausgegeben von Hufeland. Journal der
practischen Heilkunde. Herausgegeben von Hufeland. Supplementstück des Jahrgangs 1822.
Berlin, 1823.
663. Etwas über Populärmediz in (von einem ungenannten Verfasser eingesendet). Archiv gemein-
nütziger physischer und medizinischer Kenntnisse. Herausgegeben von Rah n. Bd. 3. Zürich, 1790.
664. ä G e h e m a , Der krancke Soldat bittende, daß er hinführo besser möge conserviret, mitleidiger
tractiret, und vorsichtiger curiret werden. Allen Hohen Qenerals-Persohnen und brafen Offi-
cirern, die ihre Soldaten lieben, zu sonderbahren Nutzen. 1690.
665. Langenbeck, Nosologie und Therapie der chirurgischen Krankheiten in Verbindung mit der
Beschreibung der chirurgischen Operationen oder gesammte ausführliche Chirurgie für practische
Ärzte und Wundärzte. Bd. 1. Göttingen, 1822.
666. Döbereiner, Anleitung zur Darstellung und Anwendung aller Arten der kräftigsten Bäder
und Heilwässer, welche von Gesunden und Kranken gebraucht werden. Jena, 1816.
667. Hufeland, Über den Nutzen der lauwarmen Bäder und über den Nachtheil, den die Ver-
nachläßigung derselben auf die Gesundheit hervorbringt. Berlin, 1804.
668. Weiß, Handbuch der Wasserheilkunde für Ärzte und Laien. Leipzig, 1844.
669. Kröber, Prießnitz in Qräfenberg und seine Methode, das kalte Wasser gegen verschiedene
Krankheiten des menschlichen Körpers anzuwenden. 2. Aufl. Breslau, 1836.
670. Hahn, Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen
besonders der Krancken bey dessen innerlichen und äußerlichen Gebrauch. 2. und vermehrte
Auflage. Breßlau u. Leipzig, 1745.
671. Küchenmeister, Die therapeutische Anwendung des kalten Wassers bei fieberhaften Krank,
heilen. Berlin, 1869.
672. Petri, Wissenschaftliche Begründung der Wasserkur gestützt auf eine dreizehnjährige Er-
fahrung. Coblenz, 1853.
673. Brandis, Erfahrungen über die Anwendung der Kälte in Krankheiten. Berlin, 1833.
674. Brandis, Anleitung zum Gebrauche des Driburger Bades und Brunnens. Münster, 1792.
675. Thau sing, Dürers Briefe, Tagebücher und Reime. Quellenschriften für Kunstgeschichte.
Bd. 3. Wien, 1872.
676. Ein hochnutzlicher tractat, eygenschafft vnnd würckung, der wunderbaren natur aller Wildbeder,
so in Teütschen landen gelegen . . . Durch den Hochgelerten Laurentium Frießen, der Artzney
Doctorem, mit hohem fleiß zusamen gezogen. Getruckt vnd vollendet in der Keiserlichen Statt
Straßburg . . . durch Bartholomeum Grieninger, im jar nach der geburt Christi, MDXXXVIII.
677. Geschichtliches über Pyrmont. Balneologische Zeitung. Bd. 5. Wetzlar, 1857.
678. Warum auf dem Lande nicht ländlich? Ein Zeitvertreib in den Bädern zu Baaden.
Journal des Luxus und der Moden. Weimar, 1788.
679. Peyer, Geschichte des Reisens in der Schweiz. Basel, 1885.
680. Kriegs- und Soldatendiät. Das ist: Wie sich unsere, im Feld liegende Soldaten verhalten
müssen, damit sie gesund bleiben. Durch Johann von Muralt, Doctor und Statt-Arzt Lobl.
Statt Zürich. Zürich, 1712.
681. Aureoli Theophrasti Paracelsi schreiben von tartarischen kranckheiten, nach dem alten nam-
men. Vom grieß sand vnnd stein. Sampt dem Baderbüchlin wie deß der from Herr Paracelsus
selbs mundlich seinen Secretarijs zuschreiben angeben. (Herausgegeben von Adam von Boden-
stein, Datum Basel, die Bartholomei, 1563.)
682. Ebel, Anleitung, auf die nützlichste und genußvollste Art die Schweiz zu bereisen. 3. Teil.
2. Aufl. Zürich, 1805.
432 Literatur
683. Tob 1 er, Schweizerische Volkslieder. Bibliothek älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz.
Bd. 4. Frauenfeld, 1882.
684. Ein kurtzes, notwendiges und nützlichs Büchlein, von erfindung, Beschreibung, eigenschafft,
krefften, Vnd zuuor aus, von dem rechten gebrauch, des Keyser Carlsbads, Lateinisch geschrieben,
von Fabiano Sommer, aus dem Keyser Carlsbad, der Philosophien vnd Medicin D. Jetzt aber
auffs kürtzest, vnd einfeltigest verdeutschet. Durch M. Mathiam Sommer, aus dem Keyser Carls-
bad. Gedruckt zu Leipzig, Durch Jacob Berwalds Erben. Anno, iVlDLXXIL
685. Hec practica narrat de presenti anno et sequentibus quamplurimis annis de nouis raris et in-
auditis rebus et gestis que futura sunt in hoc mundo. Impressione MCCCCXCIX. Argentina
vltima die mensis Decembris.
686. von Liebenau, Hans Holbein d. J. Fresken am Hertenstein-Hause in Luzern nebst einer
Geschichte der Familie Hertenstein. Luzern, Prell, 1888.
687. Schneeli und Heitz, Initialen von Hans Holbein. Straßburg, Heitz (Heitz u. Mündel), 1900.
688. Sträter, Wie badete man in den deutschen Bädern zu Zeiten Carl V., und wie badete man
namentlich zu Aachen im Jahre 1520? Deutsche Klinik. Berlin, 1858.
689. (Wimpheling?) De fide concubinarum in sacerdotes questio accessoria causa loci et vrbani-
tatis in quod-libeto Heydelbergensi determinata, quibusdam nouis additionibus denuo illustrata.
Impressum JVlaguntie per Fridericum Hewnian.
690. Forestier, Der Ursprung der „schottischen Douche". Blätter für klinische Hydrotherapie.'
10. Jg. Wien, 1900.
691. Notions sur les eaux minerales d'Aix-en-Savoie, d'apres les publications recentes du
Dr. D e s p i n e fils. Anneci.
692. Despinepere, Observations de medecine pratique faites aux bains d'Aix-en-Savoie. Anneci, 1838.
693. Eble, Das Wildbad Gastein .... und die neu errichtete Filial-Bad-Anstalt zu Hof-Gastein.
Wien, 1832.
694. Die älteren Lübeckischen Zunftrollen. Herausgegeben von Wehrmann. Lübeck, 1864.
695. Wackernagel, Die altdeutschen Handschriften der Basler Universitätsbibliothek. Basel, (1835).
696. Schreybkalender vnd Marcktbüchlin vffs Jar MDLXXXV Oestelt durch Caspar Wolffen,
der Artznyen Doctor zu Zürich. Getruckt zu Zürych in der Froschow, by Christoffel Froschower.
697. Zürcherische Ausruff-Bilder, vorstellende diejenigen Personen, welche in Zürich allerhand so wol
verkäuffliche, als andere Sachen . . . ausruffen. Zürich bey David Herrliberger MDCCXLVIII.
698. Voigt, Das Stillleben des Hochmeisters des deutschen Ordens und sein Fürstenhof. Historisches
Taschenbuch. Herausgegeben von Raumer. 1. Jg. Leipzig, 1830.
699. Diätetische Vorschrift eines Arztes aus dem 15. Jahrhundert an den damaligen Großmeister des
deutschen Ordens. Almanach für Ärzte und Nichtärzte auf das Jahr 1784. Herausgegeben von
Grüner. Jena, 1784.
700. Ehren- unnd Wunsch-gesang, als von Ihr Ehrsamen Weißheit, Herrn Burgermeister Johann
Conrad Grebel, auch anderen ansehnlichen Herren, Geist- und Weltlichen Standes, Loblicher
Stadt Zürich, das von Natur warme Bader-bad im 1670. Heil-jahr gebraucht ward. 1670.
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
Abb. 1. Porte und Badehaus (rechts) im Kirchspiel Pihtipudas, Tavastland (Finnland). Holzschnitt
aus: Gustav Retzius, Finland. Stockholm, 1881. 5a*.
„ 2. Inneres einer größeren finnischen Badestube. Holzschnitt aus: Gustav Retzius, Finland.
Stockholm, 1881. 5a.
„ 3. Taufe des Herzogs Rathold von Friesland. Holzschnitt aus: Stumpf, Schweizerchronik.
Zürich, Froschauer, 1548. 9.
„ 4. Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen vom Jahre 820. a: subtus calefactoria domus supra
dormitorium (unten der Warmraum, oben der Schlafsaal), b: lecti similiter (Betten und
ähnliches), c: caminus ad calefaciendum (Kamin zum Heizen), d: evaporatio fumi (Ab-
leitung des Rauches), e: egressus de pisale (Ausgang aus dem Warmraum). /: bal-
neatorium et lavandi locus (Bad und Waschraum), g: exitus ad necessarium (Ausgang
zum Abtritt). /: sedilia (Abtritte). Nach Keller. 8.
5. Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen vom Jahre 820. a: balneatorium (Bad), b: coquina
eorundem (Küche der Studenten). Nach Keller. 8.
6. Aus dem Bauriß des Klosters St. Gallen vom Jahre 820. a: coquina (Küche), b: cellarium
(Speisekammer), c: balneatorium (Bad), d, e, f: cubilia famulantium (Kammern der
Diener). Nach Keller. 8.
7. Wasserbad. Holzschnitt von Urs Graf aus: Kalender des Doctor Kung (Kungsberger).
Zürich, Hans am Wasen. 1508. 26.
8. Schmausen und Zechen von Mann und Frau im Wasserbad. Holzschnitt aus dem Kalender
von 1481. Augsburg, Johannes Blaubirer.
9. Darstellung des Planeten Venus. Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert. Beriiner Blockbuch.
10. Darstellung des Planeten Venus. Holzschnitt aus: Eyn nyge Kalender recht hollende.
1519. Lübeck, Steffen Arndes.
11. Der Frühling. Holzschnitt aus : Conradi Celtis quatuor libri amorum. Nürnberg. 1502. 45.
12. Der Teich Bethesda. Holzschnitt aus der Züricher Bibel. Zürich, Froschauer. 1545. 426.
13. Kaltes Bad auf dem Wepchen. Holzschnitt aus: Stumpf, Schweizerchronik. Zürich,
Froschauer, 1548. 9.
14. Wasserurteil. Zeichnung aus dem Heidelberger Sachsenspiegel. Handschrift. 13. Jahrh.
Nach Batt, von Babo. 450.
15. Anna Ulmerin wird als Hexe im Badzuber von den Stadtknechten ins Gefängnis zu Eß-
lingen getragen. Bilderbogen von 1551. 107.
16. Schwemmen des Hans Hegenheim in Luzern 1473. Holzschnitt nach der Miniatur aus
Diebold Schilling, Schweizerchronik. 1484. Nach VON Liebenau. 621.
17. Kinder in ihren Spielen. Nach dem Gemälde von Pieter Brueohel (ca. 1520—1569).
18. Schwimmen der Kinder mit luftgefüllten Tierblasen. Kpfr. v. CONR. Meyer. Zürich, 1657. 132.
19. Die Ferrosche Flußbadeanstalt in Wien. Kpfr. aus: Ferro, Vom Gebrauch des kalten
Bades. Wien, 1796. 135.
20. Querschnitt der Ferroschen Badeanstalt. Kpfr. aus: Ferro, Vom Gebrauch des kalten
Bades. Wien, 1796. 135.
21. Hilfsapparate zum Schwimmen gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Kupfer von Schellen-
bero. Aus: XI. Neujahrstück ab dem schwarzen Garten. Zürich, 1796. 177.
* Die Zahlen hinter dem Druckjahr beziehen sich auf das Literaturverzeichnis.
Martin, Badewesen 28
434 Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 22/23. Hilfsapparate zum Wassertreten und Schwimmen im 15. Jahrtiundert. Papierhandsclirift.
Kantonsbibliothel^ Zürich.
„ 24. Taucheranzug im 15. Jahrhundert. Papierhandschrift. KantonsbibHothel< Zürich.
„ 25. Die erste deutsche Seebadeanstalt zu Doberan in iVlecklenburg. Kpfr. aus: Samuel
OoTTLiEB VoQEL, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Stendal, 1794. 184.
„ 26. Badeboot der Seebadeanstalt zu Doberan. Kpfr. aus: Samuel Qottlieb Vogel, Über den
Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Stendal, 1794. 184.
„ 27. Badknecht gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Holzschnitt aus : Hortus sanitatis. Straßburg,
Joh. Pryss, ca. 1498.
„ 28. Der Barbier. Holzschnitt von JosT Amman aus : Hans Sachs, Beschreibung aller Stände.
Frankfurt, 1568. 208.
„ 29. Kopfwäsche des Königs Wenzel von Böhmen durch eine Bademagd. Miniatur aus der
deutschen Wenzelbibel. Anfang des 15. Jahrhunderts. Nach von Schlosser. 286.
„ 30. Kopfwaschen im 15. Jahrhundert. Papierhandschrift. Kantonsbibliothek Zürich.
„ 31. Schröpfen im Bad. Holzschnitt aus dem Kalender von 1481. Augsburg. Johannes Blaubirer.
„ 32. Anlegen der Aderlaßbinde. Holzschnitt aus dem Kalender von 1481. Augsburg.
Johannes Blaubirer.
„ 33. Schröpfen mit dem Hörn im Mineralbad zu Baden im Aargau. Kpfr. aus: Hess, Baden-
fahrt. Zürich, 1818. 315.
„ 34. Schröpfhörner und Schnepper. Kpfr. aus: Hess, Badenfahrt. Zürich, 1818. 315.
„ 35. a Schröpf-, b Laßeisen. Holzschnitt aus Dryanders Arzneispiegel. Frankfurt, 1547. 233.
„ 36. Badestube. Holzschnitt von JoST Amman aus: Paracelsus, Wund- vnd Artzney Buch.
(Titelholzschnitt zum Baderbüchlin.) Frankfurt a. M., 1565. 628.
„ 37. Schröpfen mit dem Rasiermesser und Schröpfköpfen in einer Badezelle zu Aachen. („Wie
man die Schröpff Köpfe im Bade gebrauchet".) Kpfr. aus : Amüsements des eaux d'Aix-
la-Chapelle. Amsterdam, 1736. 263.
„ 38. Darstellung des Planeten Luna. Oben links die Badestube mit einem Bader und Baderinnen.
Holzschnitt von Hans Sebald Beham. (1500^1550)
„ 39. Farbige Glasscheibe von 1524. Im Besitz von Prof. Rahn in Zürich.
„ 40. Frauenbadstube. Holzschnitt von Hans Sebald Beham. (1500—1550)
„ 41. Darstellung eines nach Art der Badestuben betriebenen Mineralbades. Holzschnitt von
Hans Sebald Beham. (1500^1550)
„ 42. „Prager Entlein" an dem vom König Wenzel vollendeten Altstädter Brückenturm in Prag.
Die blaufarb knotenweise gebundene Binde und der grüne Papagei (Eisvogel), das von
Wenzel den Badern verliehene Wappen, welches sich auch häufig in den für Wenzel an-
gefertigten Bilderhandschriften findet. Nach von Schlosser. 286.
„ 43. Badestube zu Heilzwecken (Kräuterbadstube). Holzschnitt aus: Eyn new Badenfart von
L. Friessen. Straßburg, M. Jacob Cammer. ca. 1540. 47.
„ 44. Joß Lindouwer, Bürger von Zürich, Okulist, Stein- und Bruchschneider und gewesener Feld-
scherer in Frankreich. Scheibenriß von Hans JäOGLi in Winterthur. 1607. Aus der
Statistik Schweizerischer Qlasgemälde und Handzeichnungen. Jg. 1900. Landesmuseum Zürich.
„ 45. Herr Jakob von Warte im Wasserbad. Miniatur aus der Manesseschen Handschrift.
14. Jahrhundert. Nach KRAUS. 33.
„ 46. Die großen Bäder zu Baden im Aargau mit den unter freiem Himmel gelegenen „freien
Bädern", dem St. Verenabad (links vorn) und dem freien Bade (im Hintergrund), in dem
eine Reihe Bauern geschröpft wird. Kupfer von F. Hegi nach Martin Usterl Neu-
jahrsgeschenk von der Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich. 1808. 353.
„ 47. Wanne mit „Baderof". Holzschnitt aus: Eyn nyge Kalender recht hollende. Lübeck,
Steffen Arndes. 1519.
„ 48. Tristan wird von Isolde im Bad überfallen. Wandgemälde auf Burg Runkelstein in Tirol.
Ende des 14. Jahrhunderts. Nach Selos und Zingerle. 305.
„ 49. Vereinigung von Bad- und Waschhaus. Kpfr. aus dem 18. Jahrhundert. Sammlung
Pachinger in Linz.
„ 50. Frau (Bademagd?) mit Kind zum Bade gehend. Bemalung der Innenseite einer Tür (der
Badestube) im Erdgeschoß eines Puppenhauses von ca. 1600 im germanischen Museum
zu Nürnberg. Nach einer farbigen Zeichnung von Hefner-Alteneck. 236.
Verzeichnis der Abbildungen 435
Abb. 51. Badestube im Fuggerpalast zu Augsburg (erbaut 1571—81). Holzschnitt nach Dohme. 430.
„ 52. Siegel von Baden im Aargau, a im 14, b im 15. Jahrhundert gebraucht. Schweizerisches
Landesmuseum in Zürich.
„ 53. Bad unter der Dachtraufe eines Bauernhauses. Holzschnitt aus einer Serie: „Aus der
Gründung der Eidgenossenschaft". 1580. Stadtbibliothek Zürich.
„ 54. Dampf- und Beräucherungsapparate des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt aus Dryanders
Arzneispiegel. Frankfurt am Main. 1547. 233.
„ 55. Apparate für Wasser- und Kräuterbäder im 16. Jahrhundert. Holzschnitt aus Dryanders
Arzneispiegel. Frankfurt a. M. 1547. 233.
„ 56. Sack aus Leder zum Dauerbad im Bett für sehr schwache Kranke v. Lamzweerde.
Kpfr. 1684. 574.
„ 57. Rückenschlauch von Lamzweerde. Kpfr. 1684. 574.
„ 58. Mann und Frau beim Schmause im Hausbadestübchen. (Der Mai). Kpfr. von Franz
Brun. 16. Jahrhundert.
„ 59. Doktor Moser in Konstanz wird in der Hausbadestube mit seiner Geliebten vom Ehemanne
derselben überrascht und zu Tode gestriegelt. 16. Jahrh. Wyckiana. Zürich, Stadtbibliothek.
„ 60. Bestimmung der Badetemperatur mit dem Fuße. Geburt der Maria. Kupfer van Meckenem
15. Jahrhundert.
„ 61. Kinderwäsche in der Hausbadestube. Kupfer von J. van Meckenem. 15. Jahrhundert.
„ 62. Bathseba im Bad von David beobachtet. Kpfr. von Jakob Binck. 16. Jahrhundert.
„ 63. Das Judenbad zu Friedberg in Oberhessen aus der Mitte des 13. Jahrh. Nach Kratz. 524.
„ 64. Judenbad. (7 das warme, ö das kalte Bad. Kpfr. aus: T. C. Kirchner, Jüdisches Ceremoniel.
Nürnberg, 1726.
„ 65. Bademägde. Deutsche Wenzelbibel. Anfang des 15. Jahrh. Nach von Schlosser. 286.
„ 66. Inneres einer Badestube. Philipp VON Allendorf, Der Juden Badstub. Titelholzschnitt.
1535. 234.
„ 67. Badestube. Zeichnung aus dem Heidelberger Sachsenspiegel. Handschr. 13. Jahrh. Nach
Batt, von Babo. 450.
„ 68. Badestube. Kolor. Zeichnung aus dem Wolfenbütteler Sachsenspiegel. Handschrift. 14. Jahrh.
„ 69. Begießen im Bad. Kpfr. aus: Murner, Nebulo nebulonum. Frankfurt, Fickwirth, 1663.
„ 70/71. Juden-Badstub. 1. In der ersten Figur stehet ein Kaufmann, der großen Handel will
treiben. 2. schlegt sich zu den Juden und wird von ihnen in die Gaß geführt. 3. handelt
mit ihnen. 4. die wollen ihn baden, darumb schöpft der Teufel und Jud Wasser. 5. henken
den Kessel über. 6. schüren das Feuer. 7. kehren die Badstub. 8. reiben ihn. 9. schrepffen
ihn. 10. zwachen ihn. 11. waschen ihn ab. 12. er beklaget sich seines Schadens.
13. kompt aber arm wieder zur Gassen heraus. 14. siebet er, daß er umb das Seine
gekommen. 15. die Juden waschen die Sund ab, der Teufel fischet sie wieder auf. 16. und
führet sie in die Hell. Kpfr. aus dem 16. Jahrhundert.
„ 72. Frauenbad von Hans Sebald Beham. (1500—1550).
„ 73. Wasserbad mit Dampfheizung. Nach einer farbigen Zeichnung aus dem Göttinger
Bellifortis des KoNRAD Kieser von 1405.
„ 74. Kräuter- und Heilbad. Nach einer farbigen Zeichnung aus dem Göttinger Bellifortis des
Konrad Kieser von 1405.
„ 75. Badestube aus dem Kalender von 1515. Basel, Pamphilus Gengenbach. 503.
„ 76. Im Kübel sitzende Bademagd mit Wedeln. Miniatur in der deutschen Wenzelbibel. An-
fang des 15. Jahrh. Nach von Schlosser. 286.
„ 77. Schröpfmann mit Badehut und Badewedel. Holzschnitt aus: PiCTORiUS, Laßbüchlin.
Basel, Jacob Kündig, 1555. 246.
„ 78. König Wenzel, der zur Bedeckung der Scham den Wedel benutzt, wird von Bademägden
gestrichen. Miniatur aus der deutschen Wenzelbibel. Anfang des 15. Jahrhunderts.
Nach von Schlosser. 286.
„ 79. Adam u. Eva. Holzschnitt aus der Practica von 1499. Straßburg. 685.
„ 80. Badknecht und Bademagd. Kpfr. aus : Nürnbergische Kleider-Arten. Nürnberg bei Johann
Kramer. 1669.
„ 81. Bademagd. Miniatur aus der deutschen Wenzelbibel. Anfang des 15. Jahrhunderts.
Nach von Schlosser. 286.
436 Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 82. Badestube. Holzschnitt aus: Michael Hero, Schachtafeln der Gesuntheyt. Straßburg,
Schott. 1533. 231.
„ 83. Reiben vor (links) und nach dem Bad (rechts). Holzschnitt aus: Hero, Schachtafeln
der Gesuntheyt. Straßburg, Schott. 1533. 231.
„ 84. Darstellung der im Regimen sanitatis geforderten Vorgänge zur Erhaltung der Gesund-
heit. Im Vordergrunde Aderlassen, Schweißbaden mit Schröpfen und Wasserbaden. Fabel
vom reichen Mann. Kpfr. von Aldegrever. 1554.
„ 85. Badeszene. Darstellung des Monats August. Handzeichn. von Virgil Solls. (1514— 1562.) 594.
„ 86. Badestube in Konstanz zu Anfang des 14. Jahrhunderts. Wandgemälde daselbst. Nach
Ettmüller. 529.
„ 87. Morgensuppe im 16. Jahrhundert zu Baden im Aargau. Titelholzschnitt zu „Ein badenfart
guter gsellen" von Hans Achtsinit (wahrscheinlich Nikolaus Manuel). 36.
„ 88. Darstellungen aus dem Leben der Frau. Links Badestube mit Kindsbetthof und Brautbad.
Kpfr. Wenzel Hollar. 1607—1677.
„ 89. Heilige (Sainte Segouleine, veuve, abbesse de Troclar en Albigeois) einen Aussätzigen
badend. Holzschnitt von Hans Burqkmair (1473—1531). 479.
„ 90. Badestube in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt aus: Dryander, Arznei-
spiegel. Frankfurt a. M., 1547. 233.
„ 91. Deutsche Badestube zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Kupfer aus: Abraham a Santa
Clara, Etwas für Alle. Würzburg, 1711. 288.
„ 92. Darstellung eines Jungbrunnens und Verherrlichung der Heilbäder. Holzschnitt von
Albrecht Glockendon nach Hans Sebald Beham ca. 1570. (Das Bild ist die seitliche
Fortsetzung zu Abb. 41.) Um 1600 wurde das Bild von Jo. Theo de Bry verkleinert in Holz
geschnitten.
„ 93. Jungbrunnen nach einer Freske von Hans Holbein d. J. im Hertenstein-Hause zu Luzern
(zwischen 1516 und 1519). Nach von Liebenau. 686.
„ 94. Gesundbrunnen im Kloster Heilbronn. Kupfer aus: Feuerlein, Heylsbronnisches Zeug-
nuß der götttichen Güte und Vorsorge. Nürnberg, 1732. 361.
„ 95. Darstellung eines Wildbades, Federzeichnung von Peter Flötner. 16. Jahrhundert.
„ 96. Leuk im Wallis. Holzschnitt aus : Sebastian Münster, Cosmographiae universalis Lib. VI,
Basel, Petri, 1550. 351.
„ 97. Leuk im 18. Jahrhundert. Kupfer nach von Rodt. 631.
„ 98. Pump- und Heizwerk des Sauerbrunnens zu Fideris. Holzschnitt aus : Conradus Gesnerus,
De Thermis Helveticis. In: De Balneis. Venetiis (Venedig) apud Juntas, 1553. 334.
„ 99. Baden im Aargau. Holzschnitt aus: JOH. Stumpf, Schweizerchronik. Zürich, Froschauer,
1548. 9.
„ 100. Mineralbad. Titelholzschnitt aus: J. J. Huqgelin, Von heilsamen Bädern des Teutschen-
lands. Mühlhausen, 1559. 80.
„ 101. Mineralbad. Titelholzschnitt aus: Gallus Etschenreutter, Aller heilsamen Bäder und
Brunnen Natur. Straßburg, 1571. 449.
„ 102. Mineralbad unter freiem Himmel (angeblich Leuk). Gemälde von Hans Bock d. Ä.
1597. Eigentum der öffenttichen Kunstsammlung in Basel.
„ 103. Das St. Verenabad zu Baden im Aargau 1820. Bleistiftzeichnung von Ludwig Vooel.
Landesmuseum Zürich.
„ 104. Geselliges Treiben in einem kleinen Mineralbade am Bodensee im 15. Jahrhundert. Aus
dem Hausbuch der Familie Goldast zu Konstanz, wahrscheinlich von Bartholomäus Zeit-
bloni. Nach dem mittelalterlichen Hausbuch. 150.
„ 105. Der zu Bilfeld Anno 1666 am 2. Sontag nach der H. Drey Einigkeit entsprungene Heyl-
Brunnen. Kupfer aus: Conradi Redekeri descriptio Bilfeldiani fontfs. Amstelaedami,
1668. 403.
„ 106. Versand des Aachener Mineralwassers und Wiedererwärmen desselben zum Gebrauch.
(Die Gestalt der Flaschen; die Art, sie wieder warm zu machen; die Wärme zu unter-
halten.) Kupfer aus: Blondel, Beschryving van de Stad Aken. Leiden, 1727. (Das
Bild findet sich auch in der Ausgabe von 1688.) 410.
„ 107. Der „Cornelische Badwasser-Brun" in Aachen. Kupfer aus: Blondel, Erklärung deren
Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach. Aachen, 1688. 409.
Verzeichnis der Abbildungen 437
Abb. 108. Der „Kayserliche Badwasser-Brun". Kupfer aus: Blondel, Erklärung deren Badt- vnd
Trinkwässeren zu Aach. Aachen, 1688. 409.
„ 109. Neuer Trinkbrunnen in Aachen 1727. (Nieuwe warme Fontein op alle vier Hoeken
Water geevende.) Kupfer aus : Blondel, Beschryving van de Stad Aken. Leiden, 1727. 410.
„ 110. Ansicht des warmen Brunnens auf dem Markte zu Aachen. 1. Der Brunnen, wo man
trinket. 2. Der Spazierplatz. 3. Das Herrenbad. Kupfer aus: Amüsements des eaux
d'Aix !a Chapelle. Amsterdam, 1736. 263.
„ 111. Mineralbad. Holzschnitt aus: Sebastian Münster, Cosmographiae universalis Lib. VI.
Basel, Petri, 1550. 351.
„ 112. Das Herzogsbad zu Baden bei Wien. Titelkupfer aus: Beschreibung deren Qesundheits-
Bädern Baaden, Teutsch-Altenburg und Pyrenwarth. Nürnberg, 1734. 448.
„ 113. Familienbad zu Baden im Aargau. Kupfer nach Martin Usteri von F. Hegi aus dem:
Neujahrsoeschenk der Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich, 1808. 353.
„ 114. Mineralbad. Titelholzschnitt zu : Hans Foltz, Gedicht von den naturheißen Bädern. 37.
„ 115. Badehalle in Aachen 1736. (Die Art, wie man sich badet.) Kupfer aus: Amüsements
des eaux d'Aix la Chapelle. Amsterdam, 1736. 263.
„ 116. Mineralbad aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Gleichzeitige Radierung im germanischen
Museum zu Nürnberg.
„ 117. Titelholzschnitt von E. Schlitzoc (?) zur ersten Ausgabe von: Laurentius Phries, Traktat
der Wildbäder. Straßburg, 1519. 420.
„ 118. Titelholzschnitt zur dritten Ausgabe von: Laurentius Phries, Traktat der Wildbäder.
„Eyn new Badenfart. Wildt Bäder L. Friessen". Straßburg, Jacob Gammen Mitte des
16. Jahrhunderts. 47.
„ 119. Franz Blondel d. A., Badearzt in Aachen. Kupfer aus: Erklärung deren heylsamen
Badt- und Trinckwässeren zu Aach. Aachen, 1688. 409.
„ 120. Balneum Plummers (Plombieres). Holzschnitt aus: Conradus Gesnerus, De Thermis
Germanicis. In: De Balneis. Venetiis (Venedig) apud Juntas. 1553. 334.
„ 121. Bad Gastein im 17. Jahrhundert. Gleichzeitiger Stich.
„ 122. Bad Grießbach im Rauchtale. Kupfer. 18. Jahrhundert.
„ 123. Der Säuerbrunnen zu St. Moritz im Qber-Engadin. Kupfer aus dem : Neujahrsoeschenk
der Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich, 1811. 444.
„ 124. Titelholzschnitt zu: Metobius' Schrift über Pyrmont. 1556. 417.
„ 125. Inseckt aus den Nieren einer Frauen gekommen durch Würckung derer Wasser des Pouhons.
Kupfer aus : Les amusements de Spa : or, the galanteries of the Spaw in Germany.
London, 1745.
„ 126. Bad Walkershofen in Bayern 1551. Holzschnitt aus einem Flugblatt des 16. Jahrhunderts.
„ 127. Dorf Hornhausen sampt den darin entspringenden Heilbronnen 1646. Kupfer von V. Wagner.
„ 128. Gesundbrunnen bei Ham. Kupfer aus: Peter Hesselius, Hertzfließende Betrachtungen
von dem Elbe-Strom. Altona, 1675.
„ ,129. Der Brunnen bei Burgwinnumb in Franken. Holzschnitt aus einem Flugblatt von ca. 1600.
„ 130. Pfäfers 1610. Holzschnitt von Joseph Pleb nach einem Modell von Fabricius Hil-
danus. Aus: Guilhelmus Fabricius Hildanus, De conservanda valetudine. Frank-
furt a. M., Merian, 1629. 22.
„ 131. Pfäfers 1784. Kupfer von J. J. M. Zürich. Stadtbibliothek.
„ 132. Gleichzeitiger Gebrauch von Dusche und Mineralbad in den alten Stadtbädern zu Aachen.
Kpfr. aus: Blondel, Erklärung deren Badt- vnd Trinckwässeren zu Aach. Aachen, 1688. 409.
„ 133. Auf- und absteigende Duschen (Stillicidia oder Wassergüß) im St. Cornelii- (oben) und
im Rosenbade (unten) zu Aachen. Kupfer aus: Blondel, Erklärung deren Badt- vnd
Trinckwässeren zu Aach. Aachen, 1688. 409.
„ 134. Entwurf Blondels zu Dampfbädern in Aachen. Kupfer aus: Blondel, Thermarum
Aquisgranensium et Porcetananarum elucidatio et thaumaturgia. Aachen, 1688. 409.
„ 135. Bilder aus Aachen von 1827. a Die Art, wie man das warme Wasser auf die schwachen
Glieder fließen läßt, b Trockenbad oder auf was für Art man den Dampf von dem
Wasser auf die kranken Glieder bringt, c Gebrauch des trockenen oder Dampfbades.
d Das halbe Dunstbad. e Das halbe Wasserbad. Kupfer aus: Blondel, Beschryving
van de Stad Aken. Leiden, 1727. 410.
438 Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 136. Dampfbad zu Baden im Aargau. Kupfer aus dem : Neujahrsgeschenk der Gesellschaft
zum schwarzen Garten. Zürich, 1827. 353.
„ 137. Badgericht in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt aus: Münster, Cos-
mographey. Basel, 1598. 318.
138. Männerbad im Anfang des 16. Jahrhunderts. Aus einem Holzschnitt von A. Dürer.
139. Wie etlich Herren vnd Burger zusamen geschossen. Die Herren Bürgermeister Johansen
Kambly vnd Herrenn Secl<elmeister Cunrath Aescher. Einen Ochsen gan Baden zu einem
Baden Schenclce gebracht. 1576. Nach einer farbigen Zeichnung der Wyckiana. Zürich,
Stadtbibliothek.
140. Das Freibad zu Baden im Aargau 1820. Aquarell von Ludwig Vogel. Zürich, Landesmuseum.
141. Mineralbad von ca. 1600. Federzeichnung von Bartholomäus Lingq in Straßburg.
Statistik schweizerischer Glasgemälde und Handzeichnungen. Jg. 1904. Zürich, Landes-
museum.
142. Karlsbad vor dem Brande von 1759 mit den Holzrinnen (2), die vom Sprudel aus längs
der Tepl und über dieselbe das Thermalwasser in die im ersten Stock gelegenen Bad-
stüblein der Uferhäuser leiteten. Kupfer.
143. Armenbad in Burtscheid mit zwei Strohhütten zum Schwitzen. Kupfer aus: Blondel,
Beschryving van de Stad Aken. Leiden, 1727. (Befindet sich schon in der Ausgabe von
1688, in der ersten Auflage von 1685 fehlen die Strohhütten.) 410.
144. Der Sprudel zu Karlsbad im 17. Jahrhundert. Kupfer von G. Hupschmann.
145. Vergnügungen beim Mineralbade in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Holzschnitt
aus: MÜNSTER, Cosmographey. Basel, 1598. 318.
146. M. MUCHHEIMIN von Vrl Ein nüw Lied, in Badenfärten lustig zesingen. Getruckt im
Jar 1617.
147. Gyrenbad bei Turbenthal im Kanton Zürich. Kupfer aus dem: Neujahrsgeschenk der
Gesellschaft zum schwarzen Garten. Zürich, 1826. 445.
148. Frauenbad um 1560. Zeichnung aus einer alchimistischen Handschrift des germanischen
Museums in Nürnberg.
149. Das Täfeli im Hinterhof zu Baden im Aargau im 18. Jahrhundert. Kupfer von Hegi
aus: David Hess, Die Badenfahrt, Zürich, 1818. 315.
150. Die Matte zu Baden im Aargau. Kupfer aus dem: Neujahrsgeschenk der Gesellschaft
zum schwarzen Garten. Zürich, 1809. 353.
151. Der Brunnenplatz zu Pyrmont mit dem Trinkbrunnen (dem Kuppelbau rechts) und dem
vor ihm liegenden Badebrunnen. Kupfer nach Weitsch von Geyser. Aus: Marcard,
Beschreibung von Pyrmont. Leipzig, 1784. 342.
152. Ansicht des Markts zu Spa und des Brunnens Pouhon. Kupfer aus: Les Amüsements
de Spa: or, the galanteries of the Spaw in Germany. London, 1745.
153. Aachen 1727. De Oroote Vergaader-Plaats van alle gebrekkelyke Menschen, die sig na
de Fonteinen begeeven om de Wateren te Drinken. Kupfer aus : Blondel, Beschryving
van de Stad Aken. Leiden, 1727. 410.
154. Der Spaziergang bei den Brunnen zu Aachen. Aus: Amüsements des eaux d'Aix la
Chapelle, oder Zeitvertreib bey den Wassern zu Achen. Berlin, 1737. 263.
155. Die „Allee" in Pyrmont. Kupfer nach Weitsch von Geyser. Aus : Marcard, Be-
schreibung von Pyrmont. Leipzig, 1784. 342.
156. Titelkupfer zu: Hahn, Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers.
Breßlau und Leipzig, 1745. 670.
157. Priessnitz' Walddusche in Gräfenberg. Aus: Kröber, Priessnitz in Gräfenberg.
Breslau, 1836. 669.
158. Schlußkupfer aus: David Hess, Die Badenfahrt. Zürich, 1818. 315.
159. Leiste aus: De Balneis Venetiis (Venedig) aput Juntas. 1553. 333.
Die Initialen sind mit Ausnahme von Abb. 65 von Hans Holbein d. J. '".
NAMENREGISTER
Abemetzy 364
Abiß 255, 420
Abraham a Santa Clara 96, 180,
214, 353, 417
Achtsinit 182, 409
Adalbero von Augsburg 6
Adamy 418
Agnes von Ungarn 248, 323
Albicus von Prag 204
Albrecht Achilles 229
Albrecht von Bayern 67, 177, 183,
400
Albrecht von Österreich 64
Albrecht von Weißenstein 298
Aldegrever 173
Alexander, heiliger 33
Amalie von Veldenz 19
von Amerongen 262
von Amira 147, 429
Amis 36
Amman 74, 75, 76, 80, 82, 167
Ammianus IVlarcellinus 418
Anastasia von Hohenklingen 246
Anemorinus 19
Angilbert 229
Anna von Weinsberg 19
Anshelm 34, 37, 411
Arndes 13, 108
von Arnim 418
von Arx 9, 408
Auer 414
August von Sachsen 282, 420
Augustin, heiliger 73
Avicenna 73, 205
Baader 409, 414
von Babo 35, 147, 423
Baccius 304, 335, 338
Bachstrom 51
Bader 418
Baechtold 422
von Bahder 415
Baidinger 376
Baidung Grien 211, 216
Bär 415
Barbarossa 40
Barrie 217
Bartels 415
Barther 217
Batt 35, 147, 423
Bauhin 126, 137, 158, 290, 294,
303—305, 307, 418, 425
Baumann 412, 429
Bäumer 425
Bebel 338
Becher 405, 419
Becker 181, 410, 425
Beermann 421
Beham 13, 44, 75, 84, 85, 89, 91,
118, 120, 138, 158, 159, 167, 211,
223, 277
Benedikt, heiliger 8, 111
Beneke 415
Beowulf 39
Bergius 429, 430
Bernauer 400
BernouUi 145
Bertuch 43, 218
Beyer 96
Binck 139
Bintz 412
Birlinger 410, 427
Blaubirer 77, 79
Blondel 157, 256, 258—60, 279,
303—305, 307, 308, 335, 360, 422
Blumenauer 403
Blumenbach 416, 426
Bluntschli 412, 417
Bock 243
Bode 136, 426
von Bodenstein 27, 285
Bodmann 189, 412
Boesch 136, 412, 420, 427
Bolmann 294, 360, 421
Boner 125, 155, 415
Bourgeois 137, 427
Brandis 377 ff., 386, 431
Braun 22, 410
Breitinger 328
Brentano 418
Brönnenberg 414
Brueghel 41, 42
Brügger 409
Brun 91, 130
Brunner 415
Brunßfels 18, 74, 128, 136, 153,
162, 409
de Bry 90, 223
Bühler 424
Bullinger 329
von Biilow 427
von Bunge 414
Bünting 225, 291
Burgkmair 202, 203, 424
Burkhardt 25
Büsching 136, 427
Calvin 262
Cammer 98, 274
Campell 236
Du Cange 6
Capeller 420
Cardilucius 277
de Caro 308
Cäsar 39
Cäsarius von Heisterbach 9, 230
Celtis 17
Cesareti 50
Christoph von Baden 16, 66
Christoph von Württemberg 325,
427
Clauser 51, 104, 119, 427
Cohausen 229.
Collinus 27, 226
Columba, heilige 24, 26, 30
Corvinus 187
Cräviach 76
Crato von Crafftheim 205
De la Curne 418
Currie 366—368, 397, 430
Cysat 24, 26, 28, 106, 410
440
Namenregister
Dagobert 226
Dändliker 65, 414
Dauter 386, 431
Davison 30
Depping 145, 424
Despine 306, 432
Dieffenbach 81, 140
Dietmann 212, 421, 425
Döbereiner 365, 366, 431
Dohme 117, 422
Dorer 253, 255, 422
von Dreyhaupt 414
Dryander 19, 74, 76, 81, 124, 128,
157—159, 161, 212, 415
Dürer 75, 132, 208, 211, 261, 320,
321, 340, 431
Dürsteier 415
Ebel 301, 337, 431
Ebeling 428
Eberhard III 283, 329
Eberhard der Qreiner 231
Eble 432
Eckart 420
Egli 413
Ehrenberg 388, 430
Einhard 40, 230, 412
Eisenhart 86
Ekkehart 6 ff., 408
Eleonora von Österreich 324
Elisabeth, heilige 9, 72, 203, 415
Ellenborg 77, 158, 206
Ennen 426
Ephrussi 211, 429
Erasmus von Rotterdam 31, 208,
411, 424
Ernst 423
Ernst von Bayern 67, 325, 400
Escher 57 ff., 61, 326, 413, 414
Etienne 47
Etschenreutter 123, 125, 132, 137,
1 59, 1 71 , 1 76, 242, 299, 253, 256, 299
Ettmüller 176, 426
Paber 84
Fabricius Hildanus 11, 33, 127,
206, 255, 276, 283, 298, 299, 310,
330, 331, 408, 411
Falconer 378
Falk 210, 414
Faloppius 126
Fäsi 300, 329, 422
Fechter 416
Ferro 42, 45, 47—50, 378, 399, 412
Feuerlein 228, 420
Feurbergk siehe Pyrmontanus
Ficker 369
Fidicin 186, 414
Fischart 156, 173, 188, 428, 429
Fischer 45
Flenntz 303
Flögel 428
Flötner 233
Florinus 427
Floyer 29 ff., 43, 371, 376, 380,
386, 398, 411
Foltz 5, 15, 45, 75, 87, 118, 119,
164, 200, 201, 261, 265-267,
272, 277, 345, 409
Forer 420
Forestier 306, 432
Förstemann 412, 417, 428
Frank 178
Franke siehe Rauße
Franklin 365
von Freyberg 414, 425
Freytag 53, 413
Fricker 409
Friedland 43
Friedrich III. 64, 227
Friedrich August von Polen 353
Friedrich der Große 216
Friedrich der Jüngere von Sachsen
193
Friedrich der Weise 188
Friedrich Franz von Mecklenburg
62
Friedrich von Österreich 64, 348
Frölich 367, 431
Fromm 420
Frommann 183, 409
Froschauer 4, 23, 27, 238
Frost 94
Fuchs 424
Fugger 90, 116, 117
Füßli 418
Galen 79, 364
Ganz 416
Gärtner 413
Gaupp 426
ä Qehema 216, 431
Geiler von Kaisersberg 81, 84,
165, 175, 182, 337
Gengenbach 162, 425
Oengler 178, 191, 426, 427
Oentzkow 127, 128, 130, 161, 187,
426
Genzmer 413
Georg von Bayern 65
Georg Friedrich von Branden-
burg 280, 316, 324
Georg von Württemberg-Mömpel-
gard 329
Gerharz 259
Geßner 28, 128, 236, 237, 256,
264, 268, 281, 303, 310, 419
Geyser 358, 361
von Gimbernat 308 ff.
Glaser 423, 429
von Gleichen-Rußwurm 118
Glockendon 223
Glur 431
Goethe 60, 96, 167, 248, 353, 359
Goldast 250
Göldi 418
Gossenbrot 348
Gottfried III. 229
Graf 11
Grafenfeld 388
von Grafenried 325
Grebel 432
Gredinger 16, 173
Gregor von Tours 80
Greift 119
Greill 425
Qreiner 424
Grellmann 213, 426
Grimm 23, 34, 35, 37, 121, 408,
411, 413, 426
Grob 329
Grote 414
Grüner 47, 80, 194, 215, 216, 401,
413, 430, 432
Grünpeck 207
Gsell Fels 411
Guarinonius 42, 51, 79, 90, 123,
129, 146, 162, 167, 168, 176, 178,
196, 210, 213, 412
Gudrun 177, 426
Guillaume de la Villeneuve 145
Guler 20, 278, 345, 410
Gundeifinger 87
Gundelsheimer 259
Günther 253, 256, 280, 299, 302,
421
Guts-Muths 43, 50, 52, 412
Häberer 108
Hadrian 39
Haeser 425
von der Hagen 136, 411, 415
Hagenmeier 47
Hahn 368 ff., 380, 392, 393, 398,
431
Hahnemann 194, 377, 382 ff., 431
Halevy 175
von Haller 285, 420
Namenregister
441
Hampe 116, 416, 424
Handsch de Limiisa 252
Hans am Wasen 10, 409
Hans von Ems 14
Hans von Rechberg 348
Hans von Schweinichen 121
Hans von Waldheim 14, 251
Härder 424
Hartmann von Aue 203, 417
Hätzlerin 104, 163, 180, 183, 416
Haupt 416, 428
Hauser 410, 413
Hecht 259
Heffner 427
von Hefner-Alteneck 116, 415
Hegel 417
Hegi 107, 265, 356
Heidegger 325
Heineken 46
von Heinemann 147
Heinrich I. 9
Heinrich III. 35
Heinrich IV. 9
Heinrich von Bayern 40
Heinrich (Henricus) von Langen-
stein HO, 231, 245
Heinrich von Kempten 102
Heinrich von Veldeck 417
Heitz 409, 432
Helbling 70, 72, 75, 144, 146, 148,
151, 152, 163, 415
Held 45
Hemmerlin 87, 417
Henricus de Hervordia 230, 286,
291
Henricus Münsingen 205
Hensing 420
Herbord 4, 408
Heresbach 42
Herlicius 205, 206
Hero 74, 152, 169, 171, 180, 415
Herrand von Wildonie 86, 150,
151, 165, 423
Herrliberger 401, 432
Herz 378
Herschel 425
Heß 15, 80, 153, 168, 246, 253,
255, 264, 307, 325, 329, 332, 337,
356, 398, 409, 418, 420, 426
Hesselius 296
Heyne 1, 3, 4, 126, 408
Hidgen 29
Hildebrand 280
Hille 411
Hiltprand 205
Hingst 87, 414
Hippokrates 371, 372
Hirsch 216, 217, 429|
Hirschel 429
Hirsching 427
Hirzel 137, 427
Hof 46
Hofmann 374, 376, 378, 428
Hoffmann von Fallersleben 424
Holbein 224, 432, 438
Hollar 185
Holzhab 325, 427
Homeyer 426
Hörn 367, 368
Hornlocher 327
Horst 420
Hottinger 268, 420
Hufeland 136, 218, 268, 300, 366,
367, 395, 402, 426, 430, 431
Hugo von Trimberg 412
Huggelin 24, 77, 236, 241, 411
Hüllinger 421
Hüllmann 429
Hunziker 412
Hupschmann 336
von Hütten 90, 163, 299, 331, 417,
421, 429
Ibrahim-ibn-Jakub 1, 4
Isilin 43
Iso, Mönch in St. Gallen 8, 9
Jacobs 423
Jäger 92, 226, 227, 410, 420, 425
Jäggli 99
Jakob von Warte 14, 103
Janus 62
Jasander 421
Joachim II. 186
Joel 181
Johann Friedrich 186
Johann Friedrich der Mittlere von
Sachsen 193
Johann von Eberstein 231.
Johann von Werdenberg 192
Johann Wilhelm von Sachsen 193
Jordanus 209
Kaiser 418, 420
Kaltenbaeck 413
Kambly 326
von Kahtlor 218, 402, 430
Kari IV. 213, 227, 229, 406
Kart V. 346
Kari VIII. 207
Kari der Dicke 8
Kari der Große 40, 229, 230, 412
Kasteriitz 368
Kaufringer 70, 83, 108, 121, 416
Keller 5, 7, 144, 222, 408, 412, 417
Kempfe 24, 411
Kerner 255, 268 ff., 306, 345, 396,
418
Keßler 51
Ki burger 4
Kieffer 256
Kiene 419
Kieser 151, 160, 161
Kinkel 426
Kirchner 141
Klein 215, 430
Klüber 267, 421
Kluge 194, 428
Kneipp 370
von Kobbe 394
Kochendörffer 3, 6, 408
Koelliker 61, 414
Kohl 46
Kolweck 419
König 213, 429
König vom Odenwald 119, 180,
195, 220
Konrad von Fusesbrunn 134
Konrad von Megenberg 277, 422
Konrad von Würzburg 203, 417,
425
Kopp 412, 427
Krafft 221, 339
Kramer 167
Kratz 140, 426
Kraus 409, 419
Krieg von Hochfelden 409
Kriegk 193, 412
Kröber 394, 431
Küchenmeister 370, 431
Kugler 429
Kühn 422
Kündig 163
Küngsberger 73, 173, 416
Künz 394
Künzli 169
Labenwolf 233
de Lamzweerde 128, 129, 427
Lange 233
Langenbeck 377, 431
Lassar 221, 429
von Laßberg 426
Lavater 60, 89, 126, 204—206, 414,
417, 428
Leconte 51
Leopold I. 94
Leopold von Österreich 64, 348
442
Namenregister
Lersch 251, 410
von Lersner 42, 412
Leucippaeus 253, 256, 267, 269,
276
Lichtenberg 62, 364
von Liebenau 37, 224, 409, 429, 432
von Liliencron 410, 425
Lind 426
Lindauer 99
Lindenmayr 215
Lingg 332
Liutprand 230
Lochmann 316
Lochner 428
Locke 31, 32, 43, 137, 411
Löffler 329
von Loga 233
Löle 297, 421
Lombard 376
Lothar 229
Lübben 426
Lucas 306
Lucas van Leyden 72
St. Ludgerus 25
Ludwig IL 213
Ludwig III. 66
Ludwig XI. 204
Ludwig XII. 249
Ludwig der Bayer 262
Ludwig der Fromme 8, 35, 64
Lundorf 353
Luther 36, 86, 193, 217, 282, 370,
412
Lütolf 425
Lutz 44
Lynclier 422
Maaler 5, 51, 120, 413
Maier von Wurzbach (Marius)
209, 400
IVlalcarida 285
Manesse 14, 103, 104
Manuel 182
Marcard 48, 49, 62, 104, 217, 279,
306, 342, 386, 402, 413, 419
Marcuse 413
Maret 378
Margarete von Württemberg 325
Marggraff 425
Marquard von Fulda 210
Martaller 92
Marteau 45, 378, 413
Martin 3, 408, 410, 417, 420
Martinus Bohemus 19
Matthes 48, 397, 413
von Maurer 412, 414
Mauthner 424
Maximilian 207, 249, 346, 424
Maximilian II. 64
Maximilian von Stühlingen 325
May 47, 413
Mayer 424, 429, 430
Mechinger 276, 303, 419
van Meckenem 135, 136
Meier 423
von Meiller 413
Meiner 354
Meiß 414
Meißner 221, 423
Melanchthon 293
Meltinger 73
Merveilleux 278, 353, 421
Metlinger 137
Metobius 286 ff., 290, 291, 330, 422
Metzger 62
Meyer 42, 46, 285, 412, 419, 423,
426, 429
Meyer-Ahrens 113, 170, 411, 412,
427
Meyer von Knonau 6, 408
Michael von Hohensax 348
Michelsen 427
Minkwitz 193
Moehsen 401
Mombert 140, 427
Monboddo 364
Mönch von St. Gallen 6 ff., 230,
408
Mone 410, 412, 415, 416, 419, 423,
424, 426
Montaigne 251, 323, 324, 418
von Moos 426
More 37
Morel 425
Moritz von Hessen 324
Moser 131, 263, 268, 354 ff., 418
Muchheim 339
Muffel 73
Muheim 339
Müllenhoff 412
Müller 19, 79, 245, 416, 418
Munde 387, 389 ff., 394, 396, 400,
430
Münster 132, 234, 262, 299 ff., 314,
338, 418, 419
von Muralt 216, 431
Mure'r 57, 59, 413, 422
Murner 13, 14, 74, 80, 132, 144, 146,
152, 153, 162, 164, 278, 408
Musa 376
Myconius 131
Mylius 368
Näf 427
Näher 427
Nater 414
Neef 206, 429
Neithart 14, 86, 164, 227
Neuburger 426
Nork 410
Oberer 423
Ochs 416
Öchsli 56, 57, 413
Offterdinger 377, 430
Olberg 48
Örtel 370, 393, 394, 430
Osenbrüggen 412, 426
Osiander 427
Osse 166
Oswald von Wolkenstein 18, 163,
418
Otto Heinrich bei Rhein 325
Otto 414
Otto IL 40
Otto von Bamberg 4, 25, 33, 408
Pachinger 114
Pagel 426
Pansa 162, 310, 419
Pantaleon 15, 81, 204, 205, 207,
246, 279, 280, 310 ff., 323, 330,
335, 339, 340, 343, 345, 409, 428
Pappenheim 221, 429
Paracelsus 10, 11, 28, 82, 127,
205, 272, 280, 284, 294, 298, 352,
408, 411, 420, 429, 431
Pare 80, 376
Parzival 83
Pauli 73
Paumgarten 130, 252, 280, 303,
416
Pelicanus 329
Percy 376
Peter I. 342
Peters 416
Petrarca 21
Petri 234, 262, 400, 431
Petrus de Ebano 157
Petrus de Spina 276
Petrus de Tussignano 236, 265,
272, 419
Peyer 431
Pf äff 417
Pfau 426
Pfotenhauer 417
von Pfuel 52
Pfyffer 418
Philander von Sittewald 34, 91, 410
Namenregister
443
Philipp bei Riiein 282
Philipp von Allendorf 146, 153,
164, 165, 182, 280, 415
Phries 98, 127, 132, 157, 272 ff., 276,
278, 303, 421, 422, 431
Pictorius 19, 42, 78, 79, 129, 157,
159, 163, 264, 277, 280, 339, 340,
413, 416
Pipin 230
Pirckheimer 208
Pitschaft 431
Plate 424
Platter 200
Pleb 298
Pleiaer 416, 417
Plinius 236
Ploiiquet 51, 364, 413
Pochhammer 216, 217, 430
Poggio 239, 245, 261, 262, 278,
329
Poitevin 45, 46
Preuß 138, 426
Prießnitz 28, 30, 33, 48, 256, 363,
366, 379, 387 ff., 398
Pryss 72
Pyrmontanus (Feurbergk) 19, 255,
291, 293, 330, 400, 410
Querhammer 190, 191
Räbmann 338, 343
Radziwili 280
Raffael 118
Rahn 57, 61, 88, 325, 327, 364, 412,
413, 419, 426, 427
Ramsden 402
Rantzau 39, 304, 421
Rathold von Friesland 4
Rau 414
von Raumer 401, 413
Rauße 370, 379, 387, 388, 395, 396,
430, 431
Reber 417, 424
Redeker 257, 421
Reginard von Lüttich 9
Reil 157
Reinmar von Zvifeter 34
Rem 82, 119, 253, 255, 280, 282, 416
Renard 431
Rentzius 200, 425
Renz 419
Retzius 2, 3, 71, 113, 408
Reuß 367, 376, 431
Reydt 277, 304, 423
Reyscher 414
Riecke 413
Rieger 426
Ringholz 416
Ritter 262, 422
Rocholz 193, 194, 425
Rocquebertin 249
von Rodt 235, 413, 416, 430
Römer-Büchner 426
Rosenblut 172
Rößlin 21, 136, 174, 410, 420, 425
Roth 71, 191, 208, 211, 277, 414
Roth von Schreckenstein 415
Rousseau 32, 43, 136, 411
Röust 326
de la Roux 46
Rotschild 269
Rüdiger 415
Rudolf II. 64
Rueff 79, 134, 277, 290, 416, 427
Ruland 92, 196, 201, 236, 277—279,
352, 417, 421
Runge 24 ff., 59, 410
Ruodlieb 8
Rüsch 27, 28, 91, 112, 206, 306,
332, 368, 369, 395, 411
Ryff 18, 19, 39, 42, 72, 78—80, 90,
106, 109, 118, 120, 123-127, 129,
137, 156—159, 161—163, 168,
170-172, 212, 213, 264, 269, 277,
280, 282, 303—305, 310, 409, 415,
416, 424
Sach 93, 408
Sachs 13, 44, 69, 74—76, 81, 105,
119, 120, 145, 148, 151, 152, 160,
167, 170, 173, 181, 182, 211, 225,
409, 414, 425
Sachse 411
von Sal 168
Salzmann 43, 50
Sanchez 216, 217, 429
Sanders 417
Santorio 129
Sastrow 164
Schaab 427
Schäfer 429
von Schallern 46
Schalyß 151
Schär 429
Scharold 415, 417, 424, 428
Scheible 51, 409, 412, 413, 416, 424
Schelhammer 215
Schellenberg 50
Scherb 112, 427
Scheuchzer 10, 11, 27, 28, 32 ff.,
265, 269, 374, 408, 411, 419
Schiler 339
Schiller 353, 360, 426
Schilling 37
Schleher 205, 428
Schlitzoc 273
von Schlosser 75, 93, 94, 144, 163,
164, 167, 417
Schmeller 409, 415
Schmid 119
Schmucker 376
Schmuz 299, 423
Schneeli 432
Schnorr von Carolsfeld 419
Schoder 277
Schönherr 426
Schöpf 163
Schott 337
Schreger 46, 158, 217, 219, 364,
365, 408
Schrott 390
Schultz 126, 134, 231, 414, 422, 423,
426
Schweizer 325, 421
Schwenckfeld 22, 416
Scribonius 35
Sebiz 21, 128, 258, 352, 410
von Segesser 414
Seifrit der Futraer 20
Seipp 294, 420
Selinger 388, 390, 430
Selos 109, 418
Sender 105, 417
Senn, 112, 113, 127, 427, 428
Simler 20, 57, 127, 332, 338, 339,
409-411
Simrock 409, 424
Sintenis 428
Solger 417
Solls 174
Sommer (Summer) 252, 404 ff., 432
Sommerer 19
Soranus 39
Spangenberg 425
Sparmann 423
Spengler 397, 419, 430
Speth 423
Sprengel 411
Stark 365
Staub 427
Steinfeld 269
Steinhausen 410
Steinhövel 145, 325
von Stetten 425
Stephani 6, 230, 408
Stieler 96
Stöber 188, 428
Stockar 127, 162, 428
444
Namenregister
Stolberg 60
Stoltze 417
Störk 47, 399
Stracholf 64
Sträter 432
Strauß 421
Stricker 176, 421
Strickler 425
Strigel 136
Strobelberger 419
Strübin 314, 343, 421
Stumpf 4, 26, 27, 85, 145, 238, 298,
352, 408
Sturm 42
Succow 365
Suchenwirt 165
van Swieten 47, 399
Sytz 276, 279, 304, 420, 421
Tabernaemontanus 258, 259, 268,
283, 285, 293, 294, 418
Tacitus 1, 39, 59, 408, 412
Tannhäuser 102, 248
Tanstätter 206
Teichner 9, 184
Thausing 431
Theden 370, 375, 376
Thilenius 410
Thietmar von Merseburg 412
Thoman 147
Thomas von Molk 45
Thomasin von Zirclaria 424
Thorspeden 48
Thurneisser 127, 128, 159, 280, 294,
331, 421
von Tieffenbach 348
Tissot 32, 218, 378, 380, 421, 423,
427
Tobler 427, 432
Tourte-Cherbuliez 363
Troll 410
Trotzendorf 43
Tschudi 27, 411
Tucher 69, 116, 118, 177, 321, 414,
428
Udalrich von Augsburg 6
Uden 216, 429
Uhiand 409
Ulmerin 35, 36
Ulrich von Liechtenstein 83, 102,
104, 146, 151, 416
Untzer 207, 429
Unzer 427
Usteri 107, 265
Vadianus siehe von Watt
Varges 416
St. Verena 246-248, 311
Vetter 422
Vinar 304
Vitruv 424
Vogel 62, 63, 222, 247, 264, 331, 416
Vögelin 413, 422, 423
Vogt 256, 301, 305, 420
Voigt 432
Wackernagel 357, 409, 432
Wagner 27, 32, 330, 411
Walch 329
Waldmann 249
Waldstein 110, 426
Walfhart 177, 183
Walthier 24, 411
Warner 423
Waser 328
von Watt (Vadianus) 123, 125, 204,
205, 206, 427
Weber 110
Wehrmann 426
Weiß 388, 425, 431
Weisstein 426
Weitsch 358, 361
Weller 426
Welper 46
Welser 251, 252
Wendt 430
Wenzel von Böhmen 73, 75, 93,
141, 164
von Werdenberg 348
Westenrieder 186, 402
Wetzler 157, 218 ff., 262, 269, 354,
402, 420
Wiborad, heilige 9
Wichelhausen 47, 401, 413
Wichner 25, 113, 343, 411
Widmann siehe Mechinger
Wieland 168
Wildvogel 120, 145, 416
Wilhelm Hirsaugensis 8
Wilhelm von Sachsen 251, 280
Will 419
Willi 412
Willich 46, 206
Wimpheling 321, 432
Winternitz 370, 397, 398, 430
Wintperger 19
Wirnt von Gravensberg 417
Wittenweiler 73, 157, 415
Wittich 74
Wittie 31
Wittmann 426
Wohlgemuth 16
Wolf 410, 424, 431
Wolfenschießen 121, 122, 132
Wolfring 220
Wolfger von Ellenbrechtskirchen
83, 210, 416
Wolfram von Eschenbach, 80, 165,
168, 416, 428
Weltmann 62
Wuttke 23, 410
Wyck 131, 204
Wyerman 428
Wynmann 53, 59, 61
Zapf 125, 296, 421
Zappert 9, 39, 65, 70, 72, 94, 147,
165, 230, 408
Zedier 120, 126, 134, 159, 168, 212,
213, 424
Zeiller 22, 140, 201, 213, 263, 295,
343, 410, 411, 420
Zeitblom 250
Zeller-Werdmüller 428
Zeuß 416
Ziegler 411, 421, 422
Zimmermann 201, 422
Zinck 427
Zingerle 109, 418 "
Zinken 145
Zoller 168
Zuckert 295, 297, 306—308, 361,
419
Zwierlein 217, 305, 361, 362, 400,
402, 413, 422, 431
Zwingli 57, 413
ORTSREGISTER
Aachen 59, 146, 222, 229, 230, 256,
258-261, 267, 276, 277, 279, 282,
290, 303, 304—308, 321, 335, 340,
353, 360—362
Aadorf 132
Aawangen 132
Admont 116
Aigues-Chaudes 323
Aix 306, 308
Aliensbach 42, 213
Altenburg 69
Altenmarkt 114, 133, 171
Altenzella 93
Altona 217
Amberg 44, 181, 204
Antegast 268
Apenrade 63
Appenzell 194
Arzbach 259
Augsburg 19, 91, 94, 98, 105, 111,
116, 117, 121,132, 142, 147,168,
184, 186, 187, 196, 218, 219, 400
Augsport 226
Baden (Aargau) 14, 15, 64, 67, 81,
87, 92, 120, 143, 168, 197, 200,
208, 221, 222, 236 ff., 246—249,
251, 253, 255, 256, 261, 262, 264
—266, 268, 272, 278, 279, 303,
305, 307, 309 ff., 328, 330-332,
334-337, 339, 340, 342—345,
348, 352, 353, 356-358, 363
Baden-Baden 16, 19, 22, 82, 108,
170, 200, 222, 226, 251, 253, 255,
256, 265, 267, 269, 270, 276, 277,
278, 283, 294, 304, 307, 310, 330,
334—336, 359
Baden (bei Wien) 19, 143, 222,
227, 263, 269, 272, 294, 339—341,
343, 344, 353
Badenbrunn 226
Badenweiler 222, 264
Badhütten 22
Bahrenfeld 217
ßallenstädt 46
Baitersweil 113
Bamberg 69, 78, 87, 138, 142, 166,
169, 177, 178, 183, 191
Basel 15, 21, 34, 55, 83, 86, 87,
100, 160, 166, 169, 178, 179, 188,
199, 200, 201, 210, 327, 329, 356,
399
Bassersdorf 211
Bayreuth 46
Bellerive 201
St. Bedes Brunnen 29
Beinwyl 25
Bergen 193
Berlin 46, 66, 98, 132, 186, 187,
197, 216, 217, 221, 367, 386
Bern 44, 59, 68, 91, 170, 213, 337
Bernang 115
Bernhausen 200
Bertrich 222, 229
Biberach 22, 203
Bichelsheim 9
Bielefeld 257, 296
Bilin 227
Bingen 67
Bischofszeil 112
Blankenburg 217
Blankenhain 23, 38
St. Blasien 115, 259
Böblingen 67, 178, 192
Bocken 211
Bell 126, 151, 170, 200, 207, 290, 344
Bordeaux 366
Bormio 11, 236, 278, 345, 352
Bräunungen 71, 78, 169, 182
Braunschweig 46, 92, 93, 184, 192
Bremen 46, 177
Breslau 70, 85, 98, 148, 166, 183, 217
Brieg 134, 200, 277
Brighthelmstone 62
Bromfield 62
Bruchsal 66, 196
Brückenau 305, 361—363
Brunn 209
Bunzlau 23
Burgau 171, 210
Burgbernheim 229
Burgwinnumb 297
Burtscheid 267, 334, 338
Butzbach 66, 67, 133, 178, 179, 189
Cannstatt 20, 169, 218, 377
Cappel s. Kappe!
Celle 46
Colberg 63
Cölleda 191
Cöln s. Köln
Cotrone 40
Dachau 126
Danzig 68, 217
Deal 62
Denkendorf 73, 179
Dessau 48
Dijon 366
Dießbach 28
Dietrichshag 25
Dießenhofen 211
Disentis 255
Döbeln 191
Dorneck 40
Dreieicher Wildbann 35, 180
Dresden 99, 189, 190, 217
Driburg 305, 377
Durlach 148, 152, 169, 179
Eger 210, 257, 361
Elisen 305
Einingen 4
* Das Literaturverzeichnis ist im Ortsverzeichnis nicht berücksichtigt worden.
446
Ortsregister
Einöd 227
Einsiedeln 67
Elgersburg 400
Elgg 44, 113, 325
Elmen 217
Eltvil 283
St. Emmeran 122, 226
Ems 19, 230, 259, 265, 277, 278
Enatbülil 82
Enggisstein 97
Klein-Engstringen 25
Erfurt 37, 92, 116, 121, 142, 149,
184, 190, 192, 193
Eßlingen 35, 44, 179, 183
Ethausen 175
Ettenhausen 215
Euerdorf 168
Fideris 236, 237
Frankfurt 40, 42, 44, 46, 47, 69-71,
88, 92, 94, 100, 105, 118, 132, 133,
139, 142, 175, 177—181, 184, 193,
196, 205, 208, 211, 217, 219, 231
Franzensbad 257, 259
Frickenhausen 88
Friedberg 140
Freiberg 61, 87, 98, 178, 189-191,
201
Freiburg 69, 188
Freien walde 217, 361
Fulda 210
Fürth 220
St. Gallen 4 ff., 64, 69, 81, 111, 113,
115
Oastein 227, 269, 277, 278, 282,
402 ff.
Gehren 94, 96, 203
Oeisenfeld 129
Qerinersheim 65
Qerolzhofen 77, 178, 184, 186, 192,
197
Olarus 59
Glauchau 190
Gleichenberg 227
Glotterbad 18, 262, 338, 341—344
Goeß 112
Goldberg 43
Oontenschwyl 330
Göppingen 277, 283, 284, 286
Görlitz 68, 133, 134, 142, 169, 181,
184, 186
Goslar 195
Gotha 91, 100
Göttingen 213, 354
Gräfenberg 393, 394
Graz 52, 399
Griesbach 258, 283, 284, 326
Grimma 189
Grindelwald 363
Gronau 93
Grünberg 186, 189
Gurnigelbad 337
Gyrenbad 329, 342, 343
Hadlikon 127
Halberstadt 99
Hall 64, 201, 231
Halle 14, 66, 92, 188-191, 210,
217
Ham 296, 297
Haltingen 179
Hamburg 43, 70, 71, 86, 93, 94,
101, 126, 132, 166, 177, 193, 195,
217, 220
Hannover 66, 189—191
Havelberg 186
Heidelberg 14
Heilbronn 186, 200, 227, 228
Heilbrönnle 28
Heilbrunn 25, 227
Heiligenkreuz 66
H elfte 217
Helgoland 63
Herzogen - Baden s. Baden im
Aargau
Hildesheim 14, 19, 66, 68, 142,
160, 181, 192, 210
Hinweil 211
Höfen 20
Hohenlohe 126
Honwick-Brunnen 29
Hornhausen 295
Hub 340, 345
Huisheim 120, 152, 165
Iffetzheim 66, 133
Imnau 354
Jakobsbrunnen 24, 28
Jebenhausen 284
Jena 47, 96, 97, 100, 170, 188, 189,
210
Jeninser-Alp 28
Juckibrünnelein 28
Juist 62
Kaltbrunn 25
Kappel 246, 251
Karlsbad 139, 200, 227, 251, 252,
255, 259, 261, 265, 267, 270, 272,
277, 280, 303, 308, 310, 333—336,
353, 354, 359—362, 396, 404 ff.
Kempraten 201
Kempten 194
Kenia 100
Kiel 63, 377
Kissingen 227, 277
Klosterneuburg 69, 177, 179, 263
Koldiz 188
Köln 21, 98, 132, 139, 182, 197,
217
Königgrätz 189
Königsberg 25
Königsfeld 213
Konstanz 36, 51, 55, 85, 98, 131,
138, 166, 176, 177, 183, 198, 245,
250, 251, 277
Kopenhagen 52
Krauchthaler-Bad 27
Krautheim 218
Kreuznach 231, 331
Kuckucksbad 18
Kunigernheim 210
Kuppenheim 66, 133
Kyburg 115
Laimnau 22
Langeneybad 332
Langenschwalbach s. Schwalbach
Langensteinenbach 183
Lauchstädt 305, 353
Leipzig 67, 213, 217
Leuk 11, 24, 27, 82, 200-202, 234,
235, 243, 253, 255, 265, 269, 285,
338, 339, 343, 359
Leyznick 190
Liebenwerda 282
Liebenzell 66, 133, 201, 231, 253,
256, 265, 267, 277, 278, 294, 325,
329
Liegnitz 213
Lindenhart 25
Liverpool 220
London 220
Losdorf 346
Lübeck 13, 100, 133, 181, 187, 189,
190, 193, 195, 400
Lucca 303, 324
Ludgeriquelle 25
Lüneburg 166
Luthernbad 279, 331
Luzern 36, 65, 86, 183, 199, 200,
204, 208, 224, 246, 249, 251
Magdeburg 187, 217
Mainau 16, 19, 173, 401
Mainberg 305
Mainz 110, 139, 210, 231
Ortsregister
AAl
Mannheim 47
Margate 62
Marienbad 270, 396
Marienberg 133
Marienburg 65, 111, 401
Marienzeli 65
Margrafen-Baden s. Baden-Baden
Marlei 121
S. Martino 11
Mayenbad 326
Maulbronn 111
Mautern 25
Maschanzertobel 28
Mastricht 5Q
Meinhardt 264, 331, 346, 347
Meiningen 190
Memel 217
Meißen 44, 120, 138
Merchendorff 209
Meßl<irch 45, 210
St. Mongahs Brunnen 29
St. Moritz 284-286
Mosbach 179 ' ^ .
Mülhausen 36
München 68, 116, 142, 148, 184,
186, 193, 214, 218
Münden 111
Münerstadt 175
Munzach 25, 201
Muri 215
Murten 251
Musl<au 217
Nabburg 138
Naumburg 100
Nenndorf 305, 402
Neuffen 200
Neustadt 118
Niederbronn 21, 277
Nieder-Urnen 253
Norderney 62
Nordhausen 187, 296
Nudersdorf 217
Nüdlingen 168
Nürnberg 46, 67—69, 71, 73, 79,
98, 100, 115, 116, 118, 120, 130,
142, 166—168, 170, 175, 177, 181,
183, 184, 186—188,193,204,205,
207—209, 211, 218, 224, 233, 277,
321, 329, 343, 402
Nydelbad 145
Nymphenburg 116
Ochsenfurt 210
Öffingen 20
Osterode 23, 34
Ottingen 120
Ottoborn 25
Paris 45, 145
Passau 65, 67, 83, 126, 210
St. Peter 259
Petersthal 258, 283
Pfäfers 10, 15, 20, 24, 192, 201,
202, 206, 234, 252, 253, 255, 256,
260, 262, 265-267, 276, 277,
280, 298 ff., 310, 324, 330—332,
334, 337, 338, 344, 345, 348 ff.,
352, 358
Pfaffenhofen 67
Pfäffikon 144
Pfullendorf 118, 120
Philippsburg 67
Pilatus 32
Plombieres 227, 265, 276, 277, 280,
281, 294, 307, 324, 333
Plummers s. Plombieres
Potsdam 216, 217
Prag 68, 93, 217
Prez 108, 123
Pritzwalk 184, 186
Puttbus 63
Pyrmont 26, 48, 141, 225, 230, 255,
259, 286 ff., 294, 295, 305, 330,
342, 347, 354, 358—362, 374, 386,
402
Ragaz 28, 301
Raitenbuch 178
Ramsen 15, 21, 327
Randersacker 209
Rapperswil 201
Rastatt 66
Rastenberg 259, 296
Rathhausen 40
Regensburg 20, 64, 68, 87, 177,
184, 210
Rehburg 305
Reichenau 230
Reutlingen 69
Riga 66, 92, 170, 210
Rigikaltbad, 24, 26, 28
Rippoldsau 258
Rischialp 26
Roggwyl 218
Roigheim 341
Ronneburg 305
Rorbach 18
Rostock 119, 187
Rotenburg 68
Rottweil 178
Rügenwalde 63
Runkelstein 109, 110
Rußwyl 65
Salerno 11, 172
Salmannsweiler 111, 118
Salzburg 190
Groß Salze 217
Sakramentswaid 25
Sargard 46
Schaffhausen 127, 327
Neu-Schauenburg 356 ff.
Scheveningen 63
Schinznach 143, 357
Schlangenbad 264, 362
Schneeberg 191
Schnepfenthal 50, 52
Schönfeld 77
Schornheim 210
Schulpforta 43
Schwabach 141, 286, 293, 361
Schwalbach 258, 278, 282, 283,
Schwanden 10
Schwarzach 67
Schwendikaltbad 26, 27
Seebach 258
Selters 259
Sigmaringen 37
Silberbrünnlein 18
Soden 231
Sommerach 209
Sonthofen 16
Spa 227, 259, 260, 286, 290, 291,
302, 353, 359—362
Speicher 368
Speyer 34, 69, 87, 140, 142, 179,
196, 210
Spiegelberg s. Pyrmont
Stadelhofen 246
Stäfa 248
Stegen 144
Steinenbach 211
Stettin 204, 205, 214, 217
Stolberg 184, 186
Stralsund 127, 187
Straßburg 11, 36
Strechau 25
Stuttgart 20, 52, 133, 197, 200
Sulzbad 21
Sulzdorf 209
Sundelf ingen 178
Swinemünde 63
Tänikon 112, 115, 215
Tannegg 113
Teplitz 82, 143, 227, 280, 294, 335,
345
448
Thiersberg 110, 111
Tobelbad 26, 207, 262, 334, 346
Töß 246
Travemünde 63
Tüffer 227
Überkingen 226, 284
Überlingen 277
Ulm 18, 66, 68, 70, 84, 92, 96,
98, 105, 119, 121, 148, 170, 181,
183, 186, 210, 226, 326
Ulrichsbrunn 25
Urdorf 329, 339
Urspringen 77
Val Sinistra 1, 4
Villach 294
Villingen 178
Vilshofen 192
Volkerschwil 211
Voran 111
Waidenstein 211
Waldulm 132
Walkershofen 292, 297
Walliserbad s. Leuk
Waltershausen 190, 193
Wangeroog 63
Wannenbad 248
Warmbrunn 22, 82, 227, 335
Wartburg 110, 111
Ortsregister
Wattwyler Bad 340
Weihenzell 297
Weikendorf 44
Weimar 211, 217
Weißenfels 217, 226
Weißenhorn 42, 147, 182
Wepchenbad 27
Werberichshausen 175
Wernigerode 87, 169
Wessobrunn 35
Wetelsheim 178
Wettingen 40
Wettrungen 68
Wetzikon 113
Wien 42, 44, 47, 97, 98, 100, 142,
189, 190, 204, 205, 210, 217, 220,
278, 284, 367, 368, 399, 402
Wiener-Neustadt 44
Wiesbaden 222, 231 ff., 264, 265,
267, 269, 280, 283, 352—354,
362
Wiezikon 113
Wildbad 19, 82, 231, 251, 253, 255
—257, 263—265, 267, 268, 269 ff.,
272, 276, 280, 282, 294, 302, 310,
325, 329, 334, 337, 344-346,
354 ff., 358
Wildenbruch 106, 111, 119, 162
Wildungen 227
Wimpfen 210
St. Winfreds Brunnen 29, 31
Winterthur 19, 59, 64, 66, 67, 162,
168, 169, 197, 199, 202, 214
Wismar 181
Wolfach 325
Wolfshagen 324
Worms 11, 236, 278, 352
Würzburg 44, 67, 68, 89, 95, 96,
99, 121, 134, 148, 166, 170, 175,
176, 183, 190, 196, 199, 203, 209,
210, 329
Wyck 63
Ypphofen 199
Zaysenhausen 268
Zell 144
Zellerbad s. Liebenzeil
Zerbst 100, 101, 146, 166
Zittau 68, 171, 184, 186, 188, 189, 193
Zizersdorf 67
Zoppot 63, 305
Zürich 11, 23, 34, 36, 43, 45, 51,
53 ff., 65, 66, 69-71, 73, 77, 78,
80, 88, 94-98, 100, 101, 112,
113, 115, 130, 131,144, 160, 162,
168, 170, 175, 183, 197, 198, 201, ,
204—206, 208, 211, 212, 226, 246, ,
249, 251, 298, 324-329, 400, 401
Zurzach 246, 248, 249, 311
Zwickau 68, 183, 188, 190—192, 210
BERICHTIGUNGEN
S. 18 Z. 6 V. o., S. 128 Z. 2 v. o. und Z. 14 v. u. lies Brunssfels statt Brunfels
S. 194 Z. 13 V. u. lies Hahnemann statt Hahneman
S. 4 Z. 6 V. u. lies Herbord statt Herbold
S. 193 Z. 13 V. o. lies Krieok statt Krieg
S. 136 Z.
S. 79 Z.
5 V. u. lies Rousseau statt Rouseau
5 V. u. und S. 134 Z. 11 v. u. lies Rueff statt Ryff
S. 145 Z. 12 V. o. lies Steinhövel statt Steinhöwel
S. 136 Z. 8 V. o. lies Strigel statt Striggel
GEDRUCKT IN DER FROiVlJVlANNSCHEN BUCHDRUCKEREI (HERMANN POHLE) IN JENA
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